Best-Practice-Studie - IHI Zittau
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3 FORMEN UND RAHMENBEDINGUNGEN VON ÖPP IN DEUTSCHLAND<br />
3.1.3 Grundlegende Prinzipien der Risikoverteilung bei ÖPP für High-Tech-Infrastrukturen<br />
Im Unterschied beispielsweise zu öffentlich-privaten Bauprojekten ist bei „High-Tech-ÖPP“ im Bereich<br />
der ZVEI-Unternehmen häufig ein Entwicklungs-, Modernisierungs- und / oder Innovationsrisiko gegeben.<br />
Es müssen zum einen standardisierte technologische Problemlösungen bzw. (ergänzende) Dienstleistungen<br />
überhaupt erst entwickelt werden (Beispiel „Toll Collect“). Zum anderen ist die kontinuierliche<br />
Weiterentwicklung eingesetzter Technologien / Dienstleistungen während der gesamten Vertragslaufzeit<br />
notwendig, um jeweils dem neuesten Stand der Technik zu entsprechen (siehe Tabelle 2).<br />
Tabelle 2: Zusammenfassung der allgemeinen Risiken nach Modellen<br />
Risiken<br />
Öffentlicher<br />
Partner<br />
Beide<br />
Partner<br />
Privater<br />
Partner<br />
Bereitstellungsmodelle<br />
Auslastung<br />
Gesetzesänderung<br />
Höhere Gewalt<br />
Planung<br />
(nicht hoheitlich)<br />
Qualifizierung<br />
Personal<br />
Entwicklung /<br />
Innovation (Stand<br />
der Technik)<br />
Betrieb<br />
Gewährleistung<br />
Liquidität<br />
Seltene Ersatzteile<br />
Verfügbarkeit<br />
Währung<br />
Zinsänderung<br />
Betreibermodelle<br />
Gesetzesänderung<br />
Höhere Gewalt<br />
Auslastung (bei entsprechendem<br />
Business Case /<br />
Geschäftsmodell)<br />
Planung (nicht<br />
hoheitlich)<br />
Entwicklung<br />
Betrieb<br />
Gewährleistung<br />
Liquidität<br />
Modernisierung<br />
Verfügbarkeit<br />
Währung<br />
Zinsänderung<br />
Konzessionsmodelle<br />
Gesetzesänderung<br />
Höhere Gewalt<br />
Auslastung (bei entsprechendem<br />
Business Case /<br />
Geschäftsmodell)<br />
Bedarfsermittlung<br />
und Planung (nicht<br />
hoheitlich)<br />
Qualifizierung<br />
Personal<br />
Betrieb<br />
Energiepreisentwicklung<br />
Energieproduktion /<br />
-lieferung<br />
Gewährleistung<br />
Liquidität<br />
Modernisierung<br />
Verfügbarkeit<br />
Zinsänderung<br />
Contractingmodelle<br />
Gesetzesänderung<br />
Höhere Gewalt<br />
Auslastung (bei entsprechendem<br />
Business Case /<br />
Geschäftsmodell)<br />
Bedarfsermittlung<br />
und Planung (nicht<br />
hoheitlich)<br />
Qualifizierung<br />
Personal<br />
Betrieb<br />
Energiepreisentwicklung<br />
Energieproduktion /<br />
-lieferung<br />
Gewährleistung<br />
Liquidität<br />
Modernisierung<br />
Verfügbarkeit<br />
Zinsänderung<br />
Kooperationsmodelle<br />
Remanenz<br />
übergeleiteten<br />
Personals<br />
Auslastung (bei entsprechendem<br />
Business Case /<br />
Geschäftsmodell)<br />
Insolvenz / Geschäftsunfähigkeit<br />
Liquidität<br />
(Nachschuss)<br />
Planung<br />
(nicht hoheitlich)<br />
Qualifizierung<br />
Personal /<br />
Personalentwicklung<br />
Errichtung<br />
Betrieb<br />
Gewährleistung<br />
Modernisierung<br />
Verfügbarkeit<br />
Letztere Anforderung spielt besonders in der Medizintechnik eine große Rolle. Dieses spezifische „High-<br />
Tech-Risiko“ kann und muss der private Partner aufgrund seines Know-how sowie seiner Kernkompetenzen<br />
übernehmen. In bisherigen Grundrastern für öffentlich-private Wirtschaftlichkeitsvergleiche, z. B.<br />
demjenigen der PPP-Task-Force NRW für Schulprojekte, wird dieses spezielle Risiko noch nicht berücksichtigt.<br />
Hier besteht also noch Handlungsbedarf für die ÖPP-Kompetenzzentren des Bundes sowie der<br />
Länder.<br />
Errichtungs- und Betriebsrisiken sowie solche für Ersatzteilbeschaffung, Gewährleistung, Lieferung,<br />
Liquidität, Verfügbarkeit (im Rahmen der vertraglich festgelegten Zeiten / Perioden), Währungsschwankungen<br />
und Zinsänderungen übernimmt im Regelfall ebenfalls der private Partner. Diese Risiken kann<br />
er üblicher Weise im Rahmen seines projektspezifischen Geschäfts- und Finanzierungsmodells beeinflussen<br />
und steuern.<br />
Alle Risiken im Bereich der höheren Gewalt (z. B. Krieg, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen etc.), der<br />
Remanenz (Beschäftigungsgarantie) für ehemals öffentliche Beschäftigte sowie von Gesetzes-<br />
3 FORMEN UND RAHMENBEDINGUNGEN VON ÖPP IN DEUTSCHLAND<br />
änderungen muss hingegen der öffentliche Partner übernehmen. Dasselbe gilt im Regelfall auch für<br />
