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Best-Practice-Studie - IHI Zittau

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22<br />

3.2 Allgemeine<br />

Rahmenbedingungen<br />

3 FORMEN UND RAHMENBEDINGUNGEN VON ÖPP IN DEUTSCHLAND<br />

in das betrachtete Projekt (zurück-) fließen bzw. für den Kapitaldienst (Zinsen, Tilgung) und / oder sonstige<br />

Transaktionskosten aufgewendet werden müssen. Die zweite, darauf aufbauende Zahl zeigt den<br />

Zeitraum an, der für den Rückfluss (Rückzahlung) des eingesetzten Investitionskapitals notwendig ist. In<br />

diesem Zeitraum ist das Investitionskapital gebunden und steht nicht für alternative Anlagemöglichkeiten<br />

zu Verfügung.<br />

3.1.4.3 Fremdkapital<br />

Mit Hilfe des dritten Typs von Kennzahlen, die in der Regel bei ÖPP-Wirtschaftlichkeitsanalysen betrachtet<br />

werden, lässt sich die Qualität des Fremdkapitaleinsatzes bewerten. Der Deckungsbeitrag des eingesetzten<br />

Fremdkapitals (Debt Service Coverage Ratio, DSCR) im Rahmen der Gesamtinvestition verdeutlicht<br />

den Fremdkapitalanteil in einer bestimmten Periode, bezogen auf den Barwert des Cash Flow. Die<br />

auf den gesamten Projektlebenszyklus bezogene Betrachtung des Deckungsbeitrags des eingesetzten<br />

Fremdkapitals (Loan Life Coverage Ratio, LLCR) vermittelt die analoge Information für eine periodenunabhängige<br />

Betrachtung des Fremdkapitalanteils für die jeweilige Restlaufzeit.<br />

Hervorzuheben ist abschließend und zusammenfassend, dass die Zusammenschau der drei dargestellten<br />

Typen von Kennziffern unbedingt erforderlich ist, um zu einer ausgewogenen betriebswirtschaftlichen<br />

Bewertung jeglicher ÖPP-Projektideen zu gelangen. Die Vernachlässigung eines Typs führt mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit zu starken Verzerrungen hinsichtlich einer realistischen Erfolgs- und Risikoeinschätzung.<br />

Feste Richtwerte für einzelne Kennzahlen im Sinne einer Ober- und / oder Untergrenze<br />

müssen dabei immer projektspezifisch festgelegt werden.<br />

Die Rahmenbedingungen für die private Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur sind in einigen<br />

deutschen Bundesländern bereits seit den 1980er Jahren schrittweise verbessert worden. Durch das<br />

niedersächsische Betreibermodell „Abwasserwirtschaft“ und städtebauliche Großprojekte (Mediapark<br />

Köln, Kultur- / Medienzentrum Karlsruhe) wurden erste praktische Erfahrungen mit Teilprivatisierungen<br />

und öffentlich-privaten Partnerschaften gesammelt. Diese frühen ÖPP-Erfahrungen lassen sich dahingehend<br />

zusammenfassen, dass durch die Partnerschaft mit Privaten deutliche Effizienzgewinne in Form<br />

von Kosten- und Zeitersparnis realisiert werden können. Voraussetzung dafür sind eine flexible, projektspezifische<br />

Vertragsgestaltung und die klare Verteilung der Risiken. Direkt nach der deutschen<br />

Vereinigung wurden diese Erfahrungen in den neuen Bundesländern genutzt, um die notwendige<br />

Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur zu beschleunigen.<br />

Seit Anfang der 1990er Jahre sind auf den Ebenen von Bund, Ländern und EU weitere förderliche<br />

Rahmensetzungen geschaffen worden:<br />

• Das Finanzierungsgesetz (1994) für den Bau von Fernstraßen durch Private (FstrPrivFinG) mit nachfolgenden<br />

Konkretisierungen und Ergänzungen hinsichtlich der Erhebung und Entrichtung der<br />

Mautgebühr für privat finanzierte Streckenabschnitte,<br />

• das seit September 2005 geltende ÖPP-Beschleunigungsgesetz mit Erleichterungen und Anpassungen<br />

in den Bereichen Vergaberecht, Entgeltregelung, Haushaltsordnung, Risikoübernahme und<br />

Investmentgesetz,<br />

• die bis spätestens zum Jahr 2012 geplante Einführung einer doppischen Haushaltsführung sowie der<br />

Kosten- und Leistungsrechnung in den kommunalen Gebietskörperschaften der Mehrzahl der<br />

Bundesländer als Voraussetzung für den realistischen Vergleich öffentlicher und privater Leistungserstellung,<br />

• der Abbau von Wettbewerbsbeschränkungen für die verstärkte Beteiligung Privater an der Finanzierung<br />

der öffentlichen Infrastruktur durch EU-Richtlinien (z. B. verpflichtende EU-weite Ausschreibung<br />

von ÖPNV-Konzessionen, Beschränkung der Quersubventionierung zwischen Energieversorgung<br />

und ÖPNV in Stadtwerken),<br />

• die Entscheidung des statistischen Amtes der EU aus dem Jahr 2003, Verbindlichkeiten im Rahmen<br />

von ÖPP nicht der staatlichen Verschuldung (Stichwort Maastricht-Kriterien) zuzurechen, wenn der<br />

private Partner den mehrheitlichen Anteil des finanziellen Risikos trägt.<br />

Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur (EU-weiten) Vergabepflicht gemischtwirtschaftlicher<br />

Unternehmen vom 11. Januar 2005, die von der öffentlichen Hand wesentlich kontrolliert wer-<br />

