Download - Münsterbauamt Ulm
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Südlicher Chorturm<br />
am <strong>Ulm</strong>er Münster
Inhalt<br />
2<br />
4<br />
5<br />
6<br />
8<br />
12<br />
14<br />
16<br />
18<br />
22<br />
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62<br />
66<br />
68<br />
72<br />
74<br />
80<br />
Grußwort des Dekans<br />
Grußwort des Oberbürgermeisters<br />
Grußwort des Landeskonservators<br />
Grußwort des Münsterbauvereins<br />
Das Projekt südlicher Chorturm<br />
Baugeschichte<br />
Maße<br />
Restaurierungsgeschichte<br />
Vorbereitende Maßnahmen 1997-99<br />
Auftaktveranstaltung<br />
Steinmetzwerkstatt<br />
Steinaustausch<br />
Kompressenentsalzung<br />
Otmarpfeiler<br />
Schreinerwerkstatt<br />
Schmiedewerkstatt und Metallarbeiten<br />
Gerüstarbeiten<br />
Mineralogische Untersuchungen<br />
Stein- und Ziegelreinigung<br />
Stein- und Ziegelrestaurierung<br />
Steinskulpturen<br />
Marienpfeiler<br />
Metallrestaurierung<br />
Innenrestaurierung<br />
Unterstützung durch die Landesdenkmalpflege<br />
Spendenaktionen<br />
Mitarbeiter am Projekt „Südlicher Chorturm“
2<br />
Grußwort des<br />
Dekans<br />
Am 13. Oktober 1877 wurde der Turmschluss des<br />
südlichen Chorturms feierlich begangen. Fast auf den Tag<br />
genau 132 Jahre und 11 Monate danach feiern wir den<br />
Abschluss der über 11jährigen Sanierung dieses Chorturms.<br />
Das <strong>Ulm</strong>er Münster verfügt mit dem Westturm nicht nur über<br />
den höchsten Kirchturm der Welt. Die beiden Chortürme mit<br />
ihren 86 Metern führen ebenfalls die Spitze der Kirchtürme in<br />
der Württembergischen Landeskirche an. Obwohl Kirchtürme<br />
keine spezifische liturgische Bedeutung haben, gehören sie<br />
schon sehr früh zu den Kirchengebäuden und prägen das Bild<br />
von Städten und Dörfern.<br />
Für viele <strong>Ulm</strong>er, die die Kriegszeit noch erlebt haben, war das<br />
weitgehend unversehrt gebliebene Münster, das mit seinen drei<br />
Türmen aus der Trümmerwüste ragte, ein Symbol der Mahnung<br />
aber auch Ermutigung.<br />
Die Zerstörung hatte vor dem Münster auf wunderbare Weise<br />
halt gemacht.<br />
Der Kriegszerstörung entkommen, setzte nun die Witterung<br />
und andere Umwelteinflüsse nicht nur dem weichen<br />
Savonnierès-Kalkstein des Südlichen Chorturms derart zu, dass<br />
eine erste Überprüfung 1997 zu einem äußerst alarmierenden<br />
Ergebnis kam. Schnelles Handeln war gefragt – hinsichtlich der<br />
fachlichen Vorbereitung der Restaurierungsmaßnahmen aber<br />
ebenso hinsichtlich der Finanzierung.<br />
Ohne vielfältige Unterstützung wäre dies nicht möglich<br />
gewesen. Das Landesamt für Denkmalpflege mit seinen<br />
verschiedenen Fachleuten begleitete die Maßnahme von<br />
Anfang bis zum Ende in unzähligen Besprechungen und<br />
Vor-Ort-Terminen. Für diese fachliche, aber auch die<br />
großzügige finanzielle Unterstützung sind wir dem Land<br />
ausgesprochen dankbar. Ebenso dem Bund, der den Südturm<br />
auch gefördert hat. Die Stadt <strong>Ulm</strong> hat sich auch immer in<br />
der Verantwortung gesehen und dankenswerter Weise auch<br />
diese Sanierungsmaßnahme noch zusätzlich unterstützt.<br />
Ohne den Münsterbauverein und seinen Vorsitzenden Dr.<br />
Wolfgang Eychmüller, der die Rettung des Südturms als Projekt<br />
durch unterschiedlichste Spendenaktionen ins öffentliche<br />
Bewusstsein brachte, wäre die Sanierung nicht möglich<br />
gewesen.<br />
Vielen Dank an alle Spenderinnen und Spender, aus der Nähe<br />
und Ferne, die mit großen oder kleinen Beträgen ihren Beitrag<br />
zur Rettung des südlichen Chorturms geleistet haben. Ebenso<br />
danke ich der Evangelischen Landeskirche, die die Renovierung<br />
tatkräftig unterstützt hat.
Ein solch bedeutendes Kirchengebäude, wie das <strong>Ulm</strong>er Münster,<br />
das weit über Stadt- und Landesgrenzen hinausstrahlt, ist<br />
eine Generationenaufgabe, die alle betrifft. Konrad Dietrich<br />
Hassler, der spätere erste Landeskonservator, hat bereits um<br />
1840 den auch heute noch zu beschreitenden Weg gewiesen:<br />
Im gesamten Reich wurde er nicht müde für den Gedanken der<br />
Fertigstellung des <strong>Ulm</strong>er Münsters zu werben, die Menschen<br />
für dieses Projekt zu begeistern und sehr erfolgreich Geldmittel<br />
zu sammeln.<br />
Die Gerüste an der Chorfassade und am Hauptturm, die<br />
Fangböden am nördlichen Chorturm erinnern uns, dass die<br />
nächsten Aufgaben bereits warten. Jede Kirchengemeinde und<br />
jede Stadt wäre überfordert, diese Projekte allein zu schultern,<br />
deshalb hoffen wir auf die weitere Unterstützung des Landes<br />
und eine erneute Unterstützung des Bundes.<br />
Doch zum Abschluss einer Maßnahme soll vor allem die<br />
Freude über das Gelingen und der Dank im Mittelpunkt<br />
stehen. Herzlichen Dank an Münsterbaumeisterin Dr. Ingrid<br />
Helm-Rommel, die die Gesamtverantwortung trug und an die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Münsterbauhütte unter<br />
der Federführung von Hüttenmeister Andreas Böhm. Ohne<br />
die reiche Erfahrung der Bauhütte, wäre der Bauunterhalt<br />
des Münsters nicht zu leisten. Ebenso gilt unser Dank allen<br />
externen Handwerkern und Fachleuten, die zum Gelingen der<br />
Renovierung beigetragen haben.<br />
Der südliche Chorturm ist gesichert und erstrahlt wieder in<br />
neuem Glanz – Gott sei Dank!<br />
Ernst-Wilhelm Gohl<br />
Dekan<br />
Evangelische Gesamtkirchengemeinde <strong>Ulm</strong>
4<br />
Grußwort des<br />
Oberbürgermeisters<br />
Die <strong>Ulm</strong>er Bürgerinnen und Bürger sind stolz auf ihr<br />
Münster. Das gilt für die hier Geborenen wie für Zugezogene<br />
gleichermaßen. Was das Münster zum wichtigen<br />
Identifikationsmerkmal für die Bürgerschaft und die Stadt<br />
macht, sind nicht allein seine (beeindruckenden) Maße, es ist<br />
vor allem die Tatsache, dass das Münster eine Bürgerkirche<br />
ist, deren Bau von keinem kirchlichen oder weltlichen Fürsten<br />
finanziert wurde, sondern allein von den Bürgern.<br />
Doch nicht nur der Bau, auch Unterhalt und Restaurierung<br />
dieses Gotteshauses sind bis heute zu großen Teilen Anliegen<br />
und Sache der Bürgerschaft, die sich mit Spenden und<br />
Zuwendungen direkt engagiert. Daneben wird die Sanierung<br />
auch durch städtische Zuschüsse mit unterstützt. Doch neben<br />
den Zuschüssen der Denkmalpflege und der öffentlichen<br />
Hände, ohne die es nicht ginge, ist es vor allem dieses<br />
bürgerschaftliche Engagement für den Erhalt des Münsters,<br />
das auch die große Aufgabe der Sanierung des südlichen<br />
Chorturms ausgezeichnet hat. Dank zu sagen, gilt daher<br />
zuallererst dem Münsterbauverein, der sich unermüdlich und<br />
kreativ auf Spendensammlung begeben hat. Mein Dank gilt<br />
aber ebenso den vielen, vielen Spenderinnen und Spendern,<br />
Privatpersonen und Firmen, die durch ihre Unterstützung<br />
deutlich gemacht haben, dass ihnen das <strong>Ulm</strong>er Münster am<br />
Herzen liegt. Vielen herzlichen Dank!<br />
Danken möchte ich auch dem hervorragenden Team um<br />
Münsterbaumeisterin Dr. Ing. Ingrid Helm-Rommel und den<br />
vielen Fachleuten, die an der Restaurierung mitgewirkt haben,<br />
für ihre hervorragende Arbeit.<br />
Unser Münster ist, wie alle Bauwerke dieser Art, eine<br />
„Dauerbaustelle“: Sobald an einer Stelle die Baugerüste<br />
verschwunden sind, werden sie an anderer Stelle wieder<br />
aufgebaut. Die Aufgabe, das Münster zu erhalten, ist größer als<br />
dass ein Mensch oder eine Generation sie bewältigen könnte.<br />
Wir dürfen uns daher heute auch sehen in der langen Reihe<br />
derjenigen, die zu diesem Bauwerk ihren Teil beigetragen haben<br />
und in der Zukunft noch beitragen werden.<br />
Ivo Gönner<br />
Oberbürgermeister<br />
Stadt <strong>Ulm</strong>
Grußwort des<br />
Landeskonservators<br />
Das <strong>Ulm</strong>er Münster gehört nicht nur zu den bedeutendsten<br />
Kulturdenkmalen Baden-Württembergs, sondern auch<br />
zu den Sakralbauten im Lande, bei denen seit Jahren<br />
in vorbildlicher Weise denkmalpflegerische Belange<br />
Berücksichtigung finden. Zu den Grundprinzipien der Bauund<br />
Kunstdenkmalpflege zählt der Vorrang der Erhaltung<br />
vor einer Erneuerung der historischen Substanz. Mit dem<br />
Beginn der Steinsanierung am südlichen Chorturm wurde<br />
diese Vorgehensweise erstmals am <strong>Ulm</strong>er Münster konsequent<br />
angewandt. Die Münsterbauhütte erweiterte ihre traditionelle<br />
Maßnahmenpalette des Werksteinaustausches um rein<br />
konservierende und restaurierende Möglichkeiten. Um diesen<br />
breiteren Weg gehen zu können, mussten einerseits Schäden<br />
differenzierter erfasst und andererseits externe Restauratoren<br />
in das Sanierungsprojekt einbezogen werden. Detaillierte<br />
Bauaufnahmen, sorgfältige Bestandsdokumentationen und<br />
präzise Schadenskartierungen wurden fortan unverzichtbare<br />
Voraussetzungen für die Maßnahmenpläne und deren<br />
Realisierung.<br />
Zur Umsetzung dieser ambitionierten und besonders<br />
denkmalgerechten Vorgehensweise wurde eine vorbildliche<br />
Zusammenarbeit gepflegt zwischen der Münsterbauhütte<br />
mit ihren Mitarbeitern, den externen Restauratoren, den<br />
begleitenden Gutachtern aus Naturwissenschaftlern und<br />
Statikern sowie den Konservatoren und Restauratoren der<br />
Landesdenkmalpflege. Mein ganz besonderer Dank gilt der<br />
Münsterbaumeisterin Frau Dr. Ingrid Helm-Rommel, ohne<br />
deren Bereitschaft, neue denkmalpflegerische Wege zu<br />
gehen, kein Erfolg möglich gewesen wäre, meinem Tübinger<br />
Kollegen Dr. Günter Kolb in seiner Funktion als zuständigem<br />
Gebietsreferenten und meinem Kollegen Otto Wölbert in seiner<br />
Funktion als Steinrestaurator im Landesamt für Denkmalpflege<br />
in Esslingen.<br />
Die Instandsetzung des südlichen Chorturms des <strong>Ulm</strong>er<br />
Münsters wurde seitens der Landesdenkmalpflege nicht nur<br />
fachlich unterstützt, sondern auch durch erhebliche Zuschüsse<br />
aus Mitteln der Denkmalförderung des Landes.<br />
Mit den durchgeführten Maßnahmen am <strong>Ulm</strong>er Münster sind<br />
erstmals Maßstäbe gesetzt worden für die denkmalgerechte<br />
Instandsetzung von Großprojekten dieser Art und zugleich<br />
konnte der Nachweis geführt werden, dass denkmalgerechte<br />
Lösungen auch in dieser Größenordnung wirtschaftlich und<br />
nachhaltig in Zusammenarbeit mit der Landesdenkmalpflege<br />
umgesetzt werden können. Die stetige Qualitätssteigerung<br />
der <strong>Ulm</strong>er Münsterbauhütte besitzt nicht nur Vorbildcharakter<br />
für das gesamte Land, sondern findet auch darüber hinaus<br />
allgemeine Beachtung.<br />
Prof. Dr. Michael Goer<br />
Landeskonservator<br />
Landesamt für Denkmalpflege<br />
5
6<br />
Grußwort des<br />
Münsterbauvereins<br />
Der Münsterbauverein wurde im Jahr 1925 von <strong>Ulm</strong>er Bürgern<br />
gegründet, die sich nach Inflation und Werteverfall in der<br />
Pflicht sahen, Mittel zu beschaffen und bereitzustellen zum<br />
Erhalt des <strong>Ulm</strong>er Münsters, dieses wunderbaren Gotteshauses.<br />
Seinerzeit standen die Arbeiten an den Strebebögen und die<br />
Sicherung des Fundaments des Hauptturms im Vordergrund.<br />
Im Dritten Reich war der Verein untergetaucht, um der<br />
damals geübten Gleichschaltung der Vereine zu entkommen.<br />
Nach dem Krieg hat der Münsterbauverein seine Tätigkeit<br />
wieder aufgenommen – ohne Vereinsbetrieb, aber auch<br />
ohne Verwaltungsaufwand. Er ist, wenn man so will, eine<br />
Aktionsgemeinschaft.<br />
Das Vermögen stammt im Wesentlichen aus Spenden und<br />
Vermächtnissen der <strong>Ulm</strong>er Bürgerschaft. Der Münsterbauverein<br />
wird gesteuert von einem Gremium, dem die Prälatin (der<br />
Prälat), der Dekan, der Oberbürgermeister und Vertreter<br />
der Bürgerschaft angehören. Zu besonderen Anlässen wie<br />
Münsterjubiläen oder für größere Restaurierungsarbeiten,<br />
deren Aufwand über den normalen Etat hinausgeht, werden<br />
Spendenaktionen durchgeführt.<br />
Großprojekte nach dem Krieg waren: Ersatz von 5 Glocken,<br />
Restaurierung und Neubeschaffung von Fenstern (im<br />
Chor, an der Südseite, in der Nordhalle, Martinsfenster<br />
über dem Hauptportal), Umbau bzw. Neubeschaffung von<br />
4 Orgeln (Haupt-, Chor-, Altarorgel, Orgel in der Konrad-<br />
Sam-Kapelle), Restaurierung der Portale, Chorfriese,<br />
Totenschilde, Photogrammetrische Vermessungen, Sanierung<br />
des Glockenstuhls sowie laufende Unterstützung der<br />
Münsterbauhütte.<br />
Das bisher größte Projekt war die Sanierung des südlichen<br />
Chorturms, das durch das Land, die Stadt, die Kirche und den<br />
Münsterbauverein finanziert wurde. Es war beeindruckend<br />
zu erleben, wie Bürgerschaft, Wirtschaft, Berufsverbände<br />
sowie Vereine aus eigenem Antrieb sich hierfür engagierten.<br />
So bleibt nur der Dank an die zahlreichen Spender für ihr<br />
außerordentliches Engagement, ihren Einsatz und ihre Hilfe.<br />
Für den Münsterbauverein ist dies Ansporn und Verpflichtung,<br />
auch künftig unserem Münster zu dienen.<br />
Wolfgang Eychmüller<br />
Münsterbauverein <strong>Ulm</strong> e.V.<br />
Vorsitzender
Innenansicht der<br />
Oktogonhalle, Blick<br />
nach Südwesten.
8<br />
Das Projekt südlicher Chorturm<br />
Dr. Ing. Ingrid Helm-Rommel<br />
Münsterbaumeisterin<br />
Wie andere Großkirchen auch, ist das <strong>Ulm</strong>er Münster – so<br />
wie wir es heute vor uns sehen – nicht in einem Zug und<br />
nicht in einer Epoche entstanden. Zwischen Baubeginn und<br />
Fertigstellung liegen mehr als 500 Jahre. Mit dem Bau wurde<br />
1377 begonnen und mit der Fertigstellung des Hauptturms –<br />
des mit 161,53 m Höhe höchsten Kirchturms der Welt – wurde<br />
das Münster erst im Jahr 1890 vollendet.<br />
Daher haben wir es am <strong>Ulm</strong>er Münster mit verschiedenen<br />
Bauabschnitten zu tun, die sich nicht nur durch ihre Funktion<br />
im Gefüge des Bauwerks voneinander unterscheiden, sondern<br />
aufgrund ihrer unterschiedlichen Entstehungszeit auch<br />
nach der angewandten Bautechnik und dem eingesetzten<br />
Steinmaterial.<br />
Entsprechend vielfältig sind die Aufgaben im Zusammenhang<br />
mit der Erhaltung und Restaurierung des <strong>Ulm</strong>er Münsters,<br />
wobei neben dem Baumaterial Naturstein auch andere<br />
Materialien im Wortsinn eine tragende Rolle spielen. So der<br />
Stahl, der am Münster für die Konstruktion der Dachstühle<br />
eingesetzt wurde. Auch der Glockenstuhl, der die Last von zehn<br />
Glocken zu tragen hat, besteht aus einer Stahlkonstruktion.<br />
Der Naturstein spielt bei der Denkmalpflege am <strong>Ulm</strong>er Münster<br />
natürlich die Hauptrolle. Abgesehen von den Außenmauern,<br />
die man größtenteils aus Ziegelsteinen errichtet hat, wurden<br />
gerade die exponierten Teile des Bauwerks aus Naturstein<br />
errichtet.<br />
Um der Bedeutung des <strong>Ulm</strong>er Münsters als einem Baudenkmal<br />
von überregionaler Bedeutung gerecht zu werden, gilt<br />
es, die Restaurierung in einer angemessenen Qualität<br />
durchzuführen. Ziel ist es daher, die Restaurierungs- und<br />
Instandsetzungsarbeiten mit dem Anspruch und der Qualität<br />
durchzuführen, wie es in den internationalen Richtlinien der<br />
Denkmalpflege (Charta von Athen 1931, Charta von Venedig<br />
1964) vorgegeben wird.<br />
Unabhängig von der Art und Größe des zu restaurierenden<br />
Objekts und dem Material, mit dem wir es zu tun haben, ist<br />
unsere grundsätzliche Vorgehensweise bei der Restaurierung<br />
dieselbe. Zuerst wird eine gründliche Bestandsaufnahme und<br />
Schadenserhebung erstellt, die als Grundlage für die Planung<br />
der restauratorischen Maßnahmen dient. In Einzelfällen kann<br />
es hierfür sogar notwendig sein, mit einem angemessenen<br />
Aufwand Beprobungen und Tests durchzuführen, um geeignete<br />
Arbeitsmethoden und Materialien herauszufinden.<br />
Bei der anschließenden Durchführung der Maßnahme ist<br />
neben einer Qualitätssicherung und -kontrolle auch die<br />
Dokumentation der Arbeiten von großer Bedeutung, da nur so<br />
die Möglichkeit gegeben wird, auch in Zukunft die Maßnahme<br />
nachvollziehen zu können und möglicherweise daraus zu<br />
lernen.
