Zwischenzustände und Metamorphosen - Brennpunkt
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Julian Röder<br />
»In Gesellschaft des<br />
Marktes«<br />
Julian Röder, geb. 1981 in Erfurt <strong>und</strong><br />
Mitglied der Agentur Ostkreuz zeigt in<br />
der Guardini Galerie Arbeiten aus drei<br />
Werkgruppen: The Summits, World of<br />
Warfare <strong>und</strong> Human Resources.<br />
Während Röder in den Bildern zu The<br />
Summits die Aktionen der Protestbewegung<br />
gegen die menschenfeindlichen<br />
Folgen der Globalisierung an den<br />
Orten der G8- <strong>und</strong> EU-Gipfel fotografierte,<br />
befasst sich World of Warfare mit<br />
einer Waffenmesse in Abu Dhabi, auf<br />
der Kriegsgerät feilgeboten wurde, just<br />
als die Befreiungsbewegungen der arabischen<br />
Länder aktiv geworden waren.<br />
Die militärischen Ausrüstungen, das<br />
wird deutlich, sind auch bestens für<br />
Bürgerkriege geeignet. Human Resources<br />
ist eine Serie von Bildern, die Julian<br />
Röder auf Handelsmessen aufgenommen<br />
hat <strong>und</strong> in denen er untersucht,<br />
wie der Mensch als Individuum in vollkommen<br />
kommerzialisierten gesellschaftlichen<br />
Systemen selbst zur austauschbaren<br />
<strong>und</strong> mit einem Verfallsdatum<br />
bezeichneten Ware wird.<br />
Was Röder zeigt, ist nicht die Verdichtung<br />
eines vergangenen Geschehens, es<br />
ist die unmittelbare Gegenwart. Und<br />
weil er sich auf subtile Weise oftmals<br />
kunst- oder allgemein bildgeschichtlicher<br />
Topoi bedient, haben diese Fotografien<br />
bei allem Wirklichkeitsbezug<br />
eine tiefere Intensität <strong>und</strong> Dauerhaftigkeit<br />
als der Fünfzehn-Sek<strong>und</strong>en-Take<br />
aus der Tagesschau.<br />
Julian Röder weiß: Bilder sind immer<br />
auch Bilder über Bilder, die der Betrachter<br />
im Kopf hat <strong>und</strong> mit dem Gesehenen<br />
abgleicht. Das Faszinosum ist jedoch<br />
nicht eine mögliche Übereinstimmung,<br />
sondern das Hinzugekommene. Auch<br />
wenn das vollkommen authentische<br />
Bild für immer eine Fiktion bleibt, gibt<br />
es unterschiedliche Strategien der Annäherung.<br />
Die von Julian Röder besteht<br />
vor allem in der unmittelbaren Anteilnahme<br />
<strong>und</strong> in der Aufmerksamkeit für<br />
Details, die manchmal auch anrührend<br />
© Julian Röder, »Protests against G8 summit in Gleneagles«, 2005<br />
(aus der Serie: THE SUMMITS, C-Print 90x130cm, (Original in Farbe)<br />
© Julian Röder, »o.T.«, 2009<br />
(aus der Serie: HUMAN RESOURCES), O.i.F.<br />
<strong>und</strong> komisch sind. Wie der Vermummte,<br />
der in Genua ratlos den Stadtplan studiert,<br />
oder das Bild von dem Pärchen,<br />
das sich in Heiligendamm in eine Plastikplane<br />
zum schlafen auf eine Wiese<br />
gelegt <strong>und</strong> die feuchten Socken sinnigerweise<br />
auf einen Stapel Europaletten<br />
zum Trocknen ausgebreitet hat. Drama<br />
<strong>und</strong> Satyrspiel, Röder gibt beides, wie<br />
in der antiken Tragödie.<br />
© Julian Röder, »o.T.«, 2009<br />
bis 3. Februar 2012<br />
Guardini Galerie<br />
Askanischer Platz 4<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – Fr 14 – 18.30 Uhr<br />
brennpunkt 1/2012<br />
Galerien<br />
(aus der Serie: HUMAN RESOURCES), O.i.F.<br />
Finissage:<br />
Donnerstag 2. Februar 2012, 19 Uhr<br />
mit Künstlergespräch<br />
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