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vhs - Iserlohn

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Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong><br />

: 1919-2009<br />

Festschrift von Katja Hofbauer<br />

dynamische Weiterführung unter www.<strong>vhs</strong>-iserlohn.de<br />

<strong>vhs</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Vorwort...........................................................................................................................................5<br />

2. Einleitung........................................................................................................................................7<br />

3. Geschichte der VHS <strong>Iserlohn</strong>........................................................................................................8<br />

3.1. Allgemeines zur Geschichte der Volkshochschulen in Deutschland ..................................8<br />

3.1.1. Erwachsenenbildung in Deutschland bis 1933 ..............................................................8<br />

3.1.1.1. Bildungsanstrengungen der Arbeiterbewegung.....................................................8<br />

3.1.1.2. Die bürgerliche Bildungsbewegung.........................................................................9<br />

3.1.1.3. Die ersten Volkshochschulen....................................................................................9<br />

3.1.2. Die Erwachsenenbildung in der NS-Zeit 1933 bis 1945..............................................10<br />

3.1.3. Die Erwachsenenbildung seit 1945 ...............................................................................11<br />

3.2. 1919 bis 1932: Die Anfänge der VHS in <strong>Iserlohn</strong>...............................................................14<br />

3.2.1. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums ..........................................25<br />

3.2.1.1. Theodor Klumpp.....................................................................................................25<br />

3.2.1.2. Gustav Pfingsten .....................................................................................................26<br />

3.3. 1933 bis 1945: Das vorläufige Ende der VHS <strong>Iserlohn</strong> in der NS-Zeit ............................27<br />

3.3.1. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums ..........................................32<br />

3.3.1.1. Walter Niederstebruch ...........................................................................................32<br />

3.4. 1949 bis 1964: Wiederaufbau und Konsolidierung............................................................34<br />

3.4.1 Die schwierigen Startbedingungen................................................................................34<br />

3.4.2. Zusammenarbeit mit anderen Institutionen................................................................38<br />

3.4.3. Die Phase der Konsolidierung.......................................................................................39<br />

3.4.5. Die Migrationsbewegung spiegelt sich im Programm der VHS ................................47<br />

3.4.6. Zusammenfassung..........................................................................................................47<br />

3.4.7. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums ..........................................48<br />

3.4.7.1. Carolus Hartmann ..................................................................................................48<br />

3.4.7.2. Dr. Gerhard Groot.................................................................................................50<br />

3.4.7.3. Marieluise Spangenberg.........................................................................................51<br />

3.5. 1965 bis 1990: Die Bildungsoffensive ..................................................................................53<br />

3.5.1. Umbruch Mitte der 1960er Jahre.................................................................................53<br />

3.5.2. Der neue Schwerpunkt Zweiter Bildungsweg .............................................................56<br />

3.5.3. Umbruch und Neuerung in den 1970er Jahren...........................................................57<br />

3.5.3.1. Die schwierige Startphase ......................................................................................57<br />

4.5.3.2. Herausforderungen und Probleme durch das Weiterbildungsgesetz ................61<br />

3.5.3.3. Der Streit um die Erweiterung der personellen Anforderungen........................63<br />

3.5.3.4. Die notwendigen räumlichen Veränderungen......................................................65<br />

3.5.3.5. Inhaltliche Veränderungen und neue Schwerpunkte..........................................66<br />

3.5.3.6. Der Streit um die Satzung und die Folgen des Weiterbildungsgesetzes ............67<br />

3.5.3.7. Die Stadtteilarbeit ...................................................................................................70<br />

3.5.3.8. Inhaltliche Höhepunkte der 1970er Jahre............................................................71<br />

3.5.3.9. Resümee der 1970er Jahre .....................................................................................72<br />

3.5.4. Die 1980er Jahre: Weiterentwicklung im Zeichen eines zunehmenden Sparzwangs:<br />

....................................................................................................................................................73<br />

3.5.4.1. Ökonomischer Wandel ...........................................................................................73<br />

3.5.4.2. Die Finanzierungsdiskussion um die VHS............................................................74<br />

3.5.4.3. Kritische Auseinandersetzungen um die inhaltliche Konzeption.......................78<br />

3.5.4.4. Personelle Entwicklungen ......................................................................................84<br />

3.5.4.5. Die Stadtteilarbeit ...................................................................................................84<br />

3.5.4.6. Inhaltliche Höhepunkte ..........................................................................................85<br />

3.5.4.6.1.Kunst, Musik und Kreativität..........................................................................86<br />

2


3.5.4.6.2. Förderung beruflicher Weiterbildung ...........................................................88<br />

3.5.4.6.3. Beiträge der VHS zur 750 Jahrfeier <strong>Iserlohn</strong>s..............................................88<br />

3.5.4.6.4. Der Arbeitskreis „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in<br />

<strong>Iserlohn</strong>“ ...........................................................................................................................89<br />

3.5.4.6.5. Der Bereich Medizin und Gesundheit............................................................90<br />

3.5.5. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums ..........................................91<br />

3.5.5.1. Die pädagogischen VHS-Leiter..............................................................................91<br />

3.5.5.1.1. Ursula Mänz .....................................................................................................91<br />

3.5.5.1.2. Horst Piltz .........................................................................................................92<br />

3.5.5.2. Die Fachbereichsleiter ............................................................................................94<br />

3.5.5.2.1. Susanne Seul (geborene Gerstenberg)............................................................94<br />

3.5.5.2.2. Thomas Meyer..................................................................................................94<br />

3.5.5.2.3. Felix Freier........................................................................................................94<br />

3.5.5.2.4. Dr. Ute Kaßnitz ................................................................................................95<br />

3.5.5.2.6. Bodo Mebes.......................................................................................................96<br />

3.5.5.2.7. Sabine Schirra ..................................................................................................97<br />

3.5.5.2.8. Margret Schlegel ..............................................................................................97<br />

3.5.5.2.9. Wilfried Oslender.............................................................................................98<br />

3.5.5.3. Die Mitarbeiter in der Verwaltung........................................................................99<br />

3.5.5.3.1. Günter Pfeifer...................................................................................................99<br />

3.5.5.3.2. Peter Bachmann ...............................................................................................99<br />

3.5.5.3.3. Gertrud Müller.................................................................................................99<br />

3.5.5.3.4. Irene Mesmann...............................................................................................100<br />

3.5.5.3.5. Dieter Kaminski .............................................................................................101<br />

3.5.5.3.6. Martina Kalthoff (geborene Erbe) ...............................................................101<br />

3.5.5.3.7. Petra Baatz (geborene Ziebarth) ..................................................................102<br />

3.5.5.3.8. Angela Fochler (Juchum) ..............................................................................102<br />

3.6. 1991 bis 2009: Konsolidierung und Weiterentwicklung..................................................103<br />

3.6.1. Politische Veränderungen und die Auswirkungen auf die VHS Arbeit .................103<br />

3.6.2. Die Fortschreibung zielgruppenspezifischer Angebote – Ein Spiegel sozialen und<br />

ökonomischen Wandels .........................................................................................................105<br />

4.6.2.1. Die weitere Veränderung der Frauenrolle..........................................................105<br />

3.6.2.2. Folgen des demographischen Wandels ...............................................................106<br />

3.6.2.2.1. Seniorenarbeit für die „Jungen Alten“ ........................................................106<br />

3.6.2.2.2. Verstärkte Jugendarbeit....................................................................................107<br />

3.6.2.3. Zunehmendes Engagement zur Integration von Migranten.............................107<br />

3.6.3. Reaktionen auf den technologischen Wandel............................................................108<br />

3.6.4. Regionale Identität.......................................................................................................110<br />

3.6.5. Stadtteile .......................................................................................................................113<br />

3.6.6. Räumliche Veränderungen .........................................................................................114<br />

3.6.7. Umstrukturierungen und Qualitätssicherung...........................................................117<br />

3.6.8. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums ......................................122<br />

3.6.8.1. Die VHS-Leiterin...................................................................................................122<br />

3.6.8.1.1. Lieselotte Berthold .........................................................................................122<br />

3.6.8.2. Die Fachbereichsleiter ..........................................................................................123<br />

3.6.8.2.1. Dr. Petra Heider.............................................................................................123<br />

3.6.8.2.2. Ulrike Eichholz...............................................................................................123<br />

3.6.8.2.3. Rainer Danne..................................................................................................124<br />

3.6.8.2.4.Claudia Weigel ...............................................................................................125<br />

3.6.8.3. Die Mitarbeiter in der Verwaltung......................................................................127<br />

3.6.8.3.1. Sascha Reetz ...................................................................................................127<br />

3.6.8.3.2. Ortrun Davis...................................................................................................127<br />

3


3.6.8.3.3. Claudia Freund ..............................................................................................128<br />

3.6.8.3.4. Yvonne Weidlich ............................................................................................128<br />

3.6.8.3.5. Kurt Geltsch ...................................................................................................129<br />

4. Spezielle Untersuchungen..........................................................................................................130<br />

4.1. Statistik über Unterrichtsstunden, Dozenten und Teilnehmende von 1970 bis 2009 ...130<br />

4.2. Die Entwicklung im Fachbereich Sprachen 1949 bis 2009 .............................................131<br />

4.3. Studienreisen und -fahrten der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.............................................139<br />

4.4. Die Treppengalerie..............................................................................................................141<br />

4.5. Ein Ableger: Die „Kleine VHS“.........................................................................................144<br />

5. Die Gebäude und Räume...........................................................................................................145<br />

5.1. Stennerstraße 3....................................................................................................................145<br />

5.2. Stennerstraße 8....................................................................................................................148<br />

5.3. Stennerstraße 12..................................................................................................................149<br />

5.4. Der Stadtbahnhof................................................................................................................149<br />

5.5. Übersicht über die Räumlichkeiten...................................................................................150<br />

6. Schlussbetrachtungen ................................................................................................................152<br />

7. Bibliographie ..............................................................................................................................154<br />

7.1. Archive .................................................................................................................................154<br />

7.2. Ungedruckte Quellen ..........................................................................................................154<br />

7.3. Sekundärliteratur................................................................................................................154<br />

7.4. Zeitungen und Zeitschriften...............................................................................................155<br />

8. Anhang: VHS-Zeitzeugen erinnern sich..................................................................................156<br />

8.1. Gunter Kingreen: „Als die Volkshochschule 40 Jahre jung war …“ ............................156<br />

8.2. Gunther Kingreen: Ein Gruß aus der Tiefe .....................................................................157<br />

8.3. Carola Utsch: Ein Sprachkurs geht fast immer!..............................................................159<br />

8.4. Gabriele Schulz: VHS-Fotokurs........................................................................................161<br />

8.5. Edelgard Radig: Der bildungsbeflissene Mensch ............................................................162<br />

9. Anhang II: Dokumente zum 90-jährigen Jubiläum................................................................164<br />

9.1. Eröffnungsrede des Festaktes von Lieselotte Berthold ...................................................164<br />

9.2. Rede von Bürgermeister Klaus Müller .............................................................................166<br />

9.3. Rede Prof. Dr. Horst Siebert..............................................................................................168<br />

4


1. Vorwort<br />

Liebe Freundinnen und Freunde der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>,<br />

VHS <strong>Iserlohn</strong>, seit 90 Jahren gefragt!<br />

VHS <strong>Iserlohn</strong>, seit 90 Jahren immer noch gefragt!<br />

VHS <strong>Iserlohn</strong>, seit 90 Jahren gefragter denn je!<br />

Bei einer Passantenbefragung zur VHS im Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong> kannten alle zufällig in der<br />

Stadt Befragten die Volkshochschule, 85 % waren bereits einmal oder mehrfach<br />

Besucher/innen unseres Weiterbildungszentrums. Mehrheitlich wurden als zutreffende<br />

Imagefacetten „offen für alle“, „vielseitig“, „professionell“, „kundenfreundlich“, „aktuell“,<br />

„flexibel“, „attraktiv“ und „preiswert“ genannt.<br />

Um dieser Einschätzung treu zu sein, hat das VHS-Team beschlossen, die Chronik ebenfalls<br />

offen und flexibel zu gestalten. Das heißt, Sie alle sind eingeladen, Erinnerungen, Fotos und<br />

Beiträge nachzureichen, die dann eingearbeitet oder angehängt werden können. So bleibt die<br />

Chronik dynamisch und lebendig.<br />

Mein Dank gilt der Historikerin Katja Hofbauer, die seit fast vier Jahren die Arbeitspläne und<br />

Programmhefte der VHS <strong>Iserlohn</strong> durchforstet hat, die Spuren der VHS-Arbeit in den<br />

Archiven der Stadt und des <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeigers aufgespürt und unzählige Interviews<br />

geführt hat. Das Ergebnis zeigt 90 Jahre <strong>Iserlohn</strong> – durch die Bildungsbrille betrachtet. Denn<br />

„das VHS-Programm ist ein Spiegel des Zeitgeistes und des sozialen Wandels“, wie der<br />

gebürtige <strong>Iserlohn</strong>er und Professor für Erwachsenenbildung Dr. Horst Siebert beim Festakt im<br />

Oktober 2009 sagte: „Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit, Frauenbewegung und<br />

Umweltschutz, multikulturelle Gesellschaft und neue Medien – all diese Themen finden ihre<br />

Resonanz im Bildungsangebot der Volkshochschule. Angesprochen werden fast alle sozialen<br />

Gruppen unserer Gesellschaft: Arbeitslose und Führungskräfte, allein erziehende Mütter und<br />

Migranten/innen, junge Erwachsene und Senioren/innen.“<br />

Mein besonderer Dank gilt den vielen Tausenden Dozentinnen und Dozenten, die bisher mit<br />

ihrem Wissen, mit ihrer Kompetenz und mit ihrem Herzen die Themen ausgewählt,<br />

elementarisiert und unterrichtet haben. Durch ihren engagierten Einsatz lebte und lebt die<br />

Weiterbildung für Erwachsene immer aktuell am Puls der Zeit.


Danken möchte ich auch dem Rat und der Verwaltung der Stadt <strong>Iserlohn</strong>, die die Infrastruktur<br />

für Planung und Durchführung des VHS-Unterrichts seit 90 Jahren zur Verfügung stellen –<br />

seit 2008 in diesen schönen, hellen, erwachsenengerechten Räumen im Stadtbahnhof <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Lieselotte Berthold <strong>Iserlohn</strong>, Mai 2010<br />

(Leiterin der Volkshochschule)<br />

6


2. Einleitung<br />

90 Jahre Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> – eine solch lange Geschichte einer Einrichtung zu<br />

erzählen, an der unzählige Menschen gearbeitet, gelehrt und gelernt haben, ist eine<br />

Mammutaufgabe. Sie ist sehr spannend, bietet faszinierende Einblicke in die Stadtgeschichte<br />

<strong>Iserlohn</strong>s, in die Geschichte des Landes und in die Bildungsgeschichte. Sie zeigt<br />

Entwicklungen und Trends wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Wandels.<br />

Aber man muss eben auch eine Auswahl treffen.<br />

Es ist zum Beispiel unmöglich, alle Dozenten der letzten 90 Jahre zu nennen. Es war schon<br />

sehr schwierig, alle VHS-Leiter herauszufinden. Gerade aus den ersten Jahrzehnten sind auch<br />

nicht die Namen aller hauptamtlichen Mitarbeiter in den Bereichen Pädagogik und<br />

Verwaltung bekannt. Kurzum: Wer hier nicht aufgeführt wurde, möge bitte Nachsicht üben.<br />

Der verstorbene Hans-Jürgen Burgard hat in den 1990er Jahren mit einem VHS-Kurs Pionier-<br />

Arbeit bei der Aufarbeitung der ersten 14 VHS-Jahre in <strong>Iserlohn</strong> geleistet. Dieser Text war<br />

nicht zu verbessern, er wurde für diese Chronik übernommen und nur durch biographische<br />

Angaben über Theodor Klumpp und Gustav Pfingsten ergänzt.<br />

Über die Zeit des Nationalsozialismus war kaum etwas bekannt. Diese Zeit konnte mit der<br />

vorliegenden Arbeit auch nur ein kleines Stück erhellt werden. Es bleibt zu hoffen, dass in<br />

Zukunft weiteres Material auftaucht.<br />

Was die 1950er Jahre angeht, gab es einige hilfreiche Zeitzeugen, allen voran Marieluise<br />

Spangenberg und Gunther Kingreen.<br />

Für die letzten drei Jahrzehnte VHS <strong>Iserlohn</strong> gab es dagegen eine wahre Fülle an Material,<br />

komplett und lückenlos erhaltene VHS-Programmhefte, städtische Sitzungsprotokolle, viele<br />

Zeitungsartikel und jede Menge Zeitzeugen. Das wiederum führte nun zu ganz anderen<br />

Problemen: Nicht alles kann hier erwähnt, nicht alles en detail geschildert werden.<br />

Dem geneigten Leser gefällt hoffentlich die getroffene Auswahl. Sie zeigt das Bild einer<br />

lebendigen, die Bedürfnisse der jeweiligen Zeit widerspiegelnde Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Und sie zeigt sehr viele an Bildung interessierte Menschen.<br />

7


3. Geschichte der VHS <strong>Iserlohn</strong><br />

3.1. Allgemeines zur Geschichte der Volkshochschulen in Deutschland<br />

3.1.1. Erwachsenenbildung in Deutschland bis 1933<br />

Die Erwachsenenbildung im heutigen Sinn hat keine Jahrhunderte alte Tradition, sondern ist<br />

gerade mal etwa 150 Jahre alt. Natürlich gab es Vorläufer: Die Auslöser für eine<br />

Erwachsenenbildung in Deutschland waren das neue Menschenbild, das die Aufklärung im<br />

17. und 18. Jahrhundert geschaffen hatte, und die Industrialisierung im 19. Jahrhundert.<br />

Zunächst entwickelten sich Bildungsgesellschaften und Sonntags- und Fortbildungsschulen.<br />

3.1.1.1. Bildungsanstrengungen der Arbeiterbewegung<br />

Die Erkenntnis, dass eine politische und gesellschaftliche Emanzipation der Arbeiterklasse<br />

eine deutliche Erweiterung der Bildung voraussetzte, war in der Arbeiterbewegung von<br />

Anfang an gegenwärtig.<br />

Der Beginn der Erwachsenenbildung in Deutschland erfolgte erst mit der Gründung der<br />

Handwerker- und Arbeiterbildungsvereine im 19. Jahrhundert. „Ihnen kommt nicht nur ein<br />

bildungsgeschichtliches Interesse zu; sie hatten auch großen Einfluss auf die allgemeine<br />

politische Entwicklung im 19. Jahrhundert. Ihre Geschichte kann als eine Entwicklung von<br />

der Arbeiterbildung hin zur Arbeiterbewegung charakterisiert werden.“ 1 Die<br />

Arbeiterbildungsvereine waren mit der 1869 gegründeten Sozialdemokratischen<br />

Arbeiterpartei eng verknüpft. Während der Zeit des Sozialistengesetzes (1878-1890) wurden<br />

die Arbeiterbildungsvereine (die sich häufig auch als Gesangs- oder Geselligkeitsvereine<br />

getarnt hatten) zu Orten der Begegnung für Parteimitglieder. In der Partei selbst war der<br />

Kampf die wichtigste Aufgabe, die Arbeiterbildung trat erst einmal in den Hintergrund, eine<br />

sozialdemokratische Bildungstheorie und –praxis entwickelte sich erst allmählich. 1891<br />

wurde eine Arbeiterschule in Berlin gegründet und der Mannheimer Bildungsparteitag von<br />

1906 markierte endgültig die Rückkehr zu Bildung und Bildungspolitik.<br />

Ebenfalls stark in die Bildungsarbeit involviert waren die Gewerkschaften. Ihre Arbeit<br />

erfolgte zur Zeit des Sozialistengesetzes dezentral, danach orientierten sie sich neu und man<br />

bot nun gewerkschaftliche Unterrichtskurse verstärkt an. Auch die seit Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts gegründeten katholischen Gesellenvereine, „Kolpingfamilien“ genannt,<br />

engagierten sich sehr für die Weiterbildung der arbeitenden Bevölkerung.<br />

1 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 57.<br />

8


3.1.1.2. Die bürgerliche Bildungsbewegung<br />

Im Zusammenhang mit der Gründung des deutschen Kaiserreiches 1871 wurde die<br />

„Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung“ in Berlin gegründet. Dies war eine<br />

bürgerliche Volksbildungsinstitution, quasi als Antwort des Bürgertums auf die<br />

Arbeiterbildung. Vom Grundgedanken her sehr liberal und doch national, bemühte sich diese<br />

Gesellschaft, allen Bevölkerungsschichten Bildung zukommen zu lassen. Am Ende des ersten<br />

Vereinsjahres existierten 158 Vereine („Bildungsvereine“ genannt) mit über 1200<br />

Mitgliedern. Es gab bei den Veranstaltungen wissenschaftliche oder volkstümliche Vorträge,<br />

aber auch Lesungen oder künstlerische Darbietungen.<br />

Zudem öffnete die so genannte „Universitätsausdehnung“ neue Wege. „Sie stellte den<br />

Gedanken der individuellen Bildung in den Vordergrund und bezog den Einzelnen und seine<br />

konkrete Situation in die Bildungspraxis ein.“ 2<br />

Im Ersten Weltkrieg engagierte man sich in der Truppenbetreuung. 1931 hatte die<br />

Gesellschaft über 11 000 Mitglieder. Trotz ihrer durch ihre volksideologische Konzeption<br />

bedingten Berührungspunkte mit den Nationalsozialisten wurde die Gesellschaft 1935 ebenso<br />

wie die restliche freie Volksbildung aufgelöst.<br />

3.1.1.3. Die ersten Volkshochschulen<br />

All diese Erwachsenenbildungsbestrebungen in Deutschland führten noch im Kaiserreich zur<br />

Gründung von Volkshochschulen, die zum Zentrum der Erwachsenenbildung in Deutschland<br />

wurden.<br />

In Deutschland entstanden Volkshochschulen nach dänischem Vorbild vereinzelt ab 1905,<br />

verstärkt dann ab 1919 in der Weimarer Republik, überwiegend als Abendschulen. In<br />

Dänemark waren 1844 die ersten Volkshochschulen von dem Theologen und Historiker<br />

Nikolai Grundtvig (1783-1872) gegründet worden. Diese ersten dänischen Volkshochschulen<br />

waren Heimschulen, ihr Ziel war die Aktivierung des politischen Verantwortungsgefühls der<br />

Bauern durch das Mittel der Hebung der Allgemeinbildung.<br />

In der Weimarer Republik hatte die Erwachsenenbildung einen neuen Aufschwung<br />

genommen. Nach dem Ersten Weltkrieg waren zahlreiche Städte und Gemeinden dem<br />

2 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 137.<br />

9


Auftrag der Weimarer Verfassung gefolgt und hatten Volkshochschulen gegründet. Im Artikel<br />

148 der Reichsverfassung von 1919 war die Förderung des Bildungswesens, einschließlich<br />

der Volkshochschulen, erstmalig gesetzlich festgelegt worden. Die Zeit zwischen 1919 bis<br />

1923 wird deshalb oft auch abwertend die Phase des „Volkshochschulrummels“ genannt.<br />

„Vorherrschend war der Gedanke, dass die Erwachsenenbildung beim Aufbau einer<br />

demokratischen, auf Chancengleichheit der Menschen ausgerichteten Gesellschaft eine<br />

herausragende Rolle einzunehmen habe. Von daher wurde der Gedanke der Eigenständigkeit<br />

der Erwachsenenbildung vorherrschend.“ 3<br />

Durch die wirtschaftliche Krise in Deutschland bis 1923 waren die Arbeiter enttäuscht, hatten<br />

sie doch auf die Kraft der Bildung gesetzt. Sie rückten ab von der bürgerlichen Volksbildung<br />

und konzentrierten sich auf eigene, sozialistische Formen der Erwachsenenbildung.<br />

Aber in vielen Kommunen, in denen Volkshochschulen sich trotz der Probleme der Weimarer<br />

Republik hatte halten können, wurde das Ende der Aufklärungsarbeit einige Jahre später<br />

durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten eingeleitet.<br />

3.1.2. Die Erwachsenenbildung in der NS-Zeit 1933 bis 1945<br />

Im Nationalsozialismus war die Erwachsenenbildung Teil der Ideologie. „Sie gehörte einem<br />

Erziehungssystem an, das die rassistische, antisemitische und auch die imperialistische<br />

Bildungs- und Kulturpolitik des NS-Staates und der NSDAP wesentlich mittrug.“ 4 Der<br />

Fachbegriff lautete „Erwachsenenerziehung“ und diese leistete einen großen Beitrag zur<br />

Verbreitung der Nationalsozialistischen Gesinnung, also antidemokratische, militaristische<br />

und antijüdische Ideen.<br />

Ab 1933 wurden die Volkshochschulen im Prinzip gleichgeschaltet, weil ihr traditionelles<br />

Bildungsselbstverständnis mit der nationalsozialistischen Ideologie nicht vereinbar war. Die<br />

Erwachsenenbildung in Deutschland wurde komplett neu strukturiert. Der Prozess der<br />

Gleichschaltung oder Integration zog sich über mehrere Jahre hin. Zahlreiche<br />

Volkshochschulen lösten sich schon im Laufe des Jahres 1933 auf, zum Teil gingen sie in der<br />

NS-Kulturgemeinde auf, die wiederum in der „Kraft durch Freude“-Gemeinschaft aufging.<br />

„Noch im Oktober 1933 wurden vom Reichsministerium des Innern Richtlinien für die<br />

deutschen Volkshochschulen ausgearbeitet (...).“ 5 Immer mehr wurde die<br />

Erwachsenenbildung auch in die Deutsche Arbeiterfront mit einbezogen.<br />

3 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 213/214.<br />

4 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn 2001. S. 267.<br />

5 Keim, Helmut / Urbach, Dietrich (Hrsg.): Volksbildung in Deutschland 1933-1945. Braunschweig, 1976. S. 19.<br />

10


Der Kern der Erwachsenenerziehung war ab 1936 das Deutsche Volksbildungswerk (DVW),<br />

das zentralistisch und hierarchisch auf Reichs-, Gau-, Kreis-, Orts- und Betriebsebene<br />

organisiert war, die Weimarer Erwachsenenbildungseinrichtungen waren weitestgehend<br />

zerschlagen worden. „Im Jahr 1937 gehörten dem Volksbildungswerk 218<br />

Volksbildungsstätten an. Bereits ein Jahr später hatte sich – vor allem durch Einbeziehung der<br />

kommunalen Bildungseinrichtungen – deren Zahl auf 325 erhöht. (...) Die<br />

Volksbildungsstätten waren in den Augen der NSDAP die „Herzkammer“ der Bildungsarbeit.<br />

(...) Das Volksbildungswerk richtete darüber hinaus Musikschulen und Büchereien ein und<br />

ergänzte die traditionelle Bildungsarbeit um einen Vortragsdienst und um Dichterlesungen.“ 6<br />

Zu den thematischen Schwerpunkten gehörten Rassenkunde, Volksgesundheit, Staat und<br />

Wirtschaftslehre, Geschichte, Heimatkunde, Kunst, Natur, Wissenschaft und Technik. Die<br />

meisten Volkshochschulen passten sich an, andere versuchten Freiräume zu nutzen, wieder<br />

andere lösten sich selber auf.<br />

Während des Krieges kooperierte das DVW intensiv mit der Wehrmacht, „die<br />

Volksbildungsarbeit wurde zur moralischen Unterstützung der Kriegsführung umfunktioniert:<br />

Sie wurde zu einer kriegswichtigen Aufgabe.“ 7 Der Unterricht wurde zum Teil als<br />

Fernunterricht abgehalten. Ferner gab es Volksbildungsarbeit in den Betrieben und auf dem<br />

Land.<br />

3.1.3. Die Erwachsenenbildung seit 1945<br />

Nach dem Ende des Dritten Reiches wurde die Notwendigkeit einer vor allem neutralen<br />

Erwachsenenbildung erneut gesehen und von den alliierten Militärregierungen auch gefordert:<br />

„Das Erziehungswesen in Deutschland muss so überwacht werden, dass die nazistischen und<br />

militaristischen Lehren völlig entfernt werden und eine erfolgreiche Entwicklung der<br />

demokratischen Ideen möglich gemacht wird.“ 8 „Die Ausgangslage der deutschen<br />

Erwachsenenbildung war unmittelbar nach dem Krieg durch mehrere Faktoren bestimmt, und<br />

zwar durch<br />

- die politisch-soziale, die materielle und die geistig-kulturelle Situation nach dem<br />

Zusammenbruch des nationalsozialistischen Staates,<br />

- die Vorstellungen der Siegermächte über die Neugestaltung des Bildungs- und<br />

Erziehungssystems,<br />

6 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn 2001. S. 242.<br />

7 Keim, Helmut / Urbach, Dietrich (Hrsg.): Volksbildung in Deutschland 1933-1945. Braunschweig, 1976. S. 27.<br />

8 Knierim, Alfred / Schneider, Johannes: Anfänge und Entwicklungstendenzen des Volkshochschulewesens nach<br />

dem 2. Weltkrieg (1945-1951). Stuttgart, 1978. S. 20.<br />

11


- europäische Initiativen zum Aufbau der deutschen Erwachsenenbildung und<br />

- den Wiederaufbau zwischen Tradition und Neubeginn.“ 9<br />

Zunächst einmal galt es, die Entnazifizierung durchzusetzen, viele (aber längst nicht alle)<br />

belastete Dozenten wurden aus ihren Ämtern entfernt.<br />

Die Menschen selbst wollten die Schrecklichkeit der NS-Zeit und des Krieges vergessen und<br />

stürzten sich vielerorts begeistert in die Möglichkeiten der Erwachsenenbildung. „Einerseits<br />

mussten faschistische, rassistische, biologistische Denk- und Deutungsmuster verlernt<br />

werden, andererseits neue Fähigkeiten wieder erlernt werden, um sich in einem veränderten<br />

System und Milieu zurecht zu finden. Auch die Auseinandersetzung mit der kulturellen<br />

Entwicklung im Ausland, vor allem in Amerika und Westeuropa, von denen die Deutschen<br />

während der NS-Zeit abgeschnitten waren, bedeutete eine neue Lernchance und<br />

Lernnotwendigkeit.“ 10<br />

Doch es wurden nicht nur die bestehenden Volkshochschulen neu strukturiert, es wurden auch<br />

vielerorts neue gegründet.<br />

1953 erließ das Land Nordrhein-Westfalen das Gesetz über Zuschussgewährung an<br />

Volkshochschulen. Erstmals in der Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland stellte<br />

dieses Gesetz den Anspruch der Volkshochschulen auf finanzielle Zuschüsse auf eine<br />

rechtliche Basis. Somit wurde das Gesetz quasi Grundlage und Startschuss für viele<br />

Volkshochschul-Neugründungen. Am 17. Juni 1953 wurde zudem der Deutsche<br />

Volkshochschulverband (DVV) als Fach- und Interessenverband der Volkshochschulen in der<br />

Bundesrepublik gegründet. Am 1. Oktober trat auch Nordrhein-Westfalen dem Verband bei.<br />

1957 erfolgte die Gründung der „Pädagogischen Arbeitsstelle des DVV“ mit Sitz in Frankfurt<br />

am Main (seit 1997: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung e.V.).<br />

In den 1960er Jahren gab es eine „realistische Wende“ in der Erwachsenenbildung in der<br />

BRD. Die Emanzipation, der Vietnamkrieg, die Studentenbewegung und andere Impulse<br />

sorgten für Reformen. Für die Volkshochschulen gab es nun drei zentrale Aufgaben: „Hilfe<br />

zum Lernen, Hilfe bei der Orientierung und Urteilsbildung sowie Hilfe zur<br />

Eigenständigkeit.“ 11 Schlüsselqualifikationen wie Kreativität, Flexibilität, Mobilität,<br />

Selbstorganisation und Selbstverantwortung wurden wichtig. Immer mehr wurden auch Kurse<br />

angeboten, die die Teilnehmer beruflich weiterbrachten (auch durch so genannte<br />

9 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn 2001. S. 306.<br />

10 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn 2001. S. 309/310.<br />

11 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn 2001. S. 354.<br />

12


„Bildungsurlaube“), der Begriff „lebenslanges Lernen“ machte die Runde. Zudem wurden die<br />

Ansprüche der Menschen auf Weiterbildung gesetzlich weiter verankert.<br />

In den 70er Jahren erfolgte eine zunehmende Akademisierung und Verwissenschaftlichung<br />

der Volkshochschulen, was die Professionalität dieses Bildungszweiges steigerte.<br />

In den letzten Jahren waren Europäisierung und Globalisierung auch Schlagwörter bei der<br />

Erwachsenenbildung, da sie den Bildungssektor sehr betreffen. Doch nicht nur die Teilnehmer<br />

der Kurse müssen sich dem internationalen Wettbewerb stellen, auch die Volkshochschulen<br />

an sich müssen beweisen, was in ihnen steckt. „Die Unübersichtlichkeit und<br />

Verschiedenartigkeit der Anbieter, die große Expansion von Weiterbildungseinrichtungen (...)<br />

erforderte aber eine besonders kritische Überprüfung der öffentlichen Förderungen und<br />

Leistungsergebnisse, die sich an bestimmten Qualitätsgesichtspunkten orientiert. Die neue<br />

Qualitätssicherungspolitik bzw. das Qualitätsmanagement stützt sich auf ein von der (und für<br />

die) Wirtschaft entwickeltes Normensystem, das auf den Dienstleistungs- und schließlich auf<br />

den Weiterbildungsbereich übertragen wurde. Der neue Ansatz besteht darin, dass nicht nur<br />

das Endergebnis eines Produktes, sondern auch der Entstehungsprozess einschließlich der<br />

zugrunde liegenden Rahmenbedingungen in der Überprüfung und Evaluation einbezogen<br />

wird.“ 12 Immer mehr Volkshochschulen stellen sich dieser Qualitätsprüfung.<br />

12 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn 2001. S. 388.<br />

13


3.2. 1919 bis 1932: Die Anfänge der VHS in <strong>Iserlohn</strong><br />

Eine Stätte des »einträglichen Zusammenwirkens von Gelehrten<br />

und Arbeiterschaft«?<br />

Zur Geschichte der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> (1919 - 1933)<br />

von Hans-Jürgen Burgard<br />

Der folgende Beitrag ging aus dem im Winterhalbjahr 1993/94<br />

durchgeführten· VHS-Arbeitskreis »Die Geschichte der<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>« hervor. Ohne die engagierte Mitarbeit<br />

der Teilnehmer M. Gorki, E. Zimmer, A. Noll und 1. Szaz bei der<br />

Suche nach Zeugnissen der Volksbildung in <strong>Iserlohn</strong> hätte er<br />

nicht geschrieben werden können.<br />

Am 16. Mai 1919 erschien im <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger (IKZ)<br />

folgende Meldung:<br />

»Bildung und Hebung der sittlichen Kraft, das war auch der<br />

Zweck des Antrages der Mehrheitssozialisten zur Gründung eines<br />

Bildungsausschusses. Dieser soll sich mit der Förderung des<br />

Volkshochschulwesens, der Heimatkultur und Heimatdichtung,<br />

mit der Förderung von Theater und Musik befassen. Man<br />

entschied sich dahin, daß zu diesem Zweck die städtische<br />

Theater- und Musikkommission erweitert werden solle.<br />

Hoffentlich werden diese guten Bestrebungen auch bald in Taten<br />

umgewandelt. In <strong>Iserlohn</strong> gibt es für Bildung und Vortrags wesen<br />

sowie für Kunst aller Art noch ein weites, brachliegendes und zu<br />

beackerndes Feld. Wir werden alle Bestrebungen, die derartige<br />

Tendenzen verfolgen, stets gern unterstützen« I.<br />

Mit dem Beschluß, einen Bildungsausschuß ins Leben zu rufen,<br />

der u. a. das Volkshochschulwesen fördern sollte, reagierte der<br />

Rat der Stadt auf den Artikel 148 der Weimarer Reichsverfassung<br />

(»Das Volksbildungswesen, einschließlich der Volkshochschulen,<br />

soll vom Reich, Ländern und Gemeinden gefördert<br />

werden«) und einen Erlaß des preußischen Ministers für<br />

Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 25. Februar 1919, in<br />

dem von den Gemeinden verlangt wurde, Volkshochschulen zu<br />

gründen, damit »die deutsche Volkshochschule als freie<br />

Volksbewegung zu ihrem Teil beitragen wird zur Wiedergeburt<br />

unseres Volkes« 2 .<br />

Der Bildungsausschuß nahm alsbald seine Arbeit auf und wählte<br />

auf seiner Sitzung am 28. August 1919 (Tagesordnungspunkt 3:<br />

Abhaltung von Volkshochschulkursen) eine dreiköpfige<br />

Kommission (Prof. Scheidei, Kreisschulinspektor Dr.<br />

Berkermann, Stadtverordneter Bräuker), die sich speziell um alle<br />

damit zusammenhängenden Fragen kümmern sollte 3 . Es ging um<br />

die Gewinnung von Dozenten, Honorarfragen 4 , Hörergeld 5 und<br />

Vortragsthemen 6 , wobei man sich an den Lehrplänen der<br />

Volkshochschulen in Lüdenscheid. Hagen, Remscheid und<br />

Minden 7 orientierte. Den allgemeinen Bildungshunger schätzte<br />

der Ausschuß hoch ein. Ein am 3. Oktober 1919 im IKZ<br />

erschienener Kommentar teilte diese Einschätzung. »Indem der<br />

Magistrat die Volkshochschulkurse in <strong>Iserlohn</strong> zur Einführung<br />

bringt, dient er einem vorhandenen Bedürfnis ... Wir zweifeln<br />

nicht daran, daß der Gedanke von Volkshochschulkursen auch in<br />

der hiesigen Einwohnerschaft bis in die weiteste Umgebung<br />

zündend wirkt und seine Berechtigung schlagend nachweisen<br />

wird«. Zugleich sah die Zeitung jedoch als die wesentlichste<br />

Vorbedingung für eine gedeihliche Entwicklung/der VHS in<br />

<strong>Iserlohn</strong> die Gewinnung von »wirklich anziehenden und<br />

leuchtenden Dozenten« an und wies auf die besonderen<br />

Schwierigkeiten hin, mit denen eine Mittelstadt wie <strong>Iserlohn</strong> -<br />

anders als z. B. Universitätsstädte - dabei zu kämpfen hatte: »Das<br />

Vorgehen der hiesigen Stadtverwaltung erscheint in einem<br />

umso vorteilhafteren Licht, als anderen Städten, die bahnbrechend<br />

auf diesem Gebiet gewirkt haben, die Vorbedingungen dadurch<br />

erleichtert waren, als ihr akademisches Leben ihnen gestattete, aus<br />

dem Vollen ihrer Universitäten zu schöpfen. Es haben sich in der<br />

Tat stets die ausgezeichnetsten Köpfe unter den deutschen<br />

Professoren für diese Volksschulkurse zur Verfügung gestellt,<br />

dem Grundsatz huldigend, daß für das Volk das Beste gerade gut<br />

genug ist«. Daß es in <strong>Iserlohn</strong> auch damals Kräfte gab, die dem<br />

Unternehmen VHS skeptisch bis ablehnend gegenüber standen,<br />

deutete der Artikel indirekt an, wenn er darauf hinweist, daß die<br />

Kosten der Einrichtung im <strong>Iserlohn</strong>er Unterrichtsbudget nicht ins<br />

Gewicht fielen, und seine Überzeugung zum Ausdruck bringt, die<br />

Mehrheit der Stadtverordneten werde die notwendigen Gelder<br />

»gegen die Stimmen etwaiger volksbildungsfeindlicher Verwaltungsmitglieder<br />

anstandslos bewilligen« 9 .<br />

Das geschah in der entscheidenden Ratssitzung am 7. Oktober<br />

1919 tatsächlich wie erwartet. Im Zusammenhang mit der<br />

Abstimmung machte Bürgermeister Dr. Schulte einige<br />

grundsätzliche Ausführungen zur VHS in <strong>Iserlohn</strong>. Ideal wären,<br />

so Schulte, eigentlich Volkshochschulkurse mit methodischem<br />

Unterricht in allen Wissensgebieten. Die Mittel der Stadt reichten<br />

hierzu aber nicht aus. Man müsse sich mit »Anbahnungen«<br />

bescheiden. Dennoch könne auch die <strong>Iserlohn</strong>er VHS mit den in<br />

Aussicht genommenen Veranstaltungen zur »Stärkung edlen<br />

Menschentums in weiten Kreisen und Pflege des Idealismus der<br />

Jugend« beitragen. Im übrigen wolle man nichts überstürzen und<br />

die Sache einer systematischen Entwicklung vorbehalten,<br />

Die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> hat im offiziellen Schriftgut der Stadt -<br />

also in den Stenographischen Niederschriften der Ratssitzungen, den<br />

Protokollen der Ausschußsitzungen oder den Verwaltungsberichten - in<br />

den ersten 15 Jahren ihres Bestehens nur geringe Spuren hinterlassen.<br />

Weil es sich bei der damaligen Volkshochschule um eine Einrichtung<br />

ohne eigenen Apparat handelte, um eine VHS mithin, die im Gegensatz<br />

zur heutigen keine eigene Verwaltung besaß, hat auch die VHS selbst<br />

kaum schriftliche Zeugnisse ihres Wirkens hinterlassen. Wer heute über<br />

die Frühgeschichte der VHS <strong>Iserlohn</strong> schreiben will, ist infolqedessen<br />

auf mittelbare Quellen, vor allem Anzeigen und Artikel in den<br />

damaligen Tageszeitungen, angewiesen. Aus arbeitsökonomischen<br />

Gründen haben wir uns auf die Auswertung des <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Kreisanzeigers (Jahrgänge 1919 - 1933) beschränkt.<br />

1. IKZ, 77. Jg., Nr. 113 v. 16.5. 1919.<br />

2. Zit. nach Faust, A., Hg., NRW·Landesgeschichte im Lexi-kon,<br />

Düsseldorf 1993, S. 108 f.<br />

3. Protokollbuch des Bildungsausschusses der Stadt <strong>Iserlohn</strong>,<br />

Sitzung v. 28. 8. 1919. StAls.<br />

4. Vgl. ebd., Sitzung v. 5. 1. 1920: »Honorar je Stunde etwa 20-25<br />

M.« - Ähnlich ebd., Sitzung v. 23. 2. 1920: »20 M für die<br />

Vortragsstunde wie bisher werden für angemessen gehalten«,<br />

S. Vgl. ebd., Sitzung v. 23. 2. 1920: »In Aussicht genommen werden<br />

75 Pfennig für den Abend«.<br />

6. »...je ein Vortrag des Volksschullehrers Lorenz und des<br />

Oberlehrers Heine über »Das Licht«. Der Vortrag des Herrn<br />

Krause soll abgesetzt werden«. Vgl. ebd., Sitzung v. 22. 12. 1919.<br />

7. Vgl. ebd., Sitzung v. 23. 2. 1920.<br />

8. IKZ, 78. Jg., Nr. 231 v. 3. 10. 1919.<br />

9. Ebd.<br />

14


»sofern sich das ... Interesse unserer Bürgerschaft nachweisen<br />

läßt« 10 .<br />

Die beiden ersten Vorträge in der Geschichte der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Volkshochschule kündigte der IKZ am 17. November 1919 11 an:<br />

»Bekanntmachung Städtische Volkshochschulkurse. Im<br />

November - Dezember finden 2 Kurse statt.<br />

Redner: 1) Dr. Grigull aus Werden über das Thema: »Unser<br />

Sonnensystem« (mit Lichtbildern).<br />

Redner: 2) Universitätsprofessor Dr. Besserer aus Münster über<br />

das Thema: »Verhütung und Bekämpfung der ansteckenden<br />

Krankheiten mit besonderer Berücksichtigung der<br />

Tuberkulosen««.<br />

Mit dem Vortrag von Prof. Dr. Besserer hatte der Bildungsausschuß<br />

offensichtlich ins Schwarze getroffen. Etwa 200<br />

Zuhörer fanden sich in der Aula des Realgymnasiums ein, um<br />

sich über die Bekämpfung ansteckender Seuchen kompetent<br />

informieren zu lassen. Vor allem aber - und das hob der IKZ in<br />

seiner Berichterstattung über diese erste Veranstaltung der<br />

<strong>Iserlohn</strong>er VHS überhaupt geradezu enthusiastisch hervor - hatte<br />

die VHS die richtigen Hörer erreicht: »Männer und Frauen des<br />

Volkes ver-schiedenster Altersstufen legten von regster<br />

Anteilnahme breiter sozialer Schichten an der begrüßenswerten<br />

Darbietung Zeugnis ab. Da saß der jugendliche Stift, dem die<br />

Lernbegierde hell aus den Augen leuchtete, neben dem schon<br />

graumelierten Arbeitsmann, der in der schwieligen Faust Papier<br />

und Bleistift zum Notizenmachen hielt. Hatte vielleicht auch er<br />

einst ein geistiges Weiterkommen geträumt, aber des Lebens<br />

rauhe Wirklichkeit gebot herrisch ein Halt. Hatte arbeiten und<br />

verdienen müssen und kein vermögendes Elternhaus und keine<br />

soziale Umwelt waren da, die für seine Weiterbildung sorgten.<br />

Jetzt ist wohl eine sozial bessere Zeit gekommen, die die<br />

Menschen höher bringen, zu den Mehrwissern hinaufziehen will.<br />

Herzlich begrüßte er ... die Volkshochschulkurse, die ...<br />

hoffentlich eine dauernde Einrichtung in <strong>Iserlohn</strong> bleiben<br />

werden. Auch die weiblichen Besucher des Kursus boten ein<br />

typisches Bild des Verständnisses für die getroffene Einrichtung;<br />

wahrlich ein erhebendes Schauspiel ist die Arbeiterfrau an der<br />

Seite ihres Gatten, die aus den Mühen und Lasten des Tages<br />

heraus eine Stunde sich freimacht, um dem Leben höheren Inhalt<br />

als Besen und Scheuerkessel ihn geben, abzugewinnen. Daneben<br />

paßt sich die Krankenschwester, das Ladenfräulein ermunternd<br />

dem Zuge nach Wissen und Bildung an, so daß der Beobachter<br />

wohl den Eindruck gewann, daß der Zweck der Übung erreicht<br />

war und der Anfang die Erwartungen übertraf ... Aus der ersten<br />

Stunde schieden die Zuhörer in gespannter Erwartung der<br />

zweiten, die vielleicht mit Lichtbildern dargeboten wird« 12 .<br />

Auch mit einer weiteren - auf sechs Abende im Winterhalbjahr<br />

1919/20 konzipierten - Vortragsreihe über westfälische<br />

plattdeutsche Dichtung (Referent Ludwig Schröder) erzielte die<br />

VHS einen großen Erfolg. In einem Rückblick auf die<br />

Veranstaltung schrieb der IKZ am 9. März 1920: Was diese<br />

Vorträge »an Genuß und Freude, an Anregung und Belehrung«<br />

gegeben haben, »das vermag nur der zu sagen und zu würdigen,<br />

der selber unter der großen treuen Zuhörergemeinde gesessen<br />

hat. Welcher Reichtum an heimatlichen dichterischen<br />

Schöpfungen ist uns hier enthüllt worden! Und doch erdrückte<br />

nie die Menge des Stoffes. Es war eben Künstlerhand, die hier<br />

schuf, wenn vor uns die Dichterpersönlichkeiten in scharfen,<br />

lebensvollen Strichen erstanden, wenn die mannigfaltigen<br />

großen und kleinen Werke uns nahegebracht wurden durch eine<br />

unübertreffliche Charakteristik. Man fühlte jedem der<br />

feingemeißelten Sätze ab, daß ihr Urheber einmal vollkommen<br />

in und über der Sache stand, dann aber auch, daß seine<br />

Ausdrucksform durch alle<br />

Schattierungen und Färbunqen hindurch. in jeder Linie und<br />

Bewegung, den Stempel meisterhafter Beherrschung trug. Ich bin<br />

dessen sicher, daß die Dichter sich glücklich geschätzt hätten,<br />

wären sie Zeugen gewesen von der stimmungsvollen Art, mit der<br />

Herr Ludwig Schröder ihre Vermittlung zum Hörerkreis gefunden<br />

hat«!". Zum Schluß seines Berichtes bedauerte der Redakteur das<br />

Ende des Kursus und gab seiner Hoffnung Ausdruck, die<br />

»Wanderung durch den reichen Schatz der heimatlichen Literatur«<br />

möge eine Fortsetzung finden.<br />

Auffällig in diesem zweiten Bericht des IKZ über eine Veranstaltung<br />

der VHS ist, daß zwar wie im ersten von der großen<br />

und über die Abende hinweg konstant bleibenden Zuhörerschaft<br />

die Rede ist, im Gegensatz zu dem ersten Bericht aber mit keinem<br />

Wort die soziale Zusammensetzung der Kursusteilnehmer<br />

erwähnt wird. Anzunehmen ist, daß sich unter den Hörern wohl<br />

eine Mehrheit mit einer anderen als der Volksschulbildung<br />

befunden hat. Das aber hätte den Motiven und dem<br />

Selbstverständnis der VHS widersprochen. In einer euphorischoptimistischen<br />

Aufbruchstimmung und anknüpfend an liberale<br />

und konfessionelle Bemühungen zur Verbreitung von<br />

Volkswissen und die Arbeit der Arbeiterbildungsvereine, die sich<br />

in erster Linie an die gerichtet hatten, denen ein erster<br />

Bildungsweg nur unzulängliches Wissen vermittelt hatte, hatte<br />

der <strong>Iserlohn</strong>er Bildungsausschuß nämlich beschlossen, als<br />

Besucher der VHS nur Personen mit Volksschulbildung<br />

zuzulassen. Anderen sollte die Teilnahme an Volkshochschulkursen<br />

nur dann erlaubt sein, wenn »noch Platz vorhanden ist«!".<br />

Der war nach den gelungenen Auftaktveranstaltungen<br />

offensichtlich häufiger vorhanden, d. h. die angebotenen Vorträge<br />

zogen bei weitem nicht immer die erwarteten Massen an, so daß<br />

der Bildungsausschuß am 23. Februar 1920 den numerus clausus<br />

aufhob und festlegte: »Die Kurse sollen allen<br />

Bevölkerungskreisen zugänglich gemacht werden« 15 . Obwohl die<br />

VHS für einzelne Vorträge z. T. sehr intensiv warb 16 , das<br />

jeweilige Thema ausführlich erläuterte 17 und hervorhob, es sei<br />

»für jedermann bestimmt«, fand z. B. ein Vortrag über »Metalltechnisches<br />

aus alter und neuer Zeit« kaum Interesse. Am 3. April<br />

1920 mahnte deshalb der IKZ: »Wie wir hören, ist leider die<br />

Anmeldung zu dem ... Kursus „Metalltechnisches aus alter und<br />

neuer Zeit“ bisher noch recht gering geblieben. Die von Herrn<br />

Ing. Krause, Lehrer an der<br />

10. IKZ, 78. Jg., Nr. 235 v. 8. 10. 1919.<br />

11. IKZ, 78. Jg., Nr. 269 v. 17. 11. 1919.<br />

12. IKZ, 78. Jg., Nr, 274 v. 24. 11.1919. , .<br />

13. IKZ 78 Jg., Nr. 59 v. 9.3. 1920. - Bereits am 6.2. 1920 (78 Jg., Nr.<br />

31) hatte der IKZ über diese Veranstaltung berichtet: »Der zweite<br />

Vortragsabend über Westfälischplattdeutsche Dichtung war noch<br />

stärker besucht als der erste ... Mit gespannter Aufmerksamkeit<br />

folgten die Zuhörer den interessanten Darlegungen und beteiligten<br />

sich nachher auch rege ,<br />

an der Leseübung ... «. .<br />

14. Protokollbuch des Bildungsausschusses der Stadt <strong>Iserlohn</strong>, Sitzung<br />

v. 14. 11. 1919. StAls.<br />

15. Ebd., Sitzung v. 23. 2. 1920.<br />

16. So wies der IKZ allein im Januar 1921 fünf Mal auf den Vortrag<br />

»Grundfragen der Astronomie« hin, den Studienrat Heine halten<br />

wollte. Vgl. IKZ; v. 6.1.,8.1., 11. 1. und 15.1. 1921.<br />

17. »Die VHS will mit diesem Vortrag nicht in das Gebiet der<br />

Fachschule übergreifen; die zur Verfügung stehende Zeit würde<br />

auch nicht ausreichen, den Stoff vom fachwissenschaftlichen<br />

Standpunkt aus einigermaßen erschöpfend zu behandeln. An den<br />

vier für den Vortrag in Aussicht genommenen Abenden soll<br />

vielmehr nur eine Auswahl von Gebieten aus der Geschichte der<br />

Metalle, ihrer Verarbeitung in alter und neuer Zeit und der<br />

Nutzbarmachung der wissenschaftlichen Untersuchung der Metalle<br />

mit Mikroskop und Meßtechnik gegeben werden.« IKZ, 78. Jg.,<br />

Nr. 69 v. 29. 3. 1920.<br />

15


Staatlichen Fachschule, geplanten Vorlesungen versprechen<br />

derartig anregend und bildend zu werden, daß es tief<br />

bedauerlich wäre, wenn die Bemühungen durch<br />

Gleichgültigkeit nur einer kleinen Anzahl Teilnehmer zugute<br />

kommen würden. Hoffentlich genügt diese Notiz, um weite<br />

Kreise zu der Anmeldung zu veranlassen 18 . Weil das aber<br />

offensichtlich nicht der Fall war, wurde der Vortrag »wegen der<br />

geringen Teilnahme und der bereits vorgerückten Jahreszeit ...<br />

bis zum nächsten Volkshochschulsemester 1920/21<br />

zurückgestellt« 19 .<br />

Öffentlich enttäuscht über das geringe »Bildungsbedürfnis der<br />

arbeitenden Kreise«, an die das Angebot der Volkshochschulen<br />

sich ja vor allem richtete, zeigte sich daraufhin<br />

Oberbürgermeister Gertenbach. In einem Rückblick auf den<br />

Anklang, den die <strong>Iserlohn</strong>er VHS in den ersten Monaten ihres<br />

Bestehens gefunden hatte, stellte er in der<br />

Stadtverordnetensitzung am 14. Mai 1920 fest: »Dem Rufe<br />

eines großen Teils unseres Volkes nach naturwissenschaftlichen<br />

und philosophischen, nach historischen, politischen und<br />

volkswirtschaftlichen Kenntnissen haben wir, wie auch andere<br />

Städte, durch Veranstaltung von Volkshochschulkursen<br />

Rechnung zu tragen versucht. Die Volkshochschule ist keine<br />

Schule neben den anderen, sondern eine Vervollkommnung«.<br />

Dann gab Gertenbach allerdings zu, daß sich die<br />

hochgespannten Erwartungen nicht erfüllt hatten: »Leider hat<br />

sich hier gezeigt, daß das Bildungsbedürfnis der arbeitenden<br />

Kreise sich bei weitem nicht als so stark herausgestellt hat, wie<br />

angenommen wurde. Die weiteren Erfahrungen mit den<br />

Volkshochschulkursen müssen zeigen, ob die Aufnahmefreudigkeit<br />

der arbeitenden Bevölkerung im richtigen Verhältnis<br />

zu der aufgewandten Mühe steht oder nicht« 20 .<br />

Wie engagiert in den Anfangsjahren der Weimarer Republik, als<br />

in Deutschland ein demokratisches Staatswesen entstanden war,<br />

in dem zunächst die Sozialdemokraten, für die Volksbildung<br />

traditionell einen hohen Stellenwert besessen hatte,<br />

bestimmenden Einfluß ausübten, über Möglichkeiten<br />

nachgedacht wurde, breite Schichten der Bevölkerung an<br />

Bildungsgüter heranzuführen, zu denen sie bisher keinen<br />

Zugang gehabt hatten, zeigt ein umfangreicher Artikel, der am<br />

20. Mai 1919 unter dem Titel »Kino und Volksbildung« im IKZ<br />

erschien 21 . Der Autor, Emil Gräfinghoff aus <strong>Iserlohn</strong>, schlug<br />

darin vor, die »Kinoseuche«, an der das deutsche Volk leide, in<br />

den Dienst der Volkserziehung zu stellen. Statt Mord und<br />

Totschlag, Ehebruch und Prostitution - typischen Themen der<br />

laufenden Filme - solle ein kommunales Kino »geist- und<br />

gemütbildende« Filme zeigen. Gräfinghoff dachte z. B. an Filme<br />

über »München, die Hauptstadt Bayerns«, »Berlin aus der<br />

Vogelschau«, »Helgoland«, »Nürnberg, ein mittelalterliches<br />

Städtebild«, »Bilder aus der sächsisch-böhmischen Schweiz«<br />

usw. Falls sich ein städtisches Kino, das für die <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Schulkinder und Fortbildungsschüler »eine Stätte der Belehrung<br />

und auch der Unterhaltung« werden könne, nicht finanzieren<br />

lasse, so solle der Volksbildungsverein mit einem Kinobesitzer<br />

einen Vertrag schließen, in dem sich dieser verpflichte, an<br />

bestimmten Tagen sein Kino zur Verfügung zu stellen. Die<br />

Volksbildung jedenfalls gelte es zu heben durch alle »Faktoren,<br />

die da in Frage kommen: Schulen aller Art, Lesehalle,<br />

Volksbüchereien, Theater, Volkshochschule, Vorträge und<br />

Kino«.<br />

Ob ein Kino dieser Art allerdings größeren Erfolg als die VHS<br />

mit einigen ihrer ersten Vorträge gehabt hätte, darf man<br />

angesichts der vorgeschlagenen Titelauswahl wohl bezweifeln.<br />

Tatsächlich berichtete der IKZ am 3. März 1920 22 über eine nur<br />

mäßig besuchte Kulturfilmvorführung: »Es ist lebhaft zu<br />

beklagen, daß der Saal nicht ganz gefüllt war... Das Programm<br />

war wohl zu reichhaltig und erforderte zu viel geistige<br />

Anspannung. Es hätte dem Ganzen nicht geschadet, wenn in das<br />

Programm zur Erholung mehrere kurze unterhaltende Filme,<br />

auch humoristischer Art, eingefügt worden wären. Diese<br />

Darbietungen zu einem billigen Einheitspreis sind dankbar zu<br />

begrüßen, die Bevölkerung hat nun die Aufgabe, die<br />

Veranstaltungen zu unterstützen... Hoffentlich läßt der<br />

Städtische Volksbildungsausschuß in regelmäßigen<br />

Zeitabständen ähnliche Vorstellungen folgen«. An dem<br />

geringen Zuspruch, den Filmvorführungen dieser Art in<br />

<strong>Iserlohn</strong> fanden, änderte sich jedoch auch in den kommenden<br />

Jahren nichts. So stellte der Bildungsausschuß in seiner Sitzung<br />

am 5. September 1922 lapidar fest: »Für die Vorführung von<br />

Lehrfilmen bestand bei dem im vorigen Jahre beobachteten<br />

geringem Interesse der Einwohner wenig Neigung« 23 .<br />

Es scheint so, als ob viele der damals so euphorisch um die<br />

Hebung der Volksbildung bemühten Pädagogen und Politiker<br />

doch eine reichlich weltfremde Vorstellung von der<br />

Bildungsbereitschaft der »Masse« und ihren Interessen besessen<br />

hätten. Enttäuschungen konnten da nicht ausbleiben. Der IKZ<br />

jedenfalls hatte frühzeitig gewarnt und in Kenntnis der<br />

vorgesehenen Themen der ersten VHS-Vortragsserie<br />

geschrieben: »Schon jetzt möchten wir bemerken, daß ein<br />

wirklich zeitentsprechender, wirtschaftliche und soziale Dinge<br />

lehrender Vortrag im Vorlesungsverzeichnis sich nicht befindet<br />

... « 24 . So mag die teilweise schwache Resonanz, welche einige<br />

der Vorträge der <strong>Iserlohn</strong>er VHS in ihrer Gründungsphase<br />

fanden, vielleicht weniger auf die geringe<br />

»Aufnahmefreudigkeit der arbeitenden Bevölkerung«<br />

zurückzuführen sein als vielmehr darauf, daß die<br />

Verantwortlichen - auf klassisch-konservative, bildungsbürgerliche<br />

Themen fixiert - die Interessenlage der arbeitenden<br />

Menschen schlicht falsch einschätzten. Schon damals entschied<br />

über Erfolg und Mißerfolg der Volkshochschularbeit ganz<br />

einfach die Attraktivität des angebotenen Programms.<br />

Organisatorisch, ging es mit dem Aufbau von Volkshochschulen<br />

im Sommer 1919 jedoch zunächst gut voran. So wurde in<br />

Gelsenkirchen der »Verband kommunaler Volkshochschulen<br />

Westfalen« gegründet. Nach der Satzung sollte der Verband die<br />

Einrichtung und den Ausbau kommunaler Volkshochschulen<br />

fördern, weiteres Material sammeln, mit den beteiligten Stellen,<br />

also auch den Behörden, Fühlung nehmen und den<br />

wechselseitigen Austausch von Erfahrungen ermöglichen.<br />

Wenngleich der Verband den Standpunkt einnahm, »daß die VHS<br />

im Aufbau und Lehrplan den örtlichen Gegebenheiten anzupas-<br />

sen sei« 25 , wollte er andererseits doch dafür Sorge tragen, daß<br />

sich die Arbeit der einzelnen Volkshochschulen an einheitlichen<br />

Richtlinien orientierte. Vor allem sollte der Verband<br />

offensichtlich verhindern, daß die Volkshochschulbewegung »in<br />

die Hand von Privatvereinen gleite«, weil das zu einer<br />

Zersplitterung in Lehrplan, Methode und Zielsetzung geführt<br />

hätte. Der Verband stand dafür, daß die VHS »als gemeinsame<br />

Arbeitsstelle aller Volksschichten soziale Gegensätze überbrücke<br />

und nicht zu politischen Parteiagitationszwecken ausgenutzt<br />

werde«.<br />

18. IKZ, 78. Jg., Nr. 73 v. 3. 4. 1920.<br />

19. IKZ, 78. Jg., Nr. 75 v. 7.4. 1920.<br />

20. Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das Jahr 1919, S.<br />

18. StAls .<br />

21. IKZ, 77. Jg., Nr. 110 v. 20. 5. 1919.<br />

22. II(Z, 78. Jg., Nr. 53 v. 3. 3. 1920.<br />

23. IKZ, 81. Jg., Nr. 209 v. 6. 9. 1922.<br />

24. IKZ, 78. Jg., Nr. 231 v. 3. 10.1919.<br />

25. IKZ; 78. Jg., Nr. 180 v. 12. 8. 1919. - Die Interessenvertretung der<br />

Volkshochschulen erfolgte durch regionale und überregionale<br />

Verbände. 1927 wurde der »Reichsverband der deutschen<br />

Volkshochschulen« gegründet. Vgl. dazu Pöggeler, F., Hg.,<br />

Geschichte der Erwachsenenbildung, Stuttgart 1975, S. 76<br />

16


Schon um das zu verhindern, sei die Kommune, »die als<br />

neutrale Stelle allgemeines Vertrauen« genieße, »die berufene<br />

Trägerin der VHS«.<br />

Mit der Zielsetzung, »gemeinsame Arbeitsstelle aller<br />

Volksschichten« sein und »soziale Gegensätze überbrücken« zu<br />

wollen, ist eine wesentliche Aufgabe der damaligen<br />

Volkshochschule umschrieben. Es ging keineswegs nur um die<br />

Vermittlung von Kenntnissen. Vielmehr sollte die VHS zu einer<br />

Stätte des »einträglichen Zusammenwirkens von Gelehrten und<br />

Arbeiterschaft« werden"; die bestehende Klassenschranken<br />

überwinden und damit einen wesentlichen Beitrag zum<br />

Wiederaufstieg Deutschlands nach dem verlorenen Weltkrieg<br />

leisten. Der schon erwähnte Erlaß des preußischen<br />

Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom<br />

25. Januar 1919 hebt diesen Gedanken klar hervor: »Die Not<br />

der Zeit offenbart so eindringlich wie denkbar die<br />

Notwendigkeit der Arbeitsgemeinschaft aller Volkskreise. Wir<br />

müssen Brücken schlagen zwischen dem kleineren Volksteil.<br />

der geistig arbeitet, und dem immer größer bleibenden Teile<br />

unserer Volksgenossen, der mit der Hand schafft, aber geistig<br />

hungrig ist. Wie der Kopfarbeiter täglich den Segen der<br />

Handarbeit genießt, die ihm die materiellen Notwendigkeiten<br />

des Lebens schafft, so muß der Handarbeiter in Stadt und Land<br />

teilnehmen können an den Errungenschaften seiner in geistigen<br />

Werkstätten schaffenden Volksgenossen ... Unser Volk in allen<br />

seinen Teilen muß lernen, wie alle Arbeit sich gegenseitig<br />

ergänzt und trägt. Das Frohgefühl der sozial fördernden Arbeit<br />

unter der Parole: ,Einer für alle, alle für einen’ muß unser aller<br />

Kraft beleben. Über Stadt und Land verbreitete<br />

Volkshochschulen, in denen die so vielfach volksfremd<br />

gewordene Wissenschaft wieder deutsch zu Deutschen spricht,<br />

müssen uns helfen, das geistige Band zwischen allen<br />

Volksteilen wieder fest zu knüpfen und verlorenes Verständnis<br />

für gemeinsame Arbeit wieder zu erobern« 27 . Indem die VHS<br />

einen Beitrag leiste zur »Verständigung und Versöhnung in<br />

unserem armen, zerklüfteten Volke« 28 , könne sie bestehende<br />

Klassengegensätze ab- und eine echte Volksgemeinschaft<br />

aufbauen; die aber sei eine unverzichtbare Voraussetzung für<br />

die Wiedererringung deutscher Größe: »Der Gedanke der<br />

Volksbildung muß wachsen, damit Deutschland leben kann. Noch<br />

ist es Nacht über unserm Vaterlande, aber schon sind selbständige<br />

Geister allerorten frohgemut aufgestanden... Aufgabe der Volkshochschulbewegung<br />

ist es, ihre Reihen zu ordnen und mitzuhelfen,<br />

einen neuen Tag heraufzuführen ... « 29 .<br />

Wie verbreitet solche Ansichten damals waren, offenbart z. B.<br />

auch der Leserbrief »Arbeiter-Volksbildung« von Frau M.<br />

Barnhold aus <strong>Iserlohn</strong>, den der IKZ am 10. September 1919 30<br />

veröffentlichte. Die Leserbriefschreiberin schlug die Errichtung<br />

einer Volksbühne in <strong>Iserlohn</strong> nach dem Berliner Vorbild vor und<br />

appellierte an Arbeiter, Unternehmer und Stadt, das Projekt durch<br />

eine gemeinsame Anstrengung zu verwirklichen. Der Bau eines<br />

Theaters war nach ihrer Auffassung »das beste Denkmal für<br />

unsere gefallenen Helden und ein Zeichen, daß die blutige Saat<br />

doch noch reiche Früchte getragen hat. Leben und mit Freude<br />

schaffen können wir nur, wenn wir alle zusammenstehen, in dem<br />

Bestreben und dem festen Glauben an ein Wiederauferstehen<br />

unseres Volkes und seiner Kraft, und dann müssen wir Ideale ins<br />

Volk tragen und darum ist es wirklich eine der brennendsten<br />

Tagesfragen, darüber schnell zur Tat zu kommen«. Ähnlich<br />

argumentierte am 5. November 1919 31 der <strong>Iserlohn</strong>er Oberlehrer<br />

Dr. Wagner. Nach seiner Überzeugung wirkten sich<br />

Bildungsunterschiede »genau so klassentrennend aus wie der<br />

Unterschied in der Verteilung materieller Güter« und machten den<br />

Wiederaufstieg Deutschlands unmöglich. Es gelte, die »geistige<br />

Spaltung« im Seelenleben des Volkes zu überwinden und den<br />

Willen, einheitlich und geschlossen im Staate mitzuarbeiten, zu<br />

entwickeln: »Diese Geschlossenheit des Willens ... ist ein<br />

unvermeidliches Erfordernis zunächst der außenpolitischen<br />

und wirtschaftlichen Lage, in die uns der Kriegsausgang<br />

hineingeworfen hat ... «. Für Wagner war die VHS aber nicht<br />

nur aus Gründen der nationalen Wiedergeburt eine<br />

Notwendigkeit. So wie sie durch ihre klassenintegrierende<br />

Kraft Deutschland nach außen stärke, so stütze sie im Innern<br />

die Demokratie: »Die VHS ist eine unvermeidliche<br />

Konsequenz der Demokratie ... Volksherrschaft ist Volksbildung,<br />

denn ohne geistige Reife des Volkes ist die<br />

Demokratie der Nährboden der Demagogie«.<br />

Es berührt schon eigentümlich, wenn man aus dem Abstand von<br />

75 Jahren liest, welche Hoffnungen und Erwartungen an die<br />

VHS geknüpft wurden. Über die »Sozialisierung des Geistes« 32<br />

sollte sie bestehende Klassengegensätze versöhnen, den inneren<br />

Zusammenhalt des Volkes stärken, eine echte<br />

Volksgemeinschaft begründen und auf diese Weise zum<br />

Wiederaufstieg des Reiches beitragen. Ferner wies man ihr die<br />

Aufgabe zu, die junge Demokratie in Deutschland zu festigen<br />

und gegen ihre radikalen Feinde zu verteidigen! Wie immer<br />

man diese Zielsetzungen rückblickend auch bewerten mag -<br />

manches daran erinnert an den naiv erscheinenden Optimismus<br />

der Aufklärer des 18. Jahrhunderts, die von der Möglichkeit der<br />

Erziehung des Menschengeschlechts zu Toleranz, Humanität<br />

und kritischer Rationalität überzeugt waren an der<br />

Ernsthaftigkeit ihrer Überzeugungen und dem großen<br />

Idealismus, mit dem sie an ihre Aufgabe herangingen, ist kein<br />

Zweifel erlaubt.<br />

Der publizistische Niederschlag, den die Idee der Volksbildung<br />

und die VHS, mittels derer man sie durchsetzen wollte, damals<br />

fand, ist beispiellos. Niemals zuvor und niemals danach ist z. B.<br />

im IKZ (wie auch in anderen Zeitungen) so grundsätzlich und auf<br />

so beachtlichem Niveau über die VHS gestritten worden. Gegen<br />

die VHS wurde immer wieder vorgebracht, daß der mangelnde<br />

Arbeitswille breiter Schichten der Bevölkerung alle<br />

Bildungsbestrebungen zur Erfolgslosigkeit verurteile. »Die<br />

Volkshochschulkurse besitzen ihre Gegner«, schrieb der IKZ am<br />

24. November 1919 33 . »Deren Antipathie entquillt<br />

pädagogischen Erwägungen. Sie fürchten, ... daß solche Kurse<br />

vergebliche Liebesmühe seien. Nach ihrer Ansicht geht selbst die<br />

volkstümliche Art des Dozierens ... so schwer in den ungeübten<br />

Zuhörer ein, daß ein großer Teil derselben das Rennen, d. h. den<br />

Besuch der Stunden, nach einiger Zeit aufgeben wird«. Die<br />

verantwortlichen Politiker seien von der Idee der Volksbildung<br />

größtenteils nicht wirklich überzeugt, sondern verführen nach<br />

dem Motto: »Wir müssen mit Rücksicht auf die Mode schließlich<br />

irgend etwas unternehmen. Um eine Bildungsarbeit kann es sich<br />

zwar nicht handeln, aber wir zeigen wenigstens den guten Willen<br />

und die Sache mag doch vielleicht den Wert einer Unterhaltung<br />

haben und daher geeignet sein, von dem ewigen Politisieren<br />

abzulenken« 34 .<br />

Ein Haupteinwand gegen die VHS ging dahin, daß sie<br />

Halbbildung vermittle. Den Vorwurf, die Popularisierung der<br />

Wissenschaft führe zu einer oberflächlichen Scheinbildung,<br />

26. Vgl. Krause, K., Hg., Die neue Volkshochschule, Bibliothek für<br />

moderne Geistesbildung. 4 Bände. Leipzig 6 1927, S. 19.<br />

27. Zit. nach Krause, a. o. a. 0 .. S. 19.<br />

28. Ebd.<br />

29. Ebd., S. 12.<br />

30. IKZ, 78. Jg., Nr. 211 v. 10.9. 1919.<br />

31. IKZ, 78. Jg., Nr. 259 v. 5. 11. 1919.<br />

32. Krause. a. o. a, 0., S. 19.<br />

33. IKZ, 78. Jg., Nr. 274 v. 24. 11. 1919.<br />

34. So der <strong>Iserlohn</strong>er Oberlehrer Dr. Wagner in einem am 5. 11. 1919<br />

im IKZ (78. Jg., Nr. 259) veröffentlichtem Artikel "Zur<br />

Volkshochschulfrage«. Wagner bemühte sich engagiert. die<br />

Einwände gegen die Volkshochschule zu entkräften.<br />

17


nahmen auch die Befürworter der VHS ernst. Aber sie<br />

versuchten ihn dadurch zu entkräften, daß sie darauf<br />

hinwiesen, es sei eben gerade die Aufgabe der VHS, neben der<br />

Wissensvermittlung dem »Entstehen objektiv unberechtigter<br />

Vorstellungen über das Ausmaß des erworbenen Wissensgutes<br />

- das macht doch das Wesen der Halbbildung aus - (durch)<br />

geeignete Maßnahmen« entgegenzuwirken 35 . Manche<br />

befürchteten schließlich, die VHS-Kurse könnten von den<br />

Dozenten zur politischen Indoktrination der Hörer mißbraucht<br />

werden. In diesem Sinne sprach der IKZ 36 von der<br />

»schlummernden Gefahr politischer Ausbeutung« der VHS-<br />

Kurse, beruhigte seine Leser jedoch zugleich mit der<br />

Versicherung: Ȇber diese Gefahren werden Augen von<br />

Ratgebern wachen, die es gut mit dem Volke meinen und die<br />

Kurse nicht zu politischen Tummelplätzen, sondern einzig zu<br />

Stätten geistiger Hebung und Weiterbildung erhoben sehen<br />

wollen«.<br />

Nach der - insgesamt gesehen 37 - recht erfolgreichen ersten<br />

Vortragsserie im Winter 1919/20 nahm die <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Volkshochschule, die übrigens seit Februar 1920 auch einen<br />

