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Elisabeth Schilling<br />
Zeitkollage. Erfassung subjektiver Zeitvorstellungen.<br />
1 Forschungsrahmen und Forschungsfragen<br />
Im Rahmen einer qualitativen Untersuchung habe ich versucht, den bisher<br />
nur theoretisch beschriebenen Wandel von Zeitvorstellungen zu operationalisieren<br />
und zu erfassen. Individuelle Zeitvorstellungen wurden als Ausprägungen<br />
der sozialen Zeit nach Sorokin und Merton (1937) verstanden. Sie<br />
umfassen das Wissen über die Natur der Zeit, über zeitliche Normen, Abläufe<br />
und Konventionen und werden von den meisten Gruppenmitgliedern geteilt,<br />
so dass sie diverse kommunikative und integrative Funktionen übernehmen<br />
können. Die theoretischen Vorüberlegungen besagten (für Details s.<br />
Schilling 2005), dass im Lauf der Individualisierung Strukturen und Routinen<br />
der sozialen Zeit, die bisher einheitlich innerhalb von nationalen Gesellschaften<br />
und sozialen Gruppen galten, aufgelöst werden. An dessen Stelle<br />
treten subjektive Reflexionen, die zusammen mit den Überresten von modernen<br />
Zeitvorstellungen und postmodernen (De)Konstruktionen eine Kollage<br />
(hier Zeitkollage) bilden. Diese Entwicklung wird durch den regen Austausch<br />
zwischen verschiedenen (Zeit)Kulturen, der im Zuge der Globalisierung<br />
entsteht, unterstützt und vorangetrieben.<br />
Das Konzept der Zeitkollage lehnt sich an die Konzepte der „bricolage“ (Levi-Strauss<br />
1973), „Bastelidentität“ (Hitzler und Honer 1994), „Transkulturalität“<br />
(Welsch 1999) und „zeitlosen Zeit“ (Castells 2001) an. Demnach ist die<br />
Zeitkollage eine Zusammensetzung aus verschiedenen nationalen und sozialen<br />
Zeitkulturen, deren Ausprägung sehr individuell und vielfältig sein<br />
kann. Hier wird die These aufgestellt, dass Zeitkollage keine selbständige<br />
neue Form von Zeitvorstellungen, sondern ein Zeichen des Übergangs von<br />
den modernen, von der Industrialisierung geprägten Zeitvorstellungen zu<br />
neuen bisher noch nicht etablierten Formen ist.<br />
Da die Verdrängung von modernen Zeitvorstellungen durch die Zeitkollage<br />
nach der Arbeitshypothese durch den intensiven Kulturaustausch beschleunigt<br />
wird, wäre die Gruppe von Global Playern besonders stark von dem beschriebenen<br />
Wandel der Zeitvorstellungen betroffen. Diese Gruppe von Berufsmigranten<br />
wird verstärkt mit fremden kulturellen Zeitvorstellungen<br />
konfrontiert, muss die daraus resultierende Konflikte und Verwirrungen<br />
bewältigen und Abweichungen in eigene Zeitvorstellungen integrieren. Die<br />
einzelnen Individuen entwickeln neue Vorstellungen von der Zeit, weil sie<br />
einerseits fremde, ihnen bisher unbekannte Möglichkeiten des Zeitumgangs<br />
beobachten und lernen und andererseits, weil die ständigen Zeitkonflikte<br />
(vgl. Levine 1998) sie dazu zwingen, sich intensiv und bewusst mit Zeitvorstellungen<br />
auseinander zu setzen. Die Veränderungen in Zeitvorstellungen<br />
von dieser Gruppe wären allgemein trendsetzend (zumindest für die nördli-<br />
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