Seit 1996 wird auch bei der Restaurierung am <strong>Ulm</strong>er Münster<br />
diese grundsätzliche Vorgehensweise konsequent angewendet.<br />
Sie kam als Erstes bei der Restaurierung der Chorfassade zum<br />
Tragen, deren bereits laufende Arbeiten ich in diesem Jahr<br />
übernahm und die für die folgenden Jahre als Schwerpunkt<br />
unserer Arbeiten am <strong>Ulm</strong>er Münster gedacht waren. Doch es<br />
sollte anders kommen.<br />
Während des strengen Winters im Jahr 1996 wurden wir mit<br />
schlagartig auftretenden Schäden am südlichen Chorturm<br />
konfrontiert. Mit Schäden in einem derartigen Ausmaß hatte<br />
zu dieser Zeit niemand gerechnet.<br />
Unverzüglich musste eine Notsicherung eingeleitet<br />
werden, und nachdem die ersten Überprüfungen an der<br />
Bausubstanz des Turms abgeschlossen waren, folgte die große<br />
Ernüchterung. Der teilweise bis in den Kern schlechte Zustand<br />
des südlichen Chorturms verlangte nach einer gründlichen und<br />
umfassenden Restaurierung, die keinen Aufschub erlaubte.<br />
Aufgrund der festgestellten Schadensbilder war schon damals<br />
klar, dass es ein großes Restaurierungsprojekt werden würde.<br />
Jetzt galt es, die formulierten Qualitätsstandards für eine<br />
zeitgemäße Restaurierung am <strong>Ulm</strong>er Münster von Anfang an<br />
in die Planung dieses großen Projekts einzubringen und bei der<br />
Ausführung der Maßnahme konsequent und beharrlich in die<br />
Praxis umzusetzen.<br />
Allein die vorbereitenden Maßnahmen und Untersuchungen als<br />
Grundlage für die Konzepterstellung der Restaurierung sollten<br />
drei Jahre dauern. Dieser Aufwand war notwendig, um eine<br />
sorgfältige fachliche Planung der Maßnahme zu ermöglichen.<br />
So konnte der Aufwand für die umfassende Restaurierung des<br />
südlichen Chorturms sicher ermittelt und der Finanzbedarf<br />
kalkuliert werden.<br />
Für die Dauer der eigentlichen Restaurierung waren<br />
mindestens zehn Jahre vorgesehen.<br />
Auch dieses große Restaurierungsprojekt am<br />
südlichen Chorturm war wesentlich durch die lange<br />
Entstehungsgeschichte des <strong>Ulm</strong>er Münsters geprägt. Daher<br />
galt es vielfältige restauratorische Aufgaben zu meistern.<br />
Aber auch der Umfang der Maßnahme war beträchtlich. Dies<br />
machte nicht nur den raschen Ausbau und die Modernisierung<br />
der Münsterbauhütte erforderlich. Es mussten für die<br />
Bewältigung der Aufgabe auch Fachfirmen, externe Experten<br />
und Projektkräfte eingebunden werden.<br />
9
10<br />
Bauabschnitte aus verschiedenen Epochen und Bauwerksteile<br />
unterschiedlicher Funktion waren zu restaurieren, was<br />
uns ein breites Aufgabenspektrum bescherte. Von der<br />
behutsamen Reinigung von Malfassungen im Innenbereich<br />
über traditionelle Steinmetzarbeiten bis hin zu baulichen<br />
Eingriffen, die die Statik des Turms betrafen, war eine<br />
breite Palette an Aufgaben zu bewältigen. Dies spiegelt<br />
sich in der großen Anzahl der beteiligten Fachleute aus<br />
unterschiedlichen Gebieten wieder, die zum Gelingen dieses<br />
großen Restaurierungsprojektes beitrugen und Hand in Hand<br />
arbeiteten.<br />
Am 12. September 2010, am „Tag des offenen<br />
Denkmals“, begingen wir den offiziellen Abschluss der<br />
Restaurierungsarbeiten am Projekt „Südlicher Chorturm“.<br />
Viele Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und öffentliche<br />
Einrichtungen haben mit ihren Spenden und Zuschüssen<br />
maßgeblich dazu beigetragen, dass wir das gesteckte Ziel<br />
erreichen konnten.<br />
Und wir – das sind die Mitarbeiter vom <strong>Münsterbauamt</strong> und<br />
der Münsterbauhütte, die Fachfirmen, externe Experten und<br />
die Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege – die in<br />
Werkstätten und vor Ort am südlichen Chorturm die Arbeiten<br />
durchgeführt oder einen fachlichen Beitrag geleistet haben.<br />
Dafür sagen wir Danke. Danke für diese außergewöhnliche und<br />
großartige Unterstützung auf breiter Ebene.<br />
Mit dieser Broschüre soll ein Überblick über das Projekt<br />
„Südlicher Chorturm“ gegeben werden, wobei nicht<br />
alle Arbeiten vorgestellt werden können. So werden<br />
einige durchaus wichtige und interessante Arbeiten von<br />
ausführenden Firmen und Experten nur gestreift.<br />
Die Drucklegung dieser Broschüre hat Herr Dr. Eychmüller<br />
ermöglicht, der in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des<br />
Münsterbauvereins das Restaurierungsprojekt „Südlicher<br />
Chorturm“ von Beginn an nicht nur finanziell großzügig<br />
unterstützt hat.<br />
Als Initiator der Aktion „Südlicher Chorturm“, die am<br />
17.10.2000 gestartet wurde, trat er mit großem Engagement<br />
in zahlreichen Aktionen für das Projekt „Südlicher Chorturm“<br />
ein. Dies nicht nur bei der <strong>Ulm</strong>er Bürgerschaft, sondern auch<br />
bei Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und kirchlichen<br />
Gremien. So hat er maßgeblich dieses Projekt angestoßen<br />
und blieb bis zu dessen Abschluss stets ein unermüdlicher<br />
Förderer desselben. Er hatte stets ein offenes Ohr für die<br />
Anliegen des <strong>Münsterbauamt</strong>s und der Münsterbauhütte. Als<br />
aktiver Förderer der Denkmalpflege am <strong>Ulm</strong>er Münster lag ihm<br />
besonders die Modernisierung und technische Ausstattung der<br />
Münsterbauhütte am Herzen, die ebenso wie die Errichtung<br />
des neuen <strong>Münsterbauamt</strong>s erst durch die überaus großzügige<br />
finanzielle Unterstützung des Münsterbauvereins ermöglicht<br />
wurde.
Sicht über das Mittelschiff<br />
vom Hauptturm<br />
aus, rechts der südliche<br />
Chorturm.<br />
11
12<br />
Baugeschichte<br />
Das Münster in <strong>Ulm</strong> ist ein evangelisches Gotteshaus<br />
und gehört mit dem höchsten Kirchturm der Welt zu den<br />
spätgotischen Großkirchen der europäischen Architektur.<br />
Im Jahr 1377 hatten die Bürger der Reichsstadt <strong>Ulm</strong> mit<br />
der Errichtung des Münsters auf der höchsten Stelle der<br />
historischen Stadt begonnen. Erst im Jahr 1890 sollte diese<br />
Großkirche mit dem höchsten Kirchturm der Welt fertig<br />
gestellt sein. Die beiden Chortürme waren bereits zehn Jahre<br />
zuvor vollendet worden.<br />
Baumeister Ulrich von Ensingen (1392-1417), der auch den<br />
Hauptturm des Münsters plante und die unteren Partien baute,<br />
schloss den mittelalterlichen Bauabschnitt der Chortürme mit<br />
ihren bis dahin errichteten fünf Geschossen in einer Höhe von<br />
etwa 32 m vorläufig ab, bevor er 1399 einer Berufung nach<br />
Straßburg folgte.<br />
Von 1534 bis 1844 waren die Bauaktivitäten eingestellt. Das<br />
Münster war bereits mit Gewölben und mit Dächern versehen,<br />
doch fehlten noch die Oktogonhallen und Turmhelme auf den<br />
beiden Chortürmen und ebenso auf dem Hauptturm. Dieser<br />
reichte bereits mit seiner Viereckgalerie in eine Höhe von 70 m<br />
hinauf.<br />
Mit der Vollendung des Münsters im neogotischen Stil wurde<br />
im Jahr 1844 begonnen. Zunächst entstand das Strebewerk<br />
über dem südlichen und nördlichen Seitenschiff des Münsters.<br />
Die beiden Chortürme mit ca. 86 m Höhe hat man an der<br />
Nahtstelle zwischen Chor und Seitenschiffen im Jahr 1880<br />
vollendet und seit 1890 hat das Münster mit dem 161,53 m<br />
aufwärts strebenden Hauptturm den höchsten Kirchturm der<br />
Welt. Das Erscheinungsbild des <strong>Ulm</strong>er Münsters wird durch den<br />
Hauptturm geprägt und ist das Wahrzeichen der Stadt <strong>Ulm</strong>.<br />
Baumeister Ludwig Scheu (1871-1880) nahm die Errichtung<br />
der beiden Chortürme 1873/74 wieder auf, nachdem die<br />
Fundamente ausreichend stabilisiert worden waren. Zunächst<br />
galt es, den südlichen Chorturm und danach den nördlichen<br />
zu errichten. Es gibt keine mittelalterlichen Pläne zu den<br />
beiden Chortürmen, aus denen hervorginge wie die Gestaltung<br />
der Türme geplant war. Auch anhand der erhaltenen<br />
mittelalterlichen Pläne vom Hauptturm konnte dies nicht<br />
erschlossen werden. So basiert der Bau der beiden Chortürme<br />
auf einer neuen Planung unter Baumeister Ludwig Scheu.<br />
Beim Beginn der Arbeiten am Viereck des südlichen Chorturms<br />
1875 hatte Baumeister Ludwig Scheu Schwierigkeiten, an<br />
die mittelalterliche Bauweise anzuknüpfen. Die Nahtstellen<br />
zeigen sich besonders deutlich am südlichen Chorturm,<br />
denn offensichtlich konnte das Steinmetzhandwerk des<br />
19. Jahrhunderts nicht gleich an den verloren gegangenen<br />
Ausführungsstil seiner mittelalterlichen Zunft anknüpfen.<br />
So wurden kleinteilige Werkstücke hergestellt und verbaut.<br />
Die Verwendung von unterschiedlichen Natursteinsorten<br />
als Baumaterial verleiht den Chortürmen ihr besonderes<br />
Erscheinungsbild.<br />
Für die statisch konstruktiven Teile des Turms hat man den<br />
härteren Schlaitdorfer-Sandstein eingesetzt, der im Raum um<br />
Tübingen vorkommt. Der wesentlich weichere Savonnières-<br />
Kalkstein, der nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71<br />
als Reparationsleistung an das <strong>Ulm</strong>er Münster geliefert wurde,<br />
kommt bei den statisch nicht beanspruchten Brüstungen an<br />
der Vierecks- und Oktogongalerie wie auch bei den Maßwerken<br />
im Turmhelm vor.<br />
Mit dem Aufsetzen der Kreuzblume in 86 m Höhe im Oktober<br />
1877 war der südliche Chorturm fertig gestellt. Das Ziel, den<br />
Turm zum 500jährigen Jubiläum bereits im Juni 1877 vollendet<br />
zu haben, wurde um wenige Monate verfehlt.
14<br />
Maße<br />
Gesamthöhe: ca. 85,9 m<br />
Höhe Viereck: ca. 43,6 m<br />
Höhe Oktogon: ca. 16,8 m<br />
Höhe Helm: ca. 25,5 m<br />
Breite Südfassade: ca. 18,5 m<br />
Breite Ostfassade: ca. 21,0 m<br />
Breite Südfassade: ca. 18,5 m<br />
B x L x H<br />
Konrad-Sam-Kapelle: ca. 7,0 x 13,8 x 9,9 m<br />
Rüstkammer: ca. 7,0 x 7,1 x 8,8 m<br />
Vorraum: ca. 7,0 x 4,3 x 7,6 m<br />
Unt. Modellkammer: ca. 7,0 x 7,1 x 4,1 m<br />
Vorraum: ca. 4,5 x 4,0 x 3,8 m<br />
Ob. Modellkammer: ca. 7,3 x 7,4 x 5,7 m<br />
Tanzbödele: ca. 4,5 x 4,0 x 2,5 m<br />
Christuskammer: ca. 7,8 x 7,6 x 9,9 m<br />
Turmstube: ca. 8,3 x 8,3 x 3,8 m<br />
Plan zur Vollendung des südlichen<br />
Chorturms aus dem 19. Jahrhundert<br />
(vorhergehende Seite).<br />
Photogrammetrische Planvorlage,<br />
Schnitt durch den südlichen Chorturm<br />
in nordsüdlicher Richtung<br />
mit Höhenangaben (rechte Seite).
16<br />
Restaurierungsgeschichte<br />
Am südlichen Chorturm gibt es mehrere ältere<br />
Reparaturabschnitte, die zu unterschiedlichen Zeiten<br />
ausgeführt wurden. In der Zeit zwischen 1865 und 1870<br />
hat man die Werkstücke aus Obernkirchener-Sandstein und<br />
Schlaitdorfer-Sandstein in den 10,90 m langen Laubfries aus<br />
Süßwasser-Kalkstein eingesetzt. Der Fries bildet den Abschluss<br />
der Südfassade unterhalb der Pultdachfläche und wurde<br />
vermutlich noch unter Baumeister Michael Parler (1383-1387)<br />
geschlagen und versetzt.<br />
Bei der Vollendung des südlichen Chorturms von 1875 bis<br />
1877 wurden unter Baumeister Ludwig Scheu (1871-1880)<br />
größere Umgestaltungen und Eingriffe am mittelalterlichen<br />
Turmviereck vorgenommen. U. a. wurden die Fenster in der<br />
Konrad-Sam-Kapelle und im vierten Turmgeschoss sowohl an<br />
der Süd- als auch an der Ostseite vergrößert und mit neuen<br />
Steinrahmungen, Maßwerken und Wasserspeier-Zierfiguren<br />
versehen.<br />
Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurden am Marienpfeiler<br />
sogar Ersatzstücke aus Kunststein eingesetzt.<br />
Dagegen stammen die Werkstücke aus Krenzheimer-<br />
Muschelkalk aus der Zeit zwischen 1926 und 1928, worauf<br />
die Signatur an der aus diesem Material gearbeiteten Fiale<br />
des Otmarpfeilers hinweist. Gleichzeitig wurde auf den<br />
Marienpfeiler eine ebenfalls aus Muschelkalk gearbeitete Fiale<br />
aufgesetzt.<br />
1999 wurde am südlichen Chorturm wieder mit einer<br />
umfangreichen Restaurierung begonnen. Er war damit<br />
Schwerpunkt denkmalpflegerischer Maßnahmen am <strong>Ulm</strong>er<br />
Münster. Dabei erfolgten Steinmetzarbeiten, Steinreinigung<br />
und Steinrestaurierung parallel zueinander. Sowohl für<br />
den Steinaustausch als auch für verschiedene Techniken<br />
der Steinkonservierung waren Voruntersuchungen und<br />
Entwicklungsarbeiten notwendig. Für den Steinaustausch<br />
wurden spezielle Mörtel nach historischen Vorbildern<br />
entwickelt.<br />
Das ausgewählte Entsalzungsverfahren wurde dem Zustand<br />
der belasteten Steinsubstanzen entsprechend angepaßt.<br />
Für Konservierungen am Stein wurde eine spezielle<br />
Steinschutzschlämme entwickelt, die im Vorfeld sorgfältig auf<br />
ihre Witterungsbeständigkeit getestet wurde.<br />
Die Restaurierungsmaßnahmen waren auch auf die noch<br />
erhalten gebliebenen Bauabschnitte und die Bauzier aus<br />
dem Spätmittelalter ausgerichtet, die aus der Zeit der Parler<br />
(1377-1391) und Ulrich von Ensingens (1392-1399) stammen.<br />
Die mittelalterliche kostbare Bauzier wurde mit Hilfe der<br />
Steinreinigung und einer aufwändigen Konservierung auf<br />
mineralogischer Basis gesichert.<br />
Diesen Arbeiten ging eine gründliche Schadenskartierung<br />
voraus, die eine genaue Planung der Restaurierungsmaßnahme<br />
erlaubte.
