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Predigt zu Markus 6,45-51 - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg

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Seefahrergottesdienst<br />

28. August 2011, Voslapp St. Mart<strong>in</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Auf dem Weg <strong>zu</strong>m Zukunftskongress 2012<br />

<strong>Predigt</strong>text <strong>Markus</strong> 6,<strong>45</strong>-<strong>51</strong><br />

Bischof Jan Janssen, 28.08.2011<br />

<strong>Ev</strong>.-<strong>Luth</strong>. <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> <strong>Oldenburg</strong><br />

Jesus trieb se<strong>in</strong>e Jünger, <strong>in</strong> das Boot <strong>zu</strong> steigen und vor ihm h<strong>in</strong>über<strong>zu</strong>fahren nach Betsaida,<br />

bis er das Volk gehen ließe. Und als er sie fortgeschickt hatte, g<strong>in</strong>g er h<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>en Berg, um<br />

<strong>zu</strong> beten. Und am Abend war das Boot mitten auf dem See und Jesus auf dem Land alle<strong>in</strong>.<br />

Und er sah, dass sie sich abplagten beim Rudern, denn der W<strong>in</strong>d stand ihnen entgegen. Um<br />

die vierte Nachtwache kam er <strong>zu</strong> ihnen und g<strong>in</strong>g auf dem See und wollte an ihnen<br />

vorübergehen. Und als sie ihn sahen auf dem See gehen, me<strong>in</strong>ten sie, es wäre e<strong>in</strong> Gespenst,<br />

und schrien; denn sie sahen ihn alle und erschraken. Aber sogleich redete er mit ihnen und<br />

sprach <strong>zu</strong> ihnen: Seid getrost, ich b<strong>in</strong>'s; fürchtet euch nicht!, und trat <strong>zu</strong> ihnen <strong>in</strong>s Boot, und<br />

der W<strong>in</strong>d legte sich.<br />

<strong>Predigt</strong> <strong>zu</strong> <strong>Markus</strong> 6,<strong>45</strong>-<strong>51</strong> (mit dem Fundstück e<strong>in</strong>es angespülten Ruders)<br />

I.<br />

Liebe Schwestern und Brüder,<br />

De<strong>in</strong> Weg g<strong>in</strong>g durch das Meer, doch niemand sah de<strong>in</strong>e Spur (Ps 77,20).<br />

So betet Gottes Volk Israel im Psalm und er<strong>in</strong>nert sich damit an den Durch<strong>zu</strong>g durch das<br />

Schilfmeer. Doch das ist auch e<strong>in</strong> poetisches Bild – es er<strong>in</strong>nert uns natürlich an unseren<br />

letzten Strandspaziergang:<br />

De<strong>in</strong> Weg g<strong>in</strong>g durch das Meer, doch niemand sah de<strong>in</strong>e Spur.<br />

Am Meer gehen wir mit den Füßen durch die Wellen, schauen <strong>zu</strong>rück und sehen, wie die Spur<br />

im Sand schon bald wieder im Wasser verschw<strong>in</strong>det. Und doch bleibt ja unser Weg durch die<br />

Wellen e<strong>in</strong>e gute, spürbare, sogar wohltuende Erfahrung.<br />

Spuren von Gefahr und Rettung im Leben gibt es sichtbar und unsichtbar, <strong>zu</strong> oft gehen sie uns<br />

unter. Sie dann trotzdem <strong>zu</strong> f<strong>in</strong>den und <strong>zu</strong> erkennen, ist dann wiederum noch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />

Wunder Gottes. So e<strong>in</strong>e sichtbare Spur fand ich im Juli angespült: Auf den ersten Blick …<br />

irgende<strong>in</strong> Stück Holz, e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> Stock oder vielleicht e<strong>in</strong> Brett … von nahem e<strong>in</strong> deutlich<br />

erkennbarer Griff … und hier e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>g aus Kunststoff … und dann dieser Rest …, da zeigt<br />

sich dann ganz klar – es ist tatsächlich e<strong>in</strong> altes Ruderblatt.<br />

Und hier, e<strong>in</strong> paar Buchstaben: LAHNA KOKKOLA FINLAND. Ja, so e<strong>in</strong> Fundstück, so e<strong>in</strong>e<br />

