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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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Die Herbarts in Oldenburg 13<br />

Grammatik getrieben werden, die dann nur Ordnung in das Material<br />

hineinbringe. Freilich könne man auch dann nicht aus einem jeden<br />

„groben, ästigen und krummen Holze" einen „zierlichen Mercurius"<br />

schnitzen. Deutlich werden die Naturgrenzen der geistigen Begabung<br />

gesehen und die Vererbung auch der geistigen Eigenschaften erkannt.<br />

Die natürliche Fähigkeit und Neigung werde den Kindern von den<br />

Eltern eingepflanzt: „Man gebe einem furchtsamen Kinde alle Heldengeschichten<br />

zu lesen; man sage ihm beständig von dem großen<br />

Ruhm vor, womit die Heldentaten belohnt werden; es wird wieder<br />

kein Held hervorkommen. Die natürlichen Neigungen lassen sich<br />

weder durch menschliche Geschicklichkeit noch durch göttliche Gnadenwirkung<br />

gänzlich dämpfen."<br />

Als Philosoph war Johann Michael Herbart ein kluger und<br />

wägender Verteidiger Wolffs, ohne sich doch dogmatisch auf ihn<br />

festzulegen. Immer bemüht, den Ursachen der Erscheinungen nachzugehen,<br />

wollte er nicht jede Wirkung unmittelbar auf Gott, sondern<br />

zunächst auf eine natürliche Ursache zurückgeführt wissen, wie er<br />

z. B. die Träume aus den Erinnerungen, aus Ideenassoziationen und<br />

physischen Einflüssen erklärte. Er beschränkte jedoch den Gebrauch<br />

<strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong> und der Vernunft auf die Immanenz; Glaubenslehren<br />

können nach ihm durch keine philosophischen Grübeleien erklärt<br />

werden: „Die Philosophen, zumal solche, die zugleich Theologen sind,<br />

tun nicht wohl, daß sie den gebahnten Weg theologischer Wahrheiten<br />

verlassen und ihr Heil in dem Irrgarten der Vernunft suchen, die in<br />

überirdischen Dingen blind ist.“<br />

Als Theologe wendete er sich gerne gegen die Lehre von der<br />

Erde als einem Jammertal; „Die Erde ist eine angenehme Wohnung."<br />

Er verspottete die, „welche die Köpfe immer wie das Schilf zur Erde<br />

hängen lassen, lauter saure und verdrießliche Mienen machen, ihre<br />

ganze Lebenszeit mit Murren und Klagen zubringen und diese herrliche,<br />

bequeme und angenehme Wohnung als ein bloßes Jammertal<br />

ansehen und beschreiben"; denn Gott wolle vornehmlich durch die<br />

„Glückseligkeit" seiner Geschöpfe verherrlicht werden. Kopfhänger-<br />

tum, Heuchelei und äußerliche Trübseligkeit vertrage sich ganz gut<br />

mit innerer Verdorbenheit. Das habe er selber bei den Halleschen<br />

Pietisten erlebt: „Noch schweben die vielen hängenden und mit ungemachten<br />

Haaren bewachsenen Köpfe und traurigen Gesichter mir<br />

vor Augen, welche alle von einer törichten Nachahmung so gebildet<br />

waren. Wie unerträglich waren nicht diese jämmerlichen Gestalten<br />

in der Gesellschaft vernünftiger und wohlgesitteter Menschen." Am<br />

unerträglichsten aber ist ihm die Unnatur <strong>des</strong> Mönchs- und Nonnen­

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