Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
I Rz. 79 Die einstweilige Verfügung <strong>im</strong> Individualarbeitsrecht<br />
Die arbeitgeberseitigen Interessen an der Nichtbeschäftigung können<br />
vielfältiger Natur sein.<br />
aa) Betriebsbedingt<br />
79 Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers kann durch organisatorische Maßnahmen<br />
weggefallen sein1 . Hier entfällt der Beschäftigungsanspruch<br />
aber nur dann, wenn es dem Arbeitgeber auch nicht möglich ist, dem<br />
Arbeitnehmer durch Direktionsrecht einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen2<br />
. Der Unternehmerentscheidung kommt hier nicht dieselbe<br />
Bedeutung zu wie be<strong>im</strong> Kündigungsentschluss, denn es geht um die<br />
Einschränkung vertraglicher Rechte innerhalb eines fortbestehenden<br />
Arbeitsverhältnisses3 . Es ist nicht ausreichend, dass der Arbeitgeber die<br />
Tätigkeiten schon einem anderen Arbeitnehmer übertragen hat4 . Auch<br />
sonstige Unternehmerentscheidungen, wie etwa der Wegfall einer Führungsposition,<br />
können rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie mit der Intention<br />
getroffen werden, den Beschäftigungsanspruch zu untergraben5 .<br />
80 Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann es be<strong>im</strong> Beschäftigungsanspruch<br />
anders als be<strong>im</strong> Weiterbeschäftigungsanspruch kaum geben.<br />
Insbesondere ist sie nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber<br />
ohne sein Verschulden an einem wirtschaftlich sinnvollen Einsatz<br />
des Arbeitnehmers gehindert ist 6 . Die Entgeltfortzahlungspflicht<br />
besteht ohnehin grundsätzlich bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses<br />
fort. In aller Regel hat der Arbeitgeber aber die wirtschaftlichen<br />
Belastungen durch die Entgeltzahlung auch bei einer Freistellung<br />
bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu tragen. Darin liegt der entscheidende<br />
Unterschied zu der Wertung des § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG,<br />
wonach sich der Arbeitgeber von der betriebsverfassungsrechtlichen<br />
Weiterbeschäftigungspflicht entbinden lassen kann, wenn die Weiterbeschäftigung<br />
zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen führen<br />
würde 7 . In diesem Fall verursacht die Weiterbeschäftigung erst die<br />
Pflicht zur Entgeltzahlung und löst somit die möglicherweise unzumutbaren<br />
wirtschaftlichen Belastungen aus. Somit kommt eine wirtschaftliche<br />
Unzumutbarkeit nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber zur<br />
1 Vgl. BAG v. 13.6.1990 – 5 AZR 350/89; LAG Hamm v. 15.1.1991 – 7 Ta 28/91<br />
und LAG Köln v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95.<br />
2 ArbG Berlin v. 7.6.2005 – 84 Ga 10842/05.<br />
3 ArbG Berlin v. 25.1.2006 – 40 Ca 22605/05.<br />
4 LAG München v. 19.8.1992 – 5 Ta 182/92, Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51,<br />
55.<br />
5 LAG Hamm v. 5.5.1983 – 8 Sa 255/83; LAG Köln v. 23.8.2001 – 7 (13) Ta<br />
190/01 – für die Auflösung eines Amtes.<br />
6 So aber Erman/Edenfeld, 11. Aufl., § 611 Rz. 355.<br />
7AARuhl/Kassebohm, NZA 1995, 497, 501.<br />
234