Spur an der Nordsee kann gewiss manche Geschichte erzählen, Geschichten nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

gleich von Gefahr und Rettung, aber vielleicht doch von der Mühe des Ruderns oder vom<br />

Verlust e<strong>in</strong>es Handwerkszeugs, von sportlicher Leistung oder siegreicher Freude.<br />

Später las ich nach, dieses Ruder ist Boots<strong>zu</strong>behör aus e<strong>in</strong>er f<strong>in</strong>nischen Hafenstadt, Kokkola<br />

eben. Und: so unbrauchbar solch e<strong>in</strong> Ruder ohne Blatt <strong>zu</strong> se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, es hat mich doch auf<br />

die Spur gebracht <strong>zu</strong>r Geschichte, die die Jünger mit Jesus erlebten.<br />

II.<br />

Denn im <strong>Ev</strong>angelium hören wir von Erfahrungen mit Jesus, die unserer <strong>Kirche</strong> ganz vertraut<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de wie Voslapp und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet wie der Seemannsmission, zwischen<br />

Alltag und Atempause, zwischen Ferienfreuden und Frustverarbeitung, zwischen den Lasten<br />

und der Lust des Lebens:<br />

1


Die Jünger s<strong>in</strong>d im Boot auf ihrem Weg, mitten auf dem See. Und Jesus ist alle<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em<br />

Berg, um <strong>zu</strong> beten. So beg<strong>in</strong>nt diese Momentaufnahme der Bibel. Beachten wir die<br />

E<strong>in</strong>zelheiten, die hier extra für uns festgehalten s<strong>in</strong>d: kurz <strong>zu</strong>vor ist die große Geme<strong>in</strong>de noch<br />

richtig satt geworden, hatte <strong>zu</strong> 5000 Mann Brot und Fisch gespeist, 12 Körbe voll waren sogar<br />

übrig!<br />

Jetzt heißt es: Jesus trieb se<strong>in</strong>e Jünger <strong>in</strong>s Boot, ja, Jesus nötigt se<strong>in</strong>e Leute, sich auf den Weg<br />

<strong>zu</strong> machen – und es geht h<strong>in</strong>über <strong>zu</strong> neuen Ufern nach Betsaida. Nicht erfahren wir, warum<br />

ausgerechnet Betsaida. Nur, dass es los geht, dass da e<strong>in</strong> konkreter Ort ist, dass da also<br />

Menschen leben, wo es offenbar für die Jünger etwas <strong>zu</strong> tun gibt. Betsaida übersetzt bedeutet<br />

übrigens Fischhausen, naja, e<strong>in</strong> Allerweltsname. So e<strong>in</strong> Fischhausen gibt es auch im<br />

<strong>Oldenburg</strong>er Land (Wangerland), gar nicht weit von hier, und ähnlich wird es se<strong>in</strong> mit<br />

Bockhorn (<strong>Kirche</strong>nkreis Friesland), Hasbergen, Huntlosen (Delmenhorst/ <strong>Oldenburg</strong>er Land,<br />

Hammelwarden (Wesermarsch)!<br />

Schon s<strong>in</strong>d wir mittendr<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem Auftrag und <strong>in</strong> den Fragen, die uns das <strong>Ev</strong>angelium heute<br />

stellt, wenn wir als Geme<strong>in</strong>de hier <strong>in</strong> Voslapp und als Geme<strong>in</strong>schaft der Geme<strong>in</strong>den im<br />

<strong>Oldenburg</strong>er Land und <strong>in</strong> der Seemannsmission unsere <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> der Gegenwart so gestalten<br />

wollen, dass sie Zukunft hat:<br />

III.<br />

Jesu Mitarbeiter auf dem Weg. Und: Jesus betet.<br />

E<strong>in</strong>e Filmkamera könnte helfen, sich die Szene klar <strong>zu</strong> machen, weil sie Details ganz nah<br />

heranzoomen und dann wieder etwas von weitem zeigen kann.<br />

Jesus an Land im Gebet. Die Jünger im Boot bei der Arbeit.<br />

Jesus <strong>in</strong> Großaufnahme: e<strong>in</strong>e Anhöhe oder Düne, Jesus alle<strong>in</strong>, vielleicht kniend, se<strong>in</strong>e Hände<br />

gefaltet, konzentriert, oder auch offen und empfangsbereit.<br />

Die Jünger <strong>in</strong> der Totalen: dunkle Wolken und hohe Wellen, Gegenw<strong>in</strong>d und Gefahr, doch ihr<br />

