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Leseprobe zu Westermann, Handbuch Personengesellschaften

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www.otto-schmidt.de<br />

<strong>Westermann</strong><br />

<strong>Handbuch</strong> <strong>Personengesellschaften</strong>, Grundwerk <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

Gesellschaftsrecht - Steuerrecht - Sozialversicherungsrecht - Verträge und<br />

Formulare<br />

Loseblattwerk, Grundwerk in 2 Ordnern,<br />

ISBN 978-3-504-33152-8<br />

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§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG<br />

§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG<br />

I. Ûberblick Åber die gesetzlichen<br />

Regelungen ........... 881<br />

1. Der Grundsatz der akzessorischen<br />

Haftung der Gesellschafter<br />

nach § 128 HGB ..... 881<br />

2. Ûberblick Åber die persÇnliche<br />

Haftung in der GbR –<br />

Grundsåtze ...................... 882<br />

3. Gesellschafterhaftung bei<br />

GbR-Fondsgesellschaften ..... 884<br />

a) Problemstellung ............ 884<br />

b) Beitrittsvertråge vor dem<br />

29.1.2001 .................... 885<br />

c) Beitrittsvertråge nach dem<br />

29.1.2001 .................... 886<br />

d) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

......................... 887<br />

e) Quotale Haftung kraft<br />

Parteivereinbarung ......... 887a<br />

4. Ûberblick Åber die Haftung<br />

in der KG........................ 888<br />

5. Die persÇnliche Haftung in<br />

der Partnerschaftsgesellschaft. 889<br />

II. Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der<br />

persÇnlichen Haftung ....... 890<br />

1. Vorliegen einer Personengesellschaft<br />

– Fehlerhafte Gesellschaft<br />

und Scheingesellschaft<br />

............................. 890<br />

2. Gesellschafterstellung ......... 892<br />

a) Maßgeblicher Zeitpunkt .. 892<br />

b) Scheingesellschafter ........ 893<br />

c) Treugeber-„Gesellschafter“<br />

........................... 894<br />

3. Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

............................. 895<br />

a) Rechtsgeschåftliche Verbindlichkeiten<br />

............... 895<br />

b) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

......................... 896<br />

c) SozialansprÅche und<br />

DrittglåubigeransprÅche<br />

eines Gesellschafters ....... 897<br />

III. Der Inhalt der Haftung ..... 901<br />

Rz. I Rz. I<br />

1. Unmittelbare Haftung der<br />

Gesellschafter – keine Subsidiaritåt<br />

.......................... 901<br />

2. Haftungstheorie und ErfÅllungstheorie<br />

..................... 903<br />

3. GeschåftsfÅhrungshandlungen<br />

der vertretungsberechtigten<br />

Gesellschafter .............. 906<br />

4. Geldschulden und Ver<strong>zu</strong>gsfolgen<br />

............................. 907<br />

5. Vertretbare Handlungen –<br />

insbesondere GewåhrleistungsansprÅche<br />

................. 908<br />

a) Grundsåtze .................. 908<br />

b) Vollstreckung nach § 887<br />

ZPO und Umwandlung in<br />

Schadensersatzanspruch .. 910<br />

6. AnsprÅche auf Vornahme unvertretbarer<br />

Handlungen ...... 912<br />

7. AnsprÅche auf Abgabe einer<br />

Willenserklårung ................ 914<br />

8. AnsprÅche auf Duldung und<br />

Unterlassung – insbesondere<br />

Wettbewerbsverbote ........... 915<br />

a) Grundsåtze .................. 915<br />

b) Umgehung durch GrÅndung<br />

einer personengleichen<br />

Gesellschaft ........... 916<br />

IV. Die Haftung des eintretenden<br />

Gesellschafters nach<br />

§ 130 HGB ..................... 917<br />

1. Anwendbarkeit des § 130<br />

HGB auf Partnerschaftsgesellschaft<br />

und GbR .......... 917<br />

2. Eintritt i.S. des § 130 HGB ... 918<br />

3. Rechtsfolgen und abweichende<br />

Vereinbarungen ............. 919<br />

V. Haftungsbeschrånkung bei<br />

der Partnerschaftsgesellschaft<br />

gemåß § 8 Abs. 2<br />

PartGG .......................... 920<br />

1. Allgemeines – vertragliche<br />

und gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

............................. 920<br />

2. Befassung mit der Bearbeitung<br />

eines Auftrages ........... 921<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 671


I 672 | Wertenbruch<br />

I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Rz. Ia<br />

Rz. Ia<br />

a<br />

3. Fehlerhafter Beitritt und Haf-<br />

a<br />

3. Fristbeginn ...................... 940<br />

tung des „Scheinpartners“ .... 922 a) Grundsåtze .................. 940<br />

4. Tåtigkeiten von untergeordneter<br />

Bedeutung ................ 923<br />

b) Fristbeginn bei Ausscheiden<br />

aus einer GbR ......... 941<br />

5. HaftungshÇchstgrenze des<br />

§ 8 Abs. 3 PartGG .............<br />

VI. Haftung des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters ..........<br />

1. Grundsatz der fortbestehenden<br />

Haftung .....................<br />

2. Sonderfålle des Ausscheidens<br />

aus der Gesellschaft ............<br />

3. PersÇnliche Haftung nach<br />

Formwechsel oder AuflÇsung/Vollbeendigung<br />

der<br />

Gesellschaft .....................<br />

4. BegrÅndung der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

vor<br />

dem Ausscheiden ...............<br />

a) Entstehung der Rechtsgrundlage<br />

....................<br />

b) Vertragliche AnsprÅche –<br />

insbesondere Dauerschuldverhåltnisse<br />

..........<br />

c) Besonderheiten der Haftung<br />

bei Bankverbindlichkeiten/Kontokorrentkonten<br />

............................<br />

d) Vertragliche Verånderungen<br />

der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

..................<br />

e) Ausscheiden des Gesellschafters<br />

nach Abschluss<br />

von Rahmenvertrågen und<br />

Vorvertrågen ................<br />

f) Haftung des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters fÅr<br />

gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

............................<br />

VII. Die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung<br />

nach § 160 HGB,<br />

§ 10 Abs. 2 PartGG und<br />

§ 736 Abs. 2 BGB .............<br />

1. Geltungsbereich des § 160<br />

HGB .............................<br />

2. Die Enthaftungsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 160 Abs. 1<br />

Satz 1 HGB .....................<br />

924<br />

925<br />

925<br />

926<br />

927<br />

929<br />

929<br />

930<br />

933<br />

934<br />

935<br />

936<br />

937<br />

937<br />

938<br />

4. Wechsel des Komplementårs<br />

in die Kommanditistenstellung<br />

...............................<br />

5. Abweichende Vereinbarungen<br />

6. Verjåhrung der persÇnlichen<br />

Haftung aus § 128 HGB bei<br />

AuflÇsung der Gesellschaft<br />

(§ 159 HGB) ....................<br />

a) Regelungsinhalt – entsprechende<br />

Anwendung auf<br />

GbR und Partnerschaftsgesellschaft<br />

..................<br />

b) Geltung nur fÅr AnsprÅche<br />

aus § 128 HGB –<br />

BÅrgschaft ...................<br />

c) Rechtskråftige Urteile .....<br />

d) Verjåhrungsfrist ............<br />

e) Regelmåßiger Beginn der<br />

Verjåhrung ..................<br />

f) Beginn der Verjåhrung bei<br />

spåterer Fålligkeit (§ 159<br />

Abs. 3 HGB) ................<br />

g) Wirkung des Neubeginns<br />

(§ 212 BGB) und der<br />

Hemmung (§ 204 BGB)<br />

der Verjåhrung ..............<br />

VIII. Die prozessuale Geltendmachung<br />

der persÇnlichen<br />

Gesellschafterhaftung .......<br />

1. Gemeinsame Klage gegen<br />

Gesellschaft und Gesellschafter<br />

(Gesellschafts- und Gesellschafterprozess)<br />

............<br />

a) Einfache Streitgenossenschaft<br />

.........................<br />

b) Ûbergang vom Gesellschaftsprozess<br />

<strong>zu</strong>m Gesellschafterprozess<br />

und<br />

umgekehrt ...................<br />

2. Tenorierung bei Verurteilung<br />

von Gesellschaft und Gesellschafter<br />

...........................<br />

3. Urkunden- und Wechselprozess<br />

gegen den Gesellschafter<br />

942<br />

943<br />

944<br />

944<br />

945<br />

946<br />

947<br />

948<br />

949<br />

950<br />

951<br />

951<br />

951<br />

952<br />

953<br />

954


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG<br />

Rz. Ia<br />

Rz. Ia<br />

a<br />

4. Erstreckung von Schieds-<br />

a<br />

5. Geltung der Regelung § 129<br />

gerichts- und Gerichtsstandsvereinbarungen<br />

der Gesell-<br />

HGB fÅr die GbR und die<br />

Partnerschaftsgesellschaft ..... 970<br />

IX.<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

schaft auf Gesellschafter ......<br />

a) Schiedsgerichtsvereinbarungen.....................<br />

b) Gerichtsstandsvereinbarungen.....................<br />

Die persÇnliche Haftung<br />

bei Insolvenz der Gesellschaft<br />

– BÅrgenhaftung .....<br />

Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters<br />

nach § 93<br />

InsO ..............................<br />

a) Grundsåtze ..................<br />

b) Beschrånkung des § 93<br />

InsO auf Altverbindlichkeiten<br />

.........................<br />

Auswirkungen eines Insolvenzplans<br />

(§§ 217 ff. InsO) ...<br />

Zahlung des Gesellschafters<br />

955<br />

955<br />

956<br />

957<br />

957<br />

957<br />

959<br />

960<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

Rechtskråftige Urteile und<br />

sonstige rechtskraftfåhige<br />

Vollstreckungstitel ..............<br />

Einwendungen i.S. des § 129<br />

Abs. 1 HGB .....................<br />

Neue Einwendungen der Gesellschaft<br />

nach rechtskråftiger<br />

Verurteilung .....................<br />

Gestaltungsrechte – insbesondere<br />

Anfechtung und<br />

Aufrechnung ....................<br />

a) Allgemeine Grundsåtze ...<br />

b) Einrede der Anfechtbarkeit<br />

(§ 129 Abs. 2 HGB) ..<br />

c) Einrede der Aufrechenbarkeit<br />

(§ 129 Abs. 3<br />

HGB) ........................<br />

971<br />

972<br />

973<br />

974<br />

974<br />

976<br />

977<br />

an den Gesellschaftsglåubiger<br />

nach ErÇffnung des Insol-<br />

10. PersÇnliche Einwendungen<br />

des Gesellschafters ............. 978<br />

4.<br />

5.<br />

X.<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

venzverfahrens ..................<br />

PersÇnliche Haftung bei Insolvenz<br />

des Gesellschafters ...<br />

Die BÅrgenhaftung des Gesellschafters<br />

aus § 765 BGB<br />

in Konkurrenz <strong>zu</strong> § 128<br />

HGB .............................<br />

Einwendungen des Gesellschafters<br />

........................<br />

Die Rechtskraftwirkung des<br />

§ 129Abs. 1 HGB .............<br />

Keine Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong><br />

Lasten ausgeschiedener Gesellschafter<br />

.......................<br />

Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten<br />

von Kommanditisten und bei<br />

Wechsel in die Kommanditis-<br />

961<br />

962<br />

963<br />

966<br />

966<br />

967<br />

11.<br />

XI.<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

Das Vollstreckungsverbot des<br />

§ 129Abs. 4 HGB .............<br />

RegressansprÅche des persÇnlich<br />

haftenden Gesellschafters<br />

........................<br />

AnsprÅche gegen die Gesellschaft<br />

(§ 110 HGB) ............<br />

Kein Gesamtschuldverhåltnis<br />

zwischen Gesellschaft und<br />

Gesellschaftern .................<br />

RegressansprÅche gegen Mitgesellschafter<br />

(§ 426 BGB) ...<br />

Der Freistellungsanspruch im<br />

Gesamtschuldverhåltnis .......<br />

Der Regress des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters .........<br />

979<br />

980<br />

980<br />

981<br />

982<br />

983<br />

984<br />

4.<br />

tenstellung .......................<br />

Hemmung und Neubeginn<br />

968 6. Inanspruchnahme der Mitgesellschafter<br />

bei sog. Dritt-<br />

der Verjåhrung .................. 969 glåubigeransprÅchen ........... 985<br />

Schrifttum: Altmeppen, Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft fÅr Delikte,<br />

NJW 1996, 1017; Altmeppen, Zur Enthaftung des ausscheidenden Personengesellschafters,<br />

NJW 2000, 2529; Altmeppen, Deliktshaftung in der Personengesellschaft, NJW 2003, 1553;<br />

Armbruster, Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personengesellschaft,<br />

1996; Brandes, Verjåhrung von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld im Recht der<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 673


881<br />

Rz. I 881 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Personenhandelsgesellschaften, Festschrift Stimpel, 1985, S. 105; BÅrck, § 15 III HGB und<br />

die Grundsåtze der Haftung von fehlerhaften und entstehenden <strong>Personengesellschaften</strong> gegenÅber<br />

Dritten, AcP 171 (1971), 328; R. Fischer, Die Haftung des Gesellschafters fÅr Schulden<br />

der OHG, 1936; Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung,<br />

1887; Grunewald, Anwaltshaftung bei gemeinschaftlicher BerufsausÅbung, ZAP Fach 23,<br />

