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aia 1 pdf - Slavko Kacunko

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artintact 1<br />

Wettstreit des Paragone gegeneinander, sondern treten in eine wechselseitige<br />

Stimulation durch den Austausch von Modellen, Methoden und<br />

künstlerischen Verfahren.<br />

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Cadavre exquis der Surrealisten, der<br />

als kombinatorische Methode von der Literatur auf die bildenden Künste<br />

übertragen wird und ein Paradigma der surrealistischen Suche nach einem<br />

kollektiven Unterbewußten liefert. André Breton gibt im Lexikon des<br />

Surrealismus folgende Definition:<br />

Cadavre exquis – Spiel mit gefaltetem Papier, in dem es darum geht, einen Satz oder eine<br />

Zeichnung durch mehrere Personen konstruieren zu lassen, ohne daß ein Mitspieler von der<br />

jeweils vorhergehenden Mitarbeit Kenntnis erlangen kann. Das klassisch gewordene Beispiel,<br />

das dem Spiel seinen Namen gegeben hat, stammt aus dem ersten auf diese Weise gewonnenen<br />

Satz: ›Le cadavre exquis boira le vin nouveau‹ (Der köstliche Leichnam trinkt den<br />

neuen Wein). 5<br />

Die Geschichte der Sinngenese durch kombinatorische Techniken wird<br />

von den Surrealisten bewußt bis zu Raymundus Lullus und Jonathan<br />

Swift zurückverfolgt – André Breton nennt im ersten Manifest des Surrealismus<br />

sowohl Lullus als auch Swift in der ›Ahnengalerie‹ der historischen<br />

Vorläufer der neuen Bewegung 6 . Der Kreis von der Scholastik über die<br />

Avantgarde des 20. Jahrhunderts bis zum digitalen Zeitalter schließt sich,<br />

indem sich Bill Seaman mit dem Titel seines Exquisite mechanism of shivers<br />

auf den exquisite corpse der Surrealisten und das verwandte Verfahren<br />

zur Herstellung von ambivalenten Sätzen bezieht.<br />

Von den mechanischen Apparaten bei Swift und Lullus über die psychischen<br />

Techniken des Surrealismus bis hin zu den digitalen Medien bei<br />

5. André Breton u.a., Dictionnaire abrégé du surréalisme, Paris, 1938.<br />

6. Siehe dazu ausführlich Hans Holländer, a.a.O.

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