Reliefbüste von Münsterbaumeister<br />
Ludwig Scheu in<br />
Höhe der Viereckgalerie am<br />
Durchgang vom südlichen<br />
Chorturm zum Mittelschiff.<br />
17
18<br />
Vorbereitende Maßnahmen 1997-99<br />
Um eine fundierte und nachhaltige Restaurierung in hoher<br />
Qualität zu gewährleisten, wurde zunächst eine vorbereitende<br />
Untersuchung konzipiert und in die Wege geleitet. Wegweisend<br />
für diese Untersuchung war der Anspruch, eine umfassende<br />
und grundlegende Dokumentation (Kartierung) über den<br />
aktuellen Zustand zu erstellen, die sowohl für die Planung der<br />
Restaurierungsmaßnahmen als auch später bei der Ausführung<br />
der Restaurierungsarbeiten eine solide Grundlage bildeten<br />
und effektiv zu verwenden sein sollte. Diese Untersuchungen<br />
wurden 1997-99 durchgeführt.<br />
Photogrammetrie<br />
Für die Bestandsaufnahme (Erfassung des Ist-Zustandes)<br />
des südlichen Chorturms vom Fundament bis zur Turmspitze<br />
wurde die digital-photogrammetrische Aufnahmetechnik<br />
ausgewählt, eine effektive und präzise Methode für<br />
diese Aufgabenstellung. Der Wettbewerb ausgewählter<br />
Fachfirmen, der auf Probeaufnahmen und Auswertungen<br />
eines vorgegebenen Abschnitts des Chorturms basierte, war<br />
eine entscheidende Voraussetzung dafür, die geforderte<br />
Qualität in einem angemessenen Kostenrahmen zu erhalten.<br />
Im April 1997 wurde mit den digital-photogrammetrischen<br />
Aufnahmen begonnen. Es folgte eine digitale Auswertung der<br />
Aufnahmen, wobei maßstabsgetreue Planvorlagen erstellt<br />
wurden. Diese Planvorlagen zeigen präzise alle Setzungen und<br />
Verschiebungen des Bauwerks.<br />
Wesentlicher Vorteil der digital-photogrammetrischen<br />
Planvorlagen ist deren vielfältige Verwertungsmöglichkeit.<br />
So wurde zum Beispiel auf der Grundlage dieser Pläne von<br />
einer externen Gerüstbaufirma das Arbeitsgerüst geplant und<br />
erstellt.
Photogrammetrische Planvorlage<br />
eines der insgesamt acht<br />
Turmhelmsegmente.<br />
19
20<br />
Kartierung<br />
Im nächsten Schritt wurden vor Ort am gesamten Aufbau der<br />
Materialbestand und die Schäden am Stein visuell begutachtet<br />
und in Form einer Kartierung auf die digitalen Planvorlagen<br />
übertragen.<br />
Diese Kartierung liefert ein vollständiges und übersichtliches<br />
Gesamtbild über die eingesetzten Baumaterialien am südlichen<br />
Chorturm und ihres Zustands. Anhand dieser Dokumentation<br />
ließ sich fundiert festlegen, welche Restaurierungsmaßnahmen<br />
in welchem Umfang notwendig waren.<br />
Begutachtung der Vierecksbrüstung<br />
zur Erstellung der<br />
Schadenskartierung.<br />
Schadenskartierung des Pfeilers<br />
vom Apostel Petrus an der<br />
Südseite der Oktogonhalle.
Schadenskartierung<br />
Absanden<br />
Abschuppen<br />
Alveolenbildung<br />
Schadhafte Antragung<br />
Schalenbildung<br />
Lagerhaftes Aufschalen<br />
Bröseln<br />
Bröckeln<br />
Riss<br />
Ausbruch<br />
Salzausblühungen<br />
21
22<br />
Auftaktveranstaltung<br />
Die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchung<br />
und die ermittelten Kosten für die bevorstehenden<br />
Restaurierungsmaßnahmen am südlichen Chorturm sollten<br />
einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Herr Dr.<br />
Wolfgang Eychmüller (Vorsitzender des Münsterbauvereins)<br />
und das Designbüro Maus initiierten dazu eine Informationsund<br />
Auftaktveranstaltung. Diese wurde am 17.10.2000<br />
gemeinsam mit Herrn Dekan Hans-Hermann Keinath, Herrn<br />
Oberbürgermeister Ivo Gönner, Frau Hertha Wieseler (2.<br />
Vorsitzende der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde <strong>Ulm</strong>),<br />
Herrn Günter Künzel (Verwaltungsdirektor der Evangelischen<br />
Gesamtkirchengemeinde <strong>Ulm</strong>) und Herrn Michael Pluta<br />
(Vorsitzender des Personal- und Verwaltungsausschusses)<br />
durchgeführt.<br />
Mit der Auftaktveranstaltung sollte nicht nur ausführlich über<br />
Art und Umfang der notwendigen Restaurierungsmaßnahmen<br />
informiert werden, vor allem sollte auch dargelegt werden,<br />
welche finanziellen Mittel zur Realisierung der Maßnahmen<br />
aufzubringen waren. Darüber hinaus sollte vermittelt werden,<br />
dass diese Kosten nicht alleine durch die Evangelische<br />
Gesamtkirchengemeinde <strong>Ulm</strong> aufgebracht werden konnten.<br />
Vielmehr war dafür die finanzielle Unterstützung der<br />
Bürgerschaft, der Stadt <strong>Ulm</strong>, des Landes Baden-Württemberg<br />
und des Bundes notwendig.<br />
Bei dieser Veranstaltung konnten sich neben den Vertretern<br />
der Kirchengemeinde, Gremien und des Stadtrats auch<br />
Landesbischof Eberhard Renz und Ministerpräsident Erwin<br />
Teufel ein Bild vor Ort vom aktuellen Zustand und Ausmaß der<br />
Schäden am südlichen Chorturm machen.<br />
Demonstration des Zerfalls<br />
am echten Objekt vom Turm:<br />
Münsterbaumeisterin Dr.<br />
Ing. Ingrid Helm-Rommel,<br />
Oberbürgermeister Ivo Gönner,<br />
Ministerpräsident Erwin Teufel<br />
und Dr. Eberhard Schleicher<br />
vom Münsterbauverein <strong>Ulm</strong>.<br />
Bundesinnenminister Otto<br />
Schily bei seiner Stippvisite auf<br />
dem südlichen Chorturm 2001.
Seit Jahrhunderten prägt das <strong>Ulm</strong>er Münster als sichtbares Zeichen<br />
lebendigen Glaubens das Bild der Stadt <strong>Ulm</strong>. Mit seinen vielfältigen<br />
Kunstschätzen ist es zugleich ein Denkmal der Architektur,<br />
der Kunst und der Geschichte von internationalem Rang und<br />
Bedeutung. Mitten in <strong>Ulm</strong> gelegen zieht das <strong>Ulm</strong>er Münster Tag für<br />
Tag tausende von Besuchern an. Das <strong>Ulm</strong>er Münster zu erhalten ist<br />
zugleich Erbe und Auftrag.<br />
23
24<br />
Steinmetzwerkstatt<br />
Die Ergebnisse der vorbereitenden Maßnahmen gaben Art<br />
und Umfang der Restaurierung klar und eindeutig vor.<br />
Entsprechend dem Restaurierungskonzept war vorgesehen, nur<br />
stark geschädigte Werkstücke auszutauschen und die weniger<br />
geschädigten Bereiche steinkonservatorisch zu bearbeiten.<br />
Die traditionellen Steinmetzarbeiten wurden von den<br />
Mitarbeitern der Münsterbauhütte ausgeführt. Über die<br />
Wintermonate, wenn die Arbeiten auf der Baustelle im<br />
Außenbereich ruhten, wurden in der Steinmetzwerkstatt die<br />
Werkstücke aus Main-Sandstein und Savonnières-Kalkstein<br />
hergestellt, die im darauf folgenden Frühsommer für den<br />
anstehenden Restaurierungsabschnitt benötigt wurden.<br />
Im Einzelnen waren dies Kreuzblumen, Fialen, Blendmaßwerke,<br />
Brüstungselemente, Rippen- und Wimpergstücke, Baldachine<br />
und Stufen sowie zahlreiche Vierungen. Eine anspruchsvolle<br />
Aufgabe war die Herstellung der beiden reich verzierten<br />
Wimpergstücke für die Oktogongalerie sowie der Konsolen und<br />
Baldachine, die unter und über den Pfeilerfiguren eingebaut<br />
sind.<br />
Aufwendige Werkstücke aus Savonnières-Kalkstein wurden für<br />
die Ziertürme hergestellt, die an den Ecken der Nordost- und<br />
Südwestseite der Oktogonhalle stehen. Vierungen für den<br />
Marien- und Otmarpfeiler wurden hingegen aus Malm- und<br />
Auer-Kalkstein gefertigt.<br />
Nach Abschluss des Projektes „Südlicher Chorturm“ im<br />
Jahr 2010 waren dafür insgesamt 474 Werkstücke und 302<br />
Vierungen in der Steinmetzwerkstatt gefertigt worden.<br />
Am Außenbau erfolgten der Steinaustausch und die<br />
Kompressenentsalzung des Schlaitdorfer-Sandsteins durch die<br />
Steinmetze der Münsterbauhütte während der Sommermonate.<br />
Vor diesen Arbeiten wurden die verschmutzten<br />
Natursteinoberflächen nach Maßgabe der bemusterten<br />
Referenzflächen durch eine externe Fachfirma gereinigt.<br />
Die Restaurierung am südlichen Chorturm wurde in drei<br />
Abschnitten geplant und ausgeführt:<br />
2000-2005 Turmhelm<br />
2005-2009 Oktogongalerie und -halle mit<br />
südöstlichem Wendeltreppenturm,<br />
Marien-, Otmar- und Ostpfeiler sowie<br />
Süd- und Ostfassade<br />
2009-2010 südwestlicher Wendeltreppenturm,<br />
Ziertürme an der Ost- und Westseite<br />
Beim Austausch großer Werkstücke wurden die ca. 4 mm<br />
starken Fugen in bewährter Weise mit selbst hergestelltem<br />
Mörtel verpresst und beim Versetzen die Fugen zwischen<br />
den kleinen Zierteilen mit Blei ausgegossen. Die traditionell<br />
verwendeten Materialien Mörtel und Blei sind für diese<br />
Anwendung optimal und haben sich dafür sehr bewährt, was<br />
die langen Standzeiten der in dieser Art ausgeführten Fugen<br />
am Bauwerk bestätigen.
Steintafel am Eingang zur Münsterbauhütte<br />
mit dem Hüttenzeichen der<br />
<strong>Ulm</strong>er Münsterbauhütte.<br />
Gruppenbild mit Münsterbaumeisterin<br />
und Bauhüttenteam in der<br />
restaurierten Oktogonhalle des<br />
südlichen Chorturms.<br />
Gruppenbild des Bauhüttenteams in<br />
der Münsterbauhütte.<br />
Gruppenbild des Bauhüttenteams vor<br />
der Münsterbauhütte.<br />
25
26<br />
Der Hüttenbaumeister beim Abnehmen<br />
von Maßen.<br />
Ein Steinmetz der Münsterbauhütte<br />
beim Bleigießen.
Steinmetz der Münsterbauhütte beim<br />
Anfertigen eines neuen Werkstückes.<br />
Steinmetz der Münsterbauhütte beim<br />
Ausarbeiten eines neuen Werkstücks.<br />
27
28<br />
Steinaustausch<br />
Der Steinaustausch von kompletten und statisch belasteten<br />
Werkstücken am Turmhelm, an den Pfeilern der Oktogonhalle<br />
und den Wendeltreppentürmen gehörte zu den wichtigsten<br />
und gleichzeitig schwierigsten Aufgaben, die von den<br />
Steinmetzen der Münsterbauhütte zu bewältigen waren. In<br />
Vorbereitung zu diesen Arbeiten mussten zuvor anhand von<br />
Tragwerksanalysen die Arbeitsabläufe genau geplant werden.<br />
Es gab keine Möglichkeiten, hierzu auf Erfahrungen von<br />
Mitgliedern der Europäischen Vereinigung der Dombaumeister,<br />
Münsterbaumeister und Hüttenmeister e. V. zurückzugreifen.<br />
Erfahrungen auf diesem Arbeitsfeld lagen noch nicht vor.<br />
Daher musste die Austauschprozedur von Grund auf geplant<br />
und sorgfältig geprüft werden. Die Planung und Durchführung<br />
dieser Arbeiten wurden von externen Statikbüros begleitet.<br />
Hier erfolgte die fachliche Begleitung durch den<br />
Steinrestaurator des Landesamtes für Denkmalpflege im<br />
Regierungspräsidium Stuttgart und den Gebietsreferenten des<br />
Referates Denkmalpflege im Regierungspräsidium Tübingen.<br />
Statisch beanspruchte Werkstücke am Turmhelm<br />
Der erste Steinaustausch statisch belasteter Werkstücke stand<br />
im Jahr 2004 am Turmhelm an, was für die Münsterbauhütte<br />
eine große Herausforderung darstellte. Die nicht mehr zu<br />
erhaltenden Werkstücke waren komplett durch Ersatzstücke<br />
aus Sandstein in gleicher Größe zu ersetzen, die in der<br />
Münsterbauhütte gefertigt worden waren. Bei diesem<br />
Steinaustausch in den Streben und Riegeln des Turmhelms<br />
handelte es sich teilweise auch noch um sehr große<br />
Werkstücke. Da eine derartige Aufgabe erstmals am <strong>Ulm</strong>er<br />
Münster zu bewältigen war, lagen hierfür keine Erfahrungen<br />
vor. Die Austauschprozedur musste daher von Grund auf<br />
geplant und sorgfältig geprüft werden, bevor man zur<br />
Ausführung schreiten konnte.<br />
Vor dem Ausbau des statisch belasteten Werksteins mussten<br />
die normalerweise auf ihn lastenden Kräfte umgeleitet<br />
werden, um ihn vollständig zu entlasten. Dazu war eine<br />
geeignete Stützkonstruktion erforderlich, die stark genug<br />
war, die Kräfte dauerhaft aufzunehmen und dazu auch noch<br />
ausreichend Reserven bot. In einem ersten Schritt war daher<br />
eine Tragwerksanalyse durchzuführen, die Klarheit darüber<br />
verschaffte, mit welchen Größenordnungen man es bei diesen<br />
Kräften zu tun hatte. Erst danach konnte man sich für eine<br />
geeignete Stützkonstruktion entscheiden, die auch noch so<br />
beschaffen sein sollte, dass man sie am Bau weitestgehend<br />
substanzschonend installieren konnte.<br />
Zur Vorbereitung dieses Steinaustauschs gehörte auch der<br />
Einbau von Druckmessdosen an tiefer liegenden Stellen im<br />
konstruktiven Aufbau der Turmhelmstreben. Diese wurden<br />
regelmäßig ausgelesen, um bei der Durchführung der<br />
geplanten Arbeiten möglicherweise auftretende Einflüsse auf<br />
die Statik des Turms rechtzeitig zu erkennen.
Ausgesägtes Werkstück vom Turmhelm<br />
(oben).<br />
Ersatzwerkstück für den Turmhelm im<br />
Hof der Münsterbauhütte<br />
(Mitte).<br />
Versetztes Werkstück am Turmhelm<br />
(unten).<br />
29
Der eigentliche Austausch erfolgte in mehreren<br />
Arbeitsschritten. Zunächst wurde die gewählte<br />
Stützkonstruktion aus Spezialstützen eingebaut. Diese<br />
war so ausgelegt, dass sie die statische Aufgabe des<br />
auszutauschenden Werkstückes solange übernehmen konnte,<br />
bis das eingebaute Ersatzwerkstück mit seinen neu verfüllten<br />
Fugen die volle Last wieder aufnehmen konnte. Mit dem<br />
Antreiben der Hydraulik an den Spezialstützen wurde kurz<br />
vor dem Steinwechsel die Auflast von dem auszubauenden<br />
Werkstück genommen.<br />
Die auszubauenden Werkstücke in den Streben bzw. zwischen<br />
den Maßwerken wurden mit einer Steinkettensäge freigesägt,<br />
ohne dabei die intakte Bausubstanz zu beeinträchtigen. Danach<br />
konnten die Werkstücke gesichert und aus dem Verband<br />
genommen werden. Der ausgebaute Werkstein wurde mit<br />
einem mobilen Kran vom Gerüst aufgenommen und die für<br />
den Austausch gefertigte Steinkopie in ca. 60 m Höhe auf dem<br />
Arbeitsboden des Gerüsts abgelegt.<br />
Für den Einbau der Steinkopie bot die Fugenbreite von nur<br />
wenigen Millimetern wenig Spielraum. Um den Einbau<br />
insbesondere der großen Riegelstücke zu ermöglichen, wurde<br />
eine spezielle Haltevorrichtung verwendet. Das Werkstück<br />
musste optimal eingepasst und in Position gebracht werden.<br />
Danach wurde die Breite der Fugen mit Abstandhaltern<br />
fixiert und vor dem Ausgießen mit einem sogenannten<br />
Verpressmörtel mit Gummistreifen sorgfältig abgedichtet. Dem<br />
Verpressvorgang kam hier eine besondere Bedeutung zu, da<br />
die Lagerfugen die statischen Lasten später ebenfalls in vollem<br />
Umfang aufnehmen mussten.<br />
Um die gewünschten Eigenschaften und die erforderliche<br />
Qualität zu erzielen, musste der Verguss- und Verpressmörtel<br />
genau nach einer vorgegebenen Rezeptur hergestellt werden,<br />
die zuvor in Versuchen ermittelt worden war. Zum einen<br />
sollte der Mörtel das vollständige Verfüllen der Fugen durch<br />
seine Fließ- und Presseigenschaften für den Verpressvorgang<br />
begünstigen, zum anderen musste auch gewährleistet sein,<br />
dass der Mörtel beim Abbinden nicht schrumpfte.<br />
Aber nicht nur die Eigenschaften des Mörtels waren für<br />
die erfolgreiche Verfugung des Werksteins wichtig. Neben<br />
handwerklicher Erfahrung und Fingerspitzengefühl war auch<br />
die genaue Kontrolle des eigentlichen Verpressvorgangs der<br />
Fugen ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Arbeiten. Nur<br />
so konnte erreicht werden, dass die umlaufenden Fugen<br />
vollständig mit Mörtel verpresst wurden und sich keine<br />
Hohlräume bilden konnten.<br />
Nach der Abbindezeit des Mörtels wurde die temporäre<br />
Stützkonstruktion entlastet und abgebaut. So wurden<br />
Setzungen im Bauwerk vermieden und die statische Last<br />
wieder in der Weise auf das neue Werkstück eingeleitet, wie es<br />
bei dem originalen Werkstück der Fall gewesen war.<br />
Mit dem Steinaustausch am Turmhelm haben wir entsprechend<br />
dem Bauablaufprogramm begonnen und zunächst die<br />
weniger kritischen Werkstücke und Werkstückteile (Vierungen)<br />
ausgetauscht.<br />
Ein für den Turmhelm neu angefertigtes Werkstück<br />
wird mit dem Kran „angeliefert“ (oben)<br />
und von den Steinmetzen versetzt (unten).<br />
31
32<br />
Pfeilerkonsolen an der Oktogonhalle<br />
Statische Sicherungsmaßnahmen spielten auch beim<br />
Steinaustausch der Konsolen an den Pfeilern der Oktogonhalle,<br />
worauf die Pfeilerfiguren stehen, eine große Rolle.<br />
Im Spätsommer 2009 wurden die fertig gestellten Konsolen<br />
unter den Füßen der Apostelfiguren eingebaut. Die größte<br />
Schwierigkeit bestand darin, die alten Konsolen ohne<br />
Beschädigung der Figuren auszubauen. Der massive hintere<br />
und der auskragende vordere Teil der Konsole mit reich<br />
verziertem Blattwerk bildet ein extrem asymmetrisches<br />
Werkstück. Zudem durfte während der Arbeiten die Position<br />
der darauf stehenden über 1 t schweren Figur nicht<br />
verändert werden, u. a. um den ursprünglichen Einbau<br />
zu bewahren. Auch sollte die an der Rückseite einer Figur<br />
teilweise eingebrachte Verfüllung mit Romankalkmörtel nicht<br />
herausgelöst werden.<br />
Um den Ausbau der schadhaften Konsole und den Einbau<br />
des neuen Werkstücks zu ermöglichen, wurde für die<br />
Standsicherung der Figuren eine Stützkonstruktion entwickelt.<br />
Mittels Gurten und Kettenzug konnten die Figuren gesichert<br />
und die Konsolen ausgebaut werden. Dennoch war es alles<br />
andere als einfach die nur 4 mm starken umlaufenden Fugen<br />
am Werkstück zu öffnen. Mit der Sicherung der jeweils etwa<br />
1,2 t schweren Figur sowie dem Aus- und Einbau der Konsole<br />
waren zwei Steinmetze und der Hüttenmeister beschäftigt.<br />
Im Umgang mit der neogotischen Bauweise, insbesondere<br />
den Versetztechniken, spielt die Erfahrung der Mitarbeiter der<br />
Münsterbauhütte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Sie<br />
ist Voraussetzung für einen exakten und effektiven Aus- und<br />
Einbau von kompliziert geschnittenen Werkstücken.<br />
Ein Steinmetz sägt an einem Oktogonpfeiler vorsichtig die<br />
Fugen einer schadhaften Konsole auf (oben).<br />
Die neu angefertigte Pfeilerkonsole wird versetzt (Mitte)...<br />
...und anschließend befestigt (unten).