S. 551; Grunewald, Scheinsozietåten als besondere Form der Scheingesellschaft, Festschrift<br />

P. Ulmer, 2003, S. 141; Hadding, Inhalt und Verjåhrung der Haftung des Gesellschafters einer<br />

OHG oder KG, ZGR 1981, 577; Henssler, Die Haftung der Partnerschaft und ihrer Gesellschafter,<br />

Festschrift Vieregge, 1995, S. 361; Henssler, Der Gesetzesentwurf <strong>zu</strong>r Regelung der<br />

Rechtsanwalts-GmbH, ZIP 1997, 1481; Heyn, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

aus Dauerschuldverhåltnissen, NJW 1959, 923; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft,<br />

2. Aufl. 1951; 4. Aufl. 1971; Hunke, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters,<br />

1987; John, Die organisierte Rechtsperson, 1977; KnÇringer, Die Eintrittshaftung<br />

von Scheingesellschaftern einer Anwalts-GbR, AnwBl 2002, 681; Leverenz, Enthålt § 160<br />

HGB dispositives Recht?, ZHR 160 (1996), 75; Lux, Rechtsscheinhaftung des Scheinsozius<br />

auch fÅr nicht anwaltstypische Tåtigkeiten, NJW 2008, 2309; MÅller-Erzbach, Handelsrecht,<br />

2./3. Aufl. 1928; Reiff, Die unbeschrånkte Gesellschafterhaftung in der (Außen-)Gesellschaft<br />

bÅrgerlichen Rechts und ihre Ausnahmen, ZGR 2003, 551; Sandberger, Die handelsrechtliche<br />

Register-Rechtsscheinhaftung nach der Neufassung des § 15 HGB, JA 1973, 215; Schåfer,<br />

Scheinsozietåt und Scheinsozius, DStR 2003, 1078; Schiemann, Haftungsprobleme bei der<br />

Treuhand an Gesellschaftsanteilen, Festschrift ZÇllner, 1999, S. 103; K. Schmidt, Haftung der<br />

BGB-Gesellschafter gegenÅber einem Gesellschafts-Glåubiger, JuS 1983, 307; K. Schmidt,<br />

Die BGB-Außengesellschaft – rechts- und parteifåhig, NJW 2001, 993; Seibert, Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetz<br />

– Haftungsklarheit fÅr den Mittelstand, DB 1994, 461; Seibert, Aktuelle<br />

Ønderungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes – Neue Haftungsregelung fÅr Freiberufler,<br />

BRAK-Mitteilungen 1998, S. 210; Tebben, Die qualifizierte Treuhand im Personengesellschaftsrecht,<br />

ZGR 2001, 586; Ulmer, Die hÇchstrichterlich „entråtselte“ Gesellschaft<br />

bÅrgerlichen Rechts, ZIP 2001, 585; Walter, Haftung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft<br />

fÅr Drittglåubigerforderungen eines Mitgesellschafters, JZ 1983, 260; Wertenbruch,<br />

Zur Anwendung des § 326 BGB auf Beitragsvereinbarungen innerhalb einer Personengesellschaft,<br />

NZG 2001, 306; Wertenbruch, Die Parteifåhigkeit der GbR – die Ønderungen fÅr die<br />

Gerichts- und Vollstreckungspraxis, NJW 2002, 324; Wertenbruch, Die Pfåndung von „Åberziehbaren“<br />

Gesellschafterkonten und Entnahmerechten bei der Personengesellschaft, Festschrift<br />

Gerhardt, 2004, S. 1077; Wertenbruch, Die Rechtsprechung <strong>zu</strong>m Personengesellschaftsrecht<br />

in den Jahren 2003 bis 2005, NZG 2006, 408; <strong>Westermann</strong>, Erste Folgerungen aus der<br />

Anerkennung der Rechtsfåhigkeit der BGB-Gesellschaft, NZG 2001, 289.<br />

I. Ûberblick Åber die gesetzlichen Regelungen<br />

1. Der Grundsatz der akzessorischen Haftung der Gesellschafter nach<br />

§ 128 HGB<br />

Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter der OHG fÅr Verbindlichkeiten der<br />

Gesellschaft als Gesamtschuldner persÇnlich. Da diese persÇnliche Haftung<br />

das Bestehen einer Gesellschaftsschuld voraussetzt, handelt es sich um eine akzessorische<br />

Haftung („Akzessorietåtstheorie“). Die persÇnliche Haftung der Gesell-<br />

I 674 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 882<br />

schafter ist damit in gleicher Weise von der Gesellschaftsverbindlichkeit abhångig<br />

wie im Sachenrecht die Vormerkung und die Hypothek von den <strong>zu</strong> sichernden<br />

schuldrechtlichen Forderungen. Die persÇnliche Haftung eines OHG-Gesellschafters<br />

setzt daher, wenn eine besondere persÇnliche Verpflichtungserklårung<br />

nicht vorliegt, zwingend das Bestehen einer Gesellschaftsverbindlichkeit voraus.<br />

Auch dieser materiell-rechtliche Haftungs<strong>zu</strong>sammenhang spricht fÅr die Empfehlung,<br />

die persÇnlich haftenden Gesellschafter immer <strong>zu</strong>sammen mit der<br />

OHG <strong>zu</strong> verklagen (vgl. Rz. I 867). Der Grundsatz der akzessorischen Haftung<br />

unterscheidet die Personengesellschaft als Gesamthandsgesellschaft wesentlich<br />

von der Kapitalgesellschaft, bei der die Gesellschafter im Falle einer ordnungsgemåßen<br />

GrÅndung und Einlageerbringung nicht persÇnlich haften. Bei den Kapitalgesellschaften<br />

muss dagegen ein Mindestkapital aufgebracht werden, das<br />

durch besondere Kapitalerhaltungsregelungen geschÅtzt wird. Bei der OHG und<br />

auch bei den anderen <strong>Personengesellschaften</strong> (<strong>zu</strong>r GbR vgl. Rz. I 813 f. und <strong>zu</strong>r<br />

KG vgl. Rz. I 2801 f.) ist daher die persÇnliche akzessorische Haftung gemåß<br />

§ 128 HGB der Preis fÅr die fehlende Verpflichtung <strong>zu</strong>r Aufbringung eines<br />

Mindestkapitals. Die Personengesellschaft kann so<strong>zu</strong>sagen bei „Null“ beginnen;<br />

das wahre Kapital der Gesellschaft und damit auch ihr Kredit hångt von der<br />

Bonitåt der persÇnlich haftenden Gesellschafter ab.<br />

2. Ûberblick Åber die persÇnliche Haftung in der GbR – Grundsåtze<br />

Mit der Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR im Grundsat<strong>zu</strong>rteil<br />

vom 29.1.2001 1 hat der BGH <strong>zu</strong>gleich unter Aufgabe der sog. Doppelverpflichtungstheorie<br />

