Zwischenzustände und Metamorphosen - Brennpunkt
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Ausstellungen<br />
SARAH MOON<br />
»à propos...«<br />
Seit den siebziger Jahren gehören die<br />
ebenso eleganten wie einprägsamen<br />
Fotografien der in Paris lebenden Künstlerin<br />
Sarah Moon (*1941, Frankreich)<br />
zum festen Bestandteil der internationalen<br />
Modewelt. Kaum jemand wird sich<br />
dem Zauber ihrer eigensinnigen Arbeiten<br />
etwa für Dior, Chanel oder Cacharel<br />
entziehen können. Die Ausstellung<br />
in der Galerie Persiehl & Heine zeigt,<br />
nach dreizehn Jahren erstmals wieder<br />
in Deutschland, einen hochkarätigen<br />
Querschnitt durch dieses einzigartige<br />
Oeuvre, dessen unverwechselbar<br />
intime Bildsprache eine grosse poetische<br />
Kraft zu entfalten vermag.<br />
Sarah Moon ist Autodidaktin: Ihr fotografisches<br />
Handwerk erwarb sie, als sie<br />
im Anschluss an ihr Kunststudium als<br />
Mannequin in der Haute Couture tätig<br />
war. 1968 schliesslich tauschte sie die<br />
Arbeit vor der Kamera endgültig mit<br />
jener dahinter <strong>und</strong> war mit dem unverwechselbaren<br />
Stil ihrer Fotografien auf<br />
Anhieb erfolgreich: Noch im selben<br />
Jahr nahm sie an einer Gruppenausstellung<br />
zu avantgardistischer Modefotografie<br />
in der Pariser Galerie Delpire<br />
teil. Dies sollte der Startschuss für eine<br />
einzigartige Karriere sein, in dessen Verlauf<br />
Moons Arbeiten in solch tonangebenden<br />
Modezeitschriften wie »Marie-<br />
Claire«, »Elle« <strong>und</strong> »Vogue« erschienen.<br />
Heute gehört Sarah Moon zu den<br />
bekanntesten Modefotografinnen der<br />
Welt; ihre poetische, oftmals traumartig<br />
anmutende Bildsprache überträgt<br />
sich ebenso auf Motive ausserhalb der<br />
Modewelt sowie, seit den Neunzigern,<br />
auf ihr filmisches Schaffen.<br />
Es gibt einen Grenzbereich zwischen<br />
Wahrheit <strong>und</strong> Fiktion, der sich in Sarah<br />
Moons Arbeiten immer wieder manifestiert.<br />
So poetisch ihre Werke auch anmuten,<br />
sind sie doch stets einer besonderen<br />
Realität auf der Spur: dem Augenblick<br />
in seiner Flüchtigkeit, der Grenzlinie<br />
zwischen Werden <strong>und</strong> Vergehen,<br />
dem Zauber einer einzelnen Sek<strong>und</strong>e.<br />
Denn, so Sarah Moon: »Die Fotografie<br />
ist die Seele aller Momente, die Seele<br />
des Moments, den man gerade eben zu<br />
44 brennpunkt 1/2012<br />
© Sarah Moon, »Sans titre«, 1989 © Sarah Moon, »Moon Eva«, 1997<br />
© Sarah Moon, »Kassia Pysiak«, 1998<br />
Ende gehen sah«. Und so lädt sie den<br />
Betrachter ihrer atmosphärischen Fotografien<br />
ein, der Magie dieser beseelten<br />
Momente nachzuspüren. Gleichzeitig<br />
befreit sie jedes Motiv aus seiner historischen<br />
Verankerung, löst es mithilfe<br />
der Kamera quasi von der Gegenwart<br />
ab. So wirken ihre Fotografen oft wie<br />
aus einer anderen Zeit, ja, wie visuelle<br />
Anachronismen, <strong>und</strong> sind dennoch von<br />
einer ungeheuren Intimität – ganz so,<br />
als liessen sie den Betrachter für einen<br />
kurzen Augenblick durch ein Schlüsselloch<br />
blicken.<br />
Das Faible der Künstlerin für Mystifizierung<br />
zeigt sich anhand der oftmals verschwommen<br />
Wiedergabe ihrer Motive,<br />
was ihnen eine entrückte, bisweilen beinahe<br />
geisterhafte Aura verleiht. Ähnli-<br />
ches ist in den Farbfotografien zu beobachten:<br />
Farbe, der Sarah Moon an<br />
sich skeptisch gegenübersteht, wird<br />
für sie erst als Mittel zur Verfremdung<br />
<strong>und</strong> Übersteigerung interessant. Wo die<br />
teilweise grelle Optik einer gedämpften,<br />
dunklen Farbigkeit weicht, nimmt die<br />
fantastische Stimmung einen melancholischen<br />
Unterton an. Auch die gelegentlich<br />
eingestreuten Flecken in den<br />
Schwarz-weiss-Bildern erwecken den<br />
Eindruck von nostalgischer Weltabgewandtheit.<br />
Nicht ohne Gr<strong>und</strong> werden<br />
Lewis Carrolls »Alice im W<strong>und</strong>erland«,<br />
Samuel Becket oder die grossen Märchenerzähler<br />
immer wieder als Sarah<br />
Moons Inspirationsquellen genannt.<br />
Paulina Szczesniak<br />
Zur Ausstellung erscheint das Buch<br />
12345 in einer neuen Auflage.<br />
bis 15. Februar 2012<br />
Persiehl & Heine<br />
Galerie für Fotografie<br />
Bergstraße 11<br />
20095 Hamburg<br />
Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />
Sa 11 – 16 Uhr