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PROUD PHOTO BOOTH BY OLIVER RATH ... - Proud magazine

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üstung, Freude für das friedliche Zusammenleben<br />

der Menschen und Eierkuchen<br />

für die gerechte Verteilung<br />

von Lebensmitteln in der Welt. Inwieweit<br />

es politisch ist, wenn alle besoffen<br />

und druff sind und ein paar Wagen mit<br />

Techno Musik vorbeifahren, sei mal<br />

dahingestellt. Vor allem für die Allgemeinheit<br />

war das natürlich schwer<br />

nachzuvollziehen.<br />

Mit „Let the sunshine in your heart“<br />

war der Demostatus dann endgültig<br />

weg...<br />

Damals wurde ich von den anderen<br />

Veranstaltern überstimmt. Mir war<br />

klar, dass es nahezu unmöglich werden<br />

würde, die Parade ohne Demostatus zu<br />

realisieren. Demo bedeutet Müll nicht<br />

bezahlen. Meine Motto-Idee war „Freies<br />

Internet für Alle“. Das klingt aus der<br />

heutigen Sicht absurd, war aber zur damaligen<br />

Zeit absolut aktuell. Ohne den<br />

Demostatus mussten wir für die Müllbeseitigung<br />

selbst aufkommen, was<br />

eine zusätzliche Ausgabe von 1 Millionen<br />

Mark war. Das war auf Dauer nicht<br />

zu stemmen.<br />

Die Loveparade entwickelte sich rasant.<br />

Abgesehen von dem medialen<br />

Hype, wie hast du die Veränderung für<br />

dich persönlich empfunden?<br />

'93/'94 waren die ersten Paraden, die<br />

ich persönlich schon nicht mehr cool<br />

fand. Man merkte dass sich die Leute<br />

verändert haben und nicht mehr dem<br />

entsprachen, was wir anfangs gut fanden.<br />

Es war eine Party, die man zwar<br />

veranstaltete, aber auf die man selber<br />

nicht mehr hingegangen wäre.<br />

Ende '91 ging die "Mayday" an den<br />

Start, an der du auch beteiligt warst.<br />

Wie ist es dazu gekommen?<br />

Ich wollte nach der Parade 1992 nochmal<br />

so eine Party machen wie die Loveparade<br />

Abschlussparty. Aufgrund der<br />

Streitigkeiten innerhalb der Loveparade<br />

musste eine neue Konstellation<br />

her, deswegen habe ich Mayday mit<br />

26 CHAT<br />

Low Spirit und vor allen Dingen Westbam<br />

und seinem Bruder erfunden. Das<br />

klappte äußerst gut, so dass wir 1992<br />

schon nach Westdeutschland expandierten.<br />

1992 ging man mit der Mayday<br />

nach Köln. Dort hat noch Sven Väth<br />

aufgelegt. Danach hat es tatsächlich einen<br />

Split zwischen Frankfurt und Berlin<br />

gegeben.......<br />

Hast du ein Problem mit Sven Väth?<br />

Für mich ist er, ganz unabhängig von<br />

seinem Sound, einer der absoluten<br />

Gallionsfiguren in der Szene, während<br />

ich von Westbam echt lange nix mehr<br />

gehört habe...<br />

Ich kenne beide ja recht gut, Sven Väth<br />

allerdings eher aus den Anfangstagen.<br />

Es sind die zwei herausragenden Persönlichkeiten<br />

der deutschen Technogeschichte,<br />

die tatsächlich komplett<br />

andere Philosophien haben. Darüber<br />

könnte man ein Buch schreiben. Westbam<br />

steht mir näher, als Producer hat<br />

er über die Jahre die interessanteren<br />

Ideen, bedeutend mehr Output und<br />

auch den größeren Erfolg gehabt. Sven<br />

Väths Verdienste als Partyman sind<br />

unbestritten. Aus heutiger Sicht hör<br />

ich mir allerdings tatsächlich eher ein<br />

Westbam- als ein Väth Set an.<br />

Zurück zur Mayday. Hast du die Ver-<br />

änderung der Szene wie bei der Loveparade<br />

dort nicht so wahrgenommen?<br />

Doch! Die Zäsur war die Mayday 1994.<br />

Das war die sogenannte Twin-Mayday<br />

in Berlin und darüber habe ich mich<br />

auch kürzlich erst mit Westbam unterhalten.<br />

Weil die erste Veranstaltung<br />

in der Deutschlandhalle restlos ausverkauft<br />

war, haben wir einfach noch<br />

eine Mayday gemacht. Und zwar am<br />

darauffolgenden Tag. Wieder in der<br />

Deutschlandhalle, wieder mit demselben<br />

Line-Up, wieder ausverkauft. Partymäßig<br />

allerdings war das nicht so funky.<br />

Einen Höhepunkt kann es halt nicht<br />

an zwei Tagen hintereinander geben,<br />

zumindest für einen selbst. Aber das ist<br />

der Gang der Dinge. Wenn man zu den<br />

ersten 1000 Leuten, die etwas mochten<br />

gehört hat und es interessieren sich auf<br />

einmal Millionen dafür, findet eine gewisse<br />

Entfremdung statt, die man handeln<br />

muss.<br />

Mit dem Erfolg von Loveparade und<br />

Mayday wurde Techno auch für Sponsoren<br />

interessant. Wie war das mit<br />

den Camel Air-Raves?<br />

Ich hatte ein Meeting mit Camel und<br />