34<br />
Stufen in den Wendeltreppentürmen<br />
Den Schwerpunkt im weiteren Arbeitsablauf am südlichen<br />
Chorturm bildeten der Ausbau und das Versetzen<br />
einzelner Steinstufen am südöstlichen und südwestlichen<br />
Wendeltreppenturm.<br />
Um den Ausbau der schadhaften Stufen und den Einbau<br />
der neuen Stufen zu ermöglichen, wurden für den Innenund<br />
Außenbereich des Treppenturms Stützkonstruktionen<br />
entwickelt. Unter Berücksichtigung der ermittelten Lasten,<br />
der Druck- und Schwerkräfte wurde jeweils um den gesamten<br />
Querschnitt der achteckigen Türmchen eine Stützkonstruktion<br />
mit Kanthölzern, Spanngurten und Kettenzügen gebaut. In den<br />
Türmchen wurde die Notabstützung mittels Sprießen soweit<br />
angepresst, dass der jeweilige Arbeitsabschnitt vollständig<br />
entlastet war.<br />
Danach bestand die größte Schwierigkeit darin, die neuen<br />
Stufen ohne Beschädigung einzubauen, denn die massive<br />
Treppenspindel und die dünn auslaufende Stufe bilden ein<br />
extrem asymmetrisches Werkstück. Während die Positionierung<br />
des schweren Endes des Werkstücks, d.h. die Treppenspindel,<br />
nur mit entsprechend großer Kraftanstrengung gelingen kann,<br />
gilt es gleichzeitig dafür zu sorgen, dass der im Vergleich dazu<br />
schwächere Teil des Werkstücks, die eigentliche Treppenstufe,<br />
unbeschadet bleibt. Das war im engen Wendeltreppenturm<br />
alles andere als einfach.
Insgesamt wurden im Jahr 2009 im südwestlichen<br />
Treppenturm 24 Stufen und im Jahr 2010 im südöstlichen<br />
Treppenturm 15 Stufen ausgebaut und durch neue<br />
Sandsteinstufen ersetzt.<br />
Ein Steinmetz beim Verfugen einer neu eingesetzten Stufe im<br />
Wendeltreppenturm (oben).<br />
Neu angefertigte Stufen für die Wendeltreppentürme (unten).<br />
35
36<br />
Kompressenentsalzung<br />
Zu den steinerhaltenden Maßnahmen bei der Restaurierung<br />
des südlichen Chorturms gehörte die Entsalzung der<br />
salzbelasteten Werksteine aus Schlaitdorfer-Sandstein. Bei dem<br />
von uns gewählten Verfahren werden die zu behandelnden<br />
Werksteine zunächst vorgenässt, um das im Stein enthaltene<br />
Salz mit Hilfe des eindringenden Wassers zu lösen. Dann<br />
wird das spezielle Kompressenmaterial aufgebracht, das mit<br />
Kunststoff-Folie abgedeckt wird, um es feucht zu halten.<br />
Die im Steinmaterial beweglichen Salzionen wandern nun<br />
bevorzugt zu der Entsalzungskompresse und werden von dieser<br />
aufgenommen. Von der Kompresse wird die Folie nach sieben<br />
bis zehn Tagen abgenommen, so dass das Kompressenmaterial<br />
trocknen kann, was etwa drei Tage dauert. Anschließend kann<br />
das Kompressenmaterial wieder abgenommen werden. Um<br />
den gewünschten Entsalzungsgrad zu erreichen, muss dieser<br />
Vorgang abhängig vom Salzgehalt der Werksteine mehrmals<br />
wiederholt werden. Für eine erfolgreiche Anwendung dieser<br />
Methode ist eine fachgerechte Ausführung ausschlaggebend.<br />
Für die Vorbereitung und Planung dieses<br />
Entsalzungsverfahrens muss man den Salzgehalt der zu<br />
behandelnden Werksteine kennen. Daher wird von dem zu<br />
behandelnden Steinmaterial eine kleine Probe in Form von<br />
Steinmehl entnommen. Mit Hilfe eines Lösungsmittels und<br />
spezieller Teststäbchen, die entsprechend des vorliegenden<br />
Salzgehalts mit Verfärbung reagieren, lässt sich der Salzgehalt<br />
der Materialprobe bestimmen und festlegen, wie viel<br />
Kompressenmaterial aufzubringen ist und wie oft der oben<br />
beschriebene Entsalzungsvorgang wiederholt werden muss.<br />
Um die Salzbelastung übersichtlich zu dokumentieren, werden<br />
die Werkstücke entsprechend dem gemessenen Salzgehalt<br />
in einen von drei Versalzungsgraden eingestuft und der<br />
gemessene Salzgehalt im Schadenskataster festgehalten.<br />
Abhängig vom Versalzungsgrad, aus dem sich die Menge des<br />
aufzubringenden Kompressenmaterials ergibt, wird die Anzahl<br />
der Durchgänge – üblicherweise drei bis fünf Mal – festgelegt.<br />
Ein Steinmetz<br />
beim Antragen<br />
der Kompresse.
Ein Entsalzungsvorgang besteht im Einzelnen aus folgenden<br />
Arbeitsschritten:<br />
1. dem Vorbereiten des Untergrunds durch leichtes<br />
Vornässen mit der Sprühflasche,<br />
2. dem Auftragen einer dünnen Trennschicht<br />
Japanpapier oder reiner Cellulose,<br />
3. dem Antrag der ca. 1,5 bis 3 cm dicken<br />
Kompresse,<br />
4. dem Abdecken mit Folie zum Feuchthalten des<br />
Kompressenmaterials,<br />
5. dem Abtrag mittels Holzspachtel nach der<br />
erfolgten Wirkdauer von etwa einer Woche.<br />
Besonders aufwändig waren die Arbeiten am Turmhelm und<br />
der Turmspitze. Hier wurden an den Streben und Riegeln<br />
sowohl an den Außen- als auch an den Innenseiten die<br />
Kompressen aufgetragen. Dabei konnte die Salzbelastung der<br />
Werkstücke aus Schlaitdorfer-Sandstein am Turmhelm, die<br />
in den Streben und Riegel verbaut sind, in drei Durchgängen<br />
erheblich reduziert werden.<br />
Salzgehalt vor der Entsalzung:<br />
Max.: 130-160 mg/l = 0,65-0,80 Gew.-%<br />
Durch.: 50-75 mg/l = 0,25 -0,375 Gew.-%<br />
Min.: 25 mg/l = 0,125 Gew.-%<br />
Salzgehalt nach drei Durchgängen:<br />
Max.: 10-25 mg/l = 0,05-0,125 Gew.-%<br />
Durch.: 0-10 mg/l = 0,00-0,05 Gew.-%<br />
Min.: 0 mg/l = 0,0 Gew.-%<br />
Die Entsalzungsarbeiten an der oberen Hälfte des Turmhelms<br />
waren im Frühjahr 2000 begonnen worden und konnten im<br />
Jahr 2004 abgeschlossen werden. Bei einer zu behandelnden<br />
Fläche von ca. 779 m² und drei Durchgängen wurden<br />
insgesamt etwa 58 Tonnen Kompressenmaterial verbraucht.<br />
In der darauf folgenden Sommerkampagne 2005 konnte<br />
die Kompressenentsalzung an der Oktogongalerie, an der<br />
Oktogonhalle, an den beiden Ziertürmen auf der Westseite und<br />
am südöstlichen Wendeltreppenturm aufgenommen werden.<br />
Diese Arbeiten wurden im Jahr 2008 abgeschlossen.<br />
Schließlich konnten nach Beendigung der Entsalzung des<br />
südwestlichen Wendeltreppenturms 2009 im Frühsommer<br />
2010 die beiden Zierfialen an der Ostseite entsalzt werden.<br />
Die Entsalzungsarbeiten, die nur in der wärmeren Jahreshälfte<br />
durchgeführt werden können, wurden von Steinmetzen<br />
und vom Bauhelfer der Münsterbauhütte ausgeführt. Diese<br />
Aufgabe beinhaltete auch die Kontrolle und Messung des<br />
Salzgehalts.<br />
Um das Arbeitspensum in den Sommerkampagnen zu schaffen,<br />
mussten zusätzlich auch Projektkräfte beschäftigt werden.<br />
37
38<br />
Otmarpfeiler<br />
Neuanfertigung des Heiligen Otmar<br />
Die etwa 2,25 m hohe originale Figur des Heiligen Otmar<br />
ist aus relativ hartem, homogenem Jurakalk gearbeitet. Das<br />
Original stand am südöstlichen Pfeiler des südlichen Chorturms<br />
in ca. 23 m Höhe und war an dieser exponierten Stelle neben<br />
Wind und Wetter besonders den Auswirkungen thermischer<br />
und hygrischer Dehnung (Feuchtegehalt abhängige Dehnung)<br />
ausgesetzt. Das hinterlässt Spuren.<br />
Deshalb wurde die originale Statue schon früher abgenommen<br />
und in die Neithartkapelle gestellt. Dies geschah im Jahr 1926,<br />
in dem man den Otmarpfeiler restauriert und neben einer<br />
neuen Fiale aus Muschelkalk auch eine neue Skulptur aus<br />
Steinersatzmaterial an den Pfeiler gesetzt hat.<br />
Doch auch diese Figur aus Steinersatzmaterial musste im<br />
Jahr 2007 abgenommen werden. Das seinerzeit ausgewählte<br />
Steinersatzmaterial war für diese Verwendung zu spröde, so<br />
dass sich darin ein Netz von Rissen gebildet hatte. Da sich<br />
dieses Steinersatzmaterial auf lange Sicht nicht bewährt hatte,<br />
kam es für die neue Ersatzfigur nicht in Frage. Es musste eine<br />
in ihren Materialeigenschaften dem Original entsprechende<br />
Steinsorte ausgewählt werden.<br />
Die Nachbildung der Skulptur wurde daher wiederum aus<br />
Jurakalk geschlagen, dem Material, das auch für die originale<br />
Figur verwendet worden war. Das adäquate Material ließ<br />
sich aber nicht so einfach beschaffen, da es nur wenige<br />
Steinbrüche gibt, die über Steinschichten verfügen, aus denen<br />
Werkblöcke mit einer Höhe von 2,25 m in der gewünschten<br />
Materialhomogenität herausgebrochen werden können.<br />
Das von uns ausgewählte Ersatzmaterial, der sogenannte<br />
Auerkalk, stammt aus einem Steinbruch, der bei Kehlheim<br />
an der Donau in Bayern liegt. Dort überprüfte ein Geologe<br />
von der Materialprüfungsanstalt Stuttgart abgebaute<br />
Rohblöcke auf ihre Eignung und wurde auch fündig. Er<br />
begutachtete abschließend auch den gesägten Steinblock beim<br />
Natursteinlieferanten, bevor dieser an die Münsterbauhütte<br />
geliefert wurde.<br />
Mit dieser bewährten Vorgehensweise bei der Auswahl des<br />
Ersatzmaterials sichern wir eine hohe Materialqualität, was<br />
für die Bearbeitung besonders wichtig ist und womit letztlich<br />
eine lange Standzeit des Werkstücks am Bauwerk gewährleistet<br />
werden kann.<br />
Für die Herstellung der Pfeilerfigur waren 400 Stunden<br />
vorgesehen, mit der Arbeit wurde im Winter 2007/08<br />
begonnen. Als Modell stand die von uns abgenommene Figur<br />
aus Steinersatzmaterial zur Verfügung. Im Frühjahr war die<br />
Skulptur fertiggestellt und konnte sogleich am Pfeiler versetzt<br />
werden.<br />
Nachdem die Figur auf die Konsole gesetzt worden war, wurde<br />
eine Einhausung aus Edelstahlseilen angebracht, die die Figur<br />
schützt, da das <strong>Ulm</strong>er Münster für eine große Zahl von Vögeln<br />
Lebensraum und Brutstätte ist. Figuren und Zierteile sind<br />
deshalb vor Verschmutzung zu schützen. Der Steinmetz, der<br />
die Einhausungen angefertigt und montiert hat, kann auch auf<br />
eine Ausbildung im Metallhandwerk zurückgreifen.
Gruppenbild der Steinmetze mit dem neu angefertigten<br />
Heiligen Otmar (oben)<br />
Der Heilige Otmar wird mittels Kran zum Otmarpfeiler<br />
gebracht (unten, links).<br />
Neu gefertigte Pfeilerskulptur des Heiligen Otmar am<br />
Otmarpfeiler (unten, rechts).<br />
39
40<br />
Schreinerwerkstatt<br />
Eine der ersten Aufgaben des Schreinermeisters der<br />
Münsterbauhütte im Rahmen der Restaurierung des<br />
südlichen Chorturms war die temporäre Einhausung<br />
von Architekturteilen, Wasserspeiern und Skulpturen.<br />
Dieser Aufgabe kam eine besondere Bedeutung zu, da<br />
diese filigranen Bauteile am Turm rechtzeitig mit stabilen<br />
Einhausungen vor Schlag und Stoß zu schützen waren, die<br />
bei laufendem Baubetrieb in unmittelbarer Nähe trotz größter<br />
Vorsichtsmaßnahmen nicht immer ganz zu vermeiden sind.<br />
1999 führte der Schreinermeister der Münsterbauhütte<br />
im Turmhelm Arbeiten zur Baustelleneinrichtung für die<br />
bevorstehenden Restaurierungsarbeiten aus. Auf dem oberen<br />
Fangboden, der knapp über der Oktogongalerie lag und den<br />
gesamten Grundriss des Turmhelms einnahm, installierte<br />
er zusammen mit dem Bauhelfer der Münsterbauhütte<br />
eine aus Holz gefertigte Gerätebox, einen Vesperraum, ein<br />
Sanitärhäuschen und große Werkzeugkisten.<br />
In den Sommermonaten 2000 wurden die zahlreichen<br />
Fensteröffnungen der beiden Wendeltreppentürme des<br />
südlichen Chorturms vom Schreinermeister zusammen mit<br />
dem Bauhelfer der Münsterbauhütte vergittert. Die Gitter<br />
wurden erforderlich, da immer wieder Tauben auf die Treppen<br />
gelangten, was zu einer starken Verschmutzung in diesem<br />
Bereich geführt hat. In die zahlreichen Öffnungen hat man<br />
Punktschweißgitter gesetzt, was sich bereits an anderer<br />
Stelle bewährt hat. Schließlich mussten zur Befestigung von<br />
Punktschweißgittern zum Verschließen der kleinen Fenster an<br />
der Süd- und Ostfassade des südlichen Chorturms passgenaue<br />
Rahmen aus Eichenholz angefertigt werden. Diese Arbeiten<br />
konnten im Jahr 2010 abgeschlossen werden.<br />
Nach Erledigung dieser Arbeiten konnte mit der<br />
Taubenvergrämung an den Zugängen begonnen werden.<br />
Für die Montage der drei Schutzgittertüren am südlichen<br />
Chorturm hat ein Steinmetz zunächst kleine Löcher in<br />
die Fugen zwischen den Natursteinen gebohrt. Darin<br />
wurden Gewindestangen angebracht und mit Blei fixiert.<br />
Danach konnte der Schreinermeister mit der Montage der<br />
Schutzgittertüren beginnen. Die Holzrahmen wurden an den<br />
Gewindestangen mit Muttern befestigt.<br />
Neben den oben genannten Arbeiten musste der<br />
Schreinermeister abhängig vom Restaurierungsfortschritt<br />
auch immer wieder am Baugerüst arbeiten. So gab es an den<br />
acht Ecken des Turmhelms, der Oktogonhalle, den Ziertürmen,<br />
Zierfialen und Wendeltreppentürmen zahlreiche offene Stellen<br />
zwischen den Lochblechträgern des Stahlgerüsts, da mit diesen<br />
der komplizierte Grundriss des Turms nicht eng genug umfasst<br />
werden konnte. Die offen gebliebenen Stellen wurden daher<br />
mit speziell gefertigten Arbeitsbelägen aus Holz geschlossen,<br />
so dass auch dort sicher gearbeitet werden konnte.<br />
Taubenschutzgitter an einem<br />
der Vierecksfenster (oben)...<br />
...und an einem der Zugänge<br />
zur Oktogonhalle (unten).
