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Symmetrie und Ornamentik

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Technische Universität Darmstadt<br />

Fachbereich Mathematik<br />

Wissenschaftliche Hausarbeit zum<br />

Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien<br />

<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong><br />

Claus Rohrbach<br />

Betreuer: Prof. Dr. phil. nat. Gunter Stein<br />

Riedstadt, November 1998


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 2<br />

Vorwort<br />

In der Vorbereitungsphase zu dieser Staatsexamensarbeit besuchte ich die H<strong>und</strong>ertwasser-<br />

Ausstellung in Darmstadt auf der Mathildenhöhe. Hier mußte ich feststellen, daß nicht alle<br />

Menschen von symmetrischen Figuren <strong>und</strong> Gebilden gleichermaßen fasziniert sind. Der<br />

Künstler H<strong>und</strong>ertwasser verbindet (ganz im Gegensatz zu mir) mit dem Begriff der<br />

<strong>Symmetrie</strong> eher negative Eigenschaften. Für ihn ist die <strong>Symmetrie</strong> starr <strong>und</strong> zu wenig<br />

lebendig. Nach seiner Ansicht macht sie geradezu krank.<br />

Vielleicht hat gerade diese gegensätzliche Ansicht von <strong>Symmetrie</strong> mein Interesse geweckt, sie<br />

genauer zu untersuchen, um ihrer Faszination auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen. Es fing mit dem<br />

Interesse an Kirchenfenstern an <strong>und</strong> vertiefte sich unter anderem in Ornamenten <strong>und</strong> Parketts.<br />

Während eines Aufenthaltes auf Zypern wurde mir die Allgegenwärtigkeit von <strong>Symmetrie</strong><br />

verdeutlicht, da sie in der 10.000 Jahre alten zypriotischen Kultur immer wieder zu<br />

Verzierungszwecken benutzt wurde. Während der Anfertigung dieser Arbeit ist mir bewußt<br />

geworden, wie vielfältig sich <strong>Symmetrie</strong> äußern kann, <strong>und</strong> deshalb kann hier nur ein kleiner<br />

Einblick in ein großes <strong>und</strong> interessantes Gebiet der Mathematik gewährt werden.<br />

Ich möchte mich bei Herrn Prof. Dr. phil. nat. Gunter Stein für seine Hilfen, Anregungen <strong>und</strong><br />

Betreuung vor <strong>und</strong> während der Ausarbeitung der Staatsexamensarbeit bedanken.<br />

Mein Dank gilt auch meinen Eltern, die mir durch ihre Unterstützung das Studium erst<br />

ermöglichten.<br />

Danken möchte ich auch meinem Bruder Bernd, der mir in allen technischen Fragen <strong>und</strong><br />

Problemen sofort mit Rat <strong>und</strong> Tat zur Seite stand.<br />

Weiterhin möchte ich mich bei allen Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Bekannten für die entgegengebrachte<br />

Rücksichtnahme bedanken. Während der Anfertigung dieser Arbeit habe ich leider sehr lange<br />

nichts von mir hören lassen.<br />

Ganz besonders möchte ich mich bei meiner Fre<strong>und</strong>in Katharina bedanken, die mir durch ihre<br />

Liebe, Ruhe <strong>und</strong> Gelassenheit immer wieder neuen Mut <strong>und</strong> Kraft gegeben hat.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 3<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung 4<br />

2. Bewegungen 11<br />

2.1. Translationen 12<br />

2.2. Drehungen 12<br />

2.3. Spiegelungen 14<br />

2.4. Gleitspiegelungen 16<br />

2.5. Beschreibung bezüglich einer Orthonormalbasis 16<br />

3. Gruppe der Kongruenzabbildungen 18<br />

3.1. Die Erzeugenden der Gruppe K 18<br />

3.2. Eigentliche Bewegungen 19<br />

4. Punktgruppen 25<br />

4.1. Zyklische Gruppen 25<br />

4.2. Diedergruppen 27<br />

4.3. Klassifizierung von Autofelgen 32<br />

5. Friesgruppen 34<br />

6. Ornamentgruppen 41<br />

6.1. Kristallographische Restriktion 44<br />

7. Homöometrie 62<br />

8. Zweiseitige Fries- <strong>und</strong> Flächenornamente 63<br />

9. Die <strong>Symmetrie</strong> in der Kristallographie 64<br />

10. Parkettierung der euklidischen Ebene 65<br />

10.1. Laves-Netze 66<br />

10.2. Die 93 Klassen regulärer Parkettierungen 76<br />

11. Parkettierungen in der Kristallographie 87<br />

12. Hyperbolische Ornamente 91<br />

12.1. Spiegelung am Kreis 93<br />

12.1.1. Eigenschaften der Funktion z → 1/z 94<br />

12.2. Die Spiegelungsgruppe 101<br />

12.3. Hyperbolische Parkettierung 102<br />

12.4. Drehgruppen der hyperbolischen Geometrie 106<br />

13. <strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> ihre Anwendung 107<br />

14. Palindrome 111<br />

15. Ausblick 113<br />

16. Abbildungsnachweis 115<br />

17. Literaturverzeichnis 117<br />

18. Symbolverzeichnis 120<br />

19. Anhang 121<br />

Versicherung 129


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 4<br />

1. Einleitung<br />

Da der <strong>Symmetrie</strong>begriff in dieser Arbeit eine zentrale Stellung einnehmen wird, möchte ich<br />

auf die verschiedenen Sichtweisen von <strong>Symmetrie</strong> eingehen. Die Behandlung des Begriffs<br />

<strong>Symmetrie</strong> soll in diesem Kapitel nicht auf mathematisch - wissenschaftliche Weise<br />

geschehen.<br />

Wenn man in verschiedenen Lexika nach einer Begriffsbestimmung für <strong>Symmetrie</strong> sucht, so<br />

merkt man schnell, daß der Begriff <strong>Symmetrie</strong> mit einer Vielzahl unterschiedlicher Begriffe<br />

in Verbindung gebracht wird. So werden Beziehungen wie Anordnung, Ebenmaß, Ganzheit,<br />

Gleichheit, Harmonie, Nichtunterscheidbarkeit, Regelmäßigkeit, Spiegelung, Übereinstimmung<br />

<strong>und</strong> Zuordnung zur <strong>Symmetrie</strong> hergestellt. Um nun eine allgemeingültige<br />

Definition für den Begriff der <strong>Symmetrie</strong> zu erarbeiten, ist es unerläßlich, die<br />

Entstehungsgeschichte dieses Wortes zu verfolgen.<br />

Die Herkunft des Wortes <strong>Symmetrie</strong> ist in der altgriechischen Sprache zu finden. Dieses Wort<br />

setzt sich aus den zwei Teilen σνµ σνµ σνµ <strong>und</strong> µετρον µετρον zusammen. Der erste Teil bedeutet „mit“ <strong>und</strong><br />

dem zweiten Teil kommt die Bedeutung „allgemeines Maß“ zu. <strong>Symmetrie</strong> heißt demnach,<br />

„mit einem gemeinsamen Maß“ 1 ausgestattet zu sein. Im Altertum wird durch ein Werk über<br />

die Proportionen von Polyklet (um 500 v. Chr.) der Begriff Schönheit in einem gewissen<br />

Grade mit <strong>Symmetrie</strong> verb<strong>und</strong>en. Der griechische Philosoph Aristoteles <strong>und</strong> sein Lehrer Plato<br />

(um 400 v. Chr.) zählen zu den drei Hauptformen der Schönheit die Ordnung, die <strong>Symmetrie</strong><br />

<strong>und</strong> die Bestimmtheit.<br />

Um eine geeignete Begriffsdefinition von <strong>Symmetrie</strong> zu finden, ist es sinnvoll, den Begriff<br />

durch Merkmale zu kennzeichnen, die sich aus Aussagen über den Begriff ableiten lassen.<br />

Zuvor soll an verschiedenen Beispielen aufgezeigt werden, wie vielfältig <strong>und</strong> vielschichtig<br />

der Begriff der <strong>Symmetrie</strong> verwendet wird.<br />

Abbildung 1: <strong>Symmetrie</strong> in der Architektur des alten Theaters in Darmstadt<br />

1 Zitat aus: Flachsmeyer, J.: Mathematik <strong>und</strong> ornamentale Kunstformen / S. 5.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 5<br />

Beispielsweise wird der Begriff in der Kunsttheorie <strong>und</strong> der Architektur verwendet (vgl.<br />

Abb. 1). „Dieser Reiz der <strong>Symmetrie</strong> ist so allgemein verbreitet, daß Architekten in aller Welt<br />

sich diesem Streben in fast allen Baustilen gefügt haben.“ 2 Ebenso werden Verzierungen<br />

jeglicher Art in der Kunst untersucht, die einem symmetrischen Aufbau zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />

Aber auch in der Musikwissenschaft wird von einem symmetrischen Aufbau gesprochen, der<br />

als Gr<strong>und</strong>lage für die Form dient. So hat zum Beispiel der Musikwissenschaftler W. Graeser<br />

eine Musiktheorie entworfen, die auf dem mathematischen Begriff der Gruppe aufbaut. In<br />

seiner Theorie wird jedoch nicht auf den Begriff der <strong>Symmetrie</strong> eingegangen. Am häufigsten<br />

wird der Begriff der <strong>Symmetrie</strong> wahrscheinlich mit der Geometrie verb<strong>und</strong>en, da dieser<br />

Zusammenhang in der Schule am ehesten gelehrt wird. So wird beispielsweise das Muster<br />

einer Schneeflocke (vgl. Abb. 2) untersucht, das gegenüber 60° Drehungen unverändert<br />

erscheint.<br />

Abbildung 2: Die Formen der Schneeflocken können sehr unterschiedlich<br />

sein, aber sie besitzen alle eine sechszählige Drehachse.<br />

<strong>Symmetrie</strong> ist auch bei physikalischen Phänomenen zu beobachten. Wenn man z. B. bei zwei<br />

gegensätzlich geladenen Teilchen das Vorzeichen der Ladung ändert, so ändert sich nichts an<br />

dem elektrischen Feld <strong>und</strong> den Kräften zwischen den Teilchen. Ebenso wird auch in der<br />

Chemie die <strong>Symmetrie</strong> betrachtet. Dies geschieht beispielsweise bei der Untersuchung eines<br />

Kristalls. Bei Kristallen kann nämlich ein periodischer Aufbau des räumlichen Gitters<br />

beobachtet werden. In der Biologie finden sich wiederum Evolutionsprozesse, bei denen sich<br />

Proteinmoleküle in symmetrischer Weise verändern. Die Soziologie beschäftigt sich mit<br />

sozialen Einstellungen von Menschen gegenüber ihrer Umwelt. In diesem Zusammenhang<br />

spricht zum Beispiel der Wissenschaftler E. Pankoke auch von sozialer <strong>Symmetrie</strong>, die sich<br />

mit den verschiedensten Entwicklungen gesellschaftlicher Relationen beschäftigt. Die<br />

Literaturwissenschaft bedient sich der <strong>Symmetrie</strong> durch verschiedene Versformen, durch<br />

die sich ein kunstvoll gereimtes Gedicht auszeichnet.<br />

2 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 6.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 6<br />

Nachts: „Wie sanft die Nacht dich zwingt zur Ruh,<br />

Stiller werden des Herzens Schläge;<br />

Die lieben Augen fallen dir zu,<br />

Heimlich nur ist die Sehnsucht rege.<br />

Halbe Worte von süßem Bedeuten<br />

Träumerisch über die Lippen gleiten.“ 3<br />

Es soll noch angemerkt werden, daß heute in der Umgangssprache die Bedeutung der<br />

zweiseitigen oder auch bilateralen <strong>Symmetrie</strong> gebraucht wird. Diese Art der <strong>Symmetrie</strong> ist<br />

beispielsweise in der äußeren Form des menschlichen Körpers mehr oder weniger exakt zu<br />

finden. Durch Spiegelung entlang der vertikalen Körperachse, ist die rechte Körperhälfte in<br />

die linke zu überführen <strong>und</strong> umgekehrt.<br />

Diese relativ enge Fassung des <strong>Symmetrie</strong>begriffs unterscheidet sich vom eher weit gefaßten<br />

Begriff, der durch Begriffe wie Regelmäßigkeit <strong>und</strong> Wiederholung charakterisiert wird. Diese<br />

Charakteristiken finden sich zum Beispiel in den Jahreszeiten Frühjahr, Sommer, Herbst <strong>und</strong><br />

Winter wieder. Durch ihre regelmäßigen Wiederholungen bilden sie den Jahreszyklus, der in<br />

immer gleicher Reihenfolge die vier Jahreszeiten auftreten läßt. Sie sind aber auch in<br />

Tapetenmustern, Ornamenten, Liedern, Gedichten mit bestimmten Versformen <strong>und</strong> vielen<br />

anderen Kunstwerken zu finden.<br />

Der Mathematiker R. Wille versucht, den Begriff etwas zu präzisieren, indem er die<br />

<strong>Symmetrie</strong> als eine Relation der Gleichheit beschreibt. „<strong>Symmetrie</strong> wird in diesem Sinne<br />

überwiegend als Ordnung, Entsprechung <strong>und</strong> Gleichheit verstanden.“ 4 Viele Begriffsbestimmungen<br />

beziehen sich auf ein Ganzes, wobei sich dessen Elemente <strong>und</strong> Teile<br />

ausgewogen <strong>und</strong> harmonisch zueinander verhalten. Somit erhält die Ästhetik den Einzug in<br />

das Umfeld der <strong>Symmetrie</strong>.<br />

Nachdem im vorherigen Abschnitt andeutungsweise gezeigt wurde, in welchen Bereichen<br />

<strong>Symmetrie</strong> zu finden ist, soll nun darauf eingegangen werden, in welcher Art <strong>und</strong> Weise sie<br />

sich zu äußern mag. „<strong>Symmetrie</strong> äußert sich im menschlichen Bewußtsein als Vorstellung<br />

von Gleichheit mit ganzheitsbildender Wirkung.“ 5 Hierbei lassen sich nach Wille zwei<br />

Gr<strong>und</strong>typen der Gleichheit unterscheiden. Charakterisiert werden die unterschiedlichen Typen<br />

durch die Begriffe Entsprechung <strong>und</strong> Zuordnung. Die Entsprechung beschreibt die<br />

3 Zitat aus: Storm, T.: Novellen – Gedichte / S. 428.<br />

4 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 10.<br />

5 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 12.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 7<br />

Beziehungen von Teilen eines Ganzen, während die Zuordnung etwas aktiveren Charakter<br />

erhält, da sie nur durch den menschlichen Gedanken an Bedeutung gewinnt. „Gerade die<br />

Abweichung von der Deckungsgleichheit aktiviert das Denken, sich der gemeinsamen (<strong>und</strong><br />

der unterschiedlichen) Merkmale der zugeordneten Teile zu vergewissern. Wahrscheinlich<br />

trägt diese Aktivität zum intensiveren Erleben der <strong>Symmetrie</strong> bei.“ 6<br />

Da die Verkettung von <strong>Symmetrie</strong>transformationen wieder solche ergeben <strong>und</strong> auch deren<br />

Umkehrabbildungen <strong>Symmetrie</strong>transformationen sind, bilden sie eine Gruppe, die auch die<br />

Abbildung 3: Evariste Galois (1811 – 1832)<br />

Gründer der Gruppentheorie<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe genannt wird. Aber nicht nur die <strong>Symmetrie</strong> hat ihren Reiz. Ebenso können<br />

auch die <strong>Symmetrie</strong>brechung, die Dissymmetrie <strong>und</strong> die Assymmetrie ihre anziehende<br />

Wirkung auf ihren Betrachter ausüben. Es sei somit nur ganz kurz erwähnt, daß durch das<br />

Fehlen von <strong>Symmetrie</strong> die Individualität besonders stark ausgeprägt wird. Dies ist in der<br />

Musik, Kunst <strong>und</strong> Natur zu beobachten. Wenn man zum Beispiel die zwei Gesichtshälften<br />

eines Menschen miteinander vergleicht, so wird der Betrachter feststellen, daß minimale<br />

<strong>Symmetrie</strong>abweichungen existieren. Es würde sogar unnatürlich wirken, wenn die beiden<br />

Gesichtshälften exakt gleich wären. Ebenso finden sich beispielsweise beim Tanzen<br />

gebrochene <strong>Symmetrie</strong>n, welche die individuellen (<strong>und</strong> somit interessanten) Bewegungen<br />

ausmachen.<br />

Der <strong>Symmetrie</strong> kommen aber auch ganz entscheidende Bedeutungen zu. Die <strong>Symmetrie</strong> ist<br />

also nicht nur „nett“ anzusehen, sondern sie erfüllt geradezu bestimmte Zweckmäßigkeiten.<br />

Das Vorhandensein von <strong>Symmetrie</strong> erweckt in jedem Fall die Aufmerksamkeit. Dies wird bei<br />

Verkehrsschildern deutlich, wenn wichtige Verbotszeichen durch ihre symmetrische<br />

Erscheinungsform besonders hervorgehoben werden. Dieser Sachverhalt wird von R. Wille<br />

6 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 13.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 8<br />

durch die folgende Aussage beschrieben: „<strong>Symmetrie</strong> ist für das Wahrnehmen ein<br />

Erkennungs- <strong>und</strong> Orientierungsprinzip.“ 7<br />

Der These „<strong>Symmetrie</strong> ist für das Denken ein Ordnungs- <strong>und</strong> Erkenntnisprinzip“ 8<br />

versuchte beispielsweise der Mathematiker F. Klein in seinem „Erlanger Programm“ von<br />

1872 gerecht zu werden.<br />

Abbildung 4: F. Klein (1849 – 1925)<br />

Hierbei sollte sich die Geometrie auf dem Prinzip der <strong>Symmetrie</strong> begründen. Aufbauend auf<br />

dieser Leitidee werden nach F. Klein die Gesetze der Geometrie durch die <strong>Symmetrie</strong>gruppen<br />

der Bewegungen im Raum bestimmt. Der Begriff der <strong>Symmetrie</strong>gruppe ist sogar von der<br />

Physik übernommen worden, woraus sich die relativistische <strong>Symmetrie</strong>gruppe ableiten läßt.<br />

Sie sollte die Gr<strong>und</strong>lage für die Relativitätstheorie sein. In der Statistik hat man auch das<br />

<strong>Symmetrie</strong>prinzip entdeckt. Es kann nämlich davon ausgegangen werden, daß zwei gleiche<br />

Experimente unter gleichen Bedingungen die gleiche Erfolgswahrscheinlichkeit haben.<br />

Der ökonomische Aspekt einer Handlung wird durch diese These gestützt: „<strong>Symmetrie</strong> ist für<br />

das Handeln ein Zweckmäßigkeits- <strong>und</strong> Gestaltungsprinzip.“ 9 In der Chemie wird die<br />

<strong>Symmetrie</strong>eigenschaft benutzt, um komplexe Berechnungen durchzuführen. Durch eine<br />

gewisse Gleichartigkeit wird die Berechnung entscheidend vereinfacht. <strong>Symmetrie</strong>n werden<br />

auch auf verschiedenste Weise zur Gestaltung <strong>und</strong> Schmückung von Gebrauchsgegenständen<br />

verwendet. In solchen Fällen muß nicht zwangsläufig die Zweckmäßigkeit im Vordergr<strong>und</strong><br />

stehen. Die Verzierungen können auch inhaltliche Bedeutungen vermitteln.<br />

„Als Vollkommenheitsprinzip erfährt <strong>Symmetrie</strong> unterschiedliche Deutungen <strong>und</strong><br />

Wertungen.“ 10 Als Symbol für Vollkommenheit stehen Kreis <strong>und</strong> Kugel. Ihnen kommt<br />

speziell im religiösen Bereich eine bestimmte Bedeutung zu. Durch Kreis <strong>und</strong> Kugel wird die<br />

Allgegenwart von Gott symbolisiert. Dies ist auch in der Kirchenarchitektur zu finden, wo der<br />

Übergang von der Quadrat- zur Kreisfigur vollzogen wird. Symmetrische Bilder werden auch<br />

7 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 18.<br />

8 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 19.<br />

9 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 21.<br />

10 Zitat aus: Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Preprint 985 / S. 23.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 9<br />

zur Meditation herangezogen. Üblich ist dies im buddhistischen <strong>und</strong> taoistischen Kulturkreis,<br />

wo Mandalas eine entscheidende Rolle spielen.<br />

Abbildung 5: In der berühmten Proportionsstudie wird der menschliche<br />

Körper in Beziehung zum Kreis <strong>und</strong> Quadrat gesetzt (der Kreis als<br />

Symbol des Himmels <strong>und</strong> das Quadrat als Symbol der Erde).<br />

Die <strong>Symmetrie</strong> ist auch in einer nahezu unerschöpflichen Vielfalt in der Natur anzutreffen.<br />

Vermutlich ist die Menschheit durch die allgegenwärtige <strong>Symmetrie</strong> in der Natur inspiriert<br />

worden, um tägliche Gegenstände zu verzieren <strong>und</strong> zu schmücken. Ich denke, es gehört zu<br />

den Gr<strong>und</strong>bedürfnissen der Menschheit, ihre Gegenstände <strong>und</strong> Gebäude zu schmücken, da die<br />

symmetrischen Formen in der Natur als ästhetisch, wohltuend <strong>und</strong> harmonisch empf<strong>und</strong>en<br />

werden.<br />

Durch das Streben nach immer neuen <strong>und</strong> aufwendigeren Mustern <strong>und</strong> Schmuckformen gerät<br />

diese Erfindungskunst mehr <strong>und</strong> mehr in die Fänge der Wissenschaft, in der <strong>Symmetrie</strong>-<br />

eigenschaften im Laufe der Zeit systematisch untersucht wurden.<br />

Durch die vielfältigen Faszinationen von <strong>Symmetrie</strong> bin ich inspiriert worden, sie genauer zu<br />

untersuchen. Unter anderem bin ich auch durch die Ausstellung des Künstlers H<strong>und</strong>ertwasser<br />

in Darmstadt auf das Thema aufmerksam geworden, da er in seinen Kunstwerken bewußt auf<br />

das Fehlen von <strong>Symmetrie</strong> geachtet hat. Nach seiner Auffassung ist die „sterile <strong>Symmetrie</strong>“<br />

menschenfeindlich, da sie kein Leben enthält. „ Eine Strenge Befolgung der <strong>Symmetrie</strong> wird<br />

mitunter geradezu als künstlerisch starr empf<strong>und</strong>en“. 11<br />

Um den Begriff der <strong>Symmetrie</strong> vollständig <strong>und</strong> systematisch zu erarbeiten, ist das<br />

Hinzunehmen von mathematischen Werkzeugen unumgänglich.<br />

11 Zitat aus: Flachsmeyer, J.: Mathematik <strong>und</strong> ornamentale Kunstformen / S.8.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 10<br />

In dieser Arbeit wird der Schwerpunkt auf der Behandlung von Ornamenten <strong>und</strong> Parketts<br />

liegen, deren Eigenschaften sich mit Hilfe der Gruppentheorie beschreiben lassen.<br />

Nach einer Einführung in die mathematischen Gr<strong>und</strong>lagen der Isometrie der Ebene <strong>und</strong> der<br />

Gruppentheorie der <strong>Symmetrie</strong> werde ich Punkt-, Fries- <strong>und</strong> Ornamentgruppen behandeln.<br />

Hier nimmt die Kristallographie (Lehre über die Struktur der Kristalle) eine zentrale Stellung<br />

ein. Anschließend werde ich das Parkettierungsproblem sowohl in der euklidischen als auch<br />

in der hyperbolischen Ebene behandeln.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 11<br />

2. Bewegungen<br />

Wir legen der euklidischen Ebene ein kartesisches Koordinatensystem zugr<strong>und</strong>e. Die Punkte<br />

(x1, x2) können wir als Elemente der Ebene mit positiv definitem Skalarprodukt v ⋅ w<br />

interpretieren. Für je zwei Punkte v = (x1, x2) <strong>und</strong> w = (y1, y2) sei der Abstand (engl.<br />

Distance d) zwischen v <strong>und</strong> w gegeben durch:<br />

2<br />

d( v,<br />

w)<br />

= v − w = ( v − w)<br />

⋅ ( v − w)<br />

= ( x1<br />

− y1<br />

) + ( x 2 −<br />

Der Winkel der durch die Vektoren v <strong>und</strong> w eingeschlossen wird, ist durch den Kosinussatz<br />

gegeben:<br />

v − w<br />

2<br />

=<br />

v<br />

Definition 2.1.:<br />

2<br />

+<br />

w<br />

2<br />

− 2 ⋅<br />

v<br />

⋅ w ⋅ cos<br />

( ∠(<br />

v,<br />

w)<br />

)<br />

Es sei E die euklidische Ebene. Eine Abbildung B: E → E mit d(Bv, Bw) = d(v, w) für alle<br />

v, w ∈ E heißt eine Bewegung B von E.<br />

In dieser Arbeit sollen nur Bewegungen B behandelt werden, die eine zum Urbild kongruente<br />

Figur erzeugen. Solche Abbildungen, Transformationen oder auch Bewegungen werden durch<br />

Translationen T, Drehungen D, Spiegelungen S, Gleitspiegelungen GS <strong>und</strong> durch deren<br />

Hintereinanderausführung erzeugt <strong>und</strong> sind allesamt Kongruenzabbildungen. Dies bedeutet,<br />

daß bei dieser Art von Abbildungen die Winkel <strong>und</strong> Längen erhalten bleiben. Zur Erfassung<br />

von Längen- <strong>und</strong> Winkelmaßen dient das Skalarprodukt. Ändert sich das Ergebnis bei der<br />

skalaren Multiplikation zweier Vektoren nicht, falls die Abbildung v → B ⋅ v ausgeübt wird,<br />

so bleiben bei dieser Abbildung die Längen <strong>und</strong> Winkel erhalten. Bei den angeführten<br />

Bewegungen handelt es sich in jedem Fall um eine bijektive Abbildung der Ebene auf sich.<br />

y<br />

2<br />

)<br />

2


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 12<br />

2.1. Translationen<br />

Definition 2.2.:<br />

Eine Transformation T: E → E der Ebene E auf sich heißt genau dann Translation, wenn<br />

für je zwei Punkte P <strong>und</strong> Q die Vektoren PP ´ <strong>und</strong> QQ ´ gleich sind. P´ sei das Bild von P,<br />

sowie Q´ das Bild von Q.<br />

Jede Translation T der Ebene E ist durch einen Vektor v ∈ E gegeben. Zwischen dem<br />

Ortsvektor x eines Punktes in der Ebene <strong>und</strong> dem Ortsvektor x´ des Bildpunktes X´, in den X<br />

von der durch v gegebenen Abbildung überführt wird, besteht die Abbildungsgleichung:<br />

x´ = x + v .<br />

2.2. Drehungen<br />

Definition 2.3.:<br />

Es sei Z ein Punkt der Ebene E <strong>und</strong> α, 180 ° ≤ α ≤180°<br />

, ein orientierter Winkel. Zu jedem<br />

Punkt P ∈ E, P ≠ Z existiert dann ein eindeutiger Punkt P´ derart, daß �Z, P�=�Z, P´� <strong>und</strong><br />

∠ ( PZP´)<br />

= α.<br />

Eine Transformation D: E → E heißt eine Drehung um den Punkt Z mit dem Winkel α,<br />

wenn:<br />

D(Z) = Z <strong>und</strong> D(P) = P´ für alle P ≠ Z.<br />

Eine anschauliche analytische Beschreibung einer Drehung D besteht zunächst aus einer<br />

Drehung um den Koordinatenursprung. Es sei e1, e2 eine Basis der Ebene E, die um den<br />

gleichen Winkel α mitgedreht wird. Dadurch ergibt sich eine neue Basis e1´, e2´.<br />

Bei dieser Wahl hat der Ortsvektor des Bildpunktes X´, bezogen auf die Basis (e1, e2), die<br />

gleichen Koordinaten wie der Ortsvektor x bezogen auf die Basis (e1´, e2´). Die Basis (e1´, e2´)<br />

läßt sich als Linearkombination der Basis (e1, e2) darstellen.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 13<br />

Abbildung 6: Koordinatentransformation bei einer Drehung<br />

Anhand der Abbildung 6 können wir uns mit Hilfe der Trigonometrie überlegen, daß die neue<br />