Handwerk verstehen sie: alle s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Bewegung und packen an, Boot losmachen, aufs Wasser<br />

schieben, aufspr<strong>in</strong>gen, jeder an se<strong>in</strong>en Platz, auf die Bänke, ans Steuer, Riemen <strong>in</strong> die Dollen,<br />

also Ruder e<strong>in</strong>legen, und los geht’s. Jeder bemüht sich, jeder Handgriff sitzt. Mal geht es<br />

unkoord<strong>in</strong>iert, mal f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Rhythmus. Wir sehen fast, wie sich die Rücken beugen und<br />

die Muskeln anspannen. Wir hören gerade<strong>zu</strong> den W<strong>in</strong>d, die Anstrengung der Leute, das<br />

Ächzen des Bootes. Doch Vorsicht vor all<strong>zu</strong> viel Romantik, es braucht mehr S<strong>in</strong>n für Realität<br />

und viel Respekt untere<strong>in</strong>ander. Das gilt auf See ebenso wie <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>den an Land.<br />

Wieder Jesus <strong>in</strong> Großaufnahme: alle<strong>in</strong>, im Gebet. Aber – selbst diese schöne E<strong>in</strong>zelheit wird<br />

erzählt: Jesus betet, ist im Gespräch mit Gott, nah bei Gott – doch Jesus tut das mit offenen<br />

Augen! Ausdrücklich steht da: Und Jesus sah …! Knapp und unsche<strong>in</strong>bar, doch ich f<strong>in</strong>de, e<strong>in</strong><br />

ganz wichtiger Satz <strong>in</strong> der Bibel, auch für uns heute, auf See und <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de:<br />

Jesus sah, dass sie sich abplagten beim Rudern, denn der W<strong>in</strong>d stand ihnen entgegen.<br />

Das gilt auch uns als <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>de und Seemannsmission. Allen E<strong>in</strong>satz von allen<br />

Beteiligten am jeweiligen Platz – Jesus sieht es!<br />

Mal geht es etwas unkoord<strong>in</strong>iert, dann wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em guten, kräftigen Rhythmus, oft genug<br />

gegen den W<strong>in</strong>d und doch mit stetigem Vorwärtskommen. Jesus sah, dass sie sich abplagten<br />

beim Rudern, denn der W<strong>in</strong>d stand ihnen entgegen.<br />

IV.<br />

Mag se<strong>in</strong>, wir glauben im Alltag nicht an Wunder, ja, machen eher Witze darüber – sie wissen<br />

schon: die Ste<strong>in</strong>e im See… Wir sollen aber auch gar nicht auf Wunder warten. Haben die<br />

2


Jünger auch nicht gemacht. Fast hätten wir es überhört: Noch haben sie gar ke<strong>in</strong>e Angst,<br />

wissen sich sogar gut <strong>zu</strong> helfen:<br />

wachsam, geduldig lösen sie sich gegenseitig ab, s<strong>in</strong>d füre<strong>in</strong>ander da, ganz wie die Lichtblicke<br />

es aus der Seemannsmission erzählt haben und wie Sie es im Mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>de kennen: wach und geduldig, e<strong>in</strong>mal, zweimal, dreimal, und <strong>in</strong> der 4.<br />

Nachtwache wird Jesus <strong>zu</strong> ihnen kommen.<br />

Mag auch se<strong>in</strong>, dass wir dann manches erst mal für e<strong>in</strong> Gespenst halten, was sich am Ende<br />

noch als Hilfestellung und Ermutigung Gottes erweisen wird. Wäre denn e<strong>in</strong>e Begegnung Jesu<br />

für uns wirklich ohne e<strong>in</strong>e auch erschreckende Erkenntnis denkbar? S<strong>in</strong>d Lernprozesse und<br />