wollte ursprünglich 20.000 DM für eine<br />

Frontpage Tour. Nach zwei Stunden bin<br />

ich mit 1,5 Millionen wieder raus. Sponsoring<br />

Loveparade, Sponsoring Mayday,<br />

Anzeigen in der Frontpage und ein Beratervertrag.<br />

Das volle Programm. Von<br />

den Airraves gab es insgesamt drei; der<br />

erste nach Kreta, dann nach Las Vegas<br />

und der letzte in die Karibik. Diese drei<br />

Jahre waren ein kollektiver Ausnahmezustand.<br />

Der Air-Rave war auf einmal<br />

in der Tagesschau zu sehen: „Neuer<br />

Partytrend über den Wolken“. Es war<br />

vollkommen irre. Das war total abgespaced.<br />

Die Maschine war ein sehr suspektes,<br />

ausgemustertes hawaiianisches<br />

Modell und am Ende war eigentlich jeder<br />

froh wieder aussteigen zu können.<br />

Wie kann man sich das vorstellen in<br />

dem Flugzeug?<br />

8 Sitzreihen raus und ekstatisch<br />

tanzen, wenn die Fernsehkameras<br />

draufhalten.<br />

1997 hast du deine Loveparade und<br />

Mayday-Anteile verkauft. Die Frontpage<br />

war bankrott. Was ist passiert?<br />

Camel war Fluch und Segen zugleich.<br />

Man hatte sich sehr schnell an den<br />

Standard gewöhnt. Für 1997 hatten<br />

wir einen neuen Vorvertag unterzeichnet,<br />

der uns 3 Millionen DM über das<br />

Jahr zusicherte. 500.000 Mark Vorschuß<br />

bekamen wir sofort überwiesen. Das<br />

Geld haben wir rausgeschmissen für<br />

aufwendige Präsentationstouren bei<br />

Werbeagenturen in den wichtigsten<br />

Städten, um andere Markenartikler zu<br />

finden, die die Struktur unterstützen<br />

sollten, was aufgrund der starken Bindung<br />

an die Zigarette schwierig war.<br />

Ich hatte das Gefühl, dass es nicht für<br />

immer gut gehen würde mit Camel<br />

und leider sollte ich recht behalten.<br />

Im April 1997 rief ich bei Camel an<br />

und keiner, mit dem ich je zu tun hatte,<br />

war mehr zu erreichen. Wir hatten<br />

keinen Ansprechpartner mehr und einen<br />

Tag später kam das Rückschreiben<br />

in dem freundlich darauf hingewiesen<br />

wurde,die bereits angezahlten 500.000<br />

DM binnen 3 Wochen zurück zu zahlen.<br />

Wir hatten alles bis auf den letzten<br />

Cent verbraten. Das war das Ende der<br />

Frontpage.<br />

Was hast du dann gemacht?<br />

Die Anteile von Mayday und Loveparade<br />

habe ich viel zu billig verkauft und<br />

bin mit dem Geld nach Spanien. Dort<br />

habe ich solange gelebt bis das Geld<br />

weg war. Im Nachhinein hätte man<br />

sicher alles schlauer machen können,<br />

aber ich beschwere mich nicht. Ich war<br />

ausgebrannt und dachte, es sei eh vorbei<br />

mit Techno, was sich als typischer<br />

Trendsetterirrtum erweis. Das große<br />

Geld wird nie am Anfang verdient, sondern<br />

mit der Nachhut. Das entsprach<br />

nicht meinen Vorstellungen.<br />

Was hast Du nach deiner Rückkehr<br />

nach Deutschland gemacht?<br />

Ich habe wieder angefangen, als Journalist<br />

zu arbeiten. Die 030 Kolumne<br />

„Berlin Mitte Boy“ schreibe ich seit<br />

mittlerweile 15 Jahren, zwischendurch<br />

hatte ich auch mal eine gleichnamige<br />

Band, die mit den Pet Shop Boys den<br />

Song „Berlin Mitte Boy“ gemacht hatte.<br />

Heute arbeite ich für eine Agentur, die<br />

Unternehmen im Social Media Bereich<br />

berät. Der Musikbranche bin ich nach<br />

wie vor treu geblieben. Vor fünf Jahren<br />

hatte ich mal ein Projekt „Neue deutsche<br />

Hitzewelle“, wo deutschsprachige<br />

HiphopElectro Bands gefeatured wurden.<br />

Hat nicht funktioniert, als Trendthema<br />

zu spät, für den Massenerfolg zu spät.<br />

Gemessen an dem Erfolg von Deichkind,<br />

warst du hier auch Vorreiter.<br />

Natürlich ist es schade zu sehen, wenn<br />

die eigene Idee erst Jahre später Erfolg<br />

hat, aber eigentlich will ich nicht zuviel<br />

über die Vergangenheit reden. Es<br />

war eine verrückte Zeit, aber ich denke,<br />

dass gerade über so etwas wie die<br />

„Raving Society“ alles erzählt ist. Diese<br />

Geschichte ist vorbei. Ich will lieber was<br />

Neues machen.<br />

Ich denke, die meisten unserer Leser<br />

haben diese Geschichten noch nicht<br />

gehört.<br />

Für die nächste proud können wir ja<br />

mal was Lustiges machen. Ich hab da<br />

schon einige Ideen.<br />

Na klar!<br />

Lass uns doch mal mit Westbam eine<br />

Clubtour machen und wir schreiben<br />

was Geiles dazu.<br />

Ich bin Dabei! Prost!<br />

Prost!<br />

Interview: Daniel Penk<br />

CHAT<br />

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