Basis folgende Gestalt hat:<br />

�cos(<br />

α)<br />

�<br />

1 = �� �� <strong>und</strong><br />

� sin( α)<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�−<br />

sin( α)<br />

�<br />

e = ��<br />

� cos( α)<br />

�<br />

´<br />

2<br />

e ´<br />

D ist eine Drehung um den Ursprung O mit dem Winkel α von e1 nach e2 gemessen. Die<br />

Abbildungsmatrix D für eine Drehung hat die folgende Gestalt:<br />

�cos(<br />

α)<br />

D = ��<br />

� sin( α)<br />

�� − sin( α)<br />

�<br />

cos( α)<br />

�<br />

Für den Spezialfall α = 180° nennen wir D eine Inversion oder Halbdrehung.<br />

Bisher war immer der Koordinatenursprung das Drehzentrum. Im allgemeinen beschreibt der<br />

Vektor z das Drehzentrum. So geht der Vektor v´-z durch Drehung um α aus dem Vektor v-z<br />

in oben beschriebenen Weise hervor. Man erhält dadurch mit der Drehmatrix<br />

�cos(<br />

α)<br />

− sin( α)<br />

�<br />

D = ��<br />

�� [mit det(D)=1] die Gleichung<br />

� sin( α)<br />

cos( α)<br />

�<br />

v´ = D ⋅ (v - z) + z .<br />

e´ 2<br />

e 2<br />

α<br />

e´ 1<br />

e 1


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 14<br />

Unabhängig vom Koordinatensystem läßt sich folgende Formel aufstellen:<br />

D<br />

α , z =<br />

T D<br />

z<br />

α,<br />

o<br />

T<br />

−1<br />

z<br />

Dα , z beschreibt eine Drehung mit dem Zentrum Z <strong>und</strong> Winkel α. Die Translation, die den<br />

Ursprung in das Drehzentrum Z überführt, wird mit T Z bezeichnet, wie umgekehrt die<br />

Translation<br />

Z<br />

1<br />

T − eine Verschiebung des Drehzentrums in den Ursprung beschreibt.<br />

Drehungen finden sich beispielsweise in Autofelgen (vgl. mit Kapitel 4.2.) oder gotischen<br />

Kirchenfenstern wieder.<br />

2.3. Spiegelungen<br />

Definition 2.4.:<br />

Es sei g ⊂ E eine Gerade. Zu jedem Punkt P ∈ E, der nicht auf g liegt, existiert ein eindeutig<br />

bestimmter Punkt P´ ∈ E , so daß PP ´ Mittelsenkrechte von g ist. Eine Transformation<br />

Sg : E → E nennen wir eine Spiegelung an g, wenn<br />

Sg(P) = P, falls P ∈ g<br />

Sg(P) = P´, falls P ∉ g.<br />

Bei einer Spiegelung an der x1-Achse geht der Punkt V mit dem Ortsvektor v in den Punkt V´<br />

mit dem Ortsvektor v´ über. Der Ortsvektor v´ ergibt sich auf folgende Weise:<br />

� x1´<br />

� �1⋅<br />

x1<br />

+ 0 ⋅ x<br />

v´<br />

= �� �� = ��<br />

� x 2´<br />

� �0<br />

⋅ x1<br />

−1<br />

⋅ x<br />

2<br />

2<br />

� �1<br />

�� = ��<br />

� �0<br />

0 ��<br />

x<br />

−1��<br />

��<br />

��<br />

x<br />

1<br />

2<br />

�<br />

��<br />

�<br />

Auf diese Elementarspiegelung lassen sich alle Geradenspiegelungen zurückführen. Wir<br />

wählen die Geradendarstellung in vektorieller Form. Der Ortsvektor sei x0, g beschreibt den<br />

vom Nullvektor verschiedenen Richtungsvektor der Geraden. Mit jedem Parameter λ ∈ ℝ<br />

<strong>und</strong> der Geradengleichung g ist schließlich der Ortsvektor x eines Geradenpunktes bestimmt<br />

durch:


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 15<br />

x( λ ) = x 0 + λ ⋅g<br />

.<br />

Wenn die Spiegelachse durch den Ursprung verläuft, so kann x0 = 0 gesetzt werden. Die<br />

Geradengleichung der Spiegelachse nimmt dann die Gestalt x( λ ) = λ ⋅ g , λ ∈ ℝ an. Nun sei<br />

X´ der Bildpunkt des an der Geraden gespiegelten Punktes X. Der Ortsvektor x´ des Punktes<br />

X´ läßt sich auf folgende Weise bestimmen:<br />

1. Durch Drehung der Ebene E um den Winkel ϕ = ∠ g,<br />

e ) geht die Spiegelachse in die<br />

( 1<br />

x1 – Achse <strong>und</strong> der zu spiegelnde Punkt X in X´´ über. Es gilt mit<br />

�cos(<br />

α)<br />

− sin( α)<br />

�<br />

D = ��<br />

�� : x´´ = Dx.<br />

� sin( α)<br />

cos( α)<br />

�<br />

2. Die Elementarspiegelung wird auf x´´ angewendet. Der Punkt X´´ geht dabei in den Punkt<br />

X´´´ mit dem Ortsvektor x´´´ über. Mit �� �1<br />

0 �<br />

S0 = �� gilt x´´´ = S0⋅D⋅x .<br />

�0<br />

−1�<br />

3. Durch die anschließende Drehung um den Winkel − ϕ = ∠ e , g)<br />

werden der Punkt X <strong>und</strong><br />

die durch g bestimmte Achse wieder in die Ausgangslage gebracht. Dabei geht X´´´ in das<br />

gewünschte Spiegelbild X´ von X über. Die Drehung um den Winkel -ϕ erfolgt durch die<br />

Inverse D -1 von D. Wir erhalten schließlich die folgende Abbildungsvorschrift:<br />

x´ = D -1 ⋅S0⋅D⋅x .<br />

Für den Fall x0 ≠ 0 kann zuerst die Translation -x0 ausgeführt werden. Hierdurch wird der<br />

Aufpunkt in den Ursprung verschoben <strong>und</strong> es entsteht die oben beschriebene Situation. Zum<br />

Schluß wird die Ausgangssituation durch die Translation x0, die den Ursprung in den<br />

Aufpunkt der Geraden verschiebt, wieder hergestellt. Es ergibt sich dadurch die Gleichung:<br />

x´ = D -1 ⋅S0⋅D⋅(x – x0) + x0 .<br />

Spiegelungen finden sich beispielsweise bei Kaleidoskopbildern <strong>und</strong> in der Klecksographie<br />

(Tintenklecksbilder) wieder.<br />

( 1


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 16<br />

2.4. Gleitspiegelungen<br />

Definition 2.5.:<br />

Eine Transformation GS: E → E heißt Gleitspiegelung, wenn man sie als Hintereinander-<br />

ausführung einer Geradenspiegelung Sg an einer Geraden g <strong>und</strong> einer Translation T parallel<br />

zur Geraden g schreiben kann, d.h. GS = T � Sg.<br />

Eine Gleitspiegelung ergibt sich also durch eine Hintereinanderausführung von einer<br />

Spiegelung <strong>und</strong> einer Translation (vgl. Abb. 7). Die Translation darf aber nicht orthogonal zur<br />

Spiegelungsachse stehen. Wenn dies der Fall ist, so ist das Ergebnis wieder eine Spiegelung.<br />

Mit dem Translationsvektor v <strong>und</strong> der Abbildungsvorschrift für eine Spiegelung an einer<br />

beliebigen Achse (vgl. Kapitel 2.3.) ergibt sich die Abbildungsgleichung:<br />

x´ = D -1 ⋅S0⋅D⋅(x – x0) + x0 + v .<br />

Gleitspiegelungen finden sich beispielsweise in Fußspuren im Schnee wieder.<br />

Abbildung 7: Spuren im Schnee<br />

2.5. Beschreibung bezüglich einer Orthonormalbasis<br />

Alle Bewegungen der bisher behandelten Typen <strong>und</strong> deren Verkettungen sind durch ein<br />

System von linearen Abbildungsgleichungen beschrieben. Dabei wird der Punkt X mit seinem


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 17<br />

Ortsvektor �� � x1<br />

�<br />

x = �� in den Punkt X´ mit dem Ortsvektor<br />

� x<br />

�<br />

2 �<br />

�<br />

� x1<br />

´ �<br />

x´<br />

= �� überführt. Das<br />

� x 2´<br />

�<br />

Gleichungssystem hat die folgende Gestalt:<br />

´ � x � a x b x e a b x e<br />

1 � ⋅ 1 + ⋅ 2 � � � � ��<br />

1 � � �<br />

x´<br />

= � �<br />

�<br />

+ = A ⋅ x + v<br />

´<br />

x �<br />

= ��<br />

c x1<br />

d x �� + �� =<br />

2 f �� ��<br />

c d��<br />

��<br />

x �� ��<br />

2 f �� .<br />

� 1 � � ⋅ + ⋅ � � � � ��<br />

� � �<br />

Nun wird von den Abbildungen gefordert, daß sie kongruent sein sollen. Die Forderung nach<br />

Längen- <strong>und</strong> Winkeltreue wird dadurch erfüllt, daß die Koeffizienten weiteren Bedingungen<br />

unterliegen. Bei einer Translation T bleiben Längen <strong>und</strong> Winkel erhalten, so daß die<br />

Variablen e <strong>und</strong> f keinen beschränkenden Bedingungen unterworfen sind. Wenn sich das<br />

Skalarprodukt zweier beliebiger Vektoren nicht ändert, auch wenn die Abbildung x → A ⋅ x<br />

ausgeführt wird, dann bleiben auch Längen <strong>und</strong> Winkel der Vektoren bei der Abbildung<br />

erhalten. Wir verlangen demnach von der Abbildungsmatrix A, daß für die x, y ∈ E die<br />

Gleichung<br />

x ⋅ y = A ⋅ x ⋅ A ⋅ y<br />

erfüllt ist. Damit die Gleichung erfüllbar ist, muß demnach gelten:<br />

2 2<br />

2 2<br />

(i) a + b = 1 ; (ii) c + d = 1 ; (iii) a ⋅ c + b ⋅ d = 0 .<br />

Wählen wir eine feste Orthonormalbasis in der Ebene E, dann bilden die Zeilen der<br />

Koeffizientenmatrizen der Kongruenzabbildungen zueinander orthogonale Einheitsvektoren<br />

[vgl. mit (iii)]. Die Umkehrabbildung ist auch eine Kongruenzabbildung <strong>und</strong> die Spalten der<br />

Koeffizientenmatrix bilden wiederum zueinander orthogonale Einheitsvektoren.<br />

Die Einführung einer festen Orthonormalbasis ist unerläßlich, wenn wir mit Hilfe des<br />

Computers geometrische Abbildungen erzeugen wollen. Die Zeilenvektoren haben die<br />

Länge 1 [vgl. mit (i) <strong>und</strong> (ii)].


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 18<br />

3. Gruppe der Kongruenzabbildungen<br />

Da wir die Abbildungen bezüglich einer festen Orthonormalbasis beschreiben, können wir zu<br />

jeder Kongruenzabbildung auch die Umkehrabbildung angeben. Die Umkehrbewegung wird<br />

mit B -1 bezeichnet <strong>und</strong> ist wieder eine Kongruenzabbildung. Man erhält:<br />

x<br />

B<br />

x´<br />

−1<br />

= +<br />

w<br />

mit �� − � d ∆ − b ∆�<br />

B = ��<br />

�−<br />

c ∆ a ∆ �<br />

1<br />

, ∆ = det(B) <strong>und</strong> w = -B -1 v.<br />

Die identische Abbildung I führt jeden Punkt der Ebene E in sich selbst über <strong>und</strong> ist natürlich<br />

wieder eine Kongruenzabbildung. Die Identität �� �1<br />

0�<br />

I = �� läßt die Figur quasi unberührt.<br />

�0<br />

1�<br />

Führen wir zwei Kongruenzabbildungen nacheinander aus, so ist es möglich, das Resultat<br />

auch als Ergebnis einer einzigen Kongruenzabbildung zu schreiben, d.h. die Hintereinanderausführung<br />

zweier Kongruenzabbildungen ist wieder eine Kongruenzabbildung. Die Verkettung<br />

von Kongruenzabbildungen führt also nicht aus der Menge der Kongruenzabbildungen<br />

heraus. Zudem ist die Hintereinanderausführung von Bewegungen<br />

(Kongruenzabbildungen) assoziativ, d.h. B1 � ( B2<br />

� B3)<br />

= ( B1<br />

� B2<br />

) � B3<br />

aber im allgemeinen<br />

nicht kommutativ d.h. B1 � B2<br />

≠ B2<br />

� B1.<br />

Mit den drei oben genannten Eigenschaften Umkehrabbildung (Inverses), Identität (neutrales<br />

Element) <strong>und</strong> assoziativer Hintereinanderausführung ergibt sich, daß die<br />

Kongruenzabbildungen eine Gruppe bilden <strong>und</strong> wir bezeichnen sie mit K. Der Begriff der<br />

Gruppe wird von großer Bedeutung sein, wenn wir die <strong>Symmetrie</strong>n von Ornamenten<br />

untersuchen werden.<br />

3.1. Die Erzeugenden der Gruppe K<br />

Eine Sonderrolle in der Gruppe K der Kongruenzabbildungen nehmen die Spiegelungen ein.<br />

Es ist relativ leicht nachzuvollziehen, daß sich eine Gleitspiegelung GS aus einer Spiegelung S<br />

<strong>und</strong> aus einer Translation T zusammensetzt. Ebenso kann eine Translation T als eine


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 19<br />

Hintereinanderausführung von zwei Spiegelungen erzeugt werden. Dies ist möglich, wenn<br />

man die Spiegelachsen in einem geeigneten Abstand <strong>und</strong> parallel wählt. Es ist aber auch<br />

möglich, eine Drehung durch eine Verkettung von Spiegelungen zu erzeugen. Hierzu müssen<br />

die Spiegelungsgeraden g <strong>und</strong> h durch den gewünschten Drehpunkt Z verlaufen. Die Geraden<br />

g <strong>und</strong> h schließen dabei einen Winkel ein, der halb so groß sein muß wie das Maß des<br />

Drehwinkels (vgl. Abb. 8).<br />

Abbildung 8: Erzeugung einer Drehung durch die Verkettung zweier Spiegelungen.<br />

Somit ergibt sich der Sachverhalt, daß die Gruppe K der Kongruenzabbildungen<br />

ausschließlich durch Spiegelungen erzeugt wird.<br />

3.2. Eigentliche Bewegungen<br />

h<br />

P Q<br />

Z<br />

(α + β) /<br />

2<br />

α / 2 β / 2<br />

Translationen <strong>und</strong> Drehungen erhalten stets die Orientierung. Anders verhält sich dies im Fall<br />

einer Spiegelung. Durch diese Bewegung findet in der Tat eine Orientierungsumkehr statt.<br />

Durch Anwendung des Matrizenkalküls läßt sich nachweisen, daß zur Erzeugung einer<br />

orientierungstreuen Kongruenzabbildung eine gerade Anzahl von Spiegelungen ausgeführt<br />

werden muß. Nur dann erhält man als Ergebnis die Identität I. Dies bedeutet zugleich, daß<br />

auch die Translationen <strong>und</strong> Drehungen durch eine gerade Anzahl von Spiegelungen erzeugt<br />

werden müssen, da sie orientierungstreue Bewegungen sind.<br />

g


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 20<br />

Umgekehrt werden Kongruenzabbildungen mit orientierungsumkehrender Wirkung<br />

ausschließlich durch Spiegelungen von ungerader Anzahl erzeugt.<br />

Führt man die Produkte von je einer geraden Anzahl von Spiegelungen aus, so ist das<br />

Ergebnis ebenfalls ein Produkt von Spiegelungen gerader Anzahl. Dies bedeutet, daß die<br />

orientierungstreuen Kongruenzabbildungen der Ebene E eine Untergruppe der Gruppe K<br />

bilden. Man nennt diese Untergruppe auch Gruppe der eigentlichen Bewegungen, da in ihr<br />

nur orientierungstreue Kongruenzabbildungen auftreten. Andererseits werden orientierungsumkehrende<br />

Kongruenzabbildungen häufig auch uneigentliche Bewegungen genannt. Die<br />

uneigentlichen Bewegungen bilden keine Gruppe, da die Hintereinanderausführung von zwei<br />

uneigentlichen Bewegungen eine eigentliche Bewegung ergibt.<br />

Wir wissen jetzt, daß die Bewegungen B, d. h. Translationen T, Drehungen D, Spiegelungen<br />

S <strong>und</strong> Gleitspiegelungen G S eine Gruppe bilden. Dies bedeutet zugleich, daß deren<br />

Hintereinanderausführung wieder eine dieser Bewegungen ergibt. Da die Ergebnisse nicht<br />

immer sofort offensichtlich sind, fassen wir diese in einer Multiplikationstafel zusammen <strong>und</strong><br />

unterscheiden zwischen einem linken <strong>und</strong> einem rechten Faktor, da die<br />

Hintereinanderausführung von Bewegungen in einer Gruppe nicht kommutativ zu sein<br />

braucht.<br />

Dα,Z bezeichnet die Drehung um das Drehzentrum Z mit dem Winkel α <strong>und</strong> GS(g, v)<br />

beschreibt eine Gleitspiegelung mit der Spiegelachse g <strong>und</strong> dem dazugehörigen<br />

Tanslationsvektor v.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 21<br />

Multiplikationstafel für Bewegungen in der Ebene E (in Anlehnung an Flachsmeyer [u. a.]):<br />

r.- Faktor →<br />

l.- Faktor ↓<br />

Tw<br />

Sg´<br />

D α´,Ζ´<br />

1.<br />

Translation<br />

Tv+w<br />

Tv Sg D α,Ζ GS(g,v)<br />

5.<br />

a) v ⊥ g´:<br />

Spiegelung Sh<br />

b) v nicht ⊥ g´:<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

9.<br />

Drehung D α´,Z´´<br />

GS(g,w) 13.<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

(Spiegelung)<br />

2.<br />

a) w ⊥ g:<br />

Spiegelung Sh<br />

b) w nicht ⊥ g:<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

6.<br />

a) g´�� g:<br />

Translation Tu<br />

b) g´nicht �� g:<br />

Drehung D β,Z´´<br />

10.<br />

a) Z ∈ g´:<br />

Spiegelung Sh<br />

b) Z ∉ g´:<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

14.<br />

a) g´�� g:<br />

Translation Tu<br />

b) g´nicht �� g:<br />

Drehung D β,Z´´<br />

Anmerkungen zu der Multiplikationstafel:<br />

1.) Die Translationsvektoren addieren sich.<br />

3.<br />

Drehung D α,N<br />

7.<br />

a) Z ∈ g´:<br />

Spiegelung Sh<br />

b) Z ∉ g´:<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

11.<br />

a) Z = Z´:<br />

Drehung D α,α´<br />

b) Z ≠ Z´:<br />

Drehung oder<br />

Translation<br />

15.<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

4.<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

8.<br />

a) g´�� g:<br />

Translation Tu<br />

b) g´nicht �� g:<br />

Drehung D β,Z´´<br />

12.<br />

Gleitspiegelung<br />

GS(h, u)<br />

16.<br />

a) g´ �� g:<br />

Translation Tu<br />

b) g´nicht �� g:<br />

Drehung D β,Z´´<br />

2. a) Die Spiegelgerade verläuft parallel zu g <strong>und</strong> ist von g um 1/2⋅ w entfernt<br />

(vgl. Abb. 9).<br />

Q´<br />

P´<br />

Abbildung 9<br />

h<br />

g


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 22<br />

2. b) Die Spiegelgerade h ist parallel zu g <strong>und</strong> um die Hälfte des Projektionslotvektors von<br />

w = P'Q'<br />

auf g entfernt. Der Translationsvektor u = AB entspricht der Projektion von<br />

w auf g.<br />

Abbildung 10<br />

3.) Das neue Drehzentrum Z´´ ergibt sich durch den Schnittpunkt der zweiten<br />

Spiegelgeraden g4 der Translation mit der ersten Spiegelgeraden g1 der Drehung<br />

(vgl. Abb. 11).<br />

Abbildung 11<br />

4.) Der Translationsvektor u ergibt sich durch die Addition (vgl. mit Fall 2.) von v <strong>und</strong><br />

der Projektion von w auf g (vgl. Abb. 10).<br />

5.) Vergleiche mit Fall 2. Die Spiegelungsgerade liegt nun auf der anderen Seite von g.<br />

6. a) Der Translationsvektor u zeigt von g nach g´. Die beiden Geraden haben den Abstand<br />

1/2⋅ u .<br />

P´=A<br />

6. b) Das Drehzentrum ergibt sich durch den Schnittpunkt von g <strong>und</strong> g´. Der Drehwinkel ist<br />

doppelt so groß wie der durch die Geraden g <strong>und</strong> g´ eingeschlossene Winkel.<br />

7. a) Für den Fall, daß g´ durch das Drehzentrum verläuft, wird aus der Schubspiegelung<br />

eine Spiegelung.<br />

Q´<br />

B<br />

g 2 =g 3 g 4 g 1<br />

M<br />

α/2<br />

Z''<br />

P´ Q´<br />

h<br />

g


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 23<br />

7. b) Die Schubspiegelung setzt sich aus der Spiegelung an der Geraden g1 der Drehung<br />

Dα,Z <strong>und</strong> der Translation mit dem Vektor von der Geraden g2 der Drehung Dα,Z nach g´<br />

(g2 �� g´ gewählt) zusammen. Der Translationsvektor ist hierbei zweimal so lang wie<br />

der Abstand zwischen g2 <strong>und</strong> g´.<br />

8. a) Den Translationsvektor erhält man durch Addition von v <strong>und</strong> dem doppelten<br />

Abstandsvektor von g nach g´.<br />

8. b) Die Drehung Dβ,Z´´ ist die Hintereinanderausführung einer Translation um v, mit einer<br />

Drehung um den Schnittpunkt der Geraden g <strong>und</strong> g´. Der Drehwinkel ist doppelt so<br />

groß wie der eingeschlossene Winkel zwischen g <strong>und</strong> g´.<br />

9.) Wie Fall 8., jedoch wählen wir nun noch die zweite Spiegelgerade g2 der Translation,<br />

die gleich der Spiegelgeraden g3 der Drehung ist. Dann entspricht das Drehzentrum<br />

Z´´ dem Schnittpunkt von g1 mit g4.<br />

10.) Die Gleitspiegelung ist die Hintereinanderausführung einer Translation mit dem<br />

Vektor, der von g zur ersten Spiegelgeraden g1 der Drehung Dα´,Z´ zeigt <strong>und</strong> doppelt so<br />

lang wie deren Abstand (g �� g1) ist. Danach wird eine Spiegelung an der zweiten<br />

Spiegelgeraden der Drehung ausgeführt <strong>und</strong> wir sind beim Fall 5.<br />

11.) Die Drehung Dα,Z sei erzeugt durch die Spiegelungen an den Geraden g1 <strong>und</strong> g2. Die<br />

Drehung Dα´,Z´ sei erzeugt durch die Spiegelung an derselben Geraden g2 <strong>und</strong> einer<br />

Geraden g3. Das Produkt der beiden Drehungen ist dann gleich dem Produkt der<br />

beiden Spiegelungen g3<br />

S <strong>und</strong> g1<br />

S , weil das Produkt von S g die Identität I ergibt. Für<br />

2<br />

Z = Z´ schneiden sich g1 <strong>und</strong> g3 im Drehzentrum Z. Daraus ergibt sich für die<br />

Hintereinanderausführung von g3<br />

S <strong>und</strong> g1<br />

S eine Drehung um Z mit dem Drehwinkel<br />

α+α´. Für Z ≠ Z´ können für die Lage der Geraden g1 <strong>und</strong> g3 zwei Möglichkeiten<br />

auftreten. Wenn g1 <strong>und</strong> g3 sich schneiden, so ergibt die Hintereinanderausführung von<br />

Sg <strong>und</strong> 3 g1<br />

S eine Drehung wie im Fall 6. b). Falls die Geraden parallel verlaufen, so<br />

ergibt sich eine Translation wie im Fall 6. a).<br />

12.) Die Gerade g1 sei die erste Spiegelgerade der Drehung Dα´,Z´ mit g �� g1. Somit ist die<br />

Spiegelgerade h der Gleitspiegelung GS(h,u) gleich g2 <strong>und</strong> die Translation u ergibt sich<br />

aus der Addition von v <strong>und</strong> dem doppelten Abstandsvektor von g nach g1.<br />

13.) Diese Konstellation entspricht Fall 5.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 24<br />

14.) Hier entsteht die gleiche Konstellation wie in Fall 8. In a) befindet sich der<br />

Translationsvektor lediglich auf der anderen Seite von g. In b) ist die Drehung<br />

diesesmal von g´ nach g orientiert.<br />

15.) Wir haben den gleichen Fall wie in 12.<br />

16. a) Der Translationsvektor ergibt sich durch die Addition von v <strong>und</strong> w, sowie dem Vektor,<br />

der von g nach g´ zeigt <strong>und</strong> die doppelte Länge des Abstandes der beiden Geraden hat.<br />

16. b) Die Hintereinanderausführung einer Translation mit dem Vektor v <strong>und</strong> einer Drehung,<br />

die durch die Spiegelungen an g <strong>und</strong> g´ erzeugt wird, ergibt eine Drehung um den<br />

Winkel β (vgl. mit Fall 9.). Der Winkel β ist doppelt so groß wie der von den Geraden<br />

eingeschlossene Winkel. Nun wird noch die Translation mit dem Vektor w ausgeführt.<br />

Dies ergibt eine Drehung um den Winkel β (vgl. mit Fall 3.).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 25<br />

4. Punktgruppen<br />

Wir sprechen von einer diskreten Bewegungsgruppe, wenn es keine beliebig kleinen<br />

Drehungen <strong>und</strong> Translationen in dieser Gruppe gibt. Es existieren drei verschiedene<br />

Bewegungsgruppen in der Ebene, die in dieser Arbeit behandelt werden. Die<br />

Bewegungsgruppen lassen sich in Punkt- (Kap. 4.), Fries- (Kap. 5.), <strong>und</strong> Ornamentgruppen<br />

(Kap. 6.) einteilen.<br />

Die Punktgruppen lassen sich in zyklische Gruppen, die nur aus Drehungen D <strong>und</strong> diedrale<br />

Gruppen, welche aus Drehungen D <strong>und</strong> Spiegelungen S bestehen, einteilen. Alle Elemente<br />

der Punktgruppe haben die gemeinsame Eigenschaft, daß immer ein Punkt der Ebene<br />

unverändert bleibt (Fixpunkt).<br />

4.1. Zyklische Gruppen<br />

Wir haben festgestellt, daß die Gruppe K (vgl. mit Kap. 3) durch Spiegelungen erzeugt wird.<br />

Daraus folgt, daß alle elementaren Bewegungen der Gruppe K für sich alleine auch eine<br />

Gruppe bilden, so zum Beispiel die Kongruenzabbildungen der Drehungen D. Für diesen Typ<br />

hat sich der Begriff zyklische Gruppe eingebürgert. Dieser Gruppentyp wird mit Cn<br />

bezeichnet <strong>und</strong> besteht aus den n Elementen<br />

D<br />

0<br />

1 2<br />

, D , D ,..., D<br />

= = .<br />

n − 1<br />

0 n<br />

mit D D I<br />

n<br />

D beschreibt die n-malige Hintereinanderausführung der Drehung D.<br />

Abbildung 12: Beispiele für zyklische Gruppen


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 26<br />

Beispielsweise ist die Gruppe gr(D), die durch eine Drehung D um das Drehzentrum Z mit<br />

dem Drehwinkel α = 360° n erzeugt wird, eine zyklische Gruppe mit der Ordnung n. Die<br />

Gruppen gr(D) <strong>und</strong> C n sind isomorph (d.h. es existiert eine bijektive Abbildung) zueinander:<br />

gr( D)<br />

≅ C .<br />

n<br />

Es gilt die Isomorphie sogar zwischen der Restgruppe<br />

Abbildungsvorschrift k →<br />

k<br />

D mit k ∈<br />

+<br />

Z n gibt.<br />

+<br />

Z n <strong>und</strong> C n , da es eine<br />

Wenn die Gruppenordnung von C n immer weiter wächst, so ergibt sich im Grenzfall die<br />

unendliche Gruppe C ∞ , welche von nur einem Element erzeugt wird. Man hat sich in diesem<br />