2 eine akzessorische Haftung der GbR-Gesellschafter analog<br />

§ 128 HGB angeordnet. 3 Bereits in BGHZ 142, 315 4 hatte der BGH festgestellt,<br />

dass bei der Personengesellschaft die Gesellschafter grundsåtzlich persÇnlich<br />

haften. Dieser Entscheidung ließ sich aber noch kein klares Bekenntnis<br />

<strong>zu</strong>r akzessorischen Haftung entnehmen. Die vom BGH aufgegebene Doppelverpflichtungstheorie<br />

konnte insbesondere im Hinblick auf die Haftung fÅr gesetzliche<br />

Verbindlichkeiten nicht Åberzeugen. Hin<strong>zu</strong> kam das Problem der Haftungsbegren<strong>zu</strong>ng<br />

durch Beschrånkung der Vertretungsmacht der Gesellschafter. Der<br />

1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 m. Bespr.<br />

K. Schmidt, NJW 2001, 993 = NZG 2001, 311 m. Bespr. <strong>Westermann</strong>, NZG 2001, 289 =<br />

ZIP 2001, 330 m. Bespr. Ulmer, ZIP 2001, 585; vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NJW 2002,<br />

324 ff.<br />

2 Vgl. da<strong>zu</strong> BGH v. 30.4.1979 – II ZR 137/78, BGHZ 74, 240 (242) = NJW 1979, 1821;<br />

BGH v. 15.12.1980 – II ZR 52/80, BGHZ 79, 374 (379) = NJW 1981, 1213; kritisch<br />

gegenÅber der Doppelverpflichtungstheorie schon vor der Aufgabe durch den BGH Flume,<br />

Die Personengesellschaft, 1977, S. 326 f.; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften,<br />

2000, S. 178 ff.<br />

3 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (345) = ZIP 2001, 330 (336).<br />

4 BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 (319) = NJW 1999, 3483 (3484).<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 675<br />

882


883<br />

Rz. I 882 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

BGH musste hier vor Aufgabe der Doppelverpflichtungstheorie immer mehr <strong>zu</strong><br />

einer Rechtsscheinhaftung der Gesellschafter Åbergehen, soweit die Gesellschaftsglåubiger<br />

die Beschrånkung der Vertretungsmacht nicht erkennen konnten.<br />

1 Aufgrund der analogen Anwendung des § 128 HGB auf die GbR setzt die<br />

persÇnliche Verpflichtung der GbR-Gesellschafter keine rechtsgeschåftliche Mitverpflichtung<br />

mehr voraus. Allein entscheidend ist hierfÅr das Bestehen einer Gesellschaftsschuld.<br />

Die vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten damit nur<br />

die GbR als solche, nicht aber die einzelnen Gesellschafter.<br />

Mit der analogen Anwendung des § 128 HGB auf die GbR steht ebenfalls fest,<br />

dass auch § 129 HGB in Be<strong>zu</strong>g auf Einwendungen und Fragen des Verhåltnisses<br />

zwischen Gesellschaftsschuld und persÇnlicher Haftung auf die GbR entsprechend<br />

anwendbar ist (<strong>zu</strong> den Einzelfragen des § 129 HGB vgl. Rz. I 966 ff.). Die<br />

Vorschrift des § 129 HGB regelt insoweit letztlich nur Grundsåtze, die sich bereits<br />

aus dem Prinzip der akzessorischen Haftung bei der Gesamthandsgesellschaft ergeben.<br />

Im Anschluss an die Entscheidung Åber die analoge Anwendbarkeit des<br />

§ 128 HGB auf die GbR hat der BGH auch die Regelung des § 130 HGB fÅr entsprechend<br />

anwendbar erklårt. 2 Auch neu in die GbR eintretende Gesellschafter<br />

haften somit akzessorisch fÅr die schon vor dem Eintritt begrÅndeten Gesellschaftsverbindlichkeiten.<br />

Anders als die Regelung des § 128 HGB soll § 130 HGB<br />

aus GrÅnden des Vertrauensschutzes aber grundsåtzlich erst bei einem Eintritt ab<br />

Bekanntwerden der <strong>zu</strong> § 130 HGB ergangenen BGH-Entscheidung v. 7.4.2003<br />

Anwendung finden. Der BGH 3 hat dies inzwischen indes dahingehend konkretisiert,<br />

dass bei fehlender SchutzbedÅrftigkeit des eintretenden Gesellschafters in<br />

Be<strong>zu</strong>g auf alte Schulden der GbR die Regelung des § 130 HGB auch schon vor<br />

Erlass dieser BGH-Entscheidung anwendbar sein kann (<strong>zu</strong> den Einzelheiten vgl.<br />

Rz. I 917 ff. sowie ferner Rz. I 814). Auch fÅr die prozessualen Fragen der<br />

Durchset<strong>zu</strong>ng der persÇnlichen Haftung gelten im Wesentlichen die fÅr die OHG<br />

und KG entwickelten Grundsåtze (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 951 ff. sowie Rz. I 821 ff.).<br />

1 BGH v. 10.5.1971 – II ZR 177/68, NJW 1971, 1698; BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 2/84,<br />

NJW 1985, 619; BGH v. 12.3.1990 – II ZR 312/88, NJW-RR 1990, 867; kritisch da<strong>zu</strong><br />

Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 178 ff.<br />

2 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (372 ff.) = ZIP 2003, 899 (901 f.);<br />

BGH v. 12.12.2005 – II ZR 283/03, ZIP 2006, 82 (84) = NJW 2006, 765 (766); vgl. da<strong>zu</strong><br />

auch Wertenbruch, NZG 2006, 408 (416).<br />

3 BGH v. 12.12.2005 – II ZR 283/03, ZIP 2006, 82 (84) = NJW 2006, 765 (766).<br />

I 676 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 885<br />

3. Gesellschafterhaftung bei GbR-Fondsgesellschaften<br />

a) Problemstellung<br />

Der Grundsatz der persÇnlichen Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft<br />

analog § 128 HGB1 galt nach bisheriger Ansicht des BGH2 bei geschlossenen<br />

Immobilienfonds in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft nur mit Einschrånkungen.<br />

3 Insoweit stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit durch die<br />

Anerkennung der Rechtsfåhigkeit der BGB-Gesellschaft und der akzessorischen<br />

Gesellschafterhaftung (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 813 f.) eine Haftungsprivilegierung gerechtfertigt<br />

ist. In dieser Hinsicht geht es auch um die Frage der Gleichbehandlung<br />

von vertraglichen und gesetzlichen Verbindlichkeiten.<br />

b) Beitrittsvertråge vor dem 29.1.2001<br />

Gesellschaftsvertråge geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer<br />

BGB-Gesellschaft enthielten vor dem Urteil des BGH v. 29.1.20014 <strong>zu</strong>r<br />

