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Ein Wiedersehen - kerstin walker

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Biarritz<br />

<strong>Ein</strong> <strong>Wiedersehen</strong><br />

Wild Campen war früher, vor der Familiengründung. Damals, ohne eigene<br />

Kinder, war man unabhängiger, freier, einfach wilder. Kerstin Walker<br />

hat sich auf die Spuren ihrer Jugend begeben, zusammen mit Mann und<br />

Kind besuchte sie das Surferparadies im französischen Baskenland. Und<br />

sie beweist, dass man auch mit Familie das Gefühl von Unabhängigkeit<br />

und Freiheit bewahren kann. <strong>Ein</strong> Reisebericht<br />

Text: Kerstin Walker / Fotos: Sven Laabs und Kerstin Walker<br />

Luna<br />

1<br />

„Dormir à la plage, Mademoiselles,<br />

c’est interdit!“ schnauzte der Blauuniformierte<br />

mit dem Gummiknüppel<br />

und machte eine entsprechende<br />

Handbewegung, um uns vom Biarritzer<br />

Stadtstrand zu vertreiben. Beim Aufwachen<br />

in jenem Sommer vor 15<br />

Jahren blickten wir dem grimmigen<br />

Gendarmen mitten ins Gesicht. Wie<br />

lästige Vagabunden scheuchte er meine<br />

Freundinnen und mich von diesem<br />

magischen Platz, an dem wir übernachtet<br />

hatten. Wir rollten unsere Schlafsäcke auf, schulterten die<br />

Tramp-Rucksäcke und suchten das Weite.<br />

Ausgerechnet unter der Promenade, vor dem imposanten Art<br />

Déco Casino der Baskenstadt Biarritz, hatten wir drei damals<br />

unser Nachtlager aufgeschlagen. Noch heute erinnere ich ein<br />

aufregendes Gefühl, wie man es nur als Teenager spüren konnte.<br />

Der erste Urlaubstrip alleine, Ferien Marke „Liberté toujours“!<br />

<strong>Ein</strong>en ganzen Monat lang durchkämmten wir per<br />

Interrail den Norden Frankreichs und Spaniens. Die Freiheit<br />

hatten wir durch diese Art zu Reisen ständig im Gepäck.<br />

Wellenreiter auf dem Dach<br />

„Am Strand habt ihr geschlafen?“, will meine Tochter Skye<br />

wissen, als wir unsere Reisevorbereitungen für den Sommerurlaub<br />

in Biarritz treffen. „Das wäre mir aber viel zu gruselig!“,<br />

tönt die Sechsjährige, als mein Mann Sven und ich<br />

Mit Luna um die Welt<br />

Meerblick aus dem Busfenster: Der Blick vom Campingplatz<br />

Interplages auf den Atlantik und die spanische Grenze<br />

kleines Bild: Kerstin Walker und ihre Freundinnen auf dem<br />

Interrail-Trip vor 15 Jahren<br />

Bild oben: Der Plage De Cavaliers<br />

“Vor 15 Jahren haben<br />

meine Freundinnen<br />

und ich schon<br />

hier gesessen und die<br />

surfenden Beaus<br />

in der Brandung<br />

bewundert„<br />

Luna<br />

2<br />

Für Skye ein Paradies: Dieses Land, in dem die köstlichen<br />

Baguettes fast ebenso so lang sind wie sie selbst<br />

diverse Wellenreiter auf das Dach unseres<br />

ausgebauten VW-Bus laden. „Mir<br />

auch,“ denke ich insgeheim, denn dass<br />

ich inzwischen Mutter bin hat Nebenwirkungen<br />

– vor allem auf Reisen. Wir<br />

gehen lieber auf Nummer sicher und<br />

übernachten auf dem Campingplatz –<br />

die wilden Zeiten sind eben irgendwann<br />

vorbei.<br />

Der Campingplatz Interplages erweist<br />

sich da als erster Treffer. Zwischen<br />

Biarritz und Saint Jean De Luz gelegen,<br />

klammert er sich an die Steilküste wie Miesmuscheln an eine<br />

Mole. „Mama, beim <strong>Ein</strong>schlafen sehe ich das Meer“, murmelt<br />

Skye am ersten Abend. <strong>Ein</strong>e Drei-Sterne-Location – mit Blick<br />