42<br />
Schmiedewerkstatt und Metallarbeiten<br />
Der Schmiedemeister der Münsterbauhütte ist für die<br />
Bearbeitung und Pflege der Steinmetzeisen zuständig. So<br />
muss er in jedem Jahr eine große Anzahl an Werkzeugen<br />
instand halten. Bei den Steinmetzarbeiten am südlichen<br />
Chorturm waren insbesondere auch Werkstücke aus dem<br />
sehr quarzhaltigen Main-Sandstein zu bearbeiten, was<br />
die Steinmetzeisen sehr in Anspruch nahm. Entsprechend<br />
erhöhte sich die Zahl der in der Schmiedewerkstatt der<br />
Münsterbauhütte zu bearbeitenden Werkzeuge.<br />
Metallarbeiten am südlichen Chorturm fielen im<br />
Zusammenhang mit den Steinschutzmaßnahmen an den<br />
Öffnungen der beiden Wendeltreppentürme und am Zugang<br />
der Oktogonhalle an. Die Beeinträchtigung durch Taubenmist<br />
hat hier deutliche Spuren und Schäden am Stein hinterlassen.<br />
Aus diesem Grund wurden spezielle Punktschweißgitter aus<br />
Edelstahl eingebaut, die für die in Größe und Querschnitt<br />
unterschiedlichen Gebäudeöffnungen passgenau zu fertigen<br />
waren.<br />
Die Befestigung der Schutzgitter in den Fensteröffnungen<br />
des Treppenturms übernahm der Schreinermeister, der diese<br />
Arbeiten zusammen mit einer Projektkraft und dem Bauhelfer<br />
der Münsterbauhütte fertigstellte.<br />
Nach wie vor ist auch die Verschmutzung der Figuren<br />
und der Zierteile am <strong>Ulm</strong>er Münster insbesondere durch<br />
Tauben ein großes Problem. Es ist äußerst wichtig,<br />
diesen architektonischen Schmuck so gut wie möglich<br />
vor Verschmutzung zu schützen. Daher wurde um die<br />
Pfeilerfiguren, Konsolen und Baldachine eine Einhausung<br />
aus dünnen Edelstahlseilen gebaut, die die Pfeilerfiguren<br />
und Zierteile schützen soll, ohne dabei deren optisches<br />
Erscheinungsbild allzu sehr zu beeinträchtigen. Der zuständige<br />
Steinmetz, der den Heiligen Otmar gefertigt hat und auch<br />
über eine Ausbildung im Metallhandwerk verfügt, hat bei der<br />
Konstruktion der Einhausung entscheidend mitgewirkt und<br />
diese auch montiert.
Auch um die Pfeilerfiguren an der Oktogonhalle sowie<br />
um die Figuren am Marienpfeiler und am südwestlichen<br />
Wendeltreppenturm wurden diese speziellen Einhausungen aus<br />
Edelstahlseilen angebracht.<br />
Im Wendeltreppenturm befestigte Punktschweißgitter<br />
zum Schutz vor Tauben (oben).<br />
Obere Befestigung der Taubenvergrämung<br />
am Marienpfeiler (Mitte).<br />
Steinmetzwerkzeuge (unten)<br />
43
44<br />
Gerüstarbeiten<br />
Die Gerüstarbeiten sind eine Grundvoraussetzung für<br />
die Durchführung von Maßnahmen zur Bauerhaltung<br />
und Restaurierung am <strong>Ulm</strong>er Münster. Die aufgestellten<br />
Gerüste sind Bauwerke für sich, deren Statik nachgewiesen<br />
werden muss und bei deren Planung vor allem auch<br />
Sicherheitsfaktoren eine Rolle spielen. Sie dienen nicht nur<br />
dazu, die Restaurierungsarbeiten an sonst schwer zugänglichen<br />
Stellen am Münster zu ermöglichen. 1997 bestand aufgrund<br />
akuter Steinschlaggefahr die Notwendigkeit, umgehend zwei<br />
Fangböden am südlichen Chorturm einzubauen. Mit dem<br />
Einbau dieser beiden Fangböden begannen die Gerüstarbeiten<br />
am südlichen Chorturm. Zunächst wurde der obere Fangboden<br />
am Fuß des Turmhelms in ca. 62 m Höhe, dann der untere an<br />
der Oktogonhalle in ca. 50 m Höhe eingebaut. Beide dienten<br />
von 1997 an zum Schutz vor herabfallenden Architekturteilen<br />
und danach seit 2001 als Plattform für jeweils ein<br />
Arbeitsgerüst.<br />
Mit dem Aufbau des Arbeitsgerüsts auf dem oberen Fangboden<br />
an der Außen- und Innenseite des Turmhelms konnten die<br />
Restaurierungsarbeiten am südlichen Chorturm im Jahr<br />
1999 aufgenommen werden, die im Sommer 2005 mit der<br />
kompletten Instandsetzung des Turmhelms zum Abschluss<br />
kamen.<br />
Im Jahr 2003 befanden sich dann drei Gerüste am<br />
südlichen Chorturm. Sie standen am Turmhelm, an der<br />
Oktogonhalle und am Marienpfeiler. Hierbei handelte es<br />
sich um leicht zu montierende Stahlrohrgerüste, die von<br />
Gerüstbaufirmen aufgestellt worden waren. Desweiteren<br />
musste eine kleine Gerüstbrücke um den südöstlichen<br />
Wendeltreppenturm errichtet werden, damit alle Abschnitte<br />
des Wendeltreppenturms bei der Restaurierung erreicht<br />
werden konnten. Zudem wurde an der Südostecke des<br />
mittelalterlichen Bauabschnitts das Gerüst für die anstehenden<br />
restauratorischen Sicherungsarbeiten erweitert.<br />
Seit 2005 war die Oktogonhalle an der Außen- und<br />
Innenseite komplett eingerüstet. Von 2006 an wechselten die<br />
Gerüstbeläge am oberen und unteren Drittel der Oktogonhalle<br />
zügig von Ebene zu Ebene, um dort bereit zu stehen, wo der<br />
Steinwechsel als nächstes anstand. Schließlich konnte nach<br />
Abschluss der Restaurierungsarbeiten der Gerüstbauer Ende<br />
2008 an der Oktogonhalle das Gerüst entfernen und an dem<br />
darunter liegenden Turmviereck aufbauen.<br />
Im Frühsommer 2009 wurde das Gerüstmaterial, das man<br />
zunächst für die Restaurierung des Otmarpfeilers und der<br />
Südfassade benötigt hatte, an den daneben stehenden<br />
Ostpfeiler und die Ostfassade umgesetzt, da es dort mit der<br />
Ziegelrestaurierung weiterging.
Eingerüsteter Helm des südlichen<br />
Chorturms (oben).<br />
Ein Gerüstbauer bringt Gerüstteile<br />
auf den südlichen Chorturm (unten).<br />
45
Plan zum Aufbau der Gerüste für den<br />
südlichen Chorturm (oben).<br />
Blick auf die Ostseite des eingerüsteten<br />
südlichen Chorturms (unten).<br />
Nach dem Abbau der Gerüste am Otmarpfeiler und der<br />
Südfassade wurden erstmals die zum Bau verwendeten<br />
Mauerziegel wieder deutlich sichtbar. Spätestens jetzt wurde<br />
jedem Betrachter des Münsters offensichtlich, dass für den Bau<br />
äußerst qualitätvolle Mauerziegel verwendet worden waren.<br />
Nun war der Restaurierungsfortschritt am südlichen Chorturm<br />
deutlich abzulesen.<br />
Schließlich konnten große Teile des Stahlrohrgerüsts am<br />
südlichen Chorturm Ende 2009 abgebaut werden, nachdem<br />
die beiden externen Restaurierungs-Teams ihre Arbeiten<br />
fertig gestellt hatten. Der Abbau aller Gerüste am südlichen<br />
Chorturm war im Jahr 2009 allerdings nicht möglich, denn<br />
trotz aller Anstrengungen der Münsterbauhütte konnten die<br />
Arbeiten am Naturstein des südlichen Chorturms aufgrund<br />
der witterungsbedingten kurzen Sommerkampagnen nicht wie<br />
geplant bis Ende 2009 fertig gestellt werden.<br />
Erst als wir die Arbeiten am Ostpfeiler, an der Ostseite und<br />
am südwestlichen Wendeltreppenturm im Spätjahr 2010<br />
abgeschlossen hatten – was letztlich von der Witterung<br />
abhängig war – wurde das Gerüst am Chorturm komplett<br />
entfernt. Damit wurde der Blick auf den restaurierten südlichen<br />
Chorturm freigegeben.<br />
47
48<br />
Mineralogische Untersuchungen<br />
Kalkstein<br />
Am Marienpfeiler waren im Mittelalter Werksteine aus<br />
unterschiedlichen Kalksteinarten verbaut worden. Diese<br />
Steinarten hat ein Paläontologe begutachtet und kartiert.<br />
Im Sommer 2004 wurde anhand der Kartierung versucht<br />
die Herkunft der unterschiedlichen Steinarten in Erfahrung<br />
zu bringen. Diese akribische Arbeit wurde von einem<br />
Geologen übernommen, der sich auf Kalksteinvorkommen<br />
spezialisiert hat und auf diesem Fachgebiet als erfahrener<br />
Experte anerkannt ist. Die Abbaugebiete von insgesamt<br />
neun am <strong>Ulm</strong>er Münster vorkommenden Kalksteinarten<br />
sollten ausfindig gemacht werden, wobei man sich nicht nur<br />
auf die historischen und heutigen Abbaugebiete um <strong>Ulm</strong><br />
herum beschränken konnte, sondern auch darüber hinaus<br />
Untersuchungen anstellen musste.<br />
Die Ergebnisse dieser Untersuchung liegen seit Herbst 2004<br />
vor. So lässt sich feststellen, dass der Süßwasserkalkstein<br />
wohl von den Steinbrüchen aus der Umgebung von Böfingen,<br />
aus dem Raum Arnegg, Klingenstein, Söflingen und dem<br />
Hochsträß (Pappelau-Ringingen-Eggingen) sowie aus dem<br />
Kiesen-, Lauter und Lehrertal stammt, wo solche Vorkommen<br />
durch schriftliche Quellen belegt sind. Die so genannten<br />
Malmkalke wurden vermutlich im Blautal gebrochen. Der<br />
erwähnte Jurakalkstein kam aus dem Söflinger Bruch. Von den<br />
Steinbrüchen, aus denen das Material früher bezogen wurde,<br />
ist heute allerdings keiner mehr erhalten.<br />
Auch für die Herstellung des 2,25 m hohen Heiligen Otmar<br />
musste ein Kalksteinblock in ausreichender Abmessung und der<br />
geforderten Qualität ausgesucht werden. Die originale Figur,<br />
die heute in der Neithartkapelle steht, ist mit einer dichten<br />
dunklen Patina überzogen. Lediglich auf der Rückseite sieht<br />
man, dass wohl äußerst hartes Kalksteinmaterial verwendet<br />
worden ist.<br />
Die Suche nach einem geeigneten Kalksteinbruch, der die<br />
Steinblöcke mit einer Schichthöhe von über 2 m in der<br />
erforderlichen Qualität liefern konnte, sollte sich als schwierig<br />
herausstellen.<br />
So musste der Geologe zusammen mit dem Hüttenmeister<br />
mehrere Steinbrüche aufsuchen, um fündig zu werden. Das<br />
schließlich ausgewählte Ersatzmaterial, der sogenannte<br />
Auerkalk, stammt aus einem Steinbruch, der bei Kehlheim an<br />
der Donau in Bayern liegt.<br />
Ein Geologe prüft<br />
die Qualität von<br />
Savonnières-Kalkstein im<br />
Steinbruch.
Mikroskopische Aufnahme<br />
von Savonnières-Kalkstein<br />
mit geringer<br />
Druckfestigkeit.<br />
Mikroskopische Aufnahme<br />
von Savonnières-Kalkstein<br />
mit hoher Druckfestigkeit.<br />
49
50<br />
Sandstein<br />
Ein Geologe der Materialprüfungsanstalt Stuttgart wählt seit<br />
1999 für das <strong>Ulm</strong>er Münster den weißen Main-Sandstein als<br />
Ersatzmaterial für den verbauten Schlaitdorfer-Sandstein<br />
aus. Der betreffende Steinbruch liegt mitten im Steigerwald<br />
in Franken. Die Auswahl des Materials erfolgt direkt im<br />
Steinbruch anhand der freiliegenden, ablesbaren, geologischen<br />
Formationen noch bevor der Stein gebrochen wird. Die<br />
abgebauten Rohblöcke überprüft der Geologe auf ihre Eignung<br />
und nimmt abschließend beim Natursteinlieferanten auch die<br />
gesägten Werkstücke ab.<br />
Damit wird eine sehr hohe Qualität des Natursteins garantiert,<br />
was für die Bearbeitung und Restaurierung besonders wichtig<br />
ist und womit letztlich eine lange Standzeit der Werkstücke<br />
am Bauwerk gewährleistet werden kann. Von rund 100 m3 abgebautem Material kommen etwa 20 m3 in die engere<br />
Auswahl. Davon wiederum eignen sich aber nur etwa 10 m3 als Ersatzmaterial für die Restaurierungsarbeiten am <strong>Ulm</strong>er<br />
Münster.<br />
Leider gibt es in der von uns geforderten Qualität im<br />
verfügbaren Vorkommen nur wenige Schichten, um geeignete<br />
Blöcke mit einer Höhe von mehr als 80 cm und ausreichender<br />
Länge zu gewinnen. So war es sehr schwierig, große Blöcke<br />
in der erforderlichen Qualität mit den Abmessungen von ca.<br />
1,40 x 0,65 x 0,75 m zu finden, aus denen beispielsweise die<br />
Durchgangswimperge für die Oktogongalerie am südlichen<br />
Chorturm geschlagen werden konnten. Gerade deshalb war<br />
und ist es wichtig, dass der Geologe im Steinbruch den Abbau<br />
regelmäßig verfolgt und geeignete Blöcke vor Ort auswählt<br />
und für die Restaurierung am <strong>Ulm</strong>er Münster sichert.
Wie schwierig es ist, Steinmaterial zu finden, das für die<br />
Verwendung am <strong>Ulm</strong>er Münster geeignet ist, zeigt die<br />
Tatsache, dass erst nach zwei Jahren intensiver Überprüfung<br />
der im Steinbruch abgebauten Rohblöcke geeignete<br />
Steinblöcke für die Weiterverarbeitung gefunden wurden. Denn<br />
die großen Durchgangswimperge sind immerhin 1,40 cm lang<br />
und wiegen rund 800 kg (Rohblock: 1.600 kg). Sie stützen<br />
die Turmhelmstreben über der Oktogongalerie des südlichen<br />
Chorturms ab. Teile der Wimperge waren stark zurückgewittert<br />
und die schadhafte Oberfläche porös geworden. Sie drohten<br />
weiter zu zerbröckeln. Die Originale wurden von uns ausgebaut<br />
und durch neue Werkstücke aus weißem Main-Sandstein<br />
ersetzt.<br />
Ein Geologe wählt geeignetes<br />
Sandstein-Ersatzmaterial im<br />
Steinbruch aus..<br />
51
52<br />
Stein- und Ziegelreinigung<br />
Im Zuge der Restaurierung am südlichen Chorturm wurde bei<br />
der Steinreinigung das Niederdruck-Wirbelstrahl-Verfahren<br />
eingesetzt. Dies wurde in mehreren Versuchen am <strong>Ulm</strong>er<br />
Münster in Begleitung der Materialprüfungsanstalt Stuttgart in<br />
den Jahren 1997-99 erprobt, bei denen verschiedene Techniken<br />
und Geräte an verschmutzten Kalk- und Sandsteinoberflächen<br />
getestet wurden.<br />
Bei diesen Versuchen wurden Strahlparameter und -materialien<br />
ermittelt, die eine hohe Arbeitseffizienz erwarten ließen, um<br />
die verschiedenen Verschmutzungsarten, z.B. Staub, Schmutz,<br />
Gipskrusten auf angelöstem Kalk entfernen zu können. Es<br />
ließen sich damit auch biologische Beläge, wie Flechten, Algen<br />
und Moose, entfernen und ebenso Krusten aus Gips und<br />
Salz. Der optische Reinigungserfolg und die mikroskopischen<br />
Ergebnisse zeigen, dass sich mit dem Verfahren bei längerer<br />
Verweildauer auch die stehen gebliebene Patina makroskopisch<br />
entfernen ließ.<br />
Die Vorgehensweise im Einzelnen war auf der Basis<br />
dieser Ergebnisse festgelegt worden und sah für die im<br />
Trockenverfahren durchgeführte Vor- und Hauptreinigung<br />
ein feines Glaspudermehl als Strahlgut vor. Für die partielle<br />
Nachreinigung wurde ultrafeines Glaspudermehl verwendet.<br />
Von 2000 an führte eine Fachfirma die umfangreichen<br />
Steinreinigungsarbeiten am südlichen Chorturm durch. Mit der<br />
Reinigung wurde am Turmhelm begonnen. Neben den Streben<br />
und Riegeln aus Sandstein waren die dazwischen eingesetzten<br />
Maßwerke aus Savonnières-Kalkstein zu reinigen. Da die<br />
Arbeiten hier nur ganze zwei Sommerkampagnen dauerten,<br />
konnte bereits im Jahr 2002 die Reinigung an der Oktogonhalle<br />
aufgenommen werden. Vier Oktogonpfeiler und -fenster ließen<br />
sich entsprechend den bemusterten Referenzflächen über die<br />
Sommermonate reinigen.<br />
So umfasste auch der zweite Reinigungsabschnitt im Jahr<br />
2003 vier Seiten der Oktogonhalle, wo die Durchführung<br />
der Steinreinigung, wie im Jahr zuvor, an den Innen- und<br />
Außenseiten der Oktogonpfeiler aus Sandstein sowie der<br />
Fensterrippen, Gurte und Maßwerke aus Kalkstein erfolgte.<br />
Auch dieser Reinigungsabschnitt erstreckte sich von der<br />
Oberkante der Turmstube in ca. 50 m Höhe bis zur Unterkante<br />
des Gewölbes in ca. 58 m Höhe. Der Reinigungsumfang an den<br />
genannten Innen- und Außenflächen betrug ca. 600 m².<br />
Wie geplant, fanden im Jahr 2004 die Steinreinigungsarbeiten<br />
am Zierturm der Südostseite sowie am südöstlichen<br />
Wendeltreppenturm statt. Am südöstlichen<br />
Wendeltreppenturm gestaltete sich die Steinreinigung<br />
besonders aufwändig. Hier musste sowohl an der Außenseite<br />
als auch an der Innenseite eine dünne pechschwarze<br />
Schmutzkruste abgetragen werden. Dafür kam ultrafeines<br />
Glaspudermehl zum Einsatz.<br />
Nach der Reinigung<br />
ist die ursprüngliche<br />
Farbigkeit der<br />
Ziegel wieder deutlich<br />
sichtbar.