Rechts- und Parteifåhigkeit der BGB-Gesellschaft und <strong>zu</strong>r grundsåtzlich akzessorischen<br />

persÇnlichen Haftung ihrer Gesellschafter Haftungsbeschrånkungen,<br />

nach denen die Haftung der einzelnen Fondsgesellschafter entweder auf das GesellschaftsvermÇgen<br />

beschrånkt war oder die Gesellschafter nur quotal nach Maßgabe<br />

ihrer Gesellschaftsbeteiligung hafteten. 5 Nach dem BGH-Urteil v.<br />

12.5.19906 griff fÅr rechtsgeschåftlich begrÅndete Verbindlichkeiten eine<br />

Haftungsbeschrånkung dann ein, wenn diese fÅr die Vertragspartner der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong>mindest erkennbar war. Aus GrÅnden des Vertrauensschutzes geht der<br />

BGH davon aus, dass die Mitglieder eines GbR-Immobilienfonds sich auch weiterhin<br />

auf eine solche Haftungsbeschrånkung berufen kÇnnen, sofern sie<br />

vor dem 29.1.2001 die Beitrittsvereinbarung abgeschlossen haben. 7 885<br />

Die vor dem<br />

29.1.2001 beigetretenen Gesellschafter sind also nicht gezwungen, zwecks Vermeidung<br />

einer persÇnlichen Haftung ihre Beteiligung durch KÅndigung aus wichtigem<br />

Grund oder in sonstiger Weise auf<strong>zu</strong>geben. Auch eine AuflÇsung oder Umwandlung<br />

dieser GbR-Immobilienfonds ist nicht unbedingt notwendig, um eine<br />

Haftung fÅr rechtsgeschåftlich begrÅndete Verbindlichkeiten <strong>zu</strong> verhindern.<br />

1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358) = ZIP 2001, 330 (336).<br />

2 BGH v. 25.9.2006 – II ZR 218/05, ZIP 2006, 2128 (2129) = NJW 2006, 3716 (3717).<br />

3 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); BGH v.<br />

25.9.2006 – II ZR 218/05, ZIP 2006, 2128 (2129) = NJW 2006, 3716 (3717); BGH v.<br />

17.6.2008 – XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 (115) = ZIP 2008, 1317 (1319).<br />

4 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (343 ff.) = ZIP 2001, 330.<br />

5 Vgl. BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.).<br />

6 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 312/88, ZIP 1990, 715 f. = NJW-RR 1990, 867.<br />

7 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); BGH v.<br />

25.9.2006 – II ZR 218/05, ZIP 2006, 2128 (2129) = NJW 2006, 3116 (3117).<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 677<br />

884


886<br />

Rz. I 886 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

c) Beitrittsvereinbarung nach dem 29.1.2001<br />

Auch fÅr die nach dem 29.1.2001 abgeschlossenen Vertråge Åber den Beitritt <strong>zu</strong><br />

einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft<br />

ist keine Ausnahme von dem Grundsatz 1 an<strong>zu</strong>erkennen, dass die akzessorische<br />

persÇnliche Haftung der Gesellschafter nur durch Individualvereinbarung ausgeschlossen<br />

werden kann. 2 Die Fondsgesellschaft kann in den Gesellschaftsvertrag<br />

eine Regelung aufnehmen, nach der die Haftung auf das GesellschaftsvermÇgen<br />

beschrånkt ist oder die Gesellschafter nur quotal haften, und dann unter<br />

AnknÅpfung an die gesellschaftsvertragliche Grundlage in die mit Dritten <strong>zu</strong><br />

schließenden Vertråge eine entsprechende Klausel aufnehmen. 3 Der Erwerb einer<br />

solchen Fondsbeteiligung stellt bei typisierter Betrachtung eine reine Kapitalanlage<br />

dar. 4 Die persÇnliche Haftung fÅr das ganze Investitionsvolumen ist weder<br />

dem einzelnen Kapitalanleger <strong>zu</strong>mutbar noch kann sie vom Rechtsverkehr erwartet<br />

werden, so dass eine solche formularmåßige Abbedingung der unbeschrånkten<br />

gesamtschuldnerischen Haftung im Allgemeinen keinen Verstoß<br />

gegen § 307 BGB darstellt. 5<br />

d) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

Fraglich ist, ob bei der Fondsgesellschaft in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft<br />

die persÇnliche Haftung der Gesellschaft auch fÅr gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

auf das GesellschaftsvermÇgen beschrånkt werden kann. Die in<br />

BGHZ 150, 1 (4 ff.) anerkannte Haftungsbeschrånkung bezieht sich nur auf die<br />

„aus Rechtsgeschåften herrÅhrenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft“. 6 Die<br />

Problematik der Haftung fÅr gesetzliche Verbindlichkeiten erÇrtert der BGH hier<br />

nicht. In einer nachfolgenden Entscheidung låsst der BGH7 887<br />

diese grundsåtzliche<br />

Frage offen, weil sich der Ausschluss der persÇnlichen Haftung fÅr eine Bereicherungsverbindlichkeit<br />

(§ 812 BGB) der Gesellschaft aus § 242 BGB ergab; die persÇnliche<br />

Haftung håtte hier nåmlich gegen den Schutzzweck des Rechtsbera-<br />

1 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); MÅnch-<br />

Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 61, 64; Bayer, EWIR 2003,<br />

405; Casper, JZ 2002, 1112 (1113); Goette, DStR 2002, 818 (819); Wertenbruch, NZG 2006,<br />

408 (417); a.A. Reiff, ZGR 2003, 551 (564 f.).<br />

2 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 (911); BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />

ZIP 2011, 914 (915 f.).<br />

3 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); MÅnch-<br />

Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 61, 64; Casper, JZ 2002, 1112<br />

(1113); Goette, DStR 2002, 818 (819); Wertenbruch, NZG 2006, 408 (417); a.A. Reiff, ZGR<br />

2003, 551 (564 f.).<br />

4 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852).<br />

5 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (6) = ZIP 2002, 851 (852 f.).<br />

