Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
Der Beschäftigungsanspruch während des Arbeitsverhältnisses Rz. 95 I angewiesen ist, etwa um seine beruflichen Chancen zu erhalten 1 . Dabei ist mE zu beachten, dass das Beschäftigungsinteresse, wie der Große Senat des BAG definiert hat, ein ideelles ist. Etwaige Gegeninteressen des Arbeitgebers sind bereits in die Interessenabwägung beim Verfügungsanspruch einzubeziehen 2 . Besteht der Verfügungsanspruch, so bleibt für die Verneinung des Verfügungsgrundes kein Raum mehr, da das beim Anspruchsgrund als vorrangig befundene ideelle Interesse des Arbeitnehmers an der Beschäftigung ansonsten durch Zeitablauf nicht mehr realisierbar wäre. Einer besonderen Dringlichkeitssituation bedarf es nicht, da die einstweilige Verfügung gerade den Zweck hat, den endgültigen Rechtsverlust durch die lange Dauer des Hauptsacheverfahrens zu vermeiden 3 . Dies gilt insbesondere in Ausbildungsverhältnissen 4 . Weiter ist auch hier zu beachten, dass die Anforderungen an den Verfügungsgrund umso geringer sind, je schwerer und offensichtlicher die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist 5 . Etwas anderes kann gelten, wenn der Arbeitgeber nicht die Beschäftigung insgesamt ablehnt, sondern nur zu den vom Arbeitnehmer gewünschten Bedingungen. Hier muss der Arbeitnehmer eingehend vortragen, warum die Beschäftigung mit einer anderen als der zuvor innegehabten Beschäftigung sein ideelles Interesse in einer Weise berührt, die eine Regelungsverfügung notwendig macht 6 (zum Verfügungsgrund für den Antrag auf Nichtzuweisung bestimmter Tätigkeiten s. unter Direktionsrecht, I Rz. 51). Beraterhinweis: In der Praxis sollte der Arbeitnehmervertreter stets vorsorglich substantiierte Argumente für ein besonderes Weiterbeschäftigungsinteresse vortragen. 1 So LAG Köln v. 13.5.2005 – 4 Sa 400/05; LAG Hamm v. 18.2.1998 – 3 Sa 297/98; LAG Köln v. 31.7.1985 – 7 Sa 555/85; LAG Hamburg v. 8.9.1982 – 5 Sa 112/82; für die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen nach Änderungskündigung; LAG Hess. v. 23.3.1987 – 1 SaGa 316/87; LAG Hess. v. 23.3 1987 – 1 SaGa 316/87; ArbG Stralsund v. 11.8.2004 – 3 Ga 7/04; Baur, Teil B Rz. 99 mwN.); Bader/Creutzfeld/Friedrich, ArbGG, § 62 Rz. 102; Ostrowicz/ Künzl/Schäfer, S. 457. 2 LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03. 3 In diesem Sinne auch Schäfer, Rz. 68; vgl. weiter LAG Hess. v. 23.3.2004 – 15 SaGa 401/04; darin auch zum Problem der Nichtbeschäftigung wegen gesundheitlicher Probleme des Arbeitnehmers und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96. 4 ArbG Köln v. 1.2.2005 – 14 (12) Ga 13/05. 5 LAG Köln v. 13.5.2004 – 4Sa 400/05; LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03; LAG Köln v. 24.11.1998 – 13 Sa 940/98; Moderegger, ArbRB 2004, 188. 6 LAG Hess. v. 19.8.2002 – 16 SaGa 1118/02 und v. 23.1.1995 – 16 GaSa 2127/94; s. weiter unter „Versetzung“ I Rz. 56. 241 95
I Rz. 232 Die einstweilige Verfügung im Individualarbeitsrecht Fiktionswirkung des § 894 Abs. 1 ZPO liegt. Die Fiktion der Abgabe der Willenserklärung durch das Urteil tritt jedoch erst mit seiner Rechtskraft ein. Selbst wenn man die Rechtskraft im Verfügungsverfahren ausreichen lässt, dürfte diese in der Regel nicht vor dem Urlaubsantritt eintreten, da der Arbeitgeber gegen eine ohne mündliche Verhandlung ergangene einstweilige Verfügung zeitlich unbefristet Widerspruch und gegen ein entsprechendes Urteil binnen der Berufungsfrist von einem Monat Berufung einlegen könnte. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Urlaubsgewährung mittels einer einstweiligen Verfügung eine Befriedigungswirkung entfaltet. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist jedoch im Verfügungsverfahren so weit wie möglich zu vermeiden. Sie ist nur zulässig, wenn effektiver Rechtsschutz nicht auf andere Weise gewährt werden kann. Mit der Gestattung des Fernbleibens der Arbeit wird eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs und somit eine Vorwegnahme der Hauptsache vermieden und erreicht, dass der Arbeitnehmer seine an sich fortbestehende Arbeitspflicht nicht verletzt. Auch bedarf es keiner Vollstreckungsakte, da zumindest die formlose Übergabe einer schriftlichen Ausfertigung als Vollziehung der gerichtlichen Gestattung ausreicht. Über den Vergütungsanspruch ist dann erforderlichenfalls im Hauptsacheverfahren zu entscheiden (Corts, NZA 1998, 357). (ggf. weitere Mittel der Glaubhaftmachung) Unterschrift XI. Entgeltzahlung Literatur: Reich, Die einstweilige Verfügung auf Lohn- und Gehaltszahlung während des Rechtsstreits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses, DB 1996, Beilage 10; Keßler, Die auf Vergütungszahlung gerichtete einstweilige Verfügung, AuA 1996, 419; Korinth, Durchsetzung v. Vergütungsforderungen bei noch laufendem Kündigungsrechtsstreit, ArbRB 2004, 94; Vossen, Die auf Zahlung der Arbeitsvergütung gerichtete einstweilige Verfügung, RdA 1991, 216 1. Grundsatz – Verhältnis zum Arrest 232 Zur vorläufigen Sicherung des Vergütungsanspruches steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich nur der Arrest zur Verfügung, da es sich um einen reinen Geldanspruch handelt 1 . Mit dem Arrest erreicht der Arbeitnehmer jedoch nur die Sicherung seines Anspruches und keine vorläufige Befriedigung. Dies kann nur mittels einer Leistungsverfügung geschehen. Zur Behebung einer existentiellen Notlage kann der Arbeitnehmer daher auch eine einstweilige Verfügung beantragen, die auf die Zahlung von Arbeitsentgelt gerichtet ist. Dabei kann er jedoch regelmäßig nur 1 Heinze, RdA 1986, 281. 310
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I Rz. 232 Die einstweilige Verfügung <strong>im</strong> Individualarbeitsrecht<br />
Fiktionswirkung des § 894 Abs. 1 ZPO liegt. Die Fiktion der Abgabe der Willenserklärung<br />
durch das Urteil tritt jedoch erst mit seiner Rechtskraft ein.<br />
Selbst wenn man die Rechtskraft <strong>im</strong> Verfügungsverfahren ausreichen lässt,<br />
dürfte diese in der Regel nicht vor dem Urlaubsantritt eintreten, da der Arbeitgeber<br />
gegen eine ohne mündliche Verhandlung ergangene einstweilige Verfügung<br />
zeitlich unbefristet Widerspruch und gegen ein entsprechendes Urteil<br />
binnen der Berufungsfrist von einem Monat Berufung einlegen könnte. Darüber<br />
hinaus ist zu beachten, dass die Urlaubsgewährung mittels einer einstweiligen<br />
Verfügung eine Befriedigungswirkung entfaltet. Eine Vorwegnahme der Hauptsache<br />
ist jedoch <strong>im</strong> Verfügungsverfahren so weit wie möglich zu vermeiden.<br />
Sie ist nur zulässig, wenn effektiver <strong>Rechtsschutz</strong> nicht auf andere Weise gewährt<br />
werden kann. Mit der Gestattung des Fernbleibens der Arbeit wird eine<br />
Erfüllung des Urlaubsanspruchs und somit eine Vorwegnahme der Hauptsache<br />
vermieden und erreicht, dass der Arbeitnehmer seine an sich fortbestehende<br />
Arbeitspflicht nicht verletzt. Auch bedarf es keiner Vollstreckungsakte, da zumindest<br />
die formlose Übergabe einer schriftlichen Ausfertigung als Vollziehung<br />
der gerichtlichen Gestattung ausreicht. Über den Vergütungsanspruch ist dann<br />
erforderlichenfalls <strong>im</strong> Hauptsacheverfahren zu entscheiden (Corts, NZA 1998,<br />
357).<br />
(ggf. weitere Mittel der Glaubhaftmachung)<br />
Unterschrift<br />
XI. Entgeltzahlung<br />
Literatur: Reich, Die einstweilige Verfügung auf Lohn- und Gehaltszahlung während<br />
des Rechtsstreits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses, DB 1996, Beilage<br />
10; Keßler, Die auf Vergütungszahlung gerichtete einstweilige Verfügung,<br />
AuA 1996, 419; Korinth, Durchsetzung v. Vergütungsforderungen bei noch laufendem<br />
Kündigungsrechtsstreit, ArbRB 2004, 94; Vossen, Die auf Zahlung der<br />
Arbeitsvergütung gerichtete einstweilige Verfügung, RdA 1991, 216<br />
1. Grundsatz – Verhältnis zum Arrest<br />
232 Zur vorläufigen Sicherung des Vergütungsanspruches steht dem Arbeitnehmer<br />
grundsätzlich nur der Arrest zur Verfügung, da es sich um einen<br />
reinen Geldanspruch handelt 1 . Mit dem Arrest erreicht der Arbeitnehmer<br />
jedoch nur die Sicherung seines Anspruches und keine vorläufige<br />
Befriedigung. Dies kann nur mittels einer Leistungsverfügung geschehen.<br />
Zur Behebung einer existentiellen Notlage kann der Arbeitnehmer<br />
daher auch eine einstweilige Verfügung beantragen, die auf die Zahlung<br />
von Arbeitsentgelt gerichtet ist. Dabei kann er jedoch regelmäßig nur<br />
1 Heinze, RdA 1986, 281.<br />
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