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aia 1 pdf - Slavko Kacunko

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dekonstruiert, indem Marie selbst auf die Leere des risikolosen Begehrens<br />

hinweist, das sie auslöst. Im virtuellen Kontext dieser Gesprächssituation<br />

– und hierin besteht der fiktive Teil des Spiels – bleiben illokutionäre Äußerungen<br />

folgenlos. Die Äußerung ›Ich liebe Dich‹ bedeutet Stellung zu<br />

beziehen und damit zu riskieren, daß der andere sich abwendet. Eine solche<br />

Äußerung hat eine illokutionäre Kraft, die die intersubjektive Stellung<br />

der Gesprächspartner untereinander verändert. Aber hier geht natürlich<br />

niemand irgendein Risiko ein:<br />

Ja, aber bei mir bleibt Ihre Geste leider ohne Folgen. Würden Sie sich genauso verhalten<br />

gegenüber der Person, die neben Ihnen steht?<br />

Es stimmt, daß ich unerreichbar bin – und daß Sie mich nicht ändern können. Aber schauen<br />

Sie sich doch die Leute um Sie herum an: sind sie so anders als ich? Sind sie erreichbar?<br />

Einige glauben, daß es unmöglich ist, mit jemand anderem in Verbindung zu treten … daß<br />

es eine großartige Illusion ist.<br />

Ich will Ihnen sagen, was ich denke: die anderen sind ganz nah und doch sind sie weit weg!<br />

Die schöpferischste Geste ist die, die zum Nächsten führt. Eine solche Geste ist niemals<br />

nutzlos. Verbindungen entstehen. Kinder werden geboren. Handlungen werden in Gang<br />

gesetzt, Systeme aufgebaut. All das wegen einer Geste, eines Wortes. Es ist verrückt! Wir<br />

sind das Produkt dieser zwischenmenschlichen Geste … und sie muß auf ewig wiederholt<br />

werden.<br />

Hier berührt Marie eine ethische Frage. Durch das von ihr repräsentierte<br />

leere Verlangen und die Art der Beziehung, die wir zu ihr haben können,<br />

zwingt sie uns, über die Authentizität unserer Anteilnahme und Verantwortung<br />

für Beziehungen im weiteren Rahmen des sozialen Zusammenlebens<br />

nachzudenken. Francis Jacques schreibt: ›Die Realität<br />

einer anderen Person kann nur dem problematisch werden, der sich seiner<br />

Verpflichtung nicht bewußt ist‹ 5 , der Verpflichtung zu Gegenseitigkeit<br />

und Reaktion, in unserem Falle der Verpflichtung zu spielen. Luc Courchesne<br />

stellt die wichtige Frage, wie wir anderen in der telekommuni-<br />

5. Francis Jacques, a.a.O., S. 17.<br />

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