6 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (853)<br />

7 BGH v. 17.6.2008 – XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 (117) = ZIP 2008, 1317 (1319).<br />

I 678 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 887a<br />

tungsgesetzes (RBerG) verstoßen. 1 Dies ist ab<strong>zu</strong>lehnen, weil bei der BGB-Gesellschaft<br />

der Grundsatz der akzessorischen Haftung gilt und eine Beschrånkung<br />

eine Vereinbarung mit dem Glåubiger erfordert. 2 In der Literatur wird – wie fÅr<br />

den nichtrechtsfåhigen Verein – eine Haftungsbeschrånkung bejaht. 3<br />

e) Quotale Haftung kraft Parteivereinbarung<br />

Die Gesellschaft kann mit den einzelnen Gesellschaftsglåubigern vereinbaren,<br />

dass die Gesellschafter nicht akzessorisch in voller HÇhe fÅr die betreffende Gesellschaftsschuld,<br />

sondern nur in HÇhe eines ihren Beteiligungsquoten entsprechenden<br />

Anteils haften. 4 Es stellt sich hier die Frage, ob Leistungen der Gesellschaft<br />

auf die Schuld des Glåubigers unmittelbar auch den ursprÅnglichen Haftungsanteil<br />

der quotal haftenden Gesellschafter mindern. Die große Bedeutung<br />

dieser Problematik zeigt sich insbesondere dann, wenn einige Gesellschafter insolvent<br />

sind. Eine unmittelbare Anrechnung auf die ursprÅnglichen persÇnlichen<br />

Haftungsanteile liefe auf eine Gesamtschuld zwischen der Gesellschaft und den<br />

einzelnen Gesellschaftern hinaus. Bei Verneinung einer unmittelbaren Anrechnung<br />

wÅrde der aktuelle Stand der Gesellschaftsschuld nur die Obergrenze fÅr die<br />

persÇnliche Inanspruchnahme eines Gesellschafters bilden, sofern die Gesellschaftsschuld<br />

durch Teilleistungen den ursprÅnglichen Haftungsanteil des betreffenden<br />

Gesellschafters unterschreitet. Ob eine Leistung der Gesellschaft oder<br />

eine Verwertung von bestellten Sicherheiten unmittelbar auf die Haftungsanteile<br />

der Gesellschafter angerechnet wird, ist eine Frage der Auslegung des zwischen<br />

der Gesellschaft und dem Glåubiger bestehenden Schuldverhåltnisses. 5 887a<br />

Bei Fehlen<br />

einer ausdrÅcklichen Anrechnungsvereinbarung und Anhaltspunkten, die eindeutig<br />

fÅr eine solche Anrechnung sprechen, ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass die per-<br />

1 BGH v. 17.6.2008 – XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 (117) = ZIP 2008, 1317 (1319);<br />

ebenso OLG Celle v. 17.5.2006 – 3 U 254/05, ZIP 2006, 2163, (2165 f.); OLG Stuttgart<br />

v. 13.12.2005 – 6 U 119/05, ZIP 2006, 2364 (2369). Im Fall des BGH war der zwischen<br />

dem beitretenden Fondsgesellschafter und einer Sparkasse geschlossene Darlehensvertrag<br />

wegen Verstoßes gegen RBerG nichtig. Die Sparkasse hatte die Darlehensvaluta direkt<br />

an die Fonds-GbR ausgezahlt. Eine Bejahung der persÇnlichen Haftung des Kapitalanlegers<br />

fÅr die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus § 812 BGB håtte da<strong>zu</strong> gefÅhrt,<br />

dass der Anleger wie bei Wirksamkeit des Darlehensvertrags gehaftet håtte.<br />

2 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 (911); BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />

ZIP 2011, 914 (915 f.).<br />

3 Vgl. auch MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 62 ff. (institutionelle<br />

Haftungsbeschrånkung); Staudinger/Habermeier, 13. Bearb. 2003, Vorbem. <strong>zu</strong><br />

§ 705 BGB Rz. 70, 31 ff.<br />

4 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />

ZIP 2011, 914 ff.<br />

5 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />

ZIP 2011, 914 ff.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 679


888<br />

Rz. I 887a I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

sÇnlichen Haftungsanteile durch Teilleistungen der Gesellschaft nicht gemindert<br />

werden. 1 Eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht.<br />

2 Der Haftungsanteil des einzelnen Gesellschafters wird auch dann nicht<br />

durch Teilleistungen der Gesellschaft vermindert, wenn der Glåubiger mit anderen<br />

Gesellschaftern im Rahmen von Vergleichen geringere Haftungsbetråge akzeptiert<br />

hat. 3<br />

4. Ûberblick Åber die Haftung in der KG<br />

Die Komplementåre der KG haften gemåß § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 128<br />

HGB ebenso wie die OHG-Gesellschafter akzessorisch fÅr Gesellschaftsverbindlichkeiten.<br />

Die Haftung der Kommanditisten ist im Recht der KG besonders geregelt<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 2801 ff.). Nach § 171 Abs. 1 HGB haftet der Kommanditist<br />

den Glåubigern der Gesellschaft nur bis <strong>zu</strong>r HÇhe seiner Einlage (Haftsumme)<br />

unmittelbar persÇnlich. Soweit die Einlage an die Gesellschaft geleistet worden<br />

ist, ist diese Haftung ausgeschlossen (vgl. Rz. I 2803 ff.). Ein Kommanditist haftet<br />

aber gleichwohl persÇnlich und unbeschrånkt gemåß § 176 i.V.m. § 128 HGB,<br />

wenn seine Kommanditistenstellung entweder bei GrÅndung der KG (§ 176<br />

Abs. 1 HGB) oder im Fall des Eintritts in eine bestehende KG (§ 176 Abs. 2<br />

HGB, vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 3131 ff.) <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaftsschuld<br />

noch nicht in das Handelsregister eingetragen war. Die Haftungsbeschrånkung<br />

kommt also dem Kommanditisten nur und erst in Be<strong>zu</strong>g auf solche Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

<strong>zu</strong>gute, die nach seiner Eintragung in das Handelsregister<br />

entstehen.<br />

5. Die persÇnliche Haftung in der Partnerschaftsgesellschaft<br />

889<br />

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG haften die Partner einer Partnerschaftsgesellschaft<br />

fÅr deren Verbindlichkeiten persÇnlich als Gesamtschuldner. FÅr die persÇnliche<br />

Haftung der Partner gelten die §§ 129, 130 HGB nach § 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG<br />

entsprechend. Die persÇnliche Haftung in der Partnerschaftsgesellschaft entspricht<br />

damit – ebenso wie bei der GbR – der Haftung in der OHG. Bei der Partnerschaftsgesellschaft<br />

besteht allerdings die Besonderheit, dass die Haftung fÅr<br />

SchadensersatzansprÅche wegen fehlerhafter BerufsausÅbung auf denjenigen<br />

Partner beschrånkt ist, der die berufliche Leistung erbringt (<strong>zu</strong> den Einzelheiten<br />

vgl. Rz. I 767 ff.).<br />

1 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />

ZIP 2011, 914 ff.<br />

2 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />

ZIP 2011, 914 ff.<br />

3 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 (918).<br />

I 680 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 890<br />

II. Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der persÇnlichen Haftung<br />

1. Vorliegen einer Personengesellschaft – Fehlerhafte Gesellschaft und<br />

Scheingesellschaft<br />

Die persÇnliche Haftung der Gesellschafter setzt aufgrund ihrer Abhångigkeit<br />

von einer Gesellschaftsverbindlichkeit zwingend das Bestehen einer Personengesellschaft<br />

voraus. Eine Innengesellschaft genÅgt deshalb nicht, weil sie nicht<br />

rechtsfåhig ist und damit nicht selbst verpflichtet wird. Eine stille Gesellschaft<br />

begrÅndet auch dann keine persÇnliche Haftung der stillen Gesellschafter nach<br />

