Goldhaubenzeitung 2007/2 - Goldhauben.net
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BÜRGERLICHES FAMILIENIDEAL?<br />
Die Familie als trautes Gegenbild zum rauen<br />
Erwerbsleben galt nur für das gehobene Bürgertum.<br />
Die gesellschaftliche Realität sah anders aus: Nur in<br />
den obersten Gesellschaftsschichten mussten Heiratswillige<br />
nicht um Heiratserlaubnis ansuchen.<br />
Die Hälfte aller Kinder wurde unehelich geboren.<br />
Die Frauenerwerbsquote lag im Österreich des 19. Jahrhunderts<br />
etwa so hoch wie heute.<br />
- 42 % aller Erwerbstätigen waren Frauen, die vor<br />
allem in der Landwirtschaft und als Hilfsarbeiterinnen<br />
arbeiteten.<br />
Für meinen Vater, Professor für Latein und Griechisch,<br />
war es ganz selbstverständlich den Kinderwagen<br />
zu schieben, uns Kindern das Essen zu richten, abzuwaschen<br />
oder einkaufen zu gehen. Und das in den 60iger<br />
Jahren.<br />
Familienzugehörigkeit heißt Glied einer langen<br />
Kette zu sein. Familie haben und Familie sein ist für<br />
jeden selbstverständlich. Familie ist der lebendige<br />
Kern der Gesellschaft. Neben der Vater-Mutter-Kind-<br />
Familie haben sich viele andere familiäre Lebensformen<br />
entwickelt: Pflegefamilie, Adoptivfamilie, Ein-<br />
Eltern-Familie, Patchwork-Familie, SOS-Kinderdorf-<br />
Familie, Stieffamilie, Zweitfamilie, Wohngemeinschaft,<br />
Lebensabschnittspartnerschaften. Auch kinderlose<br />
Paare fühlen sich in Familie lebend.<br />
Unabhängig davon, in welcher Familienform Erwachsene<br />
und Kinder leben, entscheidend ist, dass<br />
jeder angenommen und geliebt wird. Als gleichwertiger<br />
Mensch gesehen, gehört und beachtet wird.<br />
Familie ist wichtig und unverzichtbar. Doch viele<br />
Probleme haben dort ihre Wurzeln. Immer schon war<br />
sie Ort der Gewalt und Machtausübung, der Unterdrückung<br />
und der Scheinmoral.<br />
Nicht die Form der Familie ist entscheidend,<br />
sondern das, was Familie den Menschen gibt. Familie<br />
sollte der Ort sein, der uns Liebe, Geborgenheit,<br />
Schutz, Hilfe in Not und in allen Wechselfällen des<br />
Lebens und gegenseitige Achtung bietet. In dessen<br />
Zentrum das Wohl der Kinder stehen müsste.<br />
Familie ist einem rasanten Wandel unterworfen.<br />
Doch nicht nur sie. Auch die Rollenbilder von Frauen<br />
und Männern sind in Veränderung. Frauen entscheiden<br />
zunehmend selbstbewusster und eigenständiger<br />
über den Zeitpunkt der Familiengründung und der<br />
Lebensform. Die traditionelle Rolle des Mannes als<br />
Familienerhalter bröckelt seit längerem.<br />
Gut ausgebildete, gleichberechtigte Mütter und<br />
Väter, die ihren Beruf mit Freude ausüben, brauchen<br />
mehr Zeit für ihre Kinder, auf die sich nicht verzichten<br />
sollen. Neue, lebbare Modelle, die ungehinderte<br />
Familienzeit garantieren, sind gefragt, als Orte für<br />
gelingende Partnerschaft, liebevolle Kindheit und<br />
für lebendiges Aufwachsen.<br />
Dr. Michaela Herzog ist Redakteurin der österreichischen<br />
Frauenzeitschrift „Welt der Frau“ und Historikerin.<br />
ÖSTERREICH IN AKTUELLEN ZAHLEN<br />
EHESCHLIEßUNGEN Durchschnittlich sind die Männer 33,3 Jahre, die Bräute 30,2 Jahre alt.<br />
SCHEIDUNGEN Über 46 von 100 Ehen enden vor dem Scheidungsrichter.<br />
Die mittlere Dauer der geschiedenen Ehen liegt bei 9,2 Jahren.<br />
KINDER Die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie mit Kindern beträgt 1,69.<br />
Insgesamt gibt es in Österreich nur knapp 44.000 Familien mit vier oder mehr Kindern.<br />
ERWERB Frauen stellen 43 % der im Erwerbsleben stehenden Personen.<br />
Acht von zehn Frauen sind berufstätig.<br />
40,5 % der Frauen arbeiten in Teilzeit, aber nur 6,3 % der Männer.<br />
KINDERERZIEHUNG 52 % der Frauen sind entweder ganz oder überwiegend alleine für die Kinder zuständig.<br />
HAUSHALT 60 % der Frauen führen den Haushalt ganz oder überwiegend alleine.<br />
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