Steinrestaurator<br />
beim Reinigen<br />
verschmutzter<br />
Sandsteine<br />
mittels<br />
Niederdruck-<br />
Wirbelstrahl-<br />
Verfahren.<br />
Bis Ende 2005 hat das externe Steinreinigungs-Team neben<br />
dem Turmhelm mit der Turmspitze auch die Oktogonhalle, die<br />
beiden Ziertürme an der Nordseite des Chorturms und den<br />
südöstlichen Wendeltreppenturm gereinigt.<br />
Im Jahr 2006 galt es, die Abschnitte der Oktogonhalle zu<br />
reinigen, die unterhalb des Fangbodens lagen und bis an die<br />
Turmstube reichen. In diesem Abschnitt war die Reinigung sehr<br />
zeitaufwändig, da unter dem Fangboden zwischen den Pfeilern<br />
die Brüstungen stehen, die den Fuß der Turmhalle zieren. Es<br />
gibt hier sowohl Stücke aus Sandstein als auch Stücke aus<br />
Kalkstein. Aufgrund der unterschiedlichen Materialien musste<br />
während der Arbeiten immer wieder das Strahlgut und auch<br />
die Düse am Reinigungsgerät gewechselt werden. Erschwerend<br />
kam hinzu, dass sich der untere Teil der Pfeilerfiguren<br />
unterhalb der Fangböden befand. Die Flächen aus Sandstein,<br />
die an die Pfeilerfiguren angrenzen, konnten daher nicht in<br />
einem Zug gereinigt werden und es musste sehr sensibel<br />
vorgegangen werden, um zu den Figuren hin keine unschönen<br />
Übergänge zu erzeugen.<br />
Nicht weniger aufwändig gestaltete sich die Steinreinigung<br />
am südwestlichen Wendeltreppenturm. Hier musste erstmals<br />
ein geeignetes Strahlgut für die Reinigung der Ziegelwände<br />
ausgewählt werden, um die hauchdünne, schwarze<br />
Schmutzkruste von den mittelalterlichen Ziegelsteinen<br />
behutsam entfernen zu können. Man hat sich hier für das<br />
weniger abrasive Strahlmittel Edelkorund entschieden. Dieses<br />
Strahlgut eignete sich ebenfalls für die Reinigung der mit<br />
Mörtel gefüllten Fugen.<br />
Umfangreich waren die Steinreinigungsarbeiten am<br />
Otmarpfeiler im Jahr 2007. Am oberen Abschnitt des Pfeilers,<br />
wo die Pfeilerfigur auf der Konsole steht, musste bei der<br />
Reinigung ebenfalls ganz sensibel vorgegangen werden,<br />
um keine störenden Übergänge zu den mittelalterlichen<br />
Werkstücken zu erzeugen. Die anschließende Konservierung<br />
der mittelalterlichen Stücke wurde von einem externen<br />
Restauratorenteam ausgeführt.<br />
Mit der Reinigung der Ziegelfassade am Ostpfeiler sowie an<br />
der Süd- und Ostseite des Turmvierecks in den beiden darauf<br />
folgenden Jahren konnten die Steinreinigungsarbeiten 2009<br />
zum Abschluss gebracht werden.<br />
53
54<br />
Stein- und Ziegelrestaurierung<br />
Entwicklung einer Steinschutzschlämme<br />
Die umfangreichsten steinrestauratorischen Maßnahmen<br />
standen am Turmhelm des Südturms im Sommer 2004 und<br />
2005 an. Am Maßwerk aus Savonnières-Kalkstein wurden<br />
nahezu alle verbliebenen originalen Steinteile nach der<br />
Steinreinigung konserviert. Risse wurden verpresst, Fehlstellen<br />
in der Steinoberfläche mit Steinersatzmaterial geschlossen.<br />
Auf die schuppenden Bereiche wurden ein Steinfestiger sowie<br />
eine Steinschutzschlämme aufgetragen. Für die mineralische<br />
Steinschutzschlämme hat man aus Gründen der farblichen<br />
Angleichung von dem beschafften Ersatzmaterial ein Steinmehl<br />
in unterschiedlicher Korngröße gemahlen. Zur Vermeidung von<br />
neuem Algen-, Flechten- und Moosbewuchs wurden die Steine<br />
abschließend mit Algizid behandelt.<br />
An der Oktogonhalle des Südturms wurden von 2004 an alle<br />
acht originalen Pfeilerfiguren restauriert, die an der Nord-, Ost-<br />
Süd und Westseite stehen (siehe Kapitel Steinskulpturen).<br />
Abhängig vom Standort ließen sich unterschiedliche<br />
Verwitterungsgrade feststellen. So wiesen die an der Ostseite<br />
aufgestellten Figuren geringere Abrasionsschäden auf als die<br />
an der Nordseite aufgestellten Figuren. Dort ist jeweils die linke<br />
westliche Seite der Figuren der Hauptwetterseite zugewandt,<br />
wo sich größere Schäden zeigten, so z. B. stark bewitterte<br />
Oberflächen, Krusten und Ausbrüche an vorstehenden Teilen<br />
(hier an den Finger- und Zehenspitzen der Figuren). An den<br />
geschädigten Zonen waren darüber hinaus Risse und oftmals<br />
auch ausgeprägte Rissnetze vorhanden.<br />
Eine partielle Festigung geschädigter Steinoberflächen war<br />
daher zunächst unumgänglich. Die Oberflächenverschmutzung,<br />
hier der biologische Befall und die dunklen Krusten, wurde<br />
mit dem Mikrosandstrahlgerät abgenommen bzw. reduziert.<br />
Als Strahlmittel wurde Edelkorund verwendet. Zusätzlich hat<br />
man Risse verpresst. Fehlstellen wurden durch Anböschen<br />
in Form einer konservierenden Kittung gesichert und<br />
Aushöhlungen in der Steinoberfläche mit Steinersatzmasse<br />
verfüllt. Die Schlämme wurde mit einem Pinsel aufgetragen<br />
und überschüssiges Material mit dem Spachtel abgenommen.<br />
Für die mineralische Schlämme hat man zwecks farblicher<br />
Angleichung Kalksteinmehl verwendet.<br />
Steinrestaurator bei der Begutachtung der restauratorischen<br />
Arbeiten am Marienpfeiler (oben, rechts).<br />
Steinrestauratorin beim Kitten von Fehlstellen im Savonnières-<br />
Kalkstein (unten, rechts).<br />
Detail vom Laubfries unter der Traufe an der Südseite des<br />
Turmvierecks mit gereinigtem Bereich auf der linken bzw. noch<br />
verschmutzter Fläche auf der rechten Seite (unten, links).
Nach dem erfolgreichen Einsatz der neuen<br />
Restaurierungstechniken und -methoden konnten weitere<br />
Objekte am südlichen Chorturm einer steinrestauratorischen<br />
Behandlung unterzogen werden. Dies waren:<br />
- die Marienstatue, musizierende Engel und<br />
Masken am Marienpfeiler,<br />
- die Maskenkonsole am Otmarpfeiler,<br />
- sechs Wasserspeier-Zierfiguren am<br />
nordöstlichen Zierturm,<br />
- zwei Statuen am südwestlichen<br />
Wendeltreppenturm,<br />
- Epitaphien am Fuß des Otmar- und<br />
Ostpfeilers sowie an der Ostfassade.<br />
Diese Arbeiten wurden von einem externen Steinrestaurator<br />
und seinem Team durchgeführt. Das Konzept wurde mit dem<br />
zuständigen Restaurator des Landesamtes für Denkmalpflege<br />
im Regierungspräsidium Stuttgart erarbeitet. Hinzugezogen<br />
wurde der Geologe der Materialprüfungsanstalt Stuttgart.<br />
Heute können wir davon ausgehen, dass die auf diese Weise<br />
durchgeführte Steinkonservierung mittels einer Schlämme eine<br />
Standzeit von mehr als zehn Jahren aufweist. Um weiterhin<br />
den originalen Bestand des südlichen Chorturms zu erhalten,<br />
ist eine regelmäßige Nachsorge erforderlich.<br />
55
56<br />
Ziegelgewölbe<br />
Auch das Ziegelgewölbe der Oktogonhalle wurde von dem<br />
Steinrestaurator und seinem Team gereinigt und konserviert.<br />
Man hatte die acht Gewölbekappen aus Ziegelstein mit grauem<br />
Mauer- und Fugenmörtel bei der Vollendung des südlichen<br />
Chorturms errichtet und mit einer gelben Fugenbemalung<br />
versehen. Die Bemalung ist heute noch an einigen Stellen<br />
erhalten.<br />
Die Oberfläche war von einer feinen Schmutzkruste überzogen.<br />
An den Entwässerungsöffnungen hatten sich starke dunkle<br />
Schmutzkrusten gebildet. Noch vor den Reinigungsversuchen<br />
wurden offene Fugen mit hydraulischem Kalkmörtel<br />
verfüllt und gefährdete Oberflächen mit einer Schlämme<br />
aus kieselsolgebundener Steinersatzmasse gesichert. Die<br />
Ergänzungsmasse für die Ziegel wurde mit einem Geologen der<br />
Materialprüfungsanstalt Stuttgart entwickelt. Für die partielle<br />
Festigung hat man Kieselsäureester verwendet.<br />
Zur Abnahme der Oberflächenverschmutzung wurden zwei<br />
Versuche durchgeführt, zum einen die Trockenreinigung mit<br />
sog. Wishab-Schwämmchen, zum anderen die Feuchtreinigung<br />
mit leicht feuchtem Mikroporen-Schwämmchen. Mit Letzterem<br />
erzielte man kein besseres Ergebnis. Um einen Feuchteeintrag<br />
zu vermeiden, wurde daher das Trockenverfahren angewendet.<br />
Fest sitzende Krusten wurden abschließend mit dem<br />
Mikrosandstrahlgerät ausgedünnt und reduziert. Erst danach<br />
konnten die Entsalzungskompressen auf die mit Sulfat<br />
belasteten Zonen des Gewölbes aufgetragen werden. Mit<br />
sechs Arbeitsgängen gelang es, die Salzbelastung an diesen<br />
Bereichen deutlich zu reduzieren.<br />
Die Arbeiten konnten Ende Oktober 2005 abgeschlossen werden.
Ziegelfassaden<br />
Weitere steinrestauratorische und -konservatorische<br />
Maßnahmen wurden an den Fassaden und Pfeilern aus<br />
Ziegelstein am mittelalterlichen Unterbau des südlichen<br />
Chorturms durchgeführt. Die Ausführung erfolgte in gleicher<br />
Weise wie bei der Restaurierung des Ziegelgewölbes der<br />
Oktogonhalle.<br />
Auch das Konzept für die Ziegelkonservierung wurde<br />
gemeinsam mit dem zuständigen Restaurator des Landesamtes<br />
für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart erarbeitet<br />
und mit dem Geologen der Materialprüfungsanstalt Stuttgart<br />
entwickelt.<br />
Blick in das Ziegelgewölbe der<br />
Oktogonhalle nach der Reinigung<br />
und Konservierung.<br />
57
58<br />
Steinskulpturen<br />
Pfeilerfiguren aus Kalkstein<br />
In einer Höhe von 49 m stehen an den mächtigen Pfeilern<br />
der Oktogonhalle auf den blattverzierten Konsolen acht<br />
Pfeilerfiguren. Es sind aus Kalk- oder Sandstein gearbeitete<br />
Schmuckstücke. Über den Köpfen der Figuren sind 3,20 m hohe<br />
Baldachine eingebaut, die die darunter stehenden Figuren<br />
schützen. Die über eine Tonne schweren Figuren wurden noch<br />
vor der Fertigstellung des südlichen Chorturms 1877 auf die<br />
reich verzierten Konsolen gesetzt.<br />
Bei einem Rundgang um die Oktogonhalle sehen wir an der<br />
Ostseite Johannes den Evangelisten (mit Kelch und Schlange)<br />
und Johannes den Täufer (mit Kreuzstab und Lamm), an<br />
der Nordseite die Apostel Bartholomäus (mit Messer) und<br />
Jakobus (mit Pilgerstab und Muschel), an der Westseite die<br />
Apostel Matthäus (mit Kreuzstab) und Judas Thaddäus (mit<br />
Keule) sowie an der Südseite die Apostel Paulus (mit Buch und<br />
Schwert) und Petrus (mit Buch und Schlüssel).<br />
Von 2004 an wurden pro Arbeitskampagne jeweils zwei der<br />
acht Figuren restauriert. 2007 wurden dann die beiden letzten<br />
Figuren, die Apostel Paulus und Petrus, restauriert.<br />
Wasserspeier-Zierfiguren aus Sandstein<br />
Sechs Wasserspeier-Zierfiguren wurden vermutlich vor 1877<br />
im Zusammenhang mit der Errichtung des sechseckigen<br />
Zierturms an der Nordostecke des südlichen Chorturms<br />
versetzt. Sie befinden sich am unteren Rand des sechseckigen<br />
Zierturmhelms, sind in einem Stück mit einer schlanken<br />
Sandsteinrippe gearbeitet, 45 cm groß und stellen Hunde in<br />
Sprunghaltung dar.<br />
Sie wurden ebenfalls im Zuge der Restaurierung des Zierturms<br />
im Jahr 2006 restauriert.<br />
Figuren aus Savonnières-Kalkstein<br />
Zwei überlebensgroße Skulpturen aus Savonnières-Kalkstein<br />
stellen die Heilige Barbara (mit Kelch) und einen Propheten<br />
mit Spruchband dar. Sie wurden vermutlich vor 1876 unter<br />
Baumeister Ludwig Scheu bei der Erhöhung des Turmvierecks<br />
an der Außenseite des sechseitigen südwestlichen<br />
Wendeltreppenturms aufgestellt.<br />
Die Restaurierung dieser beiden Figuren erfolgte im Jahr 2007.
Der Apostel Paulus mit Schwert<br />
und Buch an der Südseite der<br />
Oktogonhalle.<br />
Eine der insgesamt sechs<br />
Wasserspeier-Zierfiguren am<br />
nordöstlichen Zierturm.<br />
Die Heilige Barbara mit Kelch<br />
an der Außenseite des südwestlichen<br />
Wendeltreppenturms.<br />
59
60<br />
Geflügelte Frau und geflügelter Mann aus Sandstein<br />
An der Südseite des südlichen Chorturms befindet sich im<br />
zweiten Turmgeschoss oberhalb vom großen Fenster der<br />
Konrad-Sam-Kapelle ein zweites großes Fenster. Die Rahmung<br />
aus Sandstein zieren zwei kleine menschliche Figuren von etwa<br />
70 cm Größe. Die linke Figur stellt eine Frau dar. Aus ihren<br />
Schultern ragen nach oben gerichtete Flügel. Das männliche<br />
Pendant ist in gleicher Höhe am rechten Steinrahmen<br />
angebracht. Beide Figuren wurden vermutlich um 1866 beim<br />
Einbau einer neuen Steinrahmung am Fenster angebracht.<br />
Im Jahr 2008 wurden beide Figuren im Zusammenhang mit der<br />
Restaurierung der Südfassade restauriert.<br />
Engelsfigur mit Wappen aus Kalkstein<br />
Der Engel lächelt und breitet schützend seine Flügel über dem<br />
Wappen der Reichsstadt <strong>Ulm</strong> aus. Diese Figur und die beiden<br />
darunter angebrachten Wappenreliefs aus Kalkstein hat man<br />
beim Bau des südlichen Chorturms im Mittelalter vermutlich<br />
noch unter Baumeister Michael Parler (1383-1387) geschlagen<br />
und hier an der Südfassade auf der Achse des großen<br />
Fensters der Konrad-Sam-Kapelle und dem darüber liegenden<br />
Turmgeschoss versetzt.<br />
Figur, Stadtwappen und Wappenreliefs wurden 2008 einer<br />
Restaurierung unterzogen.<br />
Maske aus Kalkstein<br />
Die Ecke des östlichen Traufgesimses am Otmarpfeiler<br />
schmückt eine Maske aus der Parlerzeit (1377-1391) mit<br />
darüber angebrachten Krabben.<br />
Die Restaurierung der Maske und Krabben erfolgte im Jahr<br />
2007.
Geflügelter Mann (oben) und<br />
geflügelte Frau (unten) auf der<br />
Südseite im zweiten<br />
Turmgeschoss.<br />
Engelsfigur mit Wappen an der<br />
Südseite des Turmvierecks.<br />
Maske an der Ecke des östlichen<br />
Traufgesimses am Otmarpfeiler.<br />
61
62<br />
Marienpfeiler<br />
Der an der Südwestecke des südlichen Chorturms befindliche,<br />
ca. 37,60 m hohe Marienpfeiler wurde, wie der Otmarpfeiler an<br />
der Südostecke, als Strebepfeiler zur Stützung der vier unteren<br />
nach Süden vorspringenden Geschosse des Turms errichtet.<br />
Hinter dem Marienpfeiler ist in der westlichen Turmwand<br />
eine Wendeltreppe zur Erschließung der oberen Geschosse<br />
eingebaut.<br />
Den Marienpfeiler schmücken eine Marienstatue,<br />
Engelsfiguren, Masken und Laubwerk, auch Zierrat wie<br />
Kreuzblumen, Knaufe und Fialen. Die originale Marienstatue –<br />
die heute in der Neithartkapelle steht – war vermutlich noch<br />
unter Baumeister Michael Parler (1383-1387) geschlagen<br />
worden und man hatte vermutlich schon damals eine Fiale aus<br />
Kalkstein auf den Pfeiler gesetzt.<br />
Zwischen 1865 und 1870 hat man hier einige Werkstücke aus<br />
Obernkirchener- und Schlaitdorfer-Sandstein versetzt und um<br />
die Wende zum 20. Jahrhundert wurden sogar Ersatzstücke<br />
aus Kunststein eingesetzt. Die Werkstücke aus Krenzheimer-<br />
Muschelkalkstein wurde im Zeitraum zwischen 1926 und 1928<br />
verbaut, worauf die Signatur an der benachbarten aus diesem<br />
Material gearbeiteten Fiale am Otmarpfeiler hinweist.<br />
An der Rückwand hinter den Engelsfiguren und der<br />
Marienstatue fanden sich Spuren von Malschichten, mit denen<br />
der Hintergrund farbig gefasst war.<br />
Marienstatue am<br />
Marienpfeiler nach der<br />
Restaurierung.
