Lengyel Melchior - THOMAS SESSLER - Verlag

Melchior Lengyel
S P A T Z
Die Paradiesbar ist der Treffpunkt der kleinen „Mitzis und Strizzis“ des Wiener Nachlebens
der Nachkriegszeit. Eine dieser Mitzis, auch genannt der „Spatz“, und ihre Freundin
Olly sind zwei leichte Mädeln, die täglich hier verkehren, auf der Suche nach spendablen
Verehrern.
Doch Mitzis größter Wunsch ist es, eine anständige Frau zu werden. Sie träumt von einem
Zwei-Zimmer-Haushalt als Familienmutter und Ehefrau eines braven Gatten, der abends
vom Amt heimkommt und gleich nach dem Essen einschläft. Sogar das baldige Ableben
des Angetrauten sieht sie in aller Tragik vor sich und sich selbst in Folge als junge Witwe,
die sich in Verzweiflung in die nächste Ehe stürzt.
Mitten in diese Phantasien vom bürgerlichen Glück platzt eines Tages Joe Smith aus New
York. Mit seinem Auto und amerikanischen Akzent imponiert er den Damen vom ersten
Augenblick an. Mitzi steigert sich so sehr in ihre Rolle als trauernde Witwe, dass Joe ernsthafte
Absichten mit „Miss Spatz“, die so ganz anders als die oberflächlichen american
girls ist, hegt.
Ein Inserat für ein „Zimmer mit Familienanschluss und ohne seperaten Eingang“ in
Hietzing kommt zur Polierung des sauberen Images wie gerufen. Mitzi zieht vom Hotel
Zentral zur vornehmen, doch verarmten Familie Hoffenreich, die sehr auf Tugend hält.
Großpapa Hoffenreich, ein großer Menschenkenner, schließt Mitzi sofort ins Herz, alles
läuft wie am Schnürchen. Als Joe auftaucht und ihr einen Heiratsantrag macht, bricht
für Mitzi jedoch die erträumte Fassade zusammen. Aufrichtig deckt sie ihr wahres Leben
auf und flüchtet wieder in die schummrigen Separes der Paradiesbar.
Doch Großpapa Hoffenreich gibt nicht so schnell auf. Und auch Joe, der sie wirklich liebt,
lässt den Spatz nicht so schnell entkommen. Unvermutet tauchen sie im Lokal auf und
retten Mitzi im letzten Moment vor den Abgründen des horizontalen Gewerbes. Zur Freude
von Großpapa Hoffenreich führt Joe seine Miss Spatz zum Traualtar, der Traum vom
kleinen Glück hat sich doch noch erfüllt.
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