Jahrbuch PDF (63MB) - ETH Zurich - ETH Zürich
Jahrbuch PDF (63MB) - ETH Zurich - ETH Zürich
Jahrbuch PDF (63MB) - ETH Zurich - ETH Zürich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Andreas Tönnesmann<br />
Einführung Departement Architektur<br />
die Wahrnehmungsfähigkeit des Lesers entschieden zu<br />
schärfen und so bestimmte Merkmale von Architektur<br />
als beständige Indikatoren von Qualität anschaulich herauszuarbeiten:<br />
insbesondere – hier machen sich natürlich<br />
individuelle Vorlieben bemerkbar – die Schlüssigkeit der<br />
Form, die Erfahrbarkeit des Räumlichen, die syntaktische<br />
Ordnung der Elemente, ja die Sprachfähigkeit von<br />
Architektur überhaupt, wie sie sich in der Denkfigur des<br />
Klassischen seit Jahrhunderten verdichtet hat.<br />
Diese Debatte aufzugreifen und vom Heute ins Morgen<br />
weiterzuführen, ist nicht zuletzt eine Forderung<br />
an die Architekturschulen. Ihre Aufgabe, den Nachwuchs<br />
für das Metier zu bilden und zu qualifizieren, verlangt<br />
heute, in Zeiten eines nie gekannten Angebots an<br />
intellektuellen und ästhetischen Möglichkeiten, ein<br />
Überdenken des Qualitätsbegriffs – gerade auch unter dem<br />
Aspekt der Lehre. Ihn bestimmten architektonischen<br />
Positionen vorbehalten zu wollen, wie dies Georg und<br />
Dorothea Franck aus dem Blickwinkel resümierender<br />
Kritik letztlich tun, verbietet sich in einer anspruchsvollen<br />
Architekturausbildung allerdings von vornherein. Denn<br />
jede Erwartung, eine längst verlorene Normativität architektonischen<br />
Handelns auf dem Weg einer strikten<br />
Vorbildorientierung zurückerobern oder neu etablieren<br />
zu können, wäre notwendig zum Scheitern verurteilt.<br />
Eigentlich lehrt ja bereits die architekturhistorische Forschung,<br />
dass es auch in der baulichen Praxis der vormodernen<br />
Epochen das theoretisch geforderte Mass an<br />
Verbindlichkeit, an Akzeptanz von Regeln kaum je<br />
gegeben hat. Und in der hoch diversifizierten Wirklichkeit<br />
von heute müsste der Versuch, einen neuen Kanon des<br />
architektonisch Richtigen zu postulieren, schon deshalb in<br />
die Irre führen, weil er die individuellen Reaktions- und<br />
Entwicklungsmöglichkeiten des Nachwuchses einengen<br />
und stets Gefahr laufen würde, in die Sackgassen des Epigonalen<br />
oder Sektiererischen hineinzuführen.<br />
Andererseits wählen Architekturschulen ihre Lehrenden<br />
aufgrund individueller Leistungen und Haltungen aus,<br />
und es wäre unsinnig, Professorinnen und Professoren im<br />
Unterricht auf blasse Neutralität verpflichten zu wollen,<br />
wo man von ihnen als handelnden Architekten doch erwartet,<br />
dass gerade sie profilierte Positionen vertreten.<br />
Auch die Studierenden und Lehrenden des Departements<br />
Architektur der eth <strong>Zürich</strong> kennen diese Spannung<br />
zwischen Individualität und Standard, und sie versuchen<br />
dennoch, in der täglichen Arbeit einem im Grundsatz<br />
von allen akzeptierten Qualitätskonzept zu folgen. Dieses<br />
Konzept existiert nicht in Form eines ausformulierten<br />
12<br />
enduring indicators of quality: in particular – and here,<br />
of course, individual preferences become evident – the<br />
cogency of the form, the ability to experience space, the<br />
syntactic ordering of elements – indeed the ability of<br />
architecture to speak at all, which, over centuries, has established<br />
itself in the intellectual model of the classical.<br />
Adopting this debate and continuing it from today into<br />
tomorrow is one of the most important challenges to<br />
architecture schools. The task of teaching the métier to<br />
future generations and providing students with adequate<br />
qualifications, in times in which the supply of<br />
intellectual and aesthetic possibilities is unknown, requires<br />
us to rethink the concept of quality – in particularly as<br />
it pertains to teaching. The desire to reserve certain architectural<br />
positions – as Georg and Dorothea Franck ultimately<br />
do, from the perspective of a recapitulating overview<br />
– would be out of place in an exacting architectural<br />
education. For any attempt to recover or reestablish<br />
a long-lost normative style of architecture by means<br />
of strict orientation on given prototypes is necessarily<br />
doomed to failure. In fact, historical architectural<br />
research has shown that even the building practice of<br />
premodern eras lacked the theoretically presumed<br />
level of interrelationship and acceptance of rules. And in<br />
the highly diversified reality of today, the attempt to<br />
postulate a new canon of the architecturally ‘correct’<br />
would necessarily lead us astray, if only because it would<br />
restrict individual reactions and development possibilities<br />
of future generations. Such a set of rules would always<br />
risk leading into the dead ends of the epigone or the<br />
sectarian.<br />
On the other hand, architecture schools choose their<br />
teachers on the basis of individual achievements and<br />
beliefs. It would be foolish to require professors to exercise<br />
neutrality in their teaching, when what is expected<br />
of them as practicing architects is that they of all people<br />
represent distinguished positions. The students and