Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
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I Rz. 72 Die einstweilige Verfügung <strong>im</strong> Individualarbeitsrecht<br />
72 Gegen die Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber<br />
nicht den Einwand des böswilligen Unterlassens von Zwischenverdienst<br />
einwenden 1 .<br />
73 Zulässig ist ein gerichtlicher Vergleich, nach dem für einen best<strong>im</strong>mten<br />
Zeitraum (zB die Kündigungsfrist bei Umwandlung der außerordentlichen<br />
in eine ordentliche Kündigung) aus tatsächlichen Gründen kein<br />
Annahmeverzug des Arbeitgebers und daher kein Entgeltanspruch des<br />
Arbeitnehmers bestand.<br />
b) Formularvertrag<br />
74 Eine formularvertragliche Klausel, die dem Arbeitgeber ohne weitere<br />
Voraussetzungen ein Freistellungsrecht gibt, ist unwirksam2 . Seit<br />
Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ist streitig3 , ob und ggf. unter welchen<br />
Voraussetzungen die Parteien des Arbeitsvertrages wirksam vereinbaren<br />
können, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ausspruch<br />
einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung<br />
freistellen kann4 . M.E. ist eine Formularklausel, die die Freistellungsbefugnis<br />
nur von dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung abhängig<br />
macht, unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken<br />
einer Regelung iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zu vereinbaren ist. Zwar<br />
gibt es keine gesetzliche Fixierung der Beschäftigungspflicht, aber der<br />
Anspruch wird von der Rechtsprechung hergeleitet aus §§ 611 Abs. 1,<br />
613 BGB iVm. § 242 BGB, wobei dieser ausgefüllt wird durch die Wertentscheidungen<br />
der Art. 1 und 2 GG5 . Daher gibt es ein Leitbild iSv. § 307<br />
Abs. 2 Nr. 1 BGB. Hiervon kann nur bei Bestehen eines berechtigten Interesses<br />
abgewichen werden, das in der Vertragsklausel selbst genannt werden<br />
muss. Der Arbeitgeber muss also die berechtigten Interessen (unten I<br />
Rz. 77 ff.) in der Freistellungsklausel aufnehmen. Da er bei deren Vorliegen<br />
den Arbeitnehmer aber ohnehin ausnahmsweise freistellen kann,<br />
dürfte eine solche Klausel keine entscheidende Bedeutung mehr haben6 .<br />
1 LAG Köln v. 27.4.2005 – 7 Sa 1282/04.<br />
2 LAG München v. 7.5.2004 – 5 Sa 297/03, das allerdings eine m.E. unzulässige<br />
geltungserhaltende Reduktion vorn<strong>im</strong>mt.<br />
3 S. die Nachweise bei HWK/Thüsing, § 622 BGB Rz. 176 ff.<br />
4 Bejahend zur alten Rechtslage LAG Hamburg v. 10.6.1994 – 6 Sa 42/94; ebenso<br />
für Freistellungsklausel unter Anrechnung auf Urlaub LAG Köln v. 20.2.2006 –<br />
14 (10) 1394/05.<br />
5 ArbG Stuttgart v. 18.3.2005 – 26 Ga 4/05.<br />
6 S. auch ArbG Berlin v. 4.2.2005 – 9 Ga 1155/05, wo eine solche Formularklausel<br />
auch dann für unwirksam gehalten wird, wenn sie nur gegenüber Führungskräften<br />
und außertariflichen Mitarbeitern verwandt wird; ArbG Frankfurt/M v.<br />
19.11.2003 – 2 GA 251/03; aA ArbG Stralsund v. 11.8.2004 – 3 Ga 7/04; aA Krause,<br />
NZA-Beilage 1/2005, 51, 63, der eine gewisse Typisierung für zulässig hält.<br />
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