04.02.2013 Aufrufe

Landtag von Baden-Württemberg - Arbeitsstelle Kinder- und ...

Landtag von Baden-Württemberg - Arbeitsstelle Kinder- und ...

Landtag von Baden-Württemberg - Arbeitsstelle Kinder- und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 3435<br />

Kapitel 1 – Einleitung<br />

– Die Offenheit in der Bestimmung der Lebensphasen macht die Orientierung an<br />

Gleichaltrigen zunehmend wichtig; pädagogisch inszenierte Orte <strong>und</strong> Gelegenheiten<br />

durch <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendarbeit, in denen <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche die<br />

Möglichkeiten haben, sich in ihren Problemen zu erfahren <strong>und</strong> eigene Lebensmuster<br />

auszubilden <strong>und</strong> zu leben, entsprechen diesem Bedarf.<br />

– Das Mit- <strong>und</strong> Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen mit unterschiedlichen<br />

Lebensstilen <strong>und</strong> -traditionen mit deutlich unterschiedlichen Teilhabemöglichkeiten<br />

erfordert Konzepte der Anerkennung <strong>von</strong> Unterschiedlichkeiten ebenso<br />

wie <strong>von</strong> basalen demokratischen Gemeinsamkeiten.<br />

(3) Das Arbeitsverständnis der modernen Jugendhilfe ist zunächst bestimmt durch<br />

ihre Doppelaufgabe: Hilfen sowohl in besonderen Lebenslagen der Belastung <strong>und</strong><br />

Deprivation, als auch Hilfen zur Lebensbewältigung in der heute schwierigen<br />

Normalität. Gegenüber der Tradition einer Fürsorge- <strong>und</strong> Armenpädagogik ist sie<br />

mit ihren Angeboten in die Mitte der Gesellschaft hineingewachsen; sie ist integraler<br />

Bestandteil moderner Lebensqualität in der Gestaltung des Sozialen.<br />

Das Arbeitsverständnis der modernen Jugendhilfe ist zum Zweiten dadurch bestimmt,<br />

dass sie <strong>Kinder</strong>, Heranwachsende <strong>und</strong> Erwachsene in ihren Verhältnissen,<br />

also im Ineinander objektiver Strukturen <strong>und</strong> subjektiver Verständnis- <strong>und</strong> Handlungsmuster<br />

sieht – in den Unterschiedlichkeiten <strong>von</strong> Geschlecht, Region <strong>und</strong><br />

Ethnie <strong>und</strong> in der Vielfältigkeit heutiger individueller Lebensplanungen <strong>und</strong> -entwürfe.<br />

Jugendhilfe analysiert Probleme <strong>und</strong> Schwierigkeiten <strong>und</strong> nutzt soziale, regionale<br />

<strong>und</strong> individuelle Ressourcen, über die Menschen in ihrer Geschichte <strong>und</strong><br />

ihrer Lebenswelt verfügen. Jugendhilfe verbindet so den Respekt vor gegebenen –<br />

oft verschütteten – Möglichkeiten mit der Herausforderung zu Lern- <strong>und</strong> Veränderungschancen<br />

<strong>und</strong> Optionen für ein Leben im Zeichen sozialer Gerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Anerkennung. Sie zielt auf Hilfe zur Selbsthilfe, auf Empowerment.<br />

Das Arbeitsverhältnis der Jugendhilfe ist zum Dritten bestimmt als Dienstleistung.<br />

Jugendhilfe löst Rechtsansprüche <strong>von</strong> Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern ein <strong>und</strong> versucht,<br />

angemessene Maßnahmen zwischen allen Beteiligten auszuhandeln. Verhandlung<br />

ist als personenbezogener Hilfeplan, aber auch als Strukturplanung das Kernstück<br />

<strong>und</strong> das zentrale Steuerungsinstrument heutiger Jugendhilfe. Jugendhilfe agiert<br />

darin professionell, also bestimmt durch den Horizont wissenschaftlicher Klärungen<br />

<strong>und</strong> ausgewiesen in reflektierten Erfahrungen <strong>und</strong> Methoden.<br />

(4) Diesen Prinzipien entsprechend hat Jugendhilfe ein vielgliedrig differenziertes<br />

Gefüge unterschiedlicher sozialer Dienstleistungsangebote zwischen <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung,<br />

Erziehungshilfen, <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendarbeit <strong>und</strong> Jugendsozialarbeit<br />

entwickelt <strong>und</strong> ausgebaut.<br />

Die Gestaltung <strong>von</strong> Institutionen <strong>und</strong> Methoden moderner Jugendhilfe orientiert<br />

sich an Strukturmaximen, wie sie seit dem Achten Jugendbericht (1990) zunehmend<br />

die fachliche Diskussion <strong>und</strong> Praxis bestimmen. Mit ihren Maximen<br />

verfolgt Jugendhilfe zwei Ziele: die Organisation ihrer Arbeit in Bezug auf die lebensweltlichen<br />

Erfahrungen der Adressaten <strong>und</strong> Adressatinnen <strong>und</strong> die Bestimmung<br />

der Arbeit in der sozialethischen Dimension der Gestaltung <strong>von</strong> individuellen<br />

Kompetenzen <strong>und</strong> sozialen Verhältnissen im Zeichen sozialer Gerechtigkeit:<br />

– Alltagsnähe meint – zunächst – die Präsenz <strong>von</strong> Hilfen in der Lebenswelt der<br />

Adressaten <strong>und</strong> Adressatinnen, also die Erreichbarkeit <strong>und</strong> Niedrigschwelligkeit<br />

<strong>von</strong> Angeboten. Alltagsnähe meint – zum Zweiten – eine ganzheitliche<br />

Orientierung in den Hilfen, die den ineinander verwobenen Lebenserfahrungen<br />

<strong>und</strong> -deutungen in der Lebenswelt gerecht wird. Offene Zugänge, wie sie in der<br />

allgemeinen Beratung oder in Konzepten der Alltagsbegleitung praktiziert werden,<br />

müssen gegenüber speziellen Hilfeangeboten gestärkt werden.<br />

– Dezentralisierung/Regionalisierung <strong>und</strong> Vernetzung betonen Aufgaben der Kooperation<br />

in der Region <strong>und</strong> die auch in der Alltagsnähe intendierte Präsenz<br />

<strong>von</strong> Hilfen vor Ort, damit sie in die konkreten lokalen <strong>und</strong> regionalen Strukturen<br />

eingepasst werden können.<br />

– Prävention – als „allgemeine Prävention“ – zielt auf die Stabilisierung <strong>und</strong> Inszenierung<br />

belastbarer <strong>und</strong> unterstützender Infrastrukturen <strong>und</strong> auf die Bildung<br />

<strong>und</strong> Stabilisierung allgemeiner Kompetenzen zur Lebensbewältigung; sie zielt<br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!