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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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Außer einigen leichten „podagrischen Anfällen“ , von denen er selbst<br />

sagte, sein Podagra sei so artig, daß seine Freunde bezeugen müßten,<br />

er könne anstatt zu murren mit ihnen scherzen, kannte er Krankheiten<br />

nur vom Hörensagen. Man versprach ihm daher allgemein ein<br />

hohes Alter. Doch seit dem Frühjahr 1768 begann er an Beschwerden<br />

<strong>des</strong> Unterleibes zu kränkeln, und seine Kräfte nahmen zusehends ab.<br />

Den Unterricht ließ er gleichwohl nur selten ausfallen. Wenn es nicht<br />

anders ging, ließ er die Schüler in sein Krankenzimmer kommen und<br />

aus neu herausgekommenen Schriften vorlesen, um sie wenigstens<br />

unter seiner Aufsicht zu beschäftigen. Am Tage vor seinem Tode<br />

nahm er von den Seinen Abschied und entschlief als „W eiser und<br />

Christ" am 2. August 1768.<br />

Sein Freund, der Hof- und Garnisonmedikus Gramberg, hat ihm<br />

in seiner Biographie einen ehrenvollen Nachruf gewidmet: „Überhaupt<br />

kann man mit Sicherheit annehmen, daß die echte Aufklärung, wodurch<br />

sich Oldenburg nach dem Zeugnis der Kenner vor vielen größeren<br />

Städten auszeichnet, größtenteils sein Werk ist. — Auch ich,<br />

nicht aus diesem Lande, auch nicht sein Schüler, habe wie andere<br />

Fremde diese wohltätige Stimmung mit empfunden, habe durch die<br />

von ihm bewirkte Aufklärung gewonnen und danke ihm da<strong>für</strong>. —<br />

Und dies alles ward und tat er ohne Geld, ohne erhebliche Unterstützung,<br />

fern von gelehrten Hilfsquellen, Buchläden, Bibliotheken,<br />

gelehrten Gesellschaften, Vorzügen der Reisen, der Akademien und<br />

der großen Städte; umringt von Schwierigkeiten, unterdrückt von<br />

lastenden Nebenarbeiten, die er <strong>für</strong> seinen besseren Unterhalt übernehmen<br />

mußte; gebildet in der Morgenröte <strong>des</strong> freiem Denkens und<br />

<strong>des</strong> bessern Geschmacks — und durch wen gebildet? — durch sich!<br />

— Er, der so hell und richtig, selbst neu dachte und am Abend seines<br />

Lebens noch empfänglich war <strong>für</strong> Werke <strong>des</strong> Geschmacks, die<br />

das damalige Publikum persiflierte, was würde er in anderer Lage<br />

und anderen Zeiten geworden sein19) ? “<br />

Was Johann Michael Herbart in anderer „Lage“ und zu anderen<br />

Zeiten geworden wäre, das auszudenken gehört zu den „schlechten"<br />

Möglichkeiten, die wir mit Hegel ignorieren. Auch in seiner „Lage“<br />

und zu seiner Zeit hat er ein W erk vollbringen dürfen, das <strong>des</strong><br />

Schweißes der Edlen wert ist, zu den ersten Pionieren <strong>des</strong> Lehrerstan<strong>des</strong><br />

zu gehören, die, nicht der Not gehorchend, sondern aus<br />

eigenem Triebe und freier Wahl ihr ganzes Leben der Jugend weihten.<br />

Er war ein Mann, dem auch der beschwerlichste „Schulstaub"<br />

im Aufblick zu den bildenden „guten K öpfen" und „schönen Seelen"<br />

leicht und angenehm wurde. Darum allein schon sollte man ihn vor-

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