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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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Bürger nur ein Luxus, der nichts einbrachte und sich daher nicht bezahlt<br />

machte. Die Knaben hatten <strong>des</strong>wegen möglichst früh mit dem<br />

Lernen zu beginnen, um so bald wie möglich in ein gut bezahltes Amt<br />

zu kommen. Nicht die ungezwungene Bewegung, sondern das „Stillesitzen"<br />

war die ihnen geziemende Haltung. Wenn es hoch kam, ließ<br />

man sie frühzeitig das Tanzen lernen, freilich auch nicht um der<br />

körperlichen Bewegung, sondern um der karrieremachenden Salon-<br />

und Hoffähigkeit willen. — Bei ihrem erzieherischen Eifer wird Her­<br />

barts Mutter energisch bemüht gewesen sein, die Haltung <strong>des</strong> Sohnes<br />

so früh wie möglich der gesitteten und gedämpften Art der Erwachsenen<br />

anzugleichen. W ie so manche gebildete und ernsthafte Frau<br />

ihres Zeitalters — Pestalozzi schrieb nicht ohne Not das „Buch der<br />

Mütter“ — hat sie es sich sicher nicht nehmen lassen, ihrem Sohne selber<br />

die erste Führerin in das Reich der Bildung und Gesittung zu werden.<br />

An Hand irgendeines der verbreiteten Alphabetbücher wird sie ihn<br />

recht bald — <strong>für</strong> unsere Begriffe viel zu früh — in die Geheimnisse<br />

der „schwarzen Kunst" eingewiesen haben, wenn sie ihn vielleicht<br />

auch nicht, wie es dem kleinen Gleim geschah, schon mit 3 Jahren<br />

mit dem Lesen gequält haben mag. Da der kleine Johann Friedrich<br />

sehr musikalisch war, wird sie ihn auch recht früh in die Tanzschule<br />

genommen oder gegeben haben; denn bei dem Sohn <strong>des</strong> in der Residenz<br />

in der unmittelbaren Nähe <strong>des</strong> Hofes beamteten Regierungsrates<br />

mußte auf eine gute Haltung, auf gewandtes Auftreten und feines Be­<br />

nehmen größter Wert gelegt werden; durfte doch schon der Fünfjährige<br />

seinem zukünftigen Lan<strong>des</strong>herrn Herzog Peter Friedrich Ludwig<br />

und seiner Gemahlin bei ihrer Vermählung einen Blumenstrauß<br />

überreichen, auf <strong>des</strong>sen weißseidenem Angebinde man die W orte las:<br />

„Darf auch ich ein Band / Um die teure Hand / Meiner Fürstin<br />

schlingen? / Alles, Groß und Klein / W ill heut' Dichter sein / Alle<br />

Knospen springen / Auch ich kleiner Mann / Wachs' ich einst heran<br />

/ W ill ich besser singen"37). Bei seiner Musikalität und seinem<br />

stark ausgeprägten Sinn <strong>für</strong> Rhythmus und geregelte Bewegung<br />

nimmt es nicht wunder, daß der Knabe ein gewandter Tänzer wurde<br />

und auch gern tanzte: „Jauchzen, springen, tanzen — tanzen war bis<br />

in mein 14. Jahr mein höchstes Leben“ , schrieb der Jüngling im<br />

Rückblick auf seine Jugendzeit dem Freunde (16,96). So ausgeprägt<br />

war seine musikalische Begabung, daß er seit seinem 8. Lebensjahre<br />

gleichzeitig Violine, Cello, Harfe und Klavier mit solchem Erfolge<br />

spielen lernte, daß er schon mit 11 Jahren in Privatkonzerten großen<br />

Beifall erntete und sogar die Erlaubnis erhielt, in einem Nebenzimmer<br />

— so forderte es die Etikette — den Hofkonzerten beizuwohnen, die

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