PROUD PHOTO BOOTH BY OLIVER RATH ... - Proud magazine
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14 CHAT<br />
GEMA<br />
B<br />
erlin ist richtig cool. Wo man<br />
auch raus fährt in die Welt, man<br />
sagt, man kommt aus Berlin -<br />
“Oh, thats like the coolest city!”, egal<br />
ob der Gesprächspartner da war oder<br />
nicht. Wir haben den Ruf die junge, billige<br />
Kreativmetropole zu sein. Mit Kultur,<br />
coolen Galerien, Grafikdesignern,<br />
Djs und so. Prägend für den Vibe und<br />
die kreative Energie einer Stadt ist immer<br />
auch die Musikszene - Hippies San<br />
Franciso, Punk London, HipHop New<br />
York und Techno Berlin.<br />
Techno ist groß geworden, die Szene ist<br />
keine kleine Subkultur mehr. Ein Wirtschaftszweig,<br />
der jährlich Millionen in<br />
die Stadt und ihre Clubs treibt. Was<br />
zwei-, dreihundert Leute in ihren Kellern<br />
machen interessiert niemanden,<br />
aber was Millionen umsätzt, zieht Aufmerksamkeit<br />
auf sich.<br />
Die GEMA will die Veranstaltungstarife<br />
reformieren, insbesondere die für Clubs<br />
und Diskotheken. Natürlich ist da die<br />
Kritik groß: Menschen, die die Berliner<br />
Clubkultur aufgebaut haben, die in und<br />
von ihr Leben, fühlen sich von Außenstehenden,<br />
die plötzlich hohe Gebühren<br />
verlangen, angegriffen.<br />
Der Protest ist überall und wer nichts<br />
davon mitgekriegt hat, wohnt wahrscheinlich<br />
in Charlottenburg bei seiner<br />
Mama.<br />
Dabei ist die Idee einer Verwertungsgesellschaft,<br />
bei welcher Komponisten<br />
für die Vervielfältigung und Nutzung<br />
ihrer Werke gerecht entlohnt werden,<br />
an sich natürlich gut. Die Kritik richtet<br />
sich auch nicht gegen die Existenz<br />
der GEMA per se, sondern gegen deren<br />
Strukturen und Methoden.<br />
Eines der Probleme ist die Mächteverteilung<br />
der Gesellschaft. Die finanzstärksten<br />
5% der Mitglieder, haben<br />
die Entscheidungsgewalt, wodurch<br />
Nischenkulturen natürlich stark benachteiligt<br />
werden und neu entwickelte<br />
Reformen die Existenz von Subkulturen<br />
nicht berücksichtigen oder sogar<br />
bedrohen.<br />
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Intransparenz<br />
sowohl bei den Kosten der<br />
Verwaltung, die ungewöhnlich hoch<br />
ausfallen, als auch bei der Verteilungspolitik,<br />
bei der 62% der Ausschüttungen<br />
an nur 5% der Mitglieder gehen.<br />
Die GEMA versucht mit einem neuen<br />
Monitoringsystem für mehr Gerechtigkeit<br />
zu sorgen, doch scheinen die<br />
Kosten für dieses System absurd hoch<br />
und dessen Funktionalität vielen fragwürdig.<br />
Die “kleineren Mitglieder” der<br />
GEMA fordern ein titelgenaues Verfahren<br />
mit Direktvergütung wie es in einigen<br />
anderen Ländern wie z.B. den Niederlanden<br />
bereits benutzt wird.<br />
Mit der anstehenden Reform sollen<br />
pauschal zehn Prozent der Eintrittseinnahmen<br />
abgegeben werden, was laut<br />
GEMA angemessen sei, vielen aber willkürlich<br />
erscheint, da dieser Preis nicht<br />
vom Markt, sondern von der GEMA bestimmt<br />
wird.<br />
Bisher waren die zu zahlenden Abgaben<br />
für die Clubs verschmerzbar und<br />
nicht Wert sich auf eine Konfrontration<br />
mit der GEMA einzulassen. Von der<br />
neuen Tarifreform fühlen sich allerdings<br />
vorallem kleinere Clubs in ihrer<br />
Existenz bedroht und hinterfragen die<br />
Vergütungs- und Verteilungspolitk an<br />
sich.<br />
Jetzt ist die Techno-Szene ein relativ<br />
homogenes System in dem sich eigenständige,<br />
alternative Vergütungsmethoden<br />
entwickelt haben: Denn die<br />
meisten Produzenten elektronischer<br />
Musik verdienen ihr Geld durch Auftritte.<br />
Tracks, die viel in Clubs gespielt<br />
und geremixed werden, sich dann auch<br />
online auf Sets verbreiten, sorgen für<br />
Aufmerksamkeit und fungieren als<br />
Werbung für den Künstler. Bekannte<br />
Produzenten bekommen bei “Live”-Auftritten<br />
schonmal Gagen im vierstelligen<br />
Bereich. Das Booking von bekannten<br />
Künstlern spiegelt sich gerade bei weniger<br />
bekannteren Clubs auch deutlich<br />
in den Besucherzahlen und Eintrittsgeldern<br />
wieder. Es gibt in diesem Mu-<br />
sikbereich schon lange eine indirekte,<br />
autonome Vergütung der Musiker aus<br />
den Eintrittsgeldern der Clubs.<br />
Eine ähnliche Entwicklung kann man<br />
auch generell im Musikbereich sehen.<br />
Da die Plattenverkäufe so stark zurückgegangen<br />
sind, sind Konzerte für viele<br />
Musiker immer wichtiger und inzwischen<br />
zu einer ihrer Haupteinnahmequellen<br />
geworden.<br />
Die Methoden, Strukturen und Entscheidungsträger<br />
der Verwertungsgesellschaft<br />
scheinen gerade der betroffenen,<br />
jungen Szene antiquiert. Aber es<br />
lohnt sich immer beide Seiten zuhören,<br />
deshalb haben wir ein Interview mit<br />
der Pressestelle der GEMA geführt.<br />
Warum werden die Veranstaltungstarife<br />
jetzt verändert?<br />
Ein Teil der Veranstaltungstarife ist<br />
schon sehr alt und stammt teilweise<br />
noch aus den 1950er Jahren. Der Bereich<br />
Veranstaltungen hat sich über<br />
die Jahre entwickelt. In den 1950er<br />
Jahren gab es natürlich auch schon<br />
Tanzveranstaltungen. Diese wurden<br />
schon damals mit dem Tarif für<br />
Einzelveranstaltungen lizensiert. In<br />
den 1960er Jahren kamen die ersten<br />
Diskotheken dazu und so kam es, dass<br />
wir im Tanzveranstaltungbereich derzeit<br />
elf verschiedene Tarife für zum<br />
Teil relativ ähnliche Nutzungen haben.<br />
Wenn z.B. ein Kneipenwirt einen Raum<br />
hat und da Samstagabend eine Party<br />
veranstaltet, zahlt er im Augenblick<br />
ein Vielfaches von dem, was ein Clubbetreiber<br />
nebenan bezahlen würde.<br />
Der Kneipenwirt zahlt vielleicht 250<br />
Euro, der Clubveranstalter nur 20<br />
Euro, obwohl er die gleiche Größe, den<br />
gleichen Dj und den gleichen Eintritt<br />
hat. Das ist eine Entwicklung die nicht<br />
passt, dass Einzelveranstaltungen<br />
derzeit höher veranschlagt werden als<br />
Clubs und Diskotheken.<br />
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