Veränderungen auf dem Weg <strong>in</strong> die Zukunft, <strong>zu</strong>r nächsten Station, <strong>zu</strong>m Ziel oft nicht sogar<br />

schmerzhaft, gerade wenn wir von vertrauten Ufern ablegen müssen und im Bauch noch e<strong>in</strong><br />

Gefühl des Sattse<strong>in</strong>s so wohlig nachkl<strong>in</strong>gt?<br />

Alles Bemühen wird wahrgenommen und ist kostbar, alle Angst und berechtigte Sorge ist gut<br />

aufgehoben <strong>in</strong> der Gegenwart Jesu, der uns <strong>zu</strong>sagt und handelt:<br />

Seid getrost, ich b<strong>in</strong>'s; fürchtet euch nicht! Und er trat <strong>zu</strong> ihnen <strong>in</strong>s Boot …<br />

Also gilt ke<strong>in</strong> Bangemachen! Sie hier <strong>in</strong> Voslapp und <strong>in</strong> der Seemannsmission haben<br />

erfahrene Leute an Bord. Ke<strong>in</strong>e Sorge vor der Begegnung mit Jesus. Mit ihm im Boot<br />

schw<strong>in</strong>det sogar Zukunftsangst.<br />

Gerade Menschen <strong>in</strong> Wilhelmshaven haben <strong>in</strong> ihrer Geschichte immer wieder viel Abbruch,<br />

Umbruch und tief greifende Neuausrichtungen erlebt. Der neue Hafen stellt seit den ersten<br />

Plänen auch neue Visionen und Fragen <strong>in</strong> den Raum, Chancen und Sorgen. Das wird auch die<br />

Geme<strong>in</strong>schaft als <strong>Kirche</strong> vor Ort verändern und Flexibilität fordern. Geme<strong>in</strong>de wird nicht<br />

mehr nur aus E<strong>in</strong>wohnern am gewohnten Ufer bestehen, sie wird sich auf den Weg machen,<br />

wird mit Menschen auf See und Menschen drüben an fernen Ufern geme<strong>in</strong>sam leben und<br />

arbeiten, wird mit Nachbarn und Gästen und Fremden aus aller Welt <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>em wandernden<br />

Volk Gottes, <strong>zu</strong>sammen <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>er bewegten Geme<strong>in</strong>de.<br />

V.<br />

Das <strong>Ev</strong>angelium, so wundersam es sche<strong>in</strong>t, erzählt aus me<strong>in</strong>er Sicht von drei Stärkungen für<br />

uns als Geme<strong>in</strong>schaft von Christenmenschen auf dem Weg zwischen unserer Herkunft und<br />

unserer Zukunft:<br />

- Gott sendet nicht nur Abraham, er führt auch uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Land, das ich dir zeigen will<br />

(Losung des Zukunftskongresses 2012 aus Gen 12,3)<br />

- Gott hat all unser Bemühen und Anpacken auf dem Weg im Blick und ist bei Gegenw<strong>in</strong>d mit<br />

im Boot.<br />

- Gott begegnet uns überraschend, ja, erschreckend, und führt uns selbst wieder <strong>in</strong> ruhiges<br />

Fahrwasser.<br />

Da<strong>zu</strong> brauchen wir auch – wie im Boot der Jünger – jede Hand, die mit anpackt, <strong>in</strong> der<br />

Seemannsmission und <strong>in</strong> Voslapp als Teile der <strong>Kirche</strong> im <strong>Oldenburg</strong>er Land, die sich beim<br />

Zukunftskongress 2012 über ihren weiteren Weg geme<strong>in</strong>sam verständigen will. Ich setze auf<br />

Ihre Erfahrung und ihre Beteiligung.<br />

Psalmbeter und <strong>Ev</strong>angelium rufen uns auf dem Weg dorth<strong>in</strong> die guten Erfahrungen im Volk<br />

Gottes <strong>zu</strong>: De<strong>in</strong> Weg g<strong>in</strong>g durch das Meer … doch niemand sah de<strong>in</strong>e Spur.<br />

Und die Zusage Jesu, wenn wir mit unserem etwas begrenzten Blick wieder mal Gespenster<br />

sehen: Seid getrost, ich b<strong>in</strong>'s; fürchtet euch nicht! Amen<br />

3

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