auf den Atlantik und blau blühenden Clematis, die am geweißelten<br />

Klohäuschen hinaufranken. Mit Duschen, die so sauber<br />

sind, dass man sogar sein Baby auf den Kacheln sitzen lässt.<br />

Skye ist am nächsten Morgen schon um sieben Uhr putz<br />

munter. Dank ihr sind wir live dabei, als die Côte de Basque<br />

aus ihrem Dämmerschlaf erwacht. Und während das alte Saint<br />

Jean De Luz im Westen seine Küstenstraße wie eine dekadente<br />

Strasskette aufblitzen lässt, wird es im Osten über Biarritz<br />

bereits hell.<br />

Zeit für alle Surfbegeisterten Globetrotter, um mit den ersten<br />

Sonnenstrahlen aufs Brett zu gehen. Wir verweilen noch in<br />

unserem Bus, bis der unverwechselbare Duft des Frühstücks<br />

um unsere Nasen zieht – der herbe Geruch von Pinien am


Meer mischt sich mit einer satten Note<br />

schwarzem Espresso.<br />

Unabhängigkeit an Bord<br />

Wenn wir später am Tag die gewundene<br />

Basken-Küste entlang zockeln, ist die<br />

Unabhängig mit an Bord. Da ist es wieder,<br />

das aufregende Gefühl von damals.<br />

Mehrmals am Tag den Ort wechseln zu<br />

können, um etwas völlig unterschiedliches<br />

zu unternehmen, ist eben auch<br />

eine ganz besondere Form von Freiheit.<br />

Und das ist das Beste am Busnomadenleben<br />

mit Familie. Zum Surfen<br />

steuern wir den Plage De Cavaliers an,<br />

ganz im Norden von Biarritz. Er gehört<br />

zu einem dieser Strände, wo aus perfekten<br />

Wellen schnell kochendes Hexenwasser wird – und Baden,<br />

ja manchmal sogar Wellenreiten – dann unmöglich wird.<br />

Weniger aufgewühlt ist das Meer am Strand von La Grotte,<br />

einem kleinen Kiesstreifen, am Fuße der Steilküste. Oder am<br />

Plage Côte de Basque, dem roten Biarritzer Stadtstrand, dort<br />

spannen wir zum Mittagessen das Sonnen-Tarpe auf. „Wo ist<br />

mein Boogiebard“, höre ich noch. Dann sind Mann und<br />

Tochter auf und davon, zum Wellen reiten. Vor 15 Jahren<br />

haben meine Freundinnen und ich schon hier gesessen und<br />

die surfenden Beaus in der Brandung bewundert – es kommt<br />

mir so vor, als wäre es gestern gewesen.<br />

Mit Luna um die Welt<br />

Nach dem Surfen wird noch eine Weile<br />

sinnierend auf das Meer geschaut<br />

“An manchen Tagen<br />

können die Wellen eine<br />

Höhe von bis zu acht<br />

Metern erreichen.<br />

‚Belharas’ werden diese<br />

mächtigen Wände aus<br />

Wasser ehrfürchtig<br />

genannt, und<br />

nur wenige wagen es,<br />

sie zu surfen.„<br />

Luna<br />

3<br />

Atlantische Wellness mit Frischeeffekt:<br />

Kiespackung im Haar<br />

Erst spät am Nachmittag brechen wir<br />

auf, um uns in Saint Jean De Luz auf<br />

die Suche nach einem Eis und einer<br />

echten Baskenmütze für Skye<br />

zu machen. Zum Sonnenuntergang<br />

zischen die Crevetten auf dem Grill<br />

und wir sind längst wieder auf dem<br />

Camping Interplages.<br />

Die französische Atlantikküste um<br />

Biarritz wurde wegen ihrer regelmäßig<br />

eintreffenden Wellen, dem so genannten<br />

Swell, zum Surfereldorado und<br />

damit weltberühmt. Ausgelöst hat den<br />

Surftrend an der Côte de Basque übrigens<br />

ein Amerikaner, Peter Viertel, der<br />

bekannt für seine Hemingway-Verfilmung<br />

von „Der alte Mann und das<br />

Meer“ und einige Hitchcock-Streifen ist. Mit seinem Longboard<br />

ritt er bereits in den 50ern die Brecher bis an den Strand<br />

und die Basken standen stumm und staunten. An manchen<br />

Tagen können die Wellen eine Höhe von bis zu acht Metern<br />

erreichen. ‚Belharas’ werden diese mächtigen Wände aus<br />

