30.01.2013 Aufrufe

Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

92 Anna Martens<br />

Selbst als er über 60 Jahre alt war, verstand er es gut, einen<br />

jugendlichen Übermut mitzumachen. Ich erinnere an die Kostümfeste<br />

<strong>des</strong> <strong>Oldenburger</strong> Künstlerbun<strong>des</strong>, an denen er organisierend<br />

und lustig mithelfend werktätigen Anteil nahm und vor allen<br />

Dingen da<strong>für</strong> sorgte, daß bei jedem Geschehen eine dem Orte<br />

(Augusteum) anzupassende würdige Haltung bei aller überschäumenden<br />

Lebenslust nicht verletzt wurde. Und wenn der Morgen aufstieg<br />

und der nächtliche Spuk mit den letzten Gästen verschwunden war,<br />

dann durchwanderte er als getreuer Ekkehard alle Räume, verlorene<br />

Kostbarkeiten sicherzustellen und einem einzelnen Gast, den <strong>des</strong><br />

Weines Geist allzu liebevoll umnebelt hatte, ermunternd in die frische<br />

Morgenluft zu führen.<br />

Es kam der Weltkrieg 1914— 1918; in die unteren Räume <strong>des</strong><br />

Augusteums war das Rote Kreuz eingezogen. Ausstellungen konnten<br />

nicht mehr stattfinden. In den oberen Räumen blieb wie bisher die<br />

kostbare Gemäl<strong>des</strong>ammlung <strong>des</strong> Großherzogs. Mit dem Ende <strong>des</strong><br />

Krieges, der Revolution und der Abdankung <strong>des</strong> herrschenden Fürsten<br />

vollzog sich dann auch der <strong>für</strong> Oldenburg unersetzliche Verlust<br />

der Gemäldegalerie. Sie wurde aufgelöst und verkauft, ebenso wie<br />

die schöne Graphiksammlung und wertvolle Bibliothek.<br />

Am 29. März 1919 wurde tom Dieck in Anerkennung seiner Verdienste<br />

um die Erhaltung der großherzoglichen Bildersammlung die<br />

Goldene Medaille <strong>für</strong> Wissenschaft und Kunst verliehen. — Am<br />

1. Januar 1920 wurde er in den Ruhestand versetzt in warmer Anerkennung<br />

seiner den großherzoglichen Sammlungen stets zugewandten<br />

Fürsorge.<br />

Sein bisheriger Vorgesetzter von Bothmer, der Oldenburg verließ,<br />

verabschiedete sich von ihm mit den W orten: „W ir scheiden als<br />

Freunde, Herr tom D ieck!“<br />

Der Verkauf der Kunstsammlungen war <strong>für</strong> tom Dieck eine<br />

schmerzliche Enttäuschung. Die Betreuung dieser Schätze war ihm<br />

mehr als Pflichterfüllung gewesen. Ein großer Teil seiner Lebens­<br />

arbeit war vernichtet, <strong>für</strong> den fast 60jährigen eine bittere Erfahrung.<br />

Und doch sagte er einmal bei passender Gelegenheit: „Ich bin nicht<br />

unglücklich darüber, daß ich es nicht leicht im Leben hatte, ich habe<br />

die Menschen kennengelernt und weiß um ihre Schwächen, dies schützt<br />

mich vor Illusionen. Ich weiß aber auch, wie einem Menschen zumute<br />

ist, der vor dem Nichts steht.“ W ie oft Leid und Enttäuschung<br />

einen wertvollen Menschen letzten En<strong>des</strong> doch zur Höhe führen,<br />

wenn er die Kraft hat, sie zu meistern, so sind vielleicht seine seelischen<br />

W erte viel mehr zur Entwicklung gekommen, wie auch seine

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!