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Musiktheorie und Analyse<br />
Die ästhetischen Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r c-Moll-Sonate Mozarts (ein außergewöhnlicher »cantabler Satz« in<br />
<strong>de</strong>r Überleitung) ist insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>swegen nicht erkannt wor<strong>de</strong>n, weil in <strong>de</strong>r Analyse einzelne Elemente<br />
zusammenhanglos betrachtet wur<strong>de</strong>n. Dadurch ist <strong>de</strong>r Blick lei<strong>de</strong>r am Brett <strong>de</strong>s ›Themendualismus‹<br />
hängen geblieben, anstatt sich auf <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>s Satzes zu richten. ›Wissen‹ in dieser fragwürdigen<br />
Form mag dann noch zum Abfragegegenstand und zur Selektion taugen, jedoch kaum dazu, Verständnis<br />
an <strong>de</strong>r Musik Mozarts zu vertiefen.<br />
Auch das Verständnis <strong>de</strong>s Sonatenbeginns (»je vier Takte Vor<strong>de</strong>r- und Nachsatz«, Lehrerband S. 214) ist<br />
äußerst fragwürdig, da es <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Mozartforschung stammen<strong>de</strong>n ›antithetischen Eröffnungstypus‹<br />
als abgeschlossene Sinneinheit bzw. als ›Thema‹ interpretiert. Die Frage, inwieweit die ersten acht, mit<br />
einem Sextakkord in hoher Lage en<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Takte überhaupt als abgeschlossen gelten dürfen, hätte die<br />
Aufmerksamkeit auf die wenig später folgen<strong>de</strong> über<strong>de</strong>utliche Ka<strong>de</strong>nz in <strong>de</strong>r Grundtonart richten können<br />
(T. 18/19 mit Takterstickung). Soll von einem theoretisch unverbil<strong>de</strong>ten Hörer <strong>de</strong>r Schluss eines ersten<br />
Formteils hörend gesucht wer<strong>de</strong>n: Auf diese Stelle hätte er mit Sicherheit gezeigt. Lei<strong>de</strong>r ist also auch<br />
im Falle <strong>de</strong>r Thematik ›Sonate‹ die Chance vertan wor<strong>de</strong>n, <strong>musik</strong>theoretisches Wissen in Form <strong>de</strong>r Gleichung<br />
›1. Thema = Perio<strong>de</strong> = 8 Takte‹ einer praktischen Überprüfung zu unterziehen und das Spannungsverhältnis<br />
zwischen periodischer Anfangsgestaltung und erster formbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Ka<strong>de</strong>nz aufzuzeigen. Das<br />
Argument, Analysen, die harmonische und ka<strong>de</strong>nzielle Vorgänge einbeziehen, seien mit Schülerinnen<br />
und Schülern schlichtweg nicht zu machen, ist kaum geeignet, fragwürdige Inhalte zu legitimieren o<strong>de</strong>r<br />
das Thema Sonate & Sinfonie zur Blätterkun<strong>de</strong> herunter zu wirtschaften. Sollten Fähigkeiten im Notenlesen<br />
nicht vorhan<strong>de</strong>n sein (was mittlerweile <strong>de</strong>r Normalfall sein dürfte), bieten sich gera<strong>de</strong> für das Thema<br />
Sonate & Sinfonie alternative methodische Zugriffe an (zum Beispiel die Visualisierung und Darstellung<br />
von Lautstärkeverläufen, die sich hinsichtlich Mozart wesentlich besser auf das Formenlehrewissen beziehen<br />
lassen als <strong>de</strong>r Themendualismus).<br />
Links:<br />
• Ulrich Kaiser, Sonate und Sinfonie. Ein altes Thema auf neuen Wegen, Materialien für <strong>de</strong>n Unterricht<br />
an allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulen (= OpenBook 1), Unterrichtsheft, <strong>Kommentarheft</strong>, Materialien<br />
und Medien (inkl. Software Wavepen von Andreas Helmberger), Karlsfeld 22012. Das OpenBook ist in allen seinen Teilen kostenlos und darf für <strong>de</strong>n Unterricht frei kopiert wer<strong>de</strong>n.<br />
12 Ulrich Kaiser – Johann Sebastian Bach