brennpunkt 1/2013
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ARVID GUTSCHOW<br />
und<br />
ALFRED EHRHARDT<br />
– Artverwandte<br />
Am 11. Januar <strong>2013</strong> eröffnet die Alfred<br />
Ehrhardt Stiftung die Ausstellung<br />
Arvid Gutschow und Alfred Ehrhardt<br />
– Artverwandte.<br />
Anlass für diese fotografische<br />
Gegenüberstellung ist eine umfassende<br />
Schenkung von Aufnahmen Gutschows,<br />
diesem bedeutenden Vorreiter der<br />
Neuen Fotografie, dessen Blick<br />
und Bildthematik denen von Alfred<br />
Ehrhardt nahe stehen und vergleichbar<br />
sind. Ein Teil der Ausstellung zeigt die<br />
Landschaftsaufnahmen der beiden<br />
Fotografie-Autodidakten Gutschow<br />
und Ehrhardt Seite an Seite, um zu<br />
veranschaulichen, dass beide an<br />
der Entstehung und Auflösung von<br />
Strukturen und Mustern interessiert<br />
waren. Zudem wird auch deutlich,<br />
wie Ehrhardt Gutschows strukturelle<br />
Sichtweise und Tendenzen der Neuen<br />
Fotografie aufnahm und verfeinerte. In<br />
der Ausstellung werden 60 Fotografien<br />
von Arvid Gutschow und 10 Fotografien<br />
von Alfred Ehrhardt gezeigt.<br />
Die Fotografien von Arvid Gutschow<br />
(2.10.1900, Hamburg – 14.5.1984,<br />
Seebergen bei Bremen) sind bisher<br />
nur einem Kreis von Kennern bekannt.<br />
Ursprünglich war der promovierte Jurist<br />
als höherer Verwaltungsbeamter im<br />
Staatsdienst der Stadt Hamburg tätig.<br />
Sein Vater, ein passionierter Hobbyfotograf,<br />
brachte ihm die Fotografie nahe<br />
und so begann Gutschow früh, Landschaften<br />
im Hamburger Umland zu<br />
fotografieren.<br />
Sein besonderes Interesse galt den<br />
Strukturen und Formationen der Natur<br />
wie Lichtreflexionen auf Wasseroberflächen<br />
oder Windverwehungen an Stränden<br />
und Dünen. Darüber hinaus interessierte<br />
sich Gutschow für Fabrikanlagen<br />
und Industriebauten als neues fotografisches<br />
Sujet.<br />
Schon 1929 gehörte Arvid Gutschow<br />
zu den Protagonisten der wegweisen-<br />
Sand und Sonne, Sylt 1928, Print 1989/90<br />
Silbergelatine, Alfred Ehrhardt Siftung,<br />
© Arvid Gutschow<br />
den Internationalen Wanderausstellung<br />
des Deutschen Werkbundes FILM UND<br />
FOTO in Stuttgart. Schnell hielten seine<br />
Aufnahmen Einzug in verschiedene<br />
Zeitschriften und Magazine der 1920er-<br />
und 1930er- Jahre, so unter anderem in<br />
Der Querschnitt, Atlantis, Koralle, Das<br />
Deutsche Lichtbild und PHOTOGRA-<br />
PHIE Arts et Métiers Graphiques. Es ist<br />
beachtenswert, dass er eine solch rege<br />
Publizistik und hochkarätige fotografische<br />
Qualität nebenberuflich umsetzen<br />
konnte.<br />
Bekannt wurde Arvid Gutschow mit<br />
seinem Fotobuch See Sand Sonne, das<br />
1930 im Hamburger Gebrüder Enoch<br />
Verlag erschien. Diese frühe Publikation<br />
mit 75 Aufnahmen von Meer, Watt,<br />
Strand, Dünen und Küstenpflanzen<br />
gehört zu den stilbildenden Fotobüchern<br />
abstrahierender Landschaftsfotografie;<br />
wegen seines Layouts galt es seinerzeit<br />
als besonders progressiv. Der Bildband<br />
war Inspirationsquelle für weitere<br />
Bücher über Meeres-, See- und<br />
Dünenlandschaften in den 1930er-<br />
Jahren. Die vorwiegend abstrakt<br />
gehaltenen Aufnahmen von Sand-<br />
und Wasserformationen Gutschows<br />
zeigen seinen klar gliedernden und<br />
strukturellen Blick, der auch in den<br />
Sandstrukturaufnahmen, die Ehrhardt<br />
zwischen 1933 und 1936 im Watt<br />
bei Cuxhaven und an der Kurischen<br />
Nehrung fotografierte, charakteristisch<br />
ist. Zudem wohnt ihnen ebenso wie<br />
seinen späteren Landschafts- und<br />
Technikfotografien eine gestalterische<br />
und formale Strenge inne, die der<br />
renommierte Hamburger Fotohistoriker<br />
Fritz Kempe 1956 wie folgt beschrieb:<br />
»Gutschow (…) kultiviert: die Kunst<br />
des Einengens, Abstrahierens und<br />
12. Januar bis 17. März <strong>2013</strong><br />
Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
Auguststraße 75<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di – So 11 – 18 Uhr<br />
Do 11 – 21 Uhr<br />
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2013</strong><br />
Galerien<br />
Komprimierens. Dazugewonnen hat er<br />
eine glänzende Technik. (...) Aus dem<br />
ständigen Leben in der Natur wächst<br />
ihm Kraft für die geistige Strenge seiner<br />
Fotografie«.<br />
Arvid Gutschow (1900-1984) wuchs<br />
in Hamburg-Blankenese auf. Sein Vater<br />
vermittelte ihm bereits früh das Medium<br />
Fotografie. Nach dem Abitur nahm Gutschow<br />
ein Jurastudium auf. Im Anschluss<br />
an sein Studium mit abgeschlossener<br />
Promotion trat Gutschow 1926<br />
bei der Landherrenschaft Hamburg in<br />
den Staatsdienst ein, aus dem er Mitte<br />
1948 auf eigenen Wunsch ausschied.<br />
Nebenher fotografierte er auf höchstem<br />
Niveau. Bis Mitte der 1950er-Jahre<br />
entstand sein fotografisches Œuvre. Im<br />
Anschluss an seine frühzeitige Pensionierung<br />
beschäftigte er sich intensiv mit<br />
Landwirtschaft, Fragen der Umweltzerstörung,<br />
Problemen der Entwicklungsländer.<br />
Alfred Ehrhardt (1901-1984) war Organist,<br />
Chorleiter, Komponist, Maler und<br />
Kunstpädagoge, bevor er Fotograf und<br />
Kulturfilmer wurde. Nach einem Aufenthalt<br />
am Dessauer Bauhaus 1928/29<br />
leitete er an der Landeskunstschule<br />
Hamburg den ersten Vorkurs für Materialkunde<br />
außerhalb des Bauhauses. Erst<br />
nachdem er aufgrund seiner modernistischen<br />
Kunstauffassung durch die Nationalsozialisten<br />
1933 vom Hochschuldienst<br />
entlassen wurde, wandte er sich<br />
der Fotografie und dem Film zu. Er interessierte<br />
sich für die Bodenformationen<br />
im Watt, bereiste Island, fotografierte<br />
Kristalle, Muscheln und Korallen und<br />
beschäftigte sich mit Mikrofotografie.<br />
Weitere Schwerpunkte bilden die Architektur-<br />
und Skulpturenfotografie.<br />
Eröffnung: 11. Januar <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
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