Steinmetzarbeiten<br />
Der notwendige Steinaustausch am Marienpfeiler war bereits<br />
auf Plänen kartiert worden. Basierend auf dieser Kartierung,<br />
galt es für die Mitarbeiter der Münsterbauhütte im Jahr 2006<br />
nicht nur, Werkstücke und Zierteile zu wechseln, sondern auch<br />
zahlreiche Vierungen zu versetzen, denn das unterschiedliche<br />
Baumaterial wies Schäden in verschiedenster Intensität auf.<br />
Zahlreiche mürbe Werkstücke aus Sand- und Kalkstein mussten<br />
ausgebaut und Ersatzwerkstücke und Vierungen in den<br />
betroffene Stellen eingebaut werden.<br />
Auf die mit Sulfaten belasteten Oberflächen der Sandsteine,<br />
die an der Pfeilerfront und in der Fiale sitzen, wurden<br />
Entsalzungskompressen aufgetragen. Dadurch mussten nicht<br />
alle salzbelasteten Werkstücke entfernt werden, sondern<br />
konnten mit Hilfe dieser steinerhaltenden Maßnahme als<br />
originale Bausubstanz bewahrt werden.<br />
Legende Steinsorten<br />
Donzdorfer Sandstein<br />
Schlaitdorfer Sandstein<br />
Savonnières<br />
Kalkstein fein<br />
Kalkstein grob<br />
Muschelkalk<br />
Jurakalkstein<br />
Ziegel<br />
Schadenskartierung des<br />
Marienpfeilers
64<br />
Steinreinigung<br />
Die Steinreinigung war sehr zeitaufwändig, da am<br />
Marienpfeiler unterschiedliche Baumaterialien nebeneinander<br />
verbaut sind. Zwei Sandstein- und neun Kalksteinvarietäten<br />
wurden bei der Kartierung erfasst. Die Reinigung erfolgte auch<br />
hier mit dem Niederdruck-Wirbelstrahl-Verfahren. Aufgrund<br />
der unterschiedlichen Materialien musste das Strahlgut und<br />
somit auch die Düse am Reinigungsgerät immer wieder<br />
angepasst werden. Für die Vor- und Hauptreinigung wurde ein<br />
feines Glaspudermehl verwendet, hingegen für die partielle<br />
Nachreinigung ein ultrafeines Glaspudermehl.<br />
Nicht weniger aufwändig gestaltete sich die Reinigung der<br />
Ziegelsteine. Es musste ein geeignetes Strahlgut verwendet<br />
werden, um die hauchdünne, schwarze Schmutzkruste von den<br />
mittelalterlichen Ziegelsteinen behutsam entfernen zu können.<br />
Man hat sich hier für das weniger abrasive Strahlmittel<br />
Edelkorund entschieden.<br />
Steinrestaurierung<br />
Das unterschiedliche Baumaterial am mittelalterlichen<br />
Abschnitt des Marienpfeilers und ebenso der Zustand der<br />
Figuren und Masken waren bereits auf Plänen festgehalten.<br />
Auf diesen Grundlagen hat der externe Steinrestaurator die<br />
Maßnahmen der Restaurierung kartiert.<br />
Mit seinem Team hat er im Mai 2006 zuerst mit den<br />
Sicherungsarbeiten begonnen. Im ersten Arbeitsschritt<br />
wurden Schmutzkrusten und -ablagerungen gelöst,<br />
danach die schadhaften Stellen gefestigt. Mit Hilfe der<br />
Mikrosandstrahlreinigung hat man dann Beläge, Schmutz<br />
und dunkle Krusten von der Steinoberfläche abgenommen.<br />
Im nächsten Arbeitsgang wurden Fehlstellen, Ränder und<br />
Risse mit Mörtel geschlossen, ebenso die Bruchstellen an<br />
den Skulpturen und Masken. Bruchstücke wurden mit einem<br />
3 mm starken Glasfaser-Armierungsstab verdübelt und mit<br />
Epoxidharz-Kleber verklebt. Bei großen Fehlstellen hat man<br />
eine Steinersatzmasse für die Ergänzung genommen. Für die<br />
partielle Festigung wurde Kieselsäureester verwendet.<br />
Statische Sicherung<br />
Untersuchungen am Baugrund des Marienpfeilers ergaben,<br />
dass bei der Errichtung des südlichen Chorturms in der zweiten<br />
Hälfte des 13. Jahrhunderts das Fundament des Marienpfeilers<br />
in einen Gewölbekeller der Vorgängerbebauung gesetzt worden<br />
war. Das Fundament besteht aus Kalksteinquadern und ist<br />
von einem Erd- und Schuttkegel umschlossen. Eine exakte<br />
Verbindung von Fundament und dem darauf errichteten Pfeiler<br />
ist nicht zu erkennen.<br />
Bei der Überprüfung der Bausubstanz mit Hilfe einer<br />
Hubarbeitsbühne (58 m) wurde festgestellt, dass sich die<br />
Werkstücke aus Krenzheimer-Muschelkalkstein an der<br />
Spitze der Fiale stärker und in unterschiedliche Richtung<br />
geneigt hatten als die übrigen Stücke am Schaft der Fiale. Als<br />
weitere Schwachstelle erkannte man, dass an den verkippten<br />
Werkstücken der Fiale zahlreiche Klammern sitzen, die bereits<br />
stark korrodiert waren.
Zur eigentlichen Destabilisierung hat vermutlich der Umund<br />
Ausbau der Wendeltreppe von 1870 an geführt. Danach<br />
war der Marienpfeiler nur noch über ein ca. 30 cm starkes<br />
Mauerstück mit dem südlichen Chorturm verbunden.<br />
Gerade an dieser Stelle sind auch noch die thermischen und<br />
hygrischen Dehnungen des südlichen Chorturms am stärksten<br />
ausgeprägt, wie Dehnfugen und Rissbilder zeigten.<br />
Im Jahr 1998 wurde die konstruktive Sicherung des<br />
Marienpfeilers von einem externen Büro für Baukonstruktionen<br />
durchgeführt.<br />
Dabei hat man in der Südwand in Ostwest-Richtung – hier<br />
vom Otmarpfeiler bis zum Marienpfeiler – zwei ca. 12 m lange<br />
Spannanker und in der Westwand sechs Spannanker in zwei<br />
verschiedenen Längen auf drei Niveaus eingebaut. Die drei<br />
Spannanker, die an der Front des Marienpfeilers ansetzen,<br />
haben ebenfalls eine Länge von ca. 12 m. Die dazu östlichen<br />
und parallel eingebauten drei Spannanker reichen von der<br />
Südwand ca. 9,8 m lang in nördliche Richtung.<br />
Für die Spannanker mit einem Durchmesser von 26,5 mm<br />
mussten Bohrkanäle mit einem Durchmesser von 87 mm in die<br />
Mauern gebohrt und nach dem Einbringen und Vorspannen der<br />
Spannanker mit Beton verpresst werden.<br />
Hier erfolgte die fachliche Begleitung durch den<br />
Metallrestaurator des Landesamtes für Denkmalpflege im<br />
Regierungspräsidium Stuttgart.<br />
Von der Münsterbauhütte <strong>Ulm</strong> wurden bei den anschließenden<br />
Restaurierungsmaßnahmen alle stark korrodierten<br />
Eisenklammern äußerst behutsam ausgebaut und an diesen<br />
Stellen zur Sicherung der Werkstücke durch Klammern aus<br />
V4A-Stahl ersetzt.<br />
Detail am Marienpfeiler.<br />
65
66<br />
Metallrestaurierung<br />
Ringanker<br />
An der Oktogonhalle sind drei Ringanker auf unterschiedlichen<br />
Niveaus eingebaut. Beim Steinaustausch an den Fensterrippen<br />
von 2006 an wurde festgestellt, dass alle drei Ringanker<br />
restauriert und konserviert werden müssen.<br />
Der unterste Ringanker liegt zwischen den Pfeilern<br />
der Oktogonhalle unter einer Steinabdeckung. Für die<br />
Restaurierung des größten Ringankers wurden nur die<br />
Abdeckungen und Fensterrippen entfernt, wo der Anker durch<br />
thermische Dehnung die Werkstücke gesprengt hatte. In die<br />
Risse war Wasser eingedrungen und der Anker durch Korrosion<br />
geschädigt.<br />
An diesen Stellen musste der Ringanker freigelegt werden.<br />
Um die intakten Fensterrippen und so viel wie möglich von<br />
den unbeschädigten Abdeckungen zu erhalten, mussten die<br />
Werkstücke mit Hilfe von komplizierten Steinschnitten aus dem<br />
Gefüge herausgetrennt werden.<br />
Erst nach der Freilegung des Ringankers, die mit<br />
dem Steinaustausch einherging, war es der externen<br />
Metallrestauratorin möglich, diesen abschnittsweise zu<br />
restaurieren. Zuerst wurden freigelegte Bereiche des Ankers<br />
mit der Bürste manuell gereinigt, danach mit Mennige<br />
auf Leinölbasis grundiert und anschließend zweimal mit<br />
Leinölfarbe gestrichen. Für den dritten Deckanstrich wurde<br />
eine graue Leinölfarbe mit silberfarbenen Metallpigmenten<br />
gewählt. Abschließend wurden die Oberflächen mit einem<br />
Klarlack überstrichen, um die darunter liegenden Schichten zu<br />
konservieren.<br />
Die vorgeschriebene Trocknungszeit der einzelnen Anstriche,<br />
die jeweils zwischen zwei und drei Wochen betrug, musste<br />
exakt eingehalten werden. Deshalb konnten die neugefertigten<br />
Abdeckungen an diesen Stellen erst danach eingebaut werden.<br />
So ließen sich die Arbeiten in einer Kampagne nur jeweils<br />
an vier Seiten der Oktogonhalle ausführen. Die Arbeiten am<br />
untersten Ringanker der Oktogonhalle konnten schließlich im<br />
Spätsommer 2008 abgeschlossen werden.<br />
Dementsprechend und parallel zu diesen Arbeiten führte<br />
die externe Metallrestauratorin die Restaurierung und<br />
Konservierung an den Ringankern des südöstlichen<br />
Wendeltreppenturms und des nordöstlichen Zierturms durch.<br />
Windeisen und Gitter an den großen Fenstern<br />
Eine weitere Aufgabe der Metallrestaurierung bildete die<br />
Reinigung und Konservierung der Haltekonstruktionen und<br />
Windeisen an drei Fenstern der Ostfassade des südlichen<br />
Chorturms im Jahr 2009. Die Haltekonstruktion und Windeisen<br />
wurden auch hier zuerst manuell mit einer Drahtbürste<br />
gereinigt, anschließend die so genannte Penetration als erster<br />
Schutzanstrich und dann drei Deckanstriche aufgetragen.<br />
In gleicher Weise wurde das eiserne Schutzgitter vor<br />
dem unteren Farbfenster an der Ostwand der Konrad-<br />
Sam-Kapelle gereinigt und konserviert. Hier konnte die<br />
externe Metallrestauratorin die Maßnahme erst nach der<br />
Steinreinigung, dem Steinaustausch und der anschließenden<br />
Steinrestaurierung ausführen.
Attribute der Pfeilerfiguren<br />
Eine weitere Aufgabe bildete für die Metallrestauratorin die<br />
Restaurierung der aus Kupferblech gefertigten Attribute, die<br />
die Apostelfiguren in ihren Händen halten. Teilweise mussten<br />
die aus Kupfer gefertigten Attribute repariert, ergänzt und<br />
mit neuen, innen liegenden Verbindungsstücken wieder<br />
zusammengesetzt werden.<br />
Es zeigte sich, dass der Korrosionsprozess mit einem Verlust<br />
an Festigkeit der Verbindungen einherging. So hatte der<br />
heilige Jakobus bereits seinen Stab verloren. Der Schlüssel<br />
des Petrus wackelte bedenklich und konnte vor dem Abfallen<br />
gerade noch gerettet werden. Hier musste im Rahmen der<br />
Restaurierungsarbeiten sogar der Verbindungsstift zwischen<br />
Schlüsselkopf und -bart aus dem Mörtelbett in der Hand von<br />
Petrus vorsichtig freigelegt und entfernt werden.<br />
Die Abnahme der Attribute aus den Händen der<br />
Apostelfiguren und das anschließende Anbringen erfolgten in<br />
Zusammenarbeit mit den Steinmetzen der Münsterbauhütte<br />
und dem externen Steinrestaurator. Unabhängig davon, ob die<br />
Attribute noch vollständig erhalten waren oder bereits durch<br />
Korrosion stark gelitten hatten, hatten sich überall Risse an<br />
den Fingern und Handflächen der Pfeilerfiguren gebildet. Auch<br />
hatten die nach vorne gerichteten Hände nicht genügend<br />
Stabilität, um der Witterung standzuhalten, zumal die Figuren<br />
in einer Höhe von mehr als 50 Metern an den Pfeilern der<br />
Oktogonhalle stehen.<br />
Gegen Wind und Wetter soll eine mit feinen Glasfaserstäben<br />
durchgeführte neue Verdübelung den nötigen Halt bieten. Der<br />
externe Steinrestaurator hat mit dieser Methode so manche<br />
Hand von Skulpturen stabilisiert, anschließend die Fehlstellen<br />
an den Händen in bewährter Art gekittet und abschließend<br />
eine Schlämme als Schutzschicht aufgetragen. Gerade hier<br />
traten neben den Schäden am Naturstein durch Korrosion auch<br />
Schäden durch thermische Dehnung der unterschiedlichen<br />
Materialien auf. Nur mit dem losen Einfügen der Attribute<br />
in den Händen der Apostelfiguren, also ohne das Schließen<br />
der umlaufenden Fuge zwischen Hand und Attribut mit Kitt<br />
oder Mörtel, kann man nun den Druck verhindern, der durch<br />
thermische Dehnung hervorgerufen wird.<br />
Die Metallrestaurierung wurde vom zuständigen Restaurator<br />
des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium<br />
Stuttgart fachlich begleitet.<br />
Metallrestaurator<br />
bei<br />
der Begutachtung<br />
der<br />
Befestigung<br />
des Schwerts<br />
von Apostel<br />
Petrus an<br />
der Südseite<br />
der Oktogonhalle.<br />
67
68<br />
Innenrestaurierung<br />
Die Restaurierung der Innenräume des südlichen Chorturms<br />
wurde durch die statischen Sicherungsmaßnahmen am<br />
Marienpfeiler ausgelöst. Für die statische Sicherung des<br />
Marienpfeilers mussten lange Spannanker aus Stahl in dessen<br />
Süd- und Westwand eingebaut werden. Für den Einbau der<br />
Spannanker waren nicht nur Kernbohrungen durchzuführen,<br />
aus konstruktiven Gründen gehörte zu dieser Maßnahme auch<br />
die vollständige Verfüllung der Bohrkänale mit Mörtel bzw.<br />
Beton.<br />
Bei diesen Arbeiten war zu befürchten, dass es zu<br />
unerwünschten Auswirkungen auf den baulichen Zustand des<br />
Innenbereichs kommen würde, d.h. hier bereits bestehende<br />
Schäden hätten sich verschlimmern und neue Schäden<br />
hinzukommen können. Um die Situation richtig einzuschätzen,<br />
musste man sich zunächst ein genaues Bild vom Zustand des<br />
Innenbereichs verschaffen.<br />
Mit Blick auf die Sicherungsmaßnahmen wurden diese<br />
Voruntersuchungen sowohl in der Konrad-Sam-Kapelle und<br />
an deren Portal als auch in den beiden Turmstuben im ersten<br />
Turmgeschoss durchgeführt. Hierbei galt es festzustellen,<br />
ob Risse oder lose Putz- und Malschichten vorhanden<br />
waren. Neben den Wand- und Gewölbeflächen wurden<br />
die Gewölberippen, Kapitelle und Wandvorlagen auf ihren<br />
Erhaltungszustand hin überprüft. Noch erhaltene originale<br />
Fassungsreste fanden sich am Portal der Konrad-Sam-Kapelle,<br />
die vermutlich noch von vor 1377 stammen. Über der Tür der<br />
Turmstube im ersten Turmgeschoss fand sich eine Farbfassung,<br />
die auf das Jahr 1452 datiert ist. Übermalungen und neue<br />
Fassungen erfolgten in den 1840er und 1880er Jahren, im Jahr<br />
1900 und bei der Innenrestaurierung des Münsters zwischen<br />
1964 und 1970.<br />
Auch die farbig gefassten Wände im vierten Turmgeschoss, in<br />
der sogenannten Christuskammer, wurden untersucht. An den<br />
mit Staub und Schmutz belasteten Mal- und Putzschichten<br />
wurden zahlreiche feine Risse, Fehlstellen und Hohlräume<br />
festgestellt. Aber auch Verfärbungen sowie Versalzungen<br />
und Versinterungen waren auszumachen. Aufgrund dieses<br />
ausgeprägten Schadensbildes wurde die Innenrestaurierung<br />
auch auf dieses Turmgeschoss ausgedehnt.<br />
Die Voruntersuchungen und Sicherungsarbeiten wurden<br />
von September bis Dezember 2000 noch vor Beginn der<br />
Sicherungsmaßnahmen am Marienpfeiler durchgeführt. Hierbei<br />
wurden lose Stellen im Innenbereich gesichert und vorgefestigt<br />
sowie Hohlräume hinterfüllt. Danach wurden die gesamten<br />
Gewölbe- und Wandflächen mit einem Sauggerät oder im<br />
Radierverfahren und zusätzlich mit sogenannten Wishab-<br />
Schwämmchen trocken gereinigt. Leicht pudrige Malschichten<br />
wurden zuvor vorsichtig mit einem Pinsel gereinigt und mit<br />
Zellulose fixiert.