Leiter, nämlich den »Töchterschuldirektor Klumpp« hatte"; im<br />

Herbst 1920 ihre Arbeit wieder auf. Im Oktober veröffentlichte<br />

der IKZ 39 das vorgesehene Programm des Winterhalbjahres<br />

1920/21, das vor allem mit Vorträgen zu medizinischen Themen<br />

versuchte, an die ersten Erfolge anzuknüpfen.<br />

Zugleich lebte die grundsätzliche Diskussion des Für und Wider<br />

der Volksbildungsbewegung erneut auf. Der preußische<br />

Unterrichtsminister hatte in einem Rundschreiben auf die<br />

Gefahr hingewiesen, »daß angesichts des Mangels an Erfahrung<br />

und geeigneten Lehrkräften die Gründung von<br />

Volkshochschulen nicht zu der beabsichtigten Vertiefung,<br />

sondern zu einer Verflachung und Herabwürdigung der Bildung<br />

führen könne« und geraten, auf die Einrichtung von<br />

Volkshochschulen vorerst zu verzichten, wenn die örtlichen<br />

Voraussetzungen »zu wirklich wertvoller Arbeit« nicht gegeben<br />

seien 40 . Der <strong>Iserlohn</strong>er Bildungsausschuß, offensichtlich<br />

ermutigt von den Erfolgen des vergangenen Winters, hielt die<br />

Voraussetzungen in <strong>Iserlohn</strong> jedoch für durchaus gegeben 41 und<br />

nahm die Gelegenheit der Präsentation des neuen Programms<br />

zum Anlaß, die VHS und ihre Arbeitsweise der Öffentlichkeit<br />

noch einmal vorzustellen. So betonte er, daß die VHS keine<br />

Fortbildungs- oder Fachschule sei und nicht der Unterhaltung<br />

und der popularisierenden Belehrung in der Art der bisher<br />

üblichen Veranstaltungen des freien Bildungswesens diene. »Ihr<br />

Endziel« sei vielmehr - und das entspricht in etwa dem<br />

erziehungswissenschaftlichen Diskussionsstand der 1990er<br />

Jahre und ist somit als sehr fortschrittlich einzustufen - »die<br />

Ausbildung des Denk- und Urteilsvermögens«, die »Weckung<br />

geistiger Selbständigkeit« und »geistigen Eigenlebens«, nicht<br />

etwa »die Vermittlung von Kenntnissen« oder<br />

»Bildungsrohstoff«.<br />

Ferner bekräftigte der Bildungsausschuß die sozialintegrative<br />

Aufgabe der VHS und die eminent politische Bedeutung ihrer<br />

Arbeit: »Wenn ... die verschiedenen Gesellschaftsklassen sich in<br />

gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Streben nach einer<br />

selbstbegründeten Weltanschauung zusammenfinden, so kann<br />

auf diesem Boden erfolgreiche Wiederaufbauarbeit geleistet<br />

werden«. Durch die Weckung des gegenseitigen Verständnisses<br />

»der jetzt so verständnislos einander gegenüberstehenden<br />

Volksklassen« werde »die unerläßliche Vorbedingung für die<br />

Rettung aus dem Chaos erfüllt«. Dieses Ziel sei auf dem Wege<br />

der Vorlesung nicht zu erreichen, sondern nur in der Form der<br />

lebendigen Arbeitsgemeinschaft »in engster Fühlung zwischen<br />

Lehrern und Hörern«. Die Dozenten sollten frei vortragen und<br />

das Vorgetragene anschließend mit den Hörern besprechen:<br />

»Erwünscht ist, wenn aus dem Hörerkreis selbst Wünsche und<br />

Anregungen kundgegeben werden«. Dieser Wunsch ging in der<br />

Folge allerdings ganz offensichtlich nicht in Erfüllung.<br />

Jedenfalls schrieb der lKZ in einem Rückblick auf die VHS-<br />

Arbeit im Jahre 1921: »Nach den Erfahrungen des letzten Jahres<br />

wäre es dringend wünschenswert, daß ... die wohlbegreifliche<br />

Scheu der Hörer vor eigenen Fragen, Anregungen und<br />

Ausarbeitungen mehr und mehr überwunden würde« 42 . Die<br />

Lehrgänge, führte der Bildungsausschuß weiter aus, sollten eine<br />

in sich abgeschlossene Darstellung ihres Gegenstandes geben -<br />

»in wissenschaftlichem Geist und unter Wahrung strengster<br />

Objektivität« - und im allgemeinen aus mindestens 5 Vorträgen<br />

mit nachfolgender Besprechung bestehen. Die Zahl der Hörer<br />

war im allgemeinen auf 30 begrenzt, »da nur dann die unbedingt<br />

wünschenswerte Beziehung zwischen Hörern und Lehrer<br />

hergestellt werden kann«. U. a. auch deshalb verzichtete man<br />

darauf, auswärtige Lehrer zu verpflichten, »weil es in den<br />

wenigen Stunden nur Einheimischen möglich sein wird,<br />

in enge Fühlung mit den Hörern zu treten« 43 . Daß auch die<br />

angestrebte Gemeinschaft zwischen Lehrern und Hörern ein<br />

Anspruch war, der in der Realität oft nicht eingelöst werden<br />

konnte, offenbart ein Leserbrief, den der IKZ im Juli 1927<br />

veröffentlichte 44 . Der Verfasser berichtete darin über eine Freizeit,<br />

an der er in dem Volkshochschulheim Wislade bei Lüdenscheid<br />

teilgenommen hatte, und verglich die Arbeit dort mit dem<br />

normalen Unterrichtsalltag der Volkshochschulen: »An die<br />

Vorträge schlossen sich rege Aussprachen an. Diese aber fanden<br />

ihre Fortsetzung jeweils an folgenden Tagen und im kleineren<br />

Kreise. Darin, das wurde uns in der Freizeit besonders deutlich,<br />

liegt der Hauptwert der Wislade-Volkshochschulkurse. Wir waren<br />

für die 8 Tage eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Im<br />

Gegensatz dazu stehen die sog. Volkshochschulkurse, die meist<br />

nur im Winter in den Sälen der Städte stattfinden. In ihnen wird<br />

wohl Wissen gebracht durch einzelne Vorträge, jeweils auch<br />

Aussprache. Die Teilnehmer aber kommen nur als Hörer, bleiben<br />

sich wie dem Redner fremd und gehen dann wieder ihre eigenen<br />

Wege. Ganz anders in der Wislade 45 «.<br />

Optimistisch und schwungvoll ging die <strong>Iserlohn</strong>er VHS in das<br />

zweite Jahr ihres Bestehens: »Und nun mit frischem Mut ans Werk!<br />

Möge eine recht zahlreiche Beteiligung den Beweis erbringen, daß<br />

nicht bloß Lohn- und Machtfragen die gärende Zeit bewegen, daß<br />

nicht nur die Veranstaltungen Zulauf finden, die der Schaulust und<br />

dem Nervenkitzel frönen, sondern auch solche, die in geräuschloser<br />

Arbeit der geistigen und sittlichen Weiterbildung unseres Volkes<br />

dienen 46 «. Mit einem breitgefächerten Kursangebot, das möglichst<br />

viele Interessengebiete anzusprechen versuchte und sich um eine<br />

zeitnahe Erwachsenenbildung bemühte, in der auch berufsbezogene<br />

und berufsfördernde Vorträge nicht fehlten, setzte die VHS<br />

<strong>Iserlohn</strong> im Jahre 1920 ihre Arbeit fort. Thematisch deckte sie die<br />

Bereiche Medizin, Literatur, Religion, Jurisprudenz, Astronomie,<br />

Philosophie, Technik und Physik ab und knüpfte dabei vor allem<br />

35. Ebd.<br />

36. IKZ, 78. Jg., Nr. 274 v .. 24. 11. 1919.<br />

37. Diese Einschränkung erscheint angebracht, weil es der VHS nicht<br />

gelungen war, ihre eigentliche (ungebildete) Zielgruppe zu<br />

erreichen.<br />

38. Theodor Klumpp, geb. 26. 3. 1865, gest. 28. 1. 1946, war von<br />

1903 bis 1930 Schulleiter des Mädchen-Gymnasiums. Vgl.<br />

Burgard, Hans-Jürgen, Der Neue ist der achte! Die Schulleiter des<br />

Gymnasiums An der Stenner, in: Jahresschrift des Gymnasiums<br />

An der Stenner, <strong>Iserlohn</strong> 1922, S. 16 u. S. 19.<br />

39. IKZ, 79. Jg., Nr. 241 v. 20. 10. 1920.<br />

40. Zit. nach ebd.<br />

41. Ebd.<br />

42. IKZ, 80. Jg., Nr. 262 v. 8. 11. 192i.<br />

43. IKZ, 79. Jg., Nr. 241 v. 20. 10. 1920.<br />

44. IKZ, 86. Jg., Nr. 169 v. 22. 7.1927.<br />

45. Zu den Heimvolkshochschulen vgl. Pöggeler, a. o. a. 0., S.<br />

75 f.<br />

46. IKZ, 79. Jg., Nr. 241 v. 20.10.1920.<br />

18


dort an, wo im ersten Semester die Resonanz besonders gut<br />

gewesen war. Weil z. B. ein Vortrag von Pfarrer Walther über<br />

ein religiöses Thema im Winter 1919/20 großen Anklang<br />

gefunden hatte (» ... im vergangenen Jahr ca. 120 Zuhörer« 47 ),<br />

bat die VHS den Referenten auch im neuen Semester um<br />

seine Mitarbeit. Walther sprach jetzt über »Soziales Wirken<br />

und soziale Forderungen Jesu« 48 . Dr. med. Graeve bot einen<br />

Vortrag über »Geschlechtskrankheiten, ihre Verbreitung und<br />

Verhütung« an 49 , Hauptlehrer Kleibauer war mit einem<br />

Vortrag über »Neuplattdeutsche Dichtung mit ernsten und<br />

heiteren Proben« vertreten 50 , nachdem er im vorausgegangenen<br />

Semester bereits Hörer für die Frage »Ist<br />

Plattdeutsch unfein?« interessiert hatte 51 . Mit einem Vortrag<br />

über einzelne Abschnitte aus dem deutschen Familien- und<br />

Erbrecht (Amtsgerichtsrat Lotz) 52 gab die VHS ebenso Hilfen<br />

im praktischen Leben wie mit »Grundfragen der Technik«<br />

(Ing. Krause) 53 und einem Vortrag über moderne<br />

elektronische Kommunikationsmittel 54 , während sie mit<br />

Themen wie »Aus der Geschichtsphilosophie des<br />

Marxismus« (Studienrat Dr. Wagner) 55 oder »Grundfragen<br />

der Astronomie« (mit Demonstrationen auf der Sternwarte)<br />

(Studienrat Heine) 56 eher im akademischen Bereich blieb.<br />

Die Vielzahl der Inserate, redaktionellen Hinweise und<br />

Berichte über VHS-Belange beweist, daß die <strong>Iserlohn</strong>er VHS<br />

sich durchaus erfolgreich einen Platz im kulturellen Leben der<br />

Stadt erobert hatte und diesem fruchtbare Impulse gab. Es<br />

muß hervorgehoben werden, daß der IKZ die Arbeit der VHS<br />

nach Kräften unterstützte und sich immer wieder werbend<br />

(»Wir weisen nochmals empfehlend auf den ... VHS-Kurs des<br />

Herrn Studienrat Dr. Wagner ... hin« 57 .- »In den letzten Jahren<br />

ist in weitesten Volksschichten das Interesse für mundartliche<br />

Dichtung erwacht ... Herr Hauptlehrer Kleibauer-Grüne wird<br />

in seinen Vorträgen in der VHS sowohl die ernste und<br />

tragische als auch die heitere und humorvolle Seite der<br />

plattdeutschen Dichtungen westfälischer Literatur berücksichtigen...<br />

Den Hörern stehen also lehr- und genußreiche<br />

Stunden bevor 58 «. - »Wir können den Besuch dieser Kurse<br />

wegen der großen allgemeinen Wichtigkeit nur empfehlen 59 «.<br />

- »Wie im vergangenen Jahre, so wird auch dieser<br />

hochinteressante Kursus zahlreiche Hörer finden« 60 ) oder -<br />

nach durchgeführten Kursen - lobend für sie einsetzte (»In 6<br />

Doppelstunden hat der Vortragende seinen Hörerkreis<br />

eingeführt in das Wesen, die Bedeutung und den Werdegang<br />

der Sprache sowie in die Dichtung des Mittelalters und der<br />

neueren Zeit ... stellte in packenden, anschaulichen<br />

Lebensbildern die Klassiker ... vor die Seele .... Die Zuhörer<br />

ließen es an Dank und Anerkennung nicht fehlen 61 «).<br />

Obwohl die VHS in ihren Veranstaltungshinweisen immer<br />

wieder betonte, daß die Vorträge für ein breites Publikum<br />

geeignet seien (»Angehörige aller Berufe haben Zutritt« 62 ),<br />

sprach ihr Programmangebot doch offensichtlich in erster<br />

Linie ein bürgerliches Publikum an und verfehlte weitgehend<br />

seinen eigentlichen Adressatenkreis. In einer Rückschau auf<br />

das abgelaufene Wintersemester 1920/21 schrieb der IKZ am<br />

29. April 1921 63 : »Die VHS-Kurse ... fanden im allgemeinen<br />

einen recht guten Zuspruch, wenn auch leider der Besuch aus<br />

den arbeitenden Kreisen, ebenso wie im Vorjahre, durchaus<br />

nicht den gehegten Erwartungen entsprach« 64 . Das<br />

wesentlichste Problem der Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong><br />

während ihrer Gründungs- und Aufbauphase - aber<br />

keineswegs nur dann 65 - war es, die »falschen Schüler«<br />

anzuziehen und sich - entgegen ihrer eigentlichen<br />

Zielvorstellung und ihrem Bildungsauftrag - zu einer<br />

Institution zu entwickeln, die die kulturellen Bedürfnisse des<br />

Bürgertums bediente. Dieses Problem wurde durchaus<br />

gesehen. Auf dem dritten westfälischen Volkshochschultag,<br />

der im November 1921 in Hagen stattfand, waren sich alle<br />

Teilnehmer darin einig, daß weder Rat und Verwaltung oder<br />

Dozenten von ausschlaggebender Bedeutung für den Aufbau<br />

einer Volkshochschule seien, »sondern einzig und allein die<br />

Hörerschaft«. Von ihr habe »der starke Wille zur<br />

Volksbildung auszugehen, sonst bleibt die Volkshochschule<br />

eine künstliche Treibhauspflanze und kann nicht<br />

bodenständig werden und nicht leistungsfähig sein und<br />

bleiben« 66 .<br />

Klagen über die nicht erreichten Arbeiter fehlen in keinem<br />

der zahlreichen Berichte über die Tätigkeit der VHS. So<br />

schrieb beispielsweise der IKZ zu Beginn des Wintersemesters<br />

1921/22, der Anklang, den die VHS-Kurse gefunden<br />

hätten, sei sehr zufriedenstellend, »das Interesse der<br />

Hörer bis zur letzten Minute gleich rege« gewesen 67 .<br />

Gleichwohl machte die Zeitung aus ihrer Enttäuschung kein<br />

Hehl, »daß gerade die Kreise fehlten, für die die<br />

Volkshochschule in erster Linie bestimmt ist, die der<br />

Arbeiter«. In einer Art Ursachenforschung vermutete der<br />

Bericht ein Vorherrschen politischer und gewerkschaftlicher<br />

Interessen in der Arbeiterschaft. Er sprach aber dann doch die<br />

Hoffnung aus, daß das an gleicher Stelle veröffentlichte neue<br />

Programm die Arbeiter stärker ansprechen werde [» ...<br />

jedenfalls ist in diesem Jahr begründete Aussicht, daß auch<br />

die Arbeiterschaft sich reger beteiligen wird «.), denn »die<br />

Sache ist gut, wenn auch der Name vielleicht schlecht<br />

gewählt ist, da er höhere Erwartungen wecken kann als<br />

erfüllbar sind« - bzw. - und das ist wohl das, was der<br />

Redakteur hier eigentlich zum Ausdruck bringen wollte -<br />

abschreckend wirken kann. Offensichtlich um den<br />

umworbenen Arbeitern ihre Scheu vor der Volkshochschule<br />

zu nehmen, folgt dann erneut eine kurze Beschreibung<br />

dessen, was Volkshochschule nicht ist: keine Hochschule im<br />

eigentlichen Sinn, keine Fortbildungsschule, sondern eine für<br />

jedermann offene Institution, die »allen denen Anregung und<br />

Förderung geben« möchte, »die über die nächstliegenden<br />

Bedürfnisse des Lebens hinaus nach Vertiefung ihrer<br />

allgemeinen und beruflichen Bildung streben«.<br />

Die Tatsache, daß es ihr nicht gelang, in nennenswerter<br />

Anzahl Arbeiter in ihre Veranstaltungen zu ziehen, sorgte<br />

auch weiter für Diskussionen, die allmählich an Schärfe<br />

zunahmen und von den Kritikern der VHS dazu benutzt<br />

wurden, die Einrichtung als solche in Frage zu stellen.<br />

Abweichend von der grundsätzlich positiven Haltung, die er<br />

47. IKZ, 80. Jg., Nr. 260 v. 5. 11. 1921.<br />

48. IKZ, 79. Jg., Nr. 30 v. 5. 2. 1921.<br />

49. Ebd.<br />

50. Ebd.<br />

51. IKZ, 79. Jg., Nr. 22 v. 27. 1. 1921.<br />

52. IKZ, 79. Jg., Nr. 36 v. 12.2. 1921.<br />

53. IKZ, 80. Jg., Nr. 280 v. 5. 11. 1921.<br />

54. IKZ, 80. Jg., Nr. 284 v: 9. 11. 1921.<br />

55. IKZ, 79. Jg., Nr. 19 v.25. 1. 1921.<br />

56. IKZ, 79. Jg., Nr. 4 v. 6. 1. 1921.<br />

57. IKZ, 79. Jg., Nr. 123 v. 28. 1. 1921.<br />

58. IKZ, 79. Jg., Nr. 30 v. 5. 2. 1921.<br />

59. IKZ, 79. Jg., Nr. 40 v. 162. 1921.<br />

60. IKZ, 80. Jg., Nr. 260 v. 5. 11. 1921.<br />

61. IKZ, 79. Jg., Nr. 68 v. 22. 3. 1921.<br />

62. VgI. IKZ v. 6. 1., 25. 1. und 27. 1. 1921.<br />

63. IKZ, 80. Jg., Nr. 99 v. 29. 4. 1921.<br />

64. Wörtlich gleichlautend hatte sich auch Oberbürgermeister<br />

Gertenbach am 28. 4. 1921 in der Stadtverordnetenversammlung<br />

geäußert. VgI. Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das<br />

Jahr 1920, S. 43. StAls.<br />

65. In Mülheim an der Ruhr war es nicht anders. VgI. 75 Jahre VHS<br />

in Mülheim an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr 1994, S. 13:<br />

» ... daß das VHS-Selbstverständnis vielleicht doch nicht der<br />

gesellschaftlichen Situation entsprach und daß die Arbeiterschaft<br />

sich dieser Konzeption der Erwachsenenbildung weitgehend<br />

verschloß«,<br />

66. VgI. den IKZ-Bericht über die Tagung v. 17. 11. 1921. 80. Jg.,<br />

Nr.269.<br />

67. IKZ, 80. Jg., Nr. 262 v. 8.11.1921.<br />

19


der VHS gegenüber eingenommen hatte, brachte der IKZ am<br />

10. Januar 1922 68 einen überaus kritischen Beitrag. Genüßlich<br />

listete der Redakteur die im Januar 1922 angebotenen Kurse<br />

und die dazu vorliegenden Anmeldungen auf: »Die neu in<br />

Aussicht genommenen Kurse in <strong>Iserlohn</strong> zeigen folgendes,<br />

vielversprechendes Bild: Kursus Prof. Lasius, „Das Buch und<br />

seine Entwicklung“, kein Hörer. Kursus Zeichenlehrer Mathäi,<br />

„Einführung in die Kunstbetrachtung“, 13 Hörer. Kursus<br />

Studienrat Berg, „Bau des menschlichen Körpers“, 1 Hörer.<br />

Kursus Dr. Wagner, „Geistes- und Gesellschaftsgeschichte der<br />

Neuzeit“, 35 Hörer. Kursus Dr. Florin, „Einführung in die<br />

Elektrizitätslehre“, 3 Hörer. Kursus Dr. Perlmann, „Einführunq<br />

in die Musikdramen Wagners“, 13 Hörer. Kursus Dr. Neuwert,<br />

„Lebensvorgänge des menschlichen Körpers“, 3 Hörer. Kursus<br />

Rechtsanwalt Dr. Schenkel, „Die Grundzüge unseres Verfassunqsrechtes“,<br />

1 Hörer (Lehrling) und Kursus Geschäftsführer<br />

Schult vom SGV, „Heimat“, bis jetzt kein Hörer«. Aus der z.<br />

T. sehr geringen Anzahl von Anmeldungen zog der Verfasser<br />

so dann folgenden Schluß: »Bei dem einen oder anderen Kurs<br />

mag sich dieser oder jener in die Hörerlisten noch eintragen.<br />

An unserem Gesamturteil über den inneren Wert dieser<br />

Volksbildungskurse vermag das natürlich nichts zu ändern. Je<br />

eher man diese Art der Weltverbesserung als Anhängsel eines<br />

aus dem sittlichen Gleichgewicht gefallenen Volkes aufgibt, je<br />

besser wird es um die wahre Geist- und Herzensbildung<br />

bestellt sein!«<br />

Die Tatsache, daß sich für die VHS-Kurse im Winter 1922 in<br />

<strong>Iserlohn</strong> bis zum 10. Januar nur 69 Hörer angemeldet hatten, bot<br />

dem Verfasser, der die gesamte Volksbildungsbewegung<br />

offensichtlich seit Jahren mit haßvoller Ablehnung verfolgt<br />

hatte (»Der Schrei nach Volksbildung - oder sagt man nicht<br />

zeitgemäßer „Volkshochschulbildung“ kann nicht laut genug<br />

erschallen. Revolution und glückvolle Demokratisierung<br />

weckten die Überzeugung im Volke, daß man in einem<br />

wirklichen Freiheitsstaate jedwede Bildung von jedem<br />

Quittenbusch und Erbsreiser am Wege pflücken kann und daß<br />

zur Verdauung dieser im früheren Leben mit Unrecht so hoch<br />

gehängten und mit heiligem Ernst verehrten Frucht nichts<br />

anderes gehöre als ein großer Mund und ein kleiner Verstand.<br />

So schwätzten es die neuen Männer, die des Staates Geschick<br />

von Berlin aus in die ungeschickten Hände nahmen, und so<br />

glaubten es die Massen ... «), willkommene Gelegenheit zu<br />

einer Generalabrechnung mit der Volkshochschulbewegung, die<br />

er als einen verhängnisvollen Irrweg darstellte (»Die ganze<br />

Volksbildungsbewegung '" krankt eben an sich selbst, ist krank<br />

bis in die Wurzeln hinein, weil ihr Aufbau und Ziel aus dem<br />

Boden eines Phantoms entsproß, der nie im Völker- und<br />

Menschheitserleben zur Wirklichkeit werden kann und an die<br />

Stelle des menschlich Wahrhaftigen und Höchsten - Gemüt' und<br />

Herzensbildung - ein Verstandesuniversum setzen will, das das<br />

Volk nicht verstehen kann, nicht zu begreifen braucht und an<br />

dem es in schlimmer Halbbildung und öder Verbildung immer<br />

scheitern muß!«) 69 und deren Scheitern er nunmehr<br />

triumphierend konstatieren zu können glaubte: »Und siehe da,<br />

die Zeit kam viel schneller, als alle Aposteln in Berlin erwartet<br />

hatten... Die Wirklichkeit stand wieder auf, ... (der) angebliche<br />

Volkshunger nach dem Allheilmittel aus dem Wunderland der<br />

Bildung zerwehte wie Dunst und Nebelfetzen ... die einzigen<br />

Menschen, die wir ... bedauern, sind die Herren Dozenten mit<br />

ihrer nutzlosen und undankbaren Arbeit ... «.<br />

Wenn es auch - anders als der Journalist glaubte - zu früh war,<br />

der <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule das Sterbeglöcklein zu läuten,<br />

so kann andererseits doch nicht übersehen werden, daß sie<br />

1922 in die ernsteste Krise seit ihrem Bestehen geraten war.<br />

Nicht nur ließ der Besuch der Kurse insgesamt zu wünschen<br />

übrig, vor allem aber war es ihr nach wie vor nicht gelungen,<br />

die Arbeiterschaft als ihre eigentliche Zielgruppe für sich zu<br />

gewinnen. So stellte Oberbürgermeister Gertenbach in einer Rede<br />

vor der Stadtverordnetenversammlung am 27. April 1922 70<br />

unmißverständlich fest: »Die Volkshochschulkurse bewegten sich<br />

in denselben Grenzen wie im vergangenen Berichtsjahr. Wenn<br />

auch der Besuch eines Teils dieser Kurse recht zufriedenstellend<br />

war, so zeigte sich auch jetzt wieder das geringe Interesse der<br />

Arbeiterschaft für diese Hochschulbietungen«. Auch der<br />

Bildungsausschuß beschäftigte sich in seiner Sitzung am 5.<br />

September 1922 mit diesem Kardinalproblem der VHS (»Gerade<br />

diejenigen Schichten der Bevölkerung, die Arbeiterkreise, für die<br />

diese Einrichtung getroffen worden war, haben sich bei den<br />

vorjährigen Kursen so gut wie gar nicht als Hörer beteiligt« 71 ).<br />

Eine Lösung fand er zwar nicht, immerhin wurde beschlossen,<br />

»über diesen Punkt ... noch weitere Besprechungen zu führen« 72 .<br />

Diese Gespräche fanden etwa einen Monat später statt, und sie<br />

setzten den Hebel insofern an der richtigen Stelle an, als jetzt<br />

Vertreter der Gewerkschaften, der Berufsverbände und der<br />

Jugendvereine miteinbezogen wurden. Einig war sich die<br />

Gesprächsrunde darin, daß sich die Arbeiterschaft bisher wenig für<br />

die VHS interessiert habe, weil sie sich hauptsächlich mit<br />

wirtschaftlichen und politischen Fragen beschäftige. Dies wurde<br />

allgemein bedauert, weil es zu einer Verkümmerung der »höheren<br />

geistigen Interessen« führe. Wenn es in der Pressenotiz dann weiter<br />

heißt, »von maßgebender Seite (sei) eine regere Beteiligung,<br />

insbesondere der Arbeiter..., und der Jugend, in Aussicht gestellt«<br />

worden, dann kann das nichts anderes bedeuten, als daß die<br />

Gewerkschafts- und Jugendvertreter versprachen, in ihren<br />

Organisationen zukünftig für die VHS- Veranstaltungen werben zu<br />

wollen. Ferner wurde angeregt, die Vorträge um einen<br />

thematischen Schwerpunkt zu gruppieren; für das bevorstehende<br />

Winterhalbjahr sollte dies das »Bekenntnis zum Deutschtum«<br />

sein 73 .<br />

Der Bildungsausschuß bemühte sich bei der Zusammenstellung<br />

des neuen Programms ganz offensichtlich, auch<br />

solche Themen aufzugreifen, von denen angenommen werden<br />

konnte, daß sie speziell bei Arbeitern auf Interesse stoßen<br />

würden. Die Vortragsfolge im Winter 1922/23 eröffnete z. B.<br />

eine auf 6 Doppelstunden angelegte Veranstaltung mit dem<br />

Thema »Überblick über das moderne Gewerbe- und<br />

Arbeitsrecht« 74 . Ausdrücklich hob der IKZ in seiner<br />

Ankündigung die »Bedeutung dieses Stoffes für das<br />

praktische Leben« hervor und betonte, daß er sowohl für<br />

Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer von Interesse sei 75 .<br />

Auch bei weniger »lebenspraktischen« Vorträgen (z. B.<br />

Pfarrer Saam, »Die Klassiker als Erzieher zur Religion« oder<br />

Studiendirektor Klumpp, »Die deutsche Sprache und ihre<br />

Geschichte« 76 wurde jetzt ausdrücklich darauf hingewiesen,<br />

daß keinerlei über die Volksschulbildung hinausgehende<br />

Vorkenntnisse erforderlich seien (»Dieser Kursus ist als<br />

Arbeitsgemeinschaft gedacht, bei der Volksschulbildung der<br />

Hörer vorausgesetzt wird 77 «. - »Vorausgesetzt wird Volks-<br />

68. IKZ, 80. Jg., Nr. 8 v. 10. 1. 1922.<br />

69. Trotz dieser »publizistischen Hinrichtung« der VHS unterstützte<br />

der IKZ in der Folgezeit ihre Bemühungen wie zuvor mit<br />

Nachdruck. Vgl. z. B. den Schlußsatz eines Berichtes v . 6. 10.<br />

1922 (81. Jg., Nr. 233): »... ist die Hoffnung wohl berechtigt, daß<br />

die hiesige VHS im neuen Unterrichtsjahr erstarken und ihre oft<br />

bestrittene Daseinsberechtigung erweitern wird.« S. auch den<br />

Artikel v. 7. 11. 1922 (81 Jg., Nr. 262): » ... Ein Besuch dieser<br />

Kurse kann nur empfohlen werden.«<br />

70. Verwaltungsbericht der Stadt lserlohn für das Jahr 1921, S. 16. StAls.<br />

71. IKZ, 81. Jg., Nr. 209 v. 6. 9. 1922.<br />

72. Ebd.<br />

73. IKZ, 81. Jg., Nr. 233 v. 6. 10. 1922.<br />

74. IKZ, 81.Jg., Nr. 262 v. 7. 11. 1922.<br />

75. IKZ, 81. Jg., Nr. 270 v. 16. 11. 1922.<br />

76. IKZ, 81. Jg., Nr. 262 v. 7.11. 1922.<br />

77. Ebd.<br />

20


wird Volksschulbildung der Hörer" 78 . - »Die Darbietungen werden<br />

so gehalten sein, daß jeder ihnen folgen kann, auch ist Gelegenheit<br />

zur Aussprache gegeben 79 «.) oder hervorgehoben, daß die Vorträge<br />

allgemeinverständlich seien und sich auf die Vermittlung von<br />

elementaren Kenntnissen beschränkten (»Mittelschullehrer Kühn,<br />

„Einführung in die musikalischen Formen“. Herr Fritz Kühn wird<br />

das Thema in einer allgemeinverständlichen Weise behandeln ...<br />

Vorausgesetzt werden die einfachsten Elemente musikalischen<br />

Wissens. Jedem, dem es um eine Anregung zu tieferer<br />

musikalischer Ausbildung zu tun ist, seien diese Vorträge<br />

empfohlen 80 «). Als geschickter Versuch, den Arbeitern die Scheu<br />

vor der Volkshochschule zu nehmen, erwies sich darüber hinaus die<br />

Verpflichtung von Funktionären der Arbeiterbewegung als<br />

Dozenten. Vor allem der Parteisekretär Skuhr aus Nachrodt, der<br />

sich in seinem ersten Vortrag mit »Faust, 1. Teil« 81<br />

auseinandersetzt, wurde zu einem ständigen und überaus<br />

erfolgreichen freien Mitarbeiter der <strong>Iserlohn</strong>er VHS 82 .<br />

Offenbar blieb die neue Strategie nicht ganz erfolglos, denn am 10.<br />

November 1922 meldete der IKZ 83 : »Den neuen Kursen wird bis<br />

jetzt großes Interesse entgegengebracht«. Auch Oberbürgermeister<br />

Gertenbach stellte am 8. Mai 1923 84 vor dem Rat fest: »Für die<br />

Volkshochschulkurse war ein gemeinverständliches<br />

Arbeitsprogramm aufgestellt. Es muß anerkannt werden, daß die<br />

diesjährigen Veranstaltungen auf einer höheren Stufe standen als<br />

die vorjährigen. Die Kurse waren im allgemeinen gut besucht, so<br />

daß bedeutende Zuschüsse seitens der Stadt nicht notwendig<br />

wurden«. Der Erfolg der VHS in <strong>Iserlohn</strong> ist um so höher zu<br />

bewerten, als er in einer ausgesprochenen Inflationszeit und<br />

allgemeiner wirtschaftlicher Depression errungen wurde, und - wie<br />

die weitere Entwicklung zeigt - keineswegs ein Strohfeuer blieb.<br />

Als die Stadtverwaltung auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise<br />

1923 »mit Rücksicht auf die trostlose Finanzlage« der Stadt<br />

beschloß, den Volkshochschulbetrieb einzustellen, stieß sie auf<br />

verbreiteten Protest, der sie schließlich dazu veranlaßte, ihre<br />

Entscheidung zu revidieren«. Weil der Zuspruch, den die<br />

angebotenen Kurse in der Bevölkerung fanden, ausreichte, um - die<br />

freilich geringen 86 - Kosten der VHS weitgehend zu decken,<br />

belastete diese Entscheidung den städtischen Etat kaum. Dennoch<br />

bleibt festzuhalten, daß die VHS-Aktivitäten in <strong>Iserlohn</strong> - im<br />

Gegensatz zu vielen anderen Städten 87 - im Krisenjahr 1923 nicht<br />

nur nicht zum Erliegen kamen, sondern sich weiter positiv<br />

entwickelten, insbesondere was ihre Akzeptanz in Arbeiterkreisen<br />

betraf.<br />

Die VHS hatte sich, nachdem die Gründungskrise erst einmal<br />

überwunden war, in <strong>Iserlohn</strong> endgültig durchgesetzt. Das<br />

empfanden auch die Zeitgenossen so. Der IKZ schrieb im Oktober<br />

1924 in einem Rückblick auf den Winter 1923/24 88 : »Erfreulich<br />

war die große Zahl der Teilnehmer besonders aus Arbeiterkreisen,<br />

nicht weniger erfreulich die geistige Einstellung der Hörer, die<br />

nach anstrengender Tagesarbeit dem Unterricht in später<br />

Abendstunde mit reger innerer Teilnahme folgten ... Die VHS hat<br />

die Kinderkrankheiten glücklich überstanden«. Zwar hatten sich<br />

längst nicht all die hochgespannten Erwartungen erfüllt, mit denen<br />

im Jahre 1919 der Betrieb aufgenommen worden war. Die VHS<br />

war - anders als manch einer der begeisterten, aber weltfremden<br />

Volksbildungstheoretiker es sich ausgemalt hatte - nicht zu dem<br />

dominierenden Instrument allgemeiner Emanzipation geworden.<br />

Aber sie hatte sich in <strong>Iserlohn</strong> schließlich doch einen festen, wenn<br />

auch bescheidenen (»Beide Kurse finden statt, wenn sich<br />

mindestens 2 Hörer (!) einzeichnen lassen« 89 ) Platz erkämpft. So<br />

sah es auch der IKZ, der am 9. Oktober 1924 schrieb 90 : »Die<br />

überschwenglichen Erwartungen haben sich zwar nicht erfüllt,<br />

geblieben ist die feste Überzeugung, daß es eine schöne und<br />

dankbare Aufgabe der Gegenwart ist, dem Bildungsdrang Genüge<br />

zu tun, der, wenn auch nicht die Volksrasse so doch eine stattliche<br />

Zahl von Volksgenossen beseelt, die aus der Niederung eines ganz<br />

dem Materiellen ergebenen Zeitalters sich zu erheben trachten in<br />

das Reich der Schönheit und Wahrheit«.<br />

Es scheint so, als verdanke die <strong>Iserlohn</strong>er VHS ihren Erfolg in<br />

erster Linie dem Engagement und pädagogischen Geschick einiger<br />

ihrer Dozenten, die sich im Laufe der Zeit einen festen<br />

Hörerstamm geschaffen hatten. Nicht nur tauchten im IKZ im<br />

Zusammenhang mit der VHS bestimmte Namen immer wieder auf.<br />

Zunehmend warb die VHS mit ihren Lehrern: »Wir weisen<br />

nochmals auf den ... Kursus des Studiendirektors Klumpp und auf<br />

den ... von Dr. Neuwerth empfehlend hin. Die Dozenten sind von<br />

den vorjährigen Kursen in gutem Gedächtnis, ein gut besuchter<br />

Kursus ist auch jetzt zu wünschen 91 «. Oder: »Die beiden Kurse von<br />

Studiendirektor Klumpp und Dr. med. Neuwerth haben allgemein<br />

sehr gut gefallen und blieb das Interesse der sämtlichen Hörer bis<br />

zum Schluß bestehen 92 «. Oder: »Mit zwei weiteren<br />

hochinteressanten Kursen wartet die VHS auf. Am 25. des Monats<br />

beginnt Gewerbe-Oberlehrer Grävinghoff mit einem 6<br />

doppelstündigen Vortrage „Ein Gang durch die Volkswirtschaft<br />

von etwa 1600 bis zur Gegenwart“, und am 3. März Dr. Perlmann<br />

mit einem 5 doppelstündigen Vortrage „Richard Wagners Ring der<br />

Nibelungen“ und „Parsifal“ (mit musikalischen Erläuterungen).<br />

Beide Herren sind als Dozenten der VHS rühmlichst bekannt. Es<br />

ist auch zu erwarten, daß die begrenzte Anzahl Hörerkarten ...<br />

78. IKZ, 81. Jq. Nr. 265 v. 10. 11. 1922.<br />

79. IKZ; 81. Jg., Nr. 270 v. 16. 11. 1922. - Ähnlich am 18. 1. 1927<br />

(IKZ, 85. Jg., Nr. 14): »Der Chemiekurs soll ohne Voraussetzung<br />

von Vorkenntnissen die Teilnehmer auf. Grund von Experimenten<br />

... in dieses wunderbare Wissensgebiet einführen«.<br />

80. IKZ, 81. Jg., Nr. 8 v. 10. 1. 1923. - Vgl. auch ebd. v. 12. 1. 1929:<br />

»Entschwundene Kenntnisse sollen aufgefrischt, neue erworben<br />

werden, Ein Eindringen in den oft spröden Unterrichtsstoff wird<br />

durch Erläuterungen an Beispielen, wie sie den Teilnehmern<br />

täglich im Betriebe unter die Hand kommen und von dieser Seite<br />

zur Besprechung gestellt werden können, erleichtert und<br />

verständlich gemacht. Der Besuch des Kursus liegt daher im<br />

Interesse eines jeden strebsamen Facharbeiters der<br />

Metallindustrie.«<br />

81. IKZ, 81. Jg., Nr. 8 v. 10. 1. 1923.<br />

82. Vgl. unten S. 169 f.<br />

83. IKZ, 82. Jg., Nr. 265 v. 10. 11. 1922.<br />

84. Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das Jahr 1922, S, 14<br />

StAIs.<br />

85. Vgl. IKZ, 83. Jg., Nr. 238 v. 9. 10. 1924: »Im vorigen Jahr hatte die<br />

Stadtverwaltung mit Rücksicht auf die trostlose Finanzlage<br />

beschlossen, von Volkshochschulkursen abzusehen. Auf<br />

dringendem Wunsch weiter Kreise wurden sie schließlich doch<br />

wieder eingerichtet, und zwar mit überraschendem Erfolg«.<br />

86. Oberbürgermeister Gertenbach sagte am 14. 4. 1924 in der<br />

Stadtverordnetensitzung: »Die im Gegensatz zu den meisten<br />

anderen Nachbarstädten hier noch weiter fortgeführten<br />

Volkshochschulkurse waren einigermaßen zufriedenstelIend<br />

besucht, so daß größere städtische Zuschüsse nicht in Frage<br />

kamen.« Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das Jahr 1923,<br />

S. 18. - Konkret betrugen die städtischen Zuschüsse für die VHS in<br />

den Jahren 1928 z. B. 300 Mark, 1929: 800 Mark und 1930: 1500<br />

Mark. Vgl. IKZ, 86. Jg., Nr. 64 v. 15. 3. 1928 und 89. Jg., Nr. 99 v.<br />

24. 4. 1930.<br />

87. Vgl. 75 Jahre VHS Mühlheim an der Ruhr, a. o. a. 0., S. 13: »Von<br />

1924 an sind dann weder in Zeitungsanzeigen, noch in Artikeln,<br />

noch in VHS-Broschüren, geschweige dann in amtlichen<br />

Unterlangen Einzelheiten der VHS-Arbeit überliefert. Die Spuren<br />

der so jungen Institution verlieren sich. Zur generellen<br />

Entwicklung der Volkshochschulen im Krisenjahr 1923 vgl.<br />

Pöggeler, a. o. a. 0., S. 75.<br />

88. IKZ, 83. Jg., Nr .. 238 v. 9. 10. 1924.<br />

89. IKZ, 84. Jg., Nr. 256 v, 31. 10. 1925.<br />

90. Vgl. Anmerkung 88.<br />

91. IKZ, 82. Jg., Nr. 5 v. 7. 1. 1924.<br />

92. IKZ, 82. Jg., Nr. 27 v. 1. 2. 1924.<br />

21


schnell vergriffen sein wird 91 «. Oder: »Am vergangenen Dienstag<br />

begann der Kursus über den zweiten Teil der Goetheschen<br />

Faustdichtung in der hiesigen städtischen VHS. Im vergangenen<br />

Jahr erfreute sich der Kursus, der den ersten Teil behandelte, aus<br />

allen Teilen der Bevölkerung eines regen Interesses. Obwohl die<br />

Vorlesungen in erster Linie für Hörer mit Volksschulbildung<br />

bestimmt sind, so versteht der Vortragende (das ist<br />

Arbeitersekretär Skuhr, H.-J. B.) es doch, auch denen, die über<br />

ein größeres Wissen verfügen, den Stoff interessant zu machen«.<br />

Oder: »Studienrat Dr. Wagner hat sich auf die wiederholt<br />

vorgebrachten Wünsche seiner zahlreichen Hörerschaft<br />

bereiterklärt, in einem 5 doppelstündigen Kursus über „Kant<br />

1927 nannte die VHS in einer Vorankündigung dann sogar statt<br />

Themen nur noch die Namen von Dozenten: »In den nächsten<br />

Monaten werden die Herren Studienrat Pr. Wagner, Dr. med.<br />

Neuwerth, Parteisekretär Skuhr-Nachrodt und Fachoberlehrer und<br />

Chemiker Dr. Wagner weitere Kurse abhalten, über die<br />

demnächst Bekanntmachungen erfolgen 96 «.<br />

Konsequent blieb der Bildungsausschuß auch dabei, die<br />

Ankündigung der Kurse mit dem Hinweis zu versehen, daß die<br />

Vorträge in allgemeinverständlicher Form gehalten würden und<br />

Vorkenntnisse nicht erforderlich seien: »Die Einführung in die<br />

Volkswirtschaft soll in leicht fachlicher Weise gedacht sein, so<br />

daß Vorkenntnisse nicht vorausgesetzt werden 97 «. Auf diese<br />

Weise versuchte er, den Menschen die Scheu vor der Hochschule<br />

zu nehmen. Die Ankündigungstexte betonten ferner immer<br />

wieder, daß die jeweilige Thematik an einzelnen, leicht faßlichen<br />

Beispielen erarbeitet werden solle, und waren bemüht, die oft<br />

hochwissenschaftlich wirkenden Vortragsthemen etwas »tiefer zu<br />

hängen«: »Der Kursus ... „Einführung in die Kunstgeschichte“ ...<br />

soll eine Arbeitsgemeinschaft für Hörer mit Volksschulbildung<br />

sein ... Es kann natürlich nicht die Absicht sein, das ganze,<br />

ungeheure Gebiet zu behandeln, das würde nur zu einer Häufung<br />

von Namen ohne Inhalt führen, vielmehr soll an einzelnen<br />

Persönlichkeiten und charakteristischen Erscheinungen das<br />

Verständnis für die Kunst geweckt und ihr Zusammenhang mit<br />

dem Geistesleben jedes Zeitalters aufgedeckt werden«, schrieb<br />

der IKZ beispielsweise im Oktober 1924 98 . Und im Januar 1925<br />

führte er einen Vortrag über Kant wie folgt ein: »Bei den vielen<br />

Fragen und Zweifeln der Gegenwart ist das Interesse für Kant<br />

wieder außerordentlich gestiegen, und es ist auch besonders der<br />

Wunsch geäußert worden, die Gedanken Kants dem breiteren<br />

Publikum zugänglich zu machen. Dieser Versuch soll hier<br />

unternommen werden. Die Vorträge sind so volkstümlich wie<br />

möglich 99 «. Ferner wird in den Ankündigungstexten häufig die<br />

Möglichkeit betont, »jederzeit Fragen stellen« zu können 100 - ein<br />

deutlicher Hinweis darauf, daß sich die Vorträge an der<br />

Aufnahmefähigkeit der Hörer orientierten und die praxisnahe,<br />

theorieferne Vorgehensweise herausstellten. So heißt es z. B. in<br />

der Ankündigung zu dem Kursus »Einführung in die<br />

Elektrizitätslehre auf Grund von praktischen Beispielen«: »Die<br />

Art der Behandlung wird allgemeinverständlich sein und so, daß<br />

die Teilnehmer nicht nur hören, was wir von dieser<br />

Naturerscheinung wissen, sondern daß sie vor allem erfahren, wie<br />

wir zu diesem Wissen gekommen sind, wie es sich auf Grund von<br />

Beobachtungen und Versuchen zusammenhängend aufgebaut hat.<br />

Dementsprechend soll der Kursus in erster Linie lebendige<br />

Anschauung und unmittelbare Erfahrung vermitteln 101 «.<br />

Daß es in zunehmendem, Maße gelang, Arbeiter für die<br />

Vorträge der VHS zu interessieren, scheint vor allem auf die<br />

Mitarbeit des Arbeitersekretärs Skuhr aus Nachrodt<br />

zurückzuführen sein. Während Skuhr mit seinen beiden ersten<br />

Vortragsveranstaltungen (Faust I und Faust II) überraschend<br />

eher bildungsbürgerliche Themen aufgriff, widmete er sich in<br />

der Folge Gegenständen, mit denen die Arbeiter schon in den<br />

Arbeiterbildungsvereinen in Berührung gekommen sein dürften.<br />

So sprach er über den »Historischen Materielismus« 102 - und<br />

»Der Einzelne und die Gesellschaft. Aufbau und innere<br />

Gesetzmäßigkeit des Gesellschaftslebens« 103 . Der Vortrag »Die<br />

Frau in der nordischen Literatur« 104 sollte auf dem Wege über<br />

die Literatur die Hörer mit der Stellung der Frau in Familie und<br />

Gesellschaft bekanntmachen und ihnen Einblicke vermitteln in<br />

»Tendenzen des Ringens um die Gleichberechtigung der<br />

Geschlechter« - also ein geradezu klassisches<br />

sozialdemokratisches Thema. Gleiches gilt für Skuhrs Vortrag<br />

über »Die Sittenanschauungen im Wandel der Zeit« 105 , dessen<br />

Leitidee darin bestand, nachzuweisen, daß jede Epoche<br />

besondere, sich aus dem jeweiligen Stand der Technik<br />

ergebende Wirtschaftsmethoden praktiziert, die die<br />

herrschenden Sittenanschauungen maßgeblich beeinflussen:<br />

»Somit sind nicht ewige Ideen, sondern materielle<br />

Daseinsbedingungen die treibenden Faktoren der sittlichen<br />

Höherentwicklung der Menschheit«.<br />

Angesichts des Zulaufs, den die VHS- Veranstaltungen, die<br />

übrigens in Konkurrenz zu denen des damals überaus aktiven<br />

Kaufmännischen Vereins standen 106 , fanden, stieß eine im Januar<br />

1925 im »Märkischen Landboten« (Hemer) veröffentlichte<br />

Zuschrift, die den <strong>Iserlohn</strong>ern »Kulturlosigkeit« vorwarf, auf<br />

Empörung 107 . Während kulturelle ' ~ Veranstaltungen in <strong>Iserlohn</strong><br />

häufig vor leeren Rängen stattfänden - hieß es im »Märkischen<br />

Landboten« - sei der Andrang beim Schützenfest oder ähnlichen<br />

geselligen Vergnügungen lebensgefährlich, und die Wirte machten<br />

glänzende Geschäfte. Diese Kulturlosigkeit sei »ein böses Zeichen<br />

für den geistigen Stand« <strong>Iserlohn</strong>s. Dem hielt der IKZ entgegen,<br />

daß gute Vorträge noch stets vor großer Zuhörerschaft<br />

stattgefunden hätten und verwies als Beleg für diese These nun<br />

allerdings nicht auf Veranstaltungen der VHS, sondern auf die<br />

Vorträge des Kaufmännischen Vereins - ein deutliches Indiz für den<br />

Stellenwert, den dieser bürgerlich geprägte Verein in der<br />

gesellschaftlichen und kulturellen Hierarchie damals besaß 108 .<br />

93. IKZ, 83. Jg., Nr. 43 V. 20. 2. 1925.<br />

94. IKZ, 82. Jg., Nr. 34 v. 9. 2. 1924.<br />

95. IKZ, 83. Jg., Nr. 7 v. 9. 1. 1925.<br />

96. IKZ, 85. Jg., Nr. 6 v. 8. 1. 1927.<br />

97. IKZ, 82. Jg., Nr. 15 v. 18. 1. 1924.<br />

98. IKZ, 83. Jg., Nr. 259 v. 3. 11. 1924. - Damit versuchte man 1 der<br />

Forderung gerecht zu werden, die VHS müsse» Wissenschaft in<br />

lebendiges Leben« zurückverwandeln. Vgl. Krau-<br />

se, a. o. a. 0., S. 27: »Die Gelehrtenschule verwandelt alles<br />

Lebendige in Wissenschaft; die Volkshochschule muß<br />

versuchen, Wissenschaft in lebendiges Leben<br />

zurückzuverwandeln«.<br />

99. IKZ, 83. Jg., 16 v. 20. 1. 1925.<br />

100. IKZ, 84. Jg., Nr. 256 v. 31. 10. 1925 .<br />

101. IKZ, 84. Jg., Nr. 259 v. 4. 11. 1925.<br />

102. IKZ, 83 Jg., Nr. 254 v. 28. 10. 1924.<br />

103. IKZ 83. Jg., Nr. 20 v. 25. 1. 1926.<br />

104. IKZ 84. Jg., Nr. 28 v. 3. 2. 1927.<br />

105. IKZ, 85. Jg., Nr. 301 v. 24. 12. 1927.<br />

106. Die Hinweise auf Veranstaltungen des KV im IKZ in den<br />

Jahren 1919 - 1933 sind so zahlreich, daß sich hier<br />

Einzelnachweise erübrigen. - Zum Teil ergaben sich<br />

Konkurrenzsituationen zwischen dem KV und der VHS.<br />

So kündigte z. B. der KV im Jahre 1925 einen fast<br />

identischen Vortrag an wie die VHS. VHS: »Studienrat<br />

Wagner über -Kant und seine Bedeutung für die<br />

Gegenwart..« IKZ, 83. Jg., Nr. 7 v. 9. 1. 1925. KV:<br />

»Universitätsprofessor Dr. Ernst Horneffer, »Kant und das<br />

deutsche Volk..« IKZ, 84. Jg., Nr. 248 v. 22. 10. 1925.<br />

107. IKZ, 83. Jg., Nr. 136 v. 13.6. 1925.<br />

108. Wörtlich heißt es: »Der Kaufmännische Verein, der mit<br />

stets wachsendem Erfolge durch seine wissenschaftlichen<br />

Vorträge die geistigen und künstlerischen Bedürfnisse<br />

unserer Mitbürger ungemein vorteilhaft beeinflußt und<br />

belebt ... «<br />

22


Einen deutlichen Einschnitt in der Geschichte der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

VHS markiert das Jahr 1930. Zum einen gab der langjährige<br />

Leiter der VHS, Klumpp, seine Aufgabe in jüngere Hände:<br />

neuer VHS-Chef wurde der Mittelschullehrer Gustav<br />

Pfingsten l09 . Zum anderen beschritt die VHS in <strong>Iserlohn</strong> - wie<br />

der IKZ meldete 100 - »neue Wege«, indem sie ihr Programm<br />

grundlegend veränderte und erweiterte und ihm Konturen gab,<br />

die den heutigen ähneln. Erstmalig im Winterhalbjahr 1930/31<br />

bot die VHS Fremdsprachenkurse (Englisch, Italienisch,<br />

Französisch) an 111 . Zugleich ging sie jetzt über ihren<br />

ursprünglichen Auftrag der Wissensvermittlung hinaus und griff<br />

mit Kursen wie »Liebhaberphotographie« oder »Tuchbinden<br />

und Papparbeiten« in den Freizeit- und Hobbybereich. Eine<br />

weitere wesentliche Erweiterung erfuhr das Programm durch die<br />

Aufnahme von Gymnastikkursen (getrennt für Herren und<br />

Damen). Indem sie nunmehr neben ihr traditionelles<br />

»bildungsschwangeres« Vortragswesen (»Hebbel«, »Die Kunst<br />

des Barock«) auch die Bereiche Fremdsprachen, Freizeit und<br />

Sport setzte, gewann die VHS erkennbar neuen Schwung. »Ein<br />

vorbildliches Programm«, lobte der IKZ am 18. Oktober<br />

1930 112 . Vor allem die Fremdsprachenkurse, die »auf dem Wege<br />

der Konversationsmethode eine leidliche Beherrschung der<br />

Umgangssprache« anstrebten und den Teilnehmern versprachen,<br />

am Schluß des Kursus so weit zu sein, »daß sie sich über die<br />

einfachsten Dinge des täglichen Lebens geläufig unterhalten<br />

können« 113 , erwiesen sich als wahre Zugpferde. »Der Besuch<br />

der gestern begonnenen Kurse war erfreulicherweise sehr groß«,<br />

berichtete der IKZ am 4. November 1930. Die Teilnehmer seien<br />

»mit rechter Begeisterung bei der Sache« gewesen. An der guten<br />

Resonanz, auf die die Fremdsprachen- und Gymnastikkurse<br />

stießen, änderte sich auch in den folgenden Jahren nichts. In der<br />

Ratssitzung am 26. Januar 1931 verwies Oberbürgermeister<br />

Gertenbach auf »die außerordentlich starke Inanspruchnahme<br />

der Volkshochschulkurse, an denen sich besonders auch<br />

Erwerbslose aus allen Schichten der Bevölkerung sehr lebhaft«<br />

beteiligt hätten 1 15. Ausdrücklich lobte der Oberbürgermeister<br />

»die diesjährige geschickte und zweckmäßige Durchführung und<br />

Anordnung der Kurse«. Rat und Verwaltung waren sich dann<br />

auch einig, daß der für die Fortsetzung der Kurse notwendige<br />

Mehrbetrag von 1550 Mark trotz der großen Wirtschaftskrise<br />

aufgebracht werden sollte.<br />

Es unterstreicht den Rang, den die VHS in <strong>Iserlohn</strong> mittlerweile<br />

einnahm, daß innerhalb des Bildungsausschusses selbst im<br />

Februar 1932 - die wirtschaftliche Talfahrt war seit 1930<br />

ununterbrochen weitergegangen, die Finanznot der Kommunen<br />

noch größer geworden - Konsens darüber bestand, die<br />

Volkshochschulkurse fortzuführen: » ... wurde es als<br />

unumgänglich notwendig bezeichnet, die Volkshochschulkurse<br />

wieder aufzunehmen ... , daß in erster Linie den Erwerbslosen<br />

Anregung und Unterlage zu geistiger Beschäftigung und<br />

Weiterbildung gegeben wird I16 «. Zunehmend übernahm die<br />

VHS in dieser Zeit des Massenelends die Aufgabe, Arbeitslosen<br />

praktische Lebenshilfen zu bieten, indem sie Vorträge über<br />

»Arbeitslosenversicherung, Krisenfürsorge und<br />

Kurzarbeiterunterstützung« oder »Kranken- und<br />

Unfallversicherung unter Berücksichtigung der<br />

Notverordnungen« in ihr Programm aufnahm 117 , und den<br />

Erwerbslosen kostenlosen Zugang ermöglichte 118 .<br />

Im März 1932 zog der IKZ eine uneingeschränkt positive Bilanz<br />

der im zurückliegenden Winter geleisteten VHS-Arbeit: »Die<br />

Kurse sind beendet. Sämtliche Vorträge haben starkes Interesse<br />

gefunden. Ihre Anziehungskraft lag einmal in dem Stoff, zum<br />

anderen aber in der ausgezeichneten Art der Darbietung ... gab<br />

es Anregungen auf verschiedenen Gebieten, und die beifällige<br />

Aufnahme seitens der Teilnehmer wird der beste Beweis dafür<br />

sein, wie sehr willkommen solche Vortragsreihen immer<br />

sind 119 «.<br />

Auch im Winterhalbjahr 1932/33 paßte die VHS ihr Programm<br />

der Not der Zeit an. So lud sie Anfang Oktober 1932 zu einer<br />

»Pilzwanderung« und zu einem Vortrag über heimische Speise-<br />

und Giftpilze ein, was den IKZ veranlaßte, die Kenntnis der<br />

Pilze »in unserer schweren Zeit« als von großer wirtschaftlicher<br />

Bedeutung hervorzuheben und die Teilnahme bzw. den Besuch<br />

wärmstens zu empfehlen". Auf der gleichen Linie lag ein<br />

weiterer Vortrag über Gartenbau, Obstbäume und<br />

Kleintierzucht 121 . Lebenshilfe im wahrsten Sinne des Wortes<br />

bot ferner der Vortrag »Was tue ich, ehe der Arzt da ist?« 122<br />

Die im Winter 1933 angebotenen Vorträge zeigen dann, daß<br />

auch die VHS von den umstürzenden Veränderungen, die<br />

mittlerweile in Deutschland stattgefunden hatten, nicht<br />

unberührt blieb. Zunehmend stellte sich die <strong>Iserlohn</strong>er VHS in<br />

den Dienst der Propagierung der nationalsozialistischen<br />

Ideologie und entsprach damit ihrer veränderten Stellung im<br />

»nationalen Staat«. In einem Runderlaß des<br />

Reichsinnenministers vom 19. September 1933 war diese neue<br />

Richtung vorgegeben worden: »Betr, Volkshochschulen: Der<br />

neue Staat betrachtet das Volkshochschulwesen unter anderen<br />

Gesichtspunkten als der alte. Während im liberalen Staat die<br />

VHS als eine Einrichtung angesehen wurde, die das Wissen um<br />

des Wissens willen möglichst breiten Volksschichten in<br />

aufklärender Weise nahebringen sollte, muß die Aufgabe des<br />

nationalsozialistischen Staates sein, seine Ideenwelt durch die<br />

Volkshochschule den breitesten Schichten des deutschen<br />

Volkes zugänglich zu machen. Dabei besteht die Hauptaufgabe<br />

nicht darin, das nationalsozialistische Gedankengut<br />

verstandesmäßig zu übermitteln, sondern die Willenshaltung<br />

des deutschen Volkes zu fördern. Dies geschieht dadurch, daß<br />

der Wille zur Wehrhaftigkeit, zur völkischen Selbstbehauptung.<br />

zum Bekenntnis von Blut und Boden und zur Einordnung in die<br />

Volksgemeinschaft verstärkt wird .... Träger der<br />

Volkshochschularbeit werden auch in Zukunft die Länder,<br />

Provinzen und Gemeinden bleiben 123 «.<br />

Von nun an gehörten Vorträge über das Gedankengut des<br />

Nationalsozialismus, insbesondere seine Rassenlehre. zum<br />

Standardrepertoire der <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule. So sprach<br />

Dr. Katz über »Erbgesundheitspflege« und umriß das Thema im<br />

IKZ mit den folgenden Sätzen: »Um die erbgesunde Familie in<br />

den Vordergrund zu stellen, ist es nicht nur notwendig,<br />

Gesundheitspflege zu treiben, sondern auch vor allen Dingen<br />

erforderlich, unser Volk zur Volksgesundheit und zum<br />

Verständnis für den Wert der Erbgesundheit einer Familie zu<br />

erziehen. Hier eröffnen sich neue Aufgaben, die es zu erfüllen<br />

gilt I24 «. Ihrer Gleichschaltung und letztendlichen Auflösung ist<br />

109. IKZ, 89. Jg., Nr. 245 v. 18. 10. 1930 ..<br />

110. Ebd.<br />

111. Ebd.<br />

112. IKZ, 89. Jg., Nr. 245v. 18. 10. 1930.<br />

113. IKZ, 89. Jg., Nr. 256 v. 31. 10. 1930.<br />

114. IKZ, 89. Jg., Nr. 259 v. 4. 1 L 1930.<br />

115. IKZ, 90. Jg., Nr. 22 v. 27. 1. 1931.<br />

116. IKZ, 91. Jg., Nr. 42 v. 19. 2. 1932.<br />

117. Ebd.<br />

118. Vgl. z. B. den IKZ, 91. Jg., Nr. 44 v. 22. 2. 1932: »Erwerbslo-<br />

se erhalten Freikarten im Arbeits- und Wohlfahrtsamt«.<br />

119. IKZ, 91. Jg., Nr. 72 v. 26. 3. 1932.<br />

120. IKZ, 91. Jg., Nr. 233 v. 4. 10. 1932.<br />

121. Im einzelnen sprach der Referent über Bodenbearbeitung und<br />

Düngung im Garten, natürlichen und künstlichen Dünger und<br />

seine richtige Anwendung, Fruchtfolge im Garten und die Kultur<br />

der wichtigsten Gartengewächse, die Ziegenhaltung des<br />

Kleinsiedlers, des Kleinsiedlers Schweinemast und die<br />

Geflügelhaltung des Kleinsiedlers. Vgl. IKZ 91. Jg., Nr. 266. v.<br />

11. 11. 1932.<br />

122. IKZ, 92. Jg., Nr. 68 v. 21. 3. 1933.<br />

123. Pöggeler, a. o. a. 0., S. 81.<br />

23


die VHS trotz der willfährigen Art, mit der sie<br />

nationalsozialistisches Gedankengut aufnahm, gleichwohl<br />

nicht entgangen. Es deprimiert zutiefst, daß eine Einrichtung,<br />

die 15 Jahre zuvor mit ganz anderen Zielen angetreten war,<br />

nunmehr »Rassenhygiene« und »Fragen der Volksentartung«<br />

auf die Tagesordnung setztet 125 und es als ihre neue Aufgabe<br />

akzeptierte, »den deutschen Menschen als Träger deutschen<br />

Wesens zu formen und ihn geistig wieder bodenständig zu<br />

machen« 126 .<br />

124. IKZ, 92. Jg., Nr. 268 v. 15.' 41. 1933.<br />

125. Der IKZ kündigte den Vortrag wie folgt an: »Die heute abend 8<br />

Uhr im Oberlyzeum beginnende Vortragsreihe über -<br />

Rassenhyqiene: behandelt die Fragen der Volksentartunq und des<br />

Geburtenrückgangs und die Erkenntnisse und Maßnahmen,<br />

die zu einer Wiedergeburt und Aufartung unseres Volkes dienlich<br />

sein können. Es soll an unerbittlichen Zahlenbeispielen gezeigt<br />

werden, vor welchem Abgrund völkischen Niedergangs wir<br />

stehen, zugleich aber auch klar herausgestellt werden, was in<br />

zielstrebigem Zusammenwirken von Volk und Führung zur<br />

Abwendung des Unheils geschehen kann ... «. 92. Jg., Nr. 269 v.<br />

16. 11. 1933.<br />

126. Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das Jahr 1933, S. 26.<br />

StAIs. Darin heißt es weiter: "U. a. wurde durch eine<br />

Vortragsreihe über Rassenhyqiene vererbungswissenschaftliche<br />

Einsicht und eugenisches Denken in manche Kreise vermittelt.<br />

Ein Vortrag „Nationalsozialismus als Weltanschauung“ führte<br />

weiter in die Grundfragen des Nationalsozialismus ein. Eine<br />

Vortragsreihe unter dem Gesamtthema „Streifzüge durch die hiesige<br />

Industrie“ fand leider nicht das erwartete Interesse.«<br />

Anmerkung: Dieser Text erschien erstmals in: Der Märker / Hrsg.: Märkischer Kreis. Heft 43 (1994)<br />

S. 161-171.<br />

24


3.2.1. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums<br />

3.2.1.1. Theodor Klumpp<br />

Im Februar 1920 bekam die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> ihren ersten Leiter, den<br />

„Töchterschuldirektor Klumpp“.<br />

Theodor Klumpp, geboren am 26. März 1865 im württembergischen Oberndorf 13 , war<br />

zunächst ab 1892 wissenschaftlicher Lehrer an der mit einem Lehrerinnenseminar<br />

verbundenen höheren Mädchenschule in Mülhausen i.E. gewesen.<br />

Er heiratete am 11.7.1900 14 in Plettenberg Hedwig Schulte, Mitinhaberin der Firma Schulte<br />

W.O. in Plettenberg.<br />

Am 17. September 1903 wurde er Direktor der städtischen höheren Mädchenschule (später<br />

Lyzeum, dann Oberlyzeum und Frauenoberschule, heute Stenner-Gymnasium).<br />

„Lycealdirektor“ nannte man ihn.<br />

Im Februar 1920 wurde Theodor Klumpp Leiter der neu gegründeten Volkshochschule<br />

<strong>Iserlohn</strong>. Bis 1930 hatte Theodor Klumpp das Amt des Lycealdirektors inne, mit Erreichung<br />

der Altersgrenze wurde Studiendirektor Klumpp in den Ruhestand versetzt. Damit legte er<br />

auch sein Amt als Leiter der VHS nieder.<br />

Anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand heißt es in einer Würdigung seiner<br />

Person in einer <strong>Iserlohn</strong>er Zeitung: „Seinen Schülerinnen war er allezeit ein verständnisvoller<br />

und liebevoller Führer, der in sich den hohen Idealismus seiner Erzieheraufgabe trug. Im<br />

Lehrerkollegium wollte er nie mehr als der erste unter Gleichen sein, und so ist unter ihm eine<br />

harmonische Arbeitsgemeinschaft gewesen, die durch keinerlei Mißstimmungen getrübt<br />

worden ist.“ 15 Theodor Klumpp war zudem sehr aktiv im Städtischen Verschönerungsverein<br />

gewesen.<br />

Theodor Klumpp kehrte in seine schwäbische Heimat zurück, wohnte in Stuttgart-Degerloch.<br />

Dort verstarb er am 2. Februar 1949 im 84. Lebensjahr. 16<br />

13 Theodor Klumpp, Acta personalia. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand A2, Nr. 1498<br />

14 Auskunft der Firma WO Schulte.<br />

15 <strong>Iserlohn</strong>er Tagespost. 31. März 1930.<br />

16 Hundert Jahre Mädchengymnasium und Frauenoberschule <strong>Iserlohn</strong>s 1852 – 1962. Festschrift. <strong>Iserlohn</strong>, 1952.<br />

S. 23 und 31.<br />

25


3.2.1.2. Gustav Pfingsten<br />

Der Pädagoge Gustav Pfingsten wurde am 13. April 1890 in <strong>Iserlohn</strong> als Sohn des<br />

Uhrmachers Friedrich Pfingsten und seiner Frau Mina Messarius geboren. Am 8. August<br />

1922 heiratete er Gretel Reinold, das Paar bekam zwei Töchter.<br />

Gustav Pfingsten durchlief eine Volksschullehrerausbildung, war von 1910 bis 1914 Lehrer in<br />

Letmathe, Neuenrade und Lütgenholthausen, seit 1914 in <strong>Iserlohn</strong>. Er bestand 1921 die<br />

Rektorprüfung und 1927 das Mittelschullehrerexamen. Von 1910 bis 1911 sowie von 1914<br />

bis 1916 leistete er Militärdienst. Er war von 1941 bis 42 Leiter der Wittekindschule (heute<br />

Schule Mendener Straße), bis 1944 vertretungsweise Rektor der Volksschule Brüderstraße,<br />

dann bis 1946 Rektor der Martin-Luther-Schule und schließlich Rektor der Volksschule<br />

Brüderstraße.<br />

1922 begann er mit einer archivarischen Tätigkeit in <strong>Iserlohn</strong>, 1931 wurde er Leiter der<br />

Stadtbücherei. In der Zeit des Nationalsozialismus blieb Gustav Pfingsten im Bereich der<br />

Heimatkunde aktiv. 1937 wurde er vom Schuldienst kurzfristig freigestellt, um am Aufbau<br />

des Hauses der Heimat (heute Stadtmuseum) mitzuhelfen. Ab 1937 war er Leiter des Hauses<br />

der Heimat und Vorsitzender des Heimatvereins. Zudem unterrichtete er bei der Wehrmacht. 17<br />

1947 wurde er korrespondierendes Mitglied des Instituts für wissenschaftliche Heimatkunde<br />

an der pädagogischen Akademie Lüdenscheid. 18 Pfingsten schrieb auch den erläuternden Text<br />

für die 1937 entworfene Bürgermeisterkette der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Ferner war er Chorleiter des<br />

Quartettvereins „Frohsinn“ 1884.<br />

Schon seit 1927 hatte Gustav Pfingsten bei der Volkshochschule unterrichtet, 1930 wurde er<br />

deren ehrenamtlicher Leiter, dies blieb er bis zur vorübergehenden Auflösung der<br />

Volkshochschule um 1934.<br />

Gustav Pfingsten starb am 14. Juli 1954 in <strong>Iserlohn</strong>. Heute erinnert die Gustav-Pfingsten-<br />

Straße in <strong>Iserlohn</strong> an ihn.<br />

17 Findliste Nachlass Gustav Pfingsten. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

18 Holtmeier, Hermann: Markante Köpfe aus dem Märkischen Kreis. <strong>Iserlohn</strong>, 1997. S. 99/100.<br />

26


3.3. 1933 bis 1945: Das vorläufige Ende der VHS <strong>Iserlohn</strong> in der NS-Zeit<br />

Vorbemerkung: Die Geschichte der deutschen Volkshochschule in den Jahren 1933 bis 1945<br />

wurde von der Forschung bisher nicht erschöpfend untersucht, die Sekundärliteratur ist nicht<br />

sehr umfassend. Ebenso sind die Quellen betreffend die VHS <strong>Iserlohn</strong> und ihrer<br />

Nachfolgeeinrichtung, der Volksbildungsstätte, in dieser Zeit sehr gering. Trotzdem soll hier<br />

der Versuch unternommen werden, diese Epoche näher zu untersuchen.<br />

Die Nationalsozialisten erhielten 1933 die Macht in Deutschland. In der Folge wurde auch das<br />

geistig-kulturelle Leben im Land dem totalitären Regime unterstellt. Exemplarisch für die<br />

