Grußwort von Prof. Dr. Hartmut Schröder zur Eröffnung
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<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />
Symposiums Komplementäre Augenheilkunde – Eine Chance für Patienten und deren Ärzte.<br />
11. September 2010 in Frankfurt am Main<br />
Schließlich finden sich bei Virchow außerordentlich zahlreich und deutlich Äußerungen zum<br />
Pluralismus, Pragmatismus sowie <strong>zur</strong> Patientenorientierung in der Medizin. Für Virchow waren<br />
grundsätzlich alle Mittel legitim, die dazu beitragen, das Ziel „Gesundheit“ zu erreichen.<br />
Virchow schrieb 1888:<br />
„In einer so verzweifelten Lage, wie sie durch das Auftreten des Carcinoms für einen Menschen<br />
geschaffen wird, ist man berechtigt, auch solche Mittel zu versuchen, <strong>von</strong> deren Wirksamkeit<br />
man sich kein klares Bild entwerfen kann. Hier ist das Feld für therapeutische Versuche,<br />
natürlich nicht für Versuche mit jedem, <strong>von</strong> irgend einem Schwärmer oder gar Abenteurer<br />
vorgeschlagenen Mittel, aber wohl mit solchen Mitteln, für deren Wirksamkeit einigermaassen<br />
beglaubigte Beobachtungen beigebracht sind. Ausser den frischen und begrenzten<br />
Carcinomen, die man mit dem Messer oder mit einem anderen Zerstörungsmittel<br />
angreifen kann, giebt es eine so grosse Zahl <strong>von</strong> bösartigen Geschwülsten, denen gegenüber<br />
jedes operative Eingreifen hoffnungslos ist, dass es an Gelegenheit <strong>zur</strong> Nachprüfung medicamentöser<br />
Stoffe nie fehlt.“<br />
Nicht zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, wie sehr Virchow um einen Ausgleich der<br />
medizinischen Schulen, eine Verbindung der zentralen Heilungskomponenten Erfahrung und<br />
Wissenschaft, ein gegenseitiges Sich-Befruchten <strong>von</strong> Naturheilkunde und naturwissenschaftlich<br />
ausgerichteter Medizin bemüht war. 1875 erklärte er nämlich:<br />
„Jede äussere Einwirkung ist nur ein Mittel, um die innere Einrichtung des Körpers, die Physis<br />
zu freier und geordneter Thätigkeit <strong>zur</strong>ückzuführen. So löst sich der Gegensatz der Schulen.<br />
Kein Arzt darf nur auf die Natur rechnen, aber auch kein Arzt kann das durch Kunst herstellen,<br />
was <strong>von</strong> selbst im Körper vorgeht. (...) Wie viel in der einzelnen Krankheit die Natur<br />
leisten kann, wie viel der Arzt zu leisten hat, das läßt sich nur aus der Erfahrung ableiten, und<br />
kein Schulsystem vermag das a priori zu berechnen. Wie weit dagegen in dem einzelnen Falle<br />
ärztlich zu handeln, wie weit der natürliche Hergang durch den Arzt zu beeinflussen ist, das<br />
ist nicht bloß eine Sache der Erfahrung, sondern häufig genug eine Sache der wissenschaftlichen<br />
Schätzung, welche nur der gebildete Arzt<br />
vorzunehmen im Stande ist.“<br />
Und weiter: „Mag der eine durch die anatomische Untersuchung des Krankhaften, der andere<br />
durch die klinische Beobachtung der Vorgänge, der dritte durch das pathologische<br />
und der vierte durch das therapeutische Experiment, einer durch chemische oder physikalische<br />
und wieder ein anderer durch historische Forschungen vorwärts zu schreiten suchen: die<br />
Wissenschaft ist gross genug, alle diese Richtungen gewähren zu lassen, wenn sie nicht exclusiv<br />
sein wollen, wenn sie nicht ihre Grenzen überschreiten, wenn sie nicht<br />
Alles zu leisten prätendiren“.<br />
Soweit Virchow, der – wenn man ihn dann wirklich mal liest – durchaus auch als Urvater<br />
einer integrierten Medizin herhalten kann, der es nicht um Ab- und Ausgrenzung sondern um<br />
das sich gegenseitige Ergänzen geht.<br />
Bezugs- und Ausgangspunkt unseres Studiengangs sind aber nicht nur die Klassiker der Medizin,<br />
sondern wir können uns durchaus auch auf Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation<br />
und des Gesetzgebers in Deutschland berufen. Auch das scheinen die eifrigen Redakteure<br />
irgendwie nicht mitbekommen zu haben und greifen wieder einmal in die Mottenkiste des<br />
Homöopathiestreits, der mittlerweile so alt wie überflüssig geworden ist.