Mit den abschließenden Restaurierungs- und<br />
Konservierungsmaßnahmen konnte man Anfang 2001<br />
beginnen. Anhand des Erhaltungszustands der Wand- und<br />
Gewölbeflächen, der Gewölberippen, Kapitelle und Dienste<br />
waren vorab mit den Restauratoren des Landesamtes für<br />
Denkmalpflege die einzelnen Schritte dieser Maßnahmen<br />
festgelegt worden.<br />
Es waren:<br />
- Risse, Putzausbrüche und andere Fehlstellen mit<br />
Sumpfkalkmörtel zu ergänzen,<br />
- weitere Festigungen durchzuführen,<br />
- Salzschäden mit Entsalzungskompressen zu<br />
behandeln,<br />
- Leimfarbenfassung auf den Gewölberippen mit<br />
Zellulose-Leim zu fixieren.<br />
Anschließend wurden – sofern erforderlich – behutsam und<br />
sehr zurückhaltend:<br />
- Putzoberfächen mit Sumpfkalkfarbe getönt,<br />
- Retuschen an Gewölbeflächen mit Kalkfarbe<br />
ausgeführt,<br />
- Retuschen im Wandbereich in<br />
Sumpfkalkpigmenttechnik ausgeführt,<br />
- Gewölberippen, Kapitelle und Wandvorlagen in<br />
Leimfarbentechnik retuschiert.<br />
Die Restaurierung und Konservierung konnte nur in der<br />
wärmeren Jahreshälfte durchgeführt werden. Dazu waren<br />
zwei Kampagnen in den Jahren 2000 und 2001 erforderlich.<br />
Um den Zustand nach der Restaurierung und Konservierung<br />
möglichst lange zu erhalten, bedarf es aber auch weiterhin<br />
einer regelmäßigen Reinigung und Nachsorge.<br />
Wandgestaltung des 19. Jahrhunderts in der Rüstkammer<br />
mit zweifarbigem Ornamentband nach der Reinigung und<br />
Konservierung der Farbfassungen (unten).<br />
Innenaufnahmen der Christuskammer nach der Reinigung<br />
und Konservierung der Wand- und Gewölbeflächen<br />
(folgende Doppelseite).<br />
69
72<br />
Unterstützung durch die Landesdenkmalpflege<br />
Mit dem Restaurierungsprojekt „Südlicher Chorturm“ wurde<br />
1997 begonnen. Von Anfang an waren alle Maßnahmen dieses<br />
Restaurierungsprojekts mit den zuständigen Referenten,<br />
Restauratoren und Konservatoren des Landesamtes für<br />
Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und des<br />
Referates Denkmalpflege im Regierungspräsidium Tübingen<br />
abgestimmt.<br />
Die Erfassung der Schäden am gesamten Turm ließ<br />
rasch erkennen, dass die vorhandenen Werkstätten der<br />
Münsterbauhütte nach Größe und Ausstattung für die<br />
Bewältigung der bevorstehenden Aufgaben am südlichen<br />
Chorturm nicht ausreichten. So wurde bereits im Jahr 1997 bei<br />
der Vorbereitung zu den anstehenden Arbeiten am südlichen<br />
Chorturm in einem ersten Schritt die Werkstatt der Steinmetze<br />
umgebaut und modernisiert. Auch hierzu gewährte uns das<br />
Landesamt für Denkmalpflege seine Unterstützung.<br />
Im Jahr 2000 und 2001 konnten, dank eines erheblichen<br />
finanziellen Beitrags vom Landesamt für Denkmalpflege, auch<br />
der Neubau für das <strong>Münsterbauamt</strong> mit seinem Archiv, einer<br />
Schreinerwerkstatt und einem Reißboden erstellt werden, um<br />
die laufenden Unterhaltungsarbeiten am Münster und die<br />
aktuelle Restaurierung des südlichen Chorturms bewältigen zu<br />
können.<br />
Nach Abschluss der vorbereitenden Maßnahmen 1999 ließ<br />
sich der Gesamtaufwand der Restaurierung bestimmen. Damit<br />
konnten die verschiedenen Arbeiten der Münsterbauhütte,<br />
Fachfirmen und externen Experten zugeordnet und die Kosten<br />
für deren Aufwendungen ermittelt werden. Auf dieser Basis<br />
ließen sich die jährlich anfallenden Kosten bestimmen und<br />
eine mittelfristige Finanzplanung erstellen. Diese diente als<br />
Grundlage für die jährlichen gestellten Zuschussanträge zur<br />
Erhaltung, Pflege und Instandsetzung des <strong>Ulm</strong>er Münsters, so<br />
auch für die Anträge an das Landesamt für Denkmalpflege.<br />
Nur dank der uns gewährten jährlichen großzügigen<br />
finanziellen Unterstützung konnte es gelingen, das Projekt<br />
„Südlicher Chorturm“ überhaupt zu stemmen. Vom Landesamt<br />
für Denkmalpflege erhielten wir aber nicht nur eine großzügige<br />
finanzielle Unterstützung. Über die gesamte Laufzeit des<br />
Restaurierungsprojekts wurden wir von den Restauratoren<br />
des Landesamtes für Denkmalpflege unterstützt, die uns<br />
bereitwillig mit ihrer Beratung und großem Engagement auf<br />
den Fachgebieten der Glas-, Metall- und Steinrestaurierung zur<br />
Seite standen. Dafür gebührt ihnen unser tiefster Dank.<br />
Darüber hinaus danken wir dem Präsidenten des Landesamtes<br />
für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, den<br />
Landeskonservatoren der Bau- und Kunstdenkmalpflege des<br />
Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium<br />
Stuttgart sowie der Leitung des Referates Denkmalpflege im<br />
Regierungspräsidium Tübingen für die Unterstützung sowohl<br />
im Münsterbaukomitee (empfehlendes Gremium) als auch<br />
in zahlreichen Gremien, die bis 2006 bestanden haben und<br />
die heute im Münstergremium (beschließendes Gremium)<br />
zusammengefasst sind.
* ohne die laufenden Betriebskosten für den „normalen“ Bauunterhalt<br />
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74<br />
Wir möchten DANKE sagen.<br />
Viele tausende Bürger und Unternehmen haben uns durch<br />
engagierte Aktionen und Spenden unterstützt und so<br />
dauerhaft zum Erhalt des <strong>Ulm</strong>er Münsters beigetragen.<br />
Einige wenige Beispiele haben wir hier dokumentiert.<br />
Wir danken Ihnen und hoffen auch weiter auf die<br />
Unterstützung der <strong>Ulm</strong>er Bürger und Unternehmen. Die<br />
Namen aller Spender fi nden Sie im Internet auf der Seite<br />
www.aktion-ulmer-muenster.de/danke<br />
Der Stand Nr. 97<br />
auf dem <strong>Ulm</strong>er<br />
Weihnachtsmarkt, direkt<br />
vor der Münsterpforte,<br />
steht ganz im Zeichen<br />
der Aktion: Das <strong>Ulm</strong>er<br />
Münster braucht uns.<br />
Ein Licht für die Spender:<br />
eine Säule aus blauen<br />
Neonsystemen zieht sich<br />
am Gerüst des südlichen<br />
Chorturms bis in mehr<br />
als 80 m Höhe. Ralf Milde<br />
und die Lichtwerbung<br />
Kaufmann realisierten<br />
ein attraktives Signal zur<br />
Spenden-Unterstützung.<br />
Manfred Oster,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
der Sparkasse <strong>Ulm</strong>,<br />
überreicht eine dicke<br />
Spende an Dr. Wolfgang<br />
Eychmüller, Münsterbauverein,<br />
und unterstreicht<br />
die überregionale<br />
Bedeutung des <strong>Ulm</strong>er<br />
Münsters.<br />
60.000 Euro spendeten die<br />
drei Rotary-Clubs für den<br />
südlichen Chorturm mit<br />
einem Konzert im <strong>Ulm</strong>er<br />
Münster mit den drei<br />
Chören: Münster, <strong>Ulm</strong>er<br />
Kantorei und Vox Humana.
Ein ganz besonderes Engagement<br />
zeigten <strong>Ulm</strong>er Stadträte als „Marktschreier“<br />
auf dem Weihnachtsmarkt:<br />
sie verkauften gepresste Glastaler von<br />
der <strong>Ulm</strong>er Glashütte zugunsten der<br />
Aktion „Münzen fürs <strong>Ulm</strong>er Münster“.<br />
Der XXL-Münstertag,<br />
veranstaltet vom <strong>Ulm</strong>er-<br />
City-Marketing e.V.,<br />
unterstützte mit einem<br />
attraktiven Rahmenprogramm<br />
zugunsten des<br />
Münsters und einem<br />
Pyro-Musical auf dem<br />
Münsterplatz den südlichen<br />
Chorturm.<br />
Benefi z-Golf für den südlichen<br />
Chorturm auf der Anlage des<br />
GC-Reischenhof in Wain: Initiator<br />
Walter Hörmadinger freut sich<br />
über die gelungene Aktion.<br />
Ein großartiges<br />
Musik-Erlebnis:<br />
Die Gächinger Kantorei<br />
Stuttgart und das<br />
Bach-Kollegium<br />
Stuttgart unter Leitung<br />
von Helmuth Rilling.<br />
Der Reinerlös dieses<br />
Benefi zkonzertes kam<br />
der Sanierung des<br />
südlichen Chorturms<br />
zugute.<br />
Der <strong>Ulm</strong>er Gartenmarkt<br />
Beiselen verkaufte<br />
zugunsten der Aktion<br />
„südlicher Chorturm“ die<br />
„<strong>Ulm</strong>er Münster Rose“<br />
und jedes Jahr im Juni<br />
fi ndet der „Tag der Rose“<br />
statt, den Monica Herold<br />
für erklärte Rosenliebhaber<br />
mit Erfolg inszeniert.
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Die Versteigerung im Rahmen der SpatzeninvaSpatzeninvasion<br />
war ein grandioser Erfolg: 250.000 Mark für<br />
die Restaurierung des südlichen Chorturms.<br />
Elke Brandenburger<br />
und ihr süßer<br />
Münsterchorturm: die<br />
Torte aus Schokolade<br />
und Weincreme wurde<br />
ruck zuck versteigert.<br />
Ein Holzmodell des <strong>Ulm</strong>er<br />
Münsters, in zehnjähriger<br />
Arbeit vom Kölner Künstler<br />
Müller geschaffen, wurde<br />
von OB Ivo Gönner und<br />
Helmut Goller zugunsten<br />
des südlichen Chorturms<br />
erfolgreich versteigert.<br />
Eine Initiative des <strong>Ulm</strong>er Wochenmarktes und Gartenmarktes<br />
Beiselen engagierte sich nachhaltig für das<br />
<strong>Ulm</strong>er Münster und die Glocken.
Der Heilige Jakobus<br />
steht in 50 Metern<br />
Höhe auf dem<br />
südlichen Chorturm.<br />
Eine Spende<br />
des Lions-Club<br />
<strong>Ulm</strong>/ Neu-<strong>Ulm</strong> hat<br />
die aufwändige<br />
Restaurierung, die<br />
einige Tausend Euro<br />
kostete ermöglicht.<br />
In einem 8-stündigen<br />
Versteigerungsmarathon<br />
konnten 236.000<br />
Euro erzielt werden,<br />
die dem Bauerhalt<br />
des <strong>Ulm</strong>er Münsters<br />
zufl ossen. Die Aktion<br />
wurde unterstützt von<br />
der Sparkasse <strong>Ulm</strong><br />
Auktionatorin Rothfuss<br />
und OB Ivo Gönner.<br />
Ein zweitägiges Kunst-<br />
Open-Air (Helmut Koller)<br />
mit über 700 Künstlern Künstlern<br />
und Kunsthandwerkern in in<br />
der Friedrichsau war ein<br />
besonderes Erlebnis mit<br />
einem guten Erfolg zur zur<br />
Unterstützung des <strong>Ulm</strong>er <strong>Ulm</strong>er<br />
Münsters.<br />
5.000 Siegelsteine als Sammelaktion zur<br />
Rettung des südlichen Chorturms. Herausgegeben<br />
vom Münsterbauverein zum<br />
625. Jahrestag der Grundsteinlegung des<br />
<strong>Ulm</strong>er Münsters.<br />
Ein Oktoberfest<br />
in der<br />
Rebengasse<br />
zugunsten des<br />
<strong>Ulm</strong>er Münsters:<br />
Macher<br />
sind die Traditionsfi<br />
rmen Abt,<br />
Hutter, Heilbronner<br />
und<br />
Goldochsen.
Das <strong>Ulm</strong>er Münster<br />
aus nord-östlicher Perspektive<br />
links der südliche Chorturm<br />
79
80<br />
Mitarbeiter am Projekt<br />
„Südlicher Chorturm“<br />
<strong>Münsterbauamt</strong> und<br />
Münsterbauhütte<br />
Münsterbaumeisterin<br />
Dr.-Ing. Helm-Rommel Ingrid<br />
Planarchiv<br />
Butenuth Janine M.A.<br />
Sekretariat<br />
Krehl Helga<br />
Raab Dorothea<br />
Skerstins Folma<br />
Hüttenmeister<br />
Böhm Andreas<br />
Völkle Peter<br />
Steinmetze<br />
Bohn Axel<br />
Emonds Dirk<br />
Fischer-Reck Paul<br />
Held Nicole<br />
Kräss Emil<br />
Liebig Fritz<br />
Mayer Robert<br />
Rudolf Dietmar<br />
Sanderbrand Jens<br />
Schacher Andreas<br />
Auszubildende<br />
Steinmetze<br />
Armbruster Frederik<br />
Braun Kathrin<br />
Lipsky Jana<br />
Schmitt Philipp<br />
Zahn Jerome<br />
Schreinermeister<br />
Adrion Karl-Heinz<br />
Bauhelfer<br />
Zeiher Bernd<br />
Schmied<br />
Mast Alfred<br />
Webseiten des <strong>Ulm</strong>er Münsters:<br />
www.ulmer-muenster.de<br />
www.aktion-ulmer-muenster.de<br />
www.muensterbauhuette-ulm.de<br />
Impressum:<br />
Herausgeber: Münsterbauverein <strong>Ulm</strong> e. V.<br />
Text: Dr.-Ing. Ingrid Helm-Rommel<br />
Projektkräfte<br />
Sekretariat<br />
Lück Annemarie<br />
Röhrer Gertrud<br />
Schmittmann Bärbel<br />
Tetzel Christine<br />
Projektkräfte<br />
Steintechniker<br />
Hofmann Matthias<br />
Laubscher Thomas<br />
Projektkräfte<br />
Steinmetze<br />
Bielan Marian<br />
Brunk Björn<br />
Bungert Thomas<br />
Gèczi Richard<br />
Göstl Michael<br />
Grübel Christian<br />
Heber, Jochen<br />
Jöst Daniel<br />
Klein Benjamin<br />
Koch Roman<br />
Mattern Heidrun<br />
Müller Michael<br />
Nöthling Thomas<br />
Prager Norman<br />
Rechsteiner Daniel<br />
Reichert Philipp<br />
Reichenmiller Sandra<br />
Sigg Timo<br />
Starke Lutz<br />
Staudinger Simon<br />
Wirtz Henning<br />
Projektkräfte<br />
Schreiner<br />
Malat Dominik<br />
del Sordi Angela<br />
Objektbetreuung vor Ort<br />
Dr. Kolb Günter, Gebietsreferent,<br />
Referat Denkmalpflege im<br />
Regierungspräsidium Tübingen<br />
Blumer Rolf-Dieter, Metallrestaurator,<br />
und<br />
Wölbert Otto, Steinrestaurator,<br />
beide<br />
Fachbereich Restaurierung<br />
Landesamt für Denkmalpflege<br />
Esslingen im<br />
Regierungspräsidium Stuttgart<br />
Abbildungen: <strong>Münsterbauamt</strong>, Münsterbauhütte, Münsterarchiv,<br />
Ingenieurbüro Fischer Photogrammetrie, Institut für Paläontologie<br />
Universität Erlangen-Nürnberg, Fiedler Karl Restaurator,<br />
Schäfer Hermann Kartierung<br />
Konzeption:
Fachfirmen und<br />
Experten<br />
Baubehelfe für Steinaustausch<br />
Peri GmbH<br />
Geschäftsführer Alexander Schwörer, Christian Schwörer, Dieter Eismar<br />
Böhmer Systemtechnik GmbH,<br />
Geschäftsführer Dipl.-Ing. Josef Böhmer jun.<br />
Eberspächer GmbH<br />
Geschäftsführer Wolfgang Eberspächer<br />
Blitzschutz<br />
Kraus + Kübrich GmbH<br />
Geschäftsführer Jürgen Winter<br />
Druckluftanlage<br />
Walker Druckluft – Technik<br />
Inhaber Ingo Berg<br />
Elektro<br />
Elektro Bochtler<br />
Inhaber Peter Bochtler<br />
Geologie<br />
Dr. Matthias Geyer<br />
Gerüstbau<br />
Söll GmbH (Fassadengerüst)<br />
Geschäftsführer Dipl. -Ing. (FH) Günther Schwarz<br />
Nebel GmbH (Raumgerüst)<br />
Geschäftsführer Dipl. -Ing. (FH) Walter Steger<br />
Kartierung<br />
Hermann Schäfer<br />
Steinmetzmeister, Steintechniker<br />
Kernbohrung<br />
August Wolfsholz Ingenieurbau GmbH<br />
Geschäftsführer Georg Suckmann<br />
Materialuntersuchung<br />
Forschungsinstitut Edelmetalle & Metallchemie (Fem), Dr. Kinder<br />
Prof. Dr. Roman Koch, Institut für Paläontologie, Universität Erlangen-Nürnberg<br />
Materialprüfanstalt (MPA) Stuttgart,<br />
Dr. Gabriele Grassegger, Dr. Friedrich Grüner<br />
Messung<br />
Prof. Dr. Edwin Fecker, Geotechnisches Ingenieurbüro<br />
Glötzl Gesellschaft für Baumeßtechnik mbH<br />
Geschäftsführer Jürgen Glötzl, Joachim Schneider-Glötzl<br />
Metallrestaurierung<br />
Labrini Labropoulou Restauratorin<br />
Photogrammetrie<br />
Ing.-Büro Wolfgang Fischer<br />
Sanitär und Wasseranschluss<br />
Saier GmbH<br />
Geschäftsführer Felix Saier<br />
Spengler<br />
Dodel, Metallbau GmbH<br />
Geschäftsführer Josef Dodel, Ralf Dodel<br />
Statik<br />
Barthel & Maus Beratende Ingenieure GmbH<br />
Geschäftsführer Prof. Dr.-Ing. Rainer Barthel, Dr.-Ing. Helmut Maus<br />
Ing.-Büro Hartmut Kiessling<br />
Ing.-Büro Dr. Volker Lind<br />
BfB Büro für Baukonstruktionen<br />
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Fritz Wenzel, Prof. Dr.-Ing. Rudolf Pörtner,<br />
Dr.-Ing. Bernd Frese, Dr.-Ing. Jürgen Haller<br />
Steinreinigung<br />
FGV Steinmetz & Bildhauer GmbH<br />
Geschäftsführer Alfred Gleußner, Stephan Gleußner<br />
Steinrestaurierung<br />
Karl Fiedler Restaurator<br />
Peter Rau Restaurator<br />
Zubehör<br />
Gebrüder Wanner GmbH<br />
Geschäftsführer Jörg J. Mayer, Philipp H. Mayer<br />
Brandschutz<br />
Ingenieurbüro Anwander GmbH & Co. KG<br />
Ludwig Anwander, Daniel Anwander<br />
Böhmler GmbH Metallbau<br />
Geschäftsführer Peter Böhmler<br />
schreiner schweitzer GmbH<br />
Geschäftsführer Thomas Schweitzer