Spurensuche - Bülach
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Historische<br />
<strong>Spurensuche</strong><br />
Johanna Wirth Calvo, lic. phil. I<br />
Herausgegeben von der Stadt <strong>Bülach</strong>
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Die prähistorische Zeit<br />
Rund 6000 vor Christus, also noch vor dem Jungsteinzeitjäger<br />
Ötzi, lebten auf unserem Gemeindegebiet<br />
Menschen in einfachen Grubenhütten und Zelten.<br />
Spuren dieser Bewohner wie Steinbeile und Keramikscherben<br />
fand man im Heimgarten am Herrenweg<br />
und in der Engelwiesen etwa auf der Höhe der heutigen<br />
Engelwisstrasse-Feldstrasse.<br />
Dolch, Scheide und Lanzenspitze aus <strong>Bülach</strong> und<br />
Estavayer–le–Lac FR aus der Eisenzeit, wie sie heute im<br />
Landesmuseum ausgestellt sind (LAMU).<br />
Die prähistorische Zeit 8<br />
Beim Soli unterhalb des Ottenberges fanden die<br />
<strong>Bülach</strong>er Geschichtsfreunde im Jahr 1943 ein bronzezeitliches<br />
Brandgrab. Diesem Urnengrab waren<br />
kleine Gefässe und eine Schale beigelegt. Bereits im<br />
19. Jahrhundert hatte eine ältere Generation von<br />
archäologisch interessierten <strong>Bülach</strong>ern eine ansehnliche<br />
Zahl von Grabfunden aus dieser Zeit gemacht und<br />
über diese Buch geführt. Um 2000 vor Christus, in der<br />
Zeit, die wir heute Hallstatt-Zeit nennen, hat man<br />
damals sieben Grabhügel im Gebiet um den Höhragen<br />
(auf dem heutigen Kasernenareal und im Gebiet<br />
Hagenbuchen sowie im nördlichen Hardwald) untersucht.<br />
Einige weitere Gräber beim Hardwald werden<br />
heute in die Eisenzeit (ca. 600 v. Chr.) datiert.
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Nach den Befunden der archäologischen Karte der<br />
Schweiz und des Landesmuseums soll sich auf dem<br />
Gebiet Hagenbuchen sogar der grösste eisenzeitliche<br />
Grabhügel des Kantons Zürich befinden. Die Anlage<br />
wurde bisher aber nicht ausgegraben.<br />
Wie heute allgemein angenommen wird, haben die<br />
keltischen Bewohner aus der Eisenzeit dem Ort<br />
«Pulacha», wie er später genannt wurde, wohl auch<br />
seinen ersten Namen gegeben.<br />
Nur wenige Gehminuten vom Bahnhof Glattfelden<br />
entfernt in Richtung <strong>Bülach</strong> liegt die Mangoldsburg.<br />
Es handelt sich dabei um eine wahrscheinlich bereits<br />
von den Kelten gebaute Festung mit Wällen und<br />
Gräben, die noch bis in die spätrömische Zeit als<br />
Refugium, das heisst als Fluchtburg, genutzt wurde.<br />
Dem Rhein entlang gab es mehrere solche Refugien,<br />
die noch bis in die spätrömische Zeit genutzt worden<br />
sind. Vor allem in den unsicheren Zeiten des 2.–5.<br />
Jahrhundert n. Chr. spielten solche Schutzburgen eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Palisade<br />
Graben<br />
Refugium<br />
Graben<br />
Die Mangoldsburg ist eine künstlich aufgeschüttete Fluchtburg<br />
über dem steilen Glatthang beim Bahnhof Glattfelden.<br />
(jw)<br />
Da bei einer Grabung im 19. Jahrhundert keine Mauerresten<br />
gefunden worden sind, lässt sich vermuten,<br />
Refugium<br />
Palisade
Alemannen 14<br />
wurde das Leben an den Grenzen des römischen<br />
Reiches immer schwieriger. Die ursprünglich keltische<br />
Mangoldsburg wurde zum Refugium befestigt und<br />
diente den Menschen als Schutzraum.<br />
Ein spektakulärer Fund in <strong>Bülach</strong><br />
aus der Zeit der Alemannen macht<br />
Wissenschaftsgeschichte!<br />
Wahrscheinlich etwa im 6. Jahrhundert sind in <strong>Bülach</strong><br />