„Gleichschaltungs- und Vernichtungspolitik der bisherigen Kultur“ 19 ist die<br />

Bücherverbrennung in Berlin und anderen Städten am 10. Mai 1933. Die Wissenschaft wurde<br />

gleichgeschaltet, für NS-Zwecke instrumentalisiert. Viele Wissenschaftler verließen das Land.<br />

Von der Grundschule bis zur Universität waren alle Bildungseinrichtungen vom<br />

nationalsozialistischen Gedankengut geprägt.<br />

Schon im Jahr 1933 entstand die „Hauptstelle für Volkshochschulen“ beim „Zentralinstitut für<br />

Erziehung und Unterricht“, die dem Innenministerium unterstellt war. Im September 1933<br />

löste sich der „Reichsverband Deutscher Volkshochschulen“ auf. Und im kommunalen<br />

Bereich hatten das Gemeindeverfassungsgesetz und das Gesetz über die Haushalts- und<br />

Wirtschaftsführung der Gemeinden vom 15. September 1933 die Grundlagen für die<br />

Kommunalpolitik gebracht. Dies alles hatte Auswirkungen auf die Volkshochschulen und ihre<br />

Bildungsarbeit in den Städten und Gemeinden. Auch diese wurde dem System unterworfen.<br />

Zunächst wurde versucht, die Erwachsenenbildung der Reichspropagandaleitung zu<br />

unterstellen und die Anbindung der Volkshochschulen an die Gemeinden zu lösen. Parallel<br />

wurden eigene Volksbildungseinrichtungen installiert. Allerdings: „Dieser Prozess stützte sich<br />

nicht auf ein durchgängiges nationalsozialistisches Pädagogik- und Volksbildungskonzept,<br />

das die pädagogische Theorie und Volksbildungstheorie der Weimarer Republik hätte ablösen<br />

können. Vielmehr gründete sich die nationalsozialistische Weltanschauung auf einige zentrale<br />

Begriffe, die außerordentlich emotional besetzt waren, wie ,Rasse’, ,Führertum’ und<br />

,Gemeinschaft’.“ 20<br />

Viele Volkshochschulen wurden also aufgelöst, die Erwachsenenbildung ähnlichen<br />

nationalsozialistischen Einrichtungen unterstellt. Für die Erwachsenenbildung waren in der<br />

NS-Zeit unter anderem das Reichsschulungsamt der NSDAP, die Reichskulturkammer, die<br />

19 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 219.<br />

20 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 220.<br />

27


„Deutsche Arbeiterfront“ (DAF) und „Kraft durch Freude“ (KdF) zuständig. Trotzdem blieb<br />

die Gleichschaltung der Erwachsenenbildung bis 1936 schnell im Ansatz stecken.<br />

Die VHS <strong>Iserlohn</strong> war 1933 noch in städtischer Verantwortung. Über die Volkshochschule<br />

heißt es in dem Verwaltungsbericht für das Jahr: „Die Volkshochschule gab wiederum<br />

Anregungen auf verschiedenen Gebieten. Es war ein besonderes Gebiet der Volkshochschule,<br />

den deutschen Menschen als Träger deutschen Wesens zu formen und ihn wieder geistig<br />

bodenständig zu machen. U.a. wurde durch eine Vortragsreihe über ,Rassenhygiene’<br />

vererbungswissenschaftliche Einsicht und eugenisches Denken in manche Kreise vermittelt.<br />

Ein Vortrag ,Nationalsozialismus als Weltanschauung’ führte weiter in die Grundfragen des<br />

Nationalsozialismus ein. Eine Vortragsreihe unter dem Gesamtthema ,Streifzüge durch die<br />

hiesige Industrie’ fand leider nicht das erwartete Interesse.“ 21 Der <strong>Iserlohn</strong>er Arzt Dr. Fritz<br />

Katz hatte über „Erbgesundheitspflege“ gesprochen, es gab einen Vortrag über Rassenhygiene<br />

und „Fragen der Volksentartung“. 22 Es war bereits damit begonnen worden, die Bürger im<br />

nationalsozialistischen Sinne „umzuerziehen“, die Ideologie zu verbreiten. Die Erziehung<br />

zum Rassebewusstsein und Rassenhygiene (Eugenik) waren dabei wichtige Schwerpunkte,<br />

ebenso die Betonung von Heimatgefühl.<br />

Im Mai 1934 wurde die Erwachsenenbildung im Dritten Reich in das ehemalige preußische<br />

Unterrichtsministerium eingegliedert, das in das Reichsministerium für Wissenschaft,<br />

Erziehung und Volksbildung umgewandelt worden war. Das Ministerium war nun für den<br />

äußeren Aufbau der Erziehungssysteme und deren innere Gestaltung verantwortlich.<br />

Ab 1934 finden sich in den Verwaltungsberichten der Stadt <strong>Iserlohn</strong> keine Hinweise mehr auf<br />

die Existenz einer städtischen Volkshochschule. Anscheinend war sie aufgelöst worden.<br />

Erwachsenenbildung gab es dennoch, sie war in <strong>Iserlohn</strong> ganz in den Verantwortungsbereich<br />

der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ und deren Kooperationspartner übergegangen.<br />

„Kraft durch Freude“ war eine Unter-Organisation der DAF und ursprünglich für<br />

Freizeitgestaltung und kulturelle Förderung zuständig. Die Förderung der Arbeitskraft durch<br />

ausreichend Freizeit und deren sinnvolle Gestaltung waren erklärte Ziele. 1936 wurde zudem<br />

das aus der Abteilung „Schulung und Volksbildung“ hervorgegangene Amt „Deutsches<br />

Volksbildungswerk“ (DVW) „Kraft durch Freude“ unterstellt. Damit war das Deutsche<br />

21 Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das Jahr 1933. S. 25/26. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand 10/1.50.<br />

22 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 15. November 1933 und 16. November 1933.<br />

28


Volksbildungswerk für alle Volksbildungsstätten zuständig, die Gleichschaltung war<br />

vorangetrieben worden. Ihren Abschluss fand diese Zentralisierung in der Gründung der<br />

„Reichsarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung“ im Jahr 1937.<br />

Aus den Volkshochschulen waren endgültig „Volksbildungsstätten“ geworden, eine politisch<br />

und staatlich unabhängige Erwachsenenbildung gab es in Deutschland so gut wie gar nicht<br />

mehr, der Staat kontrollierte die Bildungsarbeit. Die Programme der Volksbildungsstätten<br />

mussten dem Schulungsleiter der NSDAP vorgelegt werden, „ die Volksbildungsstätten<br />

durften nur in Groß- und Mittelstädten errichtet werden und mussten über einen<br />

eigenständigen, von der Partei abgesegneten Lehrkörper verfügen“ 23 . 1937 gehörten 218<br />

Volkbildungsstätten dem DVW an, 1938 bereits 325. 24 In einem Leistungsbericht des<br />

Deutschen Volksbildungswerkes für das Jahr 1938 heißt es: „Die Herzkammern der Arbeit<br />

des Deutschen Volksbildungswerkes sind die Volksbildungsstätten, deren Zahl ständig<br />

anwächst. Sie sind der äußeren Form nach Abendschulen, die allerdings nichts mehr mit den<br />

Volkshochschulen vergangener Zeit zu tun haben. Sie erhalten die Zielsetzung ihrer Arbeit<br />

ausschließlich aus der nationalsozialistischen Weltanschauung und aus den<br />

Lebensnotwendigkeiten unseres Volkes. Sie dienen nicht der Vermittlung trockenen Wissens<br />

und notdürftiger Halbbildung, sondern sie haben die Aufgabe, Charaktere zu formen und zu<br />

einer Lebenserhaltung des deutschen Menschen beizutragen, die bestimmt wird durch das<br />

Wissen um die Gesetze unserer Weltanschauung und durch das Bekenntnis zur kämpferischen<br />

Lebensauffassung.“ 25<br />

Bei dem Bildungsangebot standen also zunächst nicht die Interessen der Teilnehmer im<br />

Vordergrund, sondern der Integration großer Bevölkerungskreise in die Weltanschauung der<br />

NSDAP – was deren Machtausbau diente. Dieses Vorhaben ließ sich nicht vollständig<br />

umsetzen, das Angebot stieß nicht immer auf großes Interesse. Deshalb gab es bald mehr<br />

„Angebote der Wissensvermittlung, der Kultur und des künstlerischen Laienschaffens, ohne<br />

dass die nationalsozialistischen Volksbildner damit auf verkappte politische Inhalte verzichtet<br />

hätten“ 26 . Das Angebot der Volksbildungsstätten wurde mit üblichen KdF-Angeboten ergänzt,<br />

von denen besonders Wanderungen und Urlaubsreisen beliebt waren und die Akzeptanz der<br />

KdF stärkten.<br />

23 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 241.<br />

24 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 242.<br />

25 Deutsches Volksbildungswerk 1938, Leistungsbericht. In: Keim, Helmut / Urbach, Dietrich (Hrsg.):<br />

Volksbildung in Deutschland 1933-1945. Braunschweig, 1976. S. 202.<br />

26 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 244.<br />

29


Seit spätestens 1938 arbeitete das NS-Volksbildungswerk in der NS-Gemeinschaft „Kraft<br />

durch Freude“ mit einigen Vereinen <strong>Iserlohn</strong>s zusammen. Im Oktober 1938 lud man<br />

beispielsweise gemeinsam in der „Harmonie“ einen Vortragsabend zum Thema „Das Wesen<br />

des deutschen Idealismus“ mit Dr. Friedrich Karl Feigel (Duisburg) ein. 27 Bei der<br />

Ankündigung tauchen allerdings weder die Begriffe Volkshochschule noch<br />

Volksbildungsstätte auf.<br />

Mit dem Kriegsausbruch 1939 wurde die Erwachsenenbildung zu einer „kriegswichtigen<br />

Aufgabe“, wie es im Jargon des Nationalsozialismus hieß. Sowohl die Soldaten als auch die<br />

Bürger an der „Heimatfront“ sollten ideologisch gefestigt und zudem auf die Folgen des<br />

Krieges vorbereitet werden.<br />

Spätestens 1940 28 wurde dann auch in <strong>Iserlohn</strong> eine Volksbildungsstätte im Rahmen der NS-<br />

Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ für den Kreis <strong>Iserlohn</strong> errichtet. Nebenberuflicher Leiter<br />

war Studienrat Walter Niederstebruch, Musik- und Geschichtslehrer an der Oberschule für<br />

Mädchen (heute Gymnasium an der Stenner) und dem MGI.<br />

Das Volksbildungsstätten-Büro lag damals in der Vinckestraße 2-4 in der ersten Etage, dort<br />

wurden die Anmeldungen entgegen genommen. Seminarräume waren vor allem Schulen und<br />

das Haus der Heimat.<br />

Es gab vor allem Geschichts- und Kunstgeschichts-Kurse. „Die NS-Ideologie durchzog alles,<br />

aber es war trotzdem nicht alles davon geprägt“, so Marieluise Spangenberg. 29 In der<br />

Forschung gibt es die These, dass man bei der Erwachsenenbildung in der NS-Zeit „zwischen<br />

ideologischer Diskussion und Praxis der Bildungsarbeit unterscheiden muss“ 30<br />

Anscheinend war das Volksbildungswerk, zudem ja auch die Volksbildungsstätte gehörte,<br />

zahlenmäßig ein Erfolg. 1941 hatten laut einer Zeitung bereits 14 000 Personen an<br />

27<br />

Artikel einer unbekannten Zeitung, eventuell „Rote Erde“, Meldung vom 5. Oktober 1938. Stadtarchiv<br />

<strong>Iserlohn</strong>. Bestand ZGS – O7.<br />

28<br />

Das genaue Datum konnte leider nicht ermittelt werden. Das <strong>Iserlohn</strong>-Lexikon spricht vom Jahr 1940, leider<br />

ohne genaue Quellen zu nennen (Stadt <strong>Iserlohn</strong> (Hrsg.): <strong>Iserlohn</strong>-Lexikon. <strong>Iserlohn</strong>, 1987. S. 394).<br />

29<br />

Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

30<br />

Faulenbach, Bernd: Rückkehr zur Weimarer Tradition? In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-<br />

Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen,<br />

2003. S. 74.<br />

30


Veranstaltungen teilgenommen 31 . Wie viele davon auf die Volksbildungsstätte entfallen,<br />

konnte nicht ermittelt werden. Der IKZ schrieb, die Zahlen zeigten, „dass die Bevölkerung<br />

des Kreises <strong>Iserlohn</strong> trotz der kriegsbedingten Arbeitsbelastung noch Zeit gefunden hat,<br />

geistige Erholung zu suchen“ 32 . Doch die Aussage ist kritisch zu sehen. Die NSDAP schaffte<br />

es in den zwölf Jahren ihrer Diktatur nicht, ein einheitliches Erwachsenenbildungssystem auf<br />

die Beine zu stellen. Und: Innerhalb des Organisationsnetzes der DAF „wurden die<br />

Volkshochschulen als ,Herzkammern der Erwachsenenbildung’ bezeichnet, doch entfiel auf<br />

sie innerhalb der Gesamtheit der Aktivitäten nur ein ziemlich kleiner Teil, in dem sich zudem<br />

Bildungsarbeit und Freizeitbetreuung mischten“ 33 .<br />

1942 wurde das Deutsche Volksbildungswerk aus der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“<br />

herausgelöst und direkt der Deutschen Arbeitsfront unterstellt. Dies bildete „den Schlussstein<br />

in der organisatorischen und ideologischen Gleichschaltung und Erfassung der<br />

Erwachsenenbildung unter dem NS-Regime“ 34 .<br />

Aus dieser Zeit sind im Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong> zwei Arbeitspläne der Volksbildungsstätte<br />

<strong>Iserlohn</strong> erhalten. Der Plan 1942/43 wurde herausgegeben von „Die Deutsche Arbeitsfront<br />

NSG ,Kraft durch Freude’“ und „Deutsches Volksbildungswerk Gau Westfalen-Süd“. Die<br />

Geschäftsstelle der Volksbildungsstelle befand sich im Sitz der Kreisverwaltung der DAF an<br />

der Vinckestra0e 2-4. Leiter der Einrichtung war Studienrat Walter Niederstebruch, zum<br />

Beirat gehörten für das Haus der Heimat Gustav Pfingsten sowie Vertreter der NSDAP, der<br />

DAF, des Stadt- und Landkreises und für den Verein für Kulturpflege im Reichswerk Buch<br />

und Volk (ehemals Kaufmännischer Verein). Veranstaltungsorte waren neben <strong>Iserlohn</strong> (vor<br />

allem in den Räumen der „Harmonie“) auch Letmathe, Hemer, Hohenlimburg, Menden und<br />

Schwerte. Eine Hörerkarte kostete 0,50 Reichsmark.<br />

Für die Veranstaltungen in <strong>Iserlohn</strong> zeichnete zudem der „Parteigenosse (PG)“ Fritz<br />

Sparrenberg verantwortlich.<br />

Veranstaltungen im Programm 1942/43 waren unter anderem „Die rote Weltpest“ (in Hemer<br />

angeboten), „Rasse und Musik“ (in <strong>Iserlohn</strong>) und „Die Grundlagen der japanischen<br />

31 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 30. Januar 1943.<br />

32 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 30. Januar 1943.<br />

33 Faulenbach, Bernd: Rückkehr zur Weimarer Tradition? In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-<br />

Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen,<br />

2003. S. 74.<br />

34 Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001. S. 241.<br />

31


Volkskraft“ (in Hohenlimburg und Schwerte). Durchaus bekannte Personen referierten für die<br />

Volksbildungsstätte des Kreises <strong>Iserlohn</strong>. So etwa der Gynäkologe Dr. Friedrich Jeß zum<br />

Thema „Rassenpflege und Bevölkerungspolitik im Großdeutschen Reich“. Jeß war seit 1932<br />

Dozent für Rassenkunde, Rassen- und Bevölkerungspolitik an der Hochschule für Politik<br />

Bochum und seit 1935 Leiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP.<br />

Im Februar 1943 führte die „Volksbildungsstätte“ <strong>Iserlohn</strong> die Arbeitsgemeinschaften „Aus<br />

der Welt unserer Muttersprache“ mit Oberstudiendirektor Dr. Bußmann durch. Die<br />

Arbeitsgruppe „soll nicht etwa eine grammatische oder stilistische Anleitung zum richtigen<br />

Gebrauch unserer Sprache geben, sondern sie will einen Einblick in das Wachstum und das<br />

Wesen der deutschen Sprache, ihre Herkunft und ihre Entwicklung vermitteln. Das deutsche<br />

Wesen soll vor allem an Hand unserer Vor- und Familiennamen gezeigt werden“ 35 . Dr.<br />

Wilhelm Schulte referierte zum Thema „Werwolfzeiten in unserer Heimat“, Rektor Fritz<br />

Kühn über „Orgel und Orgelwerke“ und Maria Kahlert las aus ihren Dichtungen.<br />

An Fremdsprachen wurden Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Russisch<br />

unterrichtet. 36<br />

1943/44 waren unter anderem Vorträge und Arbeitsgemeinschaften zu den Themen<br />

„Bismarcks Großdeutsche Politik“, „Sturzflug und Fallschirmabsprung“, „Die Wirklichkeit<br />

des Rassegedankens“, „Johann Wolfgang Goethe“ und „Kreuz und quer durch das ehemalige<br />

Deutsch-Ostafrika“ im Programm. An Fremdsprachen wurden Englisch, Französisch,<br />

Spanisch und Russisch unterrichtet. 37<br />

3.3.1. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums<br />

3.3.1.1. Walter Niederstebruch 38<br />

Walter Niederstebruch wurde 1895 in Kirchlinde, Kreis Dortmund geboren. Nach einer<br />

Ausbildung im Lehrerseminar wurde er 1915 Lehrer in Hamm. Ab März 1918 war er Lehrer<br />

in Ergste. 1919 begann er seine Tätigkeit als Musiklehrer am Realgymnasium (heute MGI)<br />

und dem Lyzeum (heute Gymnasium an der Stenner) in <strong>Iserlohn</strong>. Im März 1924 ernannte man<br />

ihn zum Oberlehrer. In den 1920er Jahren wurde Niederstebruch durch zahlreiche öffentliche<br />

Schulkonzerte zu einem stadtbekannten Lehrer. Er nahm unter anderem an Beratungen des<br />

städtischen Musikausschusses teil.<br />

35 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 30. Januar 1943.<br />

36 Arbeitsplan der Volksbildungsstätte des Kreises <strong>Iserlohn</strong> 1942/43. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

37 Arbeitsplan der Volksbildungsstätte des Kreises <strong>Iserlohn</strong> 1943/44. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

38 Die meisten Angaben sind entnommen aus: Personalakte Walter Niederstebruch. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand<br />

D11, 8.<br />

32


In einem undatierten Brief in seiner <strong>Iserlohn</strong>er Personalakte bezeichnet sich Walter<br />

Niederstebruch als „überzeugter Nationalsozialist“. Er schreibt zudem: „Sofort 1933 stellte<br />

ich mich der Bewegung ,Kraft durch Freude’ zur Verfügung, die damals ehrenamtlich von PG<br />

von der Heyden geleitet wurde.“<br />

1939 wurde Niederstebruch Studienrat. 1940 wurde der Unteroffizier Niederstebruch aus<br />

Altersgründen und aufgrund von Unabkömmlichkeit aus der Wehrmacht entlassen.<br />

Vom 15.April bis 15.Oktober 1945 war er in einer Betreuungsstelle für Flüchtlinge und<br />

Umquartierte tätig, engagierte sich zudem für die provisorische Einrichtung eines<br />

Altersheims.<br />

Am 13. August 1946 wurde Walter Niederstebruch aus dem <strong>Iserlohn</strong>er Schuldienst entlassen.<br />

Die genauen Gründe ergeben sich aus seiner Personalakte nicht, man kann aber einen<br />

Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten im Nationalsozialismus vermuten. Er bat um eine<br />

Wiedereinstellung in den Lehrerdienst in Dortmund. Am 11. Oktober 1948 erklärte der<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Schulausschuss: „Der Personal- und Unterausschuss des Schulausschusses bringt<br />

zum Ausdruck, dass der Studienrat Niederstebruch für eine hiesige höhere Schule nicht<br />

tragbar ist. Gegen eine Beschäftigung des Studienrates Niederstebruch an einer höheren<br />

Schule außerhalb <strong>Iserlohn</strong>s erhebt der Unterausschuss keine Einwendungen.“ Im Jahr 1950<br />

wurde Walter Niederstebruch Lehrer an einer Oberschule in Wattenscheid.<br />

Sein weiterer Lebensweg ist unbekannt. 39<br />

Das Urteil über seine Persönlichkeit spiegelt sich in Äußerungen von Zeitzeugen wider. „Er<br />

war wohl überzeugt von der NS-Ideologie, aber ein anständiger Mensch. Allerdings war er ein<br />

bisschen weltfremd“, erinnert sich Marieluise Spangenberg, damals Hörerin und später VHS-<br />

Leiterin. 40 „Er war Nationalsozialist durch und durch“, erinnert sich Ernst Dossmann, damals<br />

Schüler des Reform-Realgymnasiums mit Oberrealschule (heute MGI), an dem<br />

Niederstebruch von 1924 bis 1938 zusätzlich Musik unterrichtete. „Walter Niederstebruch<br />

hatte einen guten Ruf als Lehrer, was wir Schüler allerdings nicht nachvollziehen konnten: Er<br />

39 Auch das Stadtarchiv Bochum-Wattenscheid hat keine Information zu Walter Niederstebruch. E-Mail des<br />

stellvertretenden Archivleiters Stefan Pätzold an Verfasserin vom 7. August 2009.<br />

40 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

33


war nämlich nicht unbedingt ein geschickter Pädagoge, konnte andere Meinungen nicht<br />

akzeptieren und war sehr nachtragend“, so Dossmann weiter. 41<br />

3.4. 1949 bis 1964: Wiederaufbau und Konsolidierung<br />

3.4.1 Die schwierigen Startbedingungen<br />

Die Bildungsfrage nach Krieg, Flucht und Vertreibung war wegen der zahlreichen<br />

unterbrochenen Schul-, Studium- und Ausbildungslaufbahnen der Menschen von<br />

entscheidender Bedeutung.<br />

Zudem musste eine grundlegende Entnazifizierung und Demokratisierung des<br />

Bildungswesens durchgeführt werden.<br />

Daher initiierte die britische Militärregierung im Gebiet des heutigen Bundeslandes<br />

Nordrhein-Westfalen schnell eine Wiederbelebung der Erwachsenenbildung – auf<br />

demokratischen Grundsätzen. Eine besondere Rolle spielten dabei die Volkshochschulen.<br />

Bereits im September 1945 gab es den „Adult-Education“-Befehl, der die Gründung von<br />

Komitees, die Erwachsenenbildung aufbauen sollten, in Auftrag gab 42 . Tatsächlich aber<br />

gingen die Neugründungen von Volkshochschulen in den größeren Städten auf lokale<br />

Initiativen zurück. Die ersten Volkshochschulen entstanden in Düsseldorf etwa bereits 1945,<br />

in Köln im September 1946, in Bochum im Oktober 1946 und in Essen im Wintersemester<br />

1946/47. Diese Gründungen waren sehr von der Erwachsenenpädagogik der Weimarer<br />

Republik geprägt. 1947 gab es in NRW bereits 140 Abendvolkshochschulen mit 79 656<br />

Teilnehmern und 2783 Dozenten. 43 Im selben Jahr wurde der Landesverband der<br />

Volkshochschulen gegründet. Wichtige Themen waren die Vermittlung von<br />

Demokratieverständnis, Völkerverständigung, die Eingewöhnung der Vertriebenen, der<br />

Wiederaufbau der Städte und die Montanindustrie. Die Erwachsenenbildung gab nach dem<br />

schrecklichen Krieg eine Orientierungs-, oft sogar eine Lebenshilfe.<br />

Die Frage, wie sich die Volkshochschulen inhaltlich ausrichten sollten, beschäftigte in diesen<br />

Jahren die Gemüter. Während die Gewerkschaften wieder auf<br />

Erwachsenenbildungseinrichtungen im Stil der Weimarer Heimvolkshochschulen setzten,<br />

41 Interview von Verfasserin mit Ernst Dossmann am 14. Juli 2009.<br />

42 Reichling, Norbert: Zwischen „freier Bildungsgemeinschaft“ und „allgemeinem Bildungsbedürfnis. In:<br />

Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und<br />

politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 127.<br />

43 Harney, Klaus: Infrastrukturen und Ressourcen öffentlicher Weiterbildung in NRW nach 1945. In: Ciupke,<br />

Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und politische<br />

Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 18.<br />

34


überlegten viele Volkshochschulen, sich verstärkt auf die neuhumanistische, bürgerliche<br />

Bildungstradition zu konzentrieren. Schließlich waren die Deutschen doch einst als „Volk der<br />

Dichter und Denker“ bekannt gewesen.<br />

In <strong>Iserlohn</strong> wurden beide Linien verfolgt. Man arbeitete mit dem DBG zusammen, bot aber<br />

Veranstaltungen im Sinne der klassischen bürgerlichen Bildungstradition.<br />

Im November 1949, mehr als vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nahm die<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule unter der Leitung von Kulturreferent Carolus Hartmann, einem<br />

Angestellten der Stadt, ihre Arbeit wieder auf. Man folgte damit also dem Beispiel vieler<br />

anderer Städte in NRW. 1949/50 gab es damit im Regierungsbezirk Arnsberg 43<br />

Volkshochschulen. 44 <strong>Iserlohn</strong>s Bevölkerung hatte nach dem Krieg stark zugenommen, viele<br />

Evakuierte und Flüchtlinge waren in die Stadt geströmt – es gab viele mögliche Hörer für eine<br />

Volkshochschule.<br />

Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1949 in <strong>Iserlohn</strong> auch wieder ein<br />

Programmheft gedruckt. An den Veranstaltungen konnte jeder teilnehmen, der das 16.<br />

Lebensjahr vollendet hatte. Die Semester, die jeweils mit einer Feierstunde eröffnet wurden,<br />

liefen von Oktober bis Ende März, nur der Arbeitskreis „Arbeit und Leben“ schloss im Juni.<br />

„Die Volkshochschule der Stadt <strong>Iserlohn</strong> zählt innerhalb des Landes zu jenem noch<br />

verhältnismäßig kleinen Kreis der Erwachsenenbildungswerke, der die Teilnahme an den<br />

Vorlesungen nahezu ohne Kosten ermöglicht. Sie erhebt lediglich für jede<br />

Arbeitsgemeinschaft eine einmalige Einschreibegebühr. Zu den Sonderveranstaltungen haben<br />

die Hörer bei Vorlage ihres Hörerausweises zu wesentlich ermäßigten Eintrittspreisen<br />

Zutritt.“ 45<br />

Arbeitskreise waren im Unterschied zu Kursen, wo ein Dozent den Teilnehmern Wissen<br />

vermittelte, Lehrveranstaltungen, in denen die Teilnehmer unter Anleitung eines Dozenten an<br />

der Erarbeitung der Thematik mitwirken. Es handelt sich also um eine aktive Form von<br />

Lehrveranstaltung, in der zu möglichst selbstständigem Tun angeregt werden soll.<br />

44 Reichling, Norbert: Zwischen „freier Bildungsgemeinschaft“ und „allgemeinem Bildungsbedürfnis. In:<br />

Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und<br />

politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 130.<br />

45 Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> 1946/50. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3 B888. S. 103.<br />

35


An eigene Volkshochschul-Räume war damals, in der Zeit der großen Wohnungsnot, nicht zu<br />

denken: „Den Gründern und ersten Hörern in <strong>Iserlohn</strong> bot sich fast die gleiche Situation wie<br />

in den übrigen Städten: beschlagnahmte oder ,zweckentfremdete’ Säle, Schulen, die mit<br />

Flüchtlingen belegt waren oder Schichtunterricht hatten und die nur ausnahmsweise, schlecht<br />

geheizt und bescheiden ausgestattet, sich der Volkshochschule öffneten.“ 46<br />

Im Rechnungsjahr 1949 gab es bei der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> 16 Arbeitsgemeinschaften<br />

mit 883 Einschreibungen, 927 Teilnehmern und 384 Vollstunden. Es fanden sechs<br />

Einzelvorträge mit 1042 Besuchern (!) statt. 47 Die Einschreibgebühr betrug für eine<br />

Arbeitsgemeinschaft mit sechs Doppelstunden 0,50 DM.<br />

1949/50 wurden insgesamt 21 Dozenten verpflichtet. Dazu gehörten weiterhin die Rektoren<br />

Fritz Kühn und Gustav Pfingsten. Es finden sich auch so bekannte Namen wie das Ehepaar<br />

Irmgard Wessel-Zumloh und Wilhelm Wessel sowie der Schauspieler Ferdinand Held-<br />

Magney.<br />

Inhaltlich verzichtete die VHS, da es in diesem Bereich bereits andere Anbieter (unter<br />

anderem private Sprachschulen) in <strong>Iserlohn</strong> gab, auf berufsfördernde Kurse 48 . „Man<br />

beschränkte sich auf den damals strapazierten Begriff der ,Allgemeinbildung’ aus dem<br />

Gedanken heraus, dass der nur beruflich Interessierte ein halber Mensch und nicht in der Lage<br />

sei, seine Aufgabe in der Familie, in der Gesellschaft, im Staate zu erfüllen.“ 49 Es wurde<br />

beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft „Wandlung des Weltbildes“ geboten, die auf die<br />

„historischen und geisteswissenschaftlichen Ursachen der heutigen Situation“ einging,<br />

inklusive Analyse des Ersten und Zweiten Weltkrieges und der Ideologie des Dritten Reiches.<br />

Dozent war Dr. Willy Falkenhein. Dr. E. Krümmer referierte zum Thema „Völker<br />

untereinander“ (diplomatischer Dienst vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart und das<br />

zukünftige Europa). Rechtsfragen des Alltags und Philosophie der Gegenwart waren weitere<br />

Themen, zudem gab es heimatgeschichtliche und Gesundheits-Vorträge. Sprachkurse bot die<br />

VHS, wie bereits oben erwähnt, selbst nicht an, wohl aber der Kooperationspartner<br />

„Bildungswerk des deutschen Gewerkschaftsbundes“, der Deutsch, Französisch, Englisch,<br />

46<br />

Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker, 1/1974. S. 41 bis<br />

44. S. 41.<br />

47<br />

Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> 1946/50. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3 B888. S. 104.<br />

48<br />

Maschinenschreiben und Stenographie wurden beispielsweise nicht angeboten, das überlies man dem<br />

Stenoverein in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

49<br />

Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker, 1/1974. S. 41 bis<br />

44. S. 41.<br />

36


Latein, Spanisch und Niederländisch anbot und dessen Angebot auch im VHS-Arbeitsplan<br />

auftaucht.<br />

Finanziell durften sich die Volkshochschulen prinzipiell der Unterstützung der britischen<br />

Militärregierung und der Landesregierung sicher sein. In der 1950 verabschiedeten nordrhein-<br />

westfälischen Landesverfassung stand: „Die Erwachsenenbildung ist zu fördern.“ 50 Doch es<br />

war bald klar, dass es nötig war, der Unterstützung eine gesetzliche Grundlage zu geben. Ein<br />

Volkshochschul-Gesetz wurde gefordert, vor allem von der SPD. Die SPD-Landtagsfraktion<br />

brachte im Mai 1951 einen Gesetzesentwurf „zur finanziellen Sicherstellung der<br />

Volkhochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen“ ein. Doch es sollte noch zwei Jahre<br />

dauern, bis es zu einem Gesetz kam.<br />

In <strong>Iserlohn</strong> wurde zur Entlastung des Kulturausschusses als Unterausschuss ein Kuratorium<br />

Volkshochschule gebildet. Es bestand aus Mitgliedern des Rates, denen das vom VHS-Leiter<br />

ausgearbeitete Programm zur Genehmigung vorgelegt wurde. Somit musste das lange<br />

Programm nicht im Kulturausschuss diskutiert werden. Zum Kuratorium gehörten 1949<br />

Stadtverordneter Alfred Potthoff, Stadtverordneter Helmuth Rentrop, Stadtverordneter Dr.<br />

Th. Rüberg, Stadtverordneter Fritz Rustemeyer, Oberstadtdirektor Heinrich Wohlert und<br />

Kulturreferent Carl „Carolus“ Hartmann. Das Sekretariat der VHS befand sich im Kulturamt<br />

der Stadt (Rathaus, Zimmer 4). 1950 gehörten zum Kuratorium Stadtverordneter Albert Paul<br />

Mund, Stadtverordneter Alfred Potthoff, Stadtverordneter Dr. Aloys Rüberg, Stadtverordneter<br />

Fritz Rustemeyer, Kulturdezernent Dr. Gerhard Groot und als Leiter der VHS (so wird er<br />

erstmals im Programmheft bezeichnet) Kulturreferent Carl Hartmann.<br />

Eine besondere Schwierigkeit der VHS war damals (wie in den folgenden Jahrzehnten) die<br />

Raumnot. In den Anfangsjahren war sie aber besonders kompliziert, da viele Gebäude der<br />

Stadt, wie etwa das Haus der Heimat, noch von den Besatzern beschlagnahmt waren. Andere,<br />

wie etwa der Schillersaal der Feuerwehr, waren mit Flüchtlingen und Vertriebenen belegt.<br />

Die Kurse nannten sich meistens noch Arbeitsgemeinschaften und waren selten länger als<br />

sechs Doppelstunden.<br />

50 Reichling, Norbert: Zwischen „freier Bildungsgemeinschaft“ und „allgemeinem Bildungsbedürfnis. In:<br />

Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und<br />

politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 129.<br />

37


Wie schwierig und mühsam die Bedingungen in den Anfangsjahren waren, zeigt die Tätigkeit<br />

der Schüler Klaus und Gerhard Peschke. Ab 1949 bis etwa 1954 arbeitete der damals 16-<br />

jährige Schüler Klaus Peschke mit seinem Bruder Gerhard als Bildvorführer bei der VHS. Der<br />

damalige Leiter der Stadtbildstelle, Dr. Uhlenhaut, hatte sie angesprochen, ob sie bei VHS-<br />

Veranstaltungen Bilder an die Wand projizieren wollten. Zur Verfügung standen damals ein<br />

5x5-Diaprojektor, ein 9x9-Diaprojektor und ein Episkop, die Dinge gehörten der<br />

Stadtbildstelle. Die beiden Jungs (Klaus Peschke war Jahrgang 1933, sein Bruder ein Jahr<br />

jünger) verdienten mit 5 Mark sehr viel Geld, allerdings mussten sie auch hart arbeiten: Am<br />

Nachmittag holten sie die Geräte (meistens einen Projektor, einen Projektionstisch und eine<br />

Leinwand) bei der Bildstelle in der Kluse ab und bauten sie im Vortragsraum, hauptsächlich<br />

im Schillersaal oder an der Wittekindschule, auf. Abends ab 20 Uhr leisteten sie etwa 90<br />

Minuten Dienst und bedienten die Technik, dann mussten die Sachen wieder abgebaut und<br />

zurück zur Stadtbildstelle gebracht werden. Die Brüder Peschke wurden von Marieluise<br />

Spangenberg aus dem Etat der Volkshochschule bezahlt. 51<br />

3.4.2. Zusammenarbeit mit anderen Institutionen<br />

Im Arbeitsplan 1950/51 finden sich auch die Programme zahlreicher Kooperationspartner,<br />

etwa der Stadtbücherei. Auch ein Arbeitsplan „Arbeit und Leben“ ist verzeichnet, es handelte<br />

sich um Angebote eines gemeinsamen Arbeitskreises von DGB und VHS, die nach dem<br />

Krieg an vielen Orten in Deutschland entstanden. „Es war gemeinsamer Wille der beiden<br />

Partner, mit einer auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezogenen Weiterbildung<br />

deren Stellung in Gesellschaft und Beruf zu verbessern und den demokratischen Neubeginn<br />

nach 1945 zu unterstützen“, heißt es auf der Homepage des heutigen Bundesarbeitskreises 52 ,<br />

der 1956 entstand. Bereits 1950 hatte sich in NRW ein Landesarbeitskreis gebildet. In<br />

<strong>Iserlohn</strong> gab es bereits ab dem Wintersemester 1949/50 eine Zusammenarbeit, die allerdings<br />

nicht im Arbeitsplan angekündigt worden war. Es bestand ein Kuratorium der<br />

Arbeitsgemeinschaft, dem 1950 die Gewerkschaftssekretäre Fritz Rustemeyer und Heinz<br />

Wegmann, Lehrer Hermann Hans, die Stadtverordneten Ewald Bange, Albert Paul Mund,<br />

Alfred Potthoff und Hans Richartz sowie Kulturreferent Carolus Hartmann angehörten. 53 Die<br />

Arbeitsgemeinschaft hatte eine Sonderstellung innerhalb der VHS, wies ein fest umrissenes<br />

Bildungsziel (die Heranbildung urteilsfähiger Staatsbürger und die Erziehung des politischen<br />

51 Interview von Verfasserin mit Klaus Peschke am 2. Juli 2009.<br />

52 www.arbeitundleben.de. August 2009.<br />

53 Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>. Arbeitsplan für das Wintersemester 1950.<br />

38


Nachwuchses 54 ) auf. Inhaltlich wurden beispielsweise Kurse zu den Themen Staatslehre,<br />

Politische Geschichte, Volkswirtschaft oder Betriebswirtschaft angeboten. Es gab auch<br />

Besichtigungen und Studienfahrten, etwa in Großbetriebe der Wirtschaft. Teilnehmen an den<br />

Grundkursen der Arbeitsgemeinschaft konnte jeder Erwerbstätige zwischen 17 und 35 Jahren.<br />

Eine Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft war nicht erforderlich. Anmeldungen nahmen<br />

sowohl das Sekretariat der Volkshochschule (wie es damals hieß) als auch die Geschäftsstelle<br />

des DGB entgegen (die ausgerechnet in der Vinckestraße 4, dem alten Büro der NS-<br />

Volksbildungsstätte, war). Wie lange es die Arbeitsgemeinschaft „Arbeit und Leben“ in<br />

<strong>Iserlohn</strong> gab, konnte nicht ermittelt werden.<br />

Wie erfolgreich die Zusammenarbeit war, ist schwer zu sagen.<br />

Im Jahr 1950 resümierte man: „Statistische Erhebungen haben ergeben, dass die<br />

Erwachsenenbildung in sehr hohem Maße die Frau beschäftigt. In Kreisen der werktätigen<br />

Schaffenden bedarf sie noch einer verstärkten Resonanz.“ 55<br />

3.4.3. Die Phase der Konsolidierung<br />

Als erstes Bundesland ging NRW nach dem Zweiten Weltkrieg dazu über, die<br />

Erwachsenenbildung zu kodifizieren. 1953 erließ man das „Gesetz über die<br />

Zuschussgewährung an Volkshochschulen und entsprechenden Einrichtungen“ in Nordrhein-<br />

Westfalen, was die Arbeit vor Ort erheblich vereinfachte. Volkshochschulen waren nun<br />

offiziell Stätten der Begegnung, die zu „vertiefter Lebenserfahrung, selbständigem Urteil und<br />

bewusster Lebensgestaltung“ 56 führen sollten. Bloße Wissensvermittlung stand nicht im<br />

Vordergrund. Volkshochschulen sollten Stätten der Begegnung sein. 57<br />

In <strong>Iserlohn</strong> war Marieluise Spangenberg mittlerweile Kulturamtsleiterin unter<br />

Kulturdezernent Dr. Gerhard Groot geworden. „Es war ungeklärt, wer eigentlich wirklich<br />

VHS-Leiter war. Ich machte die Arbeit, Dr. Groot repräsentierte“, erinnert sich Marieluise<br />

Spangenberg. 58 Offiziell wurde der sehr tüchtige Dr. Groot im Programmheft VHS-Leiter<br />

genannt, die Programmgestaltung und praktische Ausführung lag aber in den Händen von<br />

54<br />

Spangenberg, Marieluise: Die Volkshochschule der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Wintersemester 1953/54. In: Der Märker.<br />

Heft 6/6. 1953. S. 143.<br />

55<br />

Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> 1946/50. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3. S. 101.<br />

56<br />

Jelich, Franz-Josef: Der Wandel der Volkshochschulen und das Weiterbildungsgesetz von 1975 in Nordrhein-<br />

Westfalen. In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.):<br />

Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 269.<br />

57<br />

Das Gesetz ist beispielsweise abgedruckt in: Orthen, Hubert (Hrsg.): Erwachsenenbildung in Nordrhein-<br />

Westfalen.Ratingen, 1964. Paragraph 2.1 und 5.2.<br />

58<br />

Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

39


Marieluise Spangenberg. „Ich hatte völlig freie Hand“, so Spangenberg. 59 Besonders,<br />

nachdem Dr. Groot in den Vorstand des VHS-Landesverbandes gewählt worden war. Das<br />

Sekretariat der VHS war damals im Zimmer 4 des Rathauses.<br />

Es kamen zunehmend auch bekannte Persönlichkeiten als Referenten der VHS nach <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Im Oktober 1953 etwa referierte Professor Carl Schmitt über „Ein neuer Gesichtspunkt in der<br />

heutigen Diskussion über Wert und Unwert der modernen Technik“ in der Aula der Schule<br />

Mendener Straße. 60 Die Autorin Luise Rinser las ebenfalls aus ihren Werken.<br />

Im Semester 1953/54 versuchte die <strong>Iserlohn</strong>er VHS verstärkt, junge Hörer zu gewinnen.<br />

Schon 1952 hatte es eine Jugendvolkshochschule mit Themen wie „Die Singgemeinschaft“<br />

und „Wir lesen Märchen und Erzählungen“ gegeben. Die Bemühungen trugen Früchte: Waren<br />

1952/53 nur 21 Prozent der Hörer unter 30 Jahre alt gewesen, waren es 1953/54 bereits 40<br />

Prozent. 61<br />

Das Zusammenstellen des Programms war sehr aufwändig. Man hatte einen Stamm an<br />

Dozenten, auf den man immer wieder zurückgriff, meistens waren das Lehrer. Viele Dozenten<br />

waren Vertriebene, die in <strong>Iserlohn</strong> eine neue oder zumindest vorläufige Heimat gefunden<br />

hatten. Die Gewinnung von Dozenten oder Referenten funktionierte einerseits über<br />

persönliche Kontakte, andererseits waren Verlage wichtige Ansprechpartner, aber auch andere<br />

VHS-Leiter der Umgebung, die Marieluise Spangenberg regelmäßig traf. Auch das<br />

Westdeutsche Vortragsamt vermittelte Referenten.<br />

Die Vielfältigkeit des Programms zeigt, dass man sich in den 1950er und 1960er Jahren noch<br />

bemühte, möglichst viele Bereiche anzusprechen. Veranstaltungen auf unterschiedlichstem<br />

Niveau wurden angeboten, um einen möglichst breiten Adressatenkreis anzusprechen. Das<br />

lässt sich exemplarisch am Volkshochschulprogramm 1954/55 zeigen, das in acht Bereiche<br />

gegliedert war. Im Bereich „Vom Geist unserer Zeit“ gab es Veranstaltungen wie die<br />

Vortragsreihe „Die Kirche in unserer Zeit“ oder eine Lesebühne mit dem Titel „Das Drama<br />

der Gegenwart“. Im Bereich „Für die Frau“ wurden Kurse (höchstens sechs Doppelstunden)<br />

wie „Moderne Haushaltsführung“ oder „Jugendpsychologie“ angeboten. Der dritte Bereich<br />

hieß „Steckenpferde“ und offerierte unter anderem ein „Kleines Sprachkolleg für<br />

59 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

60 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 25. September 1953.<br />

61 Spangenberg, Marieluise: Die Volkshochschule der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Wintersemester 1953/54. In: Der Märker.<br />

Heft 6/6. 1953<br />

40


Hollandfahrer“ (acht Doppelstunden), „Einführung in die Schwarz-Weiß-Photographie“ oder<br />

„Einführung in die Geologie“. Im Bereich vier „Politik“ ging es um „Was geschieht in der<br />

Welt“ (sechs Doppelstunden mit Generalkonsul a.D. Dr. Krümmer) und „Der Montagskreis –<br />

Aussprache über aktuelle Probleme“ (er stand unter der Leitung des Kulturdezernenten und<br />

offiziellen VHS-Leiters Dr. Gerhard Groot). Es gab zudem den „Deutsch-Niederländischen<br />

Kulturkreis der Volkshochschule“, der in Zusammenarbeit mit den Niederländischen<br />

Volkshochschulen, der Niederländischen Botschaft, dem Niederländischen Konsulat und dem<br />

Auslandsinstitut Dortmund die Freundschaft und den Austausch zwischen beiden Völkern<br />

fördern wollte. Maßgeblich wirkte Carolus Hartmann an der Entstehung dieses Kulturkreises<br />

mit.<br />

Im Bereich fünf „Musik, bildende Kunst, Architektur“ berichtete etwa Ernst Dossmann über<br />

„Baudenkmäler unserer Zeit“. „Ich hatte eine sehr interessierte Zuhörerschaft, darunter<br />

beispielsweise Pfarrer Löer“, erinnert er sich 55 Jahre später: „Die Arbeit für die VHS hat mir<br />

sehr geholfen, dass ich mich frei machte von irgendwelchen Konzepten und frei gesprochen<br />

habe. Auch dass ich vor vielen Menschen frei sprechen kann, verdanke ich der VHS.“ 62 Ein<br />

weiterer Dozent war Aloys Kontarsky, ein junger <strong>Iserlohn</strong>er, der einen Arbeitskreis<br />

„Zeitgenössische Musik“ anbot. Aus ihm wurde ein weltbekannter Pianist und<br />

Hochschuldozent (Hochschule für Musik Köln), dessen Konzertreisen ihn bis nach Japan,<br />

Australien, China und in die USA führten.<br />

Der Bereich sechs war der des Arbeitskreises „Arbeit und Leben“ und bot beispielsweise eine<br />

„Geschichtliche Arbeitsgemeinschaft“ und „Sozial- und Arbeitsrecht“, die beide über sechs<br />

Doppelstunden gingen. Der Bereich sieben war eine Sonderarbeitsgemeinschaft in<br />

Verbindung mit dem Jugendwohnheim Bodelschwinghstraße und war mit „Wie benehme ich<br />

mich?“ betitelt. Der Bereich acht umfasste Sonderveranstaltungen, etwa eine Autorenlesung<br />

mit Karl-Heinrich Waggerl oder ein Gastspiel des Zeitkabaretts „Die Amnestierten“.<br />

Im Wintersemester 1954/55 sah der Arbeitsplan äußerlich wieder anders aus, hatte ein<br />

Querformat. Diese Form des Programmheftes sollte sich für lange Jahrzehnte halten.<br />

Im Februar 1955 referierte Anton Zischka über „Probleme der Weltwirtschaft“ in der Aula der<br />

Schule an der Mendener Straße. In diesem Semester gab es auch eine VHS-Reihe „Für die<br />

62 Interview von Verfasserin mit Ernst Dossmann am 14. Juli 2009.<br />

41


Frau“: „Die gepflegte Frau“ (Kosmetikschule), „Das Künstlerische im Alltag“ und „Weben<br />

für Anfänger und Fortgeschrittene“. Es gab auch eine Jugendvolkshochschule mit Kursen wie<br />

„Einführung in das Photographieren“ oder „Man benimmt sich wieder“.<br />

Im April 1955 bekam die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> hohen Besuch: Die Landestagung der<br />

Volkshochschulen NRW fand in Anwesenheit von Kultusminister Werner Schütz statt. Dr.<br />

Groot forderte in diesem Zusammenhang „junge Dozenten, geeignete Räume, Seminare für<br />

Erwachsenenbildung, Heimvolkshochschulen und vor allem hauptamtliche<br />

Erwachsenenbildner in allen Gemeinden über 50 000 Einwohner.“ 63<br />

1955 verabschiedete sich Kulturdezernent Dr. Gerhard Groot, offizieller Leiter der VHS, aus<br />

<strong>Iserlohn</strong> und wurde Stadtdirektor in Soest. Er wurde später auch 1. Vorsitzender des<br />

Landesverbandes der Volkshochschulen von Nordrhein-Westfalen. Sein Nachfolger in<br />

<strong>Iserlohn</strong>, Oberstadtdirektor Wohlert, übernahm nicht die Position des VHS-Leiters, dies<br />

wurde nun auch offiziell Marieluise Spangenberg. Damals gab es keinerlei geregelte<br />

Anforderungen an das Amt des VHS-Leiters, ein Studium beispielsweise war nicht nötig.<br />

Marieluise Spangenberg hatte als Kulturamtsleiterin alle Hände voll zu tun, denn sie musste<br />

sich mit ihren beiden Mitarbeiterinnen nicht nur um die VHS, sondern auch um das Theater,<br />

die Stadtbücherei und das Archiv kümmern. Marieluise Spangenberg war meistens von<br />

morgens bis spät in die Nacht beschäftigt, vor allem abends, dann betreute sie die Dozenten,<br />

holte sie oft vom Bahnhof ab und brachte sie spät am Abend wieder hin. Auch einfache<br />

Arbeiten wurden ihr nicht abgenommen. Als beispielsweise ein Arbeitsloser engagiert wurde,<br />

um Werbeplakate für die VHS in der Stadt anzukleben, unterband das Rathaus, sprich<br />

Stadtdirektor Wach, dies. VHS-Leiterin Spangenberg sauste also durch <strong>Iserlohn</strong> und klebte<br />

Plakate an Litfasssäulen. 64<br />

Das VHS-Programmheft 1956/57 hatte ein handliches kleines Querformat, der farbenfrohe<br />

Umschlag war von dem <strong>Iserlohn</strong>er Künstler Karl Tüttelmann gestaltet worden. Erstmals gab<br />

es einen inhaltlichen Schwerpunkt, nämlich „Vom Geist unserer Zeit“. Vier Arbeitskreise<br />

beschäftigten sich in den Bereichen Malerei, Philosophie und Literatur damit. Zudem las<br />

unter anderem – als dritte Frau innerhalb der Arbeitsgemeinschaft „Aspekte der modernen<br />

Literatur“ – die bekannte Autorin Luise Rinser aus ihren Werken. Weitere Beispiele für<br />

bekannte Persönlichkeiten, die die VHS <strong>Iserlohn</strong> besuchten, sind etwa Käthe Kruse (1957),<br />

63 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 75 Jahre VHS 1919-1994. Sonderseite. 26. Mai 1994.<br />

64 Interview von Verfasserin mit Peter Bachmann am 2. August 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

42


Wolfdietrich Schnurre (1959), Heinrich Harrer (1960), Heinrich Böll (1961) und Rudolf<br />

Hagelstange (1961).<br />

1956 wurde eine Kindermalstube in der VHS <strong>Iserlohn</strong> installiert, ein Ableger der<br />

Erwachsenenbildung, der allerdings nicht lange existierte. Grafiker Benno Splieth<br />

beschäftigte sich mit den Kleinen. 65<br />

1958 beschäftigte man sich bei der VHS mit dem Thema „Hellsehen“: Referent Wilhelm<br />

Gubisch machte den „okkultgläubigen Zuhörern“ klar, dass Hellsehen von jedem praktiziert<br />

werden könne, der sich auf Massenpsychologie versteht. „Im ersten Teil überzeugte er die<br />

Zuschauer vollkommen von seinen hellseherischen Fähigkeiten. Dann gab es eine Pause. Im<br />

Anschluss erklärte er ihnen die Tricks, denen sie so leichtgläubig auf den Leim gegangen<br />

waren“, erinnert sich Marieluise Spangenberg noch fast 50 Jahre später schmunzelnd an die<br />

Veranstaltung. 66<br />

Ein besonderer Gast im Dezember 1958: Prof. Walter Jens sprach über „Moderne Literatur –<br />

moderne Wirklichkeit“ im Schillersaal. Und Dr. Wilhelm Schulte referierte im Oktober über<br />

„Westfälische Köpfe“.<br />

Im Wintersemester 1958/59 hatten 24 der 27 angekündigten Arbeitsgemeinschaften<br />

stattgefunden, 25 Dozenten unterrichteten 800 Hörer in 150 Doppelstunden. Zu den Dozenten<br />

gehörten Professoren, Studienräte, Künstler, Juristen, Architekten, Politiker, Psychologen und<br />

Hausfrauen. Sehr beliebt waren die Diskussionsabende mit Generalkonsul a.D. Dr. Krümmer<br />

(etwa 200 Hörer), viele Teilnehmer gingen auch zu den zwölf musischen<br />

Arbeitsgemeinschaften (280 Hörer). Für die beiden Musikarbeitsgemeinschaften meldeten<br />

sich allerdings nur sechs Teilnehmer an, sie mussten ausfallen. 67 In dem Semester startete die<br />

Volkshochschule Veranstaltungen in einer „Nebenstelle <strong>Iserlohn</strong>erheide“ unter der Leitung<br />

von Ernst Filipczyk. Dort, in der Gaststätte Riekenbrauck wurden verschiedene Vorträge,<br />

etwa zu den Themen „Filme, die uns angehen“ oder „Chinesische Schrift – chinesische<br />

Gedichte“. Ab 1960/61 wurden in der <strong>Iserlohn</strong>erheide Filmabende dargeboten.<br />

65 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 10. November 1956.<br />

66 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

67 Westfalenpost. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 30. Mai 1959.<br />

43


Zur Konsolidierung der Arbeit der VHS gehörten auch Versuche, die Raumnot zu lösen. 1958<br />

war das Sekretariat im Stadthaus I, Zimmer 3 untergebracht. Das Stadthaus I, ein altes,<br />

klassizistisches Bürgerhaus, lag damals direkt neben dem alten Rathaus (heute steht dort ein<br />

großes Bekleidungs-Kaufhaus).<br />

Trotzdem: Zwar war die Verwaltung in einem eigenen Raum untergebracht, eigene<br />

Unterrichtsräume gab es aber immer noch nicht. „Die Raumverhältnisse waren im<br />

vergangenen Semester günstiger denn je“ 68 hieß es 1959 aus der VHS. Zwar fanden die<br />

Veranstaltungen immer noch in diversen Häusern (Duisbergsaal im Haus der Heimat, kleiner<br />

Sitzungssaal des Rathauses, Jugendheim, das neu gebaute Haus der Familie an der<br />

Stennerstraße 10, Schillersaal, im Feuerwehrgerätehaus und Wichelhovenhaus) statt, aber<br />

zumindest musste man keine Klassenzimmer der örtlichen Schulen in Anspruch nehmen.<br />

Erst 1960 erhielt die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule eigene Unterrichtsräume im Erdgeschoss der<br />

1891 erbauten Villa von Kommerzienrat Carl Weydekamp an der Stennerstraße 12. „Das war<br />

eine große Hilfe“ erinnert sich Marieluise Spangenberg. 69 Doch schon bald herrschte wieder<br />

Raumnot. Dieses Problem hatte aber nicht nur die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule. Der frühere<br />

NRW-Kultusminister Paul Mikat gab sogar 1964 eine Denkschrift mit dem Titel „Denkschrift<br />

über den Ausbau der Erwachsenenbildung im Lande Nordrhein-Westfalen“ heraus, in der er<br />

auch auf die Raumproblematik der mittlerweile 247 Abendvolkshochschulen im Land<br />

einging. Demnach verfügten noch nicht einmal 20 Prozent der Einrichtungen über<br />

eigenverantwortlich genutzte Räume – genau wie die <strong>Iserlohn</strong>er VHS. Im gesamten<br />

Regierungsbezirk Arnsberg gab es damals nur vier VHS-Häuser. 70<br />

Zurück in die 1950er Jahre: So gut die VHS in diesen Jahren lief, es tauchte ein Problem auf,<br />

auch wenn Marieluise Spangenberg es erst einmal nicht ernst nahm: das Fernsehen. Mitte der<br />

50er Jahre trat es in Deutschland seinen Siegeszug in die Haushalte an, 1953 waren in<br />

<strong>Iserlohn</strong> die ersten Fernsehbilder aus Holland am Danzturm empfangen worden. Die VHS,<br />

wie immer bemüht aktuell, nahm eine Vortragsreihe zum Thema ins Programm auf: Um das<br />

neue Medium kennen zu lernen, bot die VHS im Wintersemester 1953/54 einen 16-stündigen<br />

68 Westfalenpost. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 30. Mai 1959.<br />

69 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

70 Jelich, Franz-Josef: „Besonders in den Volkshochschulen ist die Bestuhlung für Erwachsenen zu klein“. Die<br />

Forderung nach Neubauten für Volkshochschulen. In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/<br />

Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S.<br />

218.<br />

44


Kurs „Die VHS vorm Fernsehschirm“ an. Kurt E. Becker betrachtete mit seinen Teilnehmern<br />

kritisch das Fernsehprogramm, das Fernsehgerät stellte eine Firma aus Altena zur Verfügung.<br />

„Ich hätte es damals nicht für möglich gehalten, dass es bald Fernsehapparate in nahezu jedem<br />

Haushalt geben würde“, erinnert sich Marieluise Spangenberg. 71 Doch das Fernsehen startete<br />

seinen Siegeszug, wurde zu einer echten Konkurrenz für die<br />

Erwachsenenbildungseinrichtungen. Um 1959 kam endgültig der große Einbruch für die<br />

VHS, die Zahl der Hörer ging zurück, vor allem bei Vorträgen. „Fernsehen als harte<br />

Konkurrenz für die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule“ titelte eine Zeitung im Mai 1959. 72 Auf<br />

einmal sahen die <strong>Iserlohn</strong>er die berühmten Leute, die sonst die VHS zu Vorträgen eingeladen<br />

hatte, auf den Bildschirmen in ihren Häusern. Eine Zuhörerin erklärte: „Anmelden werde ich<br />

mich schon, aber, wissen Sie, wir haben jetzt zu Hause einen Fernsehapparat, und wenn es<br />

dort etwas Schönes gibt, komme ich nicht, damit müssen Sie rechnen.“ 73 Der<br />

Unterhaltungswert des neuen Mediums war hoch und verführerisch, zudem war das<br />

Fernsehen schneller in der Berichterstattung: „So aktuell wie das Fernsehen konnten wir nicht<br />

sein, wir mussten unser Programm ja Monate im Voraus planen“, so Spangenberg. Die Folge:<br />

Die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule verlagerte ihre Schwerpunkte, es gab nun weniger Vorträge,<br />

dafür mehr Kurse und Seminare. Das war nicht nur in <strong>Iserlohn</strong> so: Es wurde von den<br />

Volkshochschulen allgemein der „Mut zur kleinen Zahl“ an Teilnehmern gefragt, es gab<br />

weniger große Vorträge, dafür intensive kleinere Gesprächsgruppen, die sich über ganze<br />

Semester erstreckten. Denn darin lag der Vorteil der Volkshochschulen gegenüber dem<br />

Fernsehen: Die Volkshochschulen hatten den persönlichen Kontakt zu ihren Zuhörern.<br />

Ein anderes Problem: Viele der Dozenten in den 50ern waren schon in den 20ern, vor der NS-<br />

Zeit, Dozenten gewesen, waren noch durch die Jugend- und Volksbildungsbewegung der 20er<br />

Jahre geprägt, glaubten an das Humboldtsche Bildungsideal. Dieses verlangt den Gebrauch<br />

der Vernunft zur Erlangung von Selbstständigkeit und Mündigkeit, zudem das Erlangen eines<br />

Weltbürgertums. Die Vertreter dieser Ideale prallten nun mit den jungen VHS-Vertretern<br />

zusammen, die verstärkt auf Weiterbildung für berufliche Zwecke setzten. „Die Menschen am<br />

Arbeitsplatz abholen“ war bald das Motto, man wollte nicht nur das Bildungsbürgertum,<br />

sondern verstärkt auch Arbeiter erreichen. Doch das erwies sich als sehr schwer, das Ziel<br />

wurde eigentlich nicht erreicht. Erst ab den 70ern, mit dem Strukturwandel in der Arbeitswelt<br />

71 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

72 Westfalenpost. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 30. Mai 1959.<br />

73 Westfalenpost. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 30. Mai 1959.<br />

45


und der Einführung von PCs in den 1980ern, veränderte sich auch die Klientel der<br />

Volkshochschule.<br />

Ein Gutachten des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen sprach<br />

1960 von der Volkshochschule als genuinen Ort einer freien, nicht an einen Träger<br />

gebundenen „Erwachsenenbildung, ,die sich im offenen Raum vollzieht’ und als ,Aufbaustätte<br />

des demokratischen Lebens’ einer verstärkten öffentlichen Förderung bedürfe“ 74 . Die<br />

Erwachsenenbildung wurde zunehmend systematisiert, immer mehr Volkshochschulen<br />

bekamen eigene hauptamtliche Leiter.<br />

Zudem bemühte man sich um eine Erweiterung der Zielgruppen, besonders junge Zuhörer<br />

aber auch Senioren sollten gewonnen werden, ebenso die Arbeiterschicht. Im Programm des<br />

Jahres 1960 spiegeln sich diese Bemühungen.<br />

So lautete ein Untertitel des IKZ „Ursula Jung sprach amerikanische Negerdichtung“. Was<br />

heute – in der Zeit der angeblichen „political correctness“ - als Schimpfwort anmutet, war<br />

damals der normale Sprachgebrauch. Die Lyrik der Afro-Amerikaner (in deutscher<br />

Übersetzung) kam an, es gab langen Beifall. 75 Im selben Jahr wurde bei der VHS auch eine<br />

Altenrunde eingerichtet, die sich unter der Leitung von Rektor Karl Gossner im Haus der<br />

Familie traf. Diese Runde war so erfolgreich, dass bald weitere gegründet wurden.<br />

Die Zunahme der Aufgaben erforderte eine neue Kraft bei der VHS. Im Januar 1961 wurde<br />

Dipl.-Politologin Traute Hoffmann Assistentin bei der VHS. Der Landesverband der<br />

Volkshochschulen in NRW beschäftigte damals junge Akademiker für ein bis zwei Jahre, die<br />

als Assistenten den Volkshochschulen zugeteilt wurden. Die Kosten trug der Landesverband.<br />

Traute Hoffmann arbeitete ein Jahr lang bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> im politischen Bereich. Im<br />

Dezember 1961 wurde sie von Kulturamtsleiterin Marieluise Spangenberg verabschiedet und<br />

ging nach Hamburg. 76<br />

Ende Februar 1961 eröffnete die Volkshochschule im Volkshochschulhaus an der<br />

Stennerstraße einen Leseraum, in dem die Bürger von Montag bis Freitag einer jeden Woche<br />

von 17 bis 20 Uhr Wochenzeitungen und politische Zeitschriften lesen können. „Diese neue<br />

74 Jelich, Franz-Josef: Der Wandel der Volkshochschulen und das Weiterbildungsgesetz von 1975 in Nordrhein-<br />

Westfalen. In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.):<br />

Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 269.<br />

75 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 5. Dezember 1960.<br />

76 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 4. Januar 1961 und 15. Dezember 1961.<br />

46


Einrichtung der VHS wird neben den Hörern der politischen Arbeitsgemeinschaften vor allen<br />

Dingen die <strong>Iserlohn</strong>er interessieren, die in den Abendstunden einen Volkshochschulkurs<br />

besuchen und die Zeit von Dienstschluss bis Kursbeginn sinnvoll überbrücken und sich<br />

informieren möchten. Die Benutzung des Leseraums ist kostenlos.“ 77 Der Leseraum existierte<br />

allerdings nur kurz, er wurde nicht in Anspruch genommen, da er zu weit von der Innenstadt<br />

entfernt lag.<br />

3.4.5. Die Migrationsbewegung spiegelt sich im Programm der VHS<br />

In diesen Jahren gab es bei der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> auch den „Internationalen Club“.<br />

„Das war eine Reaktion auf den Zustrom von Ausländern nach <strong>Iserlohn</strong>. Zum einen gab es<br />

Gastarbeiter, zum anderen die Gäste des Goethe-Instituts. Der Club entstand als<br />

Freizeitangebot, einmal in der Woche traf man sich, hörte Vorträge, besichtigte etwas oder<br />

saß gesellig zusammen. Der Club wurde schnell zu einem Selbstläufer. Die Teilnehmer trafen<br />

sich auch in den VHS-Ferien. Deshalb passte er irgendwann nicht mehr ins VHS-Programm<br />

und wir gaben ihn in die Obhut des Goethe-Instituts, wo er weiterlief.“ 78 Im Herbst 1961 ging<br />

aus dem „Internationalen Club“ das „Politische Jugendforum“ hervor, in dem unter der<br />

Leitung von Gustav Wackwitz 79 , erster Leiter des Goethe-Instituts in <strong>Iserlohn</strong>, über aktuelle<br />

politische Geschehnisse diskutiert wurde. 80<br />

Überhaupt, man öffnete sich: Es gab Studienfahrten, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Im<br />

Februar 1962 lud Marieluise Spangenberg zu einer Studienfahrt nach Brüssel im März ein.<br />

Vier Tage war man unterwegs, besichtigte unter anderem die deutsche EWG-Vertretung und<br />

die europäische Gemeinschaft, wo man einen Vortrag über „Allgemeine Ziele und Aufgaben<br />

des gemeinsamen Marktes“ hörte. 55 DM mussten für Hin- und Rückfahrt, Stadtrundfahrt,<br />

Unterkunft, Frühstück und Versicherung gezahlt werden.<br />

3.4.6. Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass in den Jahren 1949 bis 1964 die Volkshochschule<br />

<strong>Iserlohn</strong> von Wiederaufbau und Konsolidierung geprägt war. Nach dem Krieg suchte man<br />

77 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 22. Februar 1961.<br />

78 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

79 Gustav Wackwitz (1922 - ?), Sohn von Andreas Wackwitz (1893-1979), Landespropst und Vorsitzender des<br />

Synodalvorstandes der Deutschen Evangelischen Synode von Südwestafrika. Vater von Stefan Wackwitz<br />

(geboren 1952), Schriftsteller.<br />

80 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 26. September 1961.<br />

47


eine geeignete Position für Weiterbildung, eine Neuprofilierung der Erwachsenenbildung war<br />

dringend notwendig. Nach einigen Jahren ging es darum, die gefundene Position zu festigen.<br />

Immer weiter in die Welt wurden die Fühler ausgestreckt. Immer mehr passte man sich<br />

inhaltlich an die Arbeitnehmergesellschaft an. Sportkurse wurden in diesen Jahren noch nicht<br />

angeboten, das war Sache der Vereine. Auch war die Gesellschaft noch nicht sehr überaltert,<br />

Seniorenarbeit wurde bei der VHS erst allmählich betrieben.<br />

3.4.7. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums<br />

3.4.7.1. Carolus Hartmann<br />

Carolus Hartmann heiß eigentlich Carl Heinrich Hartmann und wurde am 15. Oktober 1901 in<br />

<strong>Iserlohn</strong> als Sohn des Versandleiters Carl Hartmann geboren.<br />

Carl Hartmann machte nach dem Realschulabschluss eine kaufmännische Lehre im Verlag<br />

Georg Pfeiffer <strong>Iserlohn</strong> (Märkisches Volksblatt), anschließend war er ein Jahr lang als<br />

Angestellter dort tätig. Von 1921 bis 1922 war er kaufmännischer Angestellter beim Verlag<br />

der Westdeutschen Volkszeitung Hagen, bis 1923 Geschäftsstellenleiter und Lokalredakteur<br />

bei der Neheim-Hüstener Zeitung. Schon während seiner Lehre hatte er begonnen, auch<br />

Artikel zu schreiben. Als Kürzel wählte er die Buchstabenfolge „k.rolus“. Schon bald wusste<br />

jeder, wer sich hinter dem Kürzel verbarg, der Punkt fiel weg, aus dem K wurde ein C, er<br />

fügte ein A hinzu, und aus Carl Heinrich Hartmann war Carolus Hartmann geworden. „Jeder<br />

nannte ihn so, selbst seine Ehefrau. Nur seine Geschwister sagten weiterhin Carl zu ihm.“ 81<br />

Von 1923 bis 1929 war Carolus Hartmann erst Schriftleiter und später Verlagsleiter des<br />

Düsseldorfer Tagblattes. Danach begann er eine Tätigkeit als Verlagsleiter der Kölner<br />

Görreshaus AG (Kölnische Volkszeitung / Kölner Lokalanzeiger). Er musste einen<br />

Antrittsbesuch beim Kölner Oberbürgermeister machen – das war zu der Zeit Konrad<br />

Adenauer. Darüber gibt es eine nette Anekdote: Adenauer drängte den Nichtraucher eine<br />

Zigarre mit ihm zu rauchen. Seitdem erzählte Carolus Hartmann stets: „Adenauer hat mir das<br />

Rauchen beigebracht.“ Der Verlag wurde dann durch die NSDAP aufgelöst.<br />

Carolus Hartmann heiratete die aus Hagen stammende Elisabeth Charlotte Mertens. Das Paar<br />

bekam vier Kinder. Sowohl Carolus Hartmann als auch seine Ehefrau waren beide im<br />

„Wandervogel“ in der Deutschen Jugendbewegung aktiv.<br />

81 Interview mit Thomas Hartmann, Sohn von Carolus Hartmann, am 15. März 2008.<br />

48


Von 1935 bis 1940 war Carolus Hartmann dann Lokalschriftleiter bei der Westfälischen<br />

Landeszeitung in Lüdenscheid und Altena. „Entlassung infolge politisch-weltanschaulicher<br />

Differenzen mit der NSDAP“, notierte er später in seinem Lebenslauf. 82<br />

Vom 2. Januar bis Mitte Oktober 1940 arbeitete Carolus Hartmann als Vertragsangestellter<br />

beim Finanzamt <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Von Oktober 1940 bis Kriegsende war Carolus Hartmann dann im Kriegseinsatz. Er war vier<br />

Jahre im holländischen Haarlem stationiert. Der überzeugte Katholik und Wandervogel<br />

Hartmann konnte mit der Nationalsozialistischen Idee nichts anfangen. Er lernte schnell<br />

Holländisch und schloss viele Freundschaften. Man bat ihn auch, den Text des Marschliedes<br />

der deutschen Besatzungsmacht zu schreiben – es geriet zu einer liebevollen Hommage an das<br />

besetzte Land. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gründete Carolus Hartmann bei der VHS<br />

<strong>Iserlohn</strong> einen deutsch-niederländischen Kulturkreis. Während des Krieges schrieb er noch<br />

eine Novelle mit dem Titel „Die Orgel von St. Bavo – Mozarts Reise nach Haarlem“, ein<br />

Werk, das immerhin zwei Auflagen erlebte. Carolus Hartmann war eng mit Dr. Gerhard<br />

Groot, dem späteren Stadtdirektor von Soest, befreundet und half ihm beim Aufbau einer<br />

Städtepartnerschaft mit dem holländischen Kampen.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Carolus Hartmann von den US-amerikanischen Truppen<br />

in Kriegsgefangenschaft genommen. Es zog ihn dann wieder in seine Heimatstadt: Am 1. Juli<br />

1947 wurde Hartmann Kultur- und Pressereferent der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Er war beteiligt an der<br />

Neugründung der Volkshochschule und von 1949 bis 1953 deren Leiter.<br />

Er pflegte enge Kontakte zur heimischen Künstlerszene, vor allem zu Wilhelm Wessel,<br />

Irmgard Wessel-Zumloh und Karl Tüttelmann. Er war Mitglied im IBSV und im SGV.<br />

1953 wurde Carolus Hartmann Lektor eines Verlages in Hemer und arbeitete zudem als freier<br />

Journalist. 1957 wurde er Redaktionsleiter der „Westfalenpost“ in Werl. 1967 wurde er zu<br />

seinem eigenen Bedauern pensioniert, doch er betätigte sich bis zu seinem Tod weiterhin<br />

schriftstellerisch. Beispielsweise war er Schriftleiter der Zeitschrift „Danzturm“ in <strong>Iserlohn</strong>. 83<br />

82 Lebenslauf (um 1967) freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Carl-Horst Hartmann.<br />

83 Holtmeier, Hermann: Markante Köpfe aus dem Märkischen Kreis. <strong>Iserlohn</strong>, 1997. S. 45/46.<br />

49


1970 zog er mit seiner Frau wieder nach <strong>Iserlohn</strong>. Während dieser Zeit engagierte er sich als<br />

Dozent wieder für die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>, 1972 beispielsweise hielt er den Vortrag<br />

„Liebes, altes <strong>Iserlohn</strong>“ mit Bildern aus dem Nachlass Hans Niederstein. 84<br />