Wasser ehrfürchtig genannt, und nur wenige wagen es, sie zu<br />

surfen.<br />

Promispuren am Strand<br />

Auch zwei VIPs aus längst vergangenen Zeiten hinterließen<br />

ihre Spuren an der Côte de Basque: Ludwig XIV., bekannt als<br />

An der Cote lüften in der südlichen Sonne<br />

Wetsuits der Surfer<br />

Erste Surfrunde noch vor dem Frühstück<br />

Frankreichs schillernder Sonnenkönig, feierte in der prächtigen<br />

Kathedrale von Saint Jean De Luz seine Hochzeit mit<br />

Maria Theresia von Spanien. Für den politischen Frieden mit<br />

den Nachbarn im Westen gab er gleich ein sechs Tage andauerndes<br />

Fest – klar, dass für einen solch prunkvollen Anlass die<br />

passende Kulisse geschaffen werden musste. Die gesamte<br />

Altstadt wurde generalüberholt und noch heute leuchten in<br />

den Kopfstein-Gassen schmucke Häuser, mit roten Fachwerkgiebeln<br />

auf geweißelten Mauern. Edle Goldschmieden,<br />

Pâtisserien und noble Boutiquen reihen sich hier aneinander,<br />

überhaupt hat diese Stadt ihren ganz besonderen Charme:<br />

Vor dem Grand Hotel aus der Jahrhundertwende, ganz am<br />

Anfang der Bucht, ziehen mit Geschmeide behängte<br />

Badekappenträgerinnen ihre Bahnen. <strong>Ein</strong>e mächtige Mauer<br />

trennt die Bucht von Saint Jean De Luz vom stürmischen<br />

Atlantik und keine einzige Welle schwappt an diesen ruhigen<br />

kleinen Streifen Sand.<br />

Und selbst Napoleon III. kam – wenn auch ein paar hundert<br />

Jahre später – fast jeden Sommer an die Küste. Von ihrer<br />

rauen Schönheit angetan, baute er seiner Kaiserin Eugénie im<br />

ehemaligen Seebad Biarritz gleich einen ganzen Palast, das<br />

heutige Hotel du Palais. Mit verschwenderisch ausgestatteten<br />

Suiten und gesalzenen Preisen noch immer die beste Adresse<br />

am Ort. Inmitten der verwinkelten Altstadt thront es, gleich<br />

oberhalb des Casinos. Diesem Spiele-Tempel aus der Zeit des<br />

Art Déco, der nur noch einmal im Jahr zum Schauplatz des<br />

Geschehens mutiert, denn seine glamourösen Zeiten sind<br />

längst vorbei. Im Januar zieht es heute statt ehemals illustrer<br />

Luna<br />

4<br />

Stammgäste wie Rita Hayworth, Frank Sinatra und Edith Piaf<br />

die Stars und Sternchen aus der europäischen Filmbranche ins<br />

Casino: Beim Internationalen TV-Festival FIPA feiert sich die<br />

Branche, doch jetzt im Sommer ist von diesem Trubel nichts<br />

zu spüren.<br />

Schokolade zum Abschied<br />

Sven, Skye und ich schlendern noch einmal auf der<br />

Promenade am Casino auf und ab – der größte Teil der Bucht<br />

verschwindet seit ein paar Stunden im nebligen Grau und die<br />

Gischt spritzt rauf bis auf den Weg. Auch den Spaziergängern<br />

mit ihren frisch frisierten Pudeln genügt heute ein<br />

Blitzabstecher an den Strand. Uns aber scheint dieses Wetter<br />

für den Abschied gerade passend. Im Musée du Chocolat von<br />

Biarritz kaufen wir drei Tafeln handgeschöpfte Schokolade.<br />

Für die lange Heimfahrt. Und zur Rocher de la Vierge möchte<br />

Skye noch einmal. Die weiße Jungfrauenstatue draußen auf<br />

ihrem Felsen im Meer ist nur über eine kleine Brücke erreichbar.<br />

Bei gutem Wetter hocken hier auch die Maler mit ihren<br />

Ständen voller Bilder. Die kleinen Leinwandgemälde mit<br />

Stier-Motiven oder roten Mohnblüten in Öl verkaufen sie an<br />

die Touristen.<br />

Ich aber muss daran denken, dass es wohl keine 15 Jahre mehr<br />

dauern wird, bis auch Skye ihre Freiheit entdeckt. Ob sie dann<br />

auch eines Tages an einem Strand wie diesem aufwacht? „Bien<br />

sur!“ Doch bis dahin ist es zum Glück ja noch eine Weile hin.


