Vortrag von Dr. Astrid Sahm - Internationales Bildungs
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ausgesetzt. Gleichzeitig müssen diese politisch neutralen, unabhängigen NGOs neben den<br />
staatlich protegierten NGOs bestehen, die über etliche Privilegien und damit bessere<br />
Startbedingungen im Wettbewerb um soziale Dienstleistungen etc. verfügen. Eine weitere<br />
Besonderheit besteht darin, dass infolge der mehrmaligen Neuregistrierungserfordernis und<br />
anderer Auflagen das NGO-Spektrum zahlenmäßig vergleichsweise übersichtlich ist. Dafür gibt<br />
es andererseits faktisch keine „NGO-Leichen“, d.h. nur auf dem Papier bestehende<br />
Organisationen. Die vorhandenen NGOs sind vielmehr vergleichsweise starke, professionelle<br />
Organisationen.<br />
In der Ukraine erscheint das zivilgesellschaftliche Spektrum auf den ersten Blick hingegen um<br />
ein Vielfaches größer. Es lässt sich hier jedoch eine wesentlich stärkerer Diskrepanz zwischen<br />
einigen erfolgreichen, professionellen NGOs und zahlreichen kleineren, weniger professionellen<br />
und schwachen NGOs beobachten. Die vorhandenen liberalen Rahmenbedingungen schaffen<br />
zudem auch spezifische Risiken, <strong>von</strong> denen das größte in der Gefahr einer zu hohen<br />
Kommerzialisierung der NGOs bestehen dürfte.<br />
Deutschland verfügte über wesentlich mehr Zeit zum Aufbau einer funktionierenden<br />
Zivilgesellschaft und eines partnerschaftlichen Verhältnisses <strong>von</strong> Staat und Zivilgesellschaft als<br />
Belarus und die Ukraine. Doch muss dieses ebenfalls immer wieder neu hergestellt und gegen<br />
Risiken geschützt werden. Zu diesen Risiken zählt insbesondere die Gefahr des Missbrauchs des<br />
Ehrenamtes zum Ausgleich <strong>von</strong> staatlichen Finanzierungslücken im kulturellen und sozialen<br />
Bereich. Angesichts der demographischen Veränderungen in einer immer älter werdenden<br />
Gesellschaft sehen sich Gewerkschaften, Kirche und Vereine zudem mit einem<br />
Mitgliederschwund konfrontiert. Es muss sich noch zeigen, welche dauerhaften Formen<br />
zivilgesellschaftlichen Engagements die jüngeren Generationen entwickeln.<br />
Der unterschiedlichen Entwicklung der Zivilgesellschaften in den drei Ländern entsprechen die<br />
erkennbaren Differenzen in der Kooperation der deutsch-ukrainischen und deutschbelarussischen<br />
Partnerschaftsinitiativen.<br />
Die belarussisch-deutsche Kooperation zeichnet sich zum einen durch die größere Zahl der<br />
Initiativen aus: Von den zwischenzeitlich etwa 1.000 deutsch-belarussischen Tschernobyl-<br />
Initiativen sind derzeit immer noch etwa 600 aktiv. Neben der Tschernobyl-Hilfe engagieren sie<br />
sich insbesondere zu den Themen Energie und Umwelt, Erwachsenenbildung, Integration <strong>von</strong><br />
Behinderten etc. Mit den Namen belarussisch-deutscher Partnerschaftsinitiativen werden in<br />
Belarus konkrete Pilotprojekte <strong>von</strong> konzeptioneller Bedeutung verbunden, wie die Installation<br />
der ersten Windkraftanlagen oder der Aufbau <strong>von</strong> Behindertenwerkstätten. Zur Konsolidierung<br />
des Spektrums der deutsch-belarussischen Partnerschaftsthemen haben insbesondere<br />
beigetragen:<br />
Ä die seit Mitte der 1990er Jahre vom Internationalen <strong>Bildungs</strong>- und Begegnungswerk<br />
jährlich organisierten Partnerschaftstagungen, welche die Vernetzung und die<br />
Überwindung bestehender Konflikte befördert haben,<br />
Ä die Erfahrung des erfolgreichen gemeinsamen Lobby-Prozess für das Förderprogramm<br />
Belarus in 2001 und die Umsetzung dieses Programms seit 2002.<br />
Zentrale Elemente des Förderprogramms Belarus sind:<br />
Ä die Förderung <strong>von</strong> über 90 Projekten zu den Bereichen Bildung, Soziales, Umwelt und<br />
Energie sowie wirtschaftliche und regionale Entwicklung in den Jahren 2002-2006;<br />
weitere 30 Projekte werden bis Ende 2008 gefördert;<br />
Ä die Durchführung eines Begleitprogramms, das den regionalen Dialog <strong>von</strong> NGOs,<br />
lokalen Behörden, Unternehmern, Kirchen etc. fördert, die Vernetzung zu den<br />
thematischen Förderbereichen durch thematische Gruppen und Großveranstaltungen<br />
(Festival der informellen Bildung, Soziales Forum, Konferenz zur Lokalen Agenda-