Jahrbuch PDF (63MB) - ETH Zurich - ETH Zürich
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Andreas Tönnesmann<br />
Einführung Departement Architektur<br />
Richard Sennett,<br />
The Craftsman,<br />
New Haven/London 2008<br />
das nur durch hohen Einsatz zum Erfolg zu führen ist,<br />
meint den Versuch, Studentenentwürfe in Konzeption,<br />
Begleitung und Beurteilung nicht mehr allein von<br />
Entwurfslehrstühlen, sondern von einem immer neu zu<br />
bildenden Team aus Entwurfs- und Fachbetreuern verantworten<br />
zu lassen. Aktuelle Erkenntnisse aus den Geistes-,<br />
Ingenieur-, Sozial- und Planungswissenschaften sollen,<br />
so die Idee, auf diese Weise direkter Eingang in die architektonische<br />
Lehre finden als bisher. Der Beitrag der<br />
Wissenschaften zur Entwicklung der Architektur soll nicht<br />
nur behauptet und geschildert, sondern von den Studierenden<br />
in der täglichen Praxis nachvollzogen werden.<br />
Georg und Dorothea Franck lassen ihren Essay in die<br />
Forderung nach einem «architektonischen Imperativ»<br />
einmünden, der im Anschluss an Immanuel Kant wesentlich<br />
als Massgabe ethischen Handelns verstanden wird.<br />
Wer würde sich dieser Erwartung nicht sofort und ohne<br />
jede Reserve anschliessen! Wie allerdings der Weg<br />
dahin gefunden werden kann und wie er sich dann als<br />
orientierender Pfad im Dschungel einer akademischen<br />
Lehre erweisen könnte, die universelle Normsetzungen<br />
hinter sich gelassen hat, dazu gibt es derzeit noch<br />
kaum belastbare Erkenntnisse. In welche Richtung die<br />
Suche allerdings verlaufen mag, ist im jüngsten Buch<br />
von Richard Sennett nachzulesen (The Craftsman, New<br />
Haven/ London: Yale University Press 2008; deutsche<br />
Ausgabe: Handwerk, Berlin: Berlin Verlag 2008). Sennett<br />
entwickelt die These, das jede Arbeit, die Dinge produziert,<br />
ihren Sinn und Wert nicht in einem ausserhalb<br />
ihrer selbst liegenden Nutzen finde, sondern letztlich<br />
im Produkt selbst, in dessen durchdachter Konzeption<br />
und untadeliger Ausführung. Diese Einsicht klingt<br />
bescheiden, aber sie hat den Vorteil der Konkretion und<br />
der Übereinstimmung mit menschlicher Erfahrung.<br />
Zwar ist Sennett selbst, wie er am 13. Mai 2008 im Anschluss<br />
an einen Vortrag an unserem Departement<br />
wissen liess, nicht der Ansicht, dass Architektur im klassischen<br />
Sinn Handwerk sei – befriedige sie doch vornehmlich<br />
Erwartungen an individuelle Leistung und ziele nicht<br />
auf ein kollektives Qualitätsniveau. Mancher Architekt<br />
mag das anders sehen. Um jedenfalls die Ausbildung<br />
künftiger Architektinnen und Architekten so gut wie<br />
möglich zu leisten, ist es sicherlich nicht die schlechteste<br />
Lösung, sich vorderhand auf diesen handwerklichen,<br />
aus der Welt der Dinge heraus geborenen Qualitätsbegriff<br />
zu einigen.<br />
16<br />
and assessment of student designs not the sole responsibility<br />
of design professors, but also of a constantly<br />
evolving team of experts in design and other disciplines.<br />
The idea is that current findings in the human, engineering,<br />
social, and planning sciences will thus flow more<br />
directly into the teaching of architecture than has previously<br />
been the case. The contribution of the sciences<br />
to the development of architecture should not simply<br />
be asserted and described, but must be implemented by<br />
the students in their daily practice.<br />
In their book, Georg and Dorothea Franck call for an<br />
‘architectural imperative’, which, following Immanuel<br />
Kant, is meant to be understood essentially as the means<br />
of measuring ethical action. Who would not endorse<br />
this expectation immediately and without reservation?<br />
Just what road is to be taken and how it could prove<br />
to be the orienting path in the jungle of academic training<br />
that has abandoned any effort to establish universal<br />
standards are questions for which we currently have<br />
hardly any reliable information. The direction the search<br />
might take can, however, be found in Richard Sennett’s<br />
most recent book: ‘The Craftsman’ (New Haven/ London:<br />
Yale University Press, 2008). Sennett presents the thesis<br />
that all work that produces things finds its meaning and<br />
value not in some utility located beyond it, but ultimately<br />
in the product itself, in its reasoned conception and<br />
flawless execution. This insight seems modest, but it has<br />
the advantage of concretion and correspondence with<br />
human experience. Although Sennett himself, as he made<br />
clear on May 13, 2008, following a lecture in our<br />
department, does not believe that architecture is a craft<br />
in the classical sense, yet it satisfies, above all, expectations<br />
for individual achievement and does not aim at a<br />
collective level of quality. Some architects may hold<br />
a different view. But in order to achieve the best possible<br />
education of future architects, it is surely not the<br />
worst solution to agree on this concept of quality born<br />
of the crafts – of the world of things.