argumente 2013 - Verbund Oldenburger Münsterland
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Die positive Divergenz der Eurozone zu<br />
den Werten unserer direkten Konkurrenten<br />
im Sektor der großen Industrienationen<br />
könnte nicht augenfälliger sein. Mehr<br />
noch bestechen die Reformländer der Eurozone<br />
mit den aggressivsten Reformen in<br />
der Geschichte der Industrienationen, die<br />
mittelfristig das Potentialwachstum heben<br />
und einer Fehlallokation des Produktionsfaktors<br />
entgegen wirken. Die USA und Japan<br />
sind dagegen unverändert nicht willens,<br />
Reformen anzugehen. Entsprechend<br />
ist die Qualität der Neuverschuldung der<br />
Eurozone in der Tendenz investiv, wogegen<br />
sie den USA und Japan tendenziell<br />
konsumtiv ausfällt (Tabelle 1).<br />
Weil die Eurozone keinen einheitlichen<br />
politischen Raum darstellt, ist eine individuelle<br />
Länderbetrachtung erforderlich.<br />
Der Harvard-Ökonom Martin Feldstein<br />
hat im Frühjahr 2012 darauf verwiesen,<br />
dass die Reformländer der Eurozone ihre<br />
strukturellen Defizite weitgehend bereinigt<br />
haben. Die Reformländer sind maßgeblich<br />
mit konjunkturellen Defiziten belastet.<br />
Als Ausdruck der strukturellen Defizite<br />
sind die Primärhaushalte der öffentlichen<br />
Hand geeignet, denn sie entsprechen dem<br />
öffentlichen Haushaltssaldo abzüglich der<br />
auf die Staatsschuld zu entrichtenden Zinsen.<br />
Dieser Haushaltssaldo liegt laut Internationalem<br />
Währungsfond in der Eurozone<br />
2012 auf -0,5 Prozent des BIP, während<br />
die USA mit sportlichen -5,3 Prozent reüssieren.<br />
Großbritannien liegt bei -6,1 Prozent,<br />
Japan bringt es auf erhebliche -8,9<br />
Prozent. Italien sticht mit +3,0 Prozent<br />
vor Deutschland mit +1,0 Prozent positiv<br />
hervor. Alle Reformländer der Eurozone<br />
weisen deutlich bessere Primärhaushalte<br />
als USA, Japan und UK aus. In diesem Zu-<br />
16<br />
Wirtschaftsregion<br />
Tabelle 2 | Haushaltsdaten Europa versus USA, UK und Japan<br />
Land Haushalt Primärhaushalt Rating von Standard & Poor’s<br />
Italien - 2,6 % +3,0% BBB+<br />
Griechenland - 7,0 % - 1,0% CCC<br />
Portugal - 4,5 % +0,1 % BB<br />
Spanien - 7,0 % - 3,6% BBB-<br />
Frankreich - 4,5 % - 2,2 % AA+<br />
Irland - 8,3 % - 4,4% BBB+<br />
Deutschland - 0,7 % + 1,0% AAA<br />
Eurozone - 3,2 % - 0,5%<br />
UK - 8,1 % - 5,3% AAA<br />
USA - 8,2 % - 6,1 % AA+<br />
Japan - 9,9 % - 8,9% AA-<br />
Alle Reformländer der Eurozone weisen deutlich bessere Primärhaushalte als USA, Japan und<br />
UK aus. Die Bewertungen der Bonitäten durch Standard & Poor’s werfen allerdings mehr<br />
Fragen auf, als es Antworten gibt.<br />
sammenhang werfen die Bewertungen der<br />
Bonitäten durch Standard & Poor’s mehr<br />
Fragen auf, als es Antworten gibt. Der Ei -<br />
gentümerkreis dieser Agenturen liegt in<br />
der amerikanischen und angelsächsischen<br />
Finanzaristokratie. Weiterer Bewertung<br />
entziehen wir uns bewusst – die Gedanken<br />
sind frei (Tabelle 2).<br />
Eine Achillesferse und weitere Schwäche<br />
der Eurozone war das Ungleichgewicht<br />
zwischen den Nord- und den Südländern<br />
der Eurozone. Die Konkurrenzfähigkeit<br />
der südeuropäischen Länder hatte<br />
bis 2008 deutlich abgenommen. Entsprechend<br />
kam es zu defizitären Entwicklungen<br />
in der Waren- und Dienstleistungsbilanz<br />
dieser Länder, die durchaus das Adjektiv<br />
»kritisch« verdienten. Mit der Krise<br />
Wirft zuweilen Rätsel auf: Wegen des großen<br />
Einflusses der Ratingnoten auf das Tun und<br />
Lassen vieler Marktteilnehmer werden die<br />
Methoden von Standard and Poor’s zum<br />
Teil äußerst kritisch betrachtet.<br />
VERBUND OM | ARGUMENTE <strong>2013</strong><br />
Tabelle: Hellmeyer | Daten: IWF<br />
Foto: B64 at en.wikipedia