§§ 128, 171 HGB, wenn es sich um einen atypischen stillen Gesellschafter handelt<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 2020). Ausreichend ist aber grundsåtzlich auch eine sog. fehlerhafte<br />

Gesellschaft. 1 Denn nach den Grundsåtzen Åber die fehlerhafte Gesellschaft<br />

wird die Personengesellschaft bis <strong>zu</strong>r Vollbeendigung als wirksam angesehen<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 225 ff.). Die Grundsåtze Åber die fehlerhafte Gesellschaft finden<br />

auch auf die unwirksame Ûbertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft<br />

Anwendung. 2 Daher kann auch der unwirksame Beitritt eine Haftung nach<br />

§ 128 HGB begrÅnden, denn der betreffende „Anteilserwerber“ muss sich haftungsrechtlich<br />

wie ein Gesellschafter behandeln lassen. 3 Hier kann eine persÇnliche<br />

Haftung des Gesellschafters im Ergebnis aber dann ausscheiden, wenn sie mit<br />

dem Schutzzweck der Norm nicht vereinbar wåre, die <strong>zu</strong>r Nichtigkeit der Beitrittsvereinbarung<br />

fÅhrte. 4 Die Anwendung der Grundsåtze Åber die fehlerhafte<br />

Gesellschaft hat zwar auch hier grundsåtzlich die Anwendbarkeit des § 128 HGB<br />

<strong>zu</strong>r Folge, der betreffende Gesellschafter kann aber als Einwendung i.S. des<br />

§ 242 BGB geltend machen, dass seine persÇnliche Haftung mit dem Schutzzweck<br />

der <strong>zu</strong>r Nichtigkeit der Beitrittsvereinbarung fÅhrenden Norm nicht vereinbar<br />

wåre. 5 Bei einer Fonds-Gesellschaft und insbesondere bei der Fonds-GbR<br />

kann die persÇnliche Haftung nach § 128 HGB (analog) von vornherein ausgeschlossen<br />

sein (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 884 ff.). Die Haftung eines „fehlerhaften Gesellschafters“<br />

aus § 128 HGB (analog) kann nicht dadurch begrÅndet werden, dass<br />

diese Person beim Abschluss des GrÅndungsvertrages oder beim Beitritt durch<br />

einen Vertreter ohne ausreichende Vertretungsmacht vertreten wird. 6 Denn<br />

1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 7.<br />

2 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 465/07, ZIP 2010, 1590 (1593 f.) = WuB I G 5. Immobilienanlagen<br />

8.10 m. <strong>zu</strong>st. Anm. StÇber; Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 105 Rz. 203 f.; Wiedemann, GesR II, 2004, S. 161 ff.<br />

3 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 465/07, ZIP 2010, 1590 (1593 f.) = WuB I G 5. Immobilienanlagen<br />

8.10 m. <strong>zu</strong>st. Anm. StÇber.<br />

4 BGH v. 17.6.2008 – IX ZR 112/07, ZIP 2008, 1317 (1319).<br />

5 So fÅr den Verstoß der Beitrittsvereinbarung gegen das Rechtsberatungsgesetz BGH v.<br />

17.6.2008 – IX ZR 112/07, ZIP 2008, 1317 (1320).<br />

6 BGH v. 1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1284 f.).<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 681<br />

890


891<br />

Rz. I 890 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

die Anwendung der Grundsåtze Åber die fehlerhafte Gesellschaft setzt <strong>zu</strong>mindest<br />

das Vorliegen von auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags gerichteten Willenserklårungen<br />

voraus, auch wenn diese fehlerhaft sind 1 (vgl. da<strong>zu</strong> auch<br />

Rz. I 216 ff.). Ûberschreitet ein Mitgesellschafter eine ihm erteilte Vollmacht, so<br />

fehlt ein solches rechtsgeschåftliches Handeln. 2<br />

FÅr die persÇnliche Haftung der Gesellschafter genÅgt grundsåtzlich auch das<br />

Vorliegen einer Scheingesellschaft. 3 Hier besteht allerdings – anders als bei der<br />

fehlerhaften Gesellschaft – kein verpflichtungsfåhiges Rechtssubjekt und damit<br />

auch keine Gesellschaftsverbindlichkeit. Die Gesellschafter haften hier nur dann<br />

persÇnlich, wenn sie in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise den Rechtsschein einer Personengesellschaft<br />

und ihrer ZugehÇrigkeit gesetzt haben 4 (<strong>zu</strong>r Zurechnung vgl.<br />

Rz. I 807 ff. und Rz. I 720 f.). Als allgemeine Vorausset<strong>zu</strong>ng der Rechtsscheinhaftung<br />

muss hin<strong>zu</strong>kommen, dass der Dritte sich bei seinem rechtsgeschåftlichen<br />

Verhalten auf den in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise gesetzten Rechtsschein verlassen hat. 5<br />

1 BGH v. 14.10.1991 – II ZR 212/90, ZIP 1992, 247 (248 f.) = DB 1992, 567; BGH v.<br />

1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1284) = WM 2010, 1218 (1219); MÅnch-<br />

Komm.BGB/Ulmer, 5. Aufl. 2009, § 705 BGB Rz. 327; Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011,<br />

§ 705 BGB Rz. 18.<br />

2 BGH v.14.10.1991 – II ZR 212/90, ZIP 1992, 247 = WM 1992, 490 (492); BGH v.<br />

1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1284) = WM 2010, 1218 (1219).<br />

3 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (174 f.), Rz. 19 ff. = ZIP 2007, 1460<br />

(1461 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 5; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 6.<br />

4 BGH v. 11.3.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (16 ff.) = NJW 1955, 985 f.; BGH v.<br />

1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1285) = NJW 2011, 66 (67); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 5 i.V.m. § 5 HGB; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 6.<br />

5 BGH v. 11.3.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (19); BGH v. 1.6.2010 – XI ZR 389/09,<br />

ZIP 2010, 1283 (1285) = WM 2010, 1218 (1219); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 6. Im Fall BGH v. 1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1285)<br />

hatte der Vater des Beklagten unter Missbrauch der Generalvollmacht im Wege eines Insichgeschåfts<br />

eine GbR gegrÅndet und dann unter Vorlage des Gesellschaftsvertrages<br />

und der Generalvollmacht im Namen der GbR ein Rechtsgeschåft mit der klagenden<br />

Bank abgeschlossen. Eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten schied hier dann aus,<br />

wenn die Bank den Missbrauch der Vertretungsmacht aufgrund massiver Verdachtsmomente<br />

erkennen musste (sog. objektive Evidenz des Missbrauchs).<br />

I 682 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 893<br />

2. Gesellschafterstellung<br />

a) Maßgeblicher Zeitpunkt<br />

Die Haftung nach § 128 HGB setzt grundsåtzlich voraus, dass die Gesellschafterstellung<br />

<strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Entstehens der Gesellschaftsverbindlichkeit bestand.<br />

Ist ein Gesellschafter einer OHG/KG oder einer Partnerschaftsgesellschaft<br />

<strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Entstehens einer Gesellschaftsschuld bereits aus der<br />

Gesellschaft ausgeschieden, so haftet er gemåß § 128 i.V.m. § 15 Abs. 1 HGB<br />

persÇnlich, sofern das Ausscheiden nicht in das Handelsregister eingetragen und<br />

bekannt gemacht wurde. Entsprechendes gilt gemåß § 15 Abs. 3 HGB, wenn eine<br />

in Wirklichkeit nicht gegebene Gesellschafterstellung bekannt gemacht wird. 1<br />

§ 15 Abs. 3 HGB greift Åber seinen Wortlaut hinaus auch dann ein, wenn die unrichtige<br />

Eintragung einer Gesellschafterstellung „richtig“ bekannt gemacht wird. 2<br />

b) Scheingesellschafter<br />

DarÅber hinaus kann bei <strong>zu</strong>rechenbarer Veranlassung des Rechtsscheins einer<br />

Gesellschafterstellung nach allgemeinen Rechtsscheingrundsåtzen eine Haftung<br />

nach § 128 HGB eingreifen. 3 Da diese allgemeine Rechtsscheinhaftung unabhångig<br />

von Handelsregistereintragungen und -bekanntmachungen besteht, trifft diese<br />

Haftung auch einen GbR-Gesellschafter, der in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise den Rechtsschein<br />

einer Gesellschafterstellung erzeugt4 (<strong>zu</strong> den Besonderheiten der persÇnlichen<br />

Haftung in der GbR vgl. Rz. I 917, 941, 944, 970, 980 sowie Rz. I 806 ff.).<br />

Dies gilt grundsåtzlich auch fÅr den Scheinsozius einer Anwaltssozietåt. 5 893<br />

Es<br />

geht hier insbesondere um den Fall, dass ein von der Sozietåt (nur) angestellter<br />

1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/<br />

Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 6.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 15 HGB Rz. 18; Roth in Koller/Roth/<br />

Morck, 7. Aufl. 2011, § 15 HGB Rz. 28; BÅrck, AcP 171 (1971), 328 (338 f.); Sandberger,<br />

JA 1973, 215 (219); a.A. Großkomm.HGB/Koch, 5. Aufl. 2009, § 15 HGB Rz. 104 f.;<br />

MÅnchKomm.HGB/Krebs, 3. Aufl. 2010, § 15 HGB Rz. 89; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 15 HGB Rz. 30.<br />

3 BGH v. 11.3.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (16 ff.) = NJW 1955, 985 f.; BGH v.<br />

22.1.1970 – VII ZR 37/68, BB 1970, 684 f.; BGH v. 8.5.1972 – II ZR 170/69, NJW<br />

1972, 1418 (1419); BGH v. 22.9.2008 – II ZR 257/07, ZIP 2008, 2354 (2356); Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 5; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 6.<br />

4 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 40; Grunewald, FS Ulmer,<br />

2003, S. 141 (144 f.); Henssler, FS Vieregge, 1995, S. 361 (367 f.); Schåfer, DStR 2003,<br />

1078 (1079 ff.).<br />

5 BGH v. 16.4.2008 – VIII ZR 230/07, ZIP 2008, 1120 (1121) = NJW 2008, 2330; da<strong>zu</strong><br />

Lux, NJW 2008, 2309 ff.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 683<br />

892


Rz. I 893 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Anwalt auf dem Briefkopf wie ein Partner angefÅhrt wird. 1 Die vom BGH 2 angenommene<br />

Beschrånkung der persÇnlichen Haftung auf „anwaltstypische Tåtigkeiten“<br />

ist ab<strong>zu</strong>lehnen, weil fÅr eine derartige Einschrånkung der akzessorischen<br />

Haftung keine Grundlage vorhanden ist. 3 Das deliktische Verhalten eines<br />

Scheinsozius ist der Gesellschaft analog § 31 BGB <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen mit der Folge,<br />

dass neben der Gesellschaft auch såmtliche Gesellschafter fÅr die daraus folgende<br />

Verbindlichkeit haften. Tritt eine ordnungsgemåß in das Handelsregister eingetragene<br />

GmbH & Co. KG unter einer Firma im Rechtsverkehr auf, die auf das Bestehen<br />

einer OHG hindeutet, so haften neben der Komplementår-GmbH auch<br />

die fÅr diesen Rechtsschein verantwortlichen Kommanditisten. 4<br />

c) Treugeber-„Gesellschafter“<br />

Die Frage der persÇnlichen Haftung eines Treugebers stellt sich insbesondere<br />

bei der Fonds-GbR. Unproblematisch ist die Gesellschafterstellung, wenn der<br />

Kapitalanleger sich unmittelbar als „Direktgesellschafter“ beteiligt. 5 Beteiligt sich<br />

der Kapitalgeber dagegen nur als Treugeber mit der Folge, dass der Treuhånder<br />

die Gesellschafterstellung Åbernimmt, so ist trotz der Stellung als „wirtschaftlicher<br />

EigentÅmer“ eine die Haftung nach § 128 HGB (analog) auslÇsende Gesellschafterstellung<br />

<strong>zu</strong> verneinen. 6 Die Bezeichnung Treugeber-Gesellschafter ist<br />

daher missverståndlich. An der fehlenden Gesellschafterstellung åndert sich auch<br />

dann nichts, wenn dem Treugeber ein Recht auf Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen<br />

mit Stimmrecht und darÅber hinaus auch Einsichts-, Informations-<br />

und Kontrollrechte eingeråumt werden. 7 894<br />

Die Einråumung dieser Rechte<br />

fÅhrt zwar <strong>zu</strong> einer gewissen Einbeziehung des Kapitalanlegers in den Gesellschafterverband,<br />

diese Rechte des „Quasi-Gesellschafters“ betreffen aber nur<br />

das Innenverhålntis der Gesellschaft; die persÇnliche Haftung des Gesellschaf-<br />

1 So im Fall BGH v. 16.4.2008 – VIII ZR 230/07, ZIP 2008, 1120 (1121) = NJW 2008,<br />

2330 .<br />

2 BGH v. 16.4.2008 – VIII ZR 230/07, ZIP 2008, 1120 (1121) = NJW 2008, 2330. Nach<br />

Ansicht des BGH hafte die Scheinsozia nicht fÅr den Anspruch eines Lieferanten, der<br />

der Kanzlei einen Computer geliefert hatte.<br />

3 So auch Lux, NJW 2008, 2309 ff.<br />

4 BGH v. 8.5.1972 – II ZR 170/69, NJW 1972, 1418 (1419); BGH v. 8.5.1978 – II ZR