1.<br />

2.<br />

Bild oben: Im Zentrum von Biarritz liegt der Plage<br />

du 2. Port Vieux, hier sonnt sich die Créme de la<br />

Créme des Baskenstädtchens<br />

Bild unten: Mit Skye suche ich eine Postkarte aus<br />

für meine Freundinnen von früher<br />

Biarritzinfo<br />

FAMILIENTIPPS FÜR BIARRITZ<br />

Musée du Chocolat, 14, Avenue Beau Rivage.<br />

64200 Biarritz. Tel. 00 33 (0) 5 59 41 54 64<br />

Hier wird die Schokolade handgeschöpft, Kinder dürfen nach<br />

Herzenslust probieren und erfahren alles über die Geschichte<br />

der Schokolade.<br />

Pâtisserie Miremont, Ibis, Place Georges Clemenceau,<br />

64200 Biarritz, Tel. 00 33 (0) 5 59 24 01 38<br />

Die besten Târte au Citron an der gesamten Baskenküste!<br />

Das Musée De La Mer, Esplanade du Rocher de la Vierge,<br />

64200 Biarritz, Tel. 00 33 (0) 5 59 22 75 40;<br />

www.museedelamer.com<br />

Tägliche Seehundfütterung, zu sehen gibt es tolle<br />

Schiffsmodelle und riesige Skelette der großen Meeressäuger,<br />

sowie Fische und sogar Seeanemonen<br />

Die große Cathedrale von Biarritz ist an heißen Tagen ein<br />

wunderschöner Ort, um einige Minuten im kühlen gotischen<br />

Gemäuer zu entspannen – das Schöne daran: fast täglich übt<br />

der Organist!<br />

Rocher de la Vierge – vom Jungfrauenfelsen im Meer blickt<br />

man zurück auf Biarritz und die Küste - ein toller Anblick!<br />

3.<br />

4.<br />

Mit Luna um die Welt<br />

Bild oben: Rocher de la Vierge: Maler säumen den<br />

Weg an der Brücke<br />

Bild unten: Der Jungfraunefelsen liegt auf einem<br />

Riff in der Nähe des Fischerhafens<br />

Luna<br />

5<br />

5.<br />

In der Altstadt von Saint Jean De Luz werden wir endlich<br />

fündig: eine echte Baskenmütze aus feinster Wolle<br />

DIE SCHÖNSTEN CAMPINGPLÄTZE AN DER KÜSTE UM BIARRITZ<br />

Biarritz Camping, 28, rue Harcet, 64200 Biarritz, Tel. 00 33 (0) 5<br />

59 23 00 12; www.biarritz-camping.fr<br />

Direkt am Meer gelegen, Schwimmbad für Kinder!<br />

Camping de Biarritz Parme, 2 allée Etchécopar 64600 Anglet,<br />

Tel. 00 33 (0) 5 59 23 03 00; www.campingdeparme.com<br />

30 Minuten vor der Spanischen Grenze, in einem Pinienwald<br />

gelegen mit tollem Spielplatz und einem Pool für Kinder!<br />

Kinder Miniclub im Sommer täglich. Animation/Sport auch für<br />

Erwachsene, wie Aqua Gym, Beach-Volleyball.<br />

Camping Playa Acotz: 64500 Saint Jean De Luz, Tel./Fax. 00 33<br />

(0) 5 59 26 55 85; www.camping-playa.com<br />

Am Steilhang gelegene romantische Campinglocation, man<br />

schläft mit Meerblick!<br />

Camping Caravaning Interplages Acotz, 64500 St Jean De<br />

Luz, Tel. 00 33 (0) 5 59 26 56 94; www.campinginterplages.com<br />

Mit kleinem, beheizten Kinderpool und einem süßen<br />

Spielplatz, ein kleiner Weg führt direkt zum Strand.<br />

Chambre d`hotes und Gites de France<br />

Diese Häuser sind Bed & Breakfast Locations, fast immer in<br />

malerischer und ganz besonderer Umgebung gelegen. Häufig<br />

befinden sie sich in edlen Landhäusern, Farmhäusern oder in<br />

kleinen Schlössern, zu buchen mit und ohne Frühstück und<br />

Abendessen.<br />

www.chambresdhotes.org<br />

www.villavaureal.com<br />

www.gites-de-france.com

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