1985 zog er mit seiner Frau aus gesundheitlichen Gründen nach Mettingen in die<br />

Nachbarschaft des jüngsten Sohnes. Nur vier Monate später, am 19. Juni 1985, verstarb<br />

Carolus Hartmann in Mettingen. Dort liegt er auch begraben, ein Findling auf seinem Grab<br />

trägt das bronzene SGV-Abzeichen.<br />

3.4.7.2. Dr. Gerhard Groot<br />

Dr. Gerhard Klaus Ludwig Groot, <strong>Iserlohn</strong>s Kulturdezernent und damit offizieller Leiter der<br />

Volkshochschule bis 1955, wurde am 12. November 1910 in Düsseldorf geboren. Er<br />

entstammte einer bürgerlichen Familie. Sein Vater war Holländer. Seine Kindheit verbrachte<br />

Gerhard Groot in <strong>Iserlohn</strong>, die Familie wohnte am Schmachtenberg. 1930 beendete er seine<br />

Schullaufbahn am heutigen MGI mit der Oberrealschule.<br />

Gerhard Groot studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Schwerpunkt<br />

Kommunikation) in Köln 85 , erwarb einen Doktortitel. Ab 1934 übte er verschiedene<br />

Tätigkeiten in Hagen, Erfurt, Münster und Berlin aus.<br />

1937 heiratete er die <strong>Iserlohn</strong>erin Gertrud „Trude“ Runkel, das Ehepaar zog nach Berlin. Dort<br />

kamen auch die beiden Kinder zur Welt. Nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft zog<br />

Dr. Gerhard Groot mit seiner in Berlin ausgebombten Familie nach <strong>Iserlohn</strong>. 86<br />

In <strong>Iserlohn</strong> war er Beigeordneter für Soziales, dann Kulturdezernent. In dieser Funktion war<br />

er auch offizieller Leiter der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Seine Tätigkeit konzentrierte sich auch zunehmend auf den VHS-Landesverband NRW,<br />

dessen Vorsitz er innehatte. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften und unternahm viele<br />

Reisen mit dem Verband, unter anderem nach Indien und Teheran. Für sein Engagement<br />

wurde ihm 1972 der Ehrenring der Volkshochschule im Westen verliehen.<br />

84 Der Danzturm. Heft 3, September/Oktober 1972.<br />

85 Soester Anzeiger. 15. August 1994.<br />

86 Interview mit Dr. Gerhard Groots Schwiegertochter Marianne Groot am 12. Februar 2008.<br />

50


1955 verabschiedete sich Dr. Groot aus <strong>Iserlohn</strong>, er wurde Stadtdirektor in Soest.<br />

„Er hat <strong>Iserlohn</strong> sehr geliebt, ging auch später, als er schon in Soest wohnte, immer noch zum<br />

IBSV-Schützenfest“, erinnert sich seine Schwiegertochter Marianne Groot. Doch auch in<br />

Soest wurde Dr. Groot schnell heimisch. In seiner Amtszeit konnte die Fußgängerzone gebaut<br />

werden, zudem ein Hallenbad, ein Freibad, die Georg-Dülberg-Halle, das Morgnerhaus, der<br />

Kunstpavillon und die Stadtbücherei. Auch eine Ingenieursschule wurde angesiedelt. Für die<br />

SPD saß er in mehreren Ausschüssen. In seiner 20-jährigen Tätigkeit engagierte er sich vor<br />

allem im kulturellen Bereich. Auch setzte er sich für die Soester Volkshochschule ein. 1981<br />

rief er den Kunstverein Kreis Soest ins Leben. Er gründete auch 1975 die Aktion „Nachbar in<br />

Not“, die Familien in Schwierigkeiten hilft. Daneben war Dr. Groot aber auch im sportlichen<br />

Bereich aktiv, war beispielsweise Vorsitzender des Soester Turnvereins.<br />

1975 wurde Dr. Gerhard Groot pensioniert. Doch auch danach war er sehr aktiv, zuletzt<br />

wurde er 1992 zum Vorsitzenden des Seniorenbeirates gewählt. „Er blieb bis zuletzt ein<br />

kritischer Begleiter der Kommunalpolitik“ 87 .<br />

1991 starb seine Frau, er selbst schloss am 13. August 1994 für immer die Augen.<br />

Dr. Groot wird von Zeitzeugen als eindrucksvoller Mensch beschrieben. Als „sehr tüchtig“<br />

beschreibt ihn Marieluise Spangenberg, als „eindrucksvolle und imposante Persönlichkeit mit<br />

ungeheurer Tatkraft – ein richtiger Macher“ seine Schwiegertochter.<br />

3.4.7.3. Marieluise Spangenberg 88<br />

Eigentlich heißt sie „Marie-Luise“, aber, wie sie selbst sagt: „Marieluise geht schneller“. Die<br />

ehemalige Kulturamtsleiterin der Stadt <strong>Iserlohn</strong> hat einen Sinn fürs Praktische.<br />

1925 wurde sie als Marieluise Groß in <strong>Iserlohn</strong> geboren. Die Vorfahren des Vaters Eugen<br />

stammten aus Hessen, Mutter Hedwig war eine geborene Brünninghaus.<br />

Marieluise Groß besuchte das Gymnasium und die Höhere Handelsschule. Noch in den<br />

1930er Jahren nahm sie gemeinsam mit ihrer Mutter an Kursen der Volkshochschule teil.<br />

„Bei Fliegeralarm liefen wir mit einer Taschenlampe zu den Vorträgen.“<br />

87 Westfalenpost. Lokalteil Soest. 16. August 1994.<br />

88 Die meisten Informationen entstammen einem Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5.<br />

Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

51


1948, sie hatte gerade ihre Sprachmittler-Prüfung abgelegt, begann sie, für die Stadt <strong>Iserlohn</strong><br />

als Dolmetscherin zu arbeiten. Sie erwies sich als äußerst hilfreich in der Kommunikation mit<br />

den englischen Besatzern. 1948 heiratete sie, bekam später eine Tochter.<br />

Beruflich schlug Marieluise Spangenberg die Beamtenlaufbahn ein, besuchte zudem die<br />

Verwaltungsakademie. Eine Frau unter all den Männern, denen wollte sie es zeigen: Im Laufe<br />

der nächsten Jahrzehnte brachte sie es von einer Stadtsekretärin bis zur Stadtverwaltungsrätin.<br />

1953 wurde sie Kulturamtsleiterin, im Rahmen dieser Tätigkeit leitete sie von 1953 (offiziell<br />

ab 1955) bis 1966 die Volkshochschule. „Mutter der <strong>Iserlohn</strong>er VHS“ 89 wurde sie genannt.<br />

1987 ging Marieluise Spangenberg in den Ruhestand. Etwa 20 000 unbezahlte Überstunden<br />

hatte sie in 34 Jahren geleistet. 90 Sie hatte dem <strong>Iserlohn</strong>er Kulturleben fürwahr ihren Stempel<br />

aufgedrückt. Es war für sie nicht nur Beruf, sondern Berufung gewesen.<br />

Schon 1983 hatte Marieluise Spangenberg ein Fernstudium in England begonnen. 1993<br />

schloss sie das Geschichts- und Kunststudium mit dem „Bachelor of Arts“ ab 91 . Seitdem<br />

recherchiert die Kunsthistorikerin unermüdlich für verschiedene Bücher. Besonders das<br />

Leben des Meininger Portraitmalers Johann Heinrich Schröder (1757 – 1812) hat es ihr<br />

angetan. Zahlreiche Publikationen hat sie im Laufe der Jahre heraus gebracht, beispielsweise<br />

„Dettmar Basse. Ein Kaufmannsleben zwischen Oder und Ohio“ (2001) und „<strong>Iserlohn</strong>s<br />

biedermeierliches Stadtpanorama - ein Werk des Landschaftsmalers Johann Gustav Lange<br />

(1811 - 1887)“ (2002).<br />

Noch jahrelang leitete Marieluise Spangenberg Studienfahrten oder hielt Vorträge bei der<br />

VHS. Und immer noch besucht die einstige Leiterin der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> selbst<br />

Kurse, Yoga zum Beispiel. Die drahtige, sportliche Frau ist Ehrenmitglied des Parktheaters,<br />

dessen Geschick sie lange Jahre als Kulturamtsleiterin beeinflusst hatte. Auch als Mitglied der<br />

„Kleinen Kommission Kunst“ der Stadt war sie aktiv. Zudem ist sie Mitglied im<br />

Auswahlverfahren des <strong>Iserlohn</strong>er Kunstpreises und Schriftführerin des Kunstvereins Villa<br />

Wessel. Lesen und Reisen sind weitere Hobbys.<br />

89 Westfalenpost <strong>Iserlohn</strong>. 15. Juli 1964.<br />

90 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. August 1995.<br />

91 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. August 1995.<br />

52


3.5. 1965 bis 1990: Die Bildungsoffensive<br />

3.5.1. Umbruch Mitte der 1960er Jahre<br />

Der von Georg Picht analysierte „Bildungsnotstand“ (1964) und das von Ralf Dahrendorf<br />

verlangte „Recht auf Bildung“ (1968) waren Schlagwörter Mitte der 1960er Jahre.<br />

Erwachsenenbildung sollte die Antwort darauf sein. Die Volkshochschule war „entsprechend<br />

dem Gutachten des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen ,Zur<br />

Situation und Aufgabe der deutschen Erwachsenenbildung’ von 1960 (…) der genuine Ort<br />

einer freien, nicht trägergebundenen Erwachsenenbildung“ 92 . Die Volkshochschulen waren<br />

ausgerichtet auf die Persönlichkeitsbildung der Erwachsenen. Allerdings: Jede VHS hatte ihre<br />

eigene, individuelle Ausrichtung.<br />

Die Ausweitung der Aufgaben der VHS, vor allem der zunehmende Ausbau des Bereichs<br />

Zweiter Bildungsweg 93 , erforderten auch in <strong>Iserlohn</strong> eine Umstrukturierung in der<br />

Leitungsebene.<br />

„<strong>Iserlohn</strong>s Volkshochschule braucht Leiter“ titelte im Juli 1964 eine Zeitung: „Spätestens mit<br />

Beginn der Theatersaison 1964/65 dürften Kulturamtsleiterin Marieluise Spangenberg bei den<br />

vielfältigen zusätzlichen Aktivitäten ihres Amtes die Hände so weit gebunden sein, dass sie<br />

sich nicht mehr in dem notwendigen Umfang um die Volkshochschularbeit kümmern kann.<br />

Mit allem Nachdruck hat das Kuratorium der VHS daher noch einmal die Notwendigkeit<br />

herausgestellt, für das kommende Arbeitsjahr der Volkshochschule die vakante Stelle des<br />

hauptamtlichen Leiters zu besetzen.“ 94 Doch bis es so weit war, sollten noch fast eineinhalb<br />

Jahre vergehen, Marieluise Spangenberg musste sich durchbeißen. Zudem war es damals noch<br />

recht unüblich, dass die Volkshochschulen eigene Leiter hatten: Im Jahr 1962 gab es im<br />

gesamten Regierungsbezirk Arnsberg nur zwei hauptamtliche Mitarbeiter in<br />

Volkshochschulen. 95<br />

Das sollte sich in <strong>Iserlohn</strong> nun 1966 ändern. „Eigentlich war die VHS ja nur ein Teil meines<br />

Aufgabenfeldes. Aber ich war viel abends unterwegs, holte Dozenten vom Bahnhof ab,<br />

92 Jelich, Franz-Josef: Der Wandel der Volkshochschulen und das Weiterbildungsgesetz von 1975 in Nordrhein-<br />

Westfalen. In: n: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.):<br />

Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 269.<br />

93 In <strong>Iserlohn</strong> hatte das Wintersemester 1965/66 als Schwerpunkte den Zweiten Bildungsweg. Ab April 1966 gab<br />

es dann ein Seminar zur Erlangung der Bildungsreife: Es wurde dreimal wöchentlich in den Abendstunden<br />

unterrichtet.<br />

94 Westfalenpost. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 15. Juli 1964.<br />

95 Reichling, Norbert: Zwischen „freier Bildungsgemeinschaft“ und „allgemeinem Bildungsbedürfnis. In:<br />

Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.): Erwachsenenbildung und<br />

politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 137.<br />

53


machte die Einführung bei der Veranstaltung, ging hinterher mit dem Dozenten noch in ein<br />

Lokal und brachte ihn wieder zum Bahnhof. Und am nächsten Morgen musste ich wieder um<br />

8 Uhr im Büro sein“, so Marieluise Spangenberg 96 . Zudem ging die allgemeine Tendenz<br />

dahin, dass die Städte hauptamtliche VHS-Leiter mit entsprechender Ausbildung<br />

beschäftigten. Marieluise Spangenberg suchte deshalb eine neue VHS-Leitung, die Stelle<br />

wurde ausgeschrieben. Bis dahin also war die VHS in Personalunion mit dem Kulturamt<br />

geleitet worden. Nun beschritt die Stadt neue Wege, intensivierte damit auch die VHS-Arbeit.<br />

Ab Januar 1966 gab es mit Ursula Mänz die erste hauptberufliche Leiterin der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Volkshochschule. Die Anforderungen an den Posten hatten sich geändert, Mänz hatte<br />

Germanistik studiert und Erfahrung im Bereich Volkshochschule. Ihre Vorgesetzte war<br />

Marieluise Spangenberg als Kulturamtsleiterin.<br />

Allerdings hatte es vor der Einstellung von Ursula Mänz einen „VHS-Leiter für einen Tag“<br />

gegeben: Horst Siebert. Der Sohn des bekannten Oberamtmanns Heinrich Siebert wurde<br />

1939 in <strong>Iserlohn</strong> geboren, machte sein Abitur am MGI. Als Schüler besuchte er<br />

Volkshochschul-Kurse, unter anderem einen Französisch-Kurs bei Bernhard Betten. Er<br />

studierte dann Philosophie, Literatur und anderes, promovierte und kam durch Dr. Groot, der<br />

mittlerweile ja Vorsitzender des Landesverbandes der Volkshochschulen war, auf die Idee, in<br />

der Erwachsenenbildung tätig zu werden. Beim Landesverband in Dortmund wurde er<br />

Assistent, dort arbeitete er mit Ursula Mänz zusammen. Dann wurde die Stelle eines<br />

hauptamtlichen Leiters der <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule ausgeschrieben. Dr. Horst Siebert<br />

bewarb sich und bekam die Stelle. Allerdings kam gleichzeitig das Angebot für eine erstmalig<br />

eingerichtete Assistentenstelle beim Institut für Erwachsenenbildung an der Ruhr-Uni<br />

Bochum. Siebert, erst 26 Jahre alt, befand sich in einer Zwickmühle. „Ich dachte mir, ich<br />

wäre noch etwas jung für eine VHS-Leiter-Stelle und könnte mich an der Universität selber<br />

noch etwas weiterbilden.“ 97 Mittlerweile hatten die <strong>Iserlohn</strong>er Zeitungen angekündigt, dass<br />

der in der Stadt nicht unbekannte Siebert neuer VHS-Leiter würde – und dieser sagte ab. Statt<br />

seiner bekam Ursula Mänz die Stelle. Dr. Siebert habilitierte später, bekam 1970 den ersten<br />

Lehrstuhl für Erwachsenenbildung in Deutschland – der allererste Professor in diesem<br />

Bereich in der Republik.<br />

Noch im Jahr 1966 wurden in dem Papier „Die Stellung der Volkshochschule im<br />

Bildungssystem“ vom Deutschen Volkshochschulverband die VHS als zuständig für drei<br />

96 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

97 Interview von Verfasserin mit Prof. Dr. Horst Siebert am 24. August 2009.<br />

54


Aufgaben erachtet: „Sie kann Hilfe leisten für das Leben, sie kann Hilfe leisten für die<br />

Orientierung und Urteilsbildung und sie kann Hilfe leisten für die Eigentätigkeit.“ 98 Dies<br />

wurde versucht, vor Ort umzusetzen. Das war allerdings nicht immer leicht, betrug doch das<br />

Verhältnis von nebenberuflichen zu hauptamtlichen Mitarbeitern in NRW 88 Prozent zu<br />

zwölf Prozent. 99 Bald gab es zudem eine neue Ausrichtung, besonders die großstädtischen<br />

Volkshochschulen strukturierten Angebote immer mehr wissenschaftlich. Diese Entwicklung<br />

spiegelt sich auch im Programm der VHS, die aber weiterhin Angebote für einen breiten<br />

Interessentenkreis aufwies.<br />

So standen im Herbst 1966/67 einerseits öffentliche Vorträge über Berthold Brecht, Hans<br />

Magnus Enzensberger und Ingeborg Bachmann ebenso im Programmheft wie Studienfahrten<br />

nach Berlin und Bochum, ein Jazz-Seminar oder ein französischer Gesprächskreis. Und<br />

Studienassessor Tölle führte Elektroversuche durch. Rektor Karl Gossner und Ulrich Fust<br />

führten Altenrunden durch, Jugendleiterin Else Mähler bastelte mit Kindern, Olga Spresny bot<br />

Korbflechten an und Lore Neumann eine Einführung in keramische Arbeiten.<br />

Ende der 1960er Jahre gründete sich auch ein Malclub unter der Leitung von Oskar Escherich.<br />

Eberhard Köpke hatte Fritz Kühn auf die Bilder von Escherich aufmerksam gemacht,<br />

irgendwie wurde ein VHS-Kurs daraus. Zunächst traf man sich in einem später abgerissenen<br />

Teil des Maste’schen Fabrikenhauses am heutigen Fritz-Kühn-Platz, dann in einem<br />

Kellerraum des Lebensmittelgeschäfts Bommers an der Oststraße und schließlich in einem<br />

Haus am Hohler Weg. Etwa 15 bis 20 Teilnehmer gab es meistens, der Kurs lief jahrlang. Sie<br />

alle trugen selbst genähte blaue Kittel, die sie unter der Anleitung der Schneiderin Lissie<br />

Hatting hergestellt hatten 100 . Einmal stellten die Teilnehmer ihre Werke auf der Wermingser<br />

Straße aus, 1978 im Haus der VHS. „Die ausstellenden <strong>Iserlohn</strong>er sind ausschließlich Hobby-<br />

Maler und haben die Grundkenntnisse für ihre Arbeiten im Kursus ,Malen’ bei Oskar<br />

Escherich erworben“ 101 . Offiziell hieß der der Kurs „Malen nach Feierabend“ 102 . Der Club<br />

bestand bis zu Escherichs Tod im Jahr 1998. 103<br />

98<br />

Jelich, Franz-Josef: Der Wandel der Volkshochschulen und das Weiterbildungsgesetz von 1975 in Nordrhein-<br />

Westfalen. In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.):<br />

Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 269/270.<br />

99<br />

Jelich, Franz-Josef: Der Wandel der Volkshochschulen und das Weiterbildungsgesetz von 1975 in Nordrhein-<br />

Westfalen. In: Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.):<br />

Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003. S. 271.<br />

100<br />

Interview von Verfasserin mit Kursteilnehmerin Gretel Köpke am 6. Juli 2009.<br />

101<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 1. Dezember 1978.<br />

102<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 7. November 1978.<br />

103<br />

Interview von Verfasserin mit Kursteilnehmerin Gretel Köpke am 6. Juli 2009.<br />

55


1967 wurden bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> Arbeitsgemeinschaften etwa zu den Themen<br />

„Kulturpolitik in der DDR“, „Journalismus und Satire“ und „Nervosität und<br />

Kindheitsentwicklung in ihrem Zusammenhang“ angeboten. Im Sommertrimester analysierte<br />

Klaus Wiedemann die Wahlerfolge der NPD, im Frühjahr 1968 sprach Studienassessor Dr.<br />

Arno Herzig über „Bonner Republik: Scheitern der Demokratie?“ Die VHS öffnete sich in<br />

viele Richtungen, Fremdsprachen, Politik und Literatur waren sehr beliebt. Eifrig diskutiert<br />

wurde im Herbst das Buch „Irrlicht und Feuer“, das Autor Max von der Grün im Haus der<br />

Heimat vortrug.<br />

Die „68er“ hatten zunächst in <strong>Iserlohn</strong> wenig Einfluss auf die Volkshochschule. Von den<br />

„Umbruchzeiten nach 1968“ spricht zwar der spätere VHS-Verwaltungsleiter Peter<br />

Bachmann, die Auswirkungen habe man aber vor allem erst in den 1970er Jahren gespürt.<br />

Doch wie sah die langsame, aber doch deutliche Entwicklung in <strong>Iserlohn</strong>, weit ab von den<br />

Universitäten, aus? Inhaltlich wurden andere Schwerpunkte gesetzt, formell wurde die VHS<br />

strukturierter, die Programme wirkten durchdachter, waren umfangreicher.<br />

3.5.2. Der neue Schwerpunkt Zweiter Bildungsweg<br />

1968 begann Ursula Mänz damit, neben einem Seminar zur Erlangung der Bildungsreife auch<br />

Kurse „zur Vorbereitung auf den Volksschulabschluss, die Übernahme in das dritte Semester<br />

der Abendrealschule und die Aufnahmeprüfung zur Päd. Hochschule anzubieten. (…) Mit<br />

dieser Arbeit wurde jener Weg eingeschlagen, der nach Meinung der Planungskommission<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen unter dem Motto steht ,Bildung ist Voraussetzung für<br />

Produktivität, für demokratische Gesellschaftsordnung. Sie ist Chance zur individuellen<br />

Selbstverwirklichung.“ 104 Um diesen hohen Anspruch verwirklichen zu können, mussten in<br />

<strong>Iserlohn</strong> die personellen und räumlichen Kapazitäten erweitert werden.<br />

Im Juli 1970 wies Ursula Mänz den Kulturausschuss noch einmal auf die Raumnot der<br />

Volkshochschule hin. Man beauftragte die Verwaltung, Schulräume zur Verfügung zu<br />

stellen. Zudem erklärte Ursula Mänz, dass das Land NRW 40 Prozent der Kosten für einen<br />

pädagogischen Assistenten trage, während der Landesverband der VHS für die Dauer von<br />

zwei Jahren außerdem einen Gehaltsanteil von 50 Prozent übernehme. Man beschloss<br />

104 Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker, 1/1974. S. 41 bis<br />

44. S. 42.<br />

56


daraufhin einstimmig, im Stellenplan für das Jahr 1971 eine Stelle für einen hauptamtlichen<br />

pädagogischen Assistenten einzurichten. 105<br />

Ende des Jahres 1970 verabschiedete sich VHS-Leiterin Ursula Mänz aus ihrem Amt. Sie<br />

hatte es nicht leicht gehabt, Geld- und Raumnot waren prägend für ihre Amtszeit. Sie bekam<br />

auch häufiger Druck aus der Verwaltung, wie eine überlieferte Anekdote zeigt: „Es gab mal<br />

einen Vermerk, der ungefähr so lautete: Frau Mänz, ich habe gestern um 20 Uhr in Ihrem<br />

Büro noch Licht gesehen. Können Sie Ihre Arbeit nicht tagsüber erledigen?“ 106 Dass eine<br />

VHS-Leiterin besonders abends arbeiten muss, Veranstaltungen und Dozenten zu betreuen<br />

hat, das wollte dem <strong>Iserlohn</strong>er Amtsschimmel wohl nicht in den Kopf.<br />

3.5.3. Umbruch und Neuerung in den 1970er Jahren<br />

3.5.3.1. Die schwierige Startphase<br />

Man suchte nun einen neuen VHS-Leiter. Der Kulturausschuss beschäftigte sich zuerst im<br />

November 1970 mit dem Problem. Man bot einem Bewerber die Stelle an, doch dieser wollte<br />

nur annehmen, wenn die Stelle in eine Beamtenstelle umgewandelt würde, was abgelehnt<br />

wurde.<br />

Im März 1971 beriet man erneut und beschloss, dass sich eine „kleine Kommission“,<br />

bestehend aus Renate Brunswicker, Gunther Kingreen und Annemarie Tzschachmann, mit der<br />

Auswahl der Bewerber beschäftigen würde. 107 Ein Bewerber wurde ausgesucht, dieser sagte<br />

zunächst zu, bekam dann jedoch eine andere Stelle und sagte einen Tag später wieder ab. Bei<br />

der Kulturausschuss-Sitzung im April 1971 beschloss man dann, Horst Piltz als Leiter der<br />

VHS einzustellen, der Personalausschuss stimmte zu. 108<br />

Am 1. Juni 1971 begann Horst Piltz seinen Dienst als Volkshochschulleiter in <strong>Iserlohn</strong> – es<br />

sollten daraus 32 Jahre werden, in denen Horst Piltz der VHS als Leiter vorstand. Piltz und<br />

VHS, das waren in <strong>Iserlohn</strong> Synonyme. Der Mann gab der etwas angestaubten Einrichtung<br />

ein modernes Gesicht.<br />

105 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 8. Juli 1970. S. 2 und 3. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

106 Interview von Verfasserin mit Peter Bachmann am 2. August 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

107 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 9. März 1971. S. 1. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

108 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 26. April 1971. S. 2. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

57


Ursula Mänz hatte ein ausbaufähiges VHS-System in <strong>Iserlohn</strong> hinterlassen. 1970 hatten 2114<br />

Personen die VHS-Möglichkeiten in <strong>Iserlohn</strong> als Teilnehmende genutzt, 2400<br />

Unterrichtsstunden waren durchgeführt worden, man beschäftigte 30 nebenberufliche<br />

Dozenten. Horst Piltz war jung, engagiert und ehrgeizig, er machte sich sofort daran, die<br />

Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong> weiter auszubauen.<br />

Mit Horst Piltz kam Bewegung in die VHS. Die Arbeit wurde intensiviert und das VHS-<br />

Studienjahr wieder eingeführt. Inhaltlich wurden die Kurse im Zusammenhang und in<br />

Fortsetzung des Lernens in der Schule und der Berufsschule angesehen. 109<br />

7500 Programme druckte man für das Studienjahr 1971/72 – die Nachfrage war so groß, dass<br />

bereits nach kurzer Zeit die Hefte vergriffen waren. Für das kommende Jahr plante man daher<br />

den Druck von 10 000 Exemplaren. 110 . Horst Piltz sah sich einer ausgesprochen lernwilligen<br />

Bevölkerung gegenüber. Besonderen Anklang fanden Sportkurse, Arbeitskreise und<br />

Sprachkurse. Generell ging der Trend vom Vortrag zum Kurs, man wolle eher aktiver<br />

Teilnehmer als nur Zuhörer sein. 111<br />

Nur wenige Wochen nach Piltz hatte Irene Mesmann ihre Arbeit als Verwaltungsangestellte<br />

begonnen, einige Monate später stieß Günter Pfeifer als Geschäftsführer hinzu.<br />

„Wir saßen zu dritt in der Dreimannstraße“, erinnert sich Irene Mesmann. 112 Die Räume in<br />

der Dreimannstraße 2 waren hinter dem Alten Rathaus in einem kleinen Gebäude zu<br />

finden. 113 Publikumsverkehr gab es dort nicht, die Anmeldungen wurden von<br />

Kulturamtsmitarbeiter Wilhelm Buse im Kulturamt entgegen genommen, das nur wenig<br />

entfernt in einem alten Haus neben dem Alten Rathaus untergebracht war. Beide Häuser gibt<br />

es heute nicht mehr, dort steht nun ein großes Bekleidungskaufhaus. Die VHS hatte zwei<br />

Büros im Erdgeschoss. „Das waren Inseln der Ruhe im Chaos. Es kamen eigentlich nur<br />

gelegentlich Dozenten wegen ihrer Abrechnungen vorbei“, so Mesmann. Sie hatte das Büro<br />

vorne, Piltz und Pfeifer belegten das hintere.<br />

Horst Piltz gestaltete das Programm selbst, lief dann durch die Stadt, um passende Räume zu<br />

suchen. Irene Mesmann tippte das Programm auf ihrer Schreibmaschine und gab es zum<br />

109<br />

Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker, 1/1974. S. 41 bis<br />

44. S. 42.<br />

110<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 26. April 1972.<br />

111<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 26. April 1972.<br />

112<br />

Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

113<br />

Die Straße und das Haus gibt es nicht mehr. Dort steht heute ein großes Bekleidungskaufhaus.<br />

58


Drucker. Schreibmaschinen blieben lange die Hauptwerkzeuge in den VHS-Büros, Computer<br />

hielten viele Jahre später Einzug. „Horst Piltz sagte oft, er bräuchte für die VHS-Arbeit nicht<br />

mehr als eine Apfelsinenkiste für seine Unterlagen und ein Telefon“ erzählt Irene<br />

Mesmann. 114 Zwar konnte Horst Piltz nur mit zwei Fingern tippen – dafür aber rasend schnell.<br />

Eine technische Neuerung aber begeistere Piltz: der Fotokopierer. „Das war das Tollste für<br />

ihn“, so Bodo Mebes. 115 Piltz kopierte vor allem die Handzettel, auf denen Reklame für die<br />

VHS-Veranstaltungen gemacht wurde. Auf dem Nachhauseweg lief er dann durch die Stadt,<br />

stets bewaffnet mit Tesafilm, und klebte die Handzettel oder auch größere Plakate an<br />

Hauswände oder Schaufenster.<br />

1971/72 startete die VHS auch einige „Versuchsballons“, beispielsweise ein Musik-Seminar<br />

(Free-Jazz, Strawinsky, Stockhausen), ein Rechtsseminar, einen Theaterkreis und mehr. Die<br />

preisgünstigste Studienfahrt (490 DM) führte nach Sardinien. Zudem plante Piltz<br />

Informationsabende für ausländische Mitbürger, speziell für so genannte Gastarbeiter. 116<br />

Für das Studienjahr 1972/73 plante Piltz eine Intensivierung des Programms. Er wollte etwa<br />

zu Sprachkursen passende landeskundliche Seminare anbieten, ebenso standen<br />

Konversationskurse auf seinem Plan. Zudem arbeitete er an einem Ausbau des<br />

weiterführenden Bildungsweges.<br />

Dabei sah es in der Verwaltung der VHS im Jahr 1972 eher finster aus: „Die Volkshochschule<br />

ist nicht gerade überreichlich mit Geldmitteln und einfachsten technischem Material versorgt.<br />

(So malte VHS-Leiter Horst Piltz eigenhändig und mit Hilfe eines einzigen dicken Filzstiftes<br />

Plakate für einzelne Veranstaltungen. Es gibt nur ein einziges ältliches Filmvorführgerät; von<br />

einer Leinwand ganz zu schweigen.)“ 117<br />

Da kam der junge, dynamische neue Geschäftsführer, der 31-jährige Günter Pfeifer aus<br />

Berlin, gerade richtig. „Was die technische Ausstattung angeht, so meint Pfeifer, fange er bei<br />

der Stunde Null an. Sämtliche Daten der VHS sollen in Zukunft genau statistisch erfasst<br />

werden, damit die Programmplanung noch besser und zielgerichteter gestaltet werden kann.<br />

Auch im Bezug auf die Werbung hat sich Pfeifer einiges vorgenommen. Er will die Werbung<br />

möglichst ohne viel Kosten intensivieren. (...) Durch seinen Geschäftsführer wird VHS-Leiter<br />

114 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

115 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

116 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 26. August 1971.<br />

117 IKZ-Redakteurin Gabriele Schulz im <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 30. August 1972.<br />

59


Horst Piltz von Verwaltungsaufgaben wesentlich entlastet, so dass er sich wieder mehr der<br />

Pädagogik und dem Unterricht in seinen Fächern Kunstgeschichte, Geografie und Literatur<br />

widmen kann.“ 118 Doch Günter Pfeifer blieb nur wenige Monate.<br />

1973 war man nach wie vor untergebracht in zwei Büros in der Dreimannstraße. Das VHS-<br />

Team bestand aus Horst Piltz, dem neuen Verwaltungsleiter Peter Bachmann und<br />

Verwaltungskraft Irene Mesmann. „Wir waren ein tolles Team“, so Peter Bachmann, Jeder<br />

machte alles, wenn das Telefon schellte, ging dran, wer gerade Zeit hatte. „Es war viel Arbeit,<br />

wir rotierten, um alles hinter die Reihe zu bekommen“, erinnert sich Bachmann 119 . Trotzdem<br />

gab es eine strenge Verwaltungshierarchie. Direkte Chefin des Teams war Kulturamtsleiterin<br />

Marieluise Spangenberg, deren Vorgesetzter wiederum Kulturdezernent Schaus.<br />

1974 zog die VHS <strong>Iserlohn</strong> um: Die Geschäftsstelle war nun nicht mehr im Haus an der<br />

Dreimannstraße 2 zu finden, sondern im neuen Rathaus am Schillerplatz. Die Verwaltung der<br />

VHS war im Erdgeschoss an einem Seiteneingang untergebracht. Durch eine Drehtür kam<br />

man hinein. Dort waren gleich mehrere Bereiche des Kulturbüros untergebracht, für die VHS,<br />

das Parktheater oder die Musikschule zuständige Mitarbeiter arbeiteten in denselben Räumen.<br />

In einem großen Raum saßen Irene Mesmann und eine Kollegin vom Kulturbüro. Beide<br />

nahmen Anmeldungen für die VHS und das Parktheater entgegen. Peter Bachmann und zwei<br />

andere Kulturbüro-Mitarbeiter (sowie ab 1975 Gertrud Müller) saßen in einem anderen Raum.<br />

Direkt neben der Drehtür hatte Horst Piltz ein kleines Büro. „Er sagte immer, dies sei seine<br />

,Pförtnerloge’“, erinnert sich Irene Mesmann. 120 Sie hatte im Rathaus nun endlich<br />

Publikumsverkehr, stand im direkten Kontakt zu den VHS-Kursteilnehmenden.<br />

Die VHS beschritt neue Wege, arbeitete mit zahlreichen Partnern zusammen – oft natürlich<br />

auch zur besseren Kostendeckung.<br />

Im März 1972 beispielsweise organisierte die VHS eine berufsbezogene Studienfahrt für<br />

junge Krankenpflege-Schülerinnen nach Dänemark, damit man sich vor Ort über die soziale<br />

Situation Dänemarks besonders auf den Gebieten der Kindergartenbetreuung, Anstaltshygiene<br />

sowie der Kranken- und Altenpflege informieren konnte. 37 Angehörige der Krankenpflege-<br />

118 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 30. August 1972.<br />

119 Interview von Verfasserin mit Peter Bachmann am 2. August 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

120 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

60


und Kinderkrankenpflegeschule nahmen teil, die Fahrt organisierten die VHS und das<br />

„Dänische Institut für Information über Dänemark und kulturellen Austausch“. 121<br />

Andere Bildungseinrichtungen wurden nicht als Konkurrenten, sondern als<br />

Kooperationspartner angesehen. „Kooperation ist ganz wichtig“, so Piltz 122 . In der VHS lagen<br />

schon damals beispielsweise auch Programmhefte anderer Anbieter aus, die <strong>Iserlohn</strong>er<br />

wussten dieses breite Informationsangebot zu schätzen. Und nicht nur Kooperation, sondern<br />

auch Koordination wurde betrieben: „Es wäre doch beispielsweise Blödsinn gewesen, wenn<br />

die VHS Schwangerschaftsgymnastik-Kurse angeboten hätte, wo es doch zwei<br />

Familienbildungsstätten vor Ort gab, die sich des Themas bereits angenommen haben.“ 123<br />

1973 wurde landesweit ein Gutachten „Volkshochschule“ der Kommunalen<br />

Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung veröffentlicht, dass einen Aus- und<br />

Aufbau der Volkshochschulen empfahl.<br />

4.5.3.2. Herausforderungen und Probleme durch das Weiterbildungsgesetz<br />

Von zentraler Bedeutung für die VHS in den 1970er Jahren war das Weiterbildungsgesetz.<br />

Am 31. Juli 1974 beschloss das Land Nordrhein-Westfalen das erste Gesetz zur Ordnung und<br />

Förderung der Weiterbildung. Am 1. Januar 1975 trat das so genannte Weiterbildungsgesetz<br />

in Kraft. Es hatte sowohl inhaltliche Veränderungen als auch Veränderungen in den<br />

Strukturen der Volkshochschulen zur Folge.<br />

Demnach musste die Arbeit einer kommunalen Bildungseinrichtung nach Fachbereichen mit<br />

entsprechenden Fächern gegliedert sein. In den folgenden Jahren entwickelten sich folgende<br />

Elemente im Fachbereich Geisteswissenschaften: Soziologie, Pädagogik, Psychologie,<br />

Religion, Anthropologie, Philosophie, Kunstgeschichte, Literatur, Musikgeschichte,<br />

Archäologie, Geographie, Heimatkunde, Auslandskunde und Völkerkunde. Es gibt zudem<br />

den Fachbereich Kreativität. Das Gesetz besagte ferner, dass jeweils ein Weiterbildungsplan<br />

aufgestellt werden soll, der mittel- und langfristig die Versorgung der Bevölkerung mit<br />

Bildung sichert.<br />

121 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 16. März 1972.<br />

122 Interview von Verfasserin mit Horst Piltz am 20. Februar 2009.<br />

123 Interview von Verfasserin mit Horst Piltz am 20. Februar 2009.<br />

61


Um diesem Anspruch genüge zu tun, musste ein Strukturplan zur Weiterbildung mit<br />

Planungsdaten für Personal, Räume, Sachausstattung und Maßnahmen für den Aufbau des<br />

öffentlichen Weiterbildungssystems erarbeitet werden.<br />

Das <strong>Iserlohn</strong>er VHS-Programm wurde von 240 auf rund 300 Veranstaltungen erweitert.<br />

Schwerpunkt waren wie schon zuvor die Sprachkurse. „Erstmals wird dabei jetzt die<br />

Vorbereitung auf das Englisch-Zertifikat angeboten.“ 124 Auch die Erlangung von<br />

Bildungsabschlüssen stand wieder im Vordergrund. „Im Herbst dieses Jahres wird zum<br />

letzten Mal die Prüfung für den Volksschulabschluss abgenommen. Danach gibt es nur noch<br />

Kurse, die zum – schwierigeren – Hauptschulabschluss führen.“ 125<br />

Zu den wesentlich lokal bedingten Strukturveränderungen gehörte auch der Zusammenschluss<br />

der beiden Volkshochschulen <strong>Iserlohn</strong> und Letmathe zur neuen Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> im<br />

Zuge der Kommunalen Neuordnung 1975. In Letmathe hatte eine eigene Volkshochschule<br />

seit 1955 existiert (siehe Chronik „50 Jahre VHS Letmathe:<br />

http://www.iserlohn.de/Kultur/Volkshochschule/VHS-Jubi_LetmatheNEU.pdf) Der<br />

ehrenamtliche Letmather VHS-Leiter Kurt E. Becker trat nun in den Hintergrund, half zwar<br />

noch tatkräftig mit, aber Horst Piltz war nun der hauptberufliche Leiter der neuen<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>. Beide waren sich darin einig, dass die bisherigen<br />

Teilnehmerzahlen unbedingt gehalten werden müssten. „Dies bedeutete zwar eine zentrale<br />

VHS-Geschäftsstelle, aber auch die Bereitschaft zur stadtteilorientierten, dezentralen<br />

Volkshochschularbeit. Das Ergebnis aller Bemühungen wurde dann in einer äußerst positiven<br />

Bilanz für 1975 sichtbar: Die Zahl der VHS-Teilnehmer stieg von 4504 auf 11 091. 126 Eine<br />

Rekordmarke wurde auch bei der Zahl der durchgeführten Unterrichtsstunden erreicht. Es<br />

wurden 9600 Unterrichtsstunden gegenüber 5528 im Jahr 1974 durchgeführt.“ 127 Das<br />

Programm erschien in einer Auflage von 10 000 Exemplaren. Insgesamt wurden 17 Seminare,<br />

21 Vorträge und Vortragsreihen, sechs weiterführende Bildungswege, 82 Arbeitskreise, 135<br />

Sprachkurse, 43 Veranstaltungen im Bereich Altenbildung, 33 Veranstaltungen im Bereich<br />

Sport- und Gesundheitsvorsorge sowie 23 Studienfahrten, Studienreisen, Führungen und<br />

Besichtigungen angeboten.<br />

124 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 17. Mai 1974.<br />

125 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 17. Mai 1974.<br />

126 Die VHS Letmathe hatte etwa 3000 Hörer mitgebracht.<br />

127 Stadt <strong>Iserlohn</strong> Verwaltungsbericht 1975. Bestand S3. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Die Zahl der Dozenten stieg von<br />

91 auf 120.<br />

62


Der Zusammenschluss von zwei selbständigen Volkshochschulen wurde Ende des Jahres<br />

1976 als sehr erfolgreich bewertet. 128 Allerdings wurde aus Sparsamkeitsgründen das<br />

Unterrichtsvolumen etwas reduziert, und zwar von 9600 auf 8861 Stunden. Trotzdem stieg<br />

die Teilnehmerzahl auf 11 326 – ein Rekord jagte bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> zu der Zeit den<br />

nächsten.<br />

3.5.3.3. Der Streit um die Erweiterung der personellen Anforderungen<br />

In seiner Sitzung vom 8. Oktober 1975 empfahl der Kulturausschuss der Stadt <strong>Iserlohn</strong>, „zwei<br />

Stellen für hauptberufliche pädagogische Mitarbeiter der VHS im Stellenplan vorzusehen, um<br />

die nach dem Weiterbildungsgesetz vom 1.7.1974 notwendige personelle Grundausstattung<br />

anzustreben“ 129 .<br />

Im November 1975 referierte Horst Piltz auch über das pädagogische Konzept der VHS. „Die<br />

VHS werde eine Verbesserung der Qualität anstreben, die Hand in Hand gehen müsse mit<br />

dem Prozess der Professionalisierung. Der Arbeitsplan der VHS werde auch weiterhin eine<br />

starke Differenzierung aufweisen. (…) Ein wichtiges Kapitel sei die pädagogische Betreuung<br />

der Weiterbildner, die nur mit Hilfe hauptamtlicher Kräfte vorgenommen werden könne. Aus<br />

der Tatsache, dass die VHS eine Einrichtung mit Marktcharakter sei, ergebe sich die<br />

Notwendigkeit, sich schnell an aktuelle Bedürfnisse anzupassen.“ 130<br />

1976 wurde der personelle Engpass bei der VHS (es gab nach wie vor nur einen<br />

hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeiter und drei Verwaltungskräfte) sehr deutlich. Die<br />

Nichtbesetzung der beiden geforderten Stellen lag darin begründet, dass der Kulturausschuss<br />

zwar prinzipiell an dem Beschluss von 1975 festhielt, wonach zwei hauptamtliche Mitarbeiter<br />

eingestellt werden sollten, im Stellenplan der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für 1976 aber keine<br />

Neueinstellungen in dem Bereich vorgesehen waren. Das Land habe sich zwar per Gesetz<br />

bereit erklärt, für die Einstellung eines hauptamtlichen Mitarbeiters jährlich 50 000 Mark zur<br />

Verfügung zu stellen, doch gebe es keine Garantie für eine andauernde Zahlung. „VHS-Leiter<br />

Piltz wies darauf hin, dass eine Belastung wie zur Zeit für ihn auf Dauer nicht tragbar sei und<br />

,Raubbau an meinem Körper’ darstelle. Falls er keine pädagogischen Mitarbeiter bekomme,<br />

werde das Programm im nächsten Jahr drastisch reduziert werden müssen.“ 131 Dies hatte<br />

128 Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. 1976/77. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3.<br />

129 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 8. Oktober 1975. S. 6. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

130 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 5. November 1975. S. 2. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

131 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 20. Juli 1976.<br />

63


Horst Piltz auch gegenüber dem Kulturausschuss erklärt, als er darauf angesprochen wurde,<br />

ob das Programm schon 1976/77 um 75 Prozent gekürzt werden solle. Die Ratsmitglieder<br />

Reime und Seltmann wiesen darauf hin, dass Horst Piltz vorbildliche VHS-Arbeit leistete. 132<br />

Es gab heftige Diskussionen die VHS betreffend im Kulturausschuss. Horst Piltz hatte in<br />

einem Presseartikel erneut auf die Personalproblematik hingewiesen. Diskutiert wurde nun,<br />

ob eine Kürzung des Programms zu erwarten sei. Man einigte sich schließlich darauf, zum<br />

einen den Mitgliedern des Kulturausschusses eine Kopie des Weiterbildungsgesetzes<br />

zukommen zu lassen und zum anderen möglichst bald die Personalsituation ausführlich zu<br />

diskutieren.<br />

Erst Ende 1976 wurden die Stellen für zwei hauptberufliche pädagogische Mitarbeiter für die<br />

Fachbereiche Sprachen / Schulabschlüsse und Kreativität / Sport / Hauswirtschaft /<br />

Gesundheitsfragen endlich ausgeschrieben. Doch so schnell konnten die Stellen nicht besetzt<br />

werden – im Innenteil des VHS-Programmheftes standen deshalb erst einmal die Platzhalter<br />

„N.N“ an deren Stellen. Die Ausschreibung der Stellen war aus Kostengründen umstritten,<br />

wurde regelrecht öffentlich diskutiert.<br />

Im September 1977 beschäftigte sich der Kulturausschuss erneut ausführlich mit der<br />

Stellenausschreibung der VHS. Diese war problematisch geworden, da ein Bewerber 14 Tage<br />

vor Dienstantritt abgesagt hatte. Es wurde eine kleine Kommission gebildet, die sich mit der<br />

Bewerbung beschäftigen sollte, die Stelle eines pädagogischen Mitarbeiters für den<br />

Fachbereich kreatives Gestalten wurde sofort neu ausgeschrieben. 133 Da es zu diesem<br />

Zeitpunkt in der <strong>Iserlohn</strong>er VHS noch keinen Fachbereichsleiter für Schulabschlüsse gab,<br />

übernahm der Letmather Hauptschul-Konrektor Wolfgang Reichelt die Aufgabe eines<br />

Studienleiters für den Lehrgang.<br />

1978 wurden dann endlich Susanne Gerstenberg und Thomas Meyer als hauptamtliche<br />

pädagogische Mitarbeiter der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> eingestellt. Susanne Gerstenberg<br />

wurde Fachbereichsleiterin für die Bereiche Sprachen und Schulabschlüsse, Thomas Meyer<br />

für Kreatives Gestalten, Sport und Gesundheitsfragen. Eine dritte Planstelle für einen<br />

pädagogischen Mitarbeiter wurde geschaffen und sollte bald besetzt werden.<br />

132 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 14. Juli 1976. S. 2. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

133 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 20. September 1977. S. 2 und 3. Stadtarchiv<br />

<strong>Iserlohn</strong>.<br />

64


Der Kulturausschuss legte bei den folgenden Sitzungen Wert darauf, dass nicht nur der VHS-<br />

Leiter aus seiner Arbeit berichtete, sondern auch die Fachbereichsleiter. „Wenn wir alle<br />

zusammen zu den Sitzungen gingen, überquerten wir auch den Rathausplatz. Dann hörten wir<br />

oft Leute sagen: ,Guck mal, da kommt die teure Riege“, erinnert sich Horst Piltz. 134<br />

1978 stieg auch die Zahl der nebenberuflichen VHS-Mitarbeiter, weshalb das VHS-Team am<br />

24. Juni 1978 ein erwachsenenpädagogisches Seminar mit dem Titel „Einführung für<br />

Kursleiter der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>“ durchführte.<br />

3.5.3.4. Die notwendigen räumlichen Veränderungen<br />

1975 nutzte man für den Unterricht verstärkt die Räumlichkeiten in den Villen an der<br />

Stennerstraße mit den Hausnummern 8 und 12, der Kulturausschuss unterstützte die VHS<br />

darin, die Räume besser ausgestattet zu bekommen und möglichst exklusiv nutzen zu<br />

können. 135 Im November 1975 besichtigte der Kulturausschuss die Häuser. Man beschloss,<br />

dass kurzfristig bauliche Veränderungen durchgeführt werden müssten. Man überlegte auch,<br />

ob die VHS das Haus Grabenstraße 16 und das Schulzentrum am Hemberg nutzen könnte.<br />

Im Mai 1976 tagte erneut der Kulturausschuss, diesmal ging es um die Nutzung des Hauses<br />

Stennerstraße 8. Man wolle nun auch tagsüber Kurse anbieten, was durch die Nutzung des<br />

Hauses durch das Lehrerseminar behindert würde. 136<br />

Der Kulturausschuss empfahl im September 1976, nach dem Auszug des Gesundheitsamtes<br />

das Haus Stennerstraße 3 der Volkshochschule zur Verfügung zu stellen – VHS-Verwaltung<br />

und ein Teil des Unterrichts sollten dann unter einem Dach sein. Doch bis dahin sollten noch<br />

einige Monate vergehen. 137<br />

Im Dezember 1977 war es dann endlich so weit, die VHS zog ein weiteres Mal um: Diesmal<br />

siedelte die Geschäftsstelle vom Rathaus in die 1874 erbaute Villa Basse an der Stennerstraße<br />

3 um, die von nun an auch „Haus der Volkshochschule“ genannt wurde. Das „Haus der VHS“<br />

war etwas besonderes, endlich hatte man ein eigenes Haus für sich. Und nicht nur das, in den<br />

134 Interview von Verfasserin mit Horst Piltz am 20. Februar 2009.<br />

135 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 8. Oktober 1975. S. 7. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

136 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 3. Mai 1976. S. 1. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

137 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses vom 28. September 1976. S. 3. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

65


folgenden Jahrzehnten wurden auch Räume der Häuser Stennerstraße Nummer 8 und 12<br />

genutzt – sie hießen zur Unterscheidung „VHS-Häuser“.<br />

Vier Tage dauerte der Umzug in die Stennerstraße 3. Dort erwarteten die Teilnehmer kleinere<br />

Kursräume, eine Handbücherei, eine Mediothek und ein großer Unterrichtsraum für bis zu 50<br />

Personen. Geplant waren zudem eine Teeküche und ein Höreraufenthaltsraum. Auch war nun<br />

ein direkter Kontakt zu den Fachbereichsleitern möglich, zum Beispiel bei Zusatzfragen bei<br />

Anmeldungen. Man war nicht mehr als Gast in anderen Räumlichkeiten an Termine<br />

gebunden, Veranstaltungen und Sprechstunden konnten auch abends oder am Wochenende<br />

stattfinden.<br />

3.5.3.5. Inhaltliche Veränderungen und neue Schwerpunkte<br />

Um den vom Weiterbildungsgesetz geforderten Prozess der Professionalisierung und der<br />

pädagogischen Weiterentwicklung voran bringen zu können, mussten auch neue inhaltliche<br />

und strukturelle Veränderungen durchgeführt werden. Die Fachbereiche wurden nun genauer<br />

festgelegt. Der VHS-Leiter Horst Piltz war zuständig für Geisteswissenschaften,<br />

Sozialwissenschaften 138 , kulturelle Bildung ausländischer Arbeitnehmer, Weiterbildung des<br />

alten Menschen und Dozentenweiterbildung. Der erste Fachbereichsleiter sollte für Sprachen<br />

und Schulabschlüsse, der zweite für kreatives Gestalten, Freizeitaktivitäten, Gesundheit, Sport<br />

und Haushaltsführung, der dritte für Wirtschaft und kaufmännische Praxis,<br />

Naturwissenschaften, und Technik zuständig sein. 139<br />

Erste Früchte dieser Veränderungen zeigten sich schnell: Ende 1976 war die Bilanz der VHS<br />

sehr erfreulich. „Kaum jemand geht noch zur Volkshochschule, um nur (Zu-)Hörer zu sein.<br />

Mitdiskutieren, Mitmachen, Mitlernen – das ist gefragt.“, schrieb der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Kreisanzeiger. 140<br />

Seit dem Weiterbildungsgesetz von 1974 hatte die VHS auch das Recht, staatliche Prüfungen<br />

durchzuführen, wenn die vorbereitenden Lehrgänge den entsprechenden staatlichen<br />

Bildungsgängen gleichwertig sind. Die unterrichtenden Lehrer bereiteten nun nicht mehr nur<br />

auf die Prüfungen vor, sondern führten sie auch selbst durch. Im September 1977 begann in<br />

138<br />

In der Piltz’schen Ordnung gehörten die Bereiche Geschichte und Kulturgeschichte statt traditionell zu den<br />

geisteswissenschaftlichen in den sozialwissenschaftlichen Bereich. Diese Gliederung blieb bei der VHS <strong>Iserlohn</strong><br />

über 20 Jahre lang bestehen. Auch die stetig wachsende Bibliothek wurde dementsprechend geordnet.<br />

139<br />

Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. 1976/77. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3.<br />

140<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 30. Dezember 1976.<br />

66


<strong>Iserlohn</strong> erstmals ein Vorbereitungslehrgang zum Erwerb des Hauptschulabschlusses nach<br />

den neuen Vorgaben. 141<br />

Bei der Sitzung des Kulturausschusses am 25 Januar 1978 im Haus der Heimat wurde noch<br />

einmal ausführlich darauf hingewiesen, dass die Stadt Planungsträger für den so genannten<br />

Weiterbildungsplan nach dem Weiterbildungsgesetz von 1974 ist. Man beschloss, endlich<br />

einen solchen Plan aufzustellen. Ausgangsjahr für die Bestandsaufnahme und Planung soll<br />

das Jahr 1976 sein. Dazu soll eine kleine Kommission gebildet werden. 142<br />

3.5.3.6. Der Streit um die Satzung und die Folgen des Weiterbildungsgesetzes<br />

Im November 1978 informierte die VHS <strong>Iserlohn</strong> in einem Informations- und<br />

Diskussionsabend mit dem Direktor des Landesverbandes der Volkshochschulen in NRW,<br />

Dipl.-Pol. Horst Wiedefeld, über einen Satzungsentwurf der <strong>Iserlohn</strong>er VHS. „Die VHS wird<br />

demokratisch“ titelte damals eine Zeitung. 143 Dieser Satzungsentwurf sollte nämlich gemäß<br />

dem Weiterbildungsgesetz vom 31. Juli 1974 den Mitarbeitern und Teilnehmern der VHS bei<br />

der Gestaltung des Arbeitsplanes ein Mitwirkungsrecht zusichern. „Der Entwurf der<br />

Stadtverwaltung sieht elf Fachbereiche vor, von denen sechs bislang belegt sind. So wichtige<br />

Fachbereiche wie Wirtschaft, Kaufmännische Praxis, Mathematik, Naturwissenschaften,<br />

Weiterbildung und Weiterlernen im Medienverbund sind in <strong>Iserlohn</strong> nicht besetzt. Aus dem<br />

Entwurf geht auch hervor, dass der Leiter der VHS automatisch auch der Vorsitzende der<br />

VHS-Konferenz ist.“ 144 Der Konferenz gehörten neben den Dozenten auch vier Vertreter der<br />

Teilnehmer an, die für ein Jahr aus der Mitte der Kurssprecher gewählt werden. Die<br />

Konferenz nahm die Berichte des VHS-Leiters entgegen und beschloss Empfehlungen.<br />

Zu dem Informationsabend mit Satzungsdiskussion erschien übrigens zur Enttäuschung der<br />

VHS kein Vertreter der Stadt, obwohl diese ja Träger der Einrichtung ist. „Traurige<br />

Erkenntnis: VHS nicht gefragt“ 145 titelte eine Zeitung. Und es sei keine direkte Mitwirkung<br />

möglich, man könne nur Wünsche und Empfehlungen aussprechen. Fazit: „Somit bliebe allen<br />

Aktiven in der VHS per Zukunft (...) wohl nur die Möglichkeit, geschlossen dem Träger<br />

gegenüber zu treten. Nur so sei eine 100-prozentige Mitbestimmung nicht nur bloßes<br />

Wunschdenken.“ 146<br />

141 Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. 1976/77. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3.<br />

142 Sitzung des Kulturausschusses der Stadt <strong>Iserlohn</strong> vom 25 Januar 1978. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

143 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 14. November 1978.<br />

144 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 14. November 1978.<br />

145 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 21. November 1978.<br />

146 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 21. November 1978.<br />

67


Die Volkshochschule fertigt jedes Jahr im Frühjahr für die Pädagogische Arbeitsstelle des<br />

Deutschen Volkshochschulverbandes in Frankfurt einen VHS-Berichtbogen über die gesamte<br />

Tätigkeit der Volkshochschule und eine Jahresrechnung für den Regierungspräsidenten in<br />

Arnsberg anfertigen, um finanzielle Zuweisungen des Landes zu erhalten. Horst Piltz<br />

berichtete der Öffentlichkeit erstmals darüber 1979 in einer Ausgabe der Zeitschrift „<strong>Iserlohn</strong><br />

– Waldstadtinformation“ 147 . Er konnte dieses Mal Erfreuliches berichten: Die Zahl der<br />

Kursteilnehmer stieg von 9348 im Jahr 1977 auf 10 934 im Jahr 1978. Gleichzeitig<br />

vergrößerte sich die Zahl der nebenberuflich Tätigen von 108 auf 125. Man unterrichtete an<br />

40 Orten im gesamten Stadtgebiet. Das Land förderte die <strong>Iserlohn</strong>er VHS mit 418 687,50 DM<br />

im Jahr 1978, die Stadt <strong>Iserlohn</strong> steuerte als Träger der Einrichtung 67 533,97 DM dazu. 1977<br />

gab es nur einen hauptberuflich tätigen Mitarbeiter, nämlich den Leiter Horst Piltz. 1978<br />

kamen zwei hauptberufliche pädagogische Mitarbeiter dazu. Diese standen als<br />

Fachbereichsleiter für Kursleiterberatungen, Kontaktgespräche, Bedarfserkundungen und<br />

Stadtteilarbeit zur Verfügung. Nun konnte endlich mit der Strukturierung der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Volkshochschule in verschiedene Fachbereiche beginnen – so wie es das<br />

Weiterbildungsgesetz des Landes 1974 vorschrieb. Es gab von nun an keine Gliederung nach<br />

Veranstaltungsformen mehr, was der Erwartungshaltung und der Orientierung der Teilnehmer<br />

sicherlich entgegen kam. „Die Fachbereichsgliederung ist nichts anderes als eine sinnvolle<br />

Gliederung, die unter dem Gesichtspunkt der Zuordnung von Stoffgebieten vorgenommen<br />

wird. Diese Stoffgebiete müssen von einer Person, dem Fachbereichsleiter, hinreichend<br />

kompetent vertreten werden. Ein großer Vorteil der neuen Gliederung ist, dass sie auf die<br />

Erwartungshaltung interessierter VHS-Teilnehmer mehr Rücksicht nimmt als die Gliederung<br />

nach Veranstaltungsformen. Kürzere Suchwege im VHS-Arbeitsplan werden in Zukunft dafür<br />

sorgen, dass jeder sein Thema und seinen Kursus schneller findet.“ 148<br />

VHS-Geschäftsführer Peter Bachmann legte 1979 zudem den ersten<br />

Weiterbildungsentwicklungsplan für den Zeitraum von 1976 bis 1981 vor. „Der Plan<br />

versucht, die Vielzahl vorhandener Bildungseinrichtungen der verschiedenen Träger zu<br />

beschreiben, macht Aussagen über deren mögliche Fortentwicklung und sieht neue Impulse<br />

für <strong>Iserlohn</strong> vor.“ 149<br />

147 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformation. Mai 1979. S. 3.<br />

148 Waldstadt-Information. Mai 1979.<br />

149 Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Verwaltungsbericht 1978/79/80. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

68


Der Unterricht fand nun an 40 Orten im Stadtgebiet statt. Erstmals war der Arbeitsplan nach<br />

Fachbereichen geordnet, die Lehrgänge zur Vorbereitung auf stattliche Schulabschlüsse<br />

waren entgeltfrei. Der VHS-Geschäftsführer wies in einer Lokalzeitung noch einmal auf das<br />

einfache Anmeldeverfahren hin: „Ob in Letmathe, Hennen, Kalthof oder <strong>Iserlohn</strong><br />

(Stennerstraße 3), man geht vorbei oder bestellt sich telefonisch eine Hörerkarte.“ 150<br />

Währenddessen ging die Diskussion um den Satzungsentwurf weiter. Streitpunkt war vor<br />

allem ein Passus, der vorsah, dass der VHS-Leiter künftig die Lehrberechtigung für die<br />

Sekundarstufe II haben soll. 151 Horst Piltz hatte weder einen Hochschulabschluss noch das<br />

Zweite Staatsexamen für die Befähigung zum Schuldienst. Das Wort vom „Schleudersitz“,<br />

auf dem Piltz säße, machte in <strong>Iserlohn</strong> die Runde.<br />

Zudem soll es zu häufigen Streitereien zwischen Horst Piltz und Peter Bachmann auf der<br />

einen und Thomas Meyer und Susanne Seul (geborene Gerstenberg) auf der anderen Seite<br />

gekommen sein. 152 Sicherlich war es schwer für junge Leute, frisch von der Uni, sich in ein<br />

Verwaltungssystem einzugliedern und mit der bei allen Fähigkeiten doch auch dominanten<br />

Persönlichkeit Horst Piltz’ zurechtzukommen.<br />

Trotz aller persönlichen Auseinandersetzungen wurde fachlich effektiv gearbeitet. Es war die<br />

Aufgabe der Pädagogen, Trends und aktuelle Entwicklungen wahrzunehmen und<br />

entsprechende VHS-Angebote zu machen. „Man ging mit einer regelrechten VHS-Brille<br />

durchs Leben“, so Bodo Mebes, der einige Jahre später Mitarbeiter der <strong>Iserlohn</strong>er VHS<br />

wurde: „Man macht irgendwo Urlaub – und denkt sofort an ein Ziel für eine Studienreise.<br />

Man sieht Jean Pütz im Fernsehen backen – und überlegt sofort, einen Brotbackkurs bei der<br />

VHS anzubieten.“ 153<br />

Zu Beginn des Jahres 1980 wurde wieder heiß über die VHS diskutiert. Zum einen wurde<br />

weiterhin über eine Satzung gestritten. Die Einrichtung einer solchen war durch das<br />

Weiterbildungsgesetz von 1974 und die Gemeindeordnung des Landes NRW von 1979 nötig<br />

geworden. Zum anderem wurde immer noch diskutiert, ob die VHS nach Fachbereichen<br />

gegliedert werden sollte. Bürgervertreter Wolf R. Seltmann legte einen Vorschlag zu einer<br />

150 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 19. August 1978.<br />

151 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 7. August 1979.<br />

152 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes und Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

153 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

69


Gliederung vor, der dann auch angenommen wurde. 154 Der Fachausschuss des Rates der Stadt<br />

musste auch noch zustimmen, was geschah.<br />

Im März 1980 erhielt die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> dann endlich eine Satzung. Die Stadt<br />

<strong>Iserlohn</strong> wird ausdrücklich als Träger genannt. Die VHS sei eine „Einrichtung der<br />

Weiterbildung im Sinne des 1. Weiterbildungsgesetzes NW vom 31. Juli 1974 und eine<br />

öffentliche, nichtrechtsfähige Einrichtung der Stadt <strong>Iserlohn</strong> im Sinne des § 18 der<br />

Gemeindeordnung NW“. Die Satzung besagte unter anderem, dass alle wichtigen<br />

Entscheidungen nach Anhörung des Leiters der VHS erfolgen. Die Satzung schrieb folgende<br />

Fachbereiche vor: a) Nichtberufliche, abschlussbezogene Bildung b) berufliche Bildung c)<br />

wissenschaftliche Bildung d) politische Bildung e) freizeitorientierte und die Kreativität<br />

fördernde Bildung f) Eltern- und Familienbildung g) personenbezogene Bildung. Über die<br />

Einrichtung und Auflösung von Fachbereichen entscheidet der Stadtrat. Der VHS-Leiter hat<br />

folgende Aufgaben: a) Er stellt im Benehmen mit den Fachbereichsleitern den Arbeitsplan auf<br />

und verantwortet ihn. B) Er bereitet im Benehmen mit den Fachbereichsleitern den<br />

Haushaltsvorschlag vor. C) Er verpflichtet die nebenberuflichen pädagogischen Mitarbeiter<br />

und setzt deren Honorare entsprechend der Honorarordnung fest. D) Er verwaltet die Räume,<br />

Einrichtungen und Ausstattungen der VHS. Er übt das Hausrecht im Auftrage des<br />

Stadtdirektors aus. E) Der Leiter der VHS führt regelmäßige gemeinsame Besprechungen mit<br />

den Fachbereichsleitern und dem Sachbearbeiter für den Verwaltungsdienst durch, er lädt<br />

dazu ein. F) Der Leiter der VHS führt den Vorsitz in der VHS-Konferenz. G) Trifft der VHS-<br />

Leiter eine Entscheidung, muss er sie auf der Konferenz erläutern. 155<br />

3.5.3.7. Die Stadtteilarbeit<br />

Die Volkshochschule begann in den 1970er Jahren mit einer verstärkten Arbeit in den<br />

Stadtteilen. Die Stadt <strong>Iserlohn</strong> war – vor allem durch die Kommunale Neuordnung 1975 –<br />

enorm gewachsen, den Bedürfnissen aller Bürger musste im Bereich der Erwachsenenbildung<br />

Rechnung getragen werden.<br />

Bereits 1972 hatte man mit der VHS-Arbeit im Stadtteil Hennen begonnen.<br />

1974 war man verstärkt in Gerlingsen aktiv, was zu Konflikten mit dem dortigen<br />

Bildungswerk führte. Auch in Kalthof gab es eine kleine VHS-Zweigstelle. Ab 1975 arbeitete<br />

154<br />

Sitzung des Kulturausschusses vom 9. Januar 1980. Protokollbücher. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand<br />

41/1.00.01.<br />

155<br />

Satzung für die Volkshochschule der Stadt <strong>Iserlohn</strong>.<br />

70


die VHS <strong>Iserlohn</strong> auch verstärkt in Letmathe, dem Gebiet der ehemals selbständigen VHS<br />

Letmathe.<br />

3.5.3.8. Inhaltliche Höhepunkte der 1970er Jahre<br />

1969 konnte jeder Teilnehmer der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> Vorschläge einreichen für den<br />

Fernsehwettbewerb um den 7. Adolf-Grimme-Preis. Der Adolf-Grimme-Preis wurde dann im<br />

März 1970 in Marl verliehen für Fernsehsendungen des ersten, zweiten und dritten<br />

Programms, die eine besondere künstlerische Qualität besaßen.<br />

1973 beschäftigte man sich auch mit dem Thema Wohnen. „,Ist es möglich, heute so zu<br />

bauen, dass morgen – vielleicht – alle wesentlichen und wichtigen Wohnbedürfnisse des<br />

Menschen befriedigt werden können?’ Diese Frage stellte sich fast zwangsläufig nach einem<br />

VHS-Vortrag von Dipl.-Ing. F. K. Meurer (Aachen) am Mittwochabend in der VHS.“ 156<br />

1973 gründete sich der VHS-Kammerchor, der unter der Leitung von Edith und Horst<br />

Bucksfeld stand und bis 1990 existierte.<br />

Ab 1973 führte gab es so genannte Ateliergespräche bei der VHS ein mit dem Ziel, heimische<br />

Künstler bekannter zu machen.<br />

Das erste Ateliergespräch veranstaltete man im Januar 1973 im Atelier des Künstlers Erhard<br />

Arendt. Horst Piltz stellte in kleiner Runde zunächst die Biografie des in Hemer geborenen<br />

Bildhauers, Grafikers und Plastikers Arendt vor, dann sprach Arendt selbst über seine<br />

Arbeit. 157 Das zweite Ateliergespräch im März 1973 fand mit dem Künstler und<br />

Kunsterzieher Günter Tomczak im Atelier Erhard Arendt an der Friedrichstraße statt, 158 das<br />

dritte Ende März mit dem Fotografen Hans Schneider, Bildredakteur beim IKZ 159 . Das vierte<br />

und letzte Ateliergespräch fand im Mai statt, diesmal mit dem Künstler Theo Herzog aus<br />

Münster zum Thema „Bildnerei des Geisteskranken“. 160<br />

Ein weiterer interessanter Arbeitskreis: In Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen<br />

Fernsehen und dem Fallschirmjägerbataillon 271 bot man 1973 eine Veranstaltung<br />

156 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 2. Februar 1973.<br />

157 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 17. Januar 1973.<br />

158 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 2. März 1973.<br />

159 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 31. März 1973.<br />

160 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 26. Mai 1973.<br />

71


„Soziologie der Bundeswehr“ an, bei dem Fragen zur Diskussion gestellt wurden, die dann in<br />

sechs Fernsehsendungen ausgestrahlt wurden.<br />

1974 ermöglichte der IKZ eine Ausstellung mit einer Auswahl von Fotos in der Galerie der<br />

Sparkasse. Die Fotos waren das Ergebnis eines Einführungskurses in die Fotografie, den IKZ-<br />

Bildredakteur Hans-H. Schneider in der Volkshochschule durchgeführt hatte. Zu dem Kurs<br />

hatten sich 56 Teilnehmer angemeldet, er wurde in zwei Gruppen angeboten 161 .<br />

1978 beschäftigte man sich bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> mit dem Märkischen Kreis. Drei Jahre nach<br />

dessen Bildung durch die Kommunale Neuordnung bot die VHS somit Interessierten die<br />

Gelegenheit, sich mit Kreisplanungsdirektor Dr. Wulf Dietrich von Borcke diesen neuen<br />

Kreis bei einer Tagesfahrt einmal genauer anzusehen.<br />

Zudem gab es eine Gemeinschaftsausstellung der VHS und des benachbarten Goethe-Instituts<br />

zum Thema „Deutsche Maler sehen Amerika“.<br />

Am 2. Oktober 1978 fand im Rahmen der Volkshochschule eine Kulturdokumentation aus<br />

Ghana im Studio des Parktheaters statt. Der Regisseur und Schauspieler David Longdon aus<br />

Ghana trug unter dem Titel „Meine Heimat Afrika“ moderne Dichtung, Filme und<br />

afrikanische Musik vor. Ein Höhepunkt des Jahres war eine Auslandsexkursion nach<br />

Lappland, die als Wanderexkursion konzipiert war.<br />

Erstmals offerierte 1979 der Bereich „Kreativität / Freizeit“ einen Diät-Kochkurs an, der zur<br />

richtigen Ernährung bei verschiedenen Krankheiten beitragen soll. Interessant auch Dr.<br />

Reinhard Kirstes Arbeitskreis zum Thema „Ist Gott nicht ganz tot – oder: wie lebendig ist<br />

Gott?“.<br />

3.5.3.9. Resümee der 1970er Jahre<br />

1979 wurde zwar in die Zukunft geblickt, trotzdem nahm man auch das 60-jährige Jubiläum<br />

der <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule wahr. Der 50. Geburtstag der VHS war 1969 ungefeiert<br />

geblieben; tatsächlich ahnt niemand etwas von dem Jubiläum, das Gründungsdatum war<br />

nämlich nicht bekannt. Erst Jahre später, um 1979, fand Stadtarchivar Götz Bettge zufällig<br />

eine Sitzungsniederschrift der Theater- und Musikkommission vom 21. Mai 1919 als<br />

Geburtsurkunde der VHS, die ersten Kurse gab es bekanntlich im November 1919.<br />

161 Der <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger veröffentlichte am 26. September 1974 eine Sonderseite mit Fotos der<br />

Ausstellung.<br />

72


Im Jubiläumsjahr resümiert man: „12 000 VHS-Besucher und Kursteilnehmer, 11 000<br />

Unterrichtsstunden 162 , 140 nebenberufliche VHS-Mitarbeiter, eine hauptberufliche VHS-<br />

Leitung und drei Planstellen für hauptberufliche pädagogische Mitarbeiter. Außerdem stehen<br />

der VHS zwei historische Villen für ihre Arbeit zur Verfügung. Bedenkt man, dass die<br />

Nachfrage nach Weiterbildungsangeboten in den verschiedenen Fachbereichen groß ist, dass<br />

die Bereitschaft zur nebenberuflichen Mitarbeit in der VHS gestiegen ist, dass in <strong>Iserlohn</strong><br />

viele Stadtteile flächendeckend mit Weiterbildungsangeboten zu versorgen sind, dass die<br />

Phase des personellen Ausbaus der VHS und der Aufbau von Fachbereichen eben erst<br />

begonnen hat, dann muss man sagen: ,Volkshochschule der Stadt <strong>Iserlohn</strong> – 60 Jahre<br />

jung.’“ 163 Auch ein Quasi-Geschenk gab es von der Stadt: Die VHS-Villa Stennerstraße 12<br />

wurde neu gestrichen und erhielt ein schickes Leuchtschild.<br />

Ein weiterer Lichtblick: Die VHS erhielt nach dem Weiterbildungsgesetz eine<br />