Auslastungs- bzw. Nutzungsrisiken (z. B. ausreichende Anzahl von Gebühren- / Mautzahlern). In Ausnahmefällen,<br />
wenn ein belastbarer Business Case (Geschäftsmodell) konstruiert und durch<br />
Machbarkeitsstudien untermauert werden kann, ist die Übertragung des Auslastungsrisikos auch auf den<br />
privaten Partner möglich. Voraussetzung dafür ist entweder Anschluss- oder Benutzungszwang, ein<br />
besonders attraktives Dienstleistungsangebot (z. B. Premiumstrecken) für den Nutzer oder eine vertraglich<br />
bzw. rechtlich garantierte Beschränkung für Konkurrenzangebote (wie z. B. teilweise bei öffentlichprivaten<br />
Parkhäusern).<br />
Risiken der Bedarfsermittlung und nicht hoheitlichen Planung, der Personalqualifizierung / -entwicklung<br />
und der Liquidität (Nachschusspflicht) bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen müssen jeweils projektspezifisch<br />
zwischen dem öffentlichen und privaten Partner aufgeteilt werden. Hier gibt es keine verallgemeinerbaren<br />
Grundregeln. Entscheidend für eine adäquate Risikoverteilung sind die jeweiligen<br />
Kompetenzen, Erfahrungen und zur Verfügung stehenden Ressourcen.<br />
3.1.4 Ermittlung von Kennzahlen zur Beurteilung eines ÖPP-Business-Case<br />
Für die betriebswirtschaftliche Beurteilung einer ÖPP-Geschäftsidee bzw. eines ÖPP-Business-Case werden<br />
in der Praxis drei Typen von Kennzahlen in der Zusammenschau angewendet.<br />
3.1.4.1 Rendite<br />
Der erste Typ gibt Aufschluss über die zu erwartende Rendite und damit Rentabilität einer Projektidee.<br />
Kapitalrendite (ROI, Return On Invest) und Umsatzrendite (ROS, Return On Sales) sind hier üblich als<br />
Standardkennzahlen. Die Rentabilität wird jeweils für einzelne Perioden (meist Geschäftsjahre) anhand<br />
des Kapitalrückflusses bezogen auf getätigte Investitionen und / oder Umsätze gemessen. Beide Kennzahlen<br />
sind unverzichtbar bei jeder ÖPP-Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.<br />
Seltener Verwendung findet bisher die Kennziffer TCO (Total Cost of Ownership, Gesamtinvestitionskosten<br />
und Folgekosten). Damit wird periodenunabhängig für den gesamten Lebenszyklus eines (geplanten)<br />
ÖPP-Projektes der komplette Investitionsaufwand einschließlich aller Betriebs- und Folgekosten<br />
angegeben. Gerade bei Dienstleistungsprojekten, z. B. im IT- / DV-Bereich, werden letztere Kostenarten<br />
häufig noch stark unterschätzt.<br />
Die Basiskennzahl für jeden öffentlich-privaten Wirtschaftlichkeitsvergleich und jede -untersuchung bildet<br />
der (Netto-)Barwert (auch NPV: Net Present Value). Diese Kennziffer gibt den inflationsbereinigten<br />
und abgezinsten Wert einer aktuellen Investition in der Zukunft an (z. B. in 20 oder 30 Jahren). Sie ist<br />
notwendig, um unterschiedliche langfristige ÖPP-Investitionsalternativen sowie öffentliche und private<br />
Problemlösungen realistisch miteinander vergleichen zu können. Der jeweilige Deckungsbeitrag schließlich<br />
gibt – z. B. bei unterschiedlichen Teilinvestitionen – den Anteil jeder einzelnen Teilinvestition am<br />
betriebswirtschaftlichen Gesamtergebnis an. Diese Information ist beispielsweise für die Risikobetrachtung<br />
und die zeitliche Planung von Investitionen notwendig.<br />
3.1.4.2 Kapitalfluss<br />
Der zweite Typ üblicher ÖPP-Kennzahlen hilft bei der Beurteilung des Cash Flow (Kapitalfluss) im<br />
Rahmen eines öffentlich-privaten Geschäftsmodells. Ein adäquater Kapitalfluss ist zum einen notwendige<br />
Voraussetzung für die Sicherstellung der Projektliquidität. Dies gilt besonders bei „Off-Balance-<br />
Projektfinanzierungen“ ohne Möglichkeit des Kapitalnachschusses aus dem Eigenkapital des Investors<br />
oder zusätzlichem Fremdkapital. Zum anderen können die benötigten Anteile von Eigen- und Fremdkapital<br />
in einzelnen Projektphasen und die Dauer des Fremdkapitalbezugs (und damit die Kapitalkosten)<br />
nur mit Bezug zum Cash Flow in den jeweiligen Perioden ermittelt werden.<br />
Zwei Kennziffern sind hier für jede ÖPP-Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unumgänglich: interner Zinsfuß<br />
bzw. Zinsfluss (Internal Rate of Return, IRR) und Amortisationszeitraum (Pay Back). Die erstgenannte<br />
Kennzahl informiert darüber, in welchem Umfang einzelne Zahlungsflüsse (z. B. Gebühreneinnahmen)<br />
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