aia 1 pdf - Slavko Kacunko

denen in den neunziger Jahren bosnische Flüchtlinge leben. Weitere
Ebenen aus Zitaten aus anderen Filmen und Bildern produzieren ein
Klischee, oder, besser gesagt, stellen alles in einen neuen Kontext. Dasselbe
kann man vom Körper sagen; der Körper ist ein Artefakt, zusammengeschustert
aus anderen Artefakten, und nicht aufgrund tiefgehender
Lebenserfahrungen. Nicht, weil etwa unser Leben nicht natürlich sein
könnte, sondern weil es ununterbrochen die Künstlichkeit des Rituals
reproduziert. Unser Traum, weit weg zu gehen, den Dimensionen unseres
Selbst, das ein Nichts ist, zu entfliehen, wird hier durch die Umkehrung
des Körpers in Zeit und Raum und Raum in der Zeit verwirklicht. Es
wird deutlich, welche Auswirkungen durch technische Eingriffe in die
Linearität der Zeit erreicht werden können; das Rückwärtsgehen durch
einfachen Wechsel der Laufrichtung des Videobandes ist manchmal der
angemessenste Maßstab unserer Gefühle und Gedanken.
›Alles, Überall, Jede/r‹ ist das Schlagwort der neunziger Jahre, das zu
einer Verwirrung der Körper, Konzepte und Strategien führt, zu einem
Gefühl des Subjekts, ›aus den Fugen zu geraten‹. Wir befinden uns in allen
Medien, in allen Körpern, an allen möglichen Orten zugleich. Das Subjekt
wird zu der Annahme gezwungen, daß sie oder er nicht das ist, was sie
oder er zu sein dachte, sondern jemand/etwas anderes. Die Position der
Identität wird neu bestimmt, es geht nicht darum, eine neue Identität zu
erzeugen, sondern um etwas wesentlich Radikaleres: den vollständigen
Verlust von Identität.
Übersetzung: Astrid Sommer
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