Landeszuweisung von 485 000 DM, mit denen man zumindest einige Kosten decken konnte.<br />

Fazit der1970er Jahre: Die VHS war strukturierter geworden, hatte Fachbereiche und eine<br />

Satzung. Zudem hatte man einen Weiterbildungsentwicklungsplan aufgestellt. Neben der<br />

VHS-Leitung waren zwei weitere hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter und zwei<br />

Mitarbeiter in der Verwaltung für die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> tätig.<br />

3.5.4. Die 1980er Jahre: Weiterentwicklung im Zeichen eines zunehmenden<br />

Sparzwangs:<br />

3.5.4.1. Ökonomischer Wandel<br />

Die 70er und 80er Jahre waren geprägt von deutlichem ökonomischem Wandel, der das Land<br />

Nordrhein-Westfalen besonders hart traf. Der Strukturwandel im Ruhrgebiet, notwendig<br />

geworden durch den Niedergang der Montanindustrie, kostete nicht nur Hunderdtausende<br />

von Arbeitsplätzen, er bedeutete auch eine enorme Belastung des Landeshaushalts, weil<br />

erhöhte Ausgaben sinkenden Steuerausgaben gegenüber standen. Hinzu kamen allgemeine<br />

Rezessionen (erste Ölkrise 1973 bis 1975 und so genannter zweiter Ölschock 1980/81). Vor<br />

diesem Hintergrund vollzog sich der wirtschaftliche Wandel hin zu einer<br />

Dienstleistungsgesellschaft auch im Bildungsbereich, der an die Arbeitskräfte neue qualitative<br />

162 Der spätere Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> spricht von 12 037 Unterrichtsstunden für 9536<br />

Teilnehmer. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3.<br />

163 <strong>Iserlohn</strong> Waldstadtinformation. November 1979. S. 3.<br />

73


Anforderungen stellte. In diesem Zusammenhang sind sowohl die Diskussionen um die<br />

Finanzierung der VHS <strong>Iserlohn</strong> in den 1980er Jahren zu verstehen, als auch der zunehmende<br />

Wandel im inhaltlichen Angebot.<br />

3.5.4.2. Die Finanzierungsdiskussion um die VHS<br />

Vorbemerkung: Es gibt eine enge Interdependenz zwischen Finanzierungsdiskussion und<br />

Konzeptionsdebatte in den 1980er Jahren. Der Grund dafür ist, dass immer dann, wenn<br />

öffentliche Mittel knapp sind, Diskussionen aufkommen, für welche Dinge Steuergelder<br />

verwenden werden. Es entstehen dann die Fragen, welche Freizeitveranstaltungen wirklich<br />

steuerlich subventioniert werden sollen, welche inhaltlichen Schwerpunkte gesetzt werden<br />

sollen, welche auch sozialpolitisch wirksamen Veranstaltungen besonders gefördert werden<br />

sollen und ob andere Institutionen oder private Anbieter Aufgaben übernehmen können (etwa<br />

im Bereich der Berufsförderung). Hier gab es im Rat der Stadt sicherlich auch parteipolitisch<br />

kontroverse Auffassungen.<br />

Es wurden in <strong>Iserlohn</strong> zunehmend finanzielle Mittel benötigt, um auch die Personalsituation<br />

an der VHS zu verbessern.<br />

Immerhin: Durch die Förderung durch Landesmittel konnte eine vierte hauptberufliche<br />

pädagogische Stelle für die VHS genehmigt werden. Doch kaum hatte Bodo Mebes diese<br />

Stelle am 1. Juli 1980 antreten können, war mit Ehefrau und zwei kleinen Kindern von Berlin<br />

nach <strong>Iserlohn</strong> gezogen, gab es erneute Diskussionen um die Notwendigkeit dieser Stelle.<br />

Sparen forderte die Stadt. Hatte der Rat 1979 noch den Weiterbildungsplan verabschiedet, der<br />

ab 1981 fünf hauptamtliche Mitarbeiter für die VHS forderte, wollte der Kulturausschuss nun<br />

die Zahl sogar auf drei reduzieren. Das war eine erneute Hiobsbotschaft für Horst Piltz und<br />

sein Team.<br />

Die Diskussionen flammten in den folgenden Jahren immer wieder auf, jahrelang bangte<br />

Mebes um seinen Job. 164 Die Volkshochschule war stets in Abhängigkeiten: von der Stadt,<br />

dem Land, dem Weiterbildungsgesetz, Fördermöglichkeiten und gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen.<br />

Sparmaßnahmen setzten also der VHS arg zu. Die Landesregierung schien sich mit dem<br />

geplanten neuen Weiterbildungsgesetz immer weiter von der Zielsetzung zu entfernen, auch<br />

bildungsferne Schichten zu erreichen. „Wenn die Kürzung der VHS-Zuschüsse durch die<br />

164 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>. Siehe auch <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger,<br />

8. Oktober 1981.<br />

74


Landesregierung das vermutete Maß erreicht, dann hat die Volkshochschule diesen Namen<br />

nicht mehr verdient, dann ist sie mehr oder weniger tot“, erklärte Kulturausschussvorsitzender<br />

Günther Köpping in einem Zeitungsinterview. 165 Man habe seit Jahren davor gewarnt, die<br />

personelle Struktur der VHS von den Landesmitteln abhängig zu machen. Ein kluger Satz:<br />

Viele mit der Erwachsenenbildung befassten Personen hatten zwar voraus gesehen, dass die<br />

Bedeutung der Erwachsenenbildung zunehmen würde, rechneten aber auch weiterhin mit<br />

einem Zunehmen der staatlichen Unterstützung in diesem Bereich, was sich nicht<br />

bewahrheiten sollte.<br />

Mittlerweile war in <strong>Iserlohn</strong> eine „Kleine Kommission Volkshochschule“ gebildet worden.<br />

Sie wurde mehrmals im Jahr vom Kulturdezernenten einberufen, dieser setzte auch die<br />

Tagesordnung fest. Die Kleine Kommission bestand aus den drei Mitgliedern Wolfgang Oel,<br />

Gunther Kingreen und Wolf R. Seltmann. Die Kleine Kommission hatte die Aufgaben, die<br />

Arbeitspläne durchzusehen und dem Kulturausschuss diesbezügliche Empfehlungen<br />

auszusprechen. Zudem wurden auch Punkte wie die Honorare oder die Mindestzahl der<br />

Teilnehmer pro Kurs diskutiert. 1981 musste sich die Kleine Kommission VHS also mit dem<br />

Problem der Finanzierung auseinandersetzen. Sie tagte Anfang Oktober erneut, diskutierte<br />

Finanzierungs- und Sparmöglichkeiten. Man empfahl unter anderem, die Werbung zur<br />

Gewinnung weiterer Teilnehmer zu verstärken und zu prüfen, ob die hauptamtlichen<br />

Mitarbeiter verstärkt zum Unterricht herangezogen werden könnten. 166<br />

Da die Höhe der finanziellen Zuschüsse des Landes unsicher war, versuchte man die<br />

Einnahmen der VHS durch eine Erhöhung der Teilnehmerbeiträge zu steigern. Es erfolgte<br />

eine Änderung der Entgeltordnung. „Der Rat der Stadt <strong>Iserlohn</strong> hat in seiner Sitzung am 21.<br />

Juli 1981 die am 1. Juli 1980 in Kraft getretene Entgeltordnung der Volkshochschule<br />

geändert. Das Entgelt je VHS-Unterrichtsstunde und Teilnehmer beträgt ab 1. September<br />

1981 in allen Sachbereichen 1,50 DM (...)“ 167 . Das war eine Steigerung um 50 Prozent.<br />

Als Mittel zur Werbung weiterer Teilnehmer, entsprechend der Vorstellungen der Kleinen<br />

Kommission, gab es zudem 1981 einen Schülerwettbewerb für ein Plakat der<br />

Volkshochschule. Die Ergebnisse, darunter „I like Volkshochschule“ eines Schülers der Stufe<br />

165<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 29. September 1981.<br />

166<br />

Niederschrift über die Sitzung der Kleinen Kommission VHS für VHS am 7. Oktober 1981. Stadtarchiv<br />

<strong>Iserlohn</strong>.<br />

167<br />

<strong>Iserlohn</strong> Waldstadt-Information. September 1981. S. 3. Siehe auch Niederschrift über die Sitzung des<br />

Kulturausschusses am 25. Mai 1974. S. 2. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

75


10 des MGI, waren im August 1981 in einer Ausstellung im VHS-Haus Stennerstraße 3 zu<br />

sehen. Die jungen Kursteilnehmer hatten sich unter der Leitung von Karin Leye intensiv mit<br />

den Themen Plakatgestaltung und Volkshochschule auseinandergesetzt.<br />

Kursleiter, Hörer-Vertreter und hauptamtliche VHS-Mitarbeiter diskutierten im Dezember<br />

1981 mit Stadtrat Hubert Kruse. Streichungen, Entgelterhöhungen und der noch ausstehende<br />

Weiterbildungsplan beschäftigten die <strong>Iserlohn</strong>er. Die Stadt wartete auf den Landeshaushalt,<br />

die VHSler forderten wenigstens die Grundsubstanz zu erhalten und die VHS zumindest auf<br />

das Unterrichtsvolumen von 1980 einzufrieren. 168<br />

Den Dozenten der VHS sollten 1982 die Honorare gekürzt werden. Der Kulturausschuss<br />

empfahl dem Rat, nur noch 25 statt 30 DM zu zahlen. VHS-Leiter Horst Piltz plädiert für eine<br />

Beibehaltung des Honorars, befürchtet ansonsten „Dozentenschwund“. Jedoch: Der Rat<br />

beschloss die Kürzung. 169<br />

Aber es musste noch weiter gespart werden. Im August titelte eine Zeitung: „Der VHS geht es<br />

nunmehr an die Substanz“ 170 . Mit der Fachoberschulreife verschwand ein zentrales<br />

Weiterbildungsangebot der VHS aus dem Angebot. Der bislang einzige Kurs dazu wurde<br />

1978 gestartet und 1981 abgeschlossen. Es gab einen großen Andrang auf ein<br />

Fortsetzungsangebot, doch die Interessenten wurden aus Kostengründen enttäuscht. Jedes<br />

Studienjahr kostete 30 000 DM. „Im letzten Jahr bekam die <strong>Iserlohn</strong>er VHS 500 000 Mark<br />

vom Land, jedoch nur 260 000 DM von der Stadt. Logisch, dass die Kürzungen des Landes<br />

bei solch verqueren Relationen sofort an die Substanz der Erwachsenenbildung – sprich: die<br />

Schulabschlüsse – gehen“, heißt es in einem Zeitungsbericht. 171<br />

Als der neue Arbeitsplan 1982/83 erschien, fanden die Leser auf der ersten Seite einige Worte<br />

von Bürgermeister Lindner und Stadtdirektor Wach. Aufgrund der lang anhaltenden<br />

Diskussionen zum Thema Volkshochschule befanden die beiden Herren es anscheinend für<br />

nötig, einige Dinge öffentlich klarzustellen. So heißt es: „Wenn trotz des unbestreitbaren<br />

finanziellen Engpasses auf allen Ebenen in der Stadt <strong>Iserlohn</strong> nach zähem Ringen im<br />

Kulturausschuss ein solch umfangreiches Angebot für das kommende Winterhalbjahr<br />

168 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 5. Dezember 1981.<br />

169 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 6. Juli 1982.<br />

170 Westfälische Rundschau. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 6. August 1982.<br />

171 Westfälische Rundschau. Lokalausgabe <strong>Iserlohn</strong>. 6. August 1982.<br />

76


vorgelegt wird, dann ist das ein Ausdruck einer stolzen Gesinnung darauf, dass <strong>Iserlohn</strong> als<br />

eine der ersten Städte im weiten Umkreis bereits 1919 die Volkshochschule in ihren Mauern<br />

gründete. (…) Rat und Verwaltung mit all ihren Fachämtern unterstützen die Arbeit der<br />

Volkshochschule. Die Gesellschaft wird gerade in den 80er Jahren die Herausforderung<br />

anzunehmen haben, die im Wandel der Struktur zu erkennen ist. In allen Stadtteilen ist ein<br />

Angebot zum Lernen gemacht, das anzunehmen sich lohnt.“ 172<br />

Im Februar 1988 empörte sich die FDP über die „unzumutbaren Zustände bei Anmeldungen<br />

zu VHS-Kursen“. Im Januar seien Interessenten gezwungen gewesen, bei ungünstiger<br />

Witterung im Garten des VHS-Gebäudes in einer langen Schlange zu stehen. Die Abfertigung<br />

sei nur langsam vorangeschritten, da die Zahl der kassenberechtigten Bediensteten nicht<br />

ausgereicht habe. Zudem sei der für die Anmeldung vorgesehene Raum für Rollstuhlfahrer<br />

nicht zu erreichen gewesen. Ferner habe enorme Parkplatznot geherrscht. 173 Diese<br />

Problematik der Anmeldeverfahren gab es jahrelang. „Wir hatten einen Hauptanmeldetag,<br />

einen Samstag, pro Semester. Die Teilnehmer gaben die ausgefüllten Karten ab und zahlten in<br />

bar. Wir öffneten um 8 Uhr, schon zwei Stunden vorher waren die ersten Leute da. Die<br />

Schlangen gingen von der Stennerstraße 3 bis zu 200 Meter weit. Die Hausmeisterin öffnete<br />

im Winter immer extra den Wintergarten, damit die Leute es etwas wärmer hatten. Zur<br />

Unterhaltung wurden manchmal sogar kleine Theaterstücke aufgeführt“, erinnert sich Irene<br />

Mesmann. 174 Und Dieter Kaminski erzählt, dass er bei einem Anmeldetag von den<br />

hereinstürmenden Leuten samt Tisch an die Wand gedrückt wurde. 175<br />

Ein weiteres Problem 1988: die Drittmittelfinanzierung. Die Kommune suchte aufgrund der<br />

angespannten Haushaltslage weitere Möglichkeiten der Finanzierung der VHS. So plante<br />

man, durch den Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen Gelder für Fahrten an die<br />

Grenze zur DDR zu bekommen. Auch gab es Überlegungen, wie die Bundeszentrale für<br />

politische Bildung die VHS-Arbeit in <strong>Iserlohn</strong> unterstützen könnte. Ebenso sollte die<br />

Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn, der Konrad-Adenauer-Stiftung in<br />

Wesseling und ortsansässigen Berufsbildungswerken intensiviert werden. 176<br />

172 Arbeitsplan der VHS <strong>Iserlohn</strong> 1982/83.<br />

173 Westfälische Rundschau. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 12. Februar 1988.<br />

174 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 3. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

175 Interview von Verfasserin mit Dieter Kaminski am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

176 Beratungsdrucksache, der Stadtdirektor an den Kulturausschuss, Drucksachen-Nummer 3/2389, 1. Februar<br />

1988. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

77


Augenscheinlich unberührt von all diesen organisatorischen und finanziellen Problemen lief<br />

die VHS-Arbeit weiter. 1988 feierte man „20 Jahre Keramikkurse in der VHS“.<br />

„Hochschulniveau wird einigen der Arbeiten zugeschrieben“ 177 , die im Rahmen einer<br />

Ausstellung anlässlich des Jubiläums gezeigt wurden. Einige Teilnehmer der Kurse von<br />

Bildhauer und Plastiker Erhard Arendt kamen sogar aus Bochum, Fröndenberg und Altena,<br />

viele belegten jahrelang die Kurse. Vorgängerin von Arendt war Barbara Liesenhoff-Puppel.<br />

Ab September 1988 arbeitete die VHS erstmalig mit differenzierten Entgelten. Je<br />

Unterrichtsstunde (45 Minuten) mussten die Teilnehmer nun 1,80 DM zahlen. Ein<br />

zehnstündiger Kurs schlug somit mit 18 DM zu Buche. Bei kostenintensiveren Kursen in den<br />

Bereichen Mathematik, Naturwissenschaft, Technik, Wirtschaft und kaufmännische Praxis<br />

(Maschineschreiben, EDV, Elektronik) sowie in den Fachbereichen Kreativität und<br />

Hauswirtschaft betrug das Teilnehmerentgelt fortan sogar 2,50 DM pro Stunde. Teilnehmer<br />

an Lehrgängen zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen zahlten pro Halbjahr<br />

pauschal 50 DM. Und das Entgelt für Einzelveranstaltungen betrug schließlich 5 DM.<br />

Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich politische Bildung waren entgeltfrei. Ermäßigungen<br />

bekamen Schüler, Studenten, Wehr- und Ersatzdienstleistende, Schwerbehinderte und<br />

Auszubildende. Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger waren vom Entgelt befreit. 178<br />

Aber das Thema VHS blieb problematisch: Im September 1988 erhielt Horst Piltz regelrecht<br />

Schelte vom Kulturausschuss für verschiedene Vorlagen. Besonders heftig wurde die Vorlage<br />

„Öffentlichkeitsarbeit und Teilnehmergewinnung in der VHS“ kritisiert. Wolf Seltmann<br />

beklagte, es handele sich lediglich um eine euphorische Darstellung der Möglichkeiten, die<br />

kaum umgesetzt würden. Besonders vermisst wurde von allen Fraktionen weiterhin eine<br />

Aufstellung des Soll-Ist-Zustandes sowie der Kosten. Die Vorlage müsse konkreter sein,<br />

geplante Aktionen und deren Kosten präziser benannt werden. Erst dann könnte ein Beschluss<br />

des Kulturausschusses erfolgen. 179<br />

3.5.4.3. Kritische Auseinandersetzungen um die inhaltliche Konzeption<br />

Es änderte sich in den 1980er Jahren inhaltlich einiges bei der VHS <strong>Iserlohn</strong>, man bemühte<br />

sich um eine neue und aktuelle inhaltliche Gestaltung des Angebots.<br />

177 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 23. September 1988.<br />

178 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 8. September 1988. Westfälische Rundschau 8. April 1988.<br />

179 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 21. September 1988.<br />

78


Schon 1980 hatte es eine Fortbildung gegeben: 50 nebenberufliche Dozenten gingen ein<br />

Wochenende lang in Klausur, um an dem von Horst Piltz geleiteten Seminar<br />

„Erwachsenenpädagogik heute – aktuelle Fragen der Weiterbildung“ teilzunehmen.<br />

Im Mai 1980 übernahm Dr. Ute Kaßnitz das Ressort Sprachen und Schulabschlüsse bei der<br />

VHS. „Schichtarbeit und Senioren werden in Zukunft mit in die VHS-Kursplanung<br />

aufgenommen“ 180 versprach sie bei Dienstantritt.<br />

1981 sprach der Kulturausschuss-Vorsitzende Günter Köpping (CDU) 181 dem VHS-Team<br />

Dank und Anerkennung für ihre Arbeit aus. Überhaupt war Günter Köpping der Meinung,<br />

dass die Diskussionen um Horst Piltz und die Programmgestaltung „ein bisschen zu<br />

parteipolitisch gefärbt gewesen seien und es oft Kritik um der Kritik Willen gegeben habe“. 182<br />

Das sollte sich in den folgenden Jahren jedoch noch weiter fortsetzen. Nur in einem Punkt<br />

seien sich alle einig gewesen: In dem Wunsch, „die VHS zu einer leistungsfähigen<br />

Erwachsenenbildungseinrichtung zu machen“ 183 .<br />

Trotzdem „gab es im Unterausschuss VHS Diskussionen, um das Lehrangebot vom Prinzip<br />

der Zufälligkeit in ein Konzept zu überführen, das neben klassischen Bildungseinheiten<br />

aktuelle Fragen des Umweltschutzes, der Informatik, der Politik sowie sozialen Problemen<br />

Raum gibt. Es ging um ein Konzept, das inhaltlich durchstrukturiert sowie Lernziel- und<br />

Zielgruppen orientiert sein sollte.“ 184 Ratsmitglied Ulrich Dragon (SPD) hatte in einer Sitzung<br />

des Kulturausschusses im Juni 1981 bemängelt, dass der Bereich politische Bildung gekürzt<br />

und der Bereich Naturwissenschaften eigentlich gar nicht vorhanden sei.<br />

Dem steuerte man nun entgegen. Auch, um die zunehmende Nachfrage der Wirtschaft im<br />

Bereich neue Technologien zu befriedigen, gab es 1981/82 einen EDV-Kurs mit Rüdiger<br />

Hiltawsky, bei dem die Teilnehmer unter anderem die Programmiersprache BASIC lernten.<br />

Wie Bodo Mebes sich erinnert, gab es Computerkurse in der VHS lange, ehe die Verwaltung<br />

PCs erhielt. Das hieß: In den Kursräumen standen sechs Computer, in der Verwaltung wurde<br />

180<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. Juli 1980.<br />

181<br />

Günter Köpping war von 1969 bis 1989 Kulturausschussvorsitzender und von 1975 bis 1989 CDU-<br />

Fraktionsvorsitzender in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

182<br />

Interview von Verfasserin mit Günter Köpping am 27. August 2009.<br />

183<br />

Interview von Verfasserin mit Günter Köpping am 27. August 2009.<br />

184<br />

Interview von Verfasserin mit Wolf R. Seltmann im Mai 2009.<br />

79


noch auf elektrischen Schreibmaschinen getippt. 185 Die VHS war also in ihren Kursangeboten<br />

aktueller als in ihrer eigenen Verwaltung.<br />

1980 begann die fruchtbare Zusammenarbeit der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> mit der<br />

Justizvollzugsanstalt <strong>Iserlohn</strong>. Eine weitere Zusammenarbeit, die 1980 startete, war die mit<br />

der Dorfgemeinschaft Rheinen im <strong>Iserlohn</strong>er Norden.<br />

Erstmals taucht ein Schlagwort der 1980er Jahre im Volkshochschul-Arbeitsplan des Jahres<br />

1982 auf: Ökologie. Günter Pflanz untersuchte mit seinen Kursen „Luft und Wasser in<br />

<strong>Iserlohn</strong> I und II“ in Verbindung von Theorie und Laborarbeit die heimische Natur. Zudem<br />

organisierte Bodo Mebes eine Autorenlesung „Iss und stirb – Chemie in unserer Nahrung“.<br />

Damit war die VHS <strong>Iserlohn</strong> endgültig im neuen Jahrzehnt angekommen.<br />

Wolf R. Seltmann, damals für die SPD Mitglied im <strong>Iserlohn</strong>er Kulturausschuss, erinnert sich:<br />

„Die Volkshochschule wurde 1981 von einem Horst-Piltz-ein-Mann-Betrieb zu einer<br />

vollwertigen Weiterbildungseinrichtung mit drei weiteren hauptamtlichen Mitarbeitern und<br />

einem Angebot von mindestens 9600 Unterrichtsstunden pro Jahr ausgebaut.“ 186 Die VHS<br />

<strong>Iserlohn</strong> war, wie überhaupt die Erwachsenenbildung im Land, professioneller und<br />

systematischer geworden. „Aus einer sehr einfachen und schlichten VHS ist unter Horst Piltz<br />

etwas geworden. Oftmals wurde eine Entwicklung eingeleitet, die Früchte trug“, erklärt<br />

Günter Köpping. 187<br />

Trotzdem ging die Diskussion um die inhaltliche Konzeption der VHS weiter. Häufig sah sich<br />

der Leiter der VHS der Kritik ausgesetzt. So zum Beispiel im Februar 1983, diesmal erneut<br />

im Kulturausschuss. SPD-Ratsherr Ulrich Dragon hatte vorgeschlagen, einen Unterausschuss<br />

VHS zu bilden. Bürgervertreter Gunther Kingreen (FDP) lehnte dies ab, da dies eine<br />

Abqualifizierung der Kleinen Kommission bedeuteten würde, „deren Mitglieder sich im<br />

Laufe der Zeit sachverständig gemacht hätten“ 188 . Im April beanstandete Kommissions-<br />

Mitglied Seltmann bei Vorlage des neuen Arbeitsplans in der Sitzung des Kulturausschusses,<br />

dass keine Kurse für Jugendliche, jugendliche Arbeitslose und ausländische Mitbürger<br />

angeboten würden. Auch vermisse er brisante aktuelle Themen und eine Regionalisierung des<br />

185<br />

Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

186<br />

Unveröffentlichtes Manuskript zum Vortrag „Fachwerk ist genug vernichtet“ von Wolf R. Seltmann, gehalten<br />

im April 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

187<br />

Interview von Verfasserin mit Günter Köpping am 27. August 2009.<br />

188<br />

Sitzung des Kulturausschusses vom 7. Februar 1983. Protokollbücher. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Zgg 6/04 Nr. 13.<br />

80


Angebots. Ratsmitglied Dragon unterstützte diese Kritik, bedauerte die Einstellung der VHS-<br />

Zeitung und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass im Jahr 1985 die VHS dem 40. Jahrestag<br />

der Befreiung von der NS-Diktatur gedenke. Horst Piltz betonte, dass es Stadtteilarbeit<br />

beispielsweise in Form des Fotoarbeitskreises Rheinen gebe. 189<br />

Im September 1983 diskutierte die Kleine Kommission VHS den Arbeitsplan. Das Format<br />

gefalle nicht, auch die Frage einer Schutzgebühr tauchte auf. In punkto Werbung erklärte<br />

Horst Piltz, der Plan sei Werbung genug. Er erscheine einmal im Jahr, zudem gebe es zwei<br />

Mal im Jahr Pressekonferenzen. Monatlich werde zudem im Heft „<strong>Iserlohn</strong> –<br />

Waldstadtinformation“ auf interessante VHS-Angebote hingewiesen. Die Kommission<br />

beschloss, dass geprüft werden solle, ob der Arbeitsplan im Zeitungsformat erscheinen<br />

könne. 190 In der Sitzung vom 24. Oktober erklärte die Kommission, dass ein DIN-A-4-Format<br />

grundsätzlich für übersichtlicher gehalten werde. 191 Am 14. November wurde überlegt, den<br />

Plan gegen eine Schutzgebühr von einer Mark zu verkaufen 192 – was am Ende nicht realisiert<br />

wurde. Im Dezember einigte man sich auf ein DIN-A-4-Format, in das Werbung<br />

aufgenommen werden soll. 193<br />

1984 kritisierte der Kulturausschuss in mehreren Sitzungen den VHS-Arbeitsplan 1984/85. Er<br />

sei nicht übersichtlich genug, es gebe nicht genügend Aktualität und Schwerpunktbildung, es<br />

sei „kein erwachsenen-spezifisches Curriculum spürbar“ 194 . Der Kulturausschussvorsitzende<br />

Köpping gab Horst Piltz und seinen Mitarbeitern auf den Weg, „eine Konzeption für 1985´/86<br />

unter Berücksichtigung der horizontalen und vertikalen Verknüpfungen und der<br />

vorgetragenen Gedanken zur Weiterbildung“ 195 zu erarbeiten und der Kleinen Kommission<br />

VHS vorzulegen.<br />

Trotz all der Kritik und Diskussion erfuhr die VHS auch Unterstützung von Seiten der Stadt.<br />

Im August 1984 mühte sich der Kulturausschuss, endlich den<br />

Weiterbildungsentwicklungsplan 1982 bis 1987 unter Dach und Fach zu bringen. Er sei<br />

189 Niederschrift der Sitzung des Kulturausschusses vom 26. April 1983. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

190 Niederschrift über die Sitzung Kleine Kommission VHS am 5. September 1983. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

191 Niederschrift über die Sitzung Kleine Kommission VHS am 24. Oktober 1983. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

192 Niederschrift über die Sitzung der Kleinen Kommission VHS am 14. November 1983. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

193 Niederschrift über die Sitzung der Kleinen Kommission VHS am 12. Dezember 1983. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

194 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 13. Februar 1984. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

195 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 13. Februar 1984. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

81


schließlich die Grundlage für Zuschusszahlungen vom Land. Das Land förderte die VHS<br />

<strong>Iserlohn</strong> mit 496 000 DM, die Stadt mit 215 202 DM. 196<br />

Der Plan wurde verabschiedet, wenn genügend Geld vorhanden sei, sollten die Maßnahmen<br />

umgesetzt werden. Die „Kleine Kommission VHS“ hatte einige kleine Korrekturen zuvor<br />

beschlossen. Allerdings: Kämmerer Karl Althaus sprach davon, „dass angesichts der<br />

Planung, den VHS-Etat von rund 350 000 DM in diesem Jahr auf mehr als das Doppelte in<br />

1987 zu erhöhen, die Sitten verdorben würden’“. 197<br />

Die schwierigen und sicherlich sehr zeitaufwändigen Diskussionen führten auch zu<br />

Veränderungen in der Arbeit des Stadtrates.<br />

Im Dezember 1984 hielt die SPD-Fraktion das Städtische Museum und die Volkshochschule<br />

für so bedeutend, dass sie mit einem Unterausschuss begleitet werden sollten. Im<br />

Unterausschuss VHS, in dem auch die Fachbereichsleiter regelmäßig Stellung beziehen<br />

sollen, „sollen alle Angelegenheiten der Volkshochschule betreut und beraten werden<br />

einschließlich der Weiterbildungsentwicklungsplanung“ 198 . Tatsächlich wurde die Einrichtung<br />

eines Unterausschusses VHS beschlossen. Dem Unterausschuss gehörten die Ratsmitglieder<br />

Dragon (SPD), Seltmann (SPD) und Brunswicker (CDU) sowie die Bürgervertreter Bickmann<br />

(CDU) und Treudt (Grüne) an, es gab also zwei Mitglieder der CDU und der SPD sowie ein<br />

Vertreter der Grünen. Vorsitzender wurde Wolf R. Seltmann. Der Unterausschuss war größer<br />

als die bis dahin bestehende Kleine Kommission, der Vorsitzende selbst berief den Ausschuss<br />

ein und setzte die Tagesordnung fest. Wolf R. Seltmann und seine Kollegen nahmen die<br />

Aufgabe sehr ernst. „Wir haben uns intensiv auch theoretisch mit diesen Dingen auseinander<br />

gesetzt, lasen zum Beispiel viele aktuelle Bücher zum Thema Kultur und Kulturpolitik.“ 199<br />

Wolf R. Seltmann bewertet die Arbeit des Unterausschusses rückblickend folgendermaßen:<br />

„(…) es bedurfte eines Unterausschusses Volkshochschule und schwieriger Diskussionen, um<br />

zu erreichen, dass das Lehrangebot vom Prinzip der Zufälligkeit in ein Konzept überführt<br />

wurde, das neben den klassischen Bildungseinheiten aktuellen Fragen des Umweltschutzes,<br />

der Informatik, der Politik sowie sozialer Probleme Raum gab. Ein Konzept, das inhaltlich<br />

durchstrukturiert sowie lernziel- und zielgruppenorientiert sein sollte.“ 200<br />

196 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformationen. November 1986. Nr. 29. S. 3.<br />

197 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 28. August 1984.<br />

198 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses am 7. Dezember 1984. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

199 Interview von Verfasserin mit Wolf R. Seltmann am 3. August 2009 in Sümmern.<br />

200 Unveröffentlichtes Manuskript zum Vortrag „Fachwerk ist genug vernichtet“ von Wolf R. Seltmann, gehalten<br />

im April 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

82


Neben der erweiterten finanziellen Ausstattung wurde auch die räumliche Situation weiter<br />

verbessert. Im Dezember 1983 erfreute die Volkshochschule die Nachricht, dass sie ab dem<br />

nächsten Jahr auch die Jugendstil-Villa Stennerstraße 8 zur Verfügung gestellt bekommt. „Mit<br />

diesem von der Stadt unterbreiteten Angebot können künftig mehr Vormittagskurse<br />

veranstaltet werden.“ 201 „Von der <strong>Iserlohn</strong>er Bevölkerung werden diese alten Villen gerne<br />

angenommen, weil sie eine Verbindung von historischer Bausubstanz und Tradition auf der<br />

einen Seite und einer modernen Funktion (Weiterbildung, Kommunikation und<br />

Kulturzentren) andererseits darstellen.“ 202<br />

1985 wurde das VHS-Haus, das mittlerweile über ein Fotolabor verfügte, um eine<br />

Druckwerkstatt erweitert: Sie stand im Keller (in der Waschküche des früheren<br />

Gesundheitsamtes). Etwa 14 000 Mark kostete der Umbau, 10 000 Mark wurden in die<br />

Grundausrüstung investiert. 203 Die Politik machte sich 1985 auch Gedanken über die<br />

Raumnot der VHS. Ein Arbeitskreis der FDP hatte da eine eigentlich ganz gute Idee: Die<br />

„Alte Post“ am Theodor-Heuss-Ring solle das zukünftige Domizil der VHS werden. 204 Diese<br />

Idee wurde dann doch nicht realisiert.<br />

Doch trotz aller Erfolge gab es sehr kritische Stimmen. Überlegungen zur Auflösung der VHS<br />

tauchten im Herbst 1987 auf. „In der (einmal mehr) emotionsgeladenen Atmosphäre des<br />

Unterausschusses Volkshochschule hatte der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion<br />

Ulrich Dragon düstere Andeutungen gemacht.“ 205 Ulrich Dragon erläuterte: Ernsthafte<br />

Überlegungen zur Auflösung gebe es zwar nicht, jedoch dürfe man sich nicht wundern.<br />

Immerhin hätte die Stadt keine gesetzliche Verpflichtung, eine Volkshochschule zu betreiben,<br />

dies hätten nur die kreisfreien Städte, zu denen <strong>Iserlohn</strong> nur bis 1974 zählte. Ein Grund für<br />

eine mögliche Schließung sei die Finanzlage der Stadt, die zu rigorosen Sparmaßnahmen<br />

zwinge. Zudem erbringe die VHS immer weniger Nachweise der Unverzichtbarkeit, eine<br />

Entwicklung der VHS <strong>Iserlohn</strong> habe es in den letzten Jahren nicht gegeben. 206<br />

201<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 7. Dezember 1983.<br />

202<br />

Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> 1983-1984. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3.<br />

203<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 7. Februar 1985.<br />

204<br />

Westfälische Rundschau. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 9. November 1985. Westfalenpost. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 9.<br />

November 1985.<br />

205<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 6. November 1987.<br />

206<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 6. November 1987.<br />

83


Wenn auch die Schließung der VHS nicht wirklich Thema war, stand die Auflösung des<br />

Unterausschusses VHS sehr wohl ab November 1987 zur Debatte. Der Hauptausschuss<br />

erklärte am 4. November 1987 in einer Beratungsdrucksache, dass man über die Straffung der<br />

Ratsarbeit beraten habe und es empfohlen wurde, die Notwendigkeit der Unterausschüsse und<br />

Kleinen Kommissionen zu prüfen, wozu auch der Unterausschuss VHS gehörte. 207<br />

Tatsächlich beriet der Kulturausschuss am 11. Januar 1988 darüber, den Unterausschuss VHS<br />

aufzulösen. Ein Bürgervertreter plädierte für die Auflösung der Unterausschüsse und<br />

Kommissionen. Sie würden oft zusätzliche Arbeit bedeuten, die eigentlich von der<br />

Verwaltung erledigt werden sollte. Ein Ratsmitglied dagegen verwies auf die sinnvolle Arbeit<br />

der Unterausschüsse, es werde vorgearbeitet, der Kulturausschuss dadurch entlastet. Dennoch:<br />

Man beschloss den Unterausschuss VHS aufzulösen, ebenso der Unterausschuss Museum und<br />

die Kleinen Kommissionen Kunst und Friedhof. 208<br />

3.5.4.4. Personelle Entwicklungen<br />

Felix Freier und Dr. Ute Kaßnitz wurden 1980 neue Fachbereichsleiter bei der VHS <strong>Iserlohn</strong>,<br />

ersetzten Susanne Seul und Thomas Meyer. Nach fünf Jahren gingen auch diese beiden<br />

pädagogischen Kräfte, für sie kamen Sabine Schirra (Fachbereich Sprachen) und Margret<br />

Schlegel (Fachbereich Gesundheit und Kreativität). Nach nur zwei Jahren ersetzte Wilfried<br />

Oslender Sabine Schirra im Fachbereich Sprachen, ab 1990 ersetzte Lieselotte Berthold die<br />

verstorbene Margret Schlegel (schon seit Juli 1988 hatte sie sie vertreten). Seit 1981 gab es<br />

zudem mit Bodo Mebes einen weiteren Fachbereichsleiter für den Bereich Bereiche<br />

Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und Wirtschaft.<br />

Im Verwaltungsbereich blieb Peter Bachmann ab 1973 Geschäftsführer. Er wurde in der<br />

Verwaltungsarbeit weiterhin von Irene Mesmann unterstützt, bis 1982 zudem von Gertrud<br />

Müller. Für Gertrud Müller kam 1982 Martina Kalthof (Erbe), ihre Stelle (mit anderen<br />

Aufgaben) übernahm 1988 Petra Baatz. 1987 wurde eine vierte Verwaltungsstelle eingerichtet<br />

und mit Dieter Kaminski besetzt.<br />

3.5.4.5. Die Stadtteilarbeit<br />

Weiterbildung zu den Menschen bringen – das war die Devise. 1982 feierte man zehn Jahre<br />

VHS-Arbeit in Hennen. Die Arbeit dort war nicht immer leicht gewesen: Die Teilnehmer<br />

207 Beratungsdrucksache, der Stadtdirektor an den Kulturausschuss, Drucksachen-Nr. 3/2212, 4. November 1987.<br />

Protokollbuch des Kulturausschusses. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

208 Niederschrift über die Sitzung des Kulturausschusses vom 11. Januar 1988. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

84


mussten beispielsweise bei den Schreibmaschinenkursen ihre Kofferschreibmaschinen selber<br />

mitbringen. 209 Erstmals gab es stadtteilorientierte Bürgerversammlungen in Hennen und<br />

Letmathe: In Hennen nahm der mittlerweile dritte Seniorenkreis der VHS <strong>Iserlohn</strong> (nach<br />

<strong>Iserlohn</strong> und Letmathe) seine Arbeit auf. Die Leitung hatte Günter Schweitzer.<br />

1989 eröffnete man eine Außenstelle in der <strong>Iserlohn</strong>erheide. Besonders hilfreich war dort stets<br />

das Hausmeisterehepaar Igney.<br />

Im Ortsteil Hennen im <strong>Iserlohn</strong>er Norden erfreute sich 1987 der VHS-Seniorenkreis großer<br />

Beliebtheit. Ob ein heimatkundlicher Lichtbilder-Vortrag mit Friedhelm-Arno Berthold,<br />

Volkslieder mit Ingrid Schweitzer oder Informationen über Brasilien mit Dr. Adolf Schweers<br />

– die Veranstaltungen waren stets gut besucht. 210 In Hennen boten Margret Schlegel und<br />

später Lieselotte Berthold zudem einen Frauenfrühschoppen an.<br />

Gut besucht war auch der VHS-Seniorenkreis in Letmathe unter der Leitung von Heinrich<br />

Hardt. Alle 14 Tage traf man sich in der VHS-Etage in der Trillingschen Villa. 211 Und auch in<br />

<strong>Iserlohn</strong> verbesserte man – besonders auf Initiative des VHS-Unterausschuss-Vorsitzenden<br />

Wolf R. Seltmann und des Sozialausschusses – das Angebot der Volkshochschule für ältere<br />

Menschen im Studienjahr 1987/88. 212<br />

In <strong>Iserlohn</strong> hatte Karl Goßner die Leitung des Seniorenkreises inne. Die Veranstaltungen<br />

fanden im VHS-Haus an der Stennerstraße 12 statt.<br />

Das Konzept der Seniorenkreise war überall gleich, es gab regelmäßig Vorträge, oftmals von<br />

Gastreferenten, sowie Tagesfahrten oder Diavorträge.<br />

3.5.4.6. Inhaltliche Höhepunkte<br />

Aus der ganzen Diskussion um die Finanzierung und den Vorwurf der Konzeptionslosigkeit<br />

zwischen Rat und VHS geht hervor, dass eine Volkshochschule in einem besonderen<br />

Spannungsfeld steht, nämlich in dem Spannungsfeld auf aktuelle Ereignisse einzugehen,<br />

zunehmend Schulabschlüsse zu ermöglichen, berufliche Weiterbildung zu offerieren, eine<br />

sinnvolle Freizeitgestaltung anzubieten, Randgruppen zu integrieren und gesellschaftliche und<br />

209 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann und Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

210 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformationen. März 1987. Nr. 33. S. 4.<br />

211 Für nähere Informationen siehe Hofbauer, Katja: 50 Jahre Volkshochschule in Letmathe. Letmathe, 2005.<br />

212 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformationen. April 1987. Nr. 34. S. 2.<br />

85


gesellschaftspolitische Diskussionen und Entwicklungen vertieft zu diskutieren. All diese<br />

Bemühungen spiegeln sich auch in den inhaltlichen Höhepunkten wider.<br />

In den 1980er Jahren gab es wieder zahlreiche Attraktionen im VHS-Programm – oder wie es<br />

IKZ-Chefredakteur Eduard Grüber 1983 bei einem Vortrag formulierte, „Volkshochschule<br />

zwischen Knüller und Curriculum“. Das Programm zeigte typische Merkmale der<br />

Erwachsenenbildung in den 1980er Jahren: Individualisierung, Ökonomisierung, Gesundheit,<br />

Qualifizierung und Internationalisierung.<br />

3.5.4.6.1.Kunst, Musik und Kreativität<br />

Ein Höhepunkt im VHS-Jahr 1980 war sicherlich die Autorenlesung mit anschließender<br />

Diskussion mit Jurek Becker. 213<br />

1982 gab es wieder Gitarrenkurse für Anfänger und Fortgeschrittene bei der VHS in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Erstmals gab es den Schwerpunkt-Kurs Folkgitarre mit Manfred Malzahn. Die Instrumente<br />

waren mitzubringen. 214 1982 stellte Brigitte Geck im VHS-Haus aus und zeigte die Vielfalt<br />

der Möglichkeiten, mit Wachs und Farbe Stoffe zu gestalten. 215<br />

Im April 1982 las der Lyriker Thomas Erwin in der VHS – eine Veranstaltung am<br />

Samstagabend. Der 1961 in der DDR geborene Lyriker lebte damals in Paris. „VHS-Leiter<br />

Horst Piltz solle die Reihe ,Lyrik am Samstag’ auch in Zukunft weiterführen. Er hat damit<br />

einen guten Griff getan“, empfahl damals der IKZ. 216 Im November 1982 war Michael<br />

Holzach, Sozialwissenschaftler und ehemaliger Zeit-Reporter, zu Besuch in der VHS. Der 35-<br />

Jährige las aus seinem Bestseller „Deutschland umsonst“.<br />

1983 gab es eine Ausstellung mit fünf Hobbyfotografen, die zum Thema „<strong>Iserlohn</strong>, eine Stadt,<br />

in der ich lebe“, Bilder aus der Waldstadt zeigten. 217 Der Herbst war auch 1983 wieder die<br />

Zeit der Lesungen in der <strong>Iserlohn</strong>er VHS, der Schriftsteller Hans Bender las im November aus<br />

seinen Jugenderinnerungen. 218 Ferner gab es ein „VHS-Amateurfilm-Festival“<br />

1984 war wieder ein Jubiläumsjahr, 65 Jahre alt wurde die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Anlässlich des Geburtstages malte der <strong>Iserlohn</strong>er Maler und Grafiker Karl Heinz Stannek das<br />

Haus der Volkshochschule als Motiv für eine Postkarte.<br />

213 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 18. November 1980.<br />

214 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 3. September 1982.<br />

215 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 21. Januar 1982.<br />

216 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 27. April 1982.<br />

217 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 2. September 1983.<br />

218 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 12. November 1983.<br />

86


„VHS bekam Post vom weißen Haus" titelte der IKZ am 8. Mai 1984: „Wenn der ,American<br />

Folk Train’ heute Abend im Musiksaal des Stenner-Gymnasiums startet, kann er sich<br />

besonderer Unterstützung sicher sein: Gestern übermittelte der amerikanische Präsident die<br />

besten Grüße an die Musik-Gruppe. Charles Brooks, Leiter der heutigen Volkshochschul-<br />

Veranstaltung, erfuhr in dem Schreiben von einer Assistentin des Präsidenten, dass seine<br />

Arbeit im Weißen Haus sehr geschätzt wird. „Ich bin sicher, Sie verstehen, dass der Präsident<br />

keine Zeit findet, Sie praktisch in dieser Sache zu unterstützen", heißt es in dem Brief.<br />

Das neue Programm des „American Folk Train", der bereits im vergangenen Jahr einmal in<br />

<strong>Iserlohn</strong> gastierte, umfasst Work-, Cowboy- und Protest -Songs. 219<br />

Ein Schwerpunkt-Thema war 1984/85 jüdisches Leben: „Jüdische Feste – Jüdischer Alltag“<br />

(Heidrun Bergmann), „Das Buch ,Kohelet’ – der Prediger“ (Chaim Storosum, Hilda West,<br />

Amsterdam), „Der Fiedler vom Ghetto – Jiddische Gedichte aus Polen“ (Hubert Witt,<br />

Leipzig). Zudem lief der Fotowettbewerb „Frankreich – Alltag eines Nachbarlandes“. Eine<br />

deutsch-französische Jury bewertete die eingesandten Fotos, als Preise lockten Reisen,<br />

Sachbücher und Schallplatten. Es gab 116 Einsendungen, im März 1985 wurde der Gewinner<br />

bekannt gegeben: Karl-Ludger Wirth. 220 Ein zweiter Foto-Wettbewerb beschäftigte sich mit<br />

„Ausländische Mitbürger in unserer Stadt“.<br />

Mitte der 1980er Jahre konnten dank der guten Zusammenarbeit zwischen VHS und<br />

Buchhandlung Potthoff regelmäßig Autorenlesungen durchgeführt werden, die auf großes<br />

Interesse stießen. 221 1986 lasen beispielsweise Hilde Domin bei der VHS (März), Carola Stern<br />

(April), Ingeborg Hecht (April), Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner (November).<br />

Im März 1986 kam DDR-Auto Günter de Bruyn ins VHS-Haus. 222<br />

Besonderer Beliebtheit erfreute sich im September 1987 die Ausstellung „Keramik<br />

International“ unter der Leitung von Anke Mellin, Helga Roch und Eva Schulz.<br />

Im März 1989 war eine Autorin zu Gast, der 20 Jahre später der Nobelpreis für Literatur<br />

verliehen werden würde: Herta Müller. Die deutsche, aus Rumänien stammende,<br />

Schriftstellerin kam auf Einladung der VHS und des Goethe-Instituts nach <strong>Iserlohn</strong>. Morgens<br />

traf sie sich mit Aussiedlern, abends las sie aus ihrem damals neuen Manuskript „Reisende<br />

auf einem Bein” im Haus der Volkshochschule an der Stennerstraße 3. 223<br />

219 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 8. Mai 1984.<br />

220 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. März 1985.<br />

221 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformationen. April 1986. Nr. 22. S. s.<br />

222 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 12. März 1986.<br />

223 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 18. März 1989. Siehe auch: <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 10. Oktober 2009.<br />

87


Im Herbst 1989 stellte der <strong>Iserlohn</strong>er Fotograf Herbert Gutsche, Jahrgang 1913, in der neu<br />

gegründeten „Treppen-Galerie“ im Haus Stennerstraße 3 aus. Gutsche fotografierte seit 1962<br />

in <strong>Iserlohn</strong> Häuser und Ensembles, besonders die Altstadt. Die Idee zu der Treppen-Galerie<br />

hatte Fachbereichsleiterin Lieselotte Berthold. Horst Piltz war davon begeistert, denn so<br />

würde gleichzeitig auf die vielen Themen der VHS aufmerksam gemacht. 224<br />

3.5.4.6.2. Förderung beruflicher Weiterbildung<br />

Einen weiteren Impuls für die Diskussion um das inhaltliche Konzept brachte am 1. Januar<br />

1985 in NRW das „Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen<br />

und politischen Weiterbildung“, das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz. Im Volksmund<br />

nannte man es „Bildungsurlaubsgesetz“ und die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> nahm sich seitdem<br />

dieses Themas an und bot zahlreiche Bildungsurlaubsseminare, etwa im Bereich EDV, an.<br />

Bodo Mebes baute als Fachbereichsleiter EDV – Beruf diesen Bereich kontinuierlich auf.<br />

Erstmals konnte man 1983 an der VHS <strong>Iserlohn</strong> das allgemein anerkannte VHS-Zertifikat<br />

Informatik erwerben.<br />

1983 war das Thema Werbung präsent in den beiden Kursen „Marketing für Kleinbetriebe“<br />

und „Werben – aber wie?“ von Heike Schonert.<br />

1984/85 boomten auch Kurse im Bereich „Wirtschaft und kaufmännische Praxis“, 19 wurden<br />

insgesamt angeboten.<br />

Immer wieder betonte man, dass die VHS auch ein Treffpunkt für Arbeitslose und<br />

Sozialhilfeempfänger sei. Aufgrund der Entgeltordnung gebe es keine finanziellen<br />

Barrieren. 225<br />

3.5.4.6.3. Beiträge der VHS zur 750 Jahrfeier <strong>Iserlohn</strong>s<br />

Im September 1986 startete ein Stadtführerkurs unter der Leitung von Karl-Heinz Kesten und<br />

Horst Piltz. Die Teilnahme war entgeltfrei, der Kurs sollte Stadtführer für die Feier zum 750-<br />

jährigen Jubiläum der Stadt <strong>Iserlohn</strong> 226 vorbereiten. 227<br />

Das Herbstsemester 1987 hatte dann die 750-Jahr-Feier <strong>Iserlohn</strong>s als Themenschwerpunkt.<br />

„Stadtplanung und Stadtentwicklung in <strong>Iserlohn</strong> – Große Stadtrundfahrt“ hieß es am 9. Mai<br />

224 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 17. August 1989.<br />

225 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformationen. Mai 1988. Nr. 47. S. 2.<br />

226 Tatsächlich gibt es keine schriftlichen Quellen, die auf ein genaues Gründungsdatum der Stadt schließen<br />

lassen. Seit einigen Jahrzehnten einigt man sich aber für Feierlichkeiten auf das Datum 1237.<br />

227 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformation. August 1986. Nr. 26.<br />

88


1987 und am 22. September 1987, Erwin Hensgen fuhr mit Teilnehmern durch die<br />

Waldstadt. „Die <strong>Iserlohn</strong>er Wirtschaft – Lebensgrundlage für die Bevölkerung unserer Stadt“<br />

war ein Vortrag mit Dr. Hanswerner Hildenbrand betitelt, Hans Müsse hielt einen<br />

Lichtbildervortrag über „Die fotografierte Stadt: Alt-<strong>Iserlohn</strong>“, Hans-Jürgen Burgard leitete<br />

eine zeitgeschichtliche Gesprächsrunde zum Thema „<strong>Iserlohn</strong> unter dem Union Jack“,<br />

Museumsleiter Gerd Schäfer informierte über „Handleier und Tabaksdosen“ bei einer<br />

Führung durch das Stadtmuseum, Ernst Dossmann sprach über „Denkmalschutz und<br />

Denkmalpflege am Beispiel <strong>Iserlohn</strong>s und seines Umfeldes“ und Cordt Schnibben und Horst<br />

Piltz leiteten eine Gesprächsrunde mit dem Titel „<strong>Iserlohn</strong> – oder die Schwierigkeit, eine<br />

Stadt zu beschreiben“.<br />

Ein Arbeitskreis erarbeitete die Geschichte der ausländischen Mitbürger in <strong>Iserlohn</strong> unter der<br />

Leitung von Horst Piltz. Veranstaltungsort war das Griechische Zentrum am Mühlentor. „Die<br />

Teilnehmer werden Text- und Bilddokumente auswerten, um die Entwicklung der<br />

„Gastarbeiterfrage“ am Beispiel <strong>Iserlohn</strong>s kennen zu lernen“, heißt es in der Ankündigung.<br />

Die VHS-Theatergruppe unter der Leitung von Werner Traut führte zudem „Jedermann“ im<br />

STübbeken auf. Organisatorin war Margret Schlegel.<br />

Und da nicht nur <strong>Iserlohn</strong>, sondern auch Berlin 750 Jahre Stadtgeschichte feierte, war die<br />

ehemalige Hauptstadt das zweite Schwerpunktthema: „Weltbühne Berlin – Die Zwanziger<br />

Jahre“, „Max Liebermann“, „Berliner Originale“, „Berlin, dein Filmgesicht“ und weitere<br />

Veranstaltungen fanden statt. Ein weiteres Schwerpunktthema war Architektur.<br />

3.5.4.6.4. Der Arbeitskreis „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>“<br />

Die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus war stets ein besonderes<br />

Anliegen der VHS. In vielen Semestern gab es Vorträge und Kurse zu diesem Thema.<br />

Ein Arbeitskreis, der auf besonderes Interesse stieß, war im Frühjahr 1987 der von Horst Piltz<br />

geleitete Arbeitskreis „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>“.<br />

Die Vortragsreihe, die am 17. Februar begann, lief über zehn Abende, in denen jeweils andere<br />

Schwerpunkte im Mittelpunkt standen. Karin Szameitat, neben Ratsherr Ulrich Dragon eine<br />

Initiatorin des Mahnmals, referierte über ähnliche Mahnmale in anderen Städten, Peter Trotier<br />

sprach über Aspekte des Dritten Reiches in Letmathe, Hans Martin Herbers erzählte vom<br />

Leben und Leiden von <strong>Iserlohn</strong>ern im Dritten Reich, Clemens Müller analysierte die Rolle der<br />

Kirchen, Götz Bettge informierte über Stationen der NS-Machtergreifung in <strong>Iserlohn</strong>, Ulrich<br />

89


Dragon dokumentierte 50 Jahre Haus der Heimat, Zeitzeuge Oskar Escherich berichtete über<br />

die NS-Zeit und Dr. Norbert Aleweld ging auf Denkmäler und Mahnmale in <strong>Iserlohn</strong> ein. Der<br />

Künstler Professor Siegfried Neuenhausen präsentierte zudem zweimal die Entwürfe für sein<br />

Kunstwerk, das schließlich im August 1989 eingeweiht werden konnte. Insgesamt nahmen<br />

170 Personen an den Veranstaltungen teil, die Besucherzahl der Abende schwankte zwischen<br />

8 und 42. Im Anschluss gab es jeweils lebhafte Diskussionen. Im September 1988 wurde die<br />

Reihe auf Wunsch vieler Teilnehmer fortgeführt. 228 Der Arbeitskreis hatte auch in der<br />

Diskussion um den Standort des Mahnmals den Poth ins Gespräch gebracht, wo das Denkmal<br />

schließlich auch installiert wurde. 229<br />

Schwierig gestaltete sich allerdings die Erstellung einer Dokumentation über die Entstehung<br />

des Mahnmals. Als am 8. September der Arbeitskreis „Dokumentation zur Entstehung des<br />

Mahnmals für die Opfer des Faschismus in <strong>Iserlohn</strong>“ seine Arbeit aufnehmen wollte, blieb<br />

Kursleiter Matthias Gottwald allein. 230 Trotzdem konnte 1989 eine Dokumentation des<br />

Arbeitskreises über das Mahnmal herausgegeben werden, die Redaktion lag bei Götz Bettge,<br />

Ulrich Dragon und Horst Piltz. Die Erstellung dieser Dokumentation war zunächst vom<br />

Kulturausschuss abgelehnt worden. 231 Sie wurde später durch finanzielle Vollförderung der<br />

Landeszentrale für Politische Bildung in Düsseldorf ermöglicht.<br />

3.5.4.6.5. Der Bereich Medizin und Gesundheit<br />

Vorträge und Kurse zur Gesundheitsprophylaxe und medizinischen Problemstellungen fanden<br />

in allen Jahren eine bedeutende Resonanz bei den Zuhörern der VHS. Beispielhaft sollen hier<br />

die Jahre 1986 und 1990 erwähnt werden. 1986 gab es Vorträge zu den Themen hyperaktive<br />

Kinder, Neurodermitis, Vergiftungsunfälle und mehr. Auch Stressbewältigung war ein<br />

Thema, es gab eigens einen VHS-Gesprächskreis „Stressbewältigung am Arbeitsplatz und im<br />

Alltag“. Zudem wurde ein Arbeitskreis Behinderter und Nicht-Behinderter Menschen mit Dr.<br />

Hans Peter Schmidtke ins Leben gerufen.<br />

Ferner machte die VHS Programm im offenen Kanal von Radio MK. Einige Vorträge und<br />

Seminare im Bereich Medizin / Gesundheitsvorsorge bot die VHS <strong>Iserlohn</strong> speziell anlässlich<br />

der Gesundheitswoche vom 1. bis 10. Oktober 1990 zum Thema „Einsamkeit –<br />

228 Piltz, Horst: Der VHS-Arbeitskreis. In: VHS-Arbeitskreis „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in<br />

<strong>Iserlohn</strong>“: Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>. Eine Dokumentation. <strong>Iserlohn</strong>, 1989.<br />

229 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 20. September 1988.<br />

230 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 21. September 1988.<br />

231 Letmather Nachrichten. 8. Juni 1988.<br />

90


Vereinsamung“ an. Lieselotte Berthold koordinierte die Zusammenarbeit der<br />

Volkshochschule mit dem Gesundheitsamt des Märkischen Kreises.<br />

3.5.5. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums<br />

3.5.5.1. Die pädagogischen VHS-Leiter<br />

3.5.5.1.1. Ursula Mänz<br />

Am 16. Dezember 1965 wählte der Rat der Stadt <strong>Iserlohn</strong> Ursula Mänz zur neuen VHS-<br />

Leiterin. Am 1. Januar 1966 übernahm sie offiziell das Amt.<br />

Ursula Mänz stammte aus Hannover, war erst kaufmännische Angestellte, machte 1952 ihr<br />

Abitur und studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik. Danach war sie zunächst<br />

bibliothekarisch tätig, später beim VHS-Landesverband von Nordrhein-Westfalen in<br />

Dortmund. Zudem leitete sie die Kreis-Volkshochschule in Bergheim an der Erft. 232<br />

Ihre Vorgesetzte in <strong>Iserlohn</strong>, Marieluise Spangenberg, beschreibt Ursula Mänz als „sehr<br />

kontaktfreudig, tüchtig, voller Energie.“ 233 Zudem sei es hilfreich gewesen, dass Ursula Mänz<br />

selbst über den zweiten Bildungsweg so weit gekommen war.<br />

Über vier Jahre sollte Ursula Mänz der Volkshochschule vorstehen. Als sie die Waldstadt<br />

1970 verließ, titelte eine Zeitung: „Ein großer Verlust für <strong>Iserlohn</strong>“ 234 . In der Tat wuchs<br />

während ihrer Amtszeit die Zahl der Hörer von 1200 auf etwa 4500. „Besondere<br />

Aufmerksamkeit widmete sie den langfristigen Kursen, unter anderem zur Erlangung der<br />

Bildungsreife und den Kursen zur Vorbereitung auf die Begabtensonderprüfung zum Studium<br />

an pädagogischen Hochschulen. Auch eine verstärkte Arbeit in den Außenbezirken der Stadt<br />

lag ihr am Herzen.“ 235 Sie konzipierte Autorenlesungen, zudem wurden die Studienfahrten<br />

feste Programmbestandteile.<br />

Ursula Mänz verließ <strong>Iserlohn</strong>, um als wissenschaftlich-pädagogische Beraterin im Berliner<br />

Volkshochschulwesen in den Bereichen Literatur, Kunstgeschichte und Hobby tätig zu sein<br />

und um an zwölf Berliner Volkshochschulen zu unterrichten. 1972 wurde sie Leiterin der<br />

232 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger, 17. Dezember 1965.<br />

233 Interview von Verfasserin mit Marieluise Spangenberg am 5. Januar 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

234 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 15. August 1970.<br />

235 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 15. August 1970.<br />

91


Kreisvolkshochschule Neustadt (ab 1974 Kreisvolkshochschule Hannover). 1981 ging sie in<br />

den Ruhestand. 236<br />

Ursula Mänz-Barron starb 1988. 237<br />

3.5.5.1.2. Horst Piltz<br />

<strong>Iserlohn</strong>s letzter Fußgänger, der „Mann der knalligen Ankündigungszettel mit der Vorliebe<br />

für vollgepflasterte Schaukästen“ 238 , <strong>Iserlohn</strong>s bestbezahltester Plakatkleber, ein Meister im<br />

Kontakte-Knüpfen: Horst Piltz war <strong>Iserlohn</strong>s typischstes Berliner Original – und kommt doch<br />

eigentlich aus Babelsberg (Potsdam).<br />

Dort wurde Horst Piltz am 20. Juni 1938 als Sohn eines Uhrmachers und technischen<br />

Angestellten geboren. Er wuchs in der DDR auf, reiste aber schon 1957 mit einem<br />

Interzonenpass in den Westen aus. Sein Abitur machte er in Marl, dort bekam er auch<br />

erstmals Kontakt zur ortsansässigen Volkshochschule. Die besuchte er fleißig: „Wenn man<br />

aus der DDR kam, hat man geistig aufgesaugt, was man aufsaugen konnte.“ 239 In Münster<br />

studierte er Geografie, Kunstgeschichte und Literatur, arbeitete während des Studiums als<br />

Deutschlehrer in Finnland und erhielt ein zweijähriges Stipendiat des schwedischen Königs in<br />

Stockholm.<br />

Zurück in Münster begann er fünf Jahre lang nebenberuflich bei der VHS zu arbeiten: Dann<br />

war der Wunsch, VHS-Arbeit hauptberuflich zu machen, so groß, dass er Stellenangebote<br />

durchsah – und sich zwischen fünf Städten für <strong>Iserlohn</strong> entschied. Die Gründe? „Die Nähe zu<br />

Münster war mir wichtig, <strong>Iserlohn</strong> hat Kultur, Tradition und Milieu und hat ferner<br />

Beziehungen zu Preußen – im Grunde bin ich immer zu Hause!“ 240<br />

1971 kam Piltz mit seiner Ehefrau, der Lehrerin Elke Piltz, in <strong>Iserlohn</strong> an, beide Töchter<br />

wurden hier geboren.<br />

236<br />

Landkreis Hannover (Hrsg.): 25 Jahre Kreisvolkshochschule Hannover 1971 – 1996. Ohne Ortsangabe 1996.<br />

S. 4 und 5.<br />

237<br />

Westfälische Rundschau. 25. Oktober 1988.<br />

238<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 21. Juli 2003.<br />

239<br />

Interview der Verfasserin mit Horst Piltz im April 2005.<br />

240<br />

Interview der Verfasserin mit Horst Piltz im April 2005.<br />

92


Stets auch um seine eigene Fortbildung bemüht, absolvierte Piltz beispielsweise 1977 ein<br />

einmonatiges Seminar der Landeszentrale für politische Bildung für Dozenten, die im Bereich<br />

der außerschulischen politischen Bildung hauptberuflich tätig sind.<br />

1981 gab es ein Jubiläum zu feiern: Horst Piltz war nun seit zehn Jahren Leiter der VHS<br />

<strong>Iserlohn</strong>. Blumen und Geschenke erreichten ihn. „Seit zehn Jahren leitet Horst Piltz<br />

erfolgreich die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule, die mit ihrem vielseitigen Programm für alle<br />

Bürger einen großen Raum im geistigen Leben der Stadt einnimmt, die von Rat und<br />

Verwaltung gefördert wird und nach einem Weiterbildungsentwicklungsplan aufgebaut<br />

wird.“ 241 Er selbst resümierte: „Das große Mosaik der VHS setzt sich aus vielen kleinen<br />

Steinchen zusammen, ohne die haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter, aber vor allem ohne<br />

das Interesse der Bevölkerung, wäre die VHS in diesen zehn Jahren nicht so angewachsen.“ 242<br />

32 Jahre VHS-Arbeit machten den parteilosen Katholik zu einem bekannten Gesicht, sein<br />

Engagement, sein Witz und seine Hartnäckigkeit sind legendär. „Eine meiner Prinzipien war,<br />

zu den Bürgern hinzugehen.“ 243 In die Stadtteile also, auch thematisch.<br />

Horst Piltz war bekannt als chaotischer Mensch. „Er war manchmal etwas verrückt. Aber das<br />

muss man in diesem Job vielleicht auch sein“, erklärt etwa sein langjähriger Mitarbeiter Bodo<br />

Mebes. 244 Charmant sei er gewesen, so Irene Mesmann, aber auch anstrengend. 245 Doch bei<br />

aller Problematik: „Piltz hat sich für die VHS immer fürchterlich eingesetzt“ 246 .<br />

Nach seiner Pensionierung 2003 zog Horst Piltz nach Cloppenburg, in die Heimat seiner Frau.<br />

Dort widmet er sich nach wie vor Kunst und Bildung. Vor allem die Bauwerke, die zum<br />

UNESCO-Weltkulturerbe gehören, haben es ihm angetan, er reist viel.<br />

241 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadt-Information. Juli 1981. Seite 3.<br />

242 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger.<br />

243 Interview der Verfasserin mit Horst Piltz im April 2005.<br />

244 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

245 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

246 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann und Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

93


3.5.5.2. Die Fachbereichsleiter<br />

3.5.5.2.1. Susanne Seul (geborene Gerstenberg)<br />

Susanne Seul, geborene Gerstenberg, stammt aus Bad Doberan in Mecklenburg. Sie studierte<br />

Romanistik und Geschichte, schloss mit dem zweiten Staatsexamen ab. Danach arbeitete sie<br />

als Gymnasiallehrerin an Privatschulen. 247<br />

Seit dem 1. August 1978 war Susanne Gerstenberg pädagogische Mitarbeiterin der<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>. Sie war für den Bereich Sprachen und Schulabschlüsse zuständig.<br />

Im Mai 1980 verließ Susanne Seul, wie sie jetzt hieß, die Volkshochschule.<br />

3.5.5.2.2. Thomas Meyer<br />

Thomas Meyer stammt aus Bad Mergentheim. Nach einem Studium an einer Hochschule für<br />

Zeichnen und Gestalten erhielt er sein Diplom als Industrie-Designer. Er war dann<br />

Kunsterzieher an Grundschulen und Gymnasien. Zudem arbeitete er freiberuflich als<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt am Main. 248<br />

Seit dem 1. August 1978 war Thomas Meyer pädagogischer Mitarbeiter für die Bereiche<br />

kreatives Gestalten, Sport und Gesundheitsfragen der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Im Februar 1980 verließ er <strong>Iserlohn</strong>.<br />

3.5.5.2.3. Felix Freier<br />

Felix Freier wurde 1952 in Wanne-Eickel geboren und studierte Pädagogik, Kunstgeschichte<br />

und Publizistik an der Ruhr-Universität Bochum. Er schrieb seine Zulassungsarbeit zur<br />

Magisterprüfung im Hauptfach Pädagogik an der Ruhruniversität Bochum über „Die<br />

Volkshochschule als kultureller Lernort – Kreativität und Kunst“. 249 Nach dem Studium war<br />

er als freier Journalist sowie in der Erwachsenenbildung tätig.<br />

Am 1. Februar 1980 trat Felix Freier seinen Dienst als Fachbereichsleiter für den Fachbereich<br />

„Kreatives Gestalten und Freizeitaktivitäten“ (Kreativität, Freizeit, Gesundheit, Sport und<br />

Gymnastik) bei der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> an.<br />

247 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 3. August 1978.<br />

248 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 3. August 1978.<br />

249 <strong>Iserlohn</strong>. Waldstadtinformation. April 1980. S. 5.<br />

94


Nach fünf Jahren verabschiedete sich Felix Freier dann von der VHS <strong>Iserlohn</strong>. Der nunmehr<br />

33-jährige Kommunikationswissenschaftler, Pädagoge und Kunsthistoriker trat eine neue<br />

Stelle als Leiter des neuen Fachbereichs Fotografie, Video und Film am Musischen Zentrum<br />

der Ruhruniversität Bochum an. Horst Piltz betonte, dass es Felix Freier gelungen sei, der<br />

VHS <strong>Iserlohn</strong> „seinen musischen Stempel aufzudrücken“ 250<br />

Bodo Mebes hat Felix Freier als „sehr kreativen Mann“ in Erinnerung, der anspruchsvoll<br />

gewesen sei und öfter in Konflikt mit Horst Piltz geriet. 251 Er sei fachlich sehr kompetent<br />

gewesen und hatte viele Visionen. In der VHS richtete er nicht nur die Fotowerkstatt ein,<br />

sondern initiierte auch die Keramikwerkstatt, Theater- und Pantomimeprojekte. „Er hat bei<br />

uns Spuren hinterlassen“, sagt Bodo Mebes. 252 Natürlich gab es auch Flops, wie etwa<br />

Kinoarbeit. Über <strong>Iserlohn</strong>s Grenzen hinaus erfolgreich dagegen waren seine Foto-Lehrbücher.<br />

Heute ist Felix Freier Leiter des Bereichs Fotografie/Film am Musischen Zentrum der Ruhr-<br />

Universität Bochum<br />

3.5.5.2.4. Dr. Ute Kaßnitz<br />

Dr. Ute Kaßnitz wurde in Bochum geboren, sie studierte später Sozialwissenschaften und<br />

Französisch an der Ruhruniversität Bochum. Hauptberuflich arbeitete sie zunächst als<br />

wissenschaftliche Hilfskraft, nebenberuflich an der dortigen Volkshochschule.<br />

Am 1. Mai 1980 begann sie ihre Tätigkeit als Fachbereichsleiterin für Sprachen und<br />

Schulabschlüsse. „Ich habe mir <strong>Iserlohn</strong> ausgesucht, weil die Stadt genau die richtige Größe<br />

hat. Sie ist groß genug um ein attraktives Programm aufzuziehen. Andererseits ist sie<br />

überschaubar und bietet eine angenehme Atmosphäre.“ 253 VHS-Leiter Horst Piltz erklärte ihr<br />

Aufgabengebiet so: „Sie stellt einen Gesprächspartner, eine Kontaktperson und eine<br />

Orientierungshilfe für die Öffentlichkeit dar.“ 254 Sie führte Einstufungsgespräche mit<br />

Sprachkursteilnehmern durch, koordinierte die Kurse und kümmerte sich um die<br />

Schulabschlüsse. „Man kann ihren Beruf ohne weiteres mit dem eines Marketing-Fachmannes<br />

250 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 19. Oktober 1985.<br />

251 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

252 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

253 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. Juli 1980.<br />

254 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. Juli 1980.<br />

95


vergleichen. So muss sie Angebot und Nachfrage analysieren und ,Marktlücken’ im<br />

Erwachsenenbildungsbereich ausfindig machen.“ 255<br />

Ihr Kollege Bodo Mebes hat sie als eine sehr intellektuelle Frau in Erinnerung, „die eigentlich<br />

gar nicht so richtig in eine Volkshochschule passte. Aber sie konnte sehr gut mit Menschen<br />

umgehen.“ 256 Sie verließ die <strong>Iserlohn</strong>er VHS 1985.<br />

3.5.5.2.6. Bodo Mebes<br />

Bodo Mebes ist ein Mann mit vielen Interessen: Diese Vielseitigkeit macht ihn zu einem<br />

vielgefragten VHS-Pädagogen.<br />

Geboren wurde er 1947 in Herzebrock bei Rheda als Sohn eines Flugzeugbauers. Der gelernte<br />

Werkzeugmacher ging selbst den zweiten Bildungsweg, holte die Mittlere Reife nach und<br />

studierte Kerntechnik in Jülich. Doch während des Studiums wurde er zum regelrechten<br />

Kernkraftgegner. Zwar machte er noch sein Diplom, orientierte sich beruflich jedoch in eine<br />

ganz andere Richtung. „Es hat mich in den Bereich Pädagogik reingezogen. In<br />

Lernsituationen zu stecken und Wissen weiterzugeben hat mich schon immer sehr<br />

interessiert“, erzählt Mebes. 257 Bodo Mebes studierte in Berlin Erwachsenenbildung, arbeitete<br />

von 1979 bis 1981 an der Volkshochschule Berlin-Neukölln.<br />

Dann allerdings wurde sein zweiter Sohn geboren, der an Krupp-Husten litt. Die Berliner<br />

Brikettheizungen waren schädlich für das Kind, die Ärzte empfahlen der Familie einen<br />

Umzug. Bodo Mebes bewarb sich an zahlreichen Bildungseinrichtungen, am Ende entschied<br />

er sich für eine Stelle in der Waldstadt <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Am 1. Juli 1981 begann Bodo Mebes seine Tätigkeit als Fachbereichsleiter (zunächst für die<br />

Bereiche Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und Wirtschaft) bei der<br />