Abbildung 9: Herausforderungen für ÖPP<br />

Steuerrecht<br />

Gesellschaftsrecht<br />

Vergaberecht<br />

Alternative<br />

Finanzierungen,<br />

Rendite<br />

3.3 Rechtliche<br />

Rahmenbedingungen<br />

3 FORMEN UND RAHMENBEDINGUNGEN VON ÖPP IN DEUTSCHLAND<br />

Kultur der<br />

Öffentlichen<br />

Hand<br />

ÖPP<br />

in der<br />

Praxis<br />

Besitzverhältnisse,<br />

Infrastruktur<br />

Wirtschaftlichkeitsnachweis<br />

den, haben rein vertraglich basierte Bereitstellungs-,<br />

Betreiber-, Contracting- und Konzessionsmodelle an<br />

Bedeutung für die Realisierung von ÖPP gewonnen.<br />

Als zentraler nicht-rechtlicher Erfolgsfaktor für alle in<br />

dieser <strong>Studie</strong> dargestellten deutschen Praxisbeispiele<br />

wird von den befragten Experten angeführt, dass sich<br />

die privaten Unternehmen im Vorfeld der Projektumsetzung<br />

sehr genau mit den spezifischen Bedingungen<br />

ihrer jeweiligen öffentlichen Kunden vertraut<br />

gemacht haben (siehe Abbildung 9).<br />

Dieses „Vertrautmachen“ bedeutet, dass die speziellen<br />

kulturellen Bedingungen des öffentlichen Sektors realistisch<br />

eingeschätzt und als besonderes Kundenmerkmal<br />

akzeptiert werden. Dazu gehört vor allem, dass bei<br />

öffentlichen Vergabeverfahren und Verträgen mit der<br />

öffentlichen Hand ein Mindestmaß an Öffentlichkeit<br />

und Transparenz gewahrt werden muss. Darüber hinaus ist wichtig, dass die politischen Repräsentanten<br />

ein legitimes Entscheidungs- bzw. Mitspracherecht haben, auch wenn dies einen bestimmten Aufwand<br />

und Kosten impliziert. Hinzu kommt, dass die sozialen Besitzstände und Informationsrechte der<br />

Beschäftigten und Bürger („Daseinsvorsorge“) eine wichtige Rolle spielen.<br />

3.3.1 Bundes- und Landesrecht<br />

Der Haushaltsplan ist die systematische Zusammenstellung aller voraussichtlichen Einnahmen und<br />

Ausgaben einer Gebietskörperschaft. Er dient der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfes, der zur<br />

Erfüllung der staatlichen bzw. kommunalen Aufgaben in dem betreffenden Haushaltsjahr voraussichtlich<br />

benötigt wird. Der Bund und die Länder haben dabei den Erfordernissen des gesamtstaatlichen<br />

Gleichgewichtes Rechnung zu tragen. Die verfassungsrechtliche Bindung beschränkt die Kreditaufnahme<br />

auf die Höhe der Investitionen. Diese Regelung markiert die materielle Grenze für die Staatsverschuldung.<br />

Sie konkretisiert zugleich das sich aus dem Demokratieprinzip ergebende Gebot der Achtung der<br />

Entscheidungsfreiheit zukünftiger Generationen (Art. 115 GG).<br />

ÖPP-Projekte können die Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen einschränken. Dies ist immer<br />

dann der Fall, wenn die öffentliche Hand längerfristige Zahlungsverpflichtungen eingeht. Bei der staatlichen<br />

bzw. kommunalen Eigenrealisierung öffentlicher Aufgaben liegt allerdings ebenfalls regelmäßig<br />

eine Kreditfinanzierung zugrunde, die zu einer langfristigen Bindung führt. Es kann daher nicht unterstellt<br />

werden, dass mit einem ÖPP-Projekt automatisch eine weitergehende Belastung und Einengung<br />

verbunden ist als mit einer langfristigen Kreditaufnahme zur Eigenrealisierung. Jedoch ist für ein ÖPP-<br />

Projekt immer eine transparente haushaltsrechtliche Darstellung erforderlich, die Kredit und Investition<br />

eindeutig sowie für die gesamte Laufzeit zuordnet und darstellt.<br />

3.3.2 Kommunalrecht<br />

Leistungs-<br />

Verbesserung<br />

Innovative<br />

Technik<br />

Personalmodelle<br />

Die kommunale Selbstverwaltung ist in Art. 28 GG institutionell garantiert und umfasst alle „Angelegenheiten<br />

der örtlichen Gemeinschaft“. Das BVerfG fordert für die Umsetzung dieses Verfassungsgrundsatzes<br />

eine spezifische, über den reinen Sachbezug hinausgehende Ortsbezogenheit. Diese setzt voraus,<br />

dass jede kommunale Aufgabe in der örtlichen Gemeinschaft wurzelt. Die Ausweitung kommunaler<br />

Tätigkeit soll grundsätzlich eingeschränkt sein. Rechtlich zulässige Organisationsformen für die wirtschaftliche<br />

Betätigung der Kommunen und ihre inhaltlichen Ausgestaltungen regelt in diesem<br />

Verfassungsrahmen das jeweilige Gemeindewirtschaftsrecht der Länder. Die kommunale Selbstverwaltung<br />

mit der Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung gilt bei Verfassungsrechtlern als<br />

Ausdruck des Demokratieprinzips. Die Basis dieser Interpretation besteht darin, dass die kommunalen<br />

Vertretungsorgane Volksvertretungen sind, durch die der Bürger in die Verwaltung hineinwirkt.<br />

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