Fall einen sehr großen Kreis oder besser ein Band vorzustellen (vgl. Abb. 13). Das daraus<br />

resultierende Ornament ist jetzt aber translationssymmetrisch. Die <strong>Symmetrie</strong>gruppe dieses<br />

Ornamentes wird von einer Elementartranslation erzeugt, die nach rechts oder links<br />

verschoben wird. Auch hier gilt die Isomorphieeigenschaft:<br />

Abbildung 13: Ein Fries mit dem <strong>Symmetrie</strong>typ C∞<br />

+<br />

C ∞ ≅ Z .<br />

Wenden wir uns einem ebenen Ornament in E zu, dessen <strong>Symmetrie</strong>struktur zu einer<br />

zyklischen Gruppe C n gehört. Hierzu kann man beispielsweise Autofelgen, Wirbelräder oder<br />

auch gotische Kirchenfenster heranziehen (vgl. Abb. 14).<br />

Ein Wirbelrad mit n Speichen läßt als Kongruenzabbildungen nur Drehungen zu. Es gibt<br />

hierzu eine Elementardrehung, so daß alle anderen <strong>Symmetrie</strong>n durch Iteration der<br />

Elementardrehung entstehen.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 27<br />

Abbildung 14: Im gotischen Fischblasenmotiv realisierte Ornamente<br />

mit den <strong>Symmetrie</strong>typen C 2 , C 3 , C 4<br />

Durch die Hinzunahme von Spiegelungen lassen sich die <strong>Symmetrie</strong>n eines Wirbelrades<br />

vermehren. Dies ist der Fall, wenn alle Speichen zu beiden Seiten spiegelsymmetrisch<br />

gestaltet sind (vgl. Abb. 15).<br />

Abbildung 15: Beispiele für gotische Blattrosetten<br />

Diese Bewegungsgruppe nennt man diedrale Gruppe oder auch Diedergruppe D n . Die<br />

Bezeichnung diedral kommt von Dieder, worunter man einen Zweiflächner versteht.<br />

4.2. Diedergruppen<br />

Zu den Drehungen sind noch einmal die gleiche Anzahl von Spiegelungen hinzu gekommen.<br />

Die <strong>Symmetrie</strong>gruppe einer Blattrosette mit n Blättern hat demnach 2 ⋅ n Elemente. Davon<br />

entfällt jeweils eine Hälfte auf die Drehungen <strong>und</strong> eine auf die Spiegelungen. Die<br />

Elementardrehung mit dem Drehwinkel α = 360° n sei mit D bezeichnet, sowie die<br />

Spiegelungen mit S. Die Drehungen sind dann durch<br />

<strong>und</strong> die Spiegelungen durch<br />

0 1 2 n−<br />

1<br />

0 n<br />

D , D , D ,..., D mit D = D = I<br />

0 1 2 n−<br />

1<br />

SD , SD , SD ,..., SD gegeben. Für ungerades n führen die<br />

Drehungen die Spiegelgeraden ineinander über. Dagegen gibt es für gerades n in der<br />

Diedergruppe zwei Klassen von Spiegelgeraden (vgl. Abb. 16).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 28<br />

Abbildung 16: Beispiele für diedrale Gruppen<br />

Die Spiegelachsen schließen dabei einen Winkel von 180° n ein. Wenn zwei Spiegelungen<br />

an derselben Spiegelachse hintereinander ausgeführt werden, so wird dies mit<br />

gekennzeichnet <strong>und</strong> es gilt: S I<br />

2 = . Wie bei der zyklischen Gruppe C n ist es auch bei der<br />

Diedergruppe möglich, den Übergang zum Unendlichen herbeizuführen. Man bezeichnet<br />

diese Gruppe mit D ∞ .<br />

Die <strong>Symmetrie</strong>gruppenstruktur eines Wirbelrades mit n Speichen ist durch die Existenz<br />

eines einzigen erzeugenden Elementes gegeben. Der Leser vergleiche hier mit der zyklischen<br />

0 n<br />

Gruppe. Es gilt: D = D = I . Dagegen ist die <strong>Symmetrie</strong>gruppenstruktur einer n-blättrigen<br />

Rosette (vgl. Abb. 15) dadurch bestimmt, daß es zwei erzeugende Elemente gibt, die den<br />

0 n<br />

folgenden Beziehungen genügen: D = D = I <strong>und</strong> S I<br />

2 = . Hier sei auf die Diedergruppe<br />

verwiesen.<br />

Das Pentagramm (vgl. Abb. 17) gehört beispielsweise auch zur Diedergruppe. In dem<br />

berühmten Werk von Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) versuchte Faust den<br />

Mephistopheles mit dem Pentagramm (Drudenfuß) zu bannen.<br />

Mephistopheles: „Gesteh´ ich´s nur! daß ich hinausspaziere,<br />

Verbietet mir ein kleines Hindernis:<br />

Der Drudenfuß auf Eurer Schwelle –<br />

Faust: Das Pentagramma macht dir Pein?<br />

Ei, sage mir, du Sohn der Hölle:<br />

Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?<br />

Wie ward ein solcher Geist betrogen?<br />

Mephistopheles: Beschaut es recht! Es ist nicht gut gezogen:<br />

Der eine Winkel, der nach außenzu,<br />

Ist, wie du siehst, ein wenig offen.“ 12<br />

12 Zitat aus: Goethe, J. W.: Faust – Der Tragödie erster Teil / Zeilen 1393 – 1402.<br />

2<br />

S


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 29<br />

Teilersatz von Langrange:<br />

Abbildung 17: Pentagramm / Drudenfuß<br />

Es sei G eine endliche Gruppe der Ordnung n <strong>und</strong> H eine Untergruppe von G. Dann teilt die<br />

Ordnung von H die Gruppenordnung n. Im besonderen teilt die Ordnung eines jeden<br />

Gruppenelementes von G die Gruppenordnung n.<br />

Beweis 4.1.:<br />

H sei die Untergruppe von G. Die Ordnung von H sei ord(H) = k, 1≤ k ≤ n . Die<br />

Gr<strong>und</strong>menge G zerfällt durch die Untergruppe H in viele Teilmengen gleicher Ordnung. Es<br />

sei x ∈ G <strong>und</strong> x ∉ H. Somit haben die Mengen xH = {xh: h ∈ H} (Linksklasse) <strong>und</strong> H die<br />

gleiche Ordnung, da es eine eindeutige Abbildungsvorschrift h → xh mit h ∈ H <strong>und</strong> xh ∈ xH<br />

gibt. Die Mengen H <strong>und</strong> xH haben für x ∉ H kein Element gemeinsam, da sonst x ⋅ h = h´ für<br />

entsprechende h, h´ ∈ H gelten würde. Dies hätte aber x = h´ ⋅<br />

1<br />

h − ∈ H zur Folge. Wenn es<br />

schließlich kein Element aus G gibt, das außerhalb von H <strong>und</strong> xH liegt, dann gilt:<br />

G = H ∪ xH � ord(<br />

H)<br />

= ord(<br />

xH)<br />

= 1 2 ⋅ ord(<br />

G)<br />

. Falls ein y ∈ G mit y ∉ H existiert, dann<br />

wird yH gebildet. Die Menge yH hat dann wieder genauso viele Elemente wie H. Die drei<br />

Mengen H, xH <strong>und</strong> yH sind paarweise verschieden <strong>und</strong> die Elemente von G sind durch deren<br />

Vereinigung erschöpft.<br />

Es gilt: G = H ∪ xH ∪ yH � ord(<br />

H)<br />

= ord(<br />

xH)<br />

= ord(<br />

yH)<br />

= 1 3 ⋅ ord(<br />

G)<br />

. Dieses Vorgehen<br />

wird nach höchstens n Schritten beendet. Daraus folgt, daß ord(H) ein Teiler von ord(G) = n<br />

ist. Das Gruppenelement x habe die Ordnung k <strong>und</strong> die von x erzeugte Gruppe habe die<br />

Ordnung k. Dann ist k ein Teiler von n. ■


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 30<br />

Rosettensatz:<br />

Abbildung 18: J. L. Lagrange (1736 – 1813)<br />

Es sei H eine endliche Untergruppe der Gruppe der Kongruenzabbildungen K der Ebene E.<br />

Dann gilt nach Flachsmeyer [u. a.]:<br />

1. Alle Bewegungen aus H haben einen gemeinsamen Fixpunkt.<br />

2. Wenn H wenigstens drei Elemente besitzt, dann ist der gemeinsame Fixpunkt eindeutig<br />

bestimmt.<br />

3. Entweder besteht H nur aus Drehungen D <strong>und</strong> dem gemeinsamen Fixpunkt oder H besteht<br />

aus Drehungen, dem Fixpunkt <strong>und</strong> aus der gleichen Anzahl von Spiegelungen S an den<br />

Spiegelungsgeraden durch den Fixpunkt.<br />

4. Für den Fall, daß H eine reine Drehgruppe ist, gilt: H ≅ C n . Die Untergruppe H besteht<br />

aus den <strong>Symmetrie</strong>n des n-speichigen Wirbelrades.<br />

5. Für den Fall, daß H eine gemischte Gruppe ist, gilt: H ≅ D n . Die Untergruppe H besteht<br />

aus den <strong>Symmetrie</strong>n der n-blättrigen Rosette.<br />

Beweis 4.2.:<br />

In der Gruppe K der Kongruenzabbildungen gibt es nur Translationen, Drehungen,<br />

Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen. Da aber eine Translation <strong>und</strong> eine Gleitspiegelung mit<br />

einem echten translatorischen Anteil nicht von endlicher Ordnung sind, können in der<br />

endlichen Untergruppe H nur Drehungen <strong>und</strong> Spiegelungen auftreten.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 31<br />

1. Fall: ord(H) = 1<br />

Dieser Fall ist trivial, da H nur aus der Identität I besteht. Das Wirbelrad mit nur einer<br />

Speiche besitzt die <strong>Symmetrie</strong>gruppe C 1 <strong>und</strong> es gilt: H ≅ C1<br />

.<br />

2. Fall: ord(H) = 2<br />

In diesem Fall existiert in H außer I noch eine Halbdrehung (Drehung um 180° wegen<br />

ord(H) = 2) oder eine Spiegelung. Falls es sich um eine Halbdrehung handelt, so besitzt ein<br />

zweispeichiges Wirbelrad die <strong>Symmetrie</strong>gruppe C 2 <strong>und</strong> es gilt: H ≅ C 2 . Falls es sich um eine<br />

Spiegelung handelt, so besitzt die einblättrige Rosette die <strong>Symmetrie</strong>gruppe D 1 <strong>und</strong> es gilt:<br />

H ≅ D1<br />

. Die Anzahl der Drehungen sowie die Anzahl der Spiegelungen ist hier gleich eins.<br />

3. Fall: ord(H) ≥ 3<br />

Fall a): H besteht nur aus Drehungen<br />

Die Drehungen D ∈ H haben das Drehzentrum Z <strong>und</strong> den Drehwinkel α. Da D von endlicher<br />

Ordnung ist, existieren zwei natürliche Zahlen m <strong>und</strong> n mit α = m n ⋅ 360°<br />

. O.B.d.A. kann<br />

vorausgesetzt werden, daß 0 < m < n <strong>und</strong> m, n teilerfremd sind. Dann hat D die Ordnung n,<br />

denn aus der Primfaktorzerlegung ergibt sich, daß kein i, 1 ≤ i < n existiert mit i ⋅ m = n. Die<br />

von D in der Gruppe K der Kongruenzabbildungen erzeugte Gruppe gr(D) besteht dann also<br />

aus den Potenzen der Drehung um Z mit dem Drehwinkel α = 360° n . Nun können wir<br />

zeigen, daß zwei Drehungen in H das gleiche Drehzentrum Z haben. Eine Drehung D mit<br />

ord(D) = m > 1 soll um das Drehzentrum Z mit dem Drehwinkel α = 360° m erfolgen. Eine<br />

Drehung D´ mit ord(D´) = j > 1 soll um das Drehzentrum Z´ mit dem Drehwinkel β = 360° j<br />

erfolgen. Wenn die beiden Ordnungen m <strong>und</strong> j übereinstimmen, dann muß Z = Z´ sein, da wir<br />

sonst Drehungen D ~ <strong>und</strong> D ´<br />

~ um Z <strong>und</strong> Z´ aus H hätten, deren Drehwinkel sich zu 360°<br />

ergänzen würde. Das Produkt D ~ ⋅ D ´<br />

~ würde dann eine Translation liefern. Somit können wir<br />

auch den Fall verschiedener Drehpunkte bei Gleichheit der Drehordnung ausschließen. Nun<br />

m + j<br />

seien m <strong>und</strong> j teilerfremd. Dann hat das Produkt D ⋅ D´ den Drehwinkel ⋅ 360°<br />

. D ⋅ D´<br />

m ⋅ j<br />

hat demnach die Drehordnung m ⋅ j . Wenn Z <strong>und</strong> Z´ verschieden wären, dann hätten wir mit<br />

der Drehung D ⋅ D´ eine Drehung um einen Punkt, die sich zu einer Drehung um Z (<strong>und</strong> auch<br />

Z´) hinsichtlich des Drehwinkels zu 360° ergänzt. Dies würde eine Translation ergeben, was<br />

jedoch auszuschließen ist.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 32<br />

Fall b): H besteht aus Drehungen <strong>und</strong> Spiegelungen<br />

Wenn H zwei Spiegelungen enthält, so müssen sich deren Spiegelgeraden schneiden.<br />

Ansonsten wären sie parallel <strong>und</strong> die Spiegelungen würden eine Translation ergeben, die aber<br />

nicht von endlicher Ordnung ist <strong>und</strong> deshalb ausgeschlossen werden kann. H besteht demnach<br />

zum einen aus der Nulldrehung <strong>und</strong> zum anderen aus einer Drehung, die das Ergebnis von<br />

zwei Spiegelungen ist. Da die Drehungen von H eine Untergruppe bilden, existiert ein<br />

gemeinsames Drehzentrum Z. Zwei der Spiegelgeraden verlaufen durch dieses Drehzentrum<br />

<strong>und</strong> jede weitere Spiegelgerade muß auch durch Z verlaufen. Dies muß so sein, da man mit<br />

dem Produkt dieser Spiegelung mit einer der beiden anderen Spiegelungen eine Drehung aus<br />

H mit Drehzentrum Z erhält. Die Hintereinanderausführung D � S ergibt laut Multiplikations-<br />

tafel eine Spiegelung, da das Drehzentrum auf der Spiegelgeraden liegt. Halten wir nun die<br />

Spiegelung S 1 in H fest. Es gibt zwischen allen Spiegelungen S ∈ H <strong>und</strong> Drehungen D ∈ H<br />

eine Abbildung S → SS1<br />

, die bijektiv ist. Dann gibt es also genau so viele Spiegelungen wie<br />

= <strong>und</strong> D n<br />

n−1 n−1<br />

Drehungen <strong>und</strong> es gilt: H { I,<br />

D,...,<br />

D , S,<br />

DS,...,<br />

D S}<br />

4.3. Klassifizierung von Autofelgen<br />

H ≅ . ■<br />

Autofelgen können auch nach dem Aspekt der <strong>Symmetrie</strong> untersucht werden. Es ergeben sich<br />

die folgenden Klassifizierungen.<br />

Autofelgen der Zyklischen Gruppe Cn:<br />

Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21:<br />

Felge vom Typ C3 Felge vom Typ C 7<br />

Felge vom Typ C12


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 33<br />

Autofelgen der Dieder Gruppe Dn:<br />

Abbildung 22: Felge vom Typ D 3<br />

Abbildung 23: Felge vom Typ D 7<br />

Abbildung 24: Felgen vom Typ D 10<br />

Abbildung 25: Felgen vom Typ D12<br />

Bei genauerer Betrachtung können wir auch die Anzahl der Schrauben <strong>und</strong> die Form der<br />

Firmenzeichen mit einbeziehen. Wenn wir dies tun, gehen häufig die <strong>Symmetrie</strong>eigenschaften<br />

verloren. Am ehesten können die <strong>Symmetrie</strong>eigenschaften erhalten werden, wenn wir den<br />

Mercedesstern zur Betrachtung heranziehen. Er selbst gehört nämlich der Diedergruppe D3<br />

an.<br />

Abbildung 26: Torornament vom Typ D4 im Darmstädter Schloß.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 34<br />

5. Friesgruppen<br />

Eine Friesgruppe ist eine diskrete Bewegungsgruppe, deren Elemente aus Translationen längs<br />

einer gegebenen Friesachse bestehen. Wenn wir auf einen beliebigen Punkt P alle<br />

Translationen anwenden, so entsteht ein einfacher periodischer Streifen. Die<br />

Kongruenzabbildung der Translation soll jedoch nicht die einzige <strong>Symmetrie</strong> sein, die ein<br />

Friesornament aufweisen kann. Es können auch noch Drehungen vorkommen. Hier sind aber<br />

nur Halbdrehungen möglich, da das Fries sonst nicht in sich überführt wird. Die Drehzentren<br />

liegen in einem solchen Fall immer auf der Friesachse <strong>und</strong> bilden eine Punktreihe von der<br />

halben Translationsdistanz (vgl. mit der Multiplikationstafel auf Seite 21). Ebenso sind aber<br />

auch Spiegelungen möglich. Als Spiegelachsen sind aber nur solche in Betracht zu ziehen, die<br />

senkrecht zur Friesachse stehen oder aber die Friesachse selbst. Wenn in einem Friesornament<br />

senkrechte Spiegelungsachsen existieren, so bilden sie eine Reihe von parallelen Geraden die<br />

den Abstand der halben Translationsdistanz besitzen. Es ist noch auf Gleitspiegelungssymmetrie<br />

zu untersuchen. Diese <strong>Symmetrie</strong> ist nur möglich, wenn die Friesachse selbst die<br />

Gleitspiegelungsachse ist. Nun müssen aber zwei Möglichkeiten unterschieden werden, da zu<br />

der Gleitspiegelung noch die Längsachsenspiegelung auftreten kann oder auch nicht. Die<br />

Gleitspiegelung kann als die Hintereinanderausführung einer Längsachsenspiegelung <strong>und</strong><br />

einer Translation verstanden werden. Die Zusammensetzung von Gleitspiegelung <strong>und</strong><br />

Längsachsenspiegelung ergibt eine Translation.<br />

Um eine Klassifizierung der Friesornamente nach mathematischen Gesichtspunkten der<br />

Gruppentheorie vornehmen zu können, ist es notwendig, Überlegungen anzustellen, in<br />

welcher Weise sich die Kongruenzabbildungen eines Friesornamentes zu einer Friesgruppe<br />

zusammensetzen. Es gibt insgesamt 7 verschiedene Friesgruppen (vgl. mit Klemm, M.), die<br />

im folgenden aufgearbeitet werden:


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 35<br />

*<br />

1. Die Friesgruppe C 1 besteht nur aus Translationen T. Das folgende Muster können wir uns<br />

nach links <strong>und</strong> rechts ins Unendliche fortgesetzt vorstellen.<br />

Abbildung 27 Abbildung 28<br />

Das <strong>Symmetrie</strong>diagramm ist ein Translationsvektor T der Länge a.<br />

erzeugenden Elemente von<br />

*<br />

C 1 mit n ∈ ℤ (Menge der ganzen Zahlen).<br />

n<br />

T sind die<br />

2. Die Friesgruppe *<br />

C 2 enthält Translationen T der Länge a <strong>und</strong> Halbdrehungen D. Die<br />

Drehzentren haben in dieser Friesgruppe den Abstand a/2.<br />

Abbildung 29 Abbildung 30<br />

Der Pfeil beschreibt den Translationsvektor <strong>und</strong> die Punkte markieren die Drehzentren der<br />

Halbdrehungen.<br />

−n<br />

n<br />

m m −1<br />

m −1<br />

−1<br />

−m<br />

Es gilt: DT = T D wegen DT = ( DT ) = ( T ) D = T D .


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 36<br />

*<br />

3. Die Friesgruppe D 1 besteht aus Translationen T <strong>und</strong> Spiegelungen S, deren Spiegelachsen<br />

senkrecht zur Friesachse (transversal) verlaufen. Benachbarte Spiegelachsen haben den<br />

Abstand a/2. Dieser Abstand entspricht der halben Translationslänge.<br />

Abbildung 31 Abbildung 32<br />

Die vertikalen Achsen markieren in dem <strong>Symmetrie</strong>diagramm die Spiegelachsen.<br />

4. Die Friesgruppe<br />

D besteht aus den Elementen der Translation T <strong>und</strong> der Spiegelung S,<br />

* *<br />

1<br />

wobei die Spiegelachse identisch mit der Friesachse (longitudinal) ist. Dies bedeutet, daß<br />

durch die Hintereinanderausführung der genannten Bewegungen auch Gleitspiegelungen<br />

G S vorkommen.<br />

Abbildung 33 Abbildung 34<br />

Die zum Translationsvektor parallel verlaufende Achse ist die Spiegelachse.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 37<br />

5. Die Friesgruppe<br />

* * *<br />

D 1 wird von Translationen T <strong>und</strong> Gleitspiegelungen S<br />

den Fall, daß n gerade ist, ergibt sich aus<br />

G erzeugt. Für<br />

n<br />

G S die minimale Translation <strong>und</strong> für<br />

ungerades n erhält man eine Gleitspiegelung mit dem halben Translationsanteil.<br />

Abbildung 35 Abbildung 36<br />

Die gestrichelte Linie markiert die Lage der Gleitspiegelachse, die hier parallel zum<br />

Translationsvektor verläuft.<br />

6. Die Friesgruppe<br />

*<br />

D 2 wird durch Tanslationen T, Halbdrehungen D, longitudinalen<br />

Spiegelungen S <strong>und</strong> longitudinalen Gleitspiegelungen G S erzeugt. Durch die<br />

Kombination der Friesgruppen *<br />

C 2 ,<br />

*<br />

D 1 <strong>und</strong><br />

D entsteht die momentan behandelte<br />

Friesgruppe. Dies bedeutet, daß zwei benachbarte Spiegelachsen den Abstand der halben<br />

Translationslänge haben.<br />

Abbildung 37 Abbildung 38<br />

Die Drehzentren der Halbdrehungen befinden sich in dieser Gruppe auf dem Schnittpunkt<br />

der zueinander vertikalen Spiegelachsen.<br />

* *<br />

1


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 38<br />

7. Die Friesgruppe<br />

D besteht aus Translationen T, Halbdrehungen D, transversalen<br />

* *<br />

2<br />

Spiegelungen S <strong>und</strong> longitudinalen Gleitspiegelungen G S . Durch die Kombination der<br />

Friesgruppen<br />

*<br />

C 2 ,<br />

*<br />

D 1 <strong>und</strong><br />

D entsteht unsere Friesgruppe<br />

* * *<br />

1<br />

D .<br />

Abbildung 39 Abbildung 40<br />

Die Drehzentren der Halbdrehungen haben den Abstand a/4 der Translation <strong>und</strong> befinden<br />

sich auf der Gleitspiegelachse.<br />

* *<br />

2


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 39<br />

Wenn man von einem gegebenen Friesmuster die zugehörige Friesgruppe ermitteln möchte,<br />

so kann man sich des folgenden Entscheidungsalgorithmus bedienen:<br />

ja<br />

* D2 Spiegelung an Längsachse ?<br />

Spiegelung an Querachse ?<br />

ja<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

** *<br />

D2 C2 Ornament<br />

Halbdrehung ?<br />

** D1 * D1 ja<br />

ja<br />

Spiegelung an Längsachse ?<br />

Spiegelung an Querachse ?<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

nein<br />

Gleitspiegelung ?<br />

nein<br />

*** *<br />

D C 1<br />

1<br />

Abbildung 41: Entscheidungsalgorithmus über den Friesornamenttyp.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 40<br />

Es existieren auch noch andere Bezeichnungsweisen der Friesgruppen. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

möchte ich die verschiedenen Bezeichnungsweisen gegenüberstellen:<br />

Bezeichnungsweise<br />

nach Klemm<br />

Bezeichnung nach<br />

Schubnikow <strong>und</strong> Koptsik<br />

Friesgruppen-<br />

Ornamente<br />

*<br />

C p1 F<br />

1<br />

1<br />

*<br />

C p112 F<br />

2<br />

2<br />

D Pm 2<br />

F<br />

*<br />

1<br />

D p1m 1<br />

F<br />

* *<br />

1<br />

D p1a 3<br />

F<br />

* * *<br />

1<br />

D pmm2 1<br />

F<br />

*<br />

2<br />

D pma2 2<br />

F<br />

* *<br />

2<br />

*<br />

Abbildung 42: Ein zypriotisches Friesornament vom Typ C 2 im Haus des<br />

Dionysos, Paphos, Zypern (ohne Beachtung der Farbgestaltung)<br />

Abbildung 43: Ein Friesornament vom Typ<br />

*<br />

D 1 im Kykko-Kloster, Zypern.<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

2


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 41<br />

6. Ornamentgruppen<br />

Unter einer Ornamentgruppe verstehen wir eine diskrete Bewegungsgruppe in der Ebene, die<br />

aus zwei unabhängigen Translationen T 1, T2<br />

besteht. Solche Ornamente finden sich<br />

beispielsweise in Wand- oder Bodenmustern wieder. Wenn wir alle Translationen auf einen<br />

beliebigen Punkt P in der Ebene anwenden, so entsteht ein doppelt periodisches Punktgitter<br />

(vgl. Abb. 44). Dieses Punktgitter besteht aus einem nach Richtung <strong>und</strong> Längen der<br />

Translationsvektoren geeigneten Koordinatensystem. Die Punkte des Gitters haben alle die<br />

Form z , z )<br />

( 1 2 mit 1, z 2<br />

z ∈ ℤ . Die euklidische Ebene, in der wir uns bewegen, wird durch<br />

das Punktgitter lückenlos mit parallelogrammförmigen Pflastersteinen ausgefüllt. Im<br />

folgenden werden wir die Pflastersteine auch mit dem Begriff der Einheitszelle oder auch<br />

Gittermasche bezeichnen.<br />

Abbildung 44: Eine Einheitszelle (durch Vektoren aufgespanntes Parallelogramm).<br />

Ebenso wie im Fall der Friesgruppe, muß auch die Ornamentgruppe nicht nur aus<br />

Translationen bestehen. Ebenso können Drehungen oder Spiegelungen auftreten.<br />

Definition 6.1.:<br />

Ein Motiv sei eine Punktmenge, die in einem Ornament in gedrehter, gespiegelter oder<br />

verschobener Form immer wieder auftritt. Die Motive seien in diesem Ornament lückenlos<br />

<strong>und</strong> ohne Überschneidungen angeordnet.<br />

Um bei einem Flächenornament die zugehörige Einheitszelle zu ermitteln, muß man lediglich<br />

einen Punkt des Motivs fixieren <strong>und</strong> schließlich die Punkte der benachbarten Wiederholungen<br />

des Motivs aufsuchen. Die auf diese Weise gef<strong>und</strong>ene Einheitszelle muß aber das Motiv nicht<br />

unzerteilt enthalten. Das Motiv kann demnach über die Ränder der Einheitszelle hinausragen.<br />

Die Einheitszelle enthält aber das Motiv als Ganzes. Daraus läßt sich folgern, daß ein <strong>und</strong> das


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 42<br />

selbe Ornament durch verschiedene Motive erzeugt werden kann. Wie wir schon erwähnt<br />

haben, gibt es außer den Translationen auch noch Drehungen D, die das Flächenornament<br />

invariant lassen.<br />

Abbildung 45: Hermann Klaus Hugo Weyl (1885 – 1955)<br />

Weyl legte der Untersuchung der <strong>Symmetrie</strong><br />

den zentralen Begriff der Invarianz zugr<strong>und</strong>e.<br />

Wenn Z das Drehzentrum mit dem Drehwinkel α = 2 ⋅ π / n mit n ∈ ℕ ist, so heißt Z ein<br />

n-Zentrum des Flächenornaments. Aber nicht nur Z ist ein n-Zentrum. Falls Z ein n-Zentrum<br />

mit dem Ortsvektor z ist <strong>und</strong> v eine Translation, die zur <strong>Symmetrie</strong>gruppe des Ornaments<br />

gehört, so ist auch z + v ein n-Zentrum des Flächenornaments. Nach Herfort / Klotz gelten die<br />

folgenden Sätze 6.1., 6.2. <strong>und</strong> 6.3.:<br />

Satz 6.1.:<br />

Wenn ein Ornament ein n-Zentrum Z besitzt <strong>und</strong> die <strong>Symmetrie</strong>gruppe die Translation T<br />

enthält, dann ist auch der Punkt Z´ = T(Z) ein n-Zentrum des Flächenornaments.<br />