Volkshochschule Iselrohn. Die Schwerpunkte seiner Arbeit bestanden anfänglich im Aufbau<br />

eines Programmangebotes in den Bereichen EDV (mit der Planung und Einrichtung<br />

entsprechender PC-Räume), Ökologie (wie zum Beispiel naturkundliche Wanderungen,<br />

Gärtnern ohne Gift, Öko-Bau und Fassadenbegrünung), Elektronik/Elektrotechnik (mit der<br />

Planung und Einrichtung eines Elektronik-Labors) und dem Fachbereich Wirtschaft (unter<br />

anderem mit Angeboten für Betriebesgründer, Steuerrrecht, Marketing und Buchführung).<br />

255 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 9. Juli 1980.<br />

256 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

257 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

96


Mebes interessiert sich für viele Dinge, in der VHS waren besonders die Themen Energie und<br />

Informatik seine liebsten Betätigungsfelder. Privat fährt der Vater dreier Söhne gerne Fahrrad,<br />

arbeitet viel im Garten, spielt Gitarre und malt.<br />

3.5.5.2.7. Sabine Schirra<br />

Aus 450 Bewerbern wurde die Frau aus Wanne-Ecikel zur Fachbereichsleiterin für Sprachen<br />

und Schulabschlüsse 1985 ausgewählt. Die 30-jährige Romanistin und Kunsthistorikerin<br />

wurde von Horst Piltz als „Glückstreffer“ 258 bezeichnet.<br />

<strong>Iserlohn</strong> kannte Sabine Schirra noch aus ihrer Referendariatszeit am Märkischen Gymnasium.<br />

Sie studierte Französisch und Kunstgeschichte in Aachen, Bonn und Dijon. Nach ihrem<br />

Examen im Dezember 1984 übernahm sie eine befristete Stelle als Museumspädagogin am<br />

Emschertalmuseum in Herne. Die Frau mit den Hobbies Fotografie, Kochen, Malerei,<br />

Jazztanz, Theater und Kino brachte neben fachlichen Voraussetzungen auch Weltoffenheit<br />

und Begeisterungsfähigkeit mit ein.<br />

1987 wechselte Sabine Schirra als Kulturamtsleiterin ins Rathaus. Seit 1992 ist sie Leiterin<br />

des Kulturamtes der Stadt Mannheim mit besonderem Schwerpunkt auf interkulturelle<br />

Kulturarbeit, Kreativwirtschaft, Qualitätsmanagement und Bildende Kunst.<br />

3.5.5.2.8. Margret Schlegel<br />

Seit Herbst 1985 war die Diplompädagogin Margret Schlegel als Fachbereichsleiterin der<br />

Fachbereiche Kreativität und Gesundheitsvorsorge an der Volkshochschule aktiv. Die in<br />

Herten Geborene und nun in Sümmern Wohnende war die Nachfolgerin von Felix Freier. Sie<br />

kannte sich bestens aus mit Kommunikation, Psychologie und Gruppendynamik, hatte<br />

darüber ihre Diplomarbeit geschrieben.<br />

„Sie stellte einiges auf die Beine, etwa die Kunst am Berliner Platz am Nußberg als<br />

Sommerprojekt 1986/87 oder das Theaterspiel ,Jedermann’ in Stübbeken“, erinnert sich Irene<br />

Mesmann an die viel zu früh verstorbene Kollegin. „Ich mochte sie gerne, sie war nett, aber<br />

auch kämpferisch.“ 259 Als eine „Pädagogin mit Herz und Seele“ ist sie Bodo Mebes in<br />

258 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 16. November 1985.<br />

259 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

97


Erinnerung geblieben. 260 Sie hat sich nie in den Vordergrund gespielt, lieber im Hintergrund<br />

Akzente gesetzt, vor allem im Bereich der Stadtteilarbeit. In Hennen etablierte sie einen<br />

Frauenfrühschoppen.<br />

Eine schwere Krankheit zwang Margret Schlegel ab 1988, längere Auszeiten bei der VHS zu<br />

nehmen (ihre Dauervertretung war Lieselotte Berthold). Sie kämpfte tapfer gegen die<br />

Krankheit an. „Die ungetrübte Hoffnung und der offene Umgang mit ihrer Krankheit haben<br />

mich tief beeindruckt“, schrieb eine Journalistin. 261 Sie starb 1990 in Recklinghausen. Ihr<br />

früher Tod mit nur 48 Jahren löste große Betroffenheit aus. 262<br />

3.5.5.2.9. Wilfried Oslender<br />

Nachfolger von Sabine Schirra als Fachbereichsleiter für Sprachen und Schulabschlüsse<br />

wurde im Mai 1987 Wilfried Oslender.<br />

Wilfried Oslender wurde in Aachen geboren und war studierter Gymnasiallehrer (Hauptfach<br />

Anglistik). Fünf Jahre lang arbeitete er als Englischlehrer an der Volkshochschule Dinslaken.<br />

Wilfried Oslender ist begeisterter Rockmusiker. Mit dem 34-jährigen Anglisten mit der<br />

Vorliebe für britischen Humor kam nach zwei Romanistinnen seit Jahren wieder ein Mann auf<br />

dem Posten. „Ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Bevölkerung“ 263 wolle er haben,<br />

erklärte er bei Dienstantritt in <strong>Iserlohn</strong>. Es handelte sich um seine erste Festanstellung nach<br />

dem Zweiten Staatsexamen.<br />

Neben den Schulabschlüssen organisierte er die Aussiedler-Sprachkurse sowie Kurse im<br />

Bereich „Arbeiten und Lernen“ zusammen mit dem Arbeitsamt. Außerdem koordinierte er die<br />

Arbeiten und Absprachen für den Weiterbildungsentwicklungsplan in <strong>Iserlohn</strong>. Bei seiner<br />

Arbeit erhielt Wilfried Oslender auch Einblicke in die kommunale Verwaltung, vor allem<br />

auch in den Zusammenhang zwischen Politik und Verwaltung. „In <strong>Iserlohn</strong> habe ich viele<br />

nette Leute kennen gelernt. Das war eine wichtige und schöne Zeit.“ 264<br />

260 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

261 Cornelia Fieker (heute Merkel) in der Neuen <strong>Iserlohn</strong>er Presse, 4. Juli 1990.<br />

262 Neue <strong>Iserlohn</strong>er Presse. 4. Juli 1990.<br />

263 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 6. Mai 1987.<br />

264 Interview von Verfasserin mit Wilfried Oslender am 10. April 2010.<br />

98


1993 verließ Wilfried Oslender die VHS wieder. „Ich bin doch immer Rheinländer<br />

geblieben“ 265 , erklärt er, warum er schnell das Angebot annahm, im Rheinland als Lehrer zu<br />

arbeiten und deshalb <strong>Iserlohn</strong> verließ. Er arbeitet heute als Lehrer an einer Gesamtschule in<br />

Aachen. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.<br />

3.5.5.3. Die Mitarbeiter in der Verwaltung<br />

3.5.5.3.1. Günter Pfeifer<br />

Im August 1972 wurde der 31-jährige Günter Pfeifer aus Berlin Geschäftsführer der<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>. Als jung und dynamisch wurde er beschrieben. 266 Doch lange blieb<br />

er nicht in <strong>Iserlohn</strong>, bereits 1973 stellte er seinen Arbeitsplatz wieder zur Verfügung.<br />

3.5.5.3.2. Peter Bachmann 267<br />

Peter Bachmann, der jahrzehntelange VHS-Verwaltungsleiter, wurde 1941 in <strong>Iserlohn</strong> als<br />

Sohn eines Rechtsanwaltes und Notars geboren.<br />

Er wollte zunächst in die Fußstapfen seines Vaters treten und studierte Jura, begann dann<br />

jedoch eine Verwaltungsausbildung in <strong>Iserlohn</strong>. Direkt danach wurde er 1973<br />

Verwaltungsleiter der <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule. „Rückblickend muss ich sagen, dass das<br />

die richtige Stelle für mich war.“<br />

2003 ging Peter Bachmann in die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit, 2005 wurde er<br />

offiziell pensioniert. „Ich habe lange gebraucht, um mich von der VHS zu verabschieden, im<br />

Kopf war ich noch lange beteiligt.“ Noch heute besucht Bachmann die Kollegen von Zeit zu<br />

Zeit und nimmt gelegentlich noch an Vorträgen und Kursen teil, etwa im Kurs „Energiepass<br />

für das Haus“ 2007.<br />

3.5.5.3.3. Gertrud Müller<br />

„MM“ nannte Horst Piltz sie: „Mutter Müller“. Gertrud Müller war jahrzehntelang bei der<br />

VHS eine feste Größe, erst in Letmathe, dann in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

1922 in Grünberg in Schlesien geboren, lebte Gertrud Müller einige Jahre in der DDR, wo sie<br />

auch ihren Mann heiratete. „1961 hauten wir ab über die Grenze“ 268 , das Ehepaar kam nach<br />

265 Interview von Verfasserin mit Wilfried Oslender am 10. April 2010.<br />

266 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 30. August 1972.<br />

267 Interview von Verfasserin mit Peter Bachmann am 2. August 2008 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

268 Interview der Verfasserin mit Gertrud Müller im April 2005.<br />

99


Letmathe. Gertrud Müller war gelernte kaufmännische Angestellte und arbeitete nun als<br />

Verwaltungsangestellte für die Stadt. Als treue Mitarbeiterin von Walter Schmidt war sie<br />

unter anderem für die Volkshochschule Letmathe zuständig. Sie tippte die Ankündigungen<br />

der Kurse und die Einladungen, nahm die Anmeldungen entgegen, saß bei Veranstaltungen an<br />

der Kasse und zahlte die Honorare an die Dozenten aus. Über die Zusammenlegung der<br />

beiden Städte Letmathe und <strong>Iserlohn</strong> war sie wie viele andere Letmather auch nicht glücklich,<br />

„den Umzug zögerten wir bis auf den letzten Tag hinaus.“ 269 Seit Januar 1975 saß Gertrud<br />

Müller dann in der Verwaltung der <strong>Iserlohn</strong>er VHS, 1982 wurde sie pensioniert. 270 Gertrud<br />

Müller lebt heute noch in Letmathe.<br />

3.5.5.3.4. Irene Mesmann 271<br />

Eines vorweg: Obwohl der Name Mesmann nur ein „s“ hat, wird der Vokal „e“ kurz<br />

ausgesprochen. „Meeeesmann klingt fürchterlich, der Name wird wie Messmann<br />

ausgesprochen. Mein Onkel hat ihn sogar dahingehend ändern lassen“, erklärt Irene<br />

Mesmann. Das Organisationstalent mit dem Kurzhaarschnitt ist seit Jahrzehnten aus der VHS<br />

nicht wegzudenken.<br />

Irene Mesmann wurde 1952 als Tochter eines Eisenbahnarbeiters in der Nähe von Belgrad<br />

geboren. Ihre Vorfahren stammten aus dem Schwarzwald, waren irgendwann nach<br />

Jugoslawien ausgewandert. Als Irene Mesmann sieben Jahre alt war, wanderte ihre Familie<br />

zurück ins Land der Vorfahren. „Damals sprach ich kein Wort Deutsch, dafür Jugoslawisch<br />

und Ungarisch.“<br />

Da Verwandte in <strong>Iserlohn</strong> wohnten, gingen die Mesmanns dorthin. Nach der Schule<br />

absolvierte Irene Mesmann ab 1968 eine Ausbildung zur Verwaltungsangestellten bei der<br />

Stadt <strong>Iserlohn</strong> – seitdem ist sie ununterbrochen für die Stadt tätig. Bereits während ihrer<br />

Ausbildung war sie ein halbes Jahr lang im Kulturamt unter Marieluise Spangenberg tätig,<br />

was ihr sehr gut gefiel. Umso erfreuter war sie dann, als sie nach ihrer Ausbildung 1971 die<br />

Versetzung zur Volkshochschule mitgeteilt bekam. Etwa zwei Wochen nach dem neuen<br />

VHS-Chef Horst Piltz fing sie als Verwaltungsangestellte dort an. Die akkurate, manchmal<br />

geradezu penible Mesmann stand oft im krassen Gegensatz zum chaotischen Horst Piltz – was<br />

sich wiederum auch perfekt ergänzte.<br />

269 Interview der Verfasserin mit Gertrud Müller im April 2005.<br />

270 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 20. März 1982.<br />

271 Interview von Verfasserin mit Irene Mesmann am 2. Juni 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

100


Zunächst war Irene Mesmann für die Bereiche Anmeldung, Rechnungswesen,<br />

Dozentenhonorare und Kasse zuständig, 1988 wechselte sie in den Bereich<br />

Verwaltungsorganisation.<br />

Die Hundeliebhaberin Irene Mesmann hat selber zahlreiche VHS-Kurs besucht, zum Beispiel<br />

Sportkurse, Autogenes Training, Seidenmalerei und Pastellkreide.<br />

3.5.5.3.5. Dieter Kaminski 272<br />

Als Kind kam Dieter Kaminski nach <strong>Iserlohn</strong>. Nach einer Ausbildung als Maler und Lackierer<br />

verpflichtete er sich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr, wo er eine Ausbildung als<br />

Verwaltungsangestellter durchlief. Danach blieb er im öffentlichen Dienst, absolvierte<br />

Praktika bei der Stadt und kam 1987 endgültig zur VHS, wo er bereits 1985 ein Praktikum<br />

absolviert hatte.<br />

Von der geordneten Bundeswehr in die leicht chaotische Piltz’sche Volkshochschule – das<br />

war eine Umstellung für Dieter Kaminski. Er war zuständig für Rechnungswesen und<br />

Anmeldungen.<br />

Dieter Kaminski hat selber Kurse bei der VHS besucht, zum Beispiel Kochkurse oder EDV-<br />

Kurse. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.<br />

3.5.5.3.6. Martina Kalthoff (geborene Erbe)<br />

Fünf Jahre lang arbeitete Martina Kalthoff, damals hieß sie noch Martina Erbe, in der<br />

Verwaltung der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>: Von 1982 bis 1987 war sie zuständig für die<br />

Bereiche allgemeine Verwaltung, VHS-Information, Teilnehmergewinnung und<br />

Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Nach ihrer Verwaltungsangestellten-Ausbildung bei der Stadt <strong>Iserlohn</strong> landete sie zunächst im<br />

Liegenschaftsamt. Doch: „Ich wollte lieber mit Publikum arbeiten.“ Und so bewarb sie sich<br />

für die Stelle bei der VHS.<br />

272 Interview von Verfasserin mit Dieter Kaminski am 1.Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

101


Als Sabine Schirra 1987 zum Kulturamt wechselte, entschloss sich Martina Kalthoff,<br />

mitzugehen. „Ich wollte mal wieder etwas anderes machen.“ Bis 1992 arbeitete sie dort, nahm<br />

dann aber Erziehungsurlaub. 1995 fand Martina Kalthoff den Wiedereinstieg ins Berufsleben,<br />

arbeitet im Sekretariat der Realschule Letmathe. Sie wohnt mit Mann und Kind heute in<br />

Letmathe.<br />

3.5.5.3.7. Petra Baatz (geborene Ziebarth)<br />

„Ich habe sehr gerne bei der VHS gearbeitet“, erzählt Petra Baatz noch 20 Jahre später, „die<br />

Volkshochschule ist eine tolle Sache“. Die 1964 in Fröndenberg geborene<br />

Verwaltungsfachangestellte, die schon ihre Lehre bei der Stadt <strong>Iserlohn</strong> machte, wurde 1988<br />

Nachfolgerin von Irene Mesmann für den Bereich Anmeldung, Rechnungswesen,<br />

Dozentenhonorare und Kasse. Sie hatte sich bei einer Ausschreibung um die Stelle beworben.<br />

Petra Baatz erlebte bei der VHS beeindruckende Veranstaltungen wie mehrere „Tage der<br />

offenen Tür“, zudem belegte sie selber Kurse, etwa Autogenes Training, Englisch,<br />

Französisch oder Autorenlesungen.<br />

Im Sommer 1996 verabschiedete sie sich in den Mutterschutz und anschließenden<br />

Erziehungsurlaub. Heute lebt sie mit Mann und Kindern in Fröndenberg, ist noch geringfügig<br />

bei der Stadt <strong>Iserlohn</strong> beschäftigt.<br />

3.5.5.3.8. Angela Fochler (Juchum) 273<br />

Eigentlich wollte sie nur kurz als Aushilfe einspringen, doch daraus wurden mehr als 34<br />

Jahre: Angela Fochler war als Hausmeisterin der VHS-Villen an der Stennerstraße<br />

stadtbekannt, wurde oft als „guter Geist der VHS“ bezeichnet. In der VHS ist sie vielleicht<br />

eher als Angela Juchum bekannt, nach der Scheidung nahm sie ihren Mädchennamen Fochler<br />

wieder an.<br />

Die 1940 in Hemer geborene vierfache Mutter wohnte in den 1960er Jahren im Haus<br />

Stennerstraße 12, wo ja auch die VHS Räumlichkeiten hatte. Hin und wieder sprang sie mal<br />

hilfreich ein. Ab 1976 wurde eine Festanstellung draus, sie war nun für alle drei Häuser der<br />

VHS an der Stennerstraße zuständig. Angela Juchum, wie sie damals noch hieß, schloss<br />

Türen auf, empfing Dozenten, sorgte für Kreide und vieles mehr. Manche Dozenten, die<br />

273 Interview von Verfasserin mit Angela Fochler am 25. August 2009.<br />

102


hungrig oder durstig waren, lud sie kurzerhand in ihre Wohnung ein. „Das schönste war der<br />

Dienst am Abend, dann habe ich mich gerne mal mit den Dozenten und Teilnehmern<br />

unterhalten. Ich habe nie Ärger gehabt.“ Nur einmal sei ein Dozent etwas frech geworden.<br />

Sie selbst nahm auch an Kursen teil, etwa Yogakurse oder Radtouren durchs Münsterland.<br />

1991 feierte sie ihr 25-jähriges Hausmeister-Jubiläum. Kulturamtsleiterin Sabine Schirra<br />

gratulierte mit einem Präsent, auch zahlreiche andere Gratulanten fanden sich ein. 274<br />

Im Jahr 2000 wurde Angela Fochler nach fast 35 Jahren aus dem Dienst bei der<br />

Volkshochschule verabschiedet. Keiner der fest angestellten Kräfte war so lange bei der VHS<br />

wie sie.<br />

Nach wie vor ist sie der VHS eng verbunden, besucht gelegentlich die alten Kollegen, möchte<br />

gerne noch einen Italienischkurs belegen.<br />

3.6. 1991 bis 2009: Konsolidierung und Weiterentwicklung<br />

Nach den heftigen Diskussionen um die Finanzierung und die Programmgestaltung in den<br />

1980er Jahren waren die 1990er Jahre bei der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> geprägt von<br />

Konsolidierung. Man konzentrierte sich weiterhin auf eine Professionalisierung und die<br />

Erweiterung des Angebots.<br />

3.6.1. Politische Veränderungen und die Auswirkungen auf die VHS Arbeit<br />

Politisch war der Beginn der 90er Jahre gekennzeichnet durch die Gestaltung der deutschen<br />

Einheit in einem erweiterten und stärker integrierten Europa. Nach dem Ende des Ost-West-<br />

Konflikts traten viele osteuropäische Länder der EU bei, die gleichzeitig entsprechend des<br />

Maastrichter Vertrags (1992), in dem unter anderem die Einführung der gemeinsamen<br />

Währung Euro vereinbart war, vertieft wurde.<br />

Entsprechend war der Themenschwerpunkt der VHS 1991 „Deutschland auf dem Weg zur<br />

Einheit“. Eine erste VHS-Exkursion nach Sachsen-Anhalt führte 1993 nach Bernburg/Saale –<br />

die Veranstaltung war eine Kooperation der <strong>Iserlohn</strong>er VHS mit der Kreis-VHS Bernburg.<br />

1992 lautete das VHS-Schwerpunktthema „Europa wird eins – wir machen mit“. 1993 stand<br />

ein Besuch der Ausstellung der Sparkasse „Sind nun wirklich alle Grenzen weg?“ auf dem<br />

Programm.<br />

274 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 13. April 1991.<br />

103


Einer der Themenschwerpunkte des Frühjahrssemesters 1996 lautete „Kulturhauptstadt<br />

Europas, Kopenhagen“.<br />

Die Osterweiterung der EU bot 1996 eine neue Besonderheit bei der <strong>Iserlohn</strong>er VHS: Eine<br />

Sommeruniversität in Nyíregyháza. Die zweiwöchige Veranstaltung in der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Partnerstadt in Ostungarn mit dem Schwerpunktthema „1100 Jahre Ungarn im<br />

Karpatenbecken“ wurde in deutscher Sprache durchgeführt. Täglich fanden durchschnittlich<br />

sechs Unterrichtsstunden in Form von Seminaren, Vorträge und Diskussionen zu<br />

unterschiedlichen Themenbereichen statt. Außerdem standen Gespräche und Diskussionen<br />

mit der Bürgermeisterin, mit ungarischen Familien, eine Stadtrundfahrt,<br />

Betriebsbesichtigungen (z.B. der Weinbetrieb in Tokaj), Roma-Folklore, ein Volkstanzabend,<br />

Exkursionen nach Debrecen, Hortobágy und Hajdúszoboszlo usw. auf dem Programm. Die<br />

Veranstalter der Sommeruniversität waren die TIT (etwa mit der VHS vergleichbar) und die<br />

Bessenyei-György-Hochschule in Nyíregyháza. Als Referenten war neben den TIT- und<br />

Hochschuldozenten auch Stadtarchivar Götz Bettge aus <strong>Iserlohn</strong> vorgesehen.<br />

Das Herbstsemester 1996 führte unter anderem eine Gruppe Interessierter mit Ulrike Eichholz<br />

(damals VHS-Kursleiterin) ins Europäische Parlament nach Strassburg. Die Studienfahrt war<br />

ein Weiterbildungsangebot des Heinz-Kühn-Bildungswerks Dortmund und der VHS. Auch<br />

Horst Piltz beschäftigte sich mit Europa, er hielt einen Vortrag über die Europastadt<br />

Strassburg und einen zum Thema „Europa auf dem Weg zur Einheit“.<br />

Gemäß den Wünschen des Kulturausschusses rief die VHS immer wieder<br />

Schwerpunktthemen aus, Themenschwerpunkte 1998 waren die „Kulturlandschaft<br />

Brandenburg“ und „Schweden und die Kulturhauptstadt Europas 1998 – Stockholm“.<br />

Die VHS beteiligte sich 2009 an den von der Stadt <strong>Iserlohn</strong> veranstalteten „Europawochen“:<br />

Vom 18. bis 20. Mai fanden „Europatage in der VHS“ statt, der Schwerpunkt war Polen. So<br />

trat der in Polen und mittlerweile auch in seinem Heimatland Deutschland bekannte Autor<br />

Steffen Möller in der VHS auf. Galeristin Eryka Schulok zeigte in ihrer Galerie<br />

zeitgenössische polnische Kunst und VHS-Dozentin Jolanta Lorenz bot ebenfalls<br />

verschiedene Kurse an.<br />

104


3.6.2. Die Fortschreibung zielgruppenspezifischer Angebote – Ein Spiegel<br />

sozialen und ökonomischen Wandels<br />

Die beiden Jahrzehnte vor und nach der Jahrtausendwende waren durch einen beschleunigten<br />

politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technologischen Wandel gekennzeichnet.<br />

Unter dem Schlagwort „Globalisierung“ wurden viele dieser bedeutenden, sich gegenseitig<br />

beeinflussenden strukturellen Veränderungen auf vielen Gebieten zusammengefasst. Einige<br />

Reaktionen der Bildungsarbeit der VHS auf diesen Wandel sollen hier aufgezeigt werden.<br />

4.6.2.1. Die weitere Veränderung der Frauenrolle<br />

Seit Jahren gab es immer wieder besondere Angebote für Frauen. Waren diese in den 1950er<br />

Jahren hauptsächlich auf die Verbesserung von hausfraulichen Fähigkeiten ausgerichtet<br />

gewesen, konzentrierte man sich nun immer mehr auf die Förderung beruflicher<br />

Qualifikationen von Frauen. Im Herbstsemester 1990 gab es deshalb ein eigenes Kapitel im<br />

Programmheft mit dem Titel „VHS für Frauen“. Es wurden Rhetorikkurse,<br />

Orientierungskurse für Frauen in der Lebensmitte, Technik-, Politik-, Selbstverteidigungs-,<br />

Gesundheits-, Sport- und Kreativkurse sowie Gesprächsrunden angeboten. Das<br />

Frauenbildungsprogramm wurde zum Teil in Zusammenarbeit mit der städtischen<br />

Gleichstellungsstelle angeboten und hielt sich einige Jahre lang als eigener Programmpunkt.<br />

Nicht zuletzt durch die verstärkten Bildungsanstrengungen in den 70er und 80er Jahren war<br />

der Anteil der gut ausgebildeten Frauen in Deutschland ständig gestiegen. Entsprechend<br />

änderten sich die Lebensentwürfe der Frauen und das Problem der Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf trat in den Vordergrund. Entsprechend findet man Anfang der 1990er Jahre im<br />

Programm die Veranstaltung „Frauen wieder in die Arbeitswelt!? Ein Aktivkurs zur<br />

Selbstbehauptung in Beruf und Familie“, die über mehrere Semester angeboten wurde.<br />

1991 bot Henneke von Bernstorff (Arolsen) „Rhetorik für Frauen“ an.<br />

„Frau – Hilf Dir selbst!“ lautete der Titel eines Seminars zum Thema „Reparaturen und<br />

Technik im Haushalt leichtgemacht“ im Herbst 1994.<br />

Auch im Frühjahrssemester 1995 gab es eine Extra-Seite mit einem Überblick über Kurse,<br />

Seminare, Vorträge und Gesprächskreise „extra für Frauen“. Einige Themen waren etwa „Die<br />

Lage der Frau im Islam“, „Mein Alltag mit Kindern“, „Rückkehr ins Berufsleben“ oder „EDV<br />

für Frauen“.<br />

105


Ute Einhaus veranstaltete zudem 1997 einen Theaterworkshop nur für Frauen.<br />

Die Frauengleichstellungsstelle der Stadt bot im Herbstsemester 1997 in Zusammenarbeit mit<br />

der VHS einen Computerkurs für Mädchen unter der Leitung von Jana Sandner an. 2001<br />

waren es schon sechs EDV-Kurse für Mädchen. „Keine Angst vor den Computern“ war ein<br />

Computerkurs speziell für Frauen mit Ute Esche bereits1987 betitelt. Seitdem werden bis<br />

heute spezielle Computerkurse für Frauen kontinuierlich angeboten.<br />

1999 wurden 80 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland in der VHS <strong>Iserlohn</strong> gefeiert.<br />

Sozialarbeiterin Ulla Stuckenschmidt bot im Frühjahrssemester 2000 ein<br />

Selbstbewusstseinstraining für Frauen an.<br />

Dr. Rachel Freudenthal, Jerusalem, referierte 1997 über „Frauen und Politik in Israel“.<br />

3.6.2.2. Folgen des demographischen Wandels<br />

3.6.2.2.1. Seniorenarbeit für die „Jungen Alten“<br />

Der bekannte demographische Wandel der Bundesrepublik Deutschland führt nicht nur zu<br />

einer Verschiebung im Altersaufbau der Bevölkerung hin zu einer großen Gruppe älterer<br />

Menschen, der eine kleinere jüngere Gruppe gegenübersteht. Er zeigt auch ein verändertes<br />

Selbstverständnis der „Senioren“. Sie wünschen keinen „verdienten Ruhestand“, sondern<br />

möchten aktiv am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen.<br />

Diesem Bedürfnis galt und gilt es auch in der VHS Rechnung zu tragen. Dominierten in den<br />

1960er bis 1980er Jahren „Gesprächskreise“ für Senioren, so zeigt sich jetzt ein erheblich<br />

umfangreicheres und vielfältigeres Angebot.<br />

Viele wollten auch an den technischen Neuerungen teilhaben.<br />

1996 gab es im Bereich EDV einen Seniorenkurs mit Christoph Diederich und Photoshop-<br />

Kurse mit Manfred Ropinski. Im Jahr 1997 übernahm Therese Hiltawsky den Letmather<br />

Seniorenkreis. Zudem gab es in <strong>Iserlohn</strong> keinen richtigen Seniorenkreis mehr, stattdessen ein<br />

so genanntes VHS-Weiterbildungsangebot in der Evangelischen Seniorenwohnanlage „Altes<br />

Stadtbad“. Die Leitung hatte Jutta Voß inne.<br />

Das Frühjahrssemester 2001 zeigt allein drei Kurse „Einführung in die EDV – Schritt für<br />

Schritt – für Senioren geeignet“<br />

Für die Seniorenkreise gab es 2004 eine Änderung: Die Angebote waren von nun an nicht<br />

mehr kostenlos. Nach wie vor leiteten Therese Hiltawsky (Letmathe), Albert Ferber (Hennen)<br />

106


und Klaus-Dieter Böttcher (<strong>Iserlohn</strong>erheide) die Veranstaltungen. Das VHS-Angebot im<br />

Alten Stadtbad stand mittlerweile unter der Leitung von Beate Herbers.<br />

Ab 2005 wurden die Seniorenangebote in Letmathe und Hennen fortgeführt. Die Sonderseite<br />

„Aktiv ab 50+“ im Programmheft signalisierte ein neues Verständnis für die aktiven, jung<br />

gebliebenen Senioren.<br />

3.6.2.2.2. Verstärkte Jugendarbeit<br />

Seit 2004 gibt es auch die zielgruppenspezifischen Angebote „Junge VHS“, die im<br />

Programmheft speziell auf einer Seite zusammengefasst werden. Grundsätzlich können alle<br />

Angebote der VHS ab einem Alter von 15 Jahren besucht werden. Im Bereich „Junge VHS“<br />

werden im Programmheft Angebote vorgestellt, die sich für Jugendliche zum Einstieg in das<br />

freie Lernen nach eigenen Interessen besonders eignen, etwa Step-Aerobic, Gitarrenkurse,<br />

Comics zeichnen oder Fremdsprachen.<br />

3.6.2.3. Zunehmendes Engagement zur Integration von Migranten<br />

Schon seit den 70er Jahren hatte sich die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> bemüht, auch für die<br />

zahlreichen Migranten ein Angebot zu machen und das Zusammenleben mit den<br />

ausländischen Bürgern durch zahlreiche gemeinsame Veranstaltungen zu fördern. Die<br />

Verbesserung der Sprachkenntnisse hat dabei bis heute Priorität, da die Sprache die Basis für<br />

eine gelungene Integration ist.<br />

Im Bereich Sprachen wurden seit Oktober 1996 Deutschkurse für Ausländer nach den<br />

Richtlinien des „Sprachverbandes Deutsch für ausländische Arbeitnehmer“ in der VHS<br />

<strong>Iserlohn</strong> durchgeführt, auch dafür zeichnete Dr. Petra Heider verantwortlich. Das Angebot<br />

wurde aus den Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung gefördert.<br />

In Kooperation mit dem Goethe-Institut gab es im Herbstsemester 1998 eine Vortragsreihe, in<br />

der Menschen in ihrer Muttersprache über ihre Heimat referierten.<br />

Die VHS <strong>Iserlohn</strong> erhielt 2005 ihre Zulassung als akkreditierter Integrationskursträger durch<br />

das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Nach dem neuen Zuwanderungsgesetz<br />

organisierte Claudia Weigel seit dem 1. Januar 2005 Integrationskurse für neu nach<br />

Deutschland gekommene Zuwanderer (Spätaussiedler/innen und Ausländer/innen). Die<br />

107


Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> bot folgende Integrationskurse an: Aufbau-Sprachkurse (B1) und<br />

Orientierungskurse auf Nachfrage.<br />

Durch diese Maßnahmen sollten auch die Chancen der Migranten auf dem Arbeitsmarkt<br />

verbessert werden. Seit den 1980er Jahren ist die Arbeitslosigkeit ein ungelöstes<br />

gesellschaftliches Problem. Besonders Geringqualifizierte sind durch den Strukturwandel der<br />

Wirtschaft betroffen. „Volkshochschule für Arbeitslose“ war ein Informationsgespräch im<br />

September 1995 mit Dr. Petra Heider betitelt. VHS-Mitarbeiter stellten dabei alle Kurse,<br />

Arbeitskreise, Lehrgänge und Seminare vor, die besonders für Arbeitslose geeignet waren.<br />

Spezielle Ermäßigungen für Personen, die Leistungen nach dem Asylgesetz, Grundsicherung<br />

oder Arbeitslosengeld bekommen, sowie für weitere Bedürftige sieht die Entgeltordnung nach<br />

Ratsbeschluss bis heute vor.<br />

3.6.3. Reaktionen auf den technologischen Wandel<br />

Eine der zentralen Antriebskräfte der Globalisierung war die Verbreitung der<br />

Informationstechnologie in Unternehmen und Verwaltung und schließlich, als die PCs immer<br />

preisgünstiger wurden, ihre Nutzung auch im privaten Bereich. Durch den Siegeszug des<br />

Internets ist es möglich Informationen aus aller Welt in kürzester Zeit zu erhalten. Dass diese<br />

Entwicklung zur Wissens- und Informationsgesellschaft für die Arbeit der VHS im neuen<br />

Jahrtausend von entscheidender Bedeutung war, ist selbstverständlich.<br />

Schon Anfang der 90er Jahre gab es verstärkt EDV-Angebote, allein vier PC-Fachräume<br />

(einer in Letmathe) wurden installiert. „Es gab damals einen unheimlich rasanten Anstieg an<br />

EDV-Kursen“, erinnert sich Programmbereichsleiter Bodo Mebes. 275 Die technischen<br />

Veränderungen in der Arbeitswelt machten die Angebote nötig. „Wir reagieren ja auf<br />

Nachfrage“, betont Mebes. 276<br />

Allein im Frühjahrssemester 1991 gab es 22 Angebote im Bereich EDV (Datenverarbeitung,<br />

Betriebssystem, Anwender-Programme, Programmiersprachen und Informatik-Zertifikat).<br />

Im Bereich Mathematik, Naturwissenschaften und Technik informierte Dipl.-Ing. Michael<br />

Nicolai 1994 über das Tabellenkalkulationsprogramm Excel. 29 EDV-Kurse gab es in diesem<br />

275 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 18. September 2009.<br />

276 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 18. September 2009.<br />

108


Semester. Windows, Word und Excel waren dabei immer mehr auf dem Vormarsch – wie<br />

überall in den westlichen Industrieländern.<br />

31 EDV-Kurse wurden im Frühjahr 1996 bei der <strong>Iserlohn</strong>er VHS veranstaltet. Mittlerweile<br />

bot man auch so genannte Anwenderpässe an, ein Lehrgangssystem war entwickelt worden,<br />

das von den Volkshochschulen in NRW unter Aufsicht des Landesverbandes der<br />

Volkshochschulen angeboten und durchgeführt wurde. Zwar war mittlerweile die Bedeutung<br />

von Computern im Zeitalter der Globalisierung erkannt worden, und in der VHS gab es<br />

zahlreiche EDV-Kurse. In der dortigen Verwaltung aber kam die neue Technik allerdings erst<br />

allmählich an. Ortrun Davis war seit 1996 neu im Verwaltungsteam, sie war für die<br />

Anmeldungen und Kassenverfahren zuständig. Damals machte sie auch erste Erfahrungen mit<br />

Computern, Dieter Kaminski wies sie in das VHS-System ein. „Jeden Abend musste eine<br />

Sicherungskopie gemacht werden, das war mühsam“, erinnert sie sich. 277 An E-Mails war<br />

noch nicht zu denken, das meiste wurde per Post, vieles telefonisch abgewickelt.<br />

Dass die EDV-Angebote sich weltweit immer ähnlicher wurden, zeigt ein Blick ins<br />

Frühjahrsprogramm 2001. Man findet weltweit verbreitete Programme wie Word,<br />

Powerpoint, Excel, Corel-Draw, Access und Linux, deren Handhabung an der VHS <strong>Iserlohn</strong><br />

unterrichtet wurde. „Die EDV-Angebote wurden immer Anwender-spezifischer“, so Bodo<br />

Mebes 278 . Kurz darauf wurde auch das Lehrgangssystem „Xpert – Europäischer Computer-<br />

Pass“ eingeführt, das Kenntnisse und Fertigkeiten in allen gängigen Anwenderprogrammen<br />

anbot. Es ersetzte das bundesweit und teilweise europaweit einheitliche Lehrgangssystem<br />

„Anwenderpass“.<br />

Prof. Dr. Hermann Johannes berichtete über das Internet unter dem Titel: „Vom Wohnzimmer<br />

in die Welt“. Das war das erste VHS-Weiterbildungsangebot im Rahmen der langfristig<br />

angelegten VHS-Vortragsreihe „Technik, Gesellschaft und Politik“. 68 Kurse zu den Themen<br />

EDV wurden im Frühjahrssemester angeboten, zunehmend auch Internet-Kurse. Das World<br />

Wide Web war auf dem Vormarsch.<br />

Im Jahr 2009 bot die VHS <strong>Iserlohn</strong> 49 Kurse im Bereich EDV an. Der Bereich hieß seit<br />

einigen Jahren nun „EDV – Beruf“, was zeigt, dass in der globalisierten Welt EDV und Beruf<br />

eng miteinander verknüpft sind.<br />

277 Interview von Verfasserin mit Ortrun Davis am 15. Juli 2009.<br />

278 Interview von Verfasserin mit Bodo Mebes am 18. September 2009.<br />

109


Im Frühjahrssemester 1997 begann auch der Arbeitskreis Energiewende („Energiewende –<br />

jetzt und hier“) seine Arbeit. Unter der Leitung von Stefan und Rüdiger Hiltawsky wurden in<br />

diesem Arbeitskreis die Technik neuer Energien, schwerpunktmäßig der Solarenergie,<br />

veranschaulicht. Zudem wurden energiepolitische Chancen und Probleme diskutiert. Der Kurs<br />

mit seiner stets hochaktuellen Thematik wurde zu einem wahren Dauerbrenner, läuft seitdem<br />

ununterbrochen bei der VHS.<br />

3.6.4. Regionale Identität<br />

Um 1995 sah Horst Piltz die VHS <strong>Iserlohn</strong> als „größte Infobörse im Märkischen Kreis“:<br />

Wissenswertes über Kunst und Kultur aus allen Herren Länder würde dort vermittelt<br />

werden. 279 Sicherlich spiegelt sich hier das Bedürfnis der VHS- Besucher nach Weltoffenheit<br />

und Kenntnisse über globale Zusammenhänge wider. Doch findet man im VHS-Programm<br />

gleichzeitig viele Veranstaltungen mit regionalen Bezügen. Vielleicht zeigt sich darin der<br />

Wunsch sich gerade im Zeitalter der Globalisierung auch seiner regionalen Wurzeln und<br />

Identität bewusst zu sein. Hier sollen einige besondere Höhepunkte dieses Aspekts aufgezeigt<br />

werden.<br />

Stadtarchivar Götz Bettge begeisterte im Frühjahr 1991 mit seinem stadtgeschichtlichen<br />

Vortrag „Villen und Gärten in <strong>Iserlohn</strong>“. Horst Piltz begab sich auf die „Spuren jüdischen<br />

Lebens in Westfalen“. Marlis Gorki bot eine „Große <strong>Iserlohn</strong>er Stadtrundfahrt mit Besuch des<br />

Nadelmuseums Barendorf“ an.<br />

Im Oktober 1993 gab es einen Vortrag über das „Schützenwesen in Westfalen“.<br />

Im Herbstsemester 1994 sprach Ralf Wenzel zum Thema „Die evangelische Kirche und der<br />

Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>“, Horst Piltz hielt einen Vortrag anlässlich einer<br />

Postkartenausstellung mit <strong>Iserlohn</strong>er Motiven und veranstaltete eine Gesprächsrunde zum<br />

Thema „75 Jahre Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> – ein Stück <strong>Iserlohn</strong>er Stadtgeschichte“. Man<br />

besuchte zudem eines der größten Antiquariate des Landes, die Firma Josef Broich an der<br />

Hans-Böckler-Straße.<br />

279 Waldstadt-Info <strong>Iserlohn</strong>. März 1995. Nr. 3.<br />

110


1995 war das Kriegsende vor 50 Jahren ein Thema, Dr. Hans-Jürgen Burgard hielt im März<br />

1995 einen <strong>Iserlohn</strong>-spezifischen Vortrag.<br />

Die Volkshochschule publizierte 1996 das Heft „Moderne Kunst in <strong>Iserlohn</strong> – Kunst im<br />

öffentlichen Raum“, ein Skulpturenführer von Klaus Kösters, Münster, und VHS-<br />

Fachbereichsleiterin Lieselotte Berthold. Stadtarchivar Götz Bettge führte durch eine<br />

Ausstellung mit Bildern der <strong>Iserlohn</strong>er Kaufmannsfamilie Löbbecke in der Städtischen<br />

Galerie „die welle“, Marieluise Spangenberg, die frühere Kulturamtsleiterin und VHS-<br />

Leiterin, hielt dazu einen Vortrag.<br />

Hans-Martin Herbers führte 1996 zum wiederholten Mal durch die Varnhagensche Bibliothek<br />

in <strong>Iserlohn</strong> und Kantor Gotthard Gerber zeigte auf der „<strong>Iserlohn</strong>er Orgelrundfahrt“<br />

musikalische Schätze.<br />

Eine Ausstellung war 1997 betitelt „Blickpunkte – Bürger fotografieren ihre Stadt <strong>Iserlohn</strong>“.<br />

Es wurden Arbeiten aus dem „Haus des betreuten Wohnens“ nach einem VHS-Kurs mit Ralf<br />

Bodemer und Uta Rademacher gezeigt.<br />

1998 feierte man den 85. Geburtstag des heimischen Künstlers Oskar Escherich. Dieser war<br />

seit Jahren VHS-Kursleiter im Fachbereich „Kreativität“, Fach Malen. „Mit seiner fachlich<br />

versierten und freundlichen Art hatte Oskar Escherich schnell viele Kursteilnehmerinnen und<br />

-teilnehmer gewonnen, so dass dieses VHS-Weiterbildungsangebot mit wechselnden<br />

Unterrichtsorten im VHS-Arbeitsplan langfristig vertreten war: im Haus An der Schlacht 2<br />

und dann im VHS-Atelier Friedrichstraße 29.“ 280<br />

Stadtarchivar Götz Bettge bot 1998 erstmals seinen Kurs „Stadtbefragung“ an, bei dem<br />

anhand von Quellen und Beispielen aus der ortsgeschichtlichen Literatur Stationen der<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Geschichte behandelt wurden.<br />

Seit Herbst 1998 schmückten <strong>Iserlohn</strong>er Motive die Umschlagseiten der Arbeitspläne. In den<br />

folgenden Jahren waren unter anderem die Bauernkirche, das Mahnmal am Poth, Haus<br />

Letmathe, das Rathaus und der Danzturm Motive.<br />

280 Waldstadt-Info <strong>Iserlohn</strong>. April 1998. S. 10.<br />

111


1999 wurde die VHS <strong>Iserlohn</strong> 80 Jahre alt, die VHS gab eine kostenlose, von Klaus Schlünder<br />

vom Stadtmarketing gestaltete Postkarte heraus. Ein Grußwort schrieb zudem Prof. Dr. Rita<br />

Süssmuth, Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes und frühere<br />

Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit und ehemalige Präsidentin des<br />

Deutschen Bundestages. 80 Jahre VHS <strong>Iserlohn</strong>, dies seien „achtzig Jahre öffentliche<br />

Erwachsenenbildung im Dienst der Bürgerinnen und Bürger. Und es sind – besonders in<br />

Gegenwart – Jahre des Engagements für Bildung und Kultur, die von der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Volkshochschule stets als Einheit gesehen wurden“, so Rita Süssmuth.<br />

Museumspädagoge Peter A. Häusser führte im Frühjahrssemester 1999 unter dem Motto<br />

„<strong>Iserlohn</strong> – die Stadt, in der ich lebe“ durch das Stadtmuseum und zeigte zudem die<br />

Ausstellung „Für Freiheit und Recht – Die Revolution von 1848/49 in Westfalen und Lippe“.<br />

Götz Bettge sprach über „Die Opfer des Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>“.<br />

Werner Kroll leitete im Jahr 2000 eine Talkrunde für Bürger, Politiker und Planer zum Thema<br />

„Fahrradfreundliches <strong>Iserlohn</strong>“ in Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-<br />

Club (ADFC). Gezeigt wurde im Oktober auch eine Fotoausstellung „Bäume – lohnende<br />

Motive in Stadt und Landschaft“, die Lieselotte Berthold und Wolfgang Graeber vom<br />

Umweltamt des Märkischen Kreises organisiert hatten.<br />

Der Themenschwerpunkt des Frühjahrssemesters 2001 lautete „Literatur in <strong>Iserlohn</strong>: 20<br />

Lesungen und Buchpräsentationen“. Reinhard Frohne führte zudem in diesem Semester durch<br />

das Museum für Handwerk und Postgeschichte. Und im Bereich „Kreativität“ startete das<br />

Projekt „Abbabach und Baarbach“. Bei einer Studienfahrt mit Sigrid Kanthack-Leser<br />

(Umweltamt), Marlis Gorki (Stadtinformation) und Lieselotte Berthold erkundeten die<br />

Teilnehmer zunächst die beiden Bäche, Marlis Gorki und Lieselotte Berthold veranstalteten<br />

dann einen dazu passenden Foto-Workshop, Gustav Müller leitete einen Malerei-Workshop<br />

und schließlich mündete das Ganze in eine Ausstellung in der Treppengalerie der VHS und<br />

einem Begleit-Heftchen.<br />

2004 informierte Wolf R. Seltmann über „<strong>Iserlohn</strong> – die Stadt in der frühen Neuzeit“ und<br />

„<strong>Iserlohn</strong> – das lange 19. Jahrhundert“ und IKZ-Redaktionsleiter Thomas Reunert klärte die<br />

Frage „Wie sag ich’s meiner Zeitung?“.<br />

112


Anlässlich des „3. Tages der Medienkompetenz“ im Landtag NRW machten sich im Jahr<br />

2006 die jeweiligen Abgeordneten auf den Weg zu besonderen Medienpräsentationen.<br />

Landtags-Vizepräsidentin Angela Freimuth und der heimische Landtagsabgeordnete Thorsten<br />

Schick wurden von Lieselotte Berthold in der Städtischen Galerie in <strong>Iserlohn</strong> begrüßt. Dort<br />

zeigte die VHS eine Zusammenfassung ihres Projektes „Orte und Plätze“ sowie ein<br />

Zwischenergebnis des Projektes „<strong>Iserlohn</strong> – ein lohnendes Motiv“, die von Kursleiter Michael<br />

May und VHS-Teilnehmern durchgeführt wurden.<br />

Brandamtsrat a.D. Theodor Spiegel referierte über „Brände und Brandschutz in der<br />

Geschichte der Stadt <strong>Iserlohn</strong>“, Götz Bettge führte seine „Stadtbefragung“ zum Thema<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Geschichte weiter und Katja Hofbauer bot einen Ahnenforschungs-Kurs in<br />

Letmathe an.<br />

2009 waren bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> unter anderem der 100. Geburtstag des Danzturms und der<br />

100. Todestag des ersten Landeshauptmanns von Westfalen und gebürtigen Letmathers<br />

August Overweg Themen.<br />

3.6.5. Stadtteile<br />

1991 begann die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> auch ihre Arbeit im Stadtteil Lössel, die<br />

Veranstaltungen dort fanden hauptsächlich in der Begegnungsstätte statt.<br />

Großer Beliebtheit erfreuten sich nach wie vor die VHS-Seniorenkreise. Weiterhin leitete<br />

Heinrich Hardt den Kreis in Letmathe und Ernst Koch die Treffen in der <strong>Iserlohn</strong>erheide. In<br />

Hennen war Alfons Köster mittlerweile Seniorenkreisleiter, in <strong>Iserlohn</strong> Ewald Haegemann.<br />

„Fünf Jahre VHS in der <strong>Iserlohn</strong>er Heide“ feierte man im Oktober 1995. Ein umgestaltetes<br />

Ladenlokal an der Ginsterstraße und ein großzügiger Landeszuschuss von 200 000 DM hatten<br />

damals den Start ermöglicht. Das Jubiläum wurde in geselliger Runde gefeiert,<br />

Kulturdezernent Werner Isenberg überreichte den beiden fleißigen Hausmeistern ein Bild als<br />

Dank. 281<br />

Erstmals fanden 1998 VHS-Veranstaltungen im Buchenwäldchen statt.<br />

281 Westfälische Rundschau. Lokalteil <strong>Iserlohn</strong>. 26. Oktober 1995.<br />

113


Beim VHS-Seniorenkreis in Hennen gab es 2003 eine personelle Veränderung: Albert Ferber,<br />

pensionierter Schlosser, leitete nun den Seniorenkreis. Bereits seit 1990 hielt er Vorträge für<br />

die VHS in Hennen. Er löste damit Alfons Köster ab, der zehn Jahre den Kreis geleitet hatte.<br />

2005 brachte die VHS eine von der heimischen Historikerin und Journalistin Katja Hofbauer<br />

verfasste Chronik zum Thema „50 Jahre VHS in Letmathe“ heraus. Man stellte die Chronik<br />

beim Klang- und Lichterfest in Letmathe und in einer kleinen Feierstunde in der Trillingschen<br />

Villa vor.<br />

3.6.6. Räumliche Veränderungen<br />

1992 wurde die VHS-Arbeit auf den Stadtteil Wermingsen ausgeweitet, weil der neu<br />

entstandene Wohnpark Buchenwäldchen Bedarf anmeldete. Auch eine Zusammenarbeit mit<br />

dem „Haus des betreuten Wohnens“ wurde Kursen für geistig Behinderte erprobt.<br />

Mitten im 75-jährigen Jubiläumsjahr 1994 wünschten sich aber einige <strong>Iserlohn</strong>er die VHS<br />

möglichst weit weg: Die Anwohner der Gartenstraße, die an die Stennerstraße mit ihren VHS-<br />

Villen stößt, forderten die „Verbannung“ der Einrichtung ins Hemberg-Schulzentrum. Eine<br />

Bürgerinitiative war eigens gegründet worden. „Wie kann man eine Volkshochschule in eine<br />

Wohngebietssackgasse legen?“, fragte sich Initiator Michael Blecher. Zudem wurde<br />

bemängelt, dass es bei weitem nicht genügend Parkplätze gebe und die Anwohner durch Lärm<br />

belästigt würden. 282 Bekanntlich hatte die Bürgerinitiative keinen Erfolg, es sollten noch 14<br />

Jahre vergehen, ehe die VHS umzog.<br />

Im Oktober 1995 gab es erneut Stimmen, die sich die VHS weit weg wünschten. Die CDU<br />

hatte Vorschläge zur Auslagerung von VHS und Stadtarchiv in die ehemalige<br />

Winkelmannkaserne am Stadtrand unterbreitet. Dagegen wehrten sich Stadtarchivar Götz<br />

Bettge und VHS-Leiter Horst Piltz vehement. Ihr Argument: Die Institute müssten in der City<br />

bleiben, eine zentrale Lage und eine gute Erreichbarkeit seien von enormer Bedeutung. Beide<br />

konnten sich dabei auf einschlägige Gutachten stützen. „Als Utopie, die er selbst als VHS-<br />

Leiter wohl kaum noch erleben dürfte, nennt Horst Piltz (57) einen Neubau, natürlich mitten<br />

in der Stadt.“ 283 Darüber konnte sich erst seine Nachfolgerin Lieselotte Berthold freuen.<br />

282 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 27. Mai 1994.<br />

283 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 13. Oktober 1995. Tatsächlich war Horst Piltz schon einige Jahre im Ruhestand, als<br />

die VHS 2008 in einen eigens konzipierten Neubau im Stadtbahnhof – in bester zentraler Innenstadt-Lage – zog.<br />

114


Die neue VHS-Leiterin und ihr Team schufen 2005 durch die Neuordnung und Verlegung der<br />

Bibliothek in der Stennerstraße 3 einen neuen Unterrichtsraum. Auch wurde ein Beamer zur<br />

besseren Durchführung von Präsentationen im Seminarraum installiert. Man führte so<br />

genannte VHS-Scouts ein, die in der ersten Unterrichtswoche den Teilnehmern den Weg zu<br />

ihren Unterrichtsräumen wiesen. Verstärkt wurden Ein-Euro-Kräfte und Praktikanten zur<br />

Erledigung verschiedener Arbeiten (Sprachenberatung, etc.) eingebunden. Der Online-Auftritt<br />

wurde erweitert, Kursteilnehmer und Dozenten konnten von nun an Formulare herunterladen.<br />

Ein Meilenstein in der VHS-Geschichte war das Jahr 2006: Im Mai beschloss der Rat der<br />

Stadt, dass die Volkshochschule ihren langjährigen Sitz in den Villen der Stennerstraße zum<br />

Jahreswechsel 2007/2008 verlassen würde: Das Gebäude des neuen Stadtbahnhofs wurde<br />

gemeinsam mit der Volkshochschule als Hauptmieter geplant, die Räume eigens für die VHS<br />

konzipiert. Ein Meilenstein in der VHS-Geschichte, ein jahrzehntelang gehegter Traum würde<br />

wahr werden. Am 21. September 2006 unterzeichneten <strong>Iserlohn</strong>s Bürgermeister Klaus Müller<br />

und der Investor, die Firma Freundlieb, den Mietvertrag für die Nutzung zweier Etagen im<br />

neu zu erbauenden Stadtbahnhof durch die Volkshochschule. Am 2. November begannen die<br />

Abbrucharbeiten am alten Bahnhof, die, genau wie die folgenden Bauarbeiten, auf der<br />

Homepage der VHS durch eine öffentliche Webcam verfolgt werden konnten.<br />

Im Januar 2008 erfolgte dann der Umzug in die nagelneuen Räumlichkeiten im Stadtbahnhof.<br />

Auf zwei Etagen ist dort die Volkshochschule in maßgeschneiderten Räumen untergebracht.<br />

Lieselotte Berthold und Sascha Reetz waren bei den Planungen der VHS-Etagen stark<br />

beteiligt, es gab viele Besprechungen mit den Architekten, den Fachingenieuren und dem<br />

Kommunalen Immobilien Management (KIM). „Da hat die Stadt uns viele Möglichkeiten<br />

gegeben“, so Sascha Reetz 284 . Reetz kaufte sogar eigens ein Computerprogramm, damit sie<br />

sich die Entwürfe auch dreidimensional anschauen konnten. Immer wieder gab es neue Ideen,<br />

wurde Pläne noch rasch geändert – sogar während der Bauphase. Das Resultat kann sich<br />

sehen lassen: Moderne, helle, großzügige Räume, in denen das Lernen noch mal so viel<br />

Freude macht. Die Farbkonzeption und Dekorationen sind ansprechend, vor allem Sascha<br />

Reetz gab viele kreative Impulse. Zudem ist die Raumaufteilung sehr flexibel gestaltet: „Wir<br />

können jederzeit aus einem normalen Fachraum einen EDV-Raum machen und umgekehrt“,<br />

erklärt Reetz. 285<br />

284 Interview von Verfasserin mit Sascha Reetz am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

285 Interview von Verfasserin mit Sascha Reetz am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

115


Der Umzug selber war aufwändig, bedurfte monatelanger Vorbereitungen. Was kommt mit in<br />

den Stadtbahnhof, was bekommt das Stadtarchiv und was wird weggeworfen? – Das waren<br />

die zentralen Fragen in diesen Monaten. Dann kam der 2. Januar 2008: die Umzugswagen<br />

rollten an. Dieter Kaminski und Ulrike Eichholz beaufsichtigten den Umzug in der<br />

Stennerstraße, die anderen Kollegen nahmen alles im Stadtbahnhof in Empfang und<br />

beaufsichtigten den Aufbau. Da in der Stennerstraße die Türen die ganze Zeit aufstanden,<br />

froren Kaminski und Eichholz – und fuhren in der Mittagspause erst einmal zum Aufwärmen<br />

in den Stadtbahnhof. Dann war aber immer noch nicht alles überstanden, in den Büros und<br />

Seminarräumen stapelten sich zunächst die Kisten. Doch zur Eröffnung war alles fertig.<br />

Am Samstag, 26. Januar 2008, öffnete die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> dann offiziell ihre<br />

Pforten im neuen Stadtbahnhof. Bürgermeister Klaus Müller durchschnitt das rote Band an<br />

der Treppe, dann strömten Tausende von neugierigen <strong>Iserlohn</strong>ern durch die neuen Räume.<br />

„Riesenandrang: Im Stadtbahnhof staute sich Verkehr“ titelte der Kreisanzeiger. 286 Zahlreiche<br />

ehrenamtliche Mitglieder des städtischen Dienstes Continue wiesen den Besuchern im<br />

Stadtbahnhof den Weg in die neuen Räume.<br />

Mit 409 Angeboten startete die VHS 2008 ins Frühjahrssemester – das erste, das im<br />

nagelneuen Stadtbahnhof stattfand. Damit die Bürger auch den Weg dorthin fanden, leitet ein<br />

so genannter „Weiterbildungsweg“ der Volkshochschule in Form von 55 kleinen farbigen<br />

Plakathinweisen mit Wortspielen (an Laternenpfählen) durch die Innenstadt gelegt. Er zog<br />

sich bis zum 29. Februar 2008 wie ein buntes Band durch <strong>Iserlohn</strong>, von der Stennerstraße,<br />

dem ehemaligen VHS-Standort, bis zum Bahnhofsplatz.<br />

Die Arbeit in den neuen Räumen war für Hausmeister Kurt Geltsch bald kaum noch zu<br />

bewältigen. Von morgens bis abends gab es Kurse, oft auch samstags und sonntags. Ab 2008<br />

standen ihm deshalb mit Martin Wimmer und Marion Kubowski zwei Servicekräfte zur Seite.<br />

Inhaltlich wies das Programm eine mit den neuen Räumlichkeiten verknüpfte Neuerung auf:<br />

Leslie Carrick bot – inspiriert vom neuen VHS-Domizil im Bahnhof – den Kurs „English<br />

Business Smalltalk“ für Zug-Pendler an. Die Veranstaltung war eine Kooperation mit der<br />

Deutschen Bahn AG und dem Zweckverband Ruhr-Lippe. Der Kommunikationskurs wurde<br />

einmal pro Woche im Erste-Klasse-Abteil auf der Zugstrecke <strong>Iserlohn</strong>-Dortmund angeboten<br />

286 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 28. Januar 2008.<br />

116


und richtete sich an viel beschäftigte Pendler. Leider fand der Kurs nicht die erwartete<br />

Resonanz und wurde bald eingestellt.<br />

Im Herbst 2009 wurde dann auch das Parkplatzproblem an der VHS gelöst. Bisher hatten die<br />

Kursteilnehmer an der Straße oder an einem weiter entfernten Parkplatz parken müssen, was<br />

besonders in den Abendstunden für einige problematisch war. Nun aber wurde das neue<br />

Parkhaus Stadtbahnhof der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung eröffnet. Mit einer<br />

Parkgebühr von 50 Cent pro Stunde ist es das günstigste der drei städtischen Parkhäuser. In<br />

dem Parkhaus steht auch eine (kostenpflichtige) VHS-Fahrrad-Abstellanlage den Teilnehmern<br />

und Dozenten von VHS-Kursen zur Verfügung.<br />

3.6.7. Umstrukturierungen und Qualitätssicherung<br />

Das Herbstprogramm 1999 erschien in einer Auflage von 30 000 Stück, mittlerweile gab es<br />

nur noch elf Fachbereiche:<br />

1. Lerntechniken (Horst Piltz)<br />

2. Sozialwissenschaften (Horst Piltz)<br />

3. Erziehungs- und Geisteswissenschaften (Horst Piltz)<br />

4. Weiterbildung für ältere Menschen (Horst Piltz)<br />

5. Sprachen (Dr. Petra Heider mit Dipl. Sozialarbeiter Andreas Groß)<br />

6. Schulabschlüsse (Dr. Petra Heider mit Andreas Groß)<br />

7. Wirtschaft und Kaufmännische Praxis (Bodo Mebes)<br />

8. Mathematik, Naturwissenschaften und Technik (Bodo Mebes)<br />

9. Berufliche Bildung (Bodo Mebes)<br />

10. Kreativität (Lieselotte Berthold)<br />

11. Gesundheitsvorsorge (Lieselotte Berthold)<br />

Im April 2000 gab es ein neues Weiterbildungsgesetz in NRW. Weiterhin förderte das Land<br />

die Weiterbildung, beteiligte sich an den Kosten für das hauptamtliche bzw. hauptberufliche<br />

pädagogische Personal und für die Maßnahmen, die nach Unterrichtsstunden und<br />

Teilnehmertagen berechnet werden. Kreisfreie Städte, Große kreisangehörige Städte und<br />

Mittlere kreisangehörige Städte waren verpflichtet, Einrichtungen der Weiterbildung zu<br />

errichten und zu unterhalten. 287<br />

287 Wortlaut des Gesetzes beispielsweise unter http://www.dgb-bildungswerknrw.de/index.php?mapid=weiterbildungsgesetz__wbg_.<br />

Stand August 2009<br />

117


2003, 2004 und 2005 gab es einige personelle Veränderungen bei der VHS. 2003 gingen<br />

gleich zwei VHS-Urgesteine in den verdienten Ruhestand: Horst Piltz und Peter Bachmann.<br />

Lieselotte Berthold übernahm den Posten der VHS-Leitung. Sascha Reetz wurde Nachfolger<br />

von Peter Bachmann und stellvertretender VHS-Leiter. Seit Juli 2003 hatte zudem Ulrike<br />

Eichholz als Programmbereichsleiterin eine halbe Stelle, sie teilte sie sich eine pädagogische<br />

Vollzeitstelle mit Galerie-Leiter Rainer Danne. Diese sozusagen geteilte Vollzeitstelle lief<br />

Mitte 2004 aus, weil ab dann nur noch drei pädagogische Vollzeitstellen anstelle der bis dahin<br />

vier zur Verfügung standen. Nach dem Weggang von Dr. Petra Heider im Herbstsemester<br />

behielt Ulrike Eichholz ihre halbe Stelle, eine andere halbe Stelle übernahm Claudia Weigel<br />

für den Bereich als Programmbereichsleiterin des Bereichs Sprachen. Rainer Danne schied als<br />

Pädagoge aus, konzipiert aber seitdem im Bereich Kultur das Veranstaltungsangebot für die<br />

VHS.<br />

Beide Chefs in der VHS <strong>Iserlohn</strong> waren nun neu im Amt – da waren Veränderungen<br />

vorprogrammiert. Lieselotte Berthold und Sascha Reetz holten die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong><br />

sowohl inhaltlich als auch organisatorisch und optisch ins neue Jahrtausend.<br />

Die Struktur des Programms wurde ab 2004 dem Berichtswesen des Deutschen<br />

Volkshochschulverbandes angepasst und in sieben Programmbereiche gegliedert:<br />

1. Politik – Gesellschaft – Umwelt (Ulrike Eichholz)<br />

2. Kultur – Gestalten (2004: Rainer Danne, ab 2005 Bodo Mebes in Kooperation mit<br />

Rainer Danne)<br />

3. Gesundheit (Lieselotte Berthold)<br />

4. Sprachen (2004 I: Dr. Petra Heider, ab 2004 II: Claudia Weigel)<br />

5. EDV – Beruf (Bodo Mebes)<br />

6. Grundbildung – Schulabschlüsse (2004 I: DR. Petra Heider, ab 2004 II: Ulrike<br />

Eichholz)<br />

7. Qualifizierung – Management (Bodo Mebes / Lieselotte Berthold)<br />

Zusätzlich erscheinen die Sonderseiten:<br />

8.01 VHS für junge Leute<br />

8.02 Aktiv ab 50+<br />

8.03 VHS in der JVA (Justizvollzugsanstalt)<br />

Die Fachbereichsleiter hießen nun Programmbereichsleiter.<br />

118


Es gab ab Oktober 2004 die Möglichkeit des Online-Buchens der Veranstaltungen. Auch<br />

bekam die VHS ein neues Logo (Marketingkonzept mit Corporated Design für Logo und<br />

Veröffentlichung).<br />

Zudem wurden – zur besseren Effektivität bei reduziertem Personal - so genannte „Service-<br />

Teams“ gebildet, jedem Pädagogen ist eine Verwaltungskraft zugeordnet. „So ist ein besseres<br />

Miteinander möglich und die Verwaltungskräfte kennen sich in dem jeweiligen Bereich aus,<br />

können Teilnehmerfragen gezielter beantworten“, so Sascha Reetz. 288<br />

Die Umstrukturierung forderte und motivierte das VHS-Team zugleich. Angesichts des<br />

Ergebnisses strahlten dann alle verdientermaßen stolz: Seit 2005 ist die Volkshochschule<br />

<strong>Iserlohn</strong> mit dem Qualitätszertifikat „Gütesiegel Weiterbildung NRW“ für die Anwendung<br />

von Qualitätsmanagement ausgestattet. Am 21. Juni 2005 wurde das Gütesiegel übergeben. 289<br />

Die <strong>Iserlohn</strong>er VHS war NRW-weit die erste Volkshochschule, die Mitglied im 2003<br />

gegründeten Gütesiegelverbund Weiterbildung ist, und die Auszeichnung erhielt. Im Mai<br />

2008 wurde die VHS erneut geprüft, stellte wieder ihre Qualitäten unter Beweis und wurde<br />

ein weiteres Mal zertifiziert. Qualitätsbeauftragter im Haus ist Bodo Mebes. Was diese<br />

Zertifizierung genau bedeutet? Die VHS hatte ihre Organisation monatelang auf den<br />

Prüfstand gestellt und sich von externen Beobachtern begutachten lassen. Das Resultat: Die<br />

VHS konnte ihre Qualitäten in verschiedenen Bereichen wie Kundenzufriedenheit, Beratung,<br />

Ausrichtung des Programms, Lernerfolge und ständige Weiterentwicklung beweisen. 290<br />

Ein gutes Ranking erzielte die <strong>Iserlohn</strong>er VHS zudem bei der Wirtschaftlichkeit (bezogen auf<br />

vergleichbare Volkshochschulen in NRW) laut Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt<br />

NRW (GPA).<br />

Die Erreichung des Qualitätszertifikats kann als ein Höhepunkt in der Geschichte der<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> angesehen werden – gerade im Rückblick auf die Diskussionen in<br />

den 1980er Jahren, die kurzfristig in Überlegungen um eine Schließung der Einrichtung<br />

gegipfelt hatten. Trotz der Erfolge blieb die Finanzierung der VHS angespannt. Es gab 2005<br />

harte Einschnitte. Wie etwa, dass <strong>Iserlohn</strong> nach neuesten Berechnungen knapp unter 100 000<br />

Einwohner groß ist und deshalb eine Reduzierung der Anzahl der hauptamtlichen<br />

pädagogischen Vollzeit-Mitarbeiterstellen von vier auf drei erfolgte (was dadurch<br />

aufgefangen werden konnte, dass die Programmbereichsleiterinnen Ulrike Eichholz und<br />

288 Interview von Verfasserin mit Sascha Reetz am 1. Juli 2009.<br />

289 Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>: Jahresbericht 2005.<br />

290 Siehe beispielsweise auch www.iserlohn.de/Kultur/Volkshochschule/Unterseite_QM.php<br />

119


Claudia Weigel sich eine Stelle teilen). Dadurch bedingt gab es eine Minderzuweisung des<br />

Landeszuschusses um 32 000 Euro. Weitere Folgen: Die Zahl der Schulabschluss-Kurse<br />

wurde von zwei auf einen reduziert. Die VHS-Arbeit in Dröschede und <strong>Iserlohn</strong>erheide und<br />

die damit verbundenen Räumlichkeiten wurden aufgegeben (für vier Kurse in der<br />

<strong>Iserlohn</strong>erheide wurden bis 2007 Räume angemietet) und die Kooperation mit anderen<br />

Kulturinstituten der Stadt erweitert. 291<br />

Seit Januar 2006 gibt es die „Beratungsstelle Bildungscheck“ der VHS und der Gesellschaft<br />

für Wirtschaftsförderung, zunächst in der Stennerstraße 3 und seit 2008 im Stadtbahnhof.<br />

2006 führte man 244 Beratungsgespräche mit Firmen und Beschäftigten durch. Als Berater<br />

konnten Betriebswirtin Elvira de Pasqua und Diplomingenieur Norbert Merkel gewonnen<br />

werden. Sie berieten nun kleine und mittlere Firmen und ihre Beschäftigten über<br />

Förderungsmöglichkeiten des Landes und der EU für arbeitsplatznahe Fortbildungen und<br />

stellten Bildungschecks aus.<br />

Die schlechte Nachricht: Die Landesregierung kürzte die Fördermittel für die Weiterbildung<br />

2006 um 5 Prozent und kündigte für 2007 eine Kürzung von sage und schreibe 19 Prozent an.<br />

1256 Teilnehmer der VHS <strong>Iserlohn</strong> beteiligten sich an einer Postkarten-Aktion gegen diese<br />

geplanten Kürzungen. Immerhin: Ein Teil der Kürzungen für 2007 wurden daraufhin<br />

zurückgenommen. 292<br />

Im Sommer 2009 führte die Studentin Dorle Ullmann eine Passantenbefragung über die<br />

<strong>Iserlohn</strong>er VHS durch. 123 Personen ab dem 16. Lebensjahr wurden dabei befragt. Mit Hilfe<br />

der Studie sollte zum einen ein Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger über die<br />

Volkshochschule erfragt und zum anderen Kundenwünsche wie bevorzugte Bildungsinhalte<br />

und Lernformen aufgedeckt werden. Auch die Möglichkeit eines Vergleichs der<br />

Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong> mit den Ergebnissen der Telefonstudie „ Die Volkshochschulen<br />

in Nordrhein-Westfalen - im Meinungsbild 2004“ sollte berücksichtigt werden.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage: Wichtigstes Kommunikationsmittel zur Verbreitung<br />

des VHS-Angebots ist das Programmheft, gefolgt von der Tageszeitung und Empfehlungen<br />

durch Freunde oder Bekannte.<br />

Mit überwältigender Mehrheit sind die Befragten ganz klar der Meinung, dass die<br />

Volkshochschule ihre öffentliche Aufgabe weiter behalten soll. Trotz leerer öffentlicher<br />

Kassen sind sie von der Richtigkeit der Förderung der VHS durch Stadt und Land überzeugt:<br />

291 Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>: Jahresbericht 2005.<br />

292 Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>: Jahresbericht 2006.<br />

120


Mehrfachbesucher und Einmalbesucher zu 100 Prozent und auch die Nicht-Besucher mit<br />

immerhin 97 Prozent.<br />

Die VHS wird laut der Studie sehr positiv bewertet. Auffällig ist, dass die Professionalität der<br />

Angebote von der Gruppe der Mehrfachbesucher sogar höher bewertet wird als von der<br />

Gruppe der Einmalbesucher und Nicht-Besucher. Von Mehrfach- und Nicht-Besuchern wird<br />

die Volkhochschule nicht so preiswert eingeschätzt, wie von Einmalbesuchern. Insgesamt<br />

liegt die Bewertung aber noch in der oberen Mitte. Unter den Einmalbesuchern hat die<br />

Volkhochschule eine leichte Imagetendenz „altmodisch“ zu sein. Sowohl bei den<br />

Mehrfachbesuchern als auch bei den Nicht-Besuchern besteht eine Tendenz die VHS „eher<br />

für Frauen“ geeignet zu halten. Als „überflüssig“ wird die Volkhochschule nur von einem<br />

verschwindend geringen Teil der Befragten erachtetet.<br />

Sowohl Mehrfachbesucher als auch Einmalbesucher gaben besonders häufig die Erweiterung<br />

des Allgemeinwissens als Anlass für den VHS-Besuch an.<br />

Als bevorzugte Themen insgesamt betrachtet wurden Gesundheit von 71 Prozent und<br />

Sprachen von 70 Prozent genannt, gefolgt von Kreatives von 59 Prozent und Beruf - EDV<br />

von 58 Prozent.<br />

Mit insgesamt 64 Prozent Zustimmung wurde von allen Personengruppen die traditionellen<br />

„Kurse über einen längeren Zeitraum“ als bevorzugte Veranstaltungsform genannt. Für<br />

Mehrfachbesucher sind mit großem Abstand zur Nummer Eins Wochenendkurse die zweite<br />

Alternative, während Einmalbesucher „Onlinekurse mit persönlicher Betreuung“ als<br />

zweithäufigste Wunschlernform angaben.<br />

Vergleicht man die Passantenbefragung in <strong>Iserlohn</strong> mit der Telefonumfrage „Die<br />

Volkshochschulen in Nordrhein-Westfalen – im Meinungsbild 2004“ zeigt sich, dass die<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Studie in vielen Teilen Ähnlichkeiten mit der NRW-Studie aufweist. Erfreulich<br />

war allerdings, dass die Akzeptanz und Zustimmung zur Förderung der Volkshochschulen als<br />

öffentliche Aufgabe durch Stadt und Land liegen, trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in<br />

<strong>Iserlohn</strong> sogar noch höher als 2004 im Meinungsbild von ganz NRW liegt. Insgesamt wurde<br />

die Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong> etwas besser bewertet als im Landesdurchschnitt 2004.<br />

Insbesondere die Kundenfreundlichkeit und Aktualität heben sich für <strong>Iserlohn</strong> positiv vom<br />

Meinungsbild 2004 ab. Ebenso wird die Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong> etwas preiswerter<br />

eingeschätzt als in ganz NRW 2004. 293<br />

293 Alle Angaben aus: Die Volkshochschule in <strong>Iserlohn</strong> – eine Passantenbefragung. 2009. Durchgeführt von<br />

Dorle Ullmann. Unveröffentlichtes Manuskript im Besitz der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.<br />

121


3.6.8. Die wichtigsten Mitarbeiter des dargestellten Zeitraums<br />

3.6.8.1. Die VHS-Leiterin<br />

3.6.8.1.1. Lieselotte Berthold<br />

Seit Sommer 2003 leitet Lieselotte Berthold die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Geboren 1949 in Ludwigshafen am Rhein wuchs sie in Germersheim in der Pfalz auf. Sie<br />

studierte in Mainz und Kiel Physik und schloss das erste Studium mit dem Physik-Diplom ab.<br />

Nach der Geburt von zwei Söhnen und einer mehrjährigen Familienphase absolvierte sie 1985<br />

erfolgreich das zweite Staatsexamen für das Lehramt. Seit 1978 lebt sie mit ihrer Familie in<br />

Hemer. Bereits seit 1982 ist sie bei der <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule tätig, zunächst als<br />

Dozentin, danach von 1988 bis 2003 als hauptberufliche Leiterin der Fachbereiche Kreativität<br />

und Gesundheitsvorsorge (1988-1990 als Vertreterin von Margret Schlegel). 2003 wurde sie<br />

vom Rat der Stadt <strong>Iserlohn</strong> zur VHS-Leiterin gewählt. Neben der Leitungsaufgabe organisiert<br />

sie auch den Programmbereich Gesundheit.<br />

Berufsbegleitend erwarb sie die zertifizierten Abschlüsse zum NLP-Practitioner, zum NLP-<br />

Master und zum Systemischen Professionellen Coach und studierte Kulturmanagement an der<br />

Fern-Universität Hagen. Seit 2009 ist sie Mitglied im Organisations- und Finanzausschuss des<br />

Landesverbandes der Volkshochschulen von Nordrhein Westfalen.<br />

„Veränderungen sind Chancen“, sagt sie in Bezug auf die Novellierung des<br />

Weiterbildungsgesetzes (WBG) und auf den Umzug in den Stadtbahnhof. „Die<br />

Umstrukturierung der <strong>Iserlohn</strong>er VHS als Folge des WBG von 2005, die Einführung des<br />

Qualitätsmanagements und der neue Standort haben die <strong>Iserlohn</strong>er VHS zu einer modernen,<br />

kundenfreundlichen und effektiven Weiterbildungseinrichtung gemacht, die beispielhaft für<br />

die Region ist.“<br />

„Gemeinsam sind wir stark“, ist einer ihrer Leitsätze. Das gilt für die Zusammenarbeit im<br />

hauptberuflichen VHS-Team, mit dem Dozenten-Team und den Mitwirkungsgremien ebenso<br />

wie für die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Einrichtungen.<br />

122


3.6.8.2. Die Fachbereichsleiter<br />

3.6.8.2.1. Dr. Petra Heider 294<br />

Im Januar 1994 wurde Dr. Petra Heider als neue Fachbereichsleiterin für Sprachen und<br />

Schulabschlüsse in der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> begrüßt.<br />

Die gebürtige Frankenthalerin (Pfalz) legte ihre Abiturprüfung am Hagener Hildegardis-<br />

Gymnasium ab, studierte in Bonn, Paris, Spanien und Mexiko. Sie kann zahlreiche<br />

Abschlüsse vorweisen: 1. und 2. Staatsexamen für die Sekundarstufe I und II in Französisch<br />

und Spanisch, Magister Artium in spanischer und französischer Philologie sowie<br />

Entwicklungshilfe plus eine Promotion in Hispanik. Sie erlangte ihre Promotion mit dem<br />

Thema „Die Frage der Macht in drei Diktatorenromanen Lateinamerikas“. Praktische<br />

Volkshochschulerfahrung sammelte sie bei der VHS in Hagen.<br />

In der <strong>Iserlohn</strong>er VHS lebte sie sich schnell und gut ein, seit dem 15. Oktober 1995 war Dr.<br />

Petra Heider auch stellvertretende Leiterin dieser Volkshochschule.<br />

Dr. Heider erzählt: „Ich selbst bin ein Beispiel für eine Kursteilnehmerin, die mit Hilfe der<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> verborgene Fähigkeiten entdeckte. Im Februar 2003 meldete ich<br />

mich für den Pastellkreidekurs unter der Leitung von Karl-Heinz-Heun in Letmathe an und<br />

belegte auch den Folgekurs. Das Ergebnis war in der Ausstellung meiner Pastellkreidebilder<br />

unter dem Titel „Europa – über Städte und Land“ in der VHS-Treppengalerie im<br />

Frühjahrssemester 2004 zu sehen.“<br />

2004 verabschiedete sich Dr. Petra Heider aus <strong>Iserlohn</strong>. Heute ist sie stellvertretende<br />

Direktorin der Volkshochschule Lippe-West.<br />

3.6.8.2.2. Ulrike Eichholz<br />

Lebenslanges Lernen bedeutet für Ulrike Eichholz „niemals geistig einzurosten“ 295 . Und das<br />

glaubt man der quirlig-fröhlichen Programmbereichsleiterin (Politik, Gesellschaft und<br />

Umwelt sowie für Grundbildung – Schulabschlüsse) aufs Wort, so engagiert setzt sie diese<br />

Idee um.<br />

294 Interview mit Dr. Petra Heider im Mai 2008.<br />

295 Szene <strong>Iserlohn</strong> Magazin. August 2003. S. 14.<br />

123


Die gebürtige Letmatherin Ulrike Eichholz studierte nach dem Abitur Geschichte und<br />

Germanistik an der Ruhruniversität Bochum, nach einem Referendariat in Menden erfolgte<br />

leider ein Anstellungsstopp für Lehrer. Sie entschloss sich dann, erst einmal zu heiraten und<br />

bekam mit ihrem Ehemann zwei Töchter.<br />

Eine Anzeige in der Zeitung machte sie dann Ende der 80er Jahre auf die VHS aufmerksam.<br />

Horst Piltz suchte damals eine Nachfolgerin für Eike Schafferts Kursus „Politik interessiert<br />

mich wohl, und ich möchte gerne mehr wissen“. Seit dem Herbstsemester 1989 leitete Ulrike<br />

Eichholz den Kursus, erweiterte in den folgenden Jahren ihr Engagement bei der VHS noch<br />

auf Vorträge und Studienreisen – am liebsten zum Thema Demokratie.<br />

Seit Juli 2003 ist Ulrike Eichholz als Programmbereichsleiterin mit einer halben Stelle fest<br />

angestellt. Sie lebt heute in Oestrich.<br />

3.6.8.2.3. Rainer Danne 296<br />

Rainer Danne und die Volkshochschule – das passt einfach hervorragend zusammen. Rainer<br />

Danne ist nicht nur Leiter der städtischen Galerie, sondern arbeitet seit Jahren auch für die<br />

VHS.<br />

Danne wurde 1960 in <strong>Iserlohn</strong> geboren. Nach dem Abitur studierte er in Marburg, Bochum<br />

und Dijon Kunstgeschichte, verbrachte zudem zwei Auslandssemester in Toulouse.<br />

Anfang der 1990er Jahre erstellte er eine Konzeption für die Städtische Galerie, seit 1997 ist<br />

er offiziell deren Leiter – und sozusagen der Hüter des städtischen Kunstbesitzes.<br />

Schon in den 1990ern war Rainer Danne VHS-Dozent für ein kunstgeschichtliches Seminar in<br />

Letmathe. Als Horst Piltz dann 2003 in Rente ging, wurde eine Fachbereichsleiter-Stelle frei,<br />

die Rainer Danne sich zwei Jahre lang mit Ulrike Eichholz teilte. Danne war somit für<br />

Geisteswissenschaften und Kreativität zuständig. „Das funktionierte gut und machte viel<br />

Spaß“. Rainer Danne ist seit 2005 offiziell „fester Kooperationspartner“ und unterstützt Bodo<br />

Mebes bei der Organisation des Programmbereichs Kultur - Gestalten. Ihm liegen vor allem<br />

die Bereiche Fotografie, die mit Küchenmeister Joachim Brandt durchgeführte Reihe „Ein<br />

Kunst- und Kocherlebnis“, Kunstgeschichte sowie Fahrten (etwa zur Frankfurter Buchmesse)<br />

am Herzen.<br />

296 Interview von Verfasserin mit Rainer Danne am 2. Juli 2009.<br />

124


Was zeichnet die Arbeit bei der VHS für ihn aus? „In der Galerie bin ich mehr oder weniger<br />

Einzelkämpfer, da macht es Spaß, bei der VHS in einem Team zu arbeiten.“ In einer<br />

Zeitschrift erklärte er im August 2003, mit dem Begriff Volkshochschule verbinde er „einen<br />

sympathisch offenen Bildungsträger für jedermann“. Und:„Lebenslanges Lernen bedeutet für<br />

mich eine mit Gelassenheit zu ertragende Notwendigkeit.“ 297<br />

Rainer Danne ist verheiratet und hat ein Kind.<br />

3.6.8.2.4.Claudia Weigel 298<br />

Die gebürtige Mainzerin Claudia Weigel wuchs in Dortmund in einem polyglotten Elternhaus<br />

auf: Die Mutter, eine gebürtige Spanierin, war in Frankreich aufgewachsen. Der Vater war<br />

technischer Übersetzer und Dolmetscher. „Sprachen waren bei uns immer Thema am<br />

Küchentisch“, erzählt Claudia Weigel. Sie wusste schon früh, dass sie beruflich etwas im<br />

Bereich Erwachsenenbildung machen möchte. Sie studierte Sprachlehr- und –lernforschung,<br />

Orientalistik und Romanistik an der Ruhr-Universität Bochum, in Granada und Tunis mit den<br />

Zielsprachen Deutsch als Fremdsprache, Spanisch und Hocharabisch. Schon während des<br />

Studiums gab sie Deutsch- und Spanischkurse an verschiedenen Volkshochschulen und an<br />

anderen Weiterbildungseinrichtungen. Ihre empirische Magisterarbeit schrieb sie über „Die<br />

mündliche Fehlerkorrektur aus der Perspektive erwachsener Mitlerner im Spanischunterricht<br />

der Volkshochschule“.<br />

Der Berufswunsch stand mittlerweile nämlich fest: Fachbereichsleiterin an einer<br />

Volkshochschule – wohl wissend, dass die Stellen rar gesät sind.<br />

Nach einem Volontariat war sie zunächst Lektorin in einem Schulbuchverlag und nahm<br />

parallel ein Fernstudium „Erwachsenenbildung“ and er Universität Kaiserslautern auf. Als in<br />

Coesfeld für 3 volle Semester eine Vertretung für die dortige Fachbereichsleiterin Sprachen<br />

gesucht wurde, bewarb sie sich und bekam die Stelle. „Ich habe dort sehr viel gelernt und<br />

hoffte mit dieser Qualifikation, woanders noch bessere Chancen zu haben. Leider musste ich<br />

bei meinen bundesweiten Bewerbungen feststellen, dass die wenigsten Auswahlverfahren<br />

wirklich offen waren.“ Nach Abschluss des Fernstudiums und nach einer Fortbildung im<br />

Web-Bereich erhielt sie eine Festanstellung als Deutschdozentin im Lehrgebiet Deutsch als<br />

297 Szene <strong>Iserlohn</strong> Magazin. August 2003. S. 15.<br />

298 Interview von Verfasserin mit Claudia Weigel am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

125


Fremdsprache der Ruhr-Universität Bochum, um ausländische Studienbewerber/innen auf die<br />

sprachlichen Hochschulzulassungsprüfungen DSH und TestDaF vorzubereiten und parallel<br />

dazu E-Learning Module für diese Zielgruppe auf der universitären Online-Lernplattform zu<br />

erstellen. In dieser Zeit kam auch Tochter Laura zur Welt und sie ging auf eine halbe Stelle.<br />

„So spannend der Uni-Bereich auch war, ich wusste aus eigener Erfahrung, dass die<br />

kommunale Bildungsarbeit noch spannender und vor allem noch vielfältiger ist.“<br />

2004 bewarb sie sich als Fachbereichsleiterin bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> und bekam die Stelle. Zu<br />

dem Zuständigkeitsbereich von Claudia Weigels halber Stelle gehörten immer die Sprachen,<br />

zudem der Bereich „VHS in der JVA“. Eine Zeit lang kümmerte sie sich den Bereich „VHS<br />

50 plus“, den sie später in Absprache mit ihrem Kollegen Bodo Mebes für den Bereich „Junge<br />

VHS“ eintauschte. Sie arbeitet im Durchschnitt drei Tage pro Woche in der Volkshochschule.<br />

„Ich habe hier viele Gestaltungsmöglichkeiten“, zieht sie nach fünf Jahren Bilanz. Die Stadt<br />

sei nicht zu groß, so dass sich viele Dinge „über den kurzen Dienstweg“ erledigen lassen.<br />

<strong>Iserlohn</strong> ist aber auch nicht zu klein, das heißt, es gibt eine große Zahl an fremdsprachlich<br />

interessierten Menschen sowie einen hohen Ausländeranteil. „Die Arbeit liegt quasi auf der<br />

Straße,“ sagt Claudia Weigel. „Mir geht es bei meiner Arbeit darum, das<br />

Fremdsprachenlernen als Wert an sich in der Kommune zu fördern, sei es als sinnvolle<br />

Freizeitbeschäftigung im Ruhestand, zum Brückenschlagen zwischen den Kulturen im<br />

Bereich der Integration oder als berufliche Qualifizierung.“ Ein Sprachkursprogramm darf<br />

deshalb nicht nur Englischkurse beinhalten, sondern die gesamte Palette von im Schnitt 16<br />

europäischen und außereuropäischen Sprachen. Der klassische Sprachkurs mit Kursleitenden,<br />

die didaktisch-methodisch und erwachsenenpädagogisch auf dem neuesten Stand sind, gehört<br />

ebenso dazu, wie innovative flexible Lernformen für Berufstätige oder in der Familienarbeit<br />

befindliche Personen, die keine Zeit haben, regelmäßig einen Kurs zu besuchen. Sich rasant<br />

verändernde Zeiten verlangen auch ein verändertes Lernverhalten und die Bereitschaft, die<br />

festgetretenen Lernwege zu verlassen und neue zu beschreiten.“<br />

126


3.6.8.3. Die Mitarbeiter in der Verwaltung<br />

3.6.8.3.1. Sascha Reetz 299<br />

Er ist offiziell stellvertretender VHS-Leiter für Verwaltungsangelegenheiten, sein Vorgänger<br />

wurde stets als „VHS-Geschäftsführer“ bezeichnet. Doch eigentlich hält Sascha Reetz nichts<br />

von diesem Titel.<br />

Sascha Reetz ist seit 2003 für Verwaltungsangelegenheiten der VHS <strong>Iserlohn</strong> zuständig.<br />

Der gebürtige <strong>Iserlohn</strong>er ist studierter Diplom-Verwaltungswirt, absolvierte seine Ausbildung<br />

bei der Stadt, unter anderem beim städtischen Kulturamt. 2003 bewarb er sich für die Stelle<br />

bei der VHS: „Ich wollte mal etwas anderes machen. Zudem versprach die VHS-Arbeit<br />

spannend zu werden, da beide Chefs (Piltz und Bachmann) aufhörten und somit<br />

Veränderungen anstanden.“ Seit 2006 arbeitet er sowohl für das Ressortbüro Kultur als auch<br />

für die VHS.<br />

Sascha Reetz hat in Zusammenarbeit mit Lieselotte Berthold in den vergangenen Jahren viel<br />

in der Volkshochschule bewegt: Zertifizierung, Online-Buchung, neues Logo, Homepage,<br />

Unterteilung in Service-Team seien hier als Stichwörter genannt.<br />

Er selbst hat einige VHS-Kurse selbst besucht.<br />

Sascha Reetz lebt seit vielen Jahren in Dortmund. Mit dem Zug kommt er jeden Tag zur<br />

Arbeit – und kann seit dem Umzug in den Stadtbahnhof tatsächlich mit dem Zug nahezu ins<br />

Büro fahren.<br />

3.6.8.3.2. Ortrun Davis 300<br />

„Ich wollte nie in ein Amt ohne Publikumsverkehr!“ betont Ortrun Davis. Und dies bewog die<br />

gebürtige <strong>Iserlohn</strong>erin, die bei der Stadt zur Verwaltungsfachangestellten ausgebildet wurde,<br />

auch sich 1996 bei der VHS zu bewerben. „Eigentlich sind Außenstellen in der Verwaltung<br />

unbeliebt, weil man den Kontakt zum Rathaus etwas verliert. Aber ich wollte gerne dorthin.“<br />

Das hat sie auch nicht bereut: „Ich war sehr, sehr gerne bei der VHS.“<br />

In dem ersten Raum links im Erdgeschoss der Stennerstraße 3 war sie zuständig für<br />

Anmeldungen und Kassenverfahren. Aber nur für ein Jahr, dann kündigte sich Nachwuchs an<br />

und Ortrun Davis ging in den Mutterschutz. Danach kam sofort das zweite Kind, sodass sie<br />

299 Interview von Verfasserin mit Sascha Reetz am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

300 Interview von Verfasserin mit Ortrun Davis am 15. Juli 2009.<br />

127


insgesamt über sieben Jahre im Mutterschutz war und nicht mehr zur VHS zurück konnte.<br />

Ortrun Davis landete dann zunächst im Personalpool der Stadt, ist heute im Bereich<br />

Ordnungs- und Gewerbeangelegenheiten (Ressort Sicherheit, Bürger, Feuerwehr) tätig.<br />

3.6.8.3.3. Claudia Freund 301<br />

Claudia Freund ist sozusagen bei der VHS die Frau an der Front: Sie ist für den Bereich<br />

Anmeldung zuständig, hat viel Kontakt zu den Teilnehmern.<br />

Die in gebürtige <strong>Iserlohn</strong>erin mit dem Mädchennamen Claudia Schilling war zunächst lange<br />

Jahre Hausfrau und Mutter. Als die Kinder groß waren, wollte sie berufstätig werden und<br />

„landete mit viel Glück in der VHS“. Was zunächst als Maßnahme der Stadt 1996 begann,<br />

wurde ab Oktober 1997 eine Festanstellung.<br />

Seit 13 Jahren betreut sie somit viele „Stammkunden“, aber auch VHS-Neulinge. Claudia<br />

Freund weiß, wann jemand ein Enkelkind bekommen hat, welche Urlaubsziele bevorzugt<br />

werden und wann wer in Rente geht. Egal, ob jemand etwas verloren hat, einen Raum sucht<br />

oder Geld gewechselt haben möchte, Claudia Freund ist die erste Ansprechpartnerin. Auch<br />

wenn ihr neues Büro in der VHS etwas versteckt hinter der Treppe liegt: Irgendwann findet<br />

sie jeder.<br />

Einmal, so erzählt sie, bekam sie einen besonders merkwürdigen Anruf: „Bis ich verstanden<br />

hatte, was die Frau wollte, dauerte es schon ein bisschen!“ Des Rätsels Lösung: Die Dame am<br />

Telefon wollte dringend ihren Mann sprechen, der in einem Englischkurs saß – weil sie im<br />

Rathaus im Glasaufzug feststeckte und Hilfe brauchte!<br />

Claudia Freund hat selber einige VHS-Kurse belegt, unter anderem EDV, Englisch-<br />

Bildungsurlaub, Sport und Pastellkreide.<br />

3.6.8.3.4. Yvonne Weidlich 302<br />

Seit Februar 2006 ist Yvonne Weidlich Verwaltungsmitarbeiterin bei der VHS <strong>Iserlohn</strong>. Aber<br />

nicht nur: Sie ist gleichzeitig im Ressortbüro Kultur der Stadt tätig.<br />

301 Interview von Verfasserin mit Claudia Freund am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

302 Interview von Verfasserin mit Yvonne Weidlich am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

128


Die gebürtige <strong>Iserlohn</strong>erin ist studierte Diplom-Verwaltungswirtin. Bis 2004 war sie im<br />

Sozialamt der Stadt <strong>Iserlohn</strong> beschäftigt, wechselte dann kurz ins Bürgermeister-Buro um<br />

schließlich im Ressortbüro Kultur und der VHS zu landen. Ihr Büro hat sie in den<br />

Volkshochschul-Räumen im Stadtbahnhof. Durch die Neustrukturierung der VHS ist sie nun<br />

im Service-Team für den Programmbereich 7 (Qualifizierung, Management) zuständig,<br />

kümmert sich zudem um die Raumvermietung, die Firmenkurse, die Bildungsberatung, die<br />

VHS-Gremien und mehr.<br />

Sie selbst hat bereits mehrere Kurse bei der VHS <strong>Iserlohn</strong> belegt, unter anderem ein Etikette-<br />

Seminar, einen Kochkurs, eine NLP-Ausbildung und eine Veranstaltung im Bereich Kunst.<br />

3.6.8.3.5. Kurt Geltsch 303<br />

Aus Siebenbürgen in die <strong>Iserlohn</strong>er VHS: Der gebürtige Rumäne Kurt Geltsch ist seit 2001<br />

Hausmeister der Volkshochschule.<br />

Kurt Geltsch sprach in seiner Kindheit nur Deutsch, lernte erst in der Schule Rumänisch. 1991<br />

kam der gelernte Tischler nach <strong>Iserlohn</strong>, fand auch schnell Arbeit. Nach einigen Jahren wurde<br />

er durch eine Firmenpleite arbeitslos. „Von einem Bekannten hörte ich, dass bei der VHS eine<br />

Stelle als Hausmeister frei war. Das interessierte mich sehr.“ Geltsch bekam die Stelle. „Die<br />

Arbeit macht viel Spaß, anders als etwa Firmenhausmeister lerne ich viel und habe viel mit<br />

Technik zu tun.“ Kurt Geltsch machte den Umzug von der Stennerstraße in den Stadtbahnhof<br />

mit, hat mittlerweile so viel zu tun, dass er sich die Arbeit mit zwei Servicekräften teilt. Doch<br />

er arbeitet nicht nur in der VHS, er hat sich dort auch schon weitergebildet, hat EDV- und<br />

Gymnastikkurse besucht.<br />

Kurt Geltsch ist verheiratet und hat zwei Söhne.<br />

303 Interview von Verfasserin mit Kurt Geltsch am 2. Juli 2009.<br />

129


4. Spezielle Untersuchungen<br />

4.1. Statistik über Unterrichtsstunden, Dozenten und Teilnehmende von 1970 bis 2009<br />

Jahr Durchgeführte<br />

Unterrichtsstunden<br />

Nebenberufliche<br />

Dozentinnen und<br />

Dozenten<br />

Teilnehmende<br />

1949 384 927<br />

1950 359 890<br />

1958/59 300 25 800<br />

1970 2.400 30 2.114<br />

1971 4.120 35 2.013<br />

1972 3.886 53 3.923<br />

1973 4.628 71 3.804<br />

1974 5.528 91 4.504<br />

1975 9.600 120 11.091 304<br />

1976 8.861 111 11.326<br />

1977 8.544 108 9.348<br />

1978 9.879 125 10.934<br />

1979 12.037 151 9.536<br />

1980 12.981 178 10.968<br />

1981 11.120 190 9.784<br />

1982 8.539 210 8.714<br />

1983 9.664 124 8.500 *<br />

1984 10.175 130 8.700 *<br />

1985 9.604 150 * 8715<br />

1986 9.904 160 * 9299<br />

1987 10.244 196 8.392<br />

1988 14.949 196 8.135<br />

1989 14.949 196 8.135<br />

1990 14.338 250 9.651<br />

1991 12.891 250 13.491<br />

1992 11.414 226 12.266<br />

1993 12.552 230 11.181<br />

1994 11.586 230 10.682<br />

1995 11.514 231 11.592<br />

1996 13.394 265 12.627<br />

1997 14.313 267 9.694<br />

1998 14.429 240 13.468<br />

1999 15.116 267 13.905<br />

2000 15.650 256 13.945<br />

2001 14.502 213 12.998<br />

2002 12.914 223 11.674<br />

2003 12.475 325 9.835<br />

2004 11.134 256 9.204<br />

2005 12.237 213 9.250<br />

2006 11.571 260 9.704<br />

2007 13.035 214 11.668<br />

2008 13.823 219 17.019 305<br />

2009 13.408 231 12.706<br />

* Es lagen nur gerundete Daten vor.<br />

304 Mit der Kommunalen Neuordnung wurde 1975 die Volkshochschulen <strong>Iserlohn</strong> und Letmathe<br />

zusammengeschlossen. Das erklärt zum Teil den sprunghaften Anstieg der Teilnehmer-Zahlen in diesem Jahr.<br />

305 Das Jahresergebnis der Teilnehmerstatistik 2008 beinhaltet den Eröffnungstag mit 5000 Besuchern.<br />

130


Quellen: Zeitungsartikel, Verwaltungsberichte der Stadt <strong>Iserlohn</strong> sowie Landes-, DVV- und<br />

D.I.E.-Statistiken<br />

4.2. Die Entwicklung im Fachbereich Sprachen 1949 bis 2009<br />

Sprachen sind seit vielen Jahren ein wichtiges Angebot der VHS <strong>Iserlohn</strong>. Immerhin: „Den<br />

größten Anteil am Fremdsprachenunterricht an Institutionen der Erwachsenenbildung in der<br />

Bundesrepublik haben die (…) Volkshochschulen (…)“ 306 . Deshalb wird an dieser Stelle<br />

ausführlich auf die Entwicklungen in diesem Programmbereich eingegangen.<br />

In den Anfangsjahren der VHS spielten Sprachen allerdings noch keine große Rolle. Nur<br />

gelegentlich gab es Vorträge, etwa im Winter 1922 einen Vortrag von Theodor Klumpp zum<br />

Thema „Die deutsche Sprache und ihre Geschichte“. Erst im Winterhalbjahr 1930/31 gab es<br />

erstmals Sprachkurse, angeboten wurden sie in den Sprachen Englisch, Italienisch und<br />

Französisch. 307 Sprachkurse gab es auch noch in der NS-Volksbildungsstätte während des<br />

Krieges.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg bot die VHS selbst erst einmal keine Sprachkurse an, nur das<br />

Bildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes, dessen Programm im VHS-Arbeitsplan<br />

mit aufgeführt wurde. Ab 1949/50 bot der Kooperationspartner Deutsch, Englisch,<br />

Französisch, Englisch, Latein, Spanisch und Niederländisch an. Das blieb in den folgenden<br />

Jahren so, nur gelegentlich beschäftigte die Volkshochschule selbst sich mit Sprachen, etwa<br />

im Wintersemester 1950/51 mit der Arbeitsgemeinschaft „Niederdeutsche Sprache und<br />

niederdeutsches Schrifttum“ mit Dr. Ellbracht, oder im Semester 1954/55, als ein Kurs<br />

„Einführung in niederländische Sprache und Kultur“ von Studienrat Bernhard Betten offeriert<br />

wurde. Diese Kurse standen vermutlich im Zusammenhang mit dem „Deutsch-<br />

Niederländischen Kulturkreis der Volkshochschule“, der in Zusammenarbeit mit den<br />

Niederländischen Volkshochschulen, der Niederländischen Botschaft, dem Niederländischen<br />

Konsulat und dem Auslandsinstitut Dortmund die Freundschaft und den Austausch zwischen<br />

den beiden Völkern fördern wollte. Zudem gab es gelegentlich Kurse im Bereich<br />

Sprecherziehung oder über die deutsche Sprache. Fremdsprachen tauchten nicht auf. Für diese<br />

war weiterhin das Bildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes zuständig. 1955/56<br />

nahm man stattdessen das Fremdsprachenprogramm der Fremdsprachenschule <strong>Iserlohn</strong><br />

306 Reiske, Heinz: Fremdsprachenunterricht in der Erwachsenenbildung. In: Bausch, Karl-Richard/Christ,<br />

Herbert/Krumm, Hans-Jürgen: Handbuch Fremdsprachenunterricht. 3. Auflage. Tübingen, 1995. S. 534.<br />

307 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 18. Oktober 1930.<br />

131


(Hagener Straße 70) in den Arbeitsplan auf. Englisch, Französisch, Spanisch und Russisch<br />

wurden dort unterrichtet. .<br />

Ab dem Semester 1957/58 übernahm das Sprachangebot der Kooperationspartner<br />

„Fremdsprachenschule Dr. Voigt“, Kluse 39. Dort gab es Englisch-, Französisch-, Spanisch-,<br />

Italienisch-, Russisch- und Deutschkurse. Im Sommersemester 1960 allerdings konnten<br />

Spätumsiedler bei der VHS Deutsch lernen.<br />

Erst ab dem Wintersemester 1963/64 bot die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> eigene<br />

Fremdsprachenkurse an – und das gleich in großer Zahl: „Französischer Arbeitskreis“,<br />

„Englischer Gesprächskreis“, „Einführung in die lateinische Sprache“, „Deutsch für<br />

Engländer“ und „Deutsch für Spanier“ wurden angeboten. Das Angebot „Deutsch für<br />

Engländer“ war anscheinend auf die in <strong>Iserlohn</strong> und Umgebung stationierten englischen und<br />

kanadischen Soldaten ausgerichtet. Im nächsten Semester hieß der Kurs dann auch „Deutsch<br />

für Briten und Kanadier“. Der Lateinkurs fiel weg, dafür gab es eine Einführung in die<br />

griechische Sprache. Im Wintersemester 1965/66 gab es dann sogar Fachsprachenkurse:<br />

„Wirtschaftsfranzösisch“ und „Einführung in die englische Handelskorrespondenz“. Auch ein<br />

Italienischkurs fand Einzug in den Arbeitsplan. In den folgenden Jahren wurden<br />

unterschiedliche Sprachkurse angeboten, stets vertreten waren die Fremdsprachen Englisch,<br />

Deutsch und Französisch sowie Niederländisch. Ab 1969 gab es zudem spezielle Kurse für<br />

die Reise: „Spanisch für Urlauber“ und „Italienisch für Urlauber“.<br />

Ein wichtiger Punkt in der Neuorientierung der Volkshochschulen im Bereich Sprachen war<br />

sicherlich die Einführung von VHS-Sprachenzertifikaten im Jahr 1968. Die Zertifikate – die<br />

die Volkshochschulen damals als einzige Weiterbildungseinrichtungen einführten – wurden<br />

auf Wunsch der Teilnehmer nach einem Nachweis der praktischen Sprachbeherrschung<br />

ausgestellt, der an Lernzielen und einer objektiven Leistungsmessung orientiert war,<br />

augestellt. 308 Dadurch wurden die Volkshochschulen zu ernstzunehmenden Anbietern von<br />

Fremdsprachenunterricht in der Erwachsenenbildung.<br />

Ab den 1970er Jahren unterteilte die VHS die Fremdsprachenkurse zunehmend in<br />

verschiedene Lernstufen, etwa in „Englisch Stufe I“, „Englisch Stufe II“ und „Englisch Stufe<br />

III“. Eine wichtige Änderung: Die Einführung von einheitlichen Lehrbüchern, was die<br />

„Lernziele für die einzelnen Stufen soweit standardisiert, dass jeder Teilnehmer auf Jahre<br />

308 Reiske, Heinz: Fremdsprachenunterricht in der Erwachsenenbildung. In: Bausch, Karl-Richard/Christ,<br />

Herbert/Krumm, Hans-Jürgen: Handbuch Fremdsprachenunterricht. 3. Auflage. Tübingen, 1995. S. 536.<br />

132


hinaus sein Sprachstudium systematisch weiterführen kann.“ 309 Bald gab es in der<br />

Inhaltsübersicht des Arbeitsplanes auch einen eigenen Punkt „Sprachen“. Waren es in den<br />

1960er Jahren meistens etwa sechs Kurse, die angeboten wurden, nimmt der Bereich<br />

Sprachen im Studienjahr 1973/74 bereits 13 Seiten ein – 52 Kurse gab es nun bereits,<br />

Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Niederländisch und – klar, in<br />

Zeiten des Schwedischfans Horst Piltz - Schwedisch. Mittlerweile hatte man auch spezielle<br />

Konversations- und Grammatikkurse eingeführt. Bei den VHS-Sprachkursen herrschte in<br />

diesem Studienjahr ein solcher Andrang, dass „ein ,numerus clausus’ eingeführt werden<br />

musste, um den Teilnehmern ein wirklich sinnvolles und intensives Studium zu<br />

garantieren“ 310 . Wahrscheinlich ist der Andrang darauf zurückzuführen, dass die Menschen<br />

nun verstärkt Reisen ins Ausland unternahmen.<br />

Im Studienjahr 1975/65 kamen noch zwei Altgriechisch-Kurse hinzu. Im Studienjahr 1976/77<br />

fällt ein Angebot „Englisch für Portugiesen“ auf – die VHS engagierte sich auch für die<br />

Weiterbildung der Gastarbeiter. Allein 29 Englischkurse gab es in diesem Studienjahr, die<br />

Sprachkurse bei der VHS boomten. Im Studienjahr 1977/78 kamen differenziertere<br />

Englischkurse wie „Study in English Composition“ oder „Development of English Humor“<br />

hinzu. Zudem wurden erstmals Polnisch-Kurse unter der Leitung von Josef Wilkosinski<br />

angeboten. Im folgenden Jahr (mittlerweile war Dr. Ute Kaßnitz Fachbereichsleiterin für<br />

Sprachen) kamen Türkisch, Dänisch, Finnisch und Serbokroatisch – allesamt Sprachen, die<br />

nicht lange angeboten wurden - hinzu.<br />

Die Sprachkurse stießen also auf immer mehr Interesse. Die Menschen waren offener<br />

geworden, interessierten sich auch zunehmend für die anderen Länder in Europa. Zudem<br />

reisten die Deutschen verstärkt, Fremdsprachen waren da hilfreich. Manche Kurse bei der<br />

Volkshochschule fielen aus, im Bereich Sprachen aber nur wenige, hier gab es aber auch<br />

immer Zusatzkurse. 311<br />

Für Spannung sorgte 1979 eine VHS-Studienfahrt in die USA, deren Höhepunkt der Besuch<br />

des Space Centers in Cape Kennedy war. Die Gruppe startete per Flugzeug am 7. April 1979,<br />

am 20. April kehrten die Teilnehmer zurück. Dazwischen waren sie vier Tage lang New York,<br />

309<br />

Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker, 1/1974. S. 41 bis<br />

44. S. 42.<br />

310<br />

Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker, 1/1974. S. 41 bis<br />

44. S. 42.<br />

311 Unterlagen von Irene Mesmann.<br />

133


fuhren über Philadelphia nach Washington und besuchten in Florida Orlando, Disney World<br />

und eben Cape Kennedy, ehe sie noch Miami Beach besichtigten. Fast alle Teilnehmer waren<br />

das erste Mal in den USA. Reiseleiterin war Diplom-Pädagogin Anette Bauer. 312<br />

Ab 1985 leitete Sabine Schirra den Fachbereich Sprachen. Ab 1986 führte sie eine<br />

Einführungsveranstaltung für alle neuen Teilnehmer der Grundkurse Sprachen ein. So nach<br />

dem Motto: „Man nehme: ein Lehrbuch, einen Kursusleiter, Zeit und Ausdauer ... Was muss<br />

man tun, um eine Sprache zu erlernen?“. Zudem gab es vor den Anmeldungen die<br />

Möglichkeit der Sprachenberatung. Die Kurse waren nun übersichtlich gegliedert in<br />

„Grundkurse I bis III“, „Aufbaukurse I bis III“ und „Abschlusskurse I bis III oder IV“.<br />

Danach konnte man das VHS-Zertifikat erwerben und mit Spezialkursen wie Konversation<br />

fortfahren. 313<br />

Unter der Regie von Fachbereichsleiter Wilfried Oslender gab es zudem Neugriechisch und<br />

Arabisch. Mittlerweile hatte sich auch ein Wandel in den Volkshochschulen vollzogen, sie<br />

waren längst keine reinen Abendschulen mehr. Besonders viele Sprachkurse wurden<br />

mittlerweile an den Vormittagen angeboten, was besonders für Rentner und Hausfrauen<br />

lukrative Angebote waren.<br />

1994 übernahm Dr. Petra Heider ihren Dienst als Fachbereichsleiterin für Sprachen (und<br />

Schulabschlüsse) auf. Bald gab es zahlreiche Neuerungen, im selben Jahr beispielsweise<br />

„spanische Wochen“, bei der VHS.<br />

In den 1990er Jahren gehörten die Kurse Deutsch als Fremdsprache, Englisch, Französisch,<br />

Spanisch, Italienisch und Russisch zum Angebot fast aller Volkshochschulen in<br />

Deutschland. 314 Die VHS <strong>Iserlohn</strong> bot neben diesen „Standartsprachen“ noch Deutsch für<br />

Deutsche, Chinesisch, Japanisch, Neugriechisch, Niederländisch, Portugiesisch/Brasilianisch,<br />

Türkisch, Ungarisch und Schwedisch an, lag mit seinem Angebot von insgesamt 16 Sprachen<br />

also weit über der „Norm“. Ein 1994 geplanter Kurs „Thai für Touristen“ musste noch vor<br />

Beginn abgesetzt werden. 315<br />

1995 lag der Schwerpunkt der VHS im Fachbereich Sprachen auf<br />

Fortbildungsveranstaltungen für Sprachkursleiter. Man arbeitete dabei mit dem Institut<br />

312 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 24. April 1979.<br />

313 Siehe beispielsweise Arbeitsplan der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> 1986/87. S. 16.<br />

314 Reiske, Heinz: Fremdsprachenunterricht in der Erwachsenenbildung. In: Bausch, Karl-Richard/Christ,<br />

Herbert/Krumm, Hans-Jürgen: Handbuch Fremdsprachenunterricht. 3. Auflage. Tübingen, 1995. S. 534.<br />

315 Unterlagen von Irene Mesmann.<br />

134


Isoplan, dem Landesverband der Volkshochschulen sowie den Volkshochschulen Essen und<br />

Hagen zusammen. Im selben Jahr gab es auch erste Ungarisch-Kurse in Kooperation mit dem<br />

Nyiregyhaza-Komitee unter der Leitung von Adrienne Stick-Weische (aus der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Partnerstadt Nyiregyhaza). Im Bereich Sprachen gab es 1995 auch eine Neuerung. Im Januar<br />

1995 führte man erstmals Firmenkurse „Spanisch für Führungskräfte“ durch. Diese<br />

Firmenkurse werden immer noch angeboten, vor allem in Englisch, Deutsch und Französisch,<br />

eine Firma führte mit Hilfe der VHS auch einen Kurs „Deutsch für ausländische Mitarbeiter<br />

durch“. Diese Kurse stehen nicht im Programmheft, werden auf Anfrage durchgeführt. 316 Ein<br />

weiterer ungewöhnlicher Sprachkurs: „Englisch für die Behörde“. Dieser Kursus richtete sich<br />

an alle städtischen Mitarbeiter/innen, die ihre Englischkenntnisse auffrischen und vertiefen<br />

wollten.<br />

1996 führte die <strong>Iserlohn</strong>er VHS erstmals eine Sprachstudienreise nach Salamanca in Spanien<br />

durch (gemeinsam mit der VHS Hagen). Zudem wurde erstmals Chinesisch angeboten.<br />

Erstmals gab es ferner das Angebot von Deutschkursen für Ausländer nach den Richtlinien<br />

des „Sprachverbandes Deutsch für ausländische Arbeitnehmer“.<br />

1997 gab es über 3500 Teilnehmer im Sprachenbereich der VHS <strong>Iserlohn</strong>. Ein Tschechisch-<br />

Kurs wurde angeboten, allerdings vor Beginn wieder abgesagt.<br />

Seit September 1997 gab es eine Basisqualifikation für neue Kursusleiter in Kooperation mit<br />

dem Landesverband der VHS in Dortmund und elf Volkshochschulen des östlichen<br />

Ruhrgebiets zur Sicherung eines einheitlichen Standards für die Qualifikation von Dozenten<br />

in der Erwachsenenbildung.<br />

1998 wurden erstmals die international anerkannten Zertifikate zur Basisqualifikation für<br />

neue Kursleiter im Fremdsprachenbereich überreicht. Die Zertifikate erhielten Maria<br />

Fernandez (Spanisch), Gabriele Röllecke (Englisch) und Jolanta Wawrzyniak (Polnisch). Im<br />

selben Jahr gab es auch erste Deutschkurse im Wohnpark Buchenwäldchen. Die Deutschkurse<br />

blieben ein wichtiger Programmpunkt der <strong>Iserlohn</strong>er VHS, 1999 gab es Intensivkurse in<br />

Kooperation mit dem Arbeitsamt. Erstmals wurden 1999 von Urkunden zum „First Certificate<br />

in English“ der University of Cambridge an Teilnehmern des VHS-Kurses von Viola Herzig-<br />

Danielson übergeben.<br />

316 Interview von Verfasserin mit Claudia Weigel am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

135


Neu im Team war 1998 Dipl. Sozialarbeiter Andreas Groß, der in den Fachbereichen<br />

Sprachen und Schulabschlüsse Dr. Petra Heider zur Seite stand.<br />

1999 wurden die VHS-Sprachenzertifikate zu „Europäischen Sprachenzertifikaten“ erweitert,<br />

die in zwölf Ländern angeboten wurden. Diese modernsten Sprachenzertifikate ermöglichten<br />

es den Volkshochschulen, qualitätsorientierte Sprachenangebote mit einer professionellen<br />

Profilierung anzubieten.<br />

Im Bereich Sprachen fanden von Februar 1999 bis Dezember 2000 intensive Deutschkurse für<br />

Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger mit einer Förderung nach § 10 SGB III von der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in der VHS <strong>Iserlohn</strong> in Kooperation mit dem Sozialamt <strong>Iserlohn</strong>,<br />

dem Bereich Beschäftigungsförderung und dem Arbeitsamt <strong>Iserlohn</strong> statt.<br />

Im Jahr 2000 begann das „Englische Theater“ an der VHS <strong>Iserlohn</strong>. Die Aufführung „The<br />

Crucible“ von Arthur Miller findet im September 2000 großen Anklang. Auch das neue<br />

Medium Internet wird nun zum Sprachenlernen verstärkt eingesetzt.<br />

Im Jahr 2000 arbeitete Diplompädagoge Bernd Schumacher anstelle von Andreas Groß an<br />

der Seite von Dr. Petra Heider in den Fachbereichen Sprachen und Schulabschlüsse. Er blieb<br />

allerdings nur einige Monate.<br />

Der Bereich Sprachen bot von Januar 2000 bis Juli 2001 maßgeschneiderte Firmenkurse<br />

„Wirtschaftsenglisch“ an. Zudem gab es in Kooperation mit dem Deutsch-Vietnamesischen<br />

Freundeskreis einen Vietnamesisch-Kurs, der im nächsten Semester fortgesetzt wurde. Im<br />

Bereich Englisch installierte sich eine „English Theatre Group“ unter der Leitung von Viola<br />

Herzig-Danielson.<br />

Thi An Ho betreute 2001 Kurse über die Vietnamesische Sprache und Kultur. Auf Malta<br />

führte eine <strong>Iserlohn</strong>er VHS-Gruppe ein Gespräch mit der Ministerin für Gozo, Giovanna<br />

Debono. Mehrere <strong>Iserlohn</strong>er VHS-Kurs-Teilnehmer wurden für die Europäischen<br />

Sprachenzertifikate vorbereitet.<br />

2002 hieß es „Spanisch flirten und fluchen mit der VHS“. Erstmals wurden die Zertifikate<br />

„English for Business People“ überreicht. Die Vorbereitungskurse hatte Angela Mayr-<br />

Isenberg durchgeführt. In Kooperation mit der Grundschule Bleichstraße gab es weitere<br />

Deutschkurse.<br />

136


Ein innovatives Angebot sind auch die bereits erwähnten Firmenkurse, die auf Anfrage<br />

angeboten werden.<br />

Im Januar 2003 taten die Großen der Politik etwas mit Folgen auch für die VHS <strong>Iserlohn</strong>: Die<br />

Rahmenvereinbarung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Abteilung<br />

Integration, über die Durchführung von Sprachkursen für Ausländer und Spätaussiedler<br />

zwischen der Bundesrepublik Deutschland wurden unterzeichnet.<br />

2004 übernahm Claudia Weigel den Bereich Sprachen, in ihre Dienstzeit fallen einige<br />

Neuerungen und Höhepunkte. So etwa die Neuaufstellung der stark nachgefragten Englisch-<br />

Auffrischungskurse für Teilnehmende mit Schulenglischkenntnissen in einem im Programm<br />

extra ausgewiesenen Bereich nach Niveaustufen oder die Tatsache, dass die VHS <strong>Iserlohn</strong><br />

2004 Prüfungszentrum für das Zertifikat „Deutsch B1 und b2“ sowie „Deutsch für den Beruf<br />

wurde“. Seit 2005 ist die VHS <strong>Iserlohn</strong> zudem Integrationskursträgerin.<br />

Neben der „Basisqualifikation für neue Fremdsprachenlehrkräfte in der Erwachsenenbildung“<br />

gab es seit 2004 jedes Semester Fortbildungen für alle Sprachdozenten, zum Beispiel zu den<br />

Themen „Mündliche Fehlerkorrektur“, „Spielerische Grammatikvermittlung“, „Aktivierende<br />

Unterrichtsmethoden“ oder „Lernziele nach dem Gemeinsamen Europäischen<br />

Referenzrahmen“.<br />

Im Januar 2006 wurde die angelsächsische Tradition des „Christmas Carolling“ unter der<br />

Leitung von Dozent Charles W. Brookos in <strong>Iserlohn</strong> eingeführt, die Teilnehmer zogen<br />

singend von Tür zu Tür.<br />

Im August 2006 wurde im Cafe Barendorf unter freiem Himmel ein „Russischer Abend mit<br />

der Folkloregruppe Rodnik“ als Kooperation vom Nowotscherkassk-Komitee und der VHS<br />

durchgeführt. Sowohl die russischen Gäste als auch Teilnehmer der VHS-Russischkurse<br />

trugen Volkslieder vor und luden das Publikum zum Mitsingen ein.<br />

Eine Neuheit 2006 war die VHS-Vermittlungsstelle für TANDEM-Sprachlernpartnerschaften.<br />

Bei diesem Konzept des autonomen Fremdsprachenlernens treffen sich zwei Muttersprachler<br />

in zwei verschiedenen Sprachen miteinander und erlernen so die Sprache des jeweils anderen.<br />

„Das Programm ist quasi ein Serviceangebot von der VHS, wir vermitteln die Partner nur,<br />

geben ihnen Starthilfen und greifen nur auf Nachfrage ein“, erklärt Programmbereichsleiterin<br />

137


Claudia Weigel. 16 Partner gibt es bisher. „Manche haben sich gesucht und gefunden“,<br />

erzählt Claudia Weigel von einem in <strong>Iserlohn</strong> lebenden Inder, der 2007 einen Englisch<br />

lernenden Partner bekam. 2009 kam die Rückmeldung, dass beide gute Freunde geworden<br />

sind und sich immer noch regelmäßig treffen. 317<br />

Die Zahl von Auftragsmaßnahmen, also von Angeboten, die nicht im Programmheft<br />

abgedruckt sind sondern auf Nachfrage gebucht werden, stieg in dieser Zeit stark an. Vor<br />

allem Firmenkurse in den Bereichen Englisch und Deutsch als Fremdsprache sowie Spanisch,<br />

Französisch und Chinesisch waren gefragt, ebenso eine Maßnahme zur berufsorientierten<br />

Sprachförderung für ausländische 1-Euro-Jobber in Kooperation mit der ARGE und dem<br />

Bereich Beschäftigungsförderung der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Schließlich gab es eine aus dem<br />

Europäischen Sozialfond finanzierte Maßnahme ebenfalls Bereich Deutsch als Fremdsprache<br />

für Oberstufenschüler/innen mit Migrationshintergrund an der Gesamtschule.<br />

Seit 2007 gibt es eine Kooperation mit dem heimischen Kino „CineStar“ bei dem „English<br />

Friday Night Cinema“, bei dem Filme in englischer Originalsprache mit vorheriger<br />

Vokabeleinführung durch die Kursleiteirn Christine Ueberacker-Evans gezeigt werden.<br />

Seit 2008 ist die VHS die einzige Prüfungsstelle in <strong>Iserlohn</strong> für den umstrittenen<br />

Einbürgerungstest<br />

Seit Sommer 2009 gibt es im Rahmen der so genannten Sommer-VHS entgeltfreie<br />

„Sprachencafés“: kurs- und niveauübergreifende Gesprächsrunden mit muttersprachlichen<br />

Dozenten in Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch während der Schulsommerferien.<br />

Insgesamt nahmen über 350 Teilnehmer in sechs Wochen an den Angeboten teil.<br />

2009 sind es nach wie vor viele nicht-berufstätige Frauen, die bei der VHS Sprachkurse<br />

belegen. 318<br />

Fazit: Im Programmbereich Sprachen hat eine enorme Entwicklung stattgefunden – nicht nur,<br />

was die Anzahl der angebotenen Sprachen angeht, sondern auch was die Professionalität und<br />

Differenzierung in deren Vermittlung betrifft.<br />

317 Interview von Verfasserin mit Claudia Weigel am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

318 Interview von Verfasserin mit Claudia Weigel am 1. Juli 2009 in <strong>Iserlohn</strong>.<br />

138


4.3. Studienreisen und -fahrten der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong><br />

Die Studienfahrten sind seit Jahrzehnten ein attraktives Angebot der VHS.<br />

Vor allem Horst Piltz bediente sich gerne dieser Form der Weiterbildung vor Ort.<br />

1979 zum Beispiel führte vom 22. Juni bis 8. Juli eine bemerkenswerte Auslandsexkursion<br />

Teilnehmer der Volkshochschule unter der Leitung von Horst Piltz nach Lappland. Die<br />

kulturgeographische Studienreise war als Wanderexkursion konzipiert. Auf<br />

Tageswanderungen, Boots- und Busausflügen wurden Natur und Kultur der Lappen erkundet.<br />

Die 17-tzägige Studienreise stand unter dem Motto „Mit dem Rucksack durch Norbotten“.<br />

Norrbotten ist die exotische Landschaft am nördlichen Polarkreis. Die Idee zu der Exkursion<br />

war Horst Piltz durch seinen Lehrer und Nordeuropaspezialisten Prof. Dr. Joachim Blüthgen<br />

gekommen – und durch das in <strong>Iserlohn</strong> erschienene Buch „Das Leben der Lappen“ von<br />

Gustav Hagemann.<br />

Der Anreise über Kopenhagen und Stockholm (beide Städte wurden besichtigt) folgte dann<br />

Fahrten nach Lulea, Gällivare-Malmberget, Kiruna und Jokkmikk. 17 <strong>Iserlohn</strong>er Teilnehmer<br />

von 18 bis 68 Jahren erkundeten die Gegend zwischen Lulea und Kiruna. Sie besichtigten<br />

Schlösser und Museumsausstellungen, machten Tageswanderungen und Stadtrundgänge. Die<br />

Teilnehmer genossen Rentierfleisch, übernachteten meistens in Jugendherbergen.<br />

Ein Problem: Die Sonne schien am Polarkreis Tag und Nacht. Das war allerdings auch<br />

reizvoll, die nächtlichen Ausflüge in der Mitternachtssonne waren beeindruckend. Die<br />

Teilnehmer der Freizeit waren allesamt sehr begeistert – allerdings auch müde.<br />

Überhaupt waren Studienreisen ein wichtiger Bestandteil der VHS-Arbeit. Wann immer es<br />

ging, fuhr Horst Piltz mit. Dafür gab es auch manche spöttische Bemerkung. „Der Piltz ist<br />

dauernd auf Dienstreise“, lästerten Kollegen aus der Stadtverwaltung neidisch 319 .<br />

Dr. Petra Heider installierte Sprach-Studienreisen an der VHS, beispielsweise nach Spanien.<br />

Reisen und Malen – unter diesem Motto bot der Kreativbereich eindrucksvolle Studienfahrten<br />

mit anschließender Kunstausstellung an: 1996 begeisterte die Teilnehmer eine Studienfahrt<br />

„Auf den Spuren von Claude Monet“ nach Giverny unter der Leitung von Lieselotte Berthold<br />

319 Interview von Verfasserin mit Horst Piltz am 20. Februar 2009.<br />

139


und Gabi Lehmann. 1997 fuhren Teilnehmer der Fahrt „Vincent, Windmühlen und mehr“ mit<br />

Gustav Müller nach Holland. 1999 gab es das Angebot „Wolken, Wasser, weites Land“ (mit<br />

der Malerin Christine Georg nach Worpswede) und erstmals eine Studienreise nach Polen,<br />

Breslau, Warschau und Krakau wurden besucht. Im Jahr 2000 fuhr die VHS mit dem Angebot<br />

„Landschaft und Vision“ unter anderem zur ehemaligen Klause der Hildegard von Bingen. Im<br />

Frühjahr 2001 führte eine Studienreise eine Gruppe nach Gozo, einer Nachbarinsel von Malta.<br />

„Englischlernen auf Gozo“ stand auf dem Programm, die achttägige Sprachstudienreise wurde<br />

in Kooperation mit der Volkshochschule Lüdenscheid durchgeführt.<br />

Im Sommer 2003 erkundete eine VHS-Studiengruppe Paris – ausgerechnet im wärmsten<br />

Sommer seit 1947. Unter der Leitung von Dr. Petra Heider waren die 17 Teilnehmer<br />

unterwegs, die ihre Kenntnisse vor Ort besonders gerne unter den schattigen Bäumen der<br />

Pariser Parks vertieften. 320<br />

In den letzten Jahren hat sich vor allem Programmbereichsleiterin Ulrike Eichholz um die<br />

Studienfahrten verdient gemacht. Zu ihren Studienreisen gehören nicht nur kompetente<br />

Partner, die mit ihr gemeinsam die Fahrt organisieren und durchführen, sondern auch<br />

ausführliche Vor- und Nachbesprechungen mit den Teilnehmern. „Studienreisen sind in der<br />

Planung sehr aufwändig und Claudia Weigel und ich ja nur Halbtagskräfte. In meinem<br />

Bereich habe ich seit über 20 Jahren mit Thomas Richter von der Europäischen<br />

Staatsbürgerakademie einen kompetenten Partner für die Planung und Durchführung. Nach<br />

der Wende 1989 haben wir auf meinen Wunsch zunächst Studienreisen in die neuen<br />

Bundesländer organisiert, um Menschen mit ihren Problemen und unbekannte Landschaften<br />

und gemeinsame historische Wurzeln kennen zu lernen. Als Berlin Hauptstadt und<br />

Regierungssitz wurde, sind wir fast jedes Jahr nach Berlin gefahren, um die Entwicklung der<br />

jetzt ungeteilten Stadt zu verfolgen. 2010 wird der 20ste Jahrestag des Tages der Deutschen<br />

Einheit für uns Anlass genug sein, wieder nach Berlin zu fahren.<br />

Parallel zur Erweiterung der Europäischen Union haben wir Studienreisen in die neuen<br />

Mitgliedsstaaten unternommen, um diese kennen zu lernen - mit der zweiten Studienreise<br />

nach Kroatien im Herbst 2009 nunmehr auch in ein zukünftiges Mitgliedsland der EU.<br />

Immer wiederkehrende Tagesfahrten führen zum Landtag nach Düsseldorf und zu<br />

Ausstellungen mit Themenbezug zu Geschichte oder Politik (zum Beispiel zum Haus der<br />

320 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 1. September 2003.<br />

140


Geschichte)“, erzählt Ulrike Eichholz 321 . Die Studienreisen der VHS orientieren sich also stets<br />

an aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Studienfahrten<br />

berücksichtigen vor allem Ausstellungen in renommierten Museen.<br />

Mittlerweile wird unterschieden zwischen eintägigen Studienfahrten und mehrtägigen<br />

Studienfahrten.<br />

Hier eine Auflistung der in den letzten Jahren durchgeführten Studienreisen und -fahrten:<br />

- August bis Dezember 2004: „Von der Montagsdemo zur Deutschen Einheit: Studienreise<br />

nach Leipzig“<br />

- Januar bis Juli 2005: „Tut-ench-Amun, Schätze in Bonn“ (Studienfahrt)<br />

- August bis Dezember 2005: „Malta: Insel der Ritter und Kulturhochburg in Europa“<br />

(Studienreise), „Deutsche Einheit 2005 im Freistaat Thüringen – Studienreise nach Erfurt und<br />

in den Thüringer Wald“<br />

- August bis Dezember 2006: „Düsseldorf: Landtag und Heinrich-Heine-Museum“<br />

(Studienfahrt), „Prag 2006: Zwischen Kultur und Politik“ (Studienfahrt)<br />

- Januar bis Juli 2007: „Dresden und Berlin – Glanzlichter aus Politik, Kultur und Geschichte“<br />

(Studienreise)<br />

- August bis Dezember 2007: „Ägyptens versunkene Schätze“ (Studienfahrt nach Bonn), :<br />

„Kroatien – Zwischen römischer Vergangenheit und europäischer Zukunft“ (Studienreise),<br />

„Potsdam – Von der Residenz zur Landeshauptstadt“ (Studienreise)<br />

- Februar bis Juli 2008: „Von deutschen Königen und demokratischen Wurzeln“ (Studienreise<br />

nach Rheinland-Pfalz)<br />

- August bis Dezember 2008: „Elbmetropole Hamburg – Zwischen Tradition und Moderne“<br />

(Studienreise), „Die Toskana – Etrusker, Römer, Medici“ (Studienreise)<br />

- Januar bis Juli 2009: „Wien – mehr als Sissi und Sachertorte“ (Studienreise)<br />

4.4. Die Treppengalerie<br />

30 Jahre lang war die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> in den Villen an der Stennerstraße<br />

beheimatet. 94 Ausstellungen wurden in diesen 30 Jahren von der VHS durchgeführt, 62<br />

davon in der so genannten Treppengalerie in der Stennerstraße 3.<br />

1989 wurde diese Treppengalerie auf Initiative von Fachbereichsleiterin Lieselotte Berthold<br />

ins Leben gerufen. VHS-Leiter Horst Piltz war begeistert, denn so würde auf die vielen<br />

Themen der VHS aufmerksam gemacht werden. 322<br />

321 E-Mail von Ulrike Eichholz an Verfasserin vom 14. September 2009.<br />

141


Die erste Ausstellung begann am 16. August 1989 mit der Foto-Ausstellung „Erinnerungen an<br />

ehemalige <strong>Iserlohn</strong>er Häuser“, fotografiert von Herbert Gutsche.<br />

Alle Ausstellungen aufzuzählen, wäre zu viel, deshalb hier eine kleine Auswahl:<br />

1992 gab es zwei sehenswerte Ausstellungen in der Treppengalerie: „Inszenierte<br />

Wirklichkeit“ mit kreativen Foto-Kompositionen von Frank Simon und „Ruhestätten“ mit<br />

Fotografien von <strong>Iserlohn</strong>er Friedhöfen von Robert Weinen und Ralf Bodemer, das WDR-<br />

Fernsehen brachte sogar einen Beitrag darüber.<br />

1993 installierte die VHS die Ausstellungen „Die Bilder-Treppe“ und „Die Töpfertreppe“ mit<br />

Teilnehmerarbeiten aus verschiedenen Kursen.<br />

1994 wurden unter dem Titel „<strong>Iserlohn</strong>er Augenblicke“ Fotocollagen von Annemarie Voigt<br />

zum VHS-Fest ausgestellt, ebenso die Aquarellbilder „WasserWerke“, die in den Kursen von<br />

Christine Georg entstanden. Zudem gab es die Ausstellung „Eindrücke – Ausdrücke“ mit<br />

Druckgrafiken aus Seminaren mit Peter Michael Hasse, der damit seine lange und<br />

hochgeschätzte VHS-Mitarbeit beendete.<br />

1995 wurden „Lohnende Motive – alte <strong>Iserlohn</strong>er Fabriken“ ausgestellt, die Werke wurden<br />

von Stadtführungen zu <strong>Iserlohn</strong>er Fabrikgebäuden unter der Leitung von Marlis Gorki<br />

inspiriert. Zudem zeigte der Fotograf, Indienkenner und Yogalehrer Gernot Knoell die Foto-<br />

Collagen-Ausstellung „Samsara – Der Kreis der Wiedergeburten“ und die Künstlerin und<br />

Kunsttherapeutin Gabi Lehmann präsentierte „Mandalas“.<br />

1996 zeigte die Treppengalerie „Farb-Zauber“, experimentelle Arbeiten aus Kunsttherapie-<br />

Seminaren unter der Leitung von Peter Bettzieche. Daneben wurden nach einer Studienreise<br />

auf den Spuren von Claude Monet in Frankreich selbst gemachte Fotos und Bilder in der<br />

Ausstellung „Impressionen – Bilder einer Studienreise nach Giverny“ gezeigt.<br />

1997 zpräsentierte der informelle Künstler Carsten Baums seine neuesten Arbeiten in der<br />

Treppengalerie. Ferner gab es eine Werkstattausstellung von vier Teilnehmern der VHS,<br />

322 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 17. August 1989.<br />

142


Ergebnisse der Studienreise „Vincent, Windmühlen … und mehr“ in die Niederlande und<br />

„Farve, Vielfalt, Freude“ mit Teilnehmerarbeiten aus Zeichen- und Malkursen der VHS von<br />

Maria-Ilona Mathes und Stefanie Bornemann. Schließlich wurden auch noch „<strong>Iserlohn</strong> –<br />

lohnende Motive: Fassaden“ gezeigt.<br />

1998 stellte man Portraits und Karikaturen, Teilnehmerarbeiten aus den Kursen von Ola<br />

Vinnitskaia, aus, zudem „Sichtweisen“, eine Ausstellung der VHS-Teilnehmerin Dr. Angela<br />

Wirmer.<br />

1999 waren „Wasserschlösser in NRW“, fotografiert von Herbert Gutsche, Thema ind er<br />

Treppengalerie. Auch „Bäume – lohnende Motive der Waldstadt“ wurden gezeigt und<br />

schließlich „<strong>Iserlohn</strong>er Fabriksken“, eine Bilddokumentation in Zusammenarbeit mit<br />

Stadtarchivar Götz Bettge. Mit „Farbspuren“ wurden zehn Jahre Treppengalerie gefeiert.<br />

Im Jahr 2000 waren „Falten und andere Herausforderungen“ (Kursleitung Stefanie<br />

Bornemann) sowie „Motiv mit Variationen“ (Kursleitung Joachim Stracke“ angesagt. Zudem<br />

zeigte man „Landschaft und Visionen“.<br />

2002 zeigte man „Abbabach und Baarbach von der Quelle bis zur Mündung“.<br />

2003 hieß eine Ausstellung in der Treppengalerie „Variationen in Pastell – Natur und<br />

Ambiente“ und stellte Werke von Teilnehmern des VHS-Kurses Pastellkreidemalerei mit<br />

Karl-Heinz Heun vor.<br />

2004 präsentierte Programmbereichsleiterin Dr. Petra Heider Pastellbilder in „Europa – über<br />

Städte und Land“.<br />

2005 zeigte die Treppengalerie auch Politisches, und zwar eine Plakatausstellung zum Thema<br />

„Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Zudem gab es Teilnehmer-Ausstellungen von<br />

Aquarellkursen.<br />

2006 bot die Ausstellung „Querbeet“ Teilnehmerarbeiten des vorigen Semesters.<br />

143


Kurzum: Die Treppengalerie spiegelte die Arbeit der VHS-Teilnehmer wieder, zeigte, wie<br />

bunt, vielfältig und kreativ die Arbeiten sind. Zudem hatten die Teilnehmer einen hohen<br />

Nutzen davon, die Bilder verschwanden nicht in irgendwelchen Schränken, sondern wurden<br />

öffentlich ausgestellt, die Teilnehmer erhielten Rückmeldungen von den Besuchern.<br />

4.5. Ein Ableger: Die „Kleine VHS“<br />

Die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> hatte in den 1960er Jahren mittlerweile einen so guten Namen,<br />

dass sie vor Ort kopiert wurde. Seit 44 Jahren gibt es die „Kleine VHS“ der Vierten<br />

Kompanie des <strong>Iserlohn</strong>er Bürgerschützenvereins. Seit 1965 funktioniert die Verschmelzung<br />

von Bildung und bürgerschaftlichem Leben. Dabei bietet die „Kleine VHS“ eine bunte<br />

Themenvielfalt, von Stadtgeschichte über Reiseerlebnisse bis hin Informationen über Recht<br />

oder Gesundheit. Auch die Damen dürfen an diesen Abenden dabei sein.<br />

Der frühere Kompaniechef der „Vierten“ Willi Krewett hatte 1965 die Idee, um die<br />

Kompanieabende attraktiver zu gestalten. Zunächst wurden Schützenbrüder eingeladen, die<br />

ihre Berufe vorstellten, bald kamen aber auch Gastreferenten hinzu. Erster Gastredner war<br />

Heimatforscher Rolf Oventrop, der im Februar 1965 zum Thema „Geschichte des IBSV“<br />

sprach. „Die Idee kam an und so war die „kleine Volkshochschule“ der 4. Kompanie<br />

geboren.“ 323 Die „Kompanieabende mit Damen, Vortrag ,Kleine VHS’“ im Saal der<br />

Gaststätte Biggeleben am Mühlentor entwickelten sich zu den beliebtesten Veranstaltungen.<br />

Willi Krewetts Nachfolger Alfred Beuke wurde bei der Organisation der Veranstaltungen<br />

unterstützt von Karl-Heinz Ohly. Danach waren Kompaniechef Bernd Krewett und sein<br />

Adjutant Jörg Buschkämper verantwortlich. „Interessante Vorträge, jeweils zwischen 15 und<br />

45 Minuten lang, meist mit Lichtbildern, die den Mitgliedern vielseitige Informationen zu<br />

allen möglichen Themen des Lebens bieten, werden mit der sonst vielleicht etwas trockenen<br />

Thematik von Vereinsversammlungen verbunden.“ 324 Später fand die „Kleine VHS“ einmal<br />

im Monat im Hans-Sachs-Haus statt, wiederum später im Haus Gerdes.<br />

VHS-Leiter Horst Piltz, der mit der „Vierten“ an dem Projekt arbeitete, trat gleich mehrfach<br />

als Referent auf. „Egal zu welchem Thema er spricht - durch seine unverwechselbare Art wird<br />

es nicht nur ein interessanter und informativer, sondern auch ein vergnüglicher Vortrag.“ 325<br />

Oft wurden Dias oder Filme gezeigt. Die „Kleine VHS“ ging aber auch mal nach draußen, es<br />

323 Homepage der vierten IBSV-Kompanie: www.ibsv-vierte.de/projekte.htm. Stand 20. März 2008.<br />

324 Homepage der vierten IBSV-Kompanie: www.ibsv-vierte.de/projekte.htm. Stand 20. März 2008.<br />

325 Homepage der vierten IBSV-Kompanie: www.ibsv-vierte.de/projekte.htm. Stand 20. März 2008.<br />

144


wurden die Feuerwache, die Brauerei, ein Wasserwerk und andere Einrichtungen besucht. Die<br />

„Kleine VHS“ hatte mit der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> später offiziell nichts mehr zu tun.<br />

5. Die Gebäude und Räume<br />

Die Volkshochschule führte viele Jahre lang ein wahres Nomadendasein. In 90 Jahren wurde<br />

fast jeder größerer Saal in <strong>Iserlohn</strong> für die VHS-Weiterbildungszwecke benutzt.<br />

Zentrale Anlaufstelle war zunächst das alte Rathaus, in dem die Geschäftsstelle untergebracht<br />

war. Ab 1960 wurde zunehmend die Stennerstraße VHS-Stützpunkt, besonders, nachdem man<br />

1977 mit der Stennerstraße 3 ein ganzes Haus zur Verfügung gestellt bekam. Doch niemals in<br />

der fast 90-jährigen Geschichte der Einrichtung hat man individuell auf die Bedürfnisse der<br />

VHS zugeschnittene Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommen.<br />

Erst mit der Eröffnung des Stadtbahnhofs im Januar 2008 wurde dieser lang gehegte Traum<br />

war. Seitdem hat man nur noch die Außenstellen Trillingsche Villa in Letmathe und JVA in<br />

Drüpplingsen.<br />

Hinweis: In Bezug auf die in Letmathe genutzten Räume wird hier auf die 2005 erschienene<br />

Chronik „50 Jahre VHS Letmathe“ verwiesen. Sie ist online unter<br />

http://www.iserlohn.de/Kultur/Volkshochschule/VHS-Jubi_LetmatheNEU.pdf einsehbar.<br />

5.1. Stennerstraße 3<br />

Das Gebäude der Stennerstraße 3 war jahrelang Geschäfts- und Unterrichtsstelle der<br />

Volkshochschule.<br />

Das schöne Gebäude wurde vom Architekten Otto Schmidt geplant 326 und 1874 gebaut.<br />

Bauherr war Wilhelm Haarmann, Großkaufmann und Metallhändler. 1881 kaufte Julius Basse<br />

(1832-1901), Mitinhaber der Firma Schmidt Söhne, das Haus mit dem schönen, 1886<br />

gebauten Wintergarten (auch Blumenhaus genannt) und dem großen Garten. Seine Söhne<br />

Gustav Adolf Basse (geboren 1873) und Ernst Julius (geboren 1875) wohnten dort bis zum<br />

Zweiten Weltkrieg. „Villa Basse“ heißt das Haus bis heute im Volksmund.<br />

326 Informationen vom Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Siehe auch Aleweld, Norbert: Stennerstraße 3. In: Bettge, Götz<br />

(Hrsg.): <strong>Iserlohn</strong>-Lexikon. <strong>Iserlohn</strong>, 1987. S. 145.<br />

145


Dann erwarb die Stadt <strong>Iserlohn</strong> die schöne Villa. Zunächst waren verschiedene Dienststellen<br />

wie die Preisbehörde und das Gesundheitsamt (ab 1939) dort unterbracht 327 , schließlich die<br />

Volkshochschule.<br />

Die Erwachsenenbildungseinrichtung VHS zog Anfang Dezember 1977 ein und hatte somit<br />

erstmalig einen eigenen ständigen Sitz. Das war durch die Raumenge im Rathaus, wo man bis<br />

dato untergebracht war, nötig. Die Vorteile: Endlich hatte die Volkshochschule ein eigenes<br />

Domizil, das sie selbst einrichten konnte. In dem neuen haus war man nun nicht mehr an<br />

Termine gebunden, die man sonst als „Gast“ im Rathaus berücksichtigen musste, konnte<br />

Veranstaltungen und Sprechstunden nun auch abends oder an den Wochenenden stattfinden<br />

lassen. 328 Das Gebäude hieß nun „Haus der Volkshochschule“.<br />

In der Nachbarschaft in der Stennerstraße befanden sich das Goethe-Institut, das Bezirks-<br />

Lehrerseminar, das Mädchengymnasium, die Musikschule, das Haus der Familie und – im<br />

Garten des Hauses – das Städtische Jugendheim. Der Standort war also nicht schlecht<br />

gewählt. Bereits im Sommer 1977 war nach dem Auszug des Gesundheitsamtes mit den<br />

Renovierungsarbeiten begonnen worden, 55 000 DM stellte der Rat der Stadt dafür bereit. 329<br />

VHS-Leiter Horst Piltz zeigte sich begeistert von dem Ergebnis, besonders von den textilen<br />

Bodenbelägen und der guten Beleuchtung im Haus. Die „sichtbare kommunale<br />

Repräsentation“ in den ehrwürdigen Räumlichkeiten stießen überall auf breite<br />

Zustimmung. 330<br />

Vier komplette Tage lang zog man um.<br />

Im Erdgeschoss fand man die vier Büroräume für die Verwaltung und Unterrichtsräume, im<br />

ersten Stock die Zimmer der Fachbereichsleiter und die Bibliothek sowie einen<br />

Unterrichtsraum. Ein Unterrichtsraum war so groß, dass 50 Hörer hineinpassten. Dadurch,<br />

dass auch die VHS-Verwaltung ins neue Haus mit eingezogen war, konnten sich die Hörer<br />

nun bei der Anmeldung bei den Sachgebietsleitern informieren.<br />

Tagsüber waren verstärkt „Gäste“ im Haus aktiv, etwa das Goethe-Institut, das die<br />

Unterrichtsräume mitnutzte. Zudem begann man damals bereits 1977 damit, verstärkt<br />

327<br />

Oventrop, Rolf: Liebenswerte Heimat. <strong>Iserlohn</strong>, 1995. S. 291. Siehe auch Faltblatt „Villen und Gärten in<br />

<strong>Iserlohn</strong>. Architektur und Wohnkultur des Bürgertums 1860 – 1914. Bereich Bellevue und Tyrol. Ein<br />

Rundgang“.“ Herausgegeben vom Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. 1994.<br />

328<br />

VHS Zeitung. Information der Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>. Nullnummer. Ohne Datum, vermutlich Dezember<br />

1977.<br />

329<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 10. Dezember 1977.<br />

330<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 10. Dezember 1977.<br />

146


Vormittagskurse anzubieten. „So wächst das Zentralgebäude der VHS nach dem Willen der<br />

Schulleitung über die Weiterbildung in die Funktion einer Art Bürgerhaus für <strong>Iserlohn</strong>, in<br />

dem sich Kontakte unterschiedlicher Gruppen und Bildungseinrichtungen treffen.“ 331 Dazu<br />

trug auch der Höreraufenthaltsraum bei, in dem die Teilnehmer die Zeit zwischen Feierabend<br />

und Kursbeginn gemütlich verbringen konnten.<br />

Im Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> des Jahres 1977 heißt es: „Zwar handelt es sich bei<br />

dem neuen VHS-Domizil um eine historische Villa, und vollständig funktionsgerechte Räume<br />

und Ausstattung sind aus architektonischen Gründen nicht herzustellen, aber dennoch ist<br />

dieses „Haus der Volkshochschule“ (...) eine sichtbare kommunale Repräsentation einer<br />

Einrichtung“ 332 . Trotz des Hauses benötigte die VHS weiterhin die im ganzen Stadtgebiet<br />

verteilten 33 (!) Unterrichtsstätten.<br />

Das Haus wurde in all den Jahren immer wieder renoviert. Die textilen Bodenbeläge<br />

verschwanden, Computer erhielten Einzug.<br />

Doch die Freude über die neuen Räume währte nicht lange. Es gab nicht genügend große<br />

Räumlichkeiten, perfekt für die VHS war die Lösung an der Stennerstraße nicht. Im<br />

November 1978 beispielsweise hielt Professor Dr. Norbert Sadler, Schöngeist und Plauderer<br />

aus Paris, einen Vortrag über das französische „Savoir-vivre“ und warb galant für<br />

gegenseitiges Verständnis in Europa. Der Vortrag wurde so gut besucht, dass der größte<br />

Vortragsraum zu klein war. „Er darf für sich in Anspruch nehmen, der erste Gastredner der<br />

VHS <strong>Iserlohn</strong> zu sein, der – zumindest im schöngeistigen Bereich – eine solche<br />

Anziehungskraft ausübte. Und den VHS-Verantwortlichen wurde einmal mehr betrüblich vor<br />

Augen geführt, in welchen räumlichen Fesseln sie gefangen sind.“ 333<br />

1981 wurden die Räume bereichert, der <strong>Iserlohn</strong>er Maler Oskar Escherich stiftete (auch für<br />

die VHS-Räume an der Stennerstraße 12) sechs seiner Bilder. „Der erste Schritt in Richtung<br />

der sympathischen Atmosphäre ist also getan.“ 334 1985 wurde das Haus, das schon über ein<br />

Fotolabor und eine Keramikwerkstatt verfügte, um eine Druckwerkstatt erweitert.<br />

331 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 10. Dezember 1977.<br />

332 Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Iserlohn</strong> für das Jahr 1977. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. Bestand S3.<br />

333 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 10. November 1978.<br />

334 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 25. April 1981.<br />

147


Doch das Haus war nicht nur Haus, sondern die Architektur wurde aktiv in das Geschehen mit<br />

einbezogen. Im Treppenhaus wurden in der so genannten „Treppengalerie“ zwischen<br />

Erdgeschoss und erster Etage immer wieder Kunstwerke ausgestellt. Im August 1989 wurde<br />

sie eingeführt und bestand bis zum Auszug der VHS im Dezember 2007. Damit wurde das<br />

Treppenhaus nicht nur verschönt, sondern es wurde auch auf die vielen kreativen Themen der<br />

VHS aufmerksam gemacht.<br />

Genau 30 Jahre nach dem Einzug, Anfang Dezember 2007, packte die VHS wieder ihre<br />

Koffer. Sie war in den Dekaden zuvor enorm gewachsen, hatte auch noch die Jugendstilvillen<br />

Stennerstraße 8 und 12 sowie Räume des Stenner-Gymnasiums in der Stennerstraße 1 für<br />

Unterrichtszwecke genutzt. Die Stadt <strong>Iserlohn</strong> stellte der VHS nun zwei Etagen im<br />

funkelnagelneuen Stadtbahnhof zur Verfügung. Ein Neubau für eine Volkshochschule – das<br />

gab es in kaum einer anderen Stadt in NRW. Die Mitarbeiter freuten sich auf die auf ihre<br />

Bedürfnisse zugeschnittenen neuen Räume. Und vermissten trotzdem ein wenig den Flair der<br />

alten Jugendstilvillen mit ihren prachtvollen alten Gärten.<br />

5.2. Stennerstraße 8<br />

Das dreistöckige Haus mit dem Eckturm und der überdachten Veranda wurde 1887/1888 von<br />

einem unbekannten Architekten gebaut. 335 Auftraggeber war Arnold Nörrenberg, Mitinhaber<br />

von Robert Huyssen & Co. Nörrenberg verkaufte das Haus 1895 an den Kaufmann Friedrich<br />

Seiffart, Mitinhaber von Weydekamp, Kettling & Co. Er starb 1919. Im Jahr 1922 bewohnte<br />

seine Witwe Maria (geborene Witte) das Haus gemeinsam mit Kindern der Familie Römer.<br />

1941 verkaufte Maria Seiffert die Villa an Josef Raffenberg, der aus der Villa ein Haus mit<br />

drei abgeschlossenen Wohnungen machte. 336<br />

1966 kaufte das Haus die Stadt <strong>Iserlohn</strong>, es zogen das Gesundheitsamt und die<br />

Volkshochschule ein. Ende 1976 zog das Gesundheitsamt aus und es wurde das Bezirks-<br />

Seminar für die Ausbildung der Lehrer an Grund- und Hauptschulen in die Stennerstraße 8<br />

verlegt. 337<br />

Im Dezember 1983 erfreute die Volkshochschule die Nachricht, dass sie ab dem nächsten Jahr<br />

auch die Jugendstil-Villa Stennerstraße 8 komplett zur Verfügung gestellt bekommt. „Mit<br />

335 Faltblatt „Villen und Gärten in <strong>Iserlohn</strong>. Architektur und Wohnkultur des Bürgertums 1860 – 1914. Bereich<br />

Bellevue und Tyrol. Ein Rundgang“.“ Herausgegeben vom Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. 1994.<br />

336 Oventrop, Rolf: Liebenswerte Heimat. <strong>Iserlohn</strong>, 1995. S. 292.<br />

337 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 15. April 1977.<br />

148


diesem von der Stadt unterbreiteten Angebot können künftig mehr Vormittagskurse<br />

veranstaltet werden.“ 338 Seit 1984 war nur noch die Volkshochschule Nutzerin der<br />

Räumlichkeiten. 339 Im Unterschied zum „Haus der Volkshochschule“, der Stennerstraße 3,<br />

hieß es „VHS-Haus“.<br />

Im Jahr 2008 wurde das Haus von der Stadt verkauft. Es wird nun vorwiegend als Büro-<br />

Gebäude genutzt.<br />

5.3. Stennerstraße 12<br />

Die so genannte „Villa Weydekamp“ wurde 1891 gebaut. Architekt des Gebäudes war Otto<br />

Leppin (1850-1937) 340 . Bauherr war der Kommerzienrat Karl Weydekamp. Er zog mit seinen<br />

Söhnen Alexander und Karl ein.<br />

Die Familie bewohnte das Haus bis 1930, dann erwarb es die Stadt und richtete verschiedene<br />

Dienststellen wie Standesamt (1957), Büro der Stadtwerke und ähnliches dort ein. 341 1960<br />

erhielt die Volkshochschule eigene Unterrichtsräume im Erdgeschoss der Villa an der<br />

Stennerstraße 12, das nun „VHS-Haus“ genannt wurde.<br />

Vormittags wurden in den Räumen auch Klassen des Mädchen-Gymnasiums unterrichtet.<br />

Im Jahr 2008 verkaufte die Stadt <strong>Iserlohn</strong> das Haus, das nun vorwiegend als Büro-Gebäude<br />

genutzt wird.<br />

5.4. Der Stadtbahnhof<br />

Lange rang die Verwaltung mit sich, ob man den Abbruch des alten <strong>Iserlohn</strong>er Bahnhofs dazu<br />

nutzen sollte, ein neues Gebäude an dieser Stelle zu errichten und dies unter anderem für die<br />

Volkshochschule zu nutzen. Schließlich wurde die Entscheidung gefällt. Eigentümer war aber<br />

zunächst die Dortmunder Firma Freundlieb. Diese veräußerte das Gebäude an eine<br />

Luxemburger Firma, hinter der die Bank of Scotland steht. Die Stadt hat längerfristige<br />

Mietverträge geschlossen. Neben der Volkshochschule ließ die Stadt auch die<br />

Stadtinformation dort einziehen.<br />

338 <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger. 7. Dezember 1983.<br />

339 Oventrop, Rolf: Liebenswerte Heimat. <strong>Iserlohn</strong>, 1995. S. 292.<br />

340 Oventrop, Rolf: Liebenswerte Heimat. <strong>Iserlohn</strong>, 1995. S. 197.<br />

341 Oventrop, Rolf: Liebenswerte Heimat. <strong>Iserlohn</strong>, 1995. S. 291. Siehe auch Faltblatt „Villen und Gärten in<br />

<strong>Iserlohn</strong>. Architektur und Wohnkultur des Bürgertums 1860 – 1914. Bereich Bellevue und Tyrol. Ein<br />

Rundgang“.“ Herausgegeben vom Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>. 1994.<br />

149


Das vierstöckige Gebäude verfügt über 4700 Quadratmeter Mietfläche.<br />

Der Volkshochschule stehen die Räume der gesamten ersten und zweiten Etage des modernen<br />

Baus zur Verfügung. Hell, freundlich und behindertengerecht sind diese ausgefallen. Vor<br />

allem aber auch zugeschnitten auf die Wünsche der Volkshochschule: Es gibt große, mittlere<br />

und kleinere Kurs- und Seminarräume (17 bis 106 Quadratmeter), den Fanny-van-Hees-Saal<br />

für größere Veranstaltungen, einen Dozentenraum, einen Verwaltungstrakt und vieles mehr.<br />

Zwei voll ausgestattete EDV-/Multimedia-Räume bieten 12 beziehungsweise 16<br />

Arbeitsplätze. Drei Gesundheitsräume sind in den Größen 56, 88 und 114 Quadratmeter<br />

vorhanden, die beiden Größeren jeweils mit Matten und Spiegelwänden ausgestattet. Die<br />

Kursräume weisen mit modernen Medien wie Computer, Whiteboards oder PC-Beamer vor.<br />

5.5. Übersicht über die Räumlichkeiten<br />

Hier eine (bestimmt unvollständige) Übersicht der in 90 Jahren genutzten Räumlichkeiten.<br />

- Stennerstraße 3 (seit 1977), 8 (seit den 1960ern) und 12 (seit 1960)<br />

- Rathaus (besonders der kleine Sitzungssaal und der Ratssaal)<br />

- VHS-Atelier (Friedrichstraße 29)<br />

- Haus der Heimat (besonders Duisbergsaal, Archivraum und Stadtbücherei)<br />

- Jugendheim (Stennerstraße 3a, besonders der Werkraum) und Jugendclubheim<br />

(Stennerstraße 12a)<br />

- Haus der Familie (Stennerstraße 10)<br />

- Schillersaal im Feuerwehrgerätehaus<br />

- Wichelhovenhaus (Gutenbergzimmer)<br />

- Parktheater<br />

- Varnhagenhaus<br />

- Schule an der Mendener Straße (besonders Anfang der 50er, auch mit Thomas-Morus-<br />

Werk)<br />

- Märkisches Gymnasium (erst an der Baarstraße, später am Hemberg)<br />

- Mädchengymnasium, später Gymnasium an der Stenner (Stennerstraße 5)<br />

- Realschule an der Waisenhausstraße<br />

- Realschule I (Schleddenhofer Weg 61)<br />

- Realschule II (Karnacksweg 44)<br />

- Gesamtschule <strong>Iserlohn</strong><br />

- Hauptschule Hemberg<br />

- Realschule Hemberg<br />

150


- Berufliche Schulen (Hansaallee)<br />

- JVA Drüpplingsen<br />

- Stadtarchiv (Theodor-Heuss-Ring)<br />

- Stadtbücherei<br />

- Barendorf, Haus A<br />

- Moschee (Bergwergstraße)<br />

- Oberste Stadtkirche<br />

- Städtische Galerie<br />

Gelegentlich wurden genutzt:<br />

- Haus Ortlohn (in Zusammenarbeit mit dem Kaufmännischen Verein)<br />

- Staatl. Ingenieurschule am Karnacksweg (in Zusammenarbeit mit dem VDI)<br />

- Atrium-Theater<br />

- Bömbergschule (Werkraum)<br />

- Krypta der Kirche St. Hedwig, Nussberg<br />

- Goethe-Institut (Stennerstraße 1)<br />

- Ostlandheim<br />

- Hotel Pohl, Hagener Straße 65 (mit dem Ostdeutschen Kulturring)<br />

- Haus Seyfahrt, Mühlentor 5 (mit Kaufmännischem Verein)<br />

- Waldhotel Horn<br />

- Studio für Tanz und Gymnastik (Echelnteichweg)<br />

- Schule Waisenhausstraße<br />

- Gasthaus „Zum Grafen Engelbert“ (mit VDI)<br />

- Gaststätte Zum Weingarten (Baarstraße 100)<br />

- Deutsches Haus (Gesellschaftszimmer)<br />

- Haus Schlüter<br />

- Katholisches Gesellenhaus (mit dem Ostdeutschen Kulturring)<br />

- Jugendwohnheim Bodelschwinghstraße<br />

- Saal des Arbeitsgerichts<br />

- Berufsbildungswerk des DGB an der Vinckestraße 2<br />

- Haus der Begegnung Aloysiusstraße<br />

- Ev. Gemeindehaus Gerlingsen (mit dem Bildungswerk Gerlingsen)<br />

- Pfarrheim St. Michael (mit dem Bildungswerk Gerlingsen)<br />

- Grundschule Gerlingsen (mit dem Bildungswerk Gerlingsen)<br />

151


- Portugiesisches Zentrum (Wolfsgasse 16)<br />

- Pestalozzischule (Turnhalle)<br />

- Turnhalle Sümmern<br />

- Staatl. Berufsfachschule (Karnacksweg)<br />

- Städtisches Altenheim (Alexanderstraße 1)<br />

- Tagungszentrum der Stadtsparkasse (Schillerplatz)<br />

- Sonderschule Sümmern (Gertrudisstraße)<br />

- Wildwasser, Seminarraum (Wermingser Straße)<br />

- Pavillon Wohnpark Buchenwäldchen<br />

- Altenheim Wichernhaus (Josefstraße)<br />

- Seniorenwohnanlage Poth 10<br />

- Budo-Club <strong>Iserlohn</strong> (Hans-Böckler-Straße 49)<br />

- Firma Edelhoff (Industriegebiet Rombrock)<br />

- Musikschule<br />

- Dechenhöhle<br />

Nebenstellen:<br />

1. <strong>Iserlohn</strong>erheide (Orte: Gaststätte Riekenbrauck, Schule, VHS-Begegnungsstätte<br />

Ginsterstraße 23, Martin-Luther-King-Haus)<br />

2. Letmathe (VHS-Etage in der Trillingschen Villa, Saalbau, Ev. Gemeindehaus<br />

Oestrich, Cafe Krönchen, Begegnungsstätte Lössel, Hauptschule Berliner Allee,<br />

Altenheim St. Kilian, Brabeckschule, Realschule, Haus Letmathe, Zunftstuben im<br />

Kolpinghaus, Martin-Luther-Schule, Bartholomäusschule, Gewerbezentrum,<br />

Kindertagesstätte Markenfeld, Waldstadion)<br />

3. Dröschede (Haus Potthoff, VHS-Pavillon)<br />

4. Hennen und Kalthof (Hauptschule, Grundschule Kalthof, Städtischer Kindergarten<br />

Rheinen, Dorfgemeinschaftshaus Rheinen, Haus Lehmufer)<br />

6. Schlussbetrachtungen<br />

Die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule hat in 90 Jahren viel für die Erwachsenenbildung in <strong>Iserlohn</strong><br />

geleistet. Es wurden Kurse und Vorträge in sehr vielen Bereichen zu unzählbaren Themen<br />

angeboten und von Zehntausenden <strong>Iserlohn</strong>ern wahrgenommen.<br />

152


Die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule lag dabei ständig im Spannungsfeld zwischen Politik,<br />

Verwaltung und Öffentlichkeit. Sie spiegelt somit politische und gesellschaftliche<br />

Entwicklungen wider, orientierte sich stets an den gesellschaftlichen Veränderungen.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg ebenso wie viele andere Volkshochschulen im Land gegründet,<br />

erlebte sie Ende der 1920er Jahre einen Niedergang. Um 1934 wurde sie aufgelöst und die<br />

Erwachsenenbildung in <strong>Iserlohn</strong> wurde durch eine Volksbildungsbildungsstätte in den Dienst<br />

der NS-Ideologie gestellt.<br />

Einen Aufschwung erlebte die VHS <strong>Iserlohn</strong> nach 1949, war nicht nur Hilfe zur Lebenshilfe,<br />

sondern auch Mittel zu einer demokratischen Haltung der Bevölkerung. In den 1960er Jahren<br />

trat neben den klassischen Bildungsangeboten auch der Freizeitaspekt, in den 1970er Jahren<br />

der Aspekt der beruflichen Bildung in den Vordergrund. Die 1980er Jahre brachten heftige<br />

Diskussionen zwischen Rat und VHS um Finanzierung und Programmgestaltung. In den<br />

1990er Jahren spiegelte die VHS <strong>Iserlohn</strong> die zunehmende Globalisierung wider, betont aber<br />

nach wie vor in ihren Angeboten die heimische Region. 2005 erreichte die Volkshochschule<br />

erstmals das Qualitätszertifikat „Gütesiegel Weiterbildung NRW“ für die Anwendung von<br />

Qualitätsmanagement. Dies kann, besonders im Rückblick auf die Diskussionen der 1980er<br />

Jahre, als ein Höhepunkt in der VHS-Geschichte bewertet werden. Bleibt die Hoffnung, dass<br />

die aktuelle wirtschaftliche Krise nicht erneut dazu führt, dass an der Institution VHS gespart<br />

werden soll.<br />

Die Wertschätzung, die die <strong>Iserlohn</strong>er VHS in der Bevölkerung erlebt, wird sehr deutlich in<br />

einer Passantenbefragung, die die Studentin Dorle Ullmann im Sommer 2009 durchführte. 43<br />

Prozent der 123 Befragten hatten schon mal eine VHS-Veranstaltung besucht. Die<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> wurde dabei sehr positiv bewertet. „Offen für alle“ und „vielseitig“<br />

waren Adjektive, die die meisten Befragten mit der VHS in Verbindung brachten, zudem<br />

„professionell“, „kundenfreundlich“ und „aktuell“. Im Vergleich mit einer Landesstudie<br />

zeigte sich sogar, dass die <strong>Iserlohn</strong>er VHS besser bewertet wurde als der Landesschnitt.<br />

Damit wurde der Weiterbildungseinrichtung ein gutes Zeugnis ausgestellt, das den<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sicherlich Mut machen wird in dem neuen Gebäude die<br />

Arbeit erfolgreich fortzusetzen.<br />

153


7. Bibliographie<br />

7.1. Archive<br />

Archiv <strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger.<br />

Medienarchiv Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong><br />

7.2. Ungedruckte Quellen<br />

Nachlass Gustav Pfingsten im Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Nachlass Theodor Klumpp im Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Niederschriften der Sitzungen des Kulturausschusses der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Verwaltungsberichte der Stadt <strong>Iserlohn</strong>. Stadtarchiv <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Manuskripte von Carolus Hartmann. Nachlass Carolus Hartmann, in Privatbesitz.<br />

7.3. Sekundärliteratur<br />

Bausch, Karl-Richard/Christ, Herbert/Krumm, Hans-Jürgen: Handbuch<br />

Fremdsprachenunterricht. 3. Auflage. Tübingen, 1995.<br />

Bettge, Götz: <strong>Iserlohn</strong>-Lexikon. <strong>Iserlohn</strong>, 1987.<br />

Burgard, Hans-Jürgen: „Eine Stätte des „einträglichen Zusammenwirkens von Gelehrten und<br />

Arbeiterschaft?“ In: Der Märker / Hrsg.: Märkischer Kreis. Heft 43 (1994) S. 161-171<br />

Burgard, Hans-Jürgen: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ In: Förderverein<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Museen (Hrsg.): Beiträge zur Heimatkunde für <strong>Iserlohn</strong> und den märkischen Raum.<br />

- 12. 1994/95 (1994) S. 231-250<br />

Ciupke, Paul / Faulenbach, Bernd / Jelich, Franz-Josef/ Reichling, Norbert (Hrsg.):<br />

Erwachsenenbildung und politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. Essen, 2003.<br />

154


Dolff, Helmuth: Die deutschen Volkshochschulen. Düsseldorf, 1979.<br />

Grschopp, Horst: Zwischen Bierabend und Bildungsverein. Berlin, 1987.<br />

Keim, Helmut / Urbach, Dietrich: Volksbildung in Deutschland 1933 – 1945. Braunschweig,<br />

1976.<br />

Olbrich, Josef: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland. Bonn, 2001.<br />

Piltz, Horst: Die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule. In: Waldstadt <strong>Iserlohn</strong>.. - <strong>Iserlohn</strong> : Mönnig,<br />

1987. - S. 31-33 : Ill.<br />

Spangenberg, Marie-Luise: Die Abendvolkshochschulen im Raum <strong>Iserlohn</strong>. In: Der Märker,<br />

1/1974. S. 41 bis 44.<br />

VHS-Arbeitskreis „Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>“: Mahnmal<br />

für die Opfer des Nationalsozialismus in <strong>Iserlohn</strong>. Eine Dokumentation. <strong>Iserlohn</strong>, 1989.<br />

7.4. Zeitungen und Zeitschriften<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Kreisanzeiger<br />

Szene <strong>Iserlohn</strong> Magazin.<br />

Waldstadt-Information.<br />

Westfalenpost. Lokalausgabe <strong>Iserlohn</strong>.<br />

Westfälische Rundschau. Lokalausgabe <strong>Iserlohn</strong>.<br />

155


8. Anhang: VHS-Zeitzeugen erinnern sich<br />

8.1. Gunter Kingreen: „Als die Volkshochschule 40 Jahre jung war …“<br />

Gunter Kingreen, seit 50 Jahren Hörer und Dozent an der VHS <strong>Iserlohn</strong>, erinnerte sich an<br />

seinen ersten Kurs im Jahr 1959:<br />

„Eine Arbeitsgemeinschaft, so nannte man damals einen Kurs, sammelte sich zum Thema<br />

,Thomas Mann’ in den geschichtsträchtigen Gewölben des Alten Rathauses vom 4. November<br />

1959 bis zum 6. April 1960. Angehende Abiturienten, kundige Bürger und beredte<br />

Studienräte trafen da zusammen.<br />

Leiter der AG war Dr. Olschewski aus Köln. Er verfügte nicht gerade über die letzten Weihen<br />

der Pädagogik. Sein Reichtum an Fremdwörtern konnte zuweilen erst nach dem Ende der<br />

jeweiligen Sitzung geklärt werde.<br />

In den ersten Sitzungen besprachen wir Thomas Manns Erzählung ,Tristan’. Ein Satz wie<br />

,Klöterjahn scherzte in ziemlich unerlaubter Weise mit einem Stubenmädchen’ verführte<br />

dazu, lang und breit zu erörtern, wer denn hier sich als Moralapostel aufspielte: der Verfasser?<br />

Die Gesellschaft? Klöterjahn vielleicht selbst?<br />

Das Protokoll zu dieser Sitzung am 25. November 1959 geriet denn auch eher zu einer<br />

,Kampfschrift’ als zu einer bloßen Wiedergabe der Sitzung. Und da musste sich Dr.<br />

Olschewski dann dieser Kampfschrift stellen, und er tat es auch.<br />

Ein neuer Streit entbrannte bei der Behandlung der ,Buddenbrooks’. Man war sich einig, dass<br />

der Verfall einer Familie nur ein soziologischer Aspekt bei der Betrachtung des Werkes sei,<br />

denn geistig und künstlerisch steigt die Familie auf, im Tode gipfelnd. Thomas Mann folgt<br />

hier den Gedanken des Philosophen Schopenhauer. Aber übernimmt er sie bloß oder stellt er<br />

sie mit seiner Ironie nicht zugleich in Frage? Darüber gab es eine neue Auseinandersetzung.<br />

Versöhnlich war dann die Gegenüberstellung von Thomas Manns Ironie, die alles in Frage zu<br />

stellen scheint, mit dem Humor bei Jean Paul, der uns so vertraut und liebenswert ist: Da trägt<br />

der Schulmeister Wutz zu seiner Geliebten einen Pfefferkuchen. Unterwegs ,biss er sauber die<br />

vier rechten Winkel ab und machte ein Achteck, ein Sechzehneck.’ ,Darauf war nach diesen<br />

mathematischen Ausarbeitungen das Vieleck vor keinem Mädchen mehr zu produzieren!’<br />

156


Beim nächsten Mal steckte das Schulmeisterlein weitere Lebkuchen ein, die als ,Brandmauer’<br />

dienten, damit wenigstens ein Lebkuchen heil bei der Geliebten ankommen würde.“<br />

8.2. Gunther Kingreen: Ein Gruß aus der Tiefe<br />

Anlässlich des 75. Geburtstages der VHS <strong>Iserlohn</strong> trug Gunther Kingreen am 21. Juni 1994<br />

als Geist verkleidet folgendes Gedicht vor:<br />

Ich bin der Dechenhöhlengeist,<br />

komm’ aus der Tiefe angereist,<br />

der Volkshochschul’ zu gratulieren,<br />

in Eurem Kreis zu jubilieren –<br />

in meinen Augen wiegt das leicht …!<br />

Ach, unter diesem Höhenzug<br />

gibt es der Höhlungen genug:<br />

Wenn ich nicht alles halten würde,<br />

der weißen Villen schwere Bürde,<br />

es würde alles furchtbar krachen,<br />

die VHS zunichte machen …!<br />

Am Abend wird die Stennerwelt<br />

von Autos gänzlich zugestellt.<br />

Wird man sie davon bald befreien?<br />

Wird man am Hemberg dann erneuern<br />

Die Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>? –<br />

Im Blätterwalde rauscht es schon …!<br />

Wie erdverbunden ist dieses Haus:<br />

Die Namen sprechen es schon aus!<br />

HERR BACHMANN sorgt für Lebenskraft,<br />

indem er an dem „Zufluß“ schafft.<br />

FRAU HEIDER passt zu <strong>Iserlohn</strong>:<br />

den „Ortsteil“ gibt es lange schon …!<br />

157


Ein PILTZ wächst wohlbekannt empor,<br />

betört berlinerisch das Ohr. –<br />

Sie alle drei sind mit verbunden,<br />

weil sie im Namen schon bekunden,<br />

die Achtung vor der Mutter Erde,<br />

vor dem Gesetz „Sei und Werde!“<br />

Von Mutter Erde angeregt,<br />

zu neuer Schöpfungstat bewegt,<br />

zeigt sich FRAU BERTHOLD kreativ!<br />

Die Geister, die die Technik rief,<br />

HERR MEBES kraftvoll zäumt und bannt,<br />

den Fahrradlenker in der Hand …!<br />

Am wichtigsten seid doch Ihr Hörer!<br />

Durch Euch wird erst der Lehrer Lehrer,<br />

genannt „Dozentin“ und „Dozent“!<br />

Warum Ihr denn nicht auch „Student“/<br />

„Studentin“ analog dazu?<br />

(Die Frage lässt mir keine Ruh’ …!)<br />

Zu Euch bin ich heut’ angereist,<br />

der alte Dechenhöhlengeist.<br />

Mit Freuden ich es vor mir seh’<br />

das schöne VHS-Signet!<br />

In seinem Zeichen strebt voran –<br />

voll Ehrgeiz und Elan!<br />

Ich ziehe wieder höhlenwärts<br />

zu Mineralien, Stein und Erz,<br />

ins schöne Reich der Stalagmiten,<br />

zur Fabelwelt der Stalaktiten.<br />

Dort hab’ ich lange hingedöst –<br />

Ihr habt mich heute mal erlöst …!<br />

158


8.3. Carola Utsch: Ein Sprachkurs geht fast immer!<br />

„Seit 22 Jahren gehören VHS-Kurse zu meinem Leben!<br />

Nach zwei Frankreichurlauben zusammen mit meiner sehr gut Französischsprechenden<br />

Schwägerin, wollte ich auf eigene Faust mit meiner Familie nach Frankreich in den Urlaub<br />

fahren und beschloss 1987 um meine Schulfranzösischkenntnisse aufzufrischen, einen Kursus<br />

bei der VHS zu machen. Ich meldete mich kurz entschlossen an. Die Sprachbereichsleiterin<br />

Frau Heider war gerade im Hause, testete mich, ich war vollkommen unvorbereitet, und sie<br />

meinte, ich solle doch einen Fortgeschrittenenkursus bei Frau Herlyn machen.<br />

Nachdem ich drei Jahren bei ihr Französisch gelernt hatte und nach zwei Urlauben in<br />

Frankreich, kam bei mir der Wunsch auf, im Urlaub auch mal nach Italien zu fahren.<br />

Außerdem fand ich immer schon, dass das Italienische genau wie das Französische vom<br />

Klang her eine tolle Sprache ist.<br />

Ich fing an bei Herrn Cameretti von Grund auf Italienisch zu lernen. Günstig war, dass dieser<br />

Kursus in unserem Stadtteil stattfand und das leidige Parkplatzsuchen an der Stennerstraße<br />

entfiel. Als Herr Cameretti aufhörte, wechselte ich zu Frau Petereit. Gleichzeitig machte ich<br />

immer noch Französisch. Auch da hatte ich inzwischen die Dozentin gewechselt. Frau<br />

Fourmestraux hielt damals in der <strong>Iserlohn</strong>er Heide einen Kursus Francais<br />

commerciale ab.<br />

Dann waren mir zwei Sprachkurse in der Woche zu viel und ich habe ein bis zwei Jahre mal<br />

ganz ausgesetzt.<br />

Es kam die Zeit, dass unsere Söhne die ersten Computer anschafften und als ich es leid war,<br />

die Dinger immer nur abzustauben, belegte ich zwei oder drei Computerkurse bei Herrn<br />

Pinzler. Ich habe den Umgang mit dem Computer bei ihm halbwegs gelernt, aber dann war<br />

mein Interesse an dieser Materie erloschen.<br />

Als unser ältester Sohn uns seine erste feste Freundin, eine sehr nette Polin vorstellte, fand<br />

ich, dass es doch nett wäre wenn ich die Schwiegereltern in Spe bei einem eventuellen<br />

Kennen lernen in Landessprache begrüßen könnte. Zwei Jahre lang versuchte ich bei Frau<br />

Wawrziniak in Letmathe polnisch zu lernen. Die polnische Sprache zeigte mir schnell meine<br />

159


Grenzen auf. Die Grammatik ist dermaßen schwer! Ich habe es aufgegeben, obwohl ich<br />

inzwischen zwei polnische Schwiegertöchter habe. Hut ab vor jedem Polen, der einigermaßen<br />

gut Deutsch spricht!<br />

Darnach war glaube ich wieder ein, zwei Jahre VHS-Pause bis ich zu der Einsicht kam, dass<br />

ich etwas tun müsse, um meine Sprachkenntnisse wach zu halten und fing an bei Frau Tozzi<br />

in Hennen( wegen des bekannten Parkplatzproblems) Italienisch wieder aufzunehmen. Als<br />

Frau Tozzi aus beruflichen Gründen aufhörte, fand ich, es wäre wieder Zeit für Französisch.<br />

Ich lernte Frau Cherioux-Nimmermann kennen. Aus Termingründen wechselte ich noch<br />

einmal zu Italienisch bei Frau Petereit. Als bekannt wurde, dass die VHS ihre Räumlichkeiten<br />

an der von mir geliebten Stennerstraße aufgeben würde, und ich meine VHS-Zeit eigentlich<br />

beenden wollte, wechselte ich noch einmal, um kein neues Lehrbuch mehr anzuschaffen, zu<br />

Frau Nimmermann zu Französisch.<br />

Und dann kam der Umzug in die neuen Räumlichkeiten. 20 Jahre war VHS für<br />

mich gleichbedeutend mit der Schulatmosphäre an der Stennerstraße Trotz ständiger<br />

Parkplatzprobleme hat es mir in den alten Villen immer sehr gut gefallen. An heißen Tagen<br />

haben wir einige Male unter den hohen alten Bäumen im Garten gelernt .....<br />

Und jetzt der Bahnhof......<br />

Die neuen Räumlichkeiten haben bestimmt Vorteile, aber abends möchte ich nicht mehr im<br />

Bahnhofsgelände unterwegs sein! In den nächsten Jahren möchte ich nach England und Polen<br />

reisen, für mich sehr schöne Reiseziele. Da ich mit dem Polnischlernen ja kläglich gescheitert<br />

bin, werde ich mich wohl mit Englisch durchschlagen müssen.<br />

Seit die VHS im Bahnhof ansässig ist, frische ich in einem sehr netten Nachmittagskursus bei<br />

Herrn Brooks meine Schulenglischkenntnisse auf.<br />

Ich habe es nie angestrebt, eine Sprache perfekt zu erlernen. Beim Sprachenlernen in einem<br />

VHS-Kursus standen für mich immer der Kontakt zu anderen Kursteilnehmern und die<br />

Freude gemeinsam mit Gleichinteressierten zu lernen im Vordergrund.“<br />

160


8.4. Gabriele Schulz: VHS-Fotokurs<br />

„Gestalterisches Sehen lernen“ hieß es in der IKZ-Ankündigung für den Einführungskurs, in<br />

dem ambitionierte Kamerabesitzer in die Geheimnisse des Fotografierens eingeweiht werden<br />

sollten. Es muss 1973 gewesen sein, meint Hans Schneider, der im Haus Stennerstraße 12 den<br />

Kurs leitete.<br />

Es war die Zeit der analogen Fotografie. Eine Dunkelkammer besaß die Volkshochschule<br />

damals nicht. Und möglich wurde der praktische Kursteil nur, weil IKZ-Fotograf Hans<br />

Schneider die Dunkelkammer im Wichelhovenhaus nutzen durfte, um die Schwarzweiß-Filme<br />

der Kursteilnehmer zu entwickeln und die Fotos zu vergrößern.<br />

Theorie gab es auch. Die Kursteilnehmer lernten, dass man hierzulande von links nach rechts<br />

denkt, so wie wir schreiben. Das heißt: Ein nach rechts fahrendes Auto fährt weg. Auch von<br />

Spitzlichtern in den Augen porträtierter Menschen war die Rede. Warum die Spitzlichter so<br />

wichtig sind? Lothar Bendel, ein aus Ungarn stammender Teilnehmer, brachte es in<br />

unnachahmlicher Kürze auf den Punkt: „Wenn kein Licht in Auge – Auge tot.“ Besser und<br />

prägnanter ist das wohl nie gesagt worden.<br />

Es folgte im nächsten Jahr ein zweiter Kurs. Dann war Schluss. Die Dauerbeanspruchung der<br />

Dunkelkammer im Wichelhovenhaus war nicht mehr tragbar. Horst Piltz, der VHS-Leiter, sah<br />

das nicht so eng. Noch einige Male fand Hans Schneider seinen Namen im VHS-Programm<br />

bei Kursen, die er gar nicht mehr geben wollte und auch nicht gab.<br />

Etliche Kursteilnehmer konnten zwar jetzt so gut fotografieren, wie sie es sich zum Ziel<br />

gesetzt hatten. Weitere Kurse benötigten sie nicht mehr. Doch auf die Gesellschaft der<br />

anderen Amateurfotografen wollten sie nicht verzichten. So traf man sich einmal im Monat,<br />

immer am ersten Dienstag, in der Gaststätte Topp. Hans Schneider hatte mittlerweile einen<br />

Segelschein und erzählte mit steigender Begeisterung von seiner Leidenschaft. Oder anders<br />

gesagt: ER ging dem Foto-Stammtisch mit seinem unerschöpflichen Seemannsgarn<br />

allmählich gehörig auf die Nerven.<br />

Reinhard Müller platzte am Stammtisch eines Tages der Kragen: „Entweder du bringst uns<br />

jetzt das Segeln bei, oder ich komme nicht mehr wieder.“ Bei der Volkshochschule konnte<br />

man damals nicht nur Fotografieren lernen, sondern auch einen Segelschein machen. Fast<br />

161


geschlossen begab sich der Foto-Stammtisch in den VHS-Segelkurs. Etwa 1986 ging die<br />

Truppe gemeinsam auf große Schiffchen-Tour. An der Ostsee wurde für eine Woche ein Boot<br />

gechartert. Wind ist gut für Segler. Aber viel Wind ist ganz schlecht. Das merkten die<br />

<strong>Iserlohn</strong>er, die in dieser einen Segelwoche genau einmal quer durch die Flensburger Förde<br />

schipperten. Ansonsten saßen sie auf den Planken ihres Schiffchens, schauten bei<br />

Windstärken 7 bis 8 aufs Wasser und waren schwer damit beschäftigt, Seemannsgarn zu<br />

spinnen.<br />

Den Stammtisch gibt es immer noch. Jetzt trifft man sich am ersten Mittwoch im Monat im<br />

„cafe täglich“, und ab und zu stoßen neue Interessenten dazu. Wenn sie gleichermaßen Freude<br />

am Fotografieren und an der Segelei mitbringen, sind sie besonders willkommen.<br />

8.5. Edelgard Radig: Der bildungsbeflissene Mensch<br />

Seit über 30 Jahren nimmt Edelgard Radig (früher Henke) an verschiedenen VHS-Kursen teil.<br />

„Ich habe wohl kaum einen Kurs ausgelassen, von Sprachkursen aller Art, über Philosophie<br />

bis hin zu einer achtjährigen interessierten Teilnahme am damaligen Literaturkurs, noch bei<br />

Frau Habbel und Nachfolgern. Außer in einem Makramee-Kurs habe ich wohl überall meine<br />

Nase hereingesteckt.“ Dass sie ein Talent zur Alltagslyrik hat, entdeckte sie erst mit 50<br />

Jahren. Mittlerweile hat sie mit Hilfe einer Freundin einige ihrer amüsanten Gedichte zu<br />

einem kleinen Buch, dem „Schmunzelbuch“ zusammengetragen. Hier ist eines davon:<br />

Der bildungsbeflissene Mensch<br />

Ein Mensch, den Bildungsmangel stört<br />

Und von der VHS gehört<br />

Entschließt sich bald mit festem Willen,<br />

den Bildungshunger dort zu stillen.<br />

Das Angebot ist riesig groß,<br />

Mein Gott, denkt er, was mach’ ich bloß?<br />

Zunächst reizt ihn der Sprachen Fülle,<br />

dass er sich nicht in Schweigen hülle,<br />

wenn er auf einer seiner Reisen<br />

die Weltgewandtheit soll beweisen.<br />

162


Der Philosophen weise Thesen<br />

Ließen wohl seinen Geist genesen,<br />

und von dem Herr der Psychologen<br />

fühlt er sich magisch angezogen.<br />

Auch wie man richtig sich ernährt<br />

Hätt’ er gerne mal gehört.<br />

Dazu ein Fitness-Sportprogramm<br />

- er wähnte längst sich etwas lahm - .<br />

Ganz sicher wäre auch mal nötig<br />

Ein Kurs in Bio-Energetik.<br />

Rhetorik sollte man erküren<br />

Um vollmundig das Wort zu führen<br />

Wenn man einmal im Freundeskreis<br />

Sein Wissen darzustellen weiß.<br />

Zur Schreibwerkstatt wird animiert,<br />

wo jeder frisch die Feder führt,<br />

der meint, wenn ihn die Musen küssen,<br />

soll’s auch die Allgemeinheit wissen.<br />

Der Mensch erkennt ziemlich verwirrt,<br />

dass ihn so vieles interessiert<br />

und dass ihm noch so manches fehlt<br />

was allgemein zur Bildung zählt.<br />

Doch Zweifel überkommen ihn<br />

„Wo führt denn nun das Ganze hin?“<br />

Wird es mir und Andern nützen<br />

Den Hosenboden glatt zu sitzen?<br />

Was wäre denn der Mühen Lohn?<br />

Bald kennt er auch die Antwort schon!<br />

163


Nicht nur das Ziel ist gut und richtig,<br />

der Weg dahin ist vielmehr wichtig.<br />

Um Kenntnis kannst du dich bemüh’n<br />

Erkenntnis musst du selber zieh’n.<br />

So hat das Lesen von Prospekten,<br />

die soviel Wissenshunger weckten<br />

den Menschen unbewusst und sacht<br />

fast schon zum Philosoph gemacht!<br />

9. Anhang II: Dokumente zum 90-jährigen Jubiläum<br />

9.1. Eröffnungsrede des Festaktes von Lieselotte Berthold<br />

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Müller,<br />

sehr geehrter Herr Professor Siebert,<br />

sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Dozenten und Teilnehmenden der<br />

Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong>,<br />

sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Rates und des Kulturausschusses,<br />

sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter öffentlicher und kirchlicher Institutionen sowie der<br />

Medien,<br />

sehr geehrte Freunde und Förderer unserer Volkshochschule,<br />

liebe Kollegen und Kolleginnen der Stadtverwaltung,<br />

liebe Kollegen und Kolleginnen der benachbarten Volkshochschulen und der <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Schulen und Weiterbildungseinrichtungen,<br />

und zum Schluss und besonders herzlich:<br />

liebe ehemalige haupt- und nebenberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Leider können<br />

wir Frau Spangenberg und Herrn Piltz heute Abend nicht begrüßen, weil beide kurzfristig<br />

gesundheitlich verhindert sind, sie lassen herzlich grüßen.<br />

Aber Sie alle sind hier bei unserer kleinen, feinen Feierstunde zum 90-jährigen Bestehen<br />

unserer Volkshochschule und ich begrüße Sie herzlich, auch im Namen des ganzen VHS-<br />

Teams.<br />

Umrahmt und begleitet wird der Abend musikalisch von Chris Kramer, Mundharmonika- und<br />

Gitarren-Künstler, Blues-Enthusiast und VHS-Kursleiter seit über 10 Jahren.<br />

164


Nun zum Ablauf dieses Abends:<br />

Herr Bürgermeister Klaus Müller wird ein Grußwort sprechen.<br />

Dann spielt Chris Kramer.<br />

Danach referiert Herr Professor Dr. Horst Siebert zum Thema „90 Jahre VHS <strong>Iserlohn</strong>“.<br />

Anschließend bittet die Historikerin und Journalistin Katja Hofbauer die VHS-Runde auf die<br />

Bühne. Dabei sind: Bodo Mebes vom VHS-Team, die Teilnehmerin Tanja Golla, sowie die<br />

VHS-Dozenten und –Dozentinnen Sigrid Kanthack-Leser, Nicholle McKensie, Gunther<br />

Kingreen und Chris Kramer, die der Volkshochschule kleine 2-3-Minuten-Geschenke machen<br />

werden. Was das genau ist? Lassen Sie sich überraschen.<br />

Danach gebe ich Ihnen noch Informationen zu unserer Jubiläumsfahrt am Donnerstag sowie<br />

zu unserer Festschrift „VHS Iserohn – seit 90 Jahren gefragt“.<br />

Abschließend spielt Chris Kramer zwei Stücke.<br />

Herr Professor Dr. Horst Siebert wird zum Thema „90 Jahre VHS <strong>Iserlohn</strong>“ sprechen. Ich will<br />

Ihnen erklären, warum es uns ein großes Anliegen war, dass gerade er den Festvortrag halten<br />

sollte: Er war nämlich Deutschlands erster Professor für Erwachsenenbildung. Und er ist<br />

gebürtiger <strong>Iserlohn</strong>er. Und er wäre um ein Haar 1965 VHS-Leiter in <strong>Iserlohn</strong> geworden wenn,<br />

ja wenn er sich nicht für die universitäre Laufbahn entschieden hätte. Danke Herr Professor<br />

Siebert, dass Sie für uns heute aus Hannover angereist sind.<br />

Der erste VHS-Vortrag vor 90 Jahren beschäftigte sich mit dem Sonnensystem. Das Thema<br />

ist nach wie vor spannend, zumal im Laufe von 90 Jahren so ungeheuer viel Neues im Bereich<br />

der Astrophysik entdeckt wurde und Raumsonden die Planeten sogar besucht haben. Im<br />

Planetarium Bochum haben wir einen Sondertermin erhalten, bei dem wir die<br />

Multimediashow „Fantastische Planeten“ sehen werden und anschließend von Frau Professor<br />

Dr. Hüttemeister erfahren werden, welche Erkenntnisse der Referent im Jahre 1919 hatte.<br />

Einige Plätze im Bus sind noch frei. Bitte sprechen Sie mich oder mein Team an, wenn Sie<br />

noch mitfahren wollen.<br />

Voraussichtlich im November erscheint unsere Festschrift „Volkshochschule <strong>Iserlohn</strong> – seit<br />

90 Jahren gefragt“. Dank der Historikerin Katja Hofbauer, die drei Jahre lang recherchiert und<br />

Interviews geführt hat, können wir Ihnen mehr als eine Chronik bieten. Es ist bereits ein<br />

stattliches Werk von rund 160 Seiten geworden, das ein Stück <strong>Iserlohn</strong>er Stadtgeschichte aus<br />

165


dem Blickwinkel der Weiterbildung abbildet. Das Besondere daran ist, dass es eine<br />

dynamische, lebendige Chronik sein wird. Wir veröffentlichen sie im Internet und wollen die<br />

ehemaligen und aktiven VHSler animieren, ihre Erfahrungen und ihre Dönekens auch<br />

weiterhin beizutragen. Der Änderungsstand wird dann jeweils vermerkt sein.<br />

Besuchen Sie auch unsere Homepage www.<strong>vhs</strong>-iserlohn.de und lesen Sie mehr über unsere<br />

bewegte Entwicklung.<br />

Eine ganz entscheidende Erkenntnis daraus will ich allerdings heute Abend betonen:<br />

Die Dozentinnen und Dozenten sind das Rückgrad der Volkshochschule. Ohne deren<br />

Kompetenz, Engagement, Empathie und Verlässlichkeit hätte die Volkshochschule nicht so<br />

ein Erfolgsmodell werden könne. Und dafür gebührt ihnen heute unser ganz besonderer Dank.<br />

Danken möchte ich auch dem Rat der Stadt <strong>Iserlohn</strong>, dass die Volkshochschule seit 2008 in<br />

diesem schönen, hellen, erwachsenengerechten Gebäude den Unterricht anbieten kann:<br />

niederschwellig und offen für alle, gerade in Zeiten des wirtschaftlichen Wellengangs. Jeder<br />

in Bildung investierte Euro lohnt sich. Denn, wie sagte schon Heinrich Heine so treffend:<br />

„Geld ist rund und rollt weg. Bildung bleibt.“<br />

9.2. Rede von Bürgermeister Klaus Müller<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Prof. Siebert,<br />

liebe Freunde der Volkshochschule,<br />

zum 90-jährigen Bestehen gratuliere ich unserer Volkshochschule ganz herzlich. 1919 wurde<br />

die Volkshochschule als Arbeitsausschuss zur „Abhaltung von Volkshochschulkursen”<br />

gegründet.<br />

Sie gehört damit zu den ältesten Volkshochschulen in Deutschland. Als öffentliche, der<br />

Erwachsenenbildung und außerschulischen Jugendbildung dienenden Einrichtung hat sie ihre<br />

Bedeutung im Laufe der Jahre immer mehr gesteigert.<br />

Das Interesse der Bevölkerung - und das sind die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, die<br />

diese Weiterbildungseinrichtung intensiv nutzen - an den unterschiedlichen Kursen der<br />

verschiedenen Fachbereiche hat ständig zugenommen. Gestiegenes Bildungsbewusstsein, die<br />

Verpflichtung zur Weiterbildung, auch die zwingende Notwendigkeit, neue Kenntnisse zu<br />

erwerben um im Berufsleben heute und morgen erfolgreich zu sein, aber auch wachsende<br />

Freizeit haben zu einer steigenden Nachfrage und einer Ausweitung des Angebotes geführt.<br />

Im Jubiläumsjahr präsentiert sich die <strong>Iserlohn</strong>er Volkshochschule als lebendiger Ort der<br />

166


Bildung, der Kommunikation und des kreativen Schaffens.<br />

In ihrer langen Geschichte nutzte die Volkshochschule immer wieder wechselnde Räume, es<br />

gab wohl kaum einen Saal oder eine Schule in unserer Stadt, in der die Volkshochschule<br />

keine Veranstaltungen durchgeführt hat.<br />

Seit Januar 2008 ist die Volkshochschule hier im neuen Stadtbahnhof untergebracht, damit<br />

stehen ihr erstmals in ihrer Geschichte individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene<br />

Räumlichkeiten zur Verfügung. 23 Unterrichtsräume, eine Cafeteria, ein Dozentenraum, ein<br />

Bildungsberatungsbüro und die Geschäftsstelle bieten der Volkshochschule und dem 9-<br />

köpfigen VHS-Team auf rd. 2.500 qm optimale Bedingungen.<br />

Mit dem Domizil im neuen Stadtbahnhof setzt die Stadt <strong>Iserlohn</strong> ein deutliches Zeichen, dass<br />

ihr Weiterbildung sehr wichtig ist. Der Stadtbahnhof als zentraler Ort, mit optimaler<br />

Verkehrsanbindung durch Bahn, Bus und Straße, mit ausreichenden Parkmöglichkeiten und<br />

für Innenstadtbewohner guter fußläufiger Erreichbarkeit, ist der ideale Standort.<br />

Fort- und Weiterbildung werden in unserer modernen Kommunikationsgesellschaft weiter an<br />

Bedeutung gewinnen.<br />

Ich denke, dass wir in dem Festvortrag von Prof. Dr. Horst Siebert, den ich ganz herzlich<br />

begrüße, hierzu mehr hören werden.<br />

Mit ihrem umfangreichen Kursangebot zu den unterschiedlichsten Themen, die unsere<br />

Gesellschaft beschäftigen, mit Angeboten zur beruflichen Qualifizierung, mit dem Angebot,<br />

Schulabschlüsse erwerben und Sprachen erlernen zu können, bietet unsere VHS für jeden<br />

etwas. Ich wünsche ihr eine weiterhin erfolgreiche Arbeit im Sinne einer weltoffenen und<br />

zeitgemäßen Weiterbildung. Ich bin sicher, dass die Volkshochschule in unserer Stadt eine<br />

gute Zukunft haben und sich weiter entwickeln wird, so wie sie es seit 90 Jahren getan hat.<br />

167


9.3. Rede Prof. Dr. Horst Siebert<br />

90 Jahre VHS <strong>Iserlohn</strong> - das sind 90 Jahre Zeitgeschichte und Stadtgeschichte: Mehr als<br />

andere Bildungseinrichtungen spiegelt die VHS den Zeitgeist, die wirtschaftliche Situation,<br />

die sozialen Konflikte, die kulturellen Besonderheiten einer Stadt wider. Denn ein Merkmal<br />

der VHS ist ihre kommunale Einbettung.<br />

Doch wie können wir uns heute das <strong>Iserlohn</strong> des Jahres 1919 vorstellen?<br />

Günther Schweer schreibt in dem Buch „Alte Gassen und Winkel in <strong>Iserlohn</strong>“: „<strong>Iserlohn</strong> –<br />

240 bis 480 Meter über dem Meeresspiegel, die Eingangspforte zum Sauerland inmitten der<br />

herrlichen Berge. Tropfsteinhöhle, Felsenmeer, Danz- und Bismarckturm, Oberste Stadtkirche<br />

mit geschnitztem gotisch-flandrischen Flügelalter aus dem 15. Jh. und 8 berühmten<br />

Tafelgemälden, Kongressstadt. Spezialitäten: Kuttelflick und Wamme (Bratfleisch und<br />

Tunke), <strong>Iserlohn</strong>er Bockskämper (Schnaps).“ (S. 8)<br />

Schweer beschreibt die <strong>Iserlohn</strong>er als beschaulich, strebsam und unternehmungslustig,<br />

traditionsbewusst und fortschrittlich.<br />

Doch es lässt sich auch ein anderes, weniger idyllisches Bild des <strong>Iserlohn</strong> vor 100 Jahren<br />

zeichnen.<br />

In dem Bildband „<strong>Iserlohn</strong> in alten Bildern“ stellt Richard Althaus anschaulich den sozialen<br />

und beruflichen Alltag <strong>Iserlohn</strong>s während der Industrialisierung dar. <strong>Iserlohn</strong> erlebte einen<br />

wirtschaftlichen Aufschwung durch die Metallindustrie insbesondere durch Drahtziehereien,<br />

Kettenherstellung, Nadelfabriken... „Die beste Feder lieber Sohn, ist die von Brause <strong>Iserlohn</strong>“.<br />

Doch dieser industrielle Fortschritt hatte seine Schattenseiten. Die Kluft zwischen Arm und<br />

Reich wurde immer größer. Das soziale Elend der Arbeiterfamilien wuchs – forciert durch<br />

den wachsenden Alkoholkonsum.<br />

„Die schlimmste soziale Sünde jedoch war die Kinderarbeit, die durch Jahrhunderte gang und<br />

gäbe war, die die Kinder nicht nur körperlich, sondern auch geistig und seelisch verdarb.“ (S.<br />

10).<br />

Die soziale Lage verschlimmerte sich durch den 1. Weltkrieg. Am schlimmsten war für die<br />

<strong>Iserlohn</strong>er Bevölkerung der „Steckrübenwinter“ 1917/18. „Diese Not trieb auch die Frauen zu<br />

dem Hungermarsch vor das Rathaus. Die Schulkinder sammelten Laub, Brennnesseln,<br />

Eicheln, Bucheckern, Flaschen, Blechdosen, Altgummi, Altmetall, Lumpen, Papier. Die<br />

Glocken von den Kirchtürmen, die Zinnpfeifen der Orgeln – alles, aber auch alles musste<br />

herhalten, um dem Mangel an allem abzuhelfen.“ (S. 12).<br />

Tausende von jungen Männern, aber auch Familienvätern – wenn sie denn überlebt hatten –<br />

kehrten krank, verwundet, hoffnungslos aus der Kriegsgefangenschaft zurück.<br />

168


In dieser Zeit der Not dankte der Kaiser ab (was kein großer Verlust war) und die<br />

demokratische Republik wurde in Weimar ausgerufen. Und – und damit bin ich beim Thema<br />

– das Bildungssystem sollte renoviert werden. In Artikel 148 der Weimarer Reichsverfassung<br />

wurde eine neue Bildungseinrichtung kreiert – die Volkshochschule. Diese VHS sollte vom<br />

Staat und von den Kommunen finanziert werden. Das preußische Volksbildungsministerium<br />

forderte qua Erlass vom 25.02.1919 alle Gemeinden auf, eine öffentliche Volkshochschule zu<br />

gründen. Auf der Reichsschulkonferenz 1920 befasste sich eine eigene Arbeitsgruppe mit der<br />

Struktur und dem Profil dieser neuen Einrichtung. Auch wenn es bereits Vorläufer dieser<br />

Institution gab, so kann das Jahr 1919 durchaus als der Beginn der modernen<br />

institutionalisierten EB gelten.<br />

Die Begründungen dieser Reform waren nicht nur kultur- und bildungs-, sondern auch<br />

wirtschafts- und sozialpolitisch. Wirtschaftlich sollte die VHS vor allem die berufliche<br />

Wiedereingliederung der Kriegsheimkehrer unterstützen. Sozialpolitisch sollten durch eine<br />

integrative Volksbildung die Klassengegensätze überbrückt werden. Man sprach von einer<br />

„Volkbildung durch Volksbildung“, von einer „Arbeitsgemeinschaft von Kopf- und<br />

Handarbeitern“, von einer Aufwertung der „volkstümlichen Bildung“. Außerdem sollte die<br />

Bildungsbenachteiligung der Frauen durch die VHS verringert werden – zumal der Frau<br />

erstmalig das allgemeine Wahlrecht zugebilligt worden war. Politisch und ideologisch sollte<br />

das demokratische Bewusstsein und die politische Urteilsfähigkeit geschult werden. Die<br />

Demokratie – so hieß es – fordert den aufgeklärten und mündigen Bürger. Darüber hinaus galt<br />

es, nach der Katastrophe des Kaiserreichs eine moderne kulturelle und politische Identität –<br />

u.a. durch die Besinnung auf klassische deutsche Kultur – zu schaffen.<br />

Dass dieser Versuch der Demokratisierung bald scheiterte, dass aus der volkstümlichen<br />

Bildungsidee eine rassistische und militaristische Blut- und Bodenideologie wurde, kann zwar<br />

den meisten VHSn nicht angelastet werden, gehört aber zu den dunklen Seiten der VHS-<br />

Geschichte.<br />

Pädagogisch betrachtet ist die VHS-Bewegung Bestandteil der Reformpädagogik. Es gehörte<br />

zum Selbstverständnis der VHS, nicht nur wissenschaftliches Wissen durch Vorträge zu<br />

„popularisieren“, sondern teilnehmer- und erfahrungsorientiert in Arbeitsgemeinschaften neue<br />

Einsichten zu erarbeiten. Dieses Konzept entsprach M. Montessoris „Erziehung vom Kinde<br />

aus“, Kerschensteiners Arbeitsschulidee, dem Konzept der Landerziehungsheime und der<br />

Kunsterziehungsbewegung. Vor allem aber war die Mehrzahl der VHS-Lehrkräfte<br />

„jugendbewegt“, d.h. naturverbunden, zivilisationskritisch, antiindustriell.<br />

169


Die VHS-Leiter sprachen von einer „VHS-Bewegung“, einer Alternative zur staatlichen,<br />

autoritären und stofforientierten „Schule“. Der Begriff „Schule“ war überwiegend negativ<br />

besetzt. „Volksbildung“ war etwas anderes als frontaler Schulunterricht. Die VHS wurde zur<br />

Keimzelle einer fundamentalen Bildungs- und Lebensreform.<br />

Dieses idealistische Selbstverständnis enthielt aber nicht nur aufklärerische, sondern auch<br />

sozialromantische Züge einer „Volksgemeinschaft“. Dieses Selbstbild war nicht nur utopisch,<br />

sondern auch naiv. Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit war unübersehbar.<br />

Es ist der Verdienst des VHS-Arbeitskreises unter der Leitung von Hans-Jürgen Burgard<br />

(„Die Geschichte der VHS <strong>Iserlohn</strong>“), diese Diskrepanz zwischen Ist und Soll materialreich<br />

aufgezeigt zu haben.<br />

Auch die <strong>Iserlohn</strong>er VHS hatte das Ziel, zur „Stärkung des edlen Menschtums in weiten<br />

Kreisen und zur Pflege des Idealismus der Jugend“ beizutragen (S. 161). Doch die Realität<br />

war lange Zeit frustrierend. Viele Kurse, vor allem solche mit kulturell anspruchsvoller<br />

Thematik, kamen mangels Beteiligung nicht zustande. In dem Bericht des Arbeitskreises heißt<br />

es:<br />

„Es scheint so, als ob viele der damals so euphorisch um die Hebung der Volksbildung<br />

bemühten Pädagogen und Politiker eine reichlich weltfremde Vorstellung von der<br />

Bildungsbereitschaft der ‚Masse’ und ihren Interessen besessen hätten.“ (S. 163).<br />

Die VHS war angesichts der Wirtschaftskrise, der Inflation und Arbeitslosigkeit in Gefahr,<br />

bereits nach wenigen Jahren wieder geschlossen zu werden. Zu dieser Krise trug nicht zuletzt<br />

die Finanzknappheit der Stadt bei. 1928 erhielt die VHS 300 Mark, 1929 800 Mark<br />

kommunalen Zuschuss. Kritisiert wurde aber auch in der Presse – so in dem IKZ –, dass die<br />

VHS die pädagogischen Erwartungen nicht erfüllt habe und eher eine Halbbildung als eine<br />

moderne Bildung vermittle. Außerdem gab es immer wieder Diskussionen, ob die VHS<br />

politisch neutral zu sein habe.<br />

Gefährdet war die Existenz der VHS nicht nur durch die wirtschaftliche Rezession, sondern<br />

auch durch die neuen Medien. Als in den 1920er Jahren das erste Kino eröffnet wurde, sahen<br />

viele Pädagogen das Ende der VHS gekommen – übrigens ähnlich wie in den 1950er Jahren<br />

durch die Verbreitung des Fernsehens. Diese neuen Medien – wie auch das Internet – haben<br />

zwar das VHS-Angebot beeinflusst, sind aber eher als pädagogische Herausforderung denn<br />

als Bedrohung wahrgenommen worden. Die nationalsozialistische Vereinnahmung und<br />

Gleichschaltung verlief auch in <strong>Iserlohn</strong> eher sang- und klanglos und offenbar ohne<br />

wirksamen Widerstand der Bevölkerung.<br />

In einem Runderlass des Reichsinnenministers vom 19.09.1933 zur Aufgabe der VHS hieß es:<br />

170


„Dabei besteht die Hauptaufgabe nicht darin, das nationalsozialistische Gedankengut<br />

verstandesmäßig zu übermitteln, sondern die Willenshaltung des deutschen Volkes zu<br />

fördern. Dies geschieht dadurch, dass der Wille zur Wehrhaftigkeit, zur völkischen<br />

Selbstbehauptung, zum Bekenntnis von Blut und Boden und zur Einordnung in die<br />

Volksgemeinschaft verstärkt wird.“ (S. 170) .<br />

Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurde von allen 4 Besatzungsmächten alle Kommunen<br />

zur Wiedereröffnung von VHSn aufgefordert. So nahmen bereits 1946 viele VHSn – auch in<br />

der damaligen SBZ – ihre Arbeit wieder auf.<br />

Im November 1949 wurde die VHS <strong>Iserlohn</strong> eröffnet, übrigens in Kooperation mit „Arbeit<br />

und Leben“, der neugegründeten Arbeitsgemeinschaft von Gewerkschaften und VHSn.<br />

Bereits 1949 fanden 16 Arbeitsgemeinschaften mit 927 Teilnehmern und 6 Vorträge mit 1042<br />

Besuchern statt.<br />

Die weitere Entwicklung und die engagierten Persönlichkeiten – Pädagogen ebenso wie<br />

Politiker und Kommunalbeamte – sind von Frau Berthold in der Festschrift detailliert<br />

dargestellt und gewürdigt worden.<br />

Ich selber spiele hier nur eine Statistenrolle. Nach meinem Studium wurde ich 1965 von Dr.<br />

Groot, dem damaligen Kulturdezernenten und späteren Vorsitzenden des Landesverbandes<br />

der VHSn von NRW, ermuntert, in der EB tätig zu werden. Ich wurde dann Assistent bei<br />

diesem Landesverband und verbrachte meine Lehrzeit an der KVHS Herford. Als dann die<br />

hauptamtliche Leiterstelle in <strong>Iserlohn</strong> ausgeschrieben wurde, habe ich mich darauf beworben<br />

und dabei auch Frau Spangenberg, die damalige nebenberufliche VHS-Leiterin kennen und<br />

schätzen gelernt. Der Kulturausschuss hat mich gewählt, aber gleichzeitig erhielt ich ein<br />

Angebot, als Assistent für den neugeschaffnen Schwerpunkt Erwachsenenbildung an der<br />

Ruhr-Universität Bochum tätig zu werden. Da ich damals 26 Jahre alt war, hielt ich es für<br />

besser, mich zunächst selber weiterzubilden, so reizvoll die Leiterstelle in meiner Heimatstadt<br />

für mich auch war. Nach meiner Habilitation habe ich dann in Hannover die erste Professur<br />

für Erwachsenenbildung in Deutschland übernommen.<br />

Für die Erfolgsgeschichte der VHS waren dann Frau Mänz, Herr Piltz und Frau Berthold als<br />

Leiter/innen mit ihren Teams verantwortlich.<br />

Noch eine persönliche Anekdote:<br />

Das Büro der VHS wurde von dem alten Rathausgebäude in die Dreimannstraße umgesiedelt.<br />

Als ich 8 oder 9 Jahre alt war, ging ich mit meinem Vater durch diese Straße und fragte ihn,<br />

warum diese Straße Dreimannstraße heißt. Er erkundigte sich und erzählte mir, dass in<br />

<strong>Iserlohn</strong> zu Beginn des 30jährigen Krieges eine Pest ausgebrochen sei und dass in dieser<br />

171


Straße nur 3 Menschen überlebt hätten. Seitdem interessiere ich mich sehr für die Zeit des<br />

30jährigen Krieges. Ich erzähle dies meinen Studenten als Beispiel für die biografische<br />

Verwurzelung vieler unserer Bildungsinteressen. Das Lernen Erwachsener ist stets<br />

biografisches Lernen.<br />

Die VHS <strong>Iserlohn</strong> hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt<br />

und ist zu einer unverzichtbaren und anerkannten „Säule“ des 4. Bildungssektors in dieser<br />

Stadt geworden. Diese positive Entwicklung lässt sich an den neuen, modernen<br />

Räumlichkeiten erkennen, aber auch an der Entwicklung des Programmangebots. Statistisch<br />

hat sich die Zahl der Unterrichtsstunden und der Teilnehmer/innen seit 1975 nicht wesentlich<br />

verändert, aber die VHS hat mehrere neue arbeitsintensive Aufgaben übernommen und erfüllt<br />

wichtige kultur-, bildungs-, sozial- und wirtschaftspolitische Funktionen.<br />

Bildungspolitisch: Bildung hört nicht mit der Schulbildung auf, sondern ist ein Prozess des<br />

lebenslangen Lernens, da die Veralterungsrate des einmal erworbenen Wissens immer kürzer<br />

wird. Z.B. unterstützt die VHS durch Elternbildung die Arbeit an Schulen.<br />

Sozialpolitisch trägt die VHS nicht nur zur Integration der Generationen und der<br />

Arbeitslosen, sondern zunehmend auch der Menschen mit Migrationshintergrund bei. Eine<br />

wichtige sozialpolitische Aufgabe der VHS ist der „zweite Bildungsweg“, d.h. die 2. Chance<br />

für Menschen, denen es verwehrt war, in ihrer Jugend einen höheren Schulabschluss zu<br />

erwerben.<br />

Kulturpolitisch leistet die VHS einen wichtigen Beitrag zur Entfaltung kreativer<br />

Eigentätigkeit, aber auch zur Gesundheitsbildung, zur interkulturellen Kommunikation und<br />

zur politischen Urteilsfähigkeit.<br />

Wirtschaftspolitisch trägt die VHS durch berufliche Weiterbildung, auch durch Vermittlung<br />

von Schlüsselqualifikationen (sog. soft skills) zur Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der<br />

regionalen Unternehmen bei. So wird die VHS neuerdings als modernes Kompetenzzentrum<br />

bezeichnet.<br />

Zu den Innovationen der VHS <strong>Iserlohn</strong> gehören z.B.<br />

- Qualifizierung von Erwachsenen zum „Lerncoach“<br />

- Ausbildung zum <strong>Iserlohn</strong>er Stadtführer<br />

- Eine zweite Chance für junge Erwachsene ohne Hauptschulabschluss<br />

- Kurse in der Strafvollzugsanstalt<br />

- Integrationskurse für Menschen mit Migrationshintergrund<br />

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- Online-Buchungsmöglichkeit<br />

- Didaktische Neuerungen, z.B. Tandem-Settings im Fremdsprachenbereich<br />

- Einführung des Europäischen Sprachenreferenzrahmens<br />

- „Bildung auf Bestellung“, d.h. spezielle Qualifizierungsangebote für <strong>Iserlohn</strong>er<br />

Firmen<br />

- Ein Ausbau von „Support-Strukturen“, insbesondere der Bildungsberatung – nicht nur<br />

für Adressaten, sondern auch für Unternehmen.<br />

- Beratung zum Erwerb des „Bildungsschecks des Landes NRW“ und „Talent-<br />

Kompasses“<br />

Die VHS ist außerdem eine Schaltstelle für zahlreiche Bildungsnetzwerke. Sie kooperiert mit<br />

anderen öffentlichen Einrichtungen und NGO’s bei der Planung und Durchführung von<br />

Projekten.<br />

Die VHS ist aus der Kultur- und Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Sie organisiert<br />

nicht nur das lebenslange Lernen Erwachsener, sie ist selber eine „lernende Organisation“<br />

geworden, die flexibel und effektiv auf gesellschaftliche Veränderungen und wirtschaftliche<br />

Herausforderungen reagiert. Insofern sind Kontinuität und Aktualität Markenzeichen der<br />

VHS.<br />

Diese Leistungsfähigkeit ist durch die Verleihung des „Gütesiegels“ öffentlich bestätigt<br />

worden. Qualitätssicherung ist ein Charakteristikum lernender Organisationen.<br />

Die Qualität der VHS ist in hohem Maße personenabhängig. Das Personal – die haupt- und<br />

nebenberuflichen MitarbeiterInnen, die pädagogischen MitarbeiterInnen und das<br />

Verwaltungspersonal – prägt das Profil und das öffentliche Image der VHS. Jede KursleiterIn<br />

repräsentiert – gewollt oder ungewollt – die Institution. Wesentlich ist dabei nicht nur die<br />

fachliche und pädagogische Kompetenz, sondern auch die Verlässlichkeit, die<br />

Teilnehmerorientierung und auch die „Kundenorientierung“.<br />

Die VHS hat im Lauf ihrer Geschichte zahlreiche Höhen und Tiefen erlebt und zahlreiche<br />

Krisen bewältigt. Sie hat nicht nur Unterstützung, sondern auch – mehr oder weniger<br />

berechtigte – Kritik erfahren. Das VHS-Team hat sachkundig und motiviert eine<br />

Konsolidierung und Modernisierung ihrer Einrichtung vorangetrieben. Und das trotz<br />

finanzieller Einsparungen. Im Vergleich zu den finanziellen Kosten ist die VHS eine<br />

erstaunlich leistungsfähige und effiziente, d.h. „preiswerte“ Einrichtung. Die VHS ist nicht<br />

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nur in der <strong>Iserlohn</strong>er Bevölkerung bekannt und anerkannt, so wird auch von der<br />

Kommunalverwaltung und von allen Parteien akzeptiert und unterstützt. Das ist in Zeiten der<br />

Wirtschafts- und Finanzkrise nicht selbstverständlich.<br />

Die VHS <strong>Iserlohn</strong> ist zwar 90 Jahre alt, aber sie hat mit „Opas VHS“ nur wenig gemeinsam,<br />

sondern ist ein zukunftsfähiges Zentrum lebenslangen Lernens.<br />

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