die aus dem Norden eingewanderten Alemannen sesshaft<br />
geworden. Ihr erster Friedhof befand sich im<br />
Füchsli und den etwas unterhalb liegenden Vögeli -<br />
ächer. Ganz nach ihrer Gewohnheit bestattete diese<br />
erste Siedlergruppe die reichen und die armen<br />
Bewohner alle auf dem gleichen Gräberfeld, wenn<br />
Diese Fischfibeln haben <strong>Bülach</strong> unter den Archäologen<br />
weltberühmt gemacht. (LAMU)<br />
auch in einer gebührenden Distanz voneinander. Die<br />
im Herbst 1919 entdeckten und bis 1923 vom<br />
Schweizerischen Landesmuseum gehobenen Grabfunde<br />
gehören heute noch zu den spektakulärsten<br />
Funden der frühmittelalterlichen Zeit der Schweiz.<br />
Zwei kostbare fischförmige Fibeln und eine grosse<br />
silberne Almandin Scheibenfibel mit einer auf der<br />
Rückseite eingeritzten Runenschrift, die den Besitzer<br />
erwähnt, gehören heute zu den bekannten Ausstel -<br />
lungs objekten der archäologischen Sammlung des
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Almandin Scheibenfibel aus dem<br />
Gräberfeld im Füchsli. (LAMU)<br />
Landesmuseums. Weiter fand<br />
man mehrere Fingerringe, goldene<br />
Schliessen und Verzierungen<br />
von Schwertgürteln. Alle diese<br />
Funde deuten darauf hin, dass in <strong>Bülach</strong><br />
auch reiche Herrscherschichten lebten. Die Frauen<br />
wurden mit Glas- oder Bernsteinperlenschmuck, Kämmen<br />
und Schlüsseln bestattet. Den Männern gab man<br />
häu fig Messer, Rasierzeug, Leder- oder Stoffbeutel<br />
und Scheren oder andere<br />
Werkzeuge mit ins Grab.<br />
Der spektakulärste<br />
Fund der Schweiz<br />
für die Geschichte<br />
der Alemannen verdanken<br />
wir aber dem<br />
passionierten Ortshistoriker<br />
Kuno Moser (1926–2003). Ohne sein wachsames<br />
Interesse wäre wohl am 30. Oktober 1968 bei Reno-<br />
Gürtelbeschläge (LAMU)<br />
Almandin Scheibenfibel;<br />
Rückseite mit eingeritzter<br />
Runenschrift.<br />
(LAMU)
Alemannen 16<br />
vationsarbeiten in der Kirche von <strong>Bülach</strong> das Grab<br />
einer reichen jungen Alemannin dem Bagger zum Opfer<br />
gefallen. Die Notgrabungen während den Renovationsarbeiten<br />
dauerten nur etwa vier Monate. Ihre<br />
Auswertung im Jahr 1969 und die 1999 publizierten<br />
weiteren Analysen von Renata Windler, brachten<br />
interessante Neuigkeiten an den Tag.<br />
Weinsieb, um den gewürzten Wein abzugiessen und Dolch,<br />
ebenfalls aus dem Alemannischen Gräberfeld in <strong>Bülach</strong>.<br />
(LAMU)<br />
Lange hat man angenommen, dass es sich beim alemannischen<br />
Frauengrab in der Kirche in <strong>Bülach</strong> um<br />
ein Doppelgrab gehandelt haben könnte, bei dem das<br />
Männergrab im Laufe der verschiedenen Erweiterungsetappen<br />
der Kirche verloren gegangen war.<br />
Diese Annahme kann aber nicht belegt werden.<br />
Ab der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts haben sich<br />
die reichen alemannischen Schichten nicht mehr auf<br />
dem allgemeinen Friedhof im Füchsli bestatten lassen.<br />
Das Frauengrab in der Kirche von <strong>Bülach</strong> ist ein<br />
Beweis für eine in der ganzen Schweiz beobachtete<br />
Entwicklung. Die ungefähr 22-jährige, reiche Frau war<br />
in Altarnähe in der ersten Kirche von <strong>Bülach</strong> in einem<br />
Holzsarg bestattet worden. Ob allerdings die junge<br />
Frau in der bereits bestehenden ersten Kirche in<br />
<strong>Bülach</strong> begraben wurde oder die Kirche erst über dem