Beweis 6.1.:<br />

Eine Drehung D mit dem Drehzentrum Z kann auch als Verkettung<br />

D<br />

n,<br />

Z<br />

= T � D � T<br />

dargestellt werden. Wenn nun die Drehung D n,<br />

Z <strong>und</strong> die Translation T zur <strong>Symmetrie</strong>gruppe<br />

gehören, dann gehört auch die Verkettung<br />

T<br />

Z<br />

n,<br />

O<br />

−1<br />

Z<br />

−1<br />

� D n,<br />

Z � T zu dieser Gruppe. Diese Abbildung<br />

ist eine Drehung mit dem Drehzentrum Z´ mit T(Z) = Z´ um den Winkel α = 2 ⋅ π / n , da die<br />

− 1<br />

−1<br />

−1<br />

Gleichung T � D � T = ( T � T ) � D � ( T � T ) gilt. Das neue Drehzentrum Z´ ergibt<br />

n,<br />

Z<br />

sich durch ´ = T � T ( O)<br />

. ■<br />

Z Z<br />

Z<br />

n,<br />

O<br />

Z


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 43<br />

Satz 6.2.:<br />

Besitzt ein Flächenornament die n-Zentren P <strong>und</strong> Q, so ist auch = D ( Q)<br />

ein n-Zentrum<br />

R n,<br />

P<br />

des Ornaments. D n,<br />

P sei hierbei die Drehung um P mit dem Drehwinkel 2 ⋅ π / n .<br />

Beweis 6.2.:<br />

Da die Kongruenzabbildung<br />

D<br />

n,<br />

P<br />

� D � D eine Drehung mit dem Drehwinkel 2 ⋅ π / n ist<br />

n,<br />

Q<br />

−1<br />

n,<br />

P<br />

<strong>und</strong> alle Elemente der Verkettung zur <strong>Symmetrie</strong>gruppe des Ornaments gehören, ist auch<br />

deren Hintereinanderausführung ein Element der Gruppe. Nun muß nur noch die<br />

Fixpunkteigenschaft von R gezeigt werden. Da ( Q)<br />

Q<br />

D<br />

n , P<br />

D n , Q = <strong>und</strong> D ( R)<br />

Q<br />

1 −<br />

n , P<br />

=<br />

, gilt auch<br />

−1<br />

� D � D ( R)<br />

= R . Damit gehört die Drehung um R mit dem Drehwinkel 2 ⋅ π / n<br />

n,<br />

Q<br />

n,<br />

P<br />

wirklich zur <strong>Symmetrie</strong>gruppe. ■<br />

Durch Ausübung von Translationen oder Drehungen auf ein Ornament mit einem n-Zentrum<br />

erhält man also unendlich viele weitere n-Zentren. Für diese n-Zentren gilt aber, daß sie nicht<br />

beliebig nahe beieinander liegen können.<br />

Satz 6.3.:<br />

Es sei v die Translation des kleinsten Betrags in der Gruppe der Kongruenzabbildungen des<br />

Ornaments; außerdem seien Z <strong>und</strong> Z´ n-Zentren des Ornaments.<br />

1<br />

Dann gilt: ZZ´ = ⋅ v .<br />

2<br />

Beweis 6.3.:<br />

Wenn wir die Hintereinanderausführung<br />

D<br />

n,<br />

Z´<br />

� D betrachten, so erkennen wir, daß auch<br />

sie zur <strong>Symmetrie</strong>gruppe gehört. Das Ergebnis der Verkettung ist eine Translation, da die<br />

Summe der Drehwinkel Null ergibt. Diese Translation verschiebt dabei das Drehzentrum Z in<br />

D n , Z´<br />

( Z)<br />

(vgl. Abb. 46).<br />

−1<br />

n,<br />

Z


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 44<br />

D n,Z´ (Z)<br />

Abbildung 46: Minimalabstand der <strong>Symmetrie</strong>zentren<br />

Wie man der Abb. 46 entnehmen kann, sind die Abstände ZZ ´ <strong>und</strong> Z ´ D n , Z´<br />

( Z)<br />

gleich. Mit<br />

Hilfe der Dreiecksungleichung gelangen wir zu p ≤ 2 ⋅ ZZ´<br />

. Da die Verkettung der<br />

Drehungen eine Translation ergibt, genügt p der Ungleichung v ≤ p , woraus die Behauptung<br />

folgt, daß der Minimalabstand zweier <strong>Symmetrie</strong>zentren mindestens dem halben<br />

Translationsabstand entspricht. ■<br />

6.1. Kristallographische Restriktion<br />

Z<br />

p<br />

360°/n<br />

In diesem Abschnitt folgt eine erhebliche Einschränkung für die Drehungen, die zu einer<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe eines bestimmten Ornaments gehören. Da in der einschlägigen Literatur<br />

Zusammenhänge zwischen Ornament- <strong>und</strong> Kristallsymmetrien hergestellt werden, wird diese<br />

Einschränkung auch häufig als Kristallographische Restriktion bezeichnet. Der<br />

Zusammenhang zwischen beiden <strong>Symmetrie</strong>n ergibt sich durch die Projektion eines<br />

räumlichen Kristalls in die zweidimensionale Ebene. In der Praxis findet man solche<br />

Anwendungen beispielsweise bei Röntgenbildern wieder, wo eine solche Projektion<br />

vorgenommen wird.<br />

Die Ornamentgruppen werden auch als kristallographische Gruppen bezeichnet.<br />

Satz 6.4.:<br />

Für ein Flächenornament mit dem n-Zentrum Z kann n nur eine der Zahlen 2, 3, 4 oder 6 sein.<br />


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 45<br />

Beweis 6.4.:<br />

Den Beweis dieses Satzes können wir mit dem bisherigen Wissen <strong>und</strong> einigen<br />

elementargeometrischen Überlegungen erbringen. Zur Verdeutlichung des Sachverhaltes<br />

möge die folgende Abb. 47 dienen:<br />

Abbildung 47: Die kristallographische Restriktion<br />

Für ein Flächenornament sei Z ein n-Zentrum. Dann gibt es ein weiteres n-Zentrum P,<br />

welches von Z den kleinsten Abstand besitzt. Die Drehung um das n-Zentrum P mit dem<br />

Winkel α = 2 ⋅π / n werde wiederum mit D n,<br />

P bezeichnet. Wenn nun diese Drehung auf den<br />

Punkt Z angewendet wird, so erhalten wir den Punkt Q mit = D ( Z)<br />

<strong>und</strong> es gilt:<br />

PZ = PQ .<br />

Q n,<br />

P<br />

O.B.d.A sei Q ein weiters n-Zentrum, wobei die 2 ⋅ π / n Drehung mit D n,<br />

Q bezeichnet sei<br />

<strong>und</strong> den Punkt P in den Punkt R überführt, wobei wieder die Gleichung QP = QR gilt. Wir<br />

wissen auch, daß die Winkel in P <strong>und</strong> Q das gleiche Maß 2 ⋅ π / n haben. Wir können nun<br />

zwei Fälle unterscheiden:<br />

1. Es gilt: R = Z<br />

Dann ist ZPQ ein gleichseitiges Dreieck <strong>und</strong> es gilt somit n = 6.<br />

2. Es gilt: R ≠ Z<br />

R<br />

360°/n 360°/n<br />

Q P<br />

Da die Winkel bei P <strong>und</strong> Q das gleiche Maß haben müssen, können sie nur rechte oder<br />

stumpfe Winkel sein. Ansonsten würden im Widerspruch zur Voraussetzung die<br />

<strong>Symmetrie</strong>zentren näher beieinander liegen. In diesem Fall kann nur n = 2, n = 3 oder<br />

n = 4 gelten. ■<br />

Z


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 46<br />

Die Aussage der kristallographischen Restriktion hat aber zur Folge, daß sich 3-Zentren <strong>und</strong><br />

4-Zentren gegenseitig ausschließen.<br />

Satz 6.5.:<br />

Besitzt ein Flächenornament ein 4-Zentrum, so hat es weder ein 3-Zentrum noch ein 6-<br />

Zentrum.<br />

Beweis 6.5.:<br />

Wenn es eine Verkettung<br />

D<br />

3,<br />

Q<br />

� D der <strong>Symmetrie</strong>gruppe geben würde, dann hätte die<br />

−1<br />

4,<br />

P<br />

Drehung einen Drehwinkel von 2 ⋅ π / 12 zur Folge. Demnach gäbe es also ein 12-Zentrum.<br />

Genauso verhält sich dies für die Verkettung<br />

D<br />

6,<br />

Q<br />

� D . Auch diese Hintereinander-<br />

ausführung hätte ein 12-Zentrum zur Folge. Dies ist jedoch auszuschließen. ■<br />

Die verschiedenen n-Zentren können aber nicht in jeder Gittermasche vorkommen. Sie sind<br />

vielmehr an die Form der Gittermasche geb<strong>und</strong>en.<br />

Wenn zum Beispiel in einem Flächenornament ein 6-Zentrum auftritt, dann wählen wir das<br />

<strong>Symmetrie</strong>zentrum als Ursprung der Gittermasche. Die Punkte E1 <strong>und</strong> E2 spannen mit dem<br />

Ursprung zusammen die Einheitszelle auf. Somit wird auch das Gitter durch die ganzzahlige<br />

Linearkombination der Vektoren OE1 <strong>und</strong> OE 2 aufgespannt.<br />

P 3<br />

P 4<br />

P 2<br />

Abbildung 48: Rhombische Einheitszelle<br />

O<br />

E 2<br />

P 1<br />

P 5<br />

P 6<br />

E 1<br />

−1<br />

4,<br />

P


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 47<br />

Die Drehung mit dem Winkel α = 2 ⋅ π / 6 um das Drehzentrum O läßt nicht nur das<br />

k<br />

Ornament, sondern auch das Gitter invariant (vgl. Abb. 48). Da die Punkte D ( E )<br />

Pk = n,<br />

O 1 mit<br />

k ∈ ℕ ein regelmäßiges Sechseck bilden, gehören sie auch alle zum Gitter <strong>und</strong> es gilt P6 = E1.<br />

Nun muß aber auch E2 mit einem der Punkte P1, ..., P5 identisch sein. E2 kann nun so gewählt<br />

werden, daß er durch die Drehung D n,<br />

O aus E1 hervorgeht. Die Einheitszellen des Gitters sind<br />

demnach Rhomben, die aus gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzt sind. Ebenso sind<br />

auch die 3-Zentren an diesen speziellen Gittertyp geb<strong>und</strong>en.<br />

Wenn das Flächenornament ein 4-Zentrum besitzt, so müssen die Einheitszellen quadratisch<br />

sein (vgl. Abb. 49).<br />

Abbildung 49: Quadratische Einheitszelle<br />

Ein spezieller Gittertyp ist bei Flächenornamenten mit einem 2-Zentrum nicht nötig. Hier<br />

genügt ein beliebiges Parallelogramm. Wenn man von der <strong>Symmetrie</strong>gruppe aber noch<br />

Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen fordert, so ergeben sich auch hier spezielle Gittertypen.<br />

Es sei Sg eine Achsenspiegelung mit O ∈ g <strong>und</strong> E1 ∉ g. Dann muß Sg(E1) ein weiterer<br />

Gitterpunkt sein. Hierfür sind zwei Fälle möglich:<br />

1. Der Ursprung O des Koordinatensystems liegt auf der Geraden, die durch E1 <strong>und</strong> S(E1)<br />

verläuft (vgl. Abb. 50). Für jeden Gitterpunkt P, mit Ortsvektor p <strong>und</strong> seinem<br />

Spiegelbild S(P) mit dem Ortsvektor p´, liegt der Gitterpunkt mit dem Ortsvektor p + p´<br />

auf der Spiegelachse. Unter all diesen Punkten gibt es einen Punkt, der den kleinsten<br />

Abstand (d ≥ 0) zu O hat. Dies muß E2 sein. Somit wird die Einheitszelle von den<br />

Vektoren OE 1 <strong>und</strong> OE 2 aufgespannt.<br />

P2<br />

P1<br />

O<br />

E2<br />

P3<br />

P4<br />

E1


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 48<br />

Abbildung 50: Rechteckige Einheitszelle; Spiegelachse senkrecht zu OE1<br />

2. In diesem Fall liegt O nicht auf der Geraden, die durch E1 <strong>und</strong> S(E1) = E1´ verläuft. Die<br />

zwei Vektoren OE 1 <strong>und</strong><br />

E 1<br />

S(E 1 )<br />

´<br />

OE 1 sind linear unabhängig. Deren Summe führt zu einem<br />

Gitterpunkt E2 ≠ O. E2 liegt auf der Spiegelachse <strong>und</strong> die Gitterpunkte OE1E2E1´ bilden in<br />

diesem Fall einen Rhombus, wie man der Abb. 51 entnehmen kann.<br />

O<br />

O<br />

E 1<br />

S(E 1 ) = E 1 ´<br />

Abbildung 51: Rhombische Einheitszelle; Spiegelachse nicht senkrecht zu OE1<br />

E 2<br />

E 2<br />

S g<br />

S g


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 49<br />

Für Flächenornamente können also folgende Gittertypen auftreten:<br />

Parallelogramm, Rechteck, Rhombus, Quadrat <strong>und</strong> Rhombus (besteht aus gleichseitigen<br />

[60° Winkel] Dreiecken).<br />

Der Leser kann nun ohne weiteres nachvollziehen, daß die folgenden Bewegungen der<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe für die verschiedenen Gitter zulässig sind.<br />

Parallelogramm: Translationen <strong>und</strong> 2-Zentren sind möglich.<br />

Rechteck: Translationen, 2-Zentren, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen sind<br />

möglich.<br />

Rhombus: Translationen, 2-Zentren, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen sind<br />

möglich.<br />

Quadrat: Translationen, 2- <strong>und</strong> 4-Zentren, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen<br />

sind möglich.<br />

Rhombus (60°): Translationen, 2-, 3- <strong>und</strong> 6-Zentren, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen<br />

sind möglich.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 50<br />

Um eine Klassifizierung (nach Klemm, M.) der Wandmuster nach mathematischen Gesichtspunkten<br />

der Gruppentheorie vornehmen zu können, ist es notwendig, Überlegungen<br />

anzustellen, in welcher Weise sich die Kongruenzabbildungen eines Wandmusters zu einer<br />

Ornamentgruppe zusammensetzen.<br />

1. Die Ornamentgruppe p1 besteht nur aus Translationen. Die Lage der Basistranslationen<br />

zueinander ist dabei beliebig <strong>und</strong> linear unabhängig.<br />

Abbildung 52 Abbildung 53<br />

2. Die Ornamentgruppe p2 enthält Translationen <strong>und</strong> Halbdrehungen. Die Drehzentren<br />

bilden ein Netz mit Punkten, deren Abstände halb so groß sind wie die Abmessungen des<br />

Translationsnetzes (siehe <strong>Symmetrie</strong>diagramm).<br />

Abbildung 54 Abbildung 55


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 51<br />

3. Die Ornamentgruppe pm besteht aus Translationen <strong>und</strong> Spiegelungen, deren<br />

Spiegelachsen parallel zueinander verlaufen. Die Spiegelachsen sind in dieser Gruppe<br />

zugleich auch Gleitspiegelachsen. Das <strong>Symmetrie</strong>diagramm ergibt sich durch zwei<br />

zueinander senkrechte Vektoren der Basistranslationen.<br />

Abbildung 56 Abbildung 57<br />

4. Die Ornamentgruppe pg besteht aus Translationen <strong>und</strong> echten Gleitspiegelungen (d. h. die<br />

Gleitspiegelachse ist nicht mit einer Spiegelachse identisch; vergleiche mit<br />

Ornamentgruppe pm, in der die Spiegelachse mit der Gleitspiegelachse übereinstimmt),<br />

deren Achsen parallel zueinander verlaufen. Die Gleitvektoren sind durch (z+1/2)⋅v<br />

gegeben, mit z ∈ ℤ <strong>und</strong> v sei der Vektor einer Basistranslation.<br />

Abbildung 58 Abbildung 59


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 52<br />

5. Die Ornamentgruppe cm besteht aus Translationen, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen,<br />

deren Achsen parallel zueinander verlaufen. Dabei entsprechen die doppelten<br />

Gleitvektoren einer Translation dieser Ornamentgruppe.<br />

Abbildung 60 Abbildung 61<br />

6. Die Ornamentgruppe pmm entsteht durch die Kombination der beiden Ornamentgruppen<br />

p2 <strong>und</strong> pm. Entsprechend enthält die Gruppe pmm Translationen, Halbdrehungen <strong>und</strong><br />

Spiegelungen, deren Achsen zugleich auch Gleitspiegelachsen sind.<br />

Abbildung 62 Abbildung 63<br />

7. Die Ornamentgruppe pmg entsteht durch die Kombination der Gruppen p2, pm <strong>und</strong> pg<br />

der Wandmuster. Demnach besteht pmg aus Translationen, Halbdrehungen, Spiegelungen<br />

<strong>und</strong> echten Gleitspiegelungen.<br />

Abbildung 64 Abbildung 65


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 53<br />

8. Die Ornamentgruppe pgg entsteht durch die Kombination der Ornamentgruppen p2 <strong>und</strong><br />

pg. Somit enthält diese Gruppe Translationen, Halbdrehungen <strong>und</strong> echte Gleitspiegelungen.<br />

Abbildung 66 Abbildung 67<br />

9. Die Ornamentgruppe cmm enthält die Transformationen der Gruppen p2 <strong>und</strong> cm. Es<br />

handelt sich hier um eine Gruppe mit Translationen, Halbdrehungen, Spiegelungen <strong>und</strong><br />

Gleitspiegelungen.<br />

Abbildung 68 Abbildung 69<br />

10. Die Ornamentgruppe p4 besteht aus Translationen <strong>und</strong> Vierteldrehungen, deren<br />

Drehzentren natürlich auch Drehzentren der Halbdrehungen sind. Das Translationsnetz ist<br />

ebenso quadratisch wie das Netz der Drehzentren.<br />

Abbildung 70 Abbildung 71<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 54<br />

11. Die Ornamentgruppe p4m ergibt sich durch die Kombination der Ornamentgruppen p4<br />

<strong>und</strong> pmm. Demnach verfügt diese Gruppe über Elemente wie Translationen,<br />

Vierteldrehungen, Halbdrehungen, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen, welche die<br />

gleiche Achse haben wie die Spiegelung.<br />

Abbildung 72 Abbildung 73<br />

12. Die Ornamentgruppe p4g ergibt sich durch die Kombination der Wandmustergruppen p4,<br />

pgg <strong>und</strong> cmm. Die Gruppe p4g enthält Translationen, Vierteldrehungen, Halbdrehungen,<br />

Spiegelungen <strong>und</strong> echte Gleitspiegelungen.<br />

Abbildung 74 Abbildung 75<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4<br />

4


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 55<br />

13. Die Ornamentgruppe p3 besteht aus Translationen <strong>und</strong> Dritteldrehungen. Das<br />

Translationsnetz wird durch zwei gleich lange Basistranslationsvektoren erzeugt <strong>und</strong><br />

bildet aufgr<strong>und</strong> der Dritteldrehungen ein hexagonales Netz. Ebenso bilden die Punkte der<br />

Drehzentren ein hexagonales Netz.<br />

Abbildung 76 Abbildung 77<br />

14. Die Ornamentgruppe p6 ergibt sich durch die Kombination der Wandmustergruppen p2<br />

<strong>und</strong> p3. Diese Ornamentgruppe besteht aus Translationen, Dritteldrehungen <strong>und</strong><br />

Halbdrehungen. Daraus ergeben sich zusätzlich noch Sechsteldrehungen.<br />

Abbildung 78 Abbildung 79<br />

3 3<br />

6<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

6<br />

6<br />

3 6


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 56<br />

15. Die Ornamentgruppe p31m ergibt sich durch die Kombination der Gruppen cm <strong>und</strong> p3.<br />

Somit besteht die Gruppe p31m aus Translationen, Dritteldrehungen, Spiegelungen <strong>und</strong><br />

Gleitspiegelungen an zueinander parallelen Achsen. Allerdings liegen in dieser Gruppe<br />

nicht alle Drehpunkte auf den Spiegelachsen.<br />

Abbildung 80 Abbildung 81<br />

16. Die Ornamentgruppe p3m1 ergibt sich durch die Kombination der Gruppen cm <strong>und</strong> p3. In<br />

dieser Gruppe liegen im Vergleich zur Gruppe p31m aber alle Drehpunkte auf den<br />

Spiegelachsen.<br />

Abbildung 82 Abbildung 83<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3 3


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 57<br />

17. Die Ornamentgruppe p6m ergibt sich durch die Kombination der Gruppen p6, p31m <strong>und</strong><br />

p3m1. Demnach besteht die Gruppe p6m aus Translationen, Sechsteldrehungen,<br />

Dritteldrehungen, Halbdrehungen, Spiegelungen <strong>und</strong> Gleitspiegelungen an zueinander<br />

parallelen Achsen. Hier liegen alle Drehzentren auf den Spiegelachsen.<br />

Abbildung 84 Abbildung 85<br />

Alle Basistranslationsvektoren sind linear unabhängig zueinander.<br />

Es gibt also insgesamt 17 verschiedene Ornamentgruppen.<br />

Satz 6.6.:<br />

Es gibt genau 17 Typen von Ornamentgruppen.<br />

• Die fünf Typen ohne Spiegelung oder Gleitspiegelung: p1, p2, p3, p4, p6.<br />

• Die drei Typen ohne Drehungen: pm, pg, cm.<br />

• Die vier Typen mit Spiegelung oder Gleitspiegelung <strong>und</strong> nur Halbdrehungen: pmm, pgg,<br />

pmg, cmm.<br />

6 3 3<br />

• Die fünf Typen mit Spiegelungen, Gleitspiegelungen <strong>und</strong> Drehungen mit einem<br />

Drehwinkel kleiner als 180°: p4m, p4g, p6m, p31m, p3m1.<br />

Auf den Beweis des Satzes wird an dieser Stelle verzichtet, da er sehr komplex <strong>und</strong><br />

umfangreich ist. Für interessierte Leser sei auf das Buch von Klemm, M.: „<strong>Symmetrie</strong>n von<br />

Ornamenten <strong>und</strong> Kristallen“ verwiesen. In diesem Buch wird ein vollständiger Beweis für die<br />

Existenz von genau 17 Ornamentgruppen gegeben.<br />

Die verwendeten Bezeichnungen für die kristallographischen Gruppen sind international<br />

üblich. Um deren Bedeutung etwas besser zu verstehen, soll im folgenden auf die Symbole<br />

eingegangen werden:<br />

6<br />

6<br />

6


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 58<br />

• Der Buchstabe p bezeichnet die primitive Zelle oder auch Einheitszelle.<br />

• Der Buchstabe c taucht in der Bezeichnung auf, wenn die Translationsvektoren ein Netz<br />

bilden, das sich aus zentrierten Rechtecken zusammensetzt. In diesem Fall ist die<br />

Einheitszelle zentriert in das Rechteck (centered cell) eingelagert. Die Fläche des<br />

Rechtecks ist dabei doppelt so groß wie die der Einheitszelle.<br />

• Die Ziffern 2, 3, 4 <strong>und</strong> 6 beschreiben die Ordnung der Drehzentren.<br />

• Der Buchstabe m leitet sich vom englischen Wort mirror ab <strong>und</strong> deutet auf das<br />

Vorhandensein von Spiegelachsen hin.<br />

• Der Buchstabe g weist auf die Existenz von Gleitspiegelungen hin.<br />

• Die Ziffer 1 nimmt nur bei den Ornamentgruppen p31m <strong>und</strong> p3m1 eine Sonderrolle ein.<br />

Hier können zwei Fälle unterschieden werden:<br />

1. Wenn die 1 an dritter Stelle der Bezeichnung der kristallographischen Gruppe (p31m)<br />

steht, dann wird damit verdeutlicht, daß weder Spiegelungsachsen noch<br />

Gleitspiegelungsachsen senkrecht zu den Kanten der Einheitszelle verlaufen.<br />

2. Wenn die 1 an vierter Stelle der Bezeichnung der kristallographischen Gruppe (p3m1)<br />

steht, dann wird damit verdeutlicht, daß es keine Achsen in der Einheitszelle gibt, die<br />

deren Kanten unter einem 60° Winkel schneiden.<br />

Es existieren aber auch noch andere Bezeichnungsweisen der Ornamentgruppen. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> möchte ich die verschiedenen Bezeichnungsweisen gegenüberstellen. Die Buchstaben<br />

k <strong>und</strong> g stehen in der polyaschen Bezeichnungsweise für Klapp- <strong>und</strong> Gleitachsen:


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 59<br />

Wandgruppenmuster<br />

Polyasche<br />

Bezeichnung<br />

Internationale<br />

Bezeichnung<br />

W1 C p1 p1<br />

1<br />

W2 C p2 p2<br />

2<br />

W3 C p3 p3<br />

3<br />

W4 C p4 p4<br />

4<br />

W6 C p6 p6<br />

6<br />

1<br />

W D kg<br />

cm cm<br />

1<br />

1<br />

2<br />

W D kk<br />

pm pm<br />

1<br />

1<br />

3<br />

W D gg<br />

pg pg<br />

1<br />

1<br />

1<br />

W D kgkg cmm c2mm<br />

2<br />

2<br />

2<br />

W D kkkk pmm p2mm<br />

2<br />

2<br />

3<br />

W D kkgg pmg p2mg<br />

2<br />

2<br />

4<br />

W D gggg pgg p2gg<br />

2<br />

2<br />

1<br />

W3<br />

2<br />

W3<br />

1<br />

W4<br />

2<br />

W4<br />

*<br />

D p3m1 p3m1<br />

3<br />

�<br />

D p31m p31m<br />

3<br />

*<br />

D p4m p4mm<br />

4<br />

�<br />

D p4g p4gm<br />

4<br />

1<br />

W D p6m p6mm<br />

6<br />

6<br />

Bez.: Bigalke /<br />

Wippermann<br />

Eine Anmerkung möchte ich noch zu den Drehzentren n-ter Ordnung machen. In der<br />

einschlägigen Literatur werden für Drehungen von höchster Ordnung häufig folgende<br />

Bezeichnungen verwendet:<br />

Wenn die Drehung höchster Ordnung n = 2 ist, spricht man auch von einer Digyre, für n = 3<br />

von einem Trigyre, für n = 4 von einem Tetragyre <strong>und</strong> für n = 6 von einem Hexagyre.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 60<br />

„Recognition and classification of periodic patterns can be fun: in fact once you begin looking<br />

for them, you become aware of how suro<strong>und</strong>ed we are by these ornamental designs. (There is<br />

a slight warning to those who engage in this pastime. While staring at a stranger’s printed<br />

dress or gazing intently at a carpet design, you may find yourself the object of curious<br />

stares!)“ 13<br />

Abbildung 86: Flächenornament in einer zypriotischen Siedlung vom Typ pmm.<br />

Bodenmosaik im Haus des Dionysos, Paphos, Zypern.<br />

Wenn man von einem gegebenen Ornamentmuster die zugehörige Ornamentgruppe ermitteln<br />

möchte, so kann man sich des folgenden Entscheidungsalgorithmus (siehe Abb. 87) bedienen:<br />

13 Zitat aus: Herfort, P. / Klotz, A.: Ornamente <strong>und</strong> Fraktale / S. 39.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 61<br />

Nur noch<br />

Translationen ?<br />

p2<br />

ja<br />

Spiegelachsen ?<br />

Drehzentrum<br />

außerhalb der<br />

Spiegelachse ?<br />

Orthogonale<br />

Spiegelachsen ?<br />

ja<br />

ja<br />

ja<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

cmm pmg<br />

nein<br />

nein<br />

pgg<br />

pmm<br />

Als Drehungen nur<br />

Halbdrehungen ?<br />

Nur noch<br />

Translationen ?<br />

p3<br />

ja<br />

Ornament<br />

Drehungen ?<br />

Als Drehungen nur<br />

Dritteldrehungen ?<br />

ja<br />

ja<br />

Drehzentrum<br />

außerhalb der<br />

Spiegelachse ?<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

p31m p3m1<br />

Translationen ?<br />

Vierteldrehungen?<br />

Spiegelachsen ?<br />

Spiegelachse durch<br />

4-er Zentrum ?<br />

Abbildung 87: Entscheidungsalgorithmus über den Flächenornamenttyp.<br />

nein<br />

p4m<br />

ja<br />

nein<br />

ja<br />

p1 Spiegelachsen ?<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

p4g<br />

ja<br />

nein<br />

Gleitspiegelachsen,<br />

die keine Spiegelachsen<br />

sind ?<br />

nein<br />

p4<br />

ja<br />

cm<br />

ja<br />

Spiegelachsen<br />

?<br />

ja<br />

p6m<br />

nein<br />

pm<br />

p6<br />

nein<br />

pg<br />

nein<br />

nein


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 62<br />

7. Homöometrie<br />

Ebenso wie der Begriff <strong>Symmetrie</strong> stammt auch das Wort Homöometrie aus dem<br />

griechischen <strong>und</strong> bedeutet so viel wie Gleichartigkeit. Er unterscheidet sich aber von der<br />

<strong>Symmetrie</strong> in dem Punkt, daß in der Homöometrie Änderungen möglich sind, diese aber in<br />

immer gleicher Weise auftreten müssen. Eine solche Gleichartigkeit findet man<br />

beispielsweise in dem Pflanzenwachstum. Hier ist zu beobachten, daß die Blätter entlang des<br />

Stiels in gleichmäßiger Weise zum Ende hin immer kleiner werden. Wenn man nun die sieben<br />

einseitigen Friesornamente (7) betrachtet, so kommen aus der Homöometrie (nach Preisinger)<br />

noch drei homöometrische Friesgruppen hinzu. Die Bewegungen B entsprechen in diesem<br />

Kapitel nicht der Definition 2.1. Die homöometrischen Friesgruppen werden nach<br />

Schubnikow <strong>und</strong> Koptsik bezeichnet. Es handelt sich um die homöometrischen Gruppen:<br />

1<br />

p s<br />

p s 1m<br />

p s1a s<br />

Abbildung 88<br />

Abbildung 89<br />

Abbildung 90


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 63<br />

In der Baukunst hat sich beispielsweise die Gotik der Homöometrie bedient, während die<br />

Romantik nur <strong>Symmetrie</strong> mit gleichem Maß verwendet hat.<br />

8. Zweiseitige Fries- <strong>und</strong> Flächenornamente<br />

Die bisherigen Fries (7) - <strong>und</strong> Flächenornamente (17) waren jeweils einseitig. Um deren<br />

Betrachtung abzur<strong>und</strong>en möchte, ich erwähnen, daß es auch möglich ist, zweiseitige Fries<strong>und</strong><br />

Flächenornamente zu erzeugen. Dies ist dann der Fall, wenn sich zwei Linien<br />

überschneiden. Es existieren 31 zweiseitige Friesornamente (nach Preisinger). Beispiele für<br />

diese Art der Friesornamente (vgl. Abb. 91 + 92) findet man unter anderem in der Alhambra<br />

in Granada.<br />

Abbildung 91: Einseitiges Friesornament vom Typ p1.<br />

Abbildung 92: Zweiseitiges Friesornament vom Typ p11a.<br />

Bei den zweiseitigen Flächenornamenten existieren 80 Gruppen. Für die zweiseitigen<br />

Friesornamente (31) erhöht sich die Zahl der Friesgruppen um elf homöometrische Gruppen.<br />

Insgesamt gibt es also:<br />

Einseitige Friesornamentgruppen 7<br />

Zweiseitige Friesornamentgruppen 31<br />

Einseitige Friesornamentgruppen (homöometrisch) 10<br />

Zweiseitige Friesornamentgruppen (homöometrisch) 42<br />

Einseitige Flächenornamentgruppen 17<br />

Zweiseitige Flächenornamentgruppen 80


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 64<br />

9. Die <strong>Symmetrie</strong> in der Kristallographie<br />

Da die Untersuchung von Flächenornamenten im wesentlichen auf den Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

Kristallographie beruht, möchte ich einen kurzen Einblick in die Wissenschaft der<br />

Kristallographie gewähren.<br />

Die moderne Kristallographie befaßt sich mit der räumlichen Anordnung der Atome<br />

(Struktur) in der Materie, mit den Änderungen des strukturellen Aufbaus, sowie mit den<br />

physikalischen, chemischen, material- <strong>und</strong> geowissenschaftlichen <strong>und</strong> technischen<br />

Eigenschaften fester Stoffe. In Deutschland hat sich die Kristallographie aus der Mineralogie<br />

<strong>und</strong> seit etwa 1850 aus der Physik entwickelt. Mit der Entdeckung der Beugung von<br />

Röntgenstrahlen an Kristallen (1912) <strong>und</strong> der Entdeckung der periodischen Anordnung der<br />

Atome in Kristallen durch Max von Laue, entwickelte sich die Kristallographie zu einer<br />

modernen Wissenschaft, die somit im Zentrum der Kristallstrukturanalyse stand. Diese neu<br />

erworbenen Kenntnisse führten zu einer gravierenden Veränderung des „Weltbildes“. Auch in<br />

heutiger Zeit ist die Kristallwissenschaft von überaus großer Bedeutung. Sie findet<br />

beispielsweise ihre Anwendung in den Werkstoffwissenschaften. Aber auch in der Biologie<br />

war sie von immanenter Wichtigkeit, da erst durch die Kristallographie eine<br />

Strukturaufklärung der DNS-Doppelhelix möglich wurde. Außerdem sind auch Aussagen<br />

über chemische <strong>und</strong> biologische Funktionen von Proteinen möglich geworden.<br />

Nun liegen der Kristallstrukturlehre aber auch <strong>Symmetrie</strong>operationen zugr<strong>und</strong>e, deren<br />

Bedeutung weit über das Gebiet der Kristallographie hinaus reicht. Wenn man zum Beispiel<br />

ein Kristall in idealisierter Form (ohne Baufehler) betrachtet, so lassen sich daraus die 230<br />

Raumgruppen ableiten. Durch Projektion einer Kristallstruktur in die Ebene (vergleichbar mit<br />

einem Röntgenbild), ergeben sich die sogenannten Fries- <strong>und</strong> Ornamentgruppen, die von dem<br />

Mathematiker Georg Pólya untersucht wurden.<br />

Georg Pólya (13.12.1887 – 07.09.1985) arbeitete unter anderem auch<br />

mit dem Kristallographen Paul Niggli zusammen, der Schriftleiter der<br />

„Zeitschrift für Kristallographie“ war. In dieser Zeitschrift wurde auch<br />

die „gruppentheoretische Klassifikationsfrage der Ornamentmuster in<br />

übersichtlicher Darstellung <strong>und</strong> mit einer geschlossenen<br />

Beweisführung“ 14 aufgearbeitet. Abbildung 93: G. Pólya<br />

14 Zitat aus: Flachsmeyer, J.: Mathematik <strong>und</strong> ornamentale Kunstformen / S.107.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 65<br />

10. Parkettierung der euklidischen Ebene<br />

Definition 10.1.:<br />

Unter einem Parkett (vgl. Abb. 94) verstehen wir die lückenlose <strong>und</strong> überlappungsfreie<br />

Überdeckung der euklidischen Ebene mit nur kongruenten Parkettsteinen.<br />

Abbildung 94: Beispiele für Parkettmuster<br />

In der Kristallographie <strong>und</strong> der Physik wird der dreidimensionale Raum in sogenannte<br />

Dirichlet-Kammern15 unterteilt. Dabei wird ein System von regelmäßig angeordneten,<br />

punktförmigen Zentren betrachtet. Diesen Zentren werden die Dirichlet-Kammern<br />

zugeordnet. Darunter ist eine Art Einzugsbereich von Punkten zu verstehen, der aus genau<br />

den Punkten besteht, die keinem anderen als dem eben betrachten Zentrum näher liegen.<br />

Anwendung findet dies bei der Untersuchung der relativen Lage von Atomkernen. In unserem<br />

Fall beschränken wir uns jedoch auf den zweidimensionalen euklidischen Raum <strong>und</strong> einer<br />

analogen Einteilung in Dirichlet-Kammern, wie dies zum Beispiel bei einem Kristallgitter in<br />

der Ebene der Fall ist. Die <strong>Symmetrie</strong>gruppe dieses Kristalls ist dann eine der 17<br />

Ornamentgruppen, die bereits vorgestellt wurden. Wir erhalten ein System von Zentren, in<br />

dem wir alle Elemente einer Ornamentgruppe nacheinander auf ein vorgegebenes Zentrum<br />

anwenden. Somit erhalten wir lauter deckungsgleiche konvexe Vielecke, welche die Ebene<br />

Abbildung 95: L. Dirichlet (1805 – 1859)<br />

15 Benannt nach dem Mathematiker L. Dirichlet.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 66<br />

lückenlos <strong>und</strong> überlappungsfrei überdecken; also eine Parkettierung bilden. Ein Parkettstein<br />

kann als Ornament auffaßt werden, indem man lediglich seinen Rand betrachtet. Demnach<br />

verstehen wir unter der <strong>Symmetrie</strong> eines Parketts gerade die <strong>Symmetrie</strong> des zugehörigen<br />

Ornaments. Mit den Dirichlet-Kammern (vgl. Abb. 96) lassen sich sogenannte Dirichlet-<br />

Parketts bilden, bei denen jeder Parkettstein durch eine geeignete <strong>Symmetrie</strong> in jeden anderen<br />

überführt werden kann.<br />

Abbildung 96: Beispiele für Dirichlet-Kammern<br />

Definition 10.2.:<br />

Ein Parkett P heißt regulär, wenn seine Ornamentgruppe O(P) auf dem Parkett<br />

bereichstransitiv operiert.<br />

Die Definition besagt lediglich, daß alle Parkettsteine in ein <strong>und</strong> derselben Weise von der<br />

Gesamtheit der anderen Steine umgeben sind. Die Menge aller Randpunkte bildet ein<br />

zusammenhängendes Netz in der Ebene.<br />

10.1. Laves-Netze<br />

Definition 10.3.:<br />

Zwei Ornamentgruppen O1 <strong>und</strong> O2 gehören zu demselben Typ von Ornamentgruppen, wenn<br />

es eine affine Abbildung α gibt, durch welche die Diagramme der zwei Ornamentgruppen<br />

aufeinander abgebildet werden können mit α -1 ⋅ O1 ⋅ α = O2.<br />

O1 <strong>und</strong> O2 heißen dann zueinander äquivalent.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 67<br />

Definition 10.4.:<br />

Unter einem Laves-Netz verstehen wir eine Klasse topologisch äquivalenter Netze, die bei<br />

regulären Parketts auftreten können. Ein Laves-Netz wird durch die Angabe des Zyklus der<br />

Eckenordnung angegeben.<br />

Abbildung 97: Zwei reguläre Parketts mit der Ornamentgruppe cm <strong>und</strong> den<br />

Eckenzyklen 333333 <strong>und</strong> 44333<br />

Die Abbildung 97 veranschaulicht, daß reguläre Parketts mit gleichen Ornamentgruppen<br />

durchaus unterschiedliche Zyklen von Eckenordnungen besitzen können. Dies bedeutet eine<br />

bisher noch ungenügende Typisierung der Parketts, da sie sich noch wesentlich voneinander<br />

unterscheiden. Abhilfe schafft hier der folgende Satz, der zur weiteren Typisierung der<br />

Parketts benötigt wird. Nach Bigalke / Wippermann gilt:<br />

Satz 10.1.:<br />

Es existieren genau 11 topologisch verschiedene Laves-Netze für reguläre Parketts.<br />

Beweis 10.1.:<br />

Im folgenden Beweis wird die Eulersche Polyederformel herangezogen. Jedoch müssen wir<br />

beachten, daß die von uns betrachteten Netze der Parketts unendlich sind, während die<br />

Eulersche Polyederformel nur für endliche Netze gültig ist. Da wir jedoch nur einen endlichen<br />

Teil des Netzes betrachten, geht die Eigenschaft der Regularität verloren (vgl. Abb. 98).<br />

Abbildung 98: Reguläres Parkett 43433 pmg.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 68<br />

Die verlorengegangene Eigenschaft, daß alle Parkettsteine in gleicher Weise von allen<br />

anderen umgeben sein sollen, kann jedoch durch einen Trick zurückgewonnen werden.<br />

Stellen wir uns das Netz des Parketts auf einem Torus realisiert vor. In dem Kapitel<br />

Ornamentgruppen haben wir festgestellt, daß sich zu jeder Ornamentgruppe zwei linear<br />

unabhängige Vektoren finden lassen. Die beiden Vektoren geben eine Translation an, durch<br />

die das Netz auf sich selbst abgebildet wird. Nun betrachten wir einen Ausschnitt des<br />

Parketts, der die Form eines Parallelogramms hat, welches durch die beiden Vektoren der<br />

Translation aufgespannt wird. In den Abbildungen 99 <strong>und</strong> 100 wird verdeutlicht, wie sich das<br />

Abbildung 99: Endlicher Teil des Parketts 43433, pgm Abbildung 100: Ausschnitt des Parketts<br />

Netz mit dem Parallelogramm schneidet. Dabei entsprechen sich jeweils zwei Punkte auf<br />

gegenüberliegenden Seiten, weil sie durch die angegebene Translation aufeinander abgebildet<br />

werden können. Dies wird durch gleiche Buchstaben kenntlich gemacht. Das ermöglicht uns,<br />

den ausgeschnittenen Teil des Netzes auf einem Torus einzubetten. Auf dem Torus haben wir<br />

somit ein Netz erzeugt, bei dem jede Fläche auf gleiche (topologische) Weise von allen<br />

anderen Flächen umgeben ist. Es ist uns gelungen, nun doch noch die Eulersche<br />

Polyederformel anwenden zu können. Für den Torus lautet sie:<br />

e – k + f = 0 .<br />

F<br />

A B<br />

Abbildung 101: L. Euler (1707 – 1783)<br />

E<br />

D<br />

A B<br />

C<br />

C<br />

F<br />

E<br />

D


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 69<br />

Die Variablen e, k <strong>und</strong> f geben die Anzahl der Ecken (e), Kanten (k) <strong>und</strong> Flächen (f) des<br />

eingebetteten Graphen auf dem Torus an. Bei der dazu äquivalenten Gleichung<br />

e<br />

f<br />

−<br />

k<br />

f<br />

+ 1 = 0<br />

kann man die beiden Quotienten als „Anteil der Eckenzahl pro Fläche“ <strong>und</strong> „Anteil der<br />

Kantenzahl pro Fläche“ 16 interpretieren. Wenn n die Anzahl der Ecken auf dem Rand einer<br />

Fläche ist <strong>und</strong> i1, i2, ..., in die Ordnungen dieser Ecken sind, dann ergibt sich die Gleichung<br />

e<br />

f<br />

=<br />

1<br />

i<br />

n<br />

�<br />

m= 1 m<br />

,<br />

da die Ecke im zu genau m Flächen gehört <strong>und</strong> deshalb den Beitrag 1/im pro Anteil der<br />

Eckenanzahl pro Fläche liefert.<br />

Da jede Kante zu genau zwei Flächen gehört, liefert sie den Beitrag 1/2 zum Anteil der<br />

Kantenanzahl pro Fläche <strong>und</strong> es gilt:<br />

k n<br />

=<br />

f 2<br />

Durch Ersetzen ergibt sich die Gleichung<br />

1<br />

i<br />

n<br />

�<br />

m= 1 m<br />

−<br />

n<br />

2<br />

+ 1 = 0 .<br />

Jede Ecke hat mindestens die Ordnung 3 <strong>und</strong> so gilt für jedes m = 1, 2, 3, ..., n die<br />

Nebenbedingung im ≥ 3, wodurch sich die Ungleichung<br />

n<br />

3<br />

−<br />

n<br />

2<br />

+ 1 = 0<br />

16 Zitat aus: Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen S. 269.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 70<br />

ergibt, was gleichzeitig die Einschränkung n ≤ 6 erzwingt. Somit haben wir die diophantische<br />

n n<br />

Gleichung − + 1 = 0 nur für n = 3, 4, 5, 6 zu untersuchen. Aufgr<strong>und</strong> der Einschränkung<br />

3 2<br />

n ≤ 6 ergeben sich nur endlich viele Lösungsmöglichkeiten. Die Lösungen können in Form<br />

von Tupeln angegeben werden, die sich mit einem relativ einfachen Computerprogramm<br />

berechnen lassen (vergleiche mit Bigalke, H. G. / Wippermann, H.).<br />

Nach der Bestimmung der Lösungstupel für die Laves-Netze muß überprüft werden, ob es<br />

auch wirklich ein solches Laves-Netz gibt, das den Zyklus der Eckenordnung gemäß dem<br />

Lösungstupel erfüllt. Anhand eines Beispiels möchte ich verdeutlichen, wie eine solche<br />

Überprüfung aussehen kann. Dazu nehmen wir uns beispielsweise das Lösungstupel (5, 5, 10)<br />

heraus <strong>und</strong> wir nehmen an, daß es dazu ein Laves-Netz mit dem Zyklus der Eckenordnung<br />

5, 5, 10 gibt. Durch bloßes Probieren findet man leicht heraus, daß eine Realisierung eines<br />

solchen Laves-Netzes nicht möglich ist. Dazu zeichnen wir ein Dreieck, über dessen<br />

5-5-Kante ein zweites Dreieck dieser Art konstruiert wird. Doch schon beim dritten Dreieck<br />

stellen wir fest, daß dieses Problem für das Lösungstupel (5, 5, 10) nicht mehr lösbar ist, da<br />

für das dritte Dreieck nur der Zyklus der Eckenordnung 5, 5, 5 in Frage kommen würde. Zum<br />

besseren Verständnis betrachte man hierzu die Abbildung 102. In analoger Weise werden die<br />

anderen Lösungstupel im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit untersucht (vgl. Bigalke /<br />

Wippermann).<br />

Abbildung 102: Untersuchung zur Realisierbarkeit eines Laves-Netzes zum Lösungstupel (5, 5, 10)


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 71<br />

n Lösungstupel als<br />

Laves-Netz realisierbar<br />

Lösungstupel als<br />

Laves-Netz nicht realisierbar<br />

Bezeichnung des<br />

Laves-Netzes<br />

3 (3, 7, 42)<br />

(3, 8, 24)<br />

(3, 9, 18)<br />

(3, 10, 15)<br />

(3, 12, 12) 12, 12, 3<br />

(4, 5, 20)<br />

(4, 6, 12) 12, 6, 4<br />

(4, 8, 8) 884<br />

(5, 5, 10)<br />

(6, 6, 6) 666<br />

4 (3, 3, 4, 12)<br />

(3, 3, 6, 6) 6363<br />

(3, 4, 4, 6) 6434<br />

(4, 4, 4, 4) 4444<br />

5 (3, 3, 3, 3, 6) 63333<br />

(3, 3, 3, 4, 4) 44333<br />

43433<br />

6 (3, 3, 3, 3, 3, 3) 333333<br />

In der Tabelle können die Ergebnisse einer vollständigen Untersuchung aller Lösungstupel<br />

abgelesen werden. Einen Sonderfall stellt das Lösungstupel (3, 3, 3, 4, 4) dar, weil es zu ihm<br />

zwei Laves-Netze gibt. Demnach gibt es genau 11 Laves-Netze. ■


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 72<br />

Abbildung 103: Repräsentanten der elf Laves-Netze durch Laves-Parketts. Hier sind speziell in jedem<br />

Verzweigungspunkt alle Winkel gleich groß.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 73<br />

Nach Satz 10.1. sind zwei reguläre Parketts genau dann topologisch äquivalent zueinander,<br />

wenn ihnen das gleiche Laves-Netz zugr<strong>und</strong>e liegt. Dies soll durch die Abbildung 104<br />

veranschaulicht werden.<br />

Abbildung 104 a) - b): Zwei zueinander topologisch äquivalente Parketts<br />

Abbildung 105 a) – b): Zwei zueinander nicht topologisch äquivalente Parketts<br />

Wenn wir uns die Abbildung 106 betrachten, stellen wir fest, daß die Typisierung der Parketts<br />

durch deren Ornamentgruppen <strong>und</strong> Laves-Netze offensichtlich noch nicht ausreichend ist.<br />

Obwohl es Parketts gibt, welche den gleichen Ornamenttyp besitzen <strong>und</strong> denen zugleich<br />

dieselben Laves-Netze zugr<strong>und</strong>e liegen, können sie trotzdem immer noch wesentlich<br />

verschieden voneinander sein.<br />

Abbildung 106 a) –d):<br />

Bei den beiden regulären Parketts in 106 a) <strong>und</strong> 106 b), die der Ornamentgruppe cmm<br />

angehören <strong>und</strong> denen das Laves-Netz 4444 zugr<strong>und</strong>e liegt, besitzt jeder Parkettstein in a) zwei<br />

Spiegelungsachsen <strong>und</strong> eine Halbdrehung. Dagegen besitzen die Parkettsteine in b) keine


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 74<br />

<strong>Symmetrie</strong> außer dem trivialen Fall der Identität (der im folgenden nicht weiter erwähnt<br />

werden soll).<br />

Die Parketts in 106 c) <strong>und</strong> 106 d) haben den Ornamentgruppentyp pg <strong>und</strong> das gleiche Laves-<br />

Netz 4444 wie a) <strong>und</strong> b). Obwohl in c) <strong>und</strong> d) die Parkettsteine keine <strong>Symmetrie</strong> aufweisen,<br />

unterscheiden sie sich dennoch. In der Abbildung c) können die Parkettsteine durch eine<br />

Translation in horizontaler Richtung ineinander überführt werden. Dies ist bei dem Parkett in<br />

d) nicht der Fall. Dies bedeutet eine noch unzureichende Charakterisierung durch den<br />

Ornamentgruppentyp <strong>und</strong> das Laves-Netz.<br />

Nach den bisherigen Erkenntnissen haben alle Parkettsteine in einem regulären Parkett 3, 4, 5<br />

oder 6 Nachbarparkettsteine (vergleiche mit den 11 Repräsentanten der Laves-Netze). Dabei<br />

verstehen wir unter den Nachbarn eines Parkettsteines p diejenigen, die mit p mehr als einen<br />

Punkt gemeinsam haben. Aufgr<strong>und</strong> der Regularität gibt es in der Ornamentgruppe O(P) zu<br />

jedem Parkettstein mindestens eine Nachbarabbildung, die p auf einen Nachbarn abbildet.<br />

Außerdem sind alle Parkettsteine mit ihren <strong>Symmetrie</strong>elementen zueinander kongruent, da<br />

jeder Parkettstein in gleicher Weise von allen anderen umgeben ist (regulär). Die Abbildung<br />

107 zeigt die <strong>Symmetrie</strong>elemente der Nachbarabbildungen eines Parkettsteines.<br />

Abbildung 107: Die Pfeile beschreiben die Translation <strong>und</strong> die Linsen<br />

kennzeichnen die Drehzentren der Halbdrehungen<br />

Man kann auf einem regulären Parkett P mit der Ornamentgruppe O(P) einen beliebigen<br />

Parkettstein p mit n Nachbarabbildungen auswählen, durch die der Parkettstein auf seine n<br />

Nachbarn abgebildet werden kann. Die ausgewählten Nachbarabbildungen bilden eine<br />

Gruppe G, die auf dem ganzen Parkett bereichstransitiv operiert. Wir bezeichnen die n<br />

ausgewählten Nachbarabbildungen mit a 1,<br />

a 2 ,..., a n . Eine beliebige Abbildung ai soll nun<br />

nicht nur den Parkettstein p auf seinen Nachbarn pi (mit i ∈ {1, 2, ..., n}) abbilden. Weiterhin


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 75<br />

sollen auch all seine <strong>Symmetrie</strong>elemente A 1,<br />

A 2 ,..., A n der Abbildungen a 1,<br />

a 2 ,..., a n mit<br />

abgebildet werden. Deren Bilder werden mit A 1,<br />

A 2 ,..., A n <strong>und</strong> die dazugehörigen<br />

Abbildungen mit a 1,<br />

a 2 ,..., a n bezeichnet. Diese Abbildungen lassen sich durch Verkettung<br />

−1<br />

<strong>und</strong> Inversenbildung von a 1,<br />

a 2 ,..., a n erzeugen, da a j = a i � a j � a i für alle j ∈ {1, 2, ..., n}<br />

gilt. Somit sind a 1,<br />

a 2 ,..., a n Nachbarabbildungen für den Parkettstein pi <strong>und</strong> zugleich<br />

Elemente von G für alle i ∈ {1, 2, ..., n}. Ebenso kann p auf beliebige Parkettsteine px <strong>und</strong> py<br />

durch eine endliche Folge von Nachbarabbildungen abgebildet werden, wie auch px auf py<br />

durch solche Nachbarabbildungen abgebildet werden können. Somit operiert G auf dem<br />

ganzen Parkett P bereichstransitiv <strong>und</strong> es gilt: G ⊆ O(P). Daraus läßt sich nach Bigalke /<br />

Wippermannn der folgende Satz ableiten.<br />

Satz 10.2.:<br />

Zu einem regulären Parkett P gibt es mindestens n Nachbarabbildungen, durch die ein<br />

Parkettstein auf all seine n Nachbarn abgebildet werden kann. Diese Nachbarabbildungen<br />

bilden eine Ebenengruppe G, die auf dem ganzen Parkett P bereichstransitiv operiert <strong>und</strong> eine<br />

Untergruppe von der Ornamentgruppe O(P) ist. Es gilt: G ⊆ O(P).<br />

Die Gruppe G hängt wesentlich von der Wahl der n Nachbarabbildungen (vgl. Abb. 108) ab,<br />

da die Gruppe G durch sie erzeugt wird. Dazu betrachten wir nochmals die Abbildung 107.<br />

Dieses Parkett ist vom Ornamentgruppentyp cmm <strong>und</strong> es steht uns frei, welche<br />

<strong>Symmetrie</strong>elemente wir daraus auswählen. Wenn wir die vier Translationen als<br />

Nachbarabbildungen wählen, dann ist G vom Typ p1. Falls wir die vier Halbdrehungen<br />

wählen, so ist G vom Typ p2. Für den Fall, daß wir die Gleitspiegelungen an zueinander<br />

parallelen Achsen wählen, ergibt sich für G der Ornamentgruppentyp pg. Für die drei<br />

besprochenen Fälle p1, p2 <strong>und</strong> pg gilt G ⊂ O(P). Wenn wir dagegen die <strong>Symmetrie</strong>elemente<br />

wie in der Abbildung 108 wählen, so gilt G = O(P).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 76<br />

Abbildung 108: Beispiel für die Auswahl von Nachbarabbildungen.<br />

Die gestrichelte Linie ist die Gleitspiegelungsachse <strong>und</strong><br />

die Linse bezeichnet ein zweizähliges Drehzentrum.<br />

10.2. Die 93 Klassen regulärer Parkettierungen<br />

In der folgenden Abbildung 109 wird noch einmal verdeutlicht, wie sich die Parketts<br />

unterscheiden können, obwohl sie alle der Ornamentgruppe p2 angehören <strong>und</strong> ihnen ein<br />

Laves-Netz vom Typ 4444 zugr<strong>und</strong>e liegt. Der Unterschied liegt in den verschiedenen Lagen<br />

der <strong>Symmetrie</strong>elemente der Gruppe p2 in Bezug auf das Laves-Netz. Beispielsweise<br />

Abbildung 109: Unterschiedliche Lage der Drehzentren bezüglich der Netzkanten.<br />

verlaufen in Abbildung 109 die Netzkanten nicht durch alle Drehzentren der Halbdrehungen.<br />

Hierdurch haben wir ein weiteres Charakterisierungsmerkmal für ein Parkett gef<strong>und</strong>en. Neben<br />

der Ornamentgruppe <strong>und</strong> dem Laves-Netz können wir noch zusätzlich die Verknüpfung des<br />

Laves-Netzes mit den <strong>Symmetrie</strong>elementen der jeweiligen Ornamentgruppe vornehmen. Die<br />

Parketts sollen sich jedoch nicht wesentlich voneinander unterscheiden, wenn lediglich die<br />

Ausgestaltung der Parkettsteinkanten verschieden ist.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 77<br />

Das dritte Merkmal soll noch etwas präzisiert werden, wozu folgende Überlegung<br />

durchzuführen ist:<br />

Zu jedem Laves-Netz L gibt es die Gruppe, die aus all seinen topologischen<br />

Automorphismen besteht. Diese induzieren aufgr<strong>und</strong> der Bijektivität eine eindeutige<br />

Permutation der Menge BL, der durch L erzeugten Bereiche. Die Gesamtheit aller<br />

Permutationen bildet eine Gruppe, die wir mit ΠL bezeichnen. Wir können aus BL<br />

zwei beliebige Bereiche B1 <strong>und</strong> B2 auswählen. Dann gibt es genau nL verschiedene<br />

Permutationen aus ΠL, durch welche die beiden Bereiche B1 <strong>und</strong> B2 aufeinander<br />

abgebildet werden können. Die Anzahl nL der Permutationen finden wir, indem wir<br />

uns überlegen, wie der Rand von B1 auf B2 abgebildet werden kann, so daß dabei<br />

gleichzeitig auch L auf sich abgebildet wird. Die Ergebnisse sind der Tabelle auf<br />

Seite 78 zu entnehmen. Die Unabhängigkeit von nL bezüglich der beliebigen Wahl der<br />

beiden Bereiche ist durch die Regularität bedingt. Demnach sind alle Bereiche in<br />

gleicher Weise von allen anderen umgeben. Wenn ein reguläres Parkett P mit dem<br />

Laves-Netz L(P) <strong>und</strong> der Ornamentgruppe O(P) vorliegt, dann wird durch jedes<br />

<strong>Symmetrie</strong>element von O(P) bijektiv eine Permutation der Menge aller Parkettsteine<br />

induziert. All diese Permutationen bilden eine Gruppe ΠP, die zugleich auch<br />

Untergruppe von ΠL ist. Es gilt: ΠP ⊆ ΠL.<br />

Es wäre interessant zu wissen, ob es zu jedem Laves-Netz L ein reguläres Parkett gibt,<br />

so daß ΠP = ΠL gilt. Das Ergebnis liegt uns bereits vor, wenn wir uns nochmals die elf<br />

Repräsentanten der Laves-Netze betrachten. Bei jedem Parkett können alle<br />

Parkettsteine durch nL <strong>Symmetrie</strong>n auf die anderen abgebildet werden. Daher ist die<br />

Gleichung ΠP = ΠL gültig. Solche speziellen Parketts mit der Eigenschaft ΠP = ΠL<br />

werden topologisch komplett genannt. Das dazugehörige Parkett heißt Laves-Parkett<br />

<strong>und</strong> deren Ornamentgruppen werden mit O(Λ) bezeichnet.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 78<br />

L nL Typ von O(Λ)<br />

333333 12 p6m<br />

63333 1 p6<br />

44333 2 Cmm<br />

43433 2 p4g<br />

6434 2 p6m<br />

6363 4 p6m<br />

444 8 p4m<br />

12, 12, 3 2 p6m<br />

12, 4, 6 1 p6m<br />

884 2 p4m<br />

666 6 p6m<br />

Nun haben wir das nötige Werkzeug, um die Verknüpfung eines Laves-Netzes mit den<br />

<strong>Symmetrie</strong>elementen der Ornamentgruppe zu präzisieren:<br />

Es sei ein reguläres Parkett P mit der Ornamentgruppe O(P) <strong>und</strong> dem Laves-Netz L(P)<br />

gegeben. Dann ist es uns möglich, ein entsprechendes Laves-Parkett ΛP mit der<br />

Ornamentgruppe O(ΛP) durch einem Homöomorphismus 17 h so abzubilden, daß auch<br />

sämtliche <strong>Symmetrie</strong>elemente von O(P) auf entsprechende <strong>Symmetrie</strong>elemente der<br />

Gruppe O(ΛP) abgebildet werden. Es gilt: h(P) = ΛP. Durch h wird dann eine<br />

Untergruppe ΓP ⊆ O(P) mit der Eigenschaft ΓP = h -1 ⋅ O(P) ⋅ h definiert.<br />

Wenn wir die <strong>Symmetrie</strong>elemente von ΓP in dem Laves-Parkett ΛP markieren, dann<br />

erhalten wir das, was wir bisher mit „Verknüpfung des Laves-Netzes mit den<br />

<strong>Symmetrie</strong>elementen der <strong>Symmetrie</strong>gruppe“ 18 bezeichnet haben. ■<br />

Die obige Überlegung führt zu dem folgenden Satz in Anlehnung an Bigalke, H. G. /<br />

Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen.<br />

17<br />

Als homöomorph werden Parketts bezeichnet, die vom gleichen Typ sind. (Vgl.: Duden /<br />

Das Fremdwörterbuch)<br />

18<br />

Zitat aus: Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen / S. 280.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 79<br />

Satz 10.3:<br />

Zu jedem Laves-Netz L gibt es eine maximale Ebenengruppe Gmax in folgendem Sinne:<br />

1. Es gibt ein reguläres Laves-Parkett Λ mit dem Laves-Netz L <strong>und</strong> Gmax = O(Λ) als<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe.<br />

2. Wenn ein reguläres Parkett P mit der Ornamentgruppe O(P) ein Laves-Netz L hat, dann<br />

gibt es eine homöomorphe Abbildung h von P auf das Laves-Parkett ΛP, durch welche der<br />

Gruppe O(P) eine isomorphe Untergruppe zugeordnet wird, die bereichstransitiv auf ΛP<br />

operiert: h(P) = ΛP, ΓP = h -1 ⋅ O(P) ⋅ h ⊆ O(ΛP).<br />

Mit Hilfe des Satzes 10.3. können wir jedem regulären Parkett P ein Paar (ΛP, ΓP) zuordnen.<br />

Dieses Paar ist aber nicht immer eindeutig bestimmt.<br />

Abbildung 110 a) – b)<br />

Die Abbildung hätte auch so aussehen können, daß die Drehzentren der Halbdrehungen nicht<br />

auf den horizontalen Seitenmitten (vgl. Abb. 110 b), sondern auf den vertikalen Seitenmitten<br />

der Quadrate liegen. Damit sind die Untergruppen ΓP zwar unterschiedlich, aber die<br />

quadratischen Parketts mit ihren markierten <strong>Symmetrie</strong>elementen zueinander kongruent.<br />

Wenn also ein Parkett P mit der Ornamentgruppe O(P) <strong>und</strong> dem Laves-Netz L auf<br />

unterschiedliche Weise homöomorph auf das zugehörige Laves-Parkett abgebildet wird, so<br />

daß alle <strong>Symmetrie</strong>elemente von O(P) auf <strong>Symmetrie</strong>elemente von O(ΛP) abgebildet werden,<br />

dann können deren Untergruppen ΓP zwar verschieden sein, aber sie sind dann in O(ΛP)<br />

zueinander konjugiert. In diesem Fall wollen wir die dem Parkett P zugeordneten Paare<br />

(ΛP,ΓP) nicht weiter unterscheiden.<br />

Jetzt sind wir soweit, eine Klasseneinteilung der regulären Parketts durchzuführen.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 80<br />

Definition 10.5.:<br />

Zwei reguläre Parketts P <strong>und</strong> Q gehören zum gleichen Parkettyp, wenn die Parketts mit all<br />

ihren <strong>Symmetrie</strong>elementen so auf das gleiche Laves-Parkett Λ homöomorph abgebildet<br />

werden können, daß die ihm zugeordneten Paare (Λ, ΓP) <strong>und</strong> (Λ, ΓQ) gleich sind. Dies<br />

bedeutet, daß ΓP <strong>und</strong> ΓQ bis auf Konjugation gleich sind.<br />

Anleitung:<br />

Um alle möglichen Typen regulärer Parketts zu finden, listen wir zunächst für jedes Laves-<br />

Parkett Λ mit der Ornamentgruppe O(Λ) alle Untergruppen Γ ⊆ O(Λ) auf, welche<br />

bereichstransitiv auf dem Parkett operieren (1. Schritt).<br />

Es wird sich dabei herausstellen, daß diese Menge auch Paare enthält, zu denen kein reguläres<br />

Parkett existiert. Um diese Paare herauszufinden, werden wir bei der nächsten Untersuchung<br />

prüfen, ob in jedem Fall die Kanten des Laves-Parketts so verformt werden können, daß die<br />

<strong>Symmetrie</strong>elemente aus O(Λ) \ Γ nicht mehr <strong>Symmetrie</strong>n des Parketts sind <strong>und</strong> somit die<br />

Gruppe Γ auch <strong>Symmetrie</strong>gruppe des neu erhaltenen regulären Parketts ist. Falls dies zutrifft,<br />

so haben wir einen Typ regulärer Parketts gef<strong>und</strong>en (2. Schritt).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 81<br />

Definition 10.6.:<br />

Unter einer regulären Parkettierung verstehen wir ein Paar (Λ, Γ), das aus einem Laves-<br />

Parkett <strong>und</strong> einer Untergruppe Γ der Ornamentgruppe O(Λ) besteht, die auf dem Laves-<br />

Parkett bereichstransitiv operiert. Zwei reguläre Parkettierungen (Λ, Γ1) <strong>und</strong> (Λ, Γ2) sind vom<br />

gleichen Typ, wenn es einen Homöomorphismus h von Λ auf sich gibt, mit<br />

Γ2 = h -1 ⋅ Γ1 ⋅ h.<br />

Eine Klasse regulärer Parkettierungen vom gleichen Typ wird mit [Λ, Γ] bezeichnet, <strong>und</strong><br />

gegebenenfalls mit Indizes versehen, falls verschiedene nicht zueinander konjugierte<br />

Untergruppen Γ vom gleichen Typ auftreten.<br />

Nun versuchen wir das Diagramm der behandelten Ebenengruppe Γ ⊆ O(Λ) so in das<br />

entsprechende Laves-Parkett Λ „einzupassen“ 19 , daß Γ bereichstransitiv auf Λ operiert. Falls<br />

dies auf verschiedene Weisen gelingen sollte <strong>und</strong> die Gruppendiagramme mit dem Laves-<br />

Parkett nicht zueinander kongruent sind, dann erhalten wir verschiedene Verknüpfungen des<br />

Laves-Netzes mit der Ebenengruppe <strong>und</strong> entsprechend auch verschiedene Paare (Λ, Γ), die<br />

durch Indizes kenntlich gemacht werden.<br />

Abbildung 111: Beispiel für zwei verschiedene Weisen, auf einem Laves-Parkett<br />

[333333, p31m] zu operieren.<br />

Als Beispiel wählen wir die Ornamentgruppe p31m. Diese Gruppe operiert auf zwei<br />

verschiedene Weisen auf dem Laves-Parkett 333333. Man betrachte hierzu die<br />

Abbildung 111.<br />

19 Zitat aus: Bigalke, H, G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen: S. 282.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 82<br />

Nach einigen Vorüberlegungen führen wir nun den 1. Schritt der oben beschriebenen<br />

Untersuchung durch.<br />

Auflistung aller Klassen regulärer Parkettierungen<br />

Laves-Parkett 333333<br />

[333333, p6mm] [333333, p3m1] [333333, p31m]1 [333333, p31m]2<br />

[333333, p6] [333333, p3]1 [333333, p3]2 [333333, cmm]<br />

[333333, pmg]1 [333333, pmg]2 [333333, pgg]1 [333333, pgg]2<br />

[333333, pgg]3 [333333, cm]1 [333333, cm]2 [333333, pg]1<br />

[333333, pg]2 [333333, p2]1 [333333, p2]2 [333333, p1]<br />

Laves-Parkett 63333<br />

[63333, p6]<br />

Laves-Parkett 44333<br />

[44333, cmm]<br />

[44333, p2]<br />

[44333, pmg] [44333, pgg] [44333, cm]<br />

Laves-Parkett 43433<br />

[43433, pmg] [43433, p4] [43433, pgg]<br />

Laves-Parkett 6434<br />

[6434, p6m] [6434, p31m] [6434, p6]<br />

Laves-Parkett 6363<br />

[6363, p6m]<br />

[6363, p3]<br />

[6363, p3m1] [6363, p31m] [6363, p6]<br />

Laves-Parkett 4444<br />

[4444, p4m]1 [4444, p4m]2 [4444, p4m]3 [4444, p4g]1<br />

[4444, p4g]2 [4444, p4g]3 [4444, p4g]4 [4444, p4]1<br />

[4444, p4]2 [4444, p4]3 [4444, pmm]1 [4444, pmm]2<br />

[4444, pmm]3 [4444, cmm]1 [4444, cmm]2 [4444, cmm]3


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 83<br />

[4444, cmm]4 [4444, pmg]1 [4444, pmg]2 [4444, pmg]3<br />

[4444, pmg]4 [4444, pmg]5 [4444, pgg]1 [4444, pgg]2<br />

[4444, pgg]3 [4444, pgg]4 [4444, pm]1 [4444, pm]2<br />

[4444, cm]1 [4444, cm]2 [4444, pg]1 [4444, pg]2<br />

[4444, p2]1 [4444, p2]2 [4444, p2]3 [4444, p1]<br />

Laves-Parkett 12, 12, 3<br />

[12, 12, 3, p6m] [12, 12, 3, p31m] [12, 12, 3, p6]<br />

Laves-Parkett 12, 4, 6<br />

[12, 4, 6, p6m]<br />

Laves-Parkett 884<br />

[884, p4m]1<br />

[884, cmm]<br />

[884, p4m]2 [884, p4g] [884, p4]<br />

Laves-Parkett 666<br />

[666, p6m]1 [666, p6m]2 [666, p3m1] [666, p31m]<br />

[666, p6]1 [666, p6]2 [666, cmm] [666, pmg]<br />

[666, pgg] [666, cm] [666, p2]<br />

Diese vollständige Aufzählung führt zu dem Satz 10.4.:<br />

Satz 10.4.:<br />

Für die elf Laves-Netze existieren genau 93 verschiedene Klassen regulärer Parkettierungen<br />

[Λ, Γ] mit Γ ⊆ O(Λ). Γ operiert auf Λ bereichstransitiv.<br />

Nun haben wir den 2. Schritt der Untersuchung durchzuführen. Für die 93 verschiedenen<br />

Paare [Λ, Γ] ist zu prüfen, ob es ein reguläres Parkett P mit dem Laves-Netz L(P) = L(Λ) gibt,<br />

so daß die Ornamentgruppe O(P) vom gleichen Typ ist wie Γ <strong>und</strong> Γ = ΓP gilt. An den zwei<br />

folgenden Beispielen soll dieses Vorgehen verdeutlicht werden.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 84<br />

1. Beispiel: [333333, p31m]1<br />

Jeder Parkettstein muß ein Sechseck sein, wie dem zugehörigen Gruppendiagramm<br />

entnommen werden kann. Außerdem besagt die Abbildung 112, daß Spiegelachsen durch<br />

gegenüberliegende Seitenmitten verlaufen <strong>und</strong> das Sechseck ein Drehzentrum der Ordnung 3<br />

besitzt. Die <strong>Symmetrie</strong>gruppe des Parkettsteins ist die Diedergruppe D3, da die anderen<br />

Spiegelachsen, die ein regelmäßiges Sechseck besitzen, nicht vorkommen dürfen. Zusätzlich<br />

sollen die Eckpunkte des Sechsecks Drehzentren der Ordnung 3 sein.<br />

Abbildung 112<br />

Die Abbildung 113 ist eine Lösung. Dieses Parkett besitzt genau die Eigenschaften, die<br />

gefordert wurden.<br />

Abbildung 113


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 85<br />

2. Beispiel: [333333, p3m1]<br />

Wie dem entsprechenden Gruppendiagramm in Abbildung 114 entnommen werden kann, hat<br />

der gesuchte Parkettstein wieder die Form eines Sechsecks, dessen Seiten auf Spiegelachsen<br />

liegen. Daraus ergibt sich als <strong>Symmetrie</strong>gruppe für den Parkettstein wieder die<br />

Diedergruppe D3. Die geforderten Bedingungen können aber nur von einem Laves-Parkett<br />

333333 mit der Ornamentgruppe p6m erfüllt werden. Folglich gibt es kein Laves-Parkett<br />

333333, dessen Ornamentgruppe vom Typ p3m1 ist.<br />

Abbildung 114<br />

In dieser Art sind die Untersuchungen für die 93 Paare [Λ, Γ] durchzuführen. Das Ergebnis<br />

dieser Untersuchung besagt, daß es genau 81 verschiedene Typen regulärer Parketts gibt. Nun<br />

können wir für ein Parkett P der 81 Typen ein Paar (Λ, ΓP) angeben. Möglich ist dies, da<br />

durch die Realisierung (siehe Anhang Abb. 139) die Existenz eines solchen Parketts mit der<br />

Ornamentgruppe O(P) <strong>und</strong> h -1 ⋅ O(P) ⋅ h = ΓP = Γ bewiesen ist.<br />

Folglich gibt es zu 12 der 93 Klassen [Λ, Γ] keine regulären Parketts, die eine<br />

Ornamentgruppe O(P) mit h -1 ⋅ O(P) ⋅ h = ΓP = Γ haben. Dies liegt daran, daß ein reguläres<br />

Parkett P mit dem zugehörigen Laves-Netz L(P), auf dem die Gruppe G = h -1 ⋅ Γ ⋅ h<br />

bereichstransitiv operiert, eine <strong>Symmetrie</strong>gruppe hat, die eine echte Obergruppe von G ist.<br />

Somit hat das Parkett mehr <strong>Symmetrie</strong>n als die Gruppe G, die auf dem Parkett<br />

bereichstransitiv operiert. Um aber auch diese 12 Klassen durch geometrische Objekte zu<br />

realisieren, hat man nach einem Ausweg gesucht. Durch Anbringen von Markierungen soll<br />

dieser unbefriedigenden Situation Abhilfe geleistet werden.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 86<br />

Wenn eine Klasse [Λ, Γ] vorliegt, zu der es kein reguläres Parkett mit G = h -1 ⋅ Γ ⋅ h mit G als<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe gibt, dann suchen wir ein Parkett mit dem gleichen Laves-Netz, auf dem G<br />

bereichstransitiv operiert. Nach Satz 10.3. (vgl. Bigalke / Wippermann) existiert ein solches<br />

Parkett immer <strong>und</strong> im Extremfall könnte dies auch das Laves-Parkett Λ sein. In einem solchen<br />

Parkett bringen wir dann Markierungen an, so daß alle Steine einschließlich der Markierung<br />

zueinander kongruent sind. Das so entstandene markierte Parkett soll die Gruppe G als<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe besitzen. Durch das Anbringen der Markierungen (vgl. Abb. 114) gelingt es<br />

uns, dem Parkett P <strong>Symmetrie</strong>n zu entziehen. Für die restlichen 11 Klassen [Λ, Γ] werden<br />

nach dem gleichen Verfahren Parketts mit Markierungen konstruiert, die G = h -1 ⋅ Γ ⋅ h als<br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe besitzen. Auch hier berechtigt uns die Existenz dieser Parketts, die<br />

entsprechenden Paare (Λ, ΓP) anzugeben. Zwei markierte reguläre Parketts sind vom gleichen<br />

Typ, wenn das entsprechende wie für die unmarkierten regulären Parketts gilt.<br />

Abbildung 115: Beispiele für reguläre markierte Parketts ([884, pm], [666, p31m], [4444, pm])<br />

Wir wollen alle Parketts, ob markiert oder auch nicht, unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt<br />

der regulären Parkettierung (Λ, ΓP) betrachten. Die eindeutige Kennzeichnung erfolgt durch<br />

entsprechende Indizes. Somit läßt sich auch jede reguläre Parkettierung durch ein reguläres<br />

Parkett <strong>und</strong> eine <strong>Symmetrie</strong>gruppe oder durch ein reguläres Parkett mit Markierung <strong>und</strong><br />

<strong>Symmetrie</strong>gruppe repräsentieren.<br />

Satz 10.5.:<br />

Von den 93 verschiedenen Klassen regulärer Parkettierungen, lassen sich 81 durch Parketts<br />

(vgl. mit Anhang) <strong>und</strong> 12 durch Parketts mit Markierungen repräsentieren.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 87<br />

11. Parkettierungen in der Kristallographie<br />

Wir können Parketts auch als ebene Kristalle auffassen. Dadurch kann ein erster Zugang zu<br />

den <strong>Symmetrie</strong>n von Kristallen geschaffen werden. Die Einführung der Parketts geschah<br />

durch die 17 Ebenengruppen. Durch die Hinzunahme des Parkettierungsproblems können<br />

Phänomene, die bei Untersuchungen zur Geometrie des Kristallwachstums auftreten,<br />

verdeutlicht werden. Die Angabe des Parkettyps ist sinnvoll, da sie nämlich viel informativer<br />

ist als die alleinige Angabe der Ebenengruppe. Wir können den Weg aber auch in die andere<br />

Richtung beschreiten. Durch die Vorgabe der Parkettierung kann man sich die Frage stellen,<br />

wie es bei der vorgegebenen Konstellation mit der kristallographischen Realisierung steht.<br />

Dieses Vorgehen führt zu tieferen Einsichten über mögliche kristallographische Strukturen.<br />

Wie wir bisher festgestellt haben, läßt sich die Vielfältigkeit von kristallographischen<br />

Strukturen (in der Ebene) mit Hilfe von Parketts beschreiben. Dies soll durch die<br />

Abbildungen 116 - 118 verdeutlicht werden, in der erstens ein Molekül, zweitens ein Schnitt<br />

durch die Molekülschicht <strong>und</strong> drittens das „geglättete“ Bild des zugehörigen regulären<br />

Parketts vom Typ [333333, p3]1 zu sehen ist.<br />

Abbildung 116: Ein Molekül Abbildung 117: Molekülschicht Abbildung 118: Molekülparkett<br />

Anwendung findet diese Problemstellung u. a. in der Molekülchemie, wo die dichteste<br />

Packung bei Molekülkristallen gef<strong>und</strong>en werden soll. Dieses Problem ist<br />

jedoch nicht neu. 1611 formulierte der Mathematiker <strong>und</strong> Astronom<br />

Johannes Kepler das Kugelpackungsproblem, das dem der dichtesten<br />

Packung bei Molekülkristallen sehr nahe kommt. Es stellt sozusagen für<br />

die Molekülchemie das Gr<strong>und</strong>problem dar. Abbildung 119: Joh. Kepler<br />

(1571 – 1630)


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 88<br />

Das Problem der Kugelpackung<br />

Man bestimme die dichteste Packung kongruenter Kugeln im Raum. Hierbei bedeutet<br />

Kugelpackung eine Anordnung beliebig vieler fester (materieller) Kugeln mit gleichem<br />

Durchmesser ohne Durchdringung oder Verformung. Die Dichte der Packung ist dabei der<br />

Prozentsatz des von den Kugelvolumina beanspruchten Raumes, bezogen auf ein beliebig<br />

großes Raumvolumen.<br />

Das zweidimensionale Analogon zum Kugelpackungsproblem, ist das sogenannte<br />

Kreispackungsproblem. Hier stellt sich die Frage, wie man Kreisscheiben von gleicher Größe<br />

in der Ebene möglichst dicht zusammenpacken kann. Die Bedingungen sollen die gleichen<br />

wie beim Kugelpackungsproblem sein. Die naheliegendsten Möglichkeiten sind die<br />

sogenannte Rechteckpackung (vgl. Abb. 120) <strong>und</strong> die hexagonale Packung (vgl. Abb. 121).<br />

Auch die Bienen haben dieses Problem beim Wabenbau zu lösen <strong>und</strong> bedienen sich hierbei<br />

der hexagonalen Packung.<br />

Abbildung 120: Rechteckpackung Abbildung 121: hexagonale Packung<br />

" Kreisfläche"<br />

Durch die Quotientenbestimmung (<br />

" Quadratfläche"<br />

,<br />

" Kreisfläche"<br />

" Sechseckfläche"<br />

) erreicht man die<br />

folgenden Ergebnisse: Für die Rechteckpackung ergibt sich eine Dichte von 0,<br />

785<br />

4 ≈<br />

π<br />

,<br />

π<br />

während die hexagonale Packung eine Dichte von ≈ 0,<br />

907 aufweist.<br />

2 3


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 89<br />

Es ist aber noch nicht offensichtlich, daß die hexagonale Packung die dichteste Packung unter<br />

allen überhaupt denkbaren ist. C. F. Gauß bewies 1831, daß die hexagonale Packung unter<br />

allen Gitterpackungen die dichteste ist. Mit der Zusatzstruktur des Gitters gelang es nun, erste<br />

Fortschritte in dem Kreispackungsproblem zu erzielen.<br />

Abbildung 122: Quadratgitter Abbildung 123: Parallelogrammgitter<br />

In der Ebene besteht ein Gitter aus den Eckpunkten eines regelmäßigen zweidimensionalen<br />

Gitternetzes. Dabei können die Maschen aus gleichartigen Quadraten (vgl. Abb. 122),<br />

Rechtecken oder Parallelogrammen (vgl. Abb. 123) bestehen. Wichtig ist die Invarianz des<br />

Gitters gegenüber gewissen Translationen. Die Kreismittelpunkte bilden dabei ein Gitter der<br />

genannten Form. Eine Gitterpackung von Kreisscheiben ergibt sich, indem die Kreismittelpunkte<br />

ein Gitter bilden. Die Rechteckpackung <strong>und</strong> die hexagonale Packung sind also<br />

Gitterpackungen.<br />

Abbildung 124: C. F. Gauß (1777 – 1855)<br />

Gauß konnte beweisen, daß die hexagonale Packung unter den Gitterpackungen in der Ebene<br />

die dichteste ist, indem er die Gitterpackung mit der Zahlentheorie in Verbindung brachte <strong>und</strong><br />

auf zahlentheoretische Ergebnisse von Lagrange zurückgriff. Der Beweis, daß die hexagonale<br />

Packung die beste überhaupt ist, blieb jedoch aus. Erst 1910 konnte durch Axel Thue ein<br />

hinreichender Beweis für die Behauptung geliefert werden (den er jedoch schon 1892<br />

angekündigt hatte).<br />

Auf das Problem der Kugelpackung soll nun nicht mehr näher eingegangen werden, da dies<br />

den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Als Beispiel möchte ich jedoch die Aufstapelung


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 90<br />

von Orangen in Geschäften nennen. Hier kann natürlich unterschieden werden zwischen der<br />

platzsparendsten <strong>und</strong> der stabilsten Anordnung der Kugelpackung. Durch dieses Beispiel ist<br />

vielleicht deutlich geworden, daß dieses Problem keinesfalls nur von theoretischem Interesse<br />

ist. Wir können ihm täglich begegnen. So müssen sich zum Beispiel auch Speditionen über<br />

dieses Problem Gedanken machen, da die Orangen (<strong>und</strong> andere kugelförmige Früchte /<br />

Waren) beim Transport so wenig Raum wie möglich benötigen sollen. Es kommt also einer<br />

Kostenfrage gleich.<br />

„Erkennen heißt, das äußerlich Wahrgenommene<br />

mit den inneren Ideen zusammenzubringen<br />

<strong>und</strong> ihre Übereinstimmung<br />

zu beurteilen.“<br />

(Johannes Kepler, 1619)<br />

Abbildung 125: Mysterium cosmographicum:<br />

Kepler hat sich unter anderem auch mit der<br />

Einordnung der fünf platonischen Körper in den<br />

Aufbau der Planetensphären beschäftigt (1596).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 91<br />

12. Hyperbolische Ornamente<br />

Ohne dies besonders zu erwähnen, haben wir bisher die Punkt-, Fries- <strong>und</strong> Ornamentgruppen<br />

in der euklidischen Geometrie betrachtet. Es existieren aber auch noch die elliptische <strong>und</strong> die<br />

hyperbolische Geometrie. In diesem Kapitel möchte ich die Eigenschaften der Kreisspiegelung<br />

beschreiben, um in die nicht-euklidische Dreiecksgeometrie einzuführen.<br />

Hierzu betrachten wir zunächst ein euklidisches Dreieck ABC, dessen Seite BC durch einen<br />

Kreisbogen durch B <strong>und</strong> C ersetzt werden soll. Dieser Kreisbogen soll im Inneren des<br />

euklidischen Dreiecks verlaufen. Das durch die Konstruktion entstandene Dreieck nennen wir<br />

nun hyperbolisches Ausgangsdreieck. Es ist offensichtlich, daß die Summe der Winkelmaße<br />

des hyperbolischen Ausgangsdreiecks nicht mehr π beträgt. In einem euklidischen Dreieck<br />

muß die Summe der Winkelmaße gleich π sein. Dies bedeutet, daß die Summe der<br />

Winkelmaße im hyperbolischen Dreieck α + β + γ < π sein muß (vgl. Abb. 126). Solange die<br />

Ungleichung erfüllt ist, können alle drei Winkel frei gewählt werden.<br />

Abbildung 126: Konstruktion des hyperbolischen Ausgangsdreiecks<br />

Bevor das hyperbolische Ausgangsdreieck konstruiert werden kann, muß man sich überlegen,<br />

in welcher Art <strong>und</strong> Weise der Mittelpunkt des Kreises durch B <strong>und</strong> C mit einbezogen werden<br />

muß. Der Mittelpunktswinkel δ zum Kreisbogen BC berechnet sich im Viereck ABMC zu:<br />

δ = π - (α + β + γ). Der Sehnen-Tangentenwinkel in B <strong>und</strong> C beträgt jeweils δ/2. Wenn wir<br />

die Summen der Winkelmaße β´ = β + δ/2 <strong>und</strong> γ´ = γ + δ/2 bilden, erhalten wir die<br />

Winkelmaße des euklidischen Dreiecks.<br />

Um die Konstruktion durchzuführen, zeichnen wir zunächst das euklidische Dreieck mit den<br />

gegebenen Winkeln α, β´ <strong>und</strong> γ´. Das hyperbolische Ausgangsdreieck erhalten wir, indem an<br />

CA <strong>und</strong> BA die Winkel β <strong>und</strong> γ abgetragen werden. Die Schenkel sind dabei Tangenten an


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 92<br />

den gesuchten Kreis durch die Punkte B <strong>und</strong> C. Der Mittelpunkt M dieses Kreises ergibt sich<br />

durch den Schnittpunkt der Normalen durch B <strong>und</strong> C.<br />

Spiegelung des hyperbolischen Ausgangsdreiecks<br />

Das oben beschriebene hyperbolische Ausgangsdreieck soll nun an seinen drei Seiten AB, AC<br />

<strong>und</strong> BC gespiegelt werden (vgl. nächsten Abschnitt). Danach entstehen Figuren, die wir<br />

wiederum an ihren Seiten spiegeln wollen. Dieser Vorgang kann beliebig häufig wiederholt<br />

werden. Es ist aber nicht ohne weiteres vorherzusehen, wie sich die Figur entwickeln wird.<br />

Gehen wir zunächst von Spiegelungen an den Seiten AB <strong>und</strong> AC aus. Auch bei beliebigen<br />

Wiederholungen werden dabei kongruente Dreiecke entstehen. Der Punkt A ist in diesen<br />

Abbildungen Fixpunkt. Die erzeugten Bildfiguren liegen alle in einem Kreis um A. Es liegt<br />

daher nahe, einen Kreis K um A zu suchen, der bei der (Kreis-) Spiegelung an der<br />

Kreisbogenseite BC in sich übergeht. Wenn uns dies gelingt, dann wissen wir, daß alle<br />

inneren Punkte des Kreises K durch eine Spiegelung wieder in innere Punkte von K überführt<br />

werden. Somit können weder Spiegelungen an den geraden Seiten noch an der<br />

Kreisbogenseite BC zu Bildpunkten führen, die außerhalb des Fixkreises K führen.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 93<br />

12.1. Spiegelung am Kreis<br />

Im obigen Abschnitt wird ein Fixkreis K gesucht. Hierzu sollen zunächst die Gr<strong>und</strong>lagen von<br />

Kreisspiegelungen <strong>und</strong> Fixkreisen bereitgestellt werden.<br />

Definition 12.1.:<br />

Gegeben ist ein Kreis K mit Mittelpunkt m <strong>und</strong> Radius r. Zwei Punkte z <strong>und</strong> z * heißen<br />

bezüglich eines Kreises K spiegelbildlich zueinander, wenn sie beide auf derselben<br />

Halbgeraden (in m beginnend) liegen <strong>und</strong> für das Produkt der Abstände von m gilt:<br />

z =<br />

*<br />

2<br />

− m ⋅ z − m r .<br />

Abbildung 127: Die Abstände bei der Kreisspiegelung ergeben sich durch den Kathetensatz.<br />

Wie man der Abbildung 127 entnehmen kann, können z <strong>und</strong> z * nicht gleichzeitig im Inneren<br />

des Kreises liegen. Wenn z im Inneren liegt, so liegt z * im äußeren Teil des Kreises <strong>und</strong><br />

umgekehrt. Die Abbildung z → z * ist offenbar für alle z ≠ m definiert. Wie die<br />

Geradenspiegelung, ist auch die Kreisspiegelung involutorisch, d. h. es gilt:<br />

(z * ) * = z<br />

Die Kreisspiegelung z → z * für alle z ≠ m wollen wir nun mit Hilfe der komplexen Zahlen<br />

(z ∈ ℂ) beschreiben. Hierzu wählen wir m = 0. Nach Definition gilt<br />

positives Vielfaches von z ist: z * = k ⋅ z mit k ∈ ℝ + .<br />

K<br />

r<br />

m<br />

z<br />

z*<br />

z =<br />

* 2<br />

⋅ z r , wobei z *


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 94<br />

Es gilt:<br />

*<br />

z z = k ⋅<br />

2<br />

⋅ z ,<br />

2 2<br />

⋅ z r <strong>und</strong> schließlich auch<br />

k =<br />

z =<br />

Einheitskreis mit r = 1 ist, erhält man aus z ⋅ z * = 1 <strong>und</strong> z* k ⋅ z<br />

z ⋅ k ⋅ z = 1 � 1 = z ⋅ k = z ⋅ z * .<br />

2<br />

* 2<br />

⋅ z r . Für den Fall, daß K der<br />

= , k ∈ ℝ + die Gleichung<br />

1<br />

Daraus ergibt sich die Gleichung z<br />

z<br />

* = .<br />

Die Punkte z <strong>und</strong> *<br />

z sind genau dann spiegelbildlich bezüglich des Einheitskreises<br />

1<br />

zueinander, wenn die Gleichung z<br />

z<br />

* = erfüllt ist. Daraus ergibt sich unmittelbar die<br />

Bedeutung der Funktion<br />

1<br />

z → .<br />

z<br />

1<br />

Durch die Abbildung z → wird jedem von Null verschiedenen Punkt z der Gaußschen<br />

z<br />

Zahlenebene ein Punkt w zugeordnet. Er läßt sich aus z durch eine Spiegelung am<br />

Einheitskreis <strong>und</strong> eine anschließende Spiegelung an der reellen Achse gewinnen.<br />

12.1.1. Eigenschaften der Abbildung<br />

1<br />

z →<br />

z<br />

In Anlehnung an Herfort / Klotz gilt der folgende Satz:<br />

Satz 12.1.:<br />

1<br />

Durch die Abbildung z → werden Geraden, die nicht durch den Nullpunkt verlaufen, in<br />

z<br />

Kreise überführt, die durch den Nullpunkt verlaufen. Der Nullpunkt ist hierbei der einzige<br />

Punkt des Kreises, der nicht Bild eines Geradenpunktes ist.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 95<br />

Beweis 12.1.:<br />

Wir betrachten die komplexe Form der Geradengleichung in Parameterdarstellung.<br />

g<br />

Abbildung 128<br />

Dann gibt es zu jedem Geradenpunkt z genau ein λ ∈ ℝ, so daß die Gleichung<br />

z = p + λ ⋅ i ⋅ p<br />

<strong>und</strong> die dazu komplex konjugierte Gleichung<br />

z = p − λ ⋅ i ⋅ p erfüllt sind.<br />

Der Parameter λ wird eliminiert, indem die Gleichung z = p + λ ⋅ i ⋅ p mit p <strong>und</strong><br />

z = p − λ ⋅ i ⋅ p mit p multipliziert wird. Durch Addieren der beiden Gleichungen gelangt man<br />

zu folgender komplexen Geradengleichung:<br />

z ⋅ p + z ⋅ p − 2 ⋅ p ⋅ p = 0<br />

Ein Punkt w ≠ 0 ist bei der gegebenen Abbildung<br />

Punktes z der Geraden , wenn<br />

p<br />

w<br />

p<br />

+ − 2 ⋅ p ⋅ p = 0 gilt.<br />

w<br />

p<br />

ip<br />

1<br />

z → genau dann Bildpunkt eines<br />

z


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 96<br />

Diese Gleichung läßt sich für p ≠ 0 in die folgende Gestalt<br />

� 1 � � 1 � 1<br />

�� w − w<br />

2 p<br />

�� ⋅ � �<br />

�<br />

− =<br />

2 p<br />

�<br />

� ⋅ � � ⋅ � 4 ⋅ p ⋅ p<br />

bringen. Die Gerade wird also auf die Punktmenge abgebildet, für deren Punkte w gilt:<br />

1 1<br />

w − =<br />

2 ⋅ p 2 ⋅ p<br />

Diese ist nun eine Kreisgleichung in vektorieller Form. Die Gleichung beschreibt einen Kreis<br />

1<br />

1<br />

um mit dem Radius (vgl. Abb. 129). Der Kreis verläuft durch den Nullpunkt,<br />

2 ⋅ p<br />

2 ⋅ p<br />

wobei aber w = 0 als Bildpunkt eines Geradenpunktes nicht in Betracht kommt. ■<br />

Abbildung 129: Abbildung Kreis <strong>und</strong> Gerade<br />

Satz 12.2.:<br />

1<br />

Durch die Abbildung z → werden Kreise, die durch den Nullpunkt laufen, auf Geraden<br />

z<br />

abgebildet, die nicht durch den Nullpunkt verlaufen.<br />

Beweis 12.2.:<br />

Man gehe die Rechnung des obigen Beweises in umgekehrter Richtung durch. ■


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 97<br />

Die Aussage des folgenden Satzes wird in Herfort, P / Klotz, A.: Ausgewählte Themen der<br />

Geometrie, DIFF, Tübingen, 1986, bewiesen.<br />

Satz 12.3.:<br />

Besitzt ein Kreis, der nicht durch den Ursprung verläuft, den Mittelpunkt m <strong>und</strong> den Radius r,<br />

* 1<br />

r<br />

so wird er durch die Abbildung z → z = in einen Kreis mit dem Radius<br />

<strong>und</strong><br />

2<br />

z<br />

2<br />

m − r<br />

dem Mittelpunkt<br />

m<br />

2<br />

m<br />

− r<br />

2<br />

überführt.<br />

Die Punkte des Einheitskreises sind die einzigen Fixpunkte der Abbildung<br />

* 1<br />

z → z = .<br />

z<br />

Nun stellt sich die Frage, welche Kreise in sich überführt werden, so daß sie Fixkreise der<br />

Abbildung<br />

dieser Frage im Zusammenhang der Betrachtung von hyperbolischen Ornamenten unerläßlich<br />

* 1<br />

ist. Wenn die Abbildung z → z = erfüllt sein soll, so müssen Urbild- <strong>und</strong> Bildkreis<br />

z<br />

identisch sein. Somit müssen zugleich beide den gleichen Radius <strong>und</strong> den gleichen<br />

Mittelpunkt haben. Mit Hilfe des Satzes 12.3. kommen wir zu der Erkenntnis, daß die<br />

folgende Gleichung (m ist der Mittelpunkt; r ist der Radius) gelten muß:<br />

m<br />

2<br />

*<br />

z → z sind. Spätestens an dieser Stelle ist es ersichtlich, daß die Beantwortung<br />

2<br />

− r = 1 bzw. ( m − r)<br />

⋅ ( m + r)<br />

= 1<br />

Die Faktoren sind beide die Beträge derjenigen Fixkreispunkte, die auf der vom Ursprung<br />

ausgehenden Halbgeraden durch den Mittelpunkt des Fixkreises liegen. Die Gleichung<br />

beschreibt die spiegelbildliche Lage (bezüglich des Einheitskreises) der Punkte zueinander.<br />

Falls nun solche Fixkreise existieren, so liegen sie aber weder ganz im Inneren noch ganz im<br />

Äußeren des Einheitskreises, wobei der Nullpunkt auf jeden Fall außerhalb dieser Kreise<br />

liegen muß. Aufgr<strong>und</strong> der speziellen Lage der Fixkreise müssen sie zwei Schnittpunkte mit<br />

dem Einheitskreis haben. Diese Schnittpunkte sind zugleich Fixpunkte der Spiegelung am<br />

Einheitskreis. Die Halbgeraden vom Ursprung zu den Schnittpunkten können mit dem<br />

Fixkreis keinen weiteren Punkt gemeinsam haben, da dieser sonst Fixpunkt der Spiegelung<br />

sein müßte. Somit ist deutlich geworden, daß nur die Punkte des Einheitskreises Fixpunkte<br />

sein können, da die Halbgeraden den Fixkreis lediglich berühren. Daraus läßt sich der


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 98<br />

folgende Satz herleiten: In den Schnittpunkten mit dem Einheitskreis stehen die Tangenten an<br />

die beiden Kreise senkrecht zueinander.<br />

Satz 12.4.:<br />

* 1<br />

Fixkreise mit der Abbildung z → z = <strong>und</strong> der Einheitskreis schneiden sich unter rechten<br />

z<br />

Winkeln.<br />

Unter all diesen Kreisen, die den Einheitskreis orthogonal schneiden, müssen wir nach<br />

* 1<br />

Fixkreisen suchen. Es zeigt sich, daß alle diese Kreise durch die Abbildung z → z = in<br />

z<br />

sich überführt werden. Wenn ein zum Einheitskreis orthogonaler Kreis mit den<br />

Schnittpunkten z <strong>und</strong> z * gegeben ist, <strong>und</strong> die beiden Halbgeraden vom Ursprung aus durch die<br />

Schnittpunkte z <strong>und</strong> z * verlaufen, dann ergibt sich elementargeometrisch, mit Hilfe des<br />

Sehnen-Tangentensatzes, die folgende Gleichung:<br />

z ⋅ z<br />

* =<br />

1<br />

Dies bedeutet, daß die beiden Punkte spiegelbildlich zueinander liegen.<br />

Man sollte beachten, daß sich alle Kreise durch eine Streckung <strong>und</strong> Verschiebung in einen<br />

Einheitskreis überführen lassen <strong>und</strong> dabei spiegelbildlich gelegene Punkte auch wieder in<br />

solche überführt werden. Daraus läßt sich der folgenden Satz herleiten:<br />

Satz 12.5.:<br />

Jeder orthogonal zum Kreis C verlaufende Kreis K wird durch die Spiegelung an C in sich<br />

überführt.<br />

Wenn z im Inneren des Fixkreises liegt, so gilt dies auch für das Spiegelbild z * <strong>und</strong> es gilt der<br />

folgende Satz:


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 99<br />

Abbildung 130: Die Spiegelung am Einheitskreis<br />

Satz 12.6.:<br />

Das Innere eines jeden orthogonal zum Kreis C verlaufenden Kreises K wird durch die<br />

Spiegelung an C in sich überführt.<br />

Außerdem geht bei einer Kreisspiegelung jeder Winkel in einen maßgleichen Winkel über.<br />

Satz 12.7.:<br />

Die Abbildungen<br />

1<br />

z → <strong>und</strong><br />

z<br />

1<br />

z → sind winkeltreu.<br />

z


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 100<br />

Nachdem wir die Kreisspiegelung <strong>und</strong> die Eigenschaften von Fixkreisen kennengelernt<br />

haben, ist es uns nun möglich einen Fixkreis K zu finden, der die Bedingung erfüllt, daß der<br />

Fixkreis K um A bei der Spiegelung am konstruierten Kreis durch BC in sich übergeht. Das<br />

Dreieck ABC war das hyperbolische Ausgangsdreieck, welches in dem Fixkreis K liegen soll.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Fixkreiseigenschaft werden alle inneren Punkte des Kreises K bei der<br />

Spiegelung an der Seite BC wieder in innere Punkte von K überführt. Somit können die<br />

Spiegelungen beliebig oft wiederholt werden, ohne daß dies zu Bildpunkten außerhalb des<br />

Fixkreises führt.<br />

Abbildung 131: Konstruktion der hyperbolischen Ebene<br />

Der Fixkreis K läßt sich nach Satz 12.4. als derjenige Kreis finden, der den Kreis durch BC<br />

des hyperbolischen Ausgangsdreiecks unter rechten Winkeln schneidet. Dieser Fixkreis K ist<br />

eindeutig durch seinen Mittelpunkt A <strong>und</strong> seinen Radius bestimmt. Der Radius läßt sich<br />

elementargeometrisch mit Hilfe des Thalessatzes konstruieren, wie man der Abbildung 131<br />

entnehmen kann.<br />

Durch eine zentrische Streckung mit dem Zentrum A gelingt es uns, den Fixkreis K in einen<br />

Einheitskreis zu überführen, wenn A als Ursprung gewählt wird. Durch diese Streckung ist<br />

das hyperbolische Ausgangsdreieck eindeutig festgelegt. Bisher war es lediglich durch seine<br />

drei Winkel bestimmt. In unserem Einheitskreis K spie(ge)lt sich nun alles ab. Diese Art der<br />

Geometrie wird aufgr<strong>und</strong> des bayerischen Vorbilds auch gerne als Bierdeckelgeometrie


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 101<br />

bezeichnet. „Einsame Kneipengänger sollten daher auch zeichnerisch die Spiegelung am<br />

Kreis einüben.“ 20<br />

12.2. Die Spiegelungsgruppe<br />

Im folgenden werden die Spiegelungen an den drei verschiedenen Seiten AB, AC <strong>und</strong> BC<br />

(Kreisspiegelung) des hyperbolischen Ausgangsdreiecks durch Ziffern bezeichnet.<br />

• Spiegelung an AC S1<br />

• Spiegelung an AB S2<br />

• Kreisspiegelung an BC S3<br />

S, 1 S 2 <strong>und</strong> S 3 bilden eine Gruppe. Diese nennen wir Spiegelungsgruppe <strong>und</strong> bezeichnen sie<br />

mit < S, 1 S 2 , S 3 >. Die Einzelspiegelungen bilden ein Erzeugendensystem für die<br />

Spiegelungsgruppe.<br />

Die zweimalige Hintereinanderausführung (vergleiche mit dem Kapitel 2. Bewegungen)<br />

derselben Spiegelung ergibt die Identität I. Dies bedeutet die Inversität einer Spiegelung zu<br />

sich selbst. Es gilt also:<br />

� S = I mit i ∈ {1,2,3}<br />

Si i<br />

Die Inversenbildung einer Hintereinanderausführung von Spiegelungen ist relativ einfach.<br />

Durch die Umkehr der Reihenfolge einer Hintereinanderausführung erhält man die dazu<br />

inverse Spiegelungsverkettung. Aufgr<strong>und</strong> der Eigenschaft, daß eine Spiegelung zu sich selbst<br />

invers ist, lassen sich einige Hintereinanderausführungen wesentlich vereinfachen. So<br />

„schrumpft“ beispielsweise die Hintereinanderausführung<br />

S � S � S � S � S � S � S � S � S auf die einfachere <strong>und</strong> dazu identische Abbildung<br />

3<br />

1<br />

1<br />

3<br />

1<br />

1<br />

2<br />

2<br />

3<br />

1<br />

3<br />

1<br />

S � S � S . Dennoch liegt die Vermutung nahe, daß die Spiegelungsgruppe unendlich viele<br />

Elemente enthält. Mittels der folgenden Zeichnung läßt sich dies erklären.<br />

20 Zitat aus: Herfort / Klotz: Ornamente <strong>und</strong> Fraktale / S. 72


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 102<br />

Abbildung 132: Die Unendlichkeit der Spiegelungsgruppe<br />

Die Bilddreiecke liegen entweder in Zl, links des Inversionskreises durch BC oder in Zr,<br />

welche rechts davon liegt (vgl. Abb. 132). Durch die Spiegelung an der Kreisseite durch B<br />

<strong>und</strong> C werden Zl <strong>und</strong> Zr bijektiv aufeinander abgebildet. Somit liegen in Zl <strong>und</strong> Zr gleich viele<br />

Bilddreiecke. Nun kann durch eine Drehung um den Ursprung (wird durch eine gerade<br />

Anzahl von Spiegelungen erzeugt) Zr in Zd überführt werden. Es gilt: Zd ⊂ Zl .<br />

Auch in Zd liegt die gleiche Anzahl von Bilddreiecken wie in Zl. Eine Menge hat aber nur<br />

dann eine echte Teilmenge gleicher Mächtigkeit, wenn die Mächtigkeit unendlich ist. Somit<br />

ist auch die Spiegelungsgruppe unendlich, da unendliche viele Dreiecke abgebildet werden.<br />

12.3. Hyperbolische Parkettierung<br />

Wie in dem Kapitel Bewegungen gezeigt wurde, ergibt sich aus der Hintereinanderausführung<br />

der beiden Spiegelungen S1 � S2<br />

eine Drehung mit dem Drehzentrum A <strong>und</strong> dem Drehwinkel<br />

2 ⋅ α (vergleiche mit Zeichnung: Konstruktion des hyperbolischen Ausgangsdreiecks). Diese<br />

Drehung sei hier mit D A bezeichnet. Wir betrachten nun diejenigen Bilddreiecke, die durch<br />

wiederholte Spiegelung an den Seiten des hyperbolischen Ausgangsdreiecks entstehen.<br />

Außerdem fordern wir, daß sich die Bilddreiecke nicht überschneiden dürfen (lediglich die<br />

Randpunkte der Bilddreiecke dürfen überlappen), da dies die Übersichtlichkeit wesentlich<br />

erhöht.<br />

Definition 12.2.:<br />

Unter einer hyperbolischen Parkettierung verstehen wir die lückenlose, überlappungsfreie <strong>und</strong><br />

regelmäßige Überdeckung der Ebene durch hyperbolische Dreiecke (Parkettsteine).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 103<br />

Um dieser Forderung gerecht zu werden, ist es notwendig, die wiederholte Ausführung der<br />

Drehung D A zum hyperbolischen Ausgangsdreieck zurückzuführen. Es wird also<br />

angenommen, daß die Drehung D A mindestens k-mal wiederholt werden muß <strong>und</strong> dieses<br />

kleinste k die Gleichung<br />

D<br />

k<br />

A<br />

k ( S S ) = I<br />

= �<br />

1<br />

2<br />

erfüllt. Dann muß gleichzeitig auch die Gleichung<br />

2 ⋅ α ⋅ k = 2 ⋅ π<br />

erfüllt sein <strong>und</strong> das Drehzentrum A hat demnach die Ordnung k.<br />

Außer A können auch noch die Punkte B <strong>und</strong> C als Drehzentren angesehen werden.<br />

Vorsichtshalber spreche ich hier von hyperbolischen Drehungen. Hyperbolische <strong>und</strong><br />

euklidische Drehungen haben völlig analoge Eigenschaften. Sie haben beide genau einen<br />

Fixpunkt, erhalten die Orientierung <strong>und</strong> sind abstandserhaltend. Allerdings muß in der<br />

hyperbolischen Ebene der Abstand anders definiert werden. Somit sind die Dreiecke aus<br />

hyperbolischer Sicht kongruent. Dies liegt an dem Kongruenzbegriff, der in der<br />

hyperbolischen Ebene durch die Gruppe der Kongruenzabbildungen (Translationen,<br />

Spiegelungen <strong>und</strong> Drehungen) definiert werden kann. Bei diesen Drehzentren sollen die<br />

gleichen Forderungen erfüllt sein, wie sie dem Drehzentrum A zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />

D<br />

D<br />

m<br />

C<br />

n<br />

B<br />

m ( S S ) = I<br />

= � <strong>und</strong> 2 ⋅ γ ⋅ m = 2 ⋅ π<br />

3<br />

1<br />

n ( S S ) = I<br />

= � <strong>und</strong> 2 ⋅ β ⋅ n = 2 ⋅ π<br />

2<br />

3<br />

Die Variablen k, m <strong>und</strong> n bezeichnen die Ordnung des Drehzentrums <strong>und</strong> die Winkel α, β <strong>und</strong><br />

γ sind aus dem Bild zur Konstruktion des hyperbolischen Ausgangsdreiecks zu entnehmen.<br />

Bei der Konstruktion dieses Dreiecks wurde immer die Einhaltung der Ungleichung<br />

α + β + γ < π gefordert.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 104<br />

Für die Variablen k, m <strong>und</strong> n folgt daraus die sogenannte Hyperbolizitätsbedingung:<br />

1<br />

k<br />

+<br />

1<br />

m<br />

+<br />

1<br />

< 1<br />

n<br />

Zu jedem Zahlentripel (k, m, n) mit k, m, n ∈ ℕ, die der Ungleichung genügen, gehört die<br />

Spiegelungsgruppe .<br />

Die unendliche Spiegelungsgruppe wird häufig nach dem Mathematiker Harold S. M.<br />

Coxeter, als Coxeter-Gruppe T*(k, m, n) bezeichnet. Bei dieser Klasse handelt es sich um<br />

einen speziellen Typ von spiegelungserzeugenden Gruppen, bei deren Untersuchung Coxeter<br />

großen Anteil hatte.<br />

Abbildung 133: H. S. M. Coxeter (geb. 1907)<br />

Wenn nun alle Elemente dieser Gruppe auf das hyperbolische Ausgangsdreieck angewendet<br />

werden, so erreichen wir ein sehr interessantes Ergebnis.<br />

Satz 12.8.:<br />

Alle Bilddreiecke zusammen bilden eine Parkettierung des Einheitskreises mit hyperbolischen<br />

Dreiecken.<br />

Der Beweis des obigen Satzes ist von C. Caratheodory geführt worden. Aufgr<strong>und</strong> seiner<br />

Komplexität wird an dieser Stelle auf den Beweis verzichtet. Das folgende hyperbolische<br />

Ornament (vgl. Abb. 135) wurde mit Hilfe des Computerprogramms IFSCOX erzeugt.<br />

Abbildung 134: C. Caratheodory (1873 – 1950)


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 105<br />

Abbildung 135: Hyperbolische Pflasterung zu der Gruppe T*(4,3,3)<br />

Die faszinierende Vielfalt einer Parkettierung mit hyperbolischen Dreiecken ergibt sich aus<br />

der Hyperbolizitätsbedingung. Möchte man eine Parkettierung mit euklidischen Dreiecken<br />

durchführen, so ergibt sich eine erhebliche Einschränkung der Vielfalt, da hier nicht mehr die<br />

Hyperbolizitätsbedingung gilt. Aus der Ungleichung wird eine Gleichung <strong>und</strong> es gilt:<br />

1<br />

k<br />

+<br />

1<br />

m<br />

+<br />

1<br />

n<br />

= 1<br />

Da nur ganzzahlige Lösungen zulässig sind, erfüllen nur die Tripel (3, 3, 3), (2, 3, 6) <strong>und</strong><br />

(2, 4, 4) die Gleichung. Die Zahlen in den Klammern können noch beliebig permutiert<br />

werden. Dies bedeutet, daß eine Parkettierung der euklidischen Ebene nur mit gleichseitigen,<br />

halbierten gleichseitigen oder rechtwinklig gleichschenkligen Dreiecken möglich ist. Die<br />

hyperbolische Parkettierung hat dagegen unendlich viele Möglichkeiten, da die Hyperbolizitätsbedingung<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer Ungleichung wesentlich weniger Einschränkungen<br />

vorgibt.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 106<br />

12.4. Drehgruppen der hyperbolischen Geometrie<br />

Wir wissen, daß Spiegelungen die Orientierung umkehren, ebenso, daß die Hintereinanderausführung<br />

von zwei Spiegelungen die Orientierung wieder herstellt. Da eine Drehung durch<br />

zwei Spiegelungen erzeugt werden kann, bilden die Abbildungen aus T*(k, m, n) eine<br />

Untergruppe T(k, m, n), die als Drehgruppe bezeichnet wird. Die Gruppe T(k, m, n) wird<br />

durch die Drehungen D A , D B , D C erzeugt <strong>und</strong> es gilt:<br />

T(k, m, n) = < D A , D B , D C ><br />

Die Abbildung 135 zeigt, inwiefern sich die beiden Gruppen T*(7, 3, 2) <strong>und</strong> T(7, 3, 2) auf das<br />

hyperbolische Ornament auswirken. Wir nehmen an, daß das hyperbolische Ausgangsdreieck<br />

schwarz gefärbt ist <strong>und</strong> die daran angrenzenden Spiegelbilder weiß gefärbt sind. Wir sehen,<br />

wie durch die Gruppe T*(7, 3, 2) die Dreiecke lückenlos, überlappungsfrei <strong>und</strong> in<br />

abwechselnder schwarz-weiß-Färbung auf die hyperbolische Ebene abgebildet werden. Diese<br />

Punktmenge wird auch F<strong>und</strong>amentalbereich der Gruppe genannt.<br />

Aber auch die Wirkungsweise der Gruppe T(7, 3, 2) läßt sich an diesem hyperbolischen<br />

Ornament studieren. Die Ecken der hyperbolischen Dreiecke besitzen jeweils Drehzentren der<br />

Ordnung 7, 3 <strong>und</strong> 2. Die Drehgruppe erzeugt in diesem Fall die Vereinigung aller schwarzen<br />

Dreiecke, die aus dem schwarzen Ausgangsdreieck hervorgehen. Um eine vollständige<br />

Parkettierung zu bekommen, ist es notwendig, den F<strong>und</strong>amentalbereich als Vereinigung der<br />

weißen (fehlenden) <strong>und</strong> schwarzen Dreiecke zu wählen. Die Drehgruppen sind nur von<br />

endlicher Ordnung. Dies ergibt sich aus den für die Drehgruppe geltenden Relationen:<br />

D<br />

k<br />

A<br />

m n<br />

= D = D = I .<br />

B<br />

C


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 107<br />

13. <strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> ihre Anwendung<br />

Die <strong>Symmetrie</strong> wird häufig zur Verzierung <strong>und</strong> Schmückung von Gegenständen<br />

herangezogen. Dies ist aber nicht der einzige Bereich, wo die <strong>Symmetrie</strong> Anwendung findet.<br />

Unter anderem wird sie von Architekten <strong>und</strong> Konstrukteuren genutzt. Hier soll aber nicht der<br />

ästhetische Aspekt im Mittelpunkt stehen. Vielmehr ist hier Stabilität (Verwindungsfreiheit /<br />

Steifigkeit) <strong>und</strong> Statik von übergeordnetem Interesse. Aber auch zur Produktion von Tapeten<br />

<strong>und</strong> Stoffen wird die <strong>Symmetrie</strong> herangezogen. Die Herstellung einer Tapete geschieht durch<br />

den Druck mittels einer Druckwalze. Dadurch ist der in der Fachsprache sogenannte Rapport<br />

vorgegeben, da nach einer vollständigen Umdrehung der Walze das Muster wieder von vorn<br />

beginnt. Wollte man tatsächlich ein Tapetenmuster ohne <strong>Symmetrie</strong> produzieren, so würden<br />

die Produktionskosten sehr schnell steigen.<br />

Nach der theoretischen Behandlung des Parkettierungsproblems in der euklidischen Ebene,<br />

möchte ich nun den daraus resultierenden praktischen Nutzen aufzeigen. Wenn in der<br />

Industrie ein Werkstück hergestellt werden soll, dann soll bei der Produktion möglichst wenig<br />

Abfall entstehen. Möchte man dieses Problem optimal lösen, so ist diese Aufgabe auf das<br />

Parkettierungsproblem (vgl. Abb. 136) zurückzuführen. Als erster nahm sich der Mathematiker<br />

H. Heesch dieser Aufgabe systematisch an. Als Lösung fand sich der sogenannte<br />

Flächenschluß 21 .<br />

Abbildung 136: Beispiele für unterschiedliche Ausnutzung einer Platte<br />

gegebener Größe durch verschiedene Anordnung<br />

desselben Parketts auf der Platte.<br />

21 Unter einem Flächenschluß versteht man ein Aneinanderschließen der Flächenelemente (vgl. Parkettierung).


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 108<br />

Die Konstruktion eines Werkstücks ist demnach wesentlich von technischen<br />

(Realisierbarkeit), wirtschaftlichen (die Produktionskosten) <strong>und</strong> psychologischen (Kunst <strong>und</strong><br />

Ästhetik) Aspekten abhängig.<br />

Die Ergebnisse eines Flächenschlusses bei einem Werkstück sind:<br />

1. Materialersparnisse durch Verringerung der Zerteilungsverluste.<br />

2. Geringere Kosten für die Abfallentsorgung.<br />

3. Energieeinsparung beim Zerteilen.<br />

4. Arbeitszeitersparnisse.<br />

5. Weniger Arbeitsgänge <strong>und</strong> minimierte Werkzeugabnutzung.<br />

Abbildung 137: Protokoll über die Herstellung eines Scheibenrades<br />

ohne <strong>und</strong> mit Berücksichtigung der Flächenschlußprinzipien.<br />

Ohne Flächenschluß beträgt der Anteil<br />

des Abfalls 33,6 %, während mit Flächenschluß<br />

lediglich 17,5 % Abfall anfallen.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 109<br />

Das der Konstrukteur schon in der Konstruktionsphase die Prinzipien des Flächenschlusses<br />

beachtet, ist der Idealfall. Es darf aber nicht verschwiegen werden, daß durch den<br />

(nächträglichen) Flächenschluß nicht nur erhebliche Entwicklungskosten entstehen können.<br />

Es sind auch die folgenden möglichen Situationen zu bedenken:<br />

1. Eventuelle Kosten für die Anschaffung neuer Werkzeuge.<br />

2. Im Einzelfall kann es wirtschaftlicher sein, mehr Abfälle in Kauf zu nehmen, wenn z. B.<br />

Mengenrabatte beim Einkauf erzielt werden können.<br />

3. Eine Konstruktion ohne Beachtung der Prinzipien des Flächenschlusses kann eventuell<br />

schneller durchgeführt werden. Dies ermöglicht eine kürzere Lieferzeit <strong>und</strong> bedeutet somit<br />

auch Wettbewerbsfähigkeit.<br />

4. Flächenschlüssig konstruierte Teile verfügen häufig über ungewollte, produktionsbedingte<br />

spitze Ecken, die nachbearbeitet werden müssen. Dies bedeutet mehr Arbeitsaufwand.<br />

5. Die Materialstruktur kann sich in unterschiedliche Richtungen auswirken, wenn die<br />

Parketteile in verschiedenen Lagen aus der Platte geschnitten werden müssen.<br />

6. Durch die Konstruktion flächenschlüssiger Teile entstehen durch den zeitlichen<br />

Mehraufwand zusätzliche Kosten.<br />

Am augenfälligsten werden uns Parkettierungen durch Pflasterungen, die uns täglich z. B. in<br />

Form von Straßen, Wegen, Plätzen, Auffahrten <strong>und</strong> Terrassen mit Verb<strong>und</strong>pflastersteinen<br />

begegnen. Mit wachsendem Umweltbewußtsein setzt sich immer mehr das Bestreben durch,<br />

in Wohnanlagen die Wege, Plätze <strong>und</strong> Straßen mit Atmosphäre zu gestalten. Die Vorteile<br />

liegen auf der Hand:<br />

1. Bei gepflasterten Straßen, Wegen <strong>und</strong> Plätzen ist die Reparatur leicht <strong>und</strong> kostengünstig<br />

durchzuführen. Bei Umgestaltungen sind die Steine im allgemeinen wieder zu verwenden.<br />

2. Gepflasterte Flächen lassen sich durch Verwendung verschiedener Steinformen <strong>und</strong><br />

Steinfarben oder durch verschiedene Verlegemuster (vgl. Abb. 138) auf optische Weise<br />

gliedern. So können beispielsweise Rad- <strong>und</strong> Fußwege gegeneinander abgegrenzt werden.<br />

3. Durch Verwendung gefärbter Pflastersteine können kostengünstig dauerhafte<br />

Markierungen geschaffen werden, wie dies zum Beispiel auf Parkplätzen Anwendung<br />

findet.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 110<br />

Abbildung 138: Änderung eines Rechtecksteins in Form eines Fisches. Beispiele<br />

für verschiedene Möglichkeiten einen Parkettstein zu verlegen.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 111<br />

14. Palindrome<br />

Ein Palindrom ist eine Wortfolge (Ziffernfolge) oder ein Satz, die vor- wie rückwärts gelesen<br />

einen Sinn ergeben. Somit sind in Anlehnung an Walser, H. auch in Wort, Schrift <strong>und</strong> Zahl<br />

<strong>Symmetrie</strong>n zu finden.<br />

Palindrome mit gleicher Bedeutung:<br />

ANNA RELIEFPFEILER UHU OTTO<br />

Auffällig ist bei den Palindromen UHU <strong>und</strong> OTTO, daß sie Spiegelungssymmetrie enthalten.<br />

Palindrome mit Bedeutungswechsel:<br />

NEBEL - LEBEN REGAL – LAGER REGEN – NEGER<br />

AVE - EVA GRAS - SARG<br />

Palindromische Sätze ohne Bedeutungswechsel:<br />

EIN NEGER MIT GAZELLE ZAGT IM REGEN NIE<br />

SEX AT NOON TAXES<br />

Ein palindromischer Satz mit Bedeutungswechsel:<br />

DIE LIEBE IST SIEGER – REGE IST SIE BEI LEID<br />

Palindromische Zahlen<br />

Palindromische Zahlen besitzen eine symmetrische Anordnung ihrer Ziffern, wie zum<br />

Beispiel 666, 44944 oder 26562. Sie haben sowohl vorwärts als auch rückwärts gelesen den<br />

gleichen Wert. Auffällig ist hierbei, daß alle palindromischen Zahlen mit einer geraden<br />

Ziffernzahl durch elf teilbar sind. Dieser Sachverhalt ist durch die folgende Regel einzusehen:<br />

Eine Zahl ist immer dann durch elf teilbar, wenn ihre alternierende Ziffernsumme durch elf<br />

teilbar ist. Da bei palindromischen Zahlen mit gerader Ziffernanzahl die alternierende<br />

Ziffernsumme immer Null ergibt, ist sie auch durch elf teilbar.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 112<br />

Ein interessantes Phänomen ist die Erzeugung von palindromischen Zahlen. Wenn man eine<br />

beliebige Zahl n ∈ ℕ mit ihrer Spiegelzahl (Vertauschung der Ziffernfolge) addiert, dann<br />

ergibt sich nach mehrfacher Wiederholung dieses Vorgehens eine palindromische Zahl. Man<br />

betrachte sich hierzu das folgende Beispiel mit der Startzahl 7254:<br />

1. Schritt: 7254 + 4527 = 11781<br />

2. Schritt: 11781 + 18711 = 30492<br />

3. Schritt: 30492 + 29403 = 59895<br />

Bisher ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob jede Startzahl nach endlichen vielen<br />

Schritten zu einer palindromischen Zahl führt. Z. B. wird von der Zahl 196 vermutet, daß sie<br />

nie zu einer palindromischen Zahl führt.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 113<br />

15. Ausblick<br />

In dieser Arbeit wurden Punkt-, Fries- <strong>und</strong> Ornamentgruppen vorgestellt. Danach wurde das<br />

Problem der Parkettierung in der euklidischen <strong>und</strong> hyperbolischen Ebene behandelt.<br />

Anmerkung: Im Kapitel 6. wurde von Gruppen gesprochen. Genaugenommen müßte man<br />

aber von Klassen sprechen. Davon wurde aber abgesehen, da in der<br />

verwendeten Literatur auch nur der Begriff der Gruppe benutzt wurde.<br />

Da dies nur einen kleinen Einblick in den Bereich der <strong>Symmetrie</strong> gewährt, möchte ich noch<br />

einen Ausblick geben, was noch untersucht werden kann.<br />

Beispielsweise wurden Kirchenfenster (vgl. mit Kapitel Punktgruppen) nur sehr knapp<br />

behandelt. Hier kann eine Untersuchung der Konstruktionsmöglichkeiten von Kirchenfenstern<br />

interessant sein. Es wäre auch möglich, dies als Projekt im Rahmen des Mathematikunterrichts<br />

durchzuführen. In den Arbeiten von Kindinger, K. <strong>und</strong> Artmann, B. sind<br />

Anregungen zu Konstruktionsmöglichkeiten gegeben, <strong>und</strong> Binding, G. ermöglicht einen<br />

Einblick in die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten. Im Rahmen der Untersuchung von<br />

Punktgruppen bietet sich auch die Betrachtung von Mandalas an.<br />

Eine weitere Vertiefung kann durch die Untersuchung von <strong>Symmetrie</strong>n im ℝ 3 stattfinden. Es<br />

existieren 230 Raumgruppen, die in der Kristallchemie von großem Interesse sind. Hierzu sei<br />

auf die Literatur von Klemm, M. <strong>und</strong> Bongartz, K. [u. a.] verwiesen.<br />

Aber auch im ℝ 2 ergeben sich noch interessante <strong>Symmetrie</strong>n durch Einfärbung von<br />

Ornamenten. Wenn man diesem Problem nachgeht, stößt man zwangsläufig auf die Vier-<br />

Farben-Vermutung. Es existieren 101 Klassen mehrfarbiger drehinvarianter Ornamentgruppen.<br />

Neben den regulären Parketts ist es möglich, duale Parketts oder halbreguläre Parkettierungen<br />

zu betrachten. Besonders bemerkenswert sind meiner Meinung nach die regelmäßigen<br />

Flächenaufteilungen von Escher, die sehr kunstvoll gestaltet sind. Aber ebenso faszinierend<br />

sind die sogenannten Penrose Parketts. Der englische Mathematiker Roger Penrose fand als<br />

erster ein Polygonpaar, mit dem die Ebene nur aperiodisch (ohne Translationssymmetrie)


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 114<br />

parkettiert werden kann. Es ist aber auch möglich, die Ebene mit fraktalen Figuren (z. B.<br />

Drachenkurven) zu parkettieren. Hierzu sei auf die Literatur von Herfort / Klotz verwiesen.<br />

Eine interessante mathematische Anwendung von Parketts ist der Beweis des Lehrsatzes von<br />

Pythagoras. Mit Hilfe von Parketten wird von Walser, H. nachgewiesen, daß in einem<br />

rechtwinkligen Dreieck a 2 + b 2 = c 2 gilt.<br />

Eine Verallgemeinerung des Kreispackungsproblems führt zum Kugelpackungsproblem,<br />

welches besonders in der Molekülchemie von Bedeutung ist.<br />

Aber nicht nur in den Wissenschaften lohnt sich die <strong>Symmetrie</strong>betrachtung. Wenn man mit<br />

geschärften Blick (für <strong>Symmetrie</strong>n) durch Umwelt <strong>und</strong> Natur geht, können viele schöne <strong>und</strong><br />

faszinierende Beispiele gef<strong>und</strong>en werden.<br />

Interessante Seiten zur <strong>Symmetrie</strong> im Internet<br />

http://www.mathe.tu-freiberg.de/ ~ gebel/SemBlatt/SB-1/Geschichte/Kepler.html<br />

http://servix.mathematik.uni-stuttgart.de/ ~ stroppel/litsymm.shtml<br />

http://www.toppoint.de/ ~ freitag/penrose/f-d-penrose.html<br />

http://k<strong>und</strong>en.swhamm.de/Geometriepage/parkektt.htm<br />

http://iisirius.ac.chemie.tu-darmstadt.de/fcc.html<br />

http://forum.swarthmore.edu/geometry/rugs/carpets/patterns.html<br />

http://www.bremen.de/info/nepal/mandala.htm<br />

http://www.aim-worldwide.com/e0109020.html<br />

http://www.ph-heidelberg.de/wp/mauve/ornament/flechten.htm


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 115<br />

16. Abbildungsnachweis<br />

Abbildung Nummer:<br />

1. Eigene Photographie<br />

2. Tarassow, L.: <strong>Symmetrie</strong>, <strong>Symmetrie</strong>!<br />

3. – 4. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

5. Mainzer, K.: <strong>Symmetrie</strong>n der Natur – Ein Handbuch ...<br />

6. Eigener Entwurf (nach Herfort / Klotz)<br />

7. Herfort, P. / Klotz, A.: Ornamente <strong>und</strong> Fraktale<br />

8. Eigener Entwurf (nach Herfort / Klotz)<br />

9. – 11. Eigener Entwurf (nach Flachsmeyer / Feiste / Manteuffel)<br />

12. Klemm, M.: <strong>Symmetrie</strong>n von Ornamenten <strong>und</strong> Kristallen<br />

13. –15. Flachsmeyer, J. / Feiste, U. / Manteuffel, K.: Mathematik <strong>und</strong><br />

ornamentale Kunstformen<br />

16. – 17. Klemm, M.: <strong>Symmetrie</strong>n von Ornamenten <strong>und</strong> Kristallen<br />

18. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

19. – 26. Eigene Photographie<br />

27., 29., ..., 39. Klemm, M.: <strong>Symmetrie</strong>n von Ornamenten <strong>und</strong> Kristallen<br />

28., 30., ..., 40. Eigener Entwurf (nach Klemm)<br />

41. Eigener Entwurf (nach Flachsmeyer / Feiste / Manteuffel)<br />

42. – 43. Eigene Photographie<br />

44. Eigener Entwurf (nach Klemm)<br />

45. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

46. – 51. Eigener Entwurf (nach Herfort / Klotz)<br />

52., 54., ..., 84. Klemm, M.: <strong>Symmetrie</strong>n von Ornamenten <strong>und</strong> Kristallen<br />

53., 55., ..., 85. Eigener Entwurf (nach Klemm)<br />

86. Eigene Photographie<br />

87. Eigener Entwurf (nach Flachsmeyer / Feiste / Manteuffel)<br />

88. – 92. Preisinger, A.: <strong>Symmetrie</strong><br />

93. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

94. Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen<br />

95. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

96. – 97. Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen<br />

98. – 100. Eigener Entwurf


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 116<br />

101. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

102. – 103. Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen<br />

104. – 105. Eigener Entwurf<br />

106. – 115. Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen<br />

116. Eigener Entwurf (nach Bigalke / Wippermann)<br />

117. – 118. Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen<br />

119. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

120. – 123. Eigener Entwurf (nach Devlin)<br />

124. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

125. Mainzer, K.: <strong>Symmetrie</strong>n der Natur – Ein Handbuch ...<br />

126. Herfort, P. / Klotz, A.: Ornamente <strong>und</strong> Fraktale<br />

127. – 128. Eigener Entwurf (nach Herfort / Klotz)<br />

129. – 132. Herfort, P. / Klotz, A.: Ornamente <strong>und</strong> Fraktale<br />

133. – 134. http://www.vma.bme.hu/mathhist/Mathematicans/<br />

135. Entwurf mit Hilfe des Programms IFSCOX<br />

136. – 139. Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 117<br />

17. Literaturverzeichnis<br />

Artmann, B.: Zur Geometrie gotischer Maßwerkfenster / In: MU – Der Mathematikunterricht<br />

/ Jahrgang 41, Heft 3, 1995.<br />

Artmann, B.: The Cloisters of Hauterive / In: The Mathematical Intelligencer / Jahrgang 13,<br />

Heft 2, Springer Verlag International, 1991.<br />

Binding, G.: Masswerk / Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1989.<br />

Bigalke, H. G. / Wippermann, H.: Reguläre Parkettierungen – Mit Anwendungen in<br />

Kristallographie, Industrie, Baugewerbe, Design <strong>und</strong> Kunst / Mannheim, Leipzig, Wien,<br />

Zürich: Wissenschaftsverlag, 1994.<br />

Bongartz, K. / Borho, W. / Mertens, D. / Steins, A.: Farbige Parkette – Vier Aufsätze zur<br />

ebenen Kristallographie / Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser Verlag, 1988.<br />

Bronstein, Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik / Stuttgart, Leipzig: B. G. Teubner<br />

Verlagsgesellschaft, 1991.<br />

Coxeter, H. S. M.: Unvergängliche Geometrie / In: Wissenschaft <strong>und</strong> Kultur Bd. 17 / Basel,<br />

Stuttgart: Birkhäuser, 1963.<br />

Devlin, K.: Muster der Mathematik – Ordnungsgesetze des Geistes <strong>und</strong> der Natur /<br />

Heidelberg [u. a.]: Spektrum Akademischer Verlag, 1997.<br />

Escher, C.: Graphik <strong>und</strong> Zeichnungen / München: Moos, 1984.<br />

Fischer, G.: Lineare Algebra / Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg, 1986.<br />

Flachsmeyer, J. / Feiste, U. / Manteuffel, K.: Mathematik <strong>und</strong> ornamentale Kunstformen /<br />

Leipzig: Teubner, 1990.<br />

Goethe, J. W.: Faust – Der Tragödie erster Teil / Stuttgart: Ernst Klett Verlag, 1991.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 118<br />

Heesch, H.: Reguläres Parkettierungsproblem / In: Arbeitsgemeinschaft für Forschung des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen / Köln, Opladen: Westdeutscher Verlag, 1968.<br />

Heesch, H. / Bigalke, H. G.: Kristallgeometrie, Parkettierungen, Vierfarbenforschung / Basel,<br />

Boston, Berlin: Birkhäuser Verlag, 1988.<br />

Heilbron, J. L.: Geometry Civilized – History, Culture and Technique / Oxford: Clarendon<br />

Press, 1998.<br />

Herfort, P. / Klotz, A.: Ornamente <strong>und</strong> Fraktale / Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg, 1997.<br />

Hilbert, D. / Cohn-Vossen, S.: Anschauliche Geometrie / Berlin, Heidelberg, New York:<br />

Springer, 1932.<br />

Kindinger, K.: Eine geometrische Analyse gotischer Maßwerkfenster / In: MU- Der<br />

Mathematikunterricht / Jahrgang 41, Heft 3, 1995.<br />

Klemm, M.: <strong>Symmetrie</strong>n von Ornamenten <strong>und</strong> Kristallen / Berlin, Heidelberg, New York:<br />

Springer, 1982.<br />

Luidl, P. / Huber, H.: Ornamente – Ornaments / München: Verlag F. Bruckmann KG, 1983.<br />

Mainzer, K.: <strong>Symmetrie</strong>n der Natur – Ein Handbuch zur Natur- <strong>und</strong> Wissenschaftsphilosophie<br />

/ Berlin, New York: Springer, 1988.<br />

Müller, E.: Gruppentheoretische <strong>und</strong> strukturanalytische Untersuchungen der Maurischen<br />

Ornamente aus der Alhambra in Granada / Rüschlikon: Buchdruckerei Baublatt AG, 1944.<br />

Pedersen, J.: Geometry: The Unity of Theory and Practice / In: The Mathematical<br />

Intelligencer / Jahrgang 5, Heft 4, Springer Verlag International, 1983.<br />

Preisinger, A. (Hrsg.): <strong>Symmetrie</strong> / Schriftenreihe der TU Wien, Bd. 16, 1980.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 119<br />

Steinhaus, H.: Kaleidoskop der Mathematik / Berlin: VEB Deutscher Verlag der<br />

Wissenschaft, 1959.<br />

Storm, T.: Novellen – Gedichte / Trautwein Klassiker-Edition, 1996.<br />

Tarassow, L.: <strong>Symmetrie</strong>, <strong>Symmetrie</strong>! – Strukturprinzipien in Natur <strong>und</strong> Technik /<br />

Heidelberg, Berlin, Oxford: Spektrum Akademischer Verlag, 1993.<br />

Toth, G.: Glimpses of Algebra and Geometry / New York: Springer, 1998.<br />

Walser, H.: <strong>Symmetrie</strong> / Stuttgart, Leipzig: Teubner, 1998.<br />

Weyl, H.: <strong>Symmetrie</strong> / Basel, Stuttgart: Birkhäuser, 1955.<br />

Wille, D.: Repetitorium der Linearen Algebra – Teil 1 / Springe: Feldmann Verlag, 1991.<br />

Wille, R. (Hrsg.): <strong>Symmetrie</strong> in Geistes- <strong>und</strong> Naturwissenschaften / Berlin, Heidelberg,<br />

New York, London, Paris, Tokyo: Springer, 1988.<br />

Wille, R.: <strong>Symmetrie</strong> – Versuch einer Begriffsbestimmung / Darmstadt: In Preprint 985,<br />

1986.<br />

Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion: Das Fremdwörterbuch / Mannheim, Wien,<br />

Zürich: Dudenverlag, 1990.<br />

Zee, A.: Magische <strong>Symmetrie</strong> / Basel [u. a.]: Birkhäuser, 1990.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 120<br />

18. Symbolverzeichnis<br />

A Abbildung<br />

A -1<br />

Umkehrabbildung<br />

B Bewegung<br />

ℂ Menge der komplexen Zahlen<br />

Cn<br />

Zyklische Gruppe<br />

Dα,Z<br />

Drehung mit Drehwinkel α <strong>und</strong> Drehzentrum Z<br />

Dn,Z<br />

Drehung mit Drehwinkel 360°/n <strong>und</strong> Drehzentrum Z<br />

D n<br />

n-malige Drehung<br />

Dn<br />

Diedergruppe<br />

∆ det(A)<br />

C1 * , C2 * , D1 * , D1 ** , D1 *** , D2 * , D2 **<br />

Friesgruppen<br />

Γ Untergruppe von O(Λ)<br />

GS<br />

Gleitspiegelung<br />

ps1, ps1m, ps1as<br />

Homöometrische Gruppen<br />

I Identität<br />

K Gruppe der Kongruenzabbildungen<br />

ℕ Menge der natürlichen Zahlen (inkl. 0)<br />

L Laves-Netz<br />

ΛP<br />

Laves-Parkett<br />

[Λ, Γ] Klasse eines Parketts<br />

xH Linksklasse<br />

p1, p2, pm, pg, cm, pmm, pmg, pgg, cmm, Ornamentgruppen<br />

p4, p4m, p4g, p3, p6, p31m, p3m1, p6m Ornamentgruppen<br />

O(P) Ornamentgruppe des Parketts<br />

O(Λ) Ornamentgruppe des Laves-Parketts<br />

O. B. d. A. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit<br />

ord(H) Ordnung von H<br />

P Parkett<br />

i-ter Parkettstein<br />

pi<br />

ΠL<br />

Gruppe aller Permutationen von L<br />

ℝ Menge der reellen Zahlen<br />

Sg<br />

Spiegelung an der Geraden g<br />

T Translation<br />

T*(k, m, n) Coxeter Gruppe<br />

ℤ Menge der ganzen Zahlen<br />

■ Beweisende


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 121<br />

19. Anhang<br />

Zum besseren Verständnis möchte ich die Bezeichnungsweise erläutern. Die Abkürzung RP<br />

steht für Repräsentant des zugehörigen Parketts. Die Bezeichnungsweisen der Flächenornamente<br />

werden am Ende des Anhangs erläutert.


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 122


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 123


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 124


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 125


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 126


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 127


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 128<br />

Abbildung 139: Die Repräsentanten der 93 Parkettklassen<br />

Gegenüberstellung der unterschiedlichen Bezeichnungsweisen der Flächenornamentgruppen<br />

zum besseren Verständnis der Bezeichnungsweisen für Parketts:<br />

a) Nach Bigalke / Wippermann b) Internationale Bezeichnungsweise<br />

a) p1 p2 p3 p4 p6 pm pg cm p31m p3m1<br />

b) p1 p2 p3 p4 p6 pm pg cm p31m p3m1<br />

a) p2mm p2mg p2gg c2mm p4gm p4mm p6mm<br />

b) pmm pmg pgg cmm p4g p4m p6m


<strong>Symmetrie</strong> <strong>und</strong> <strong>Ornamentik</strong> Claus Rohrbach 129<br />

Versicherung<br />

Hiermit versichere ich, daß ich die vorliegende Arbeit selbständig verfaßt habe <strong>und</strong> keine<br />

anderen Hilfsmittel, als die angegebenen, verwendet habe. Sämtliche Stellen, die der Literatur<br />

entnommen wurden, habe ich mit Quellenangaben kenntlich gemacht.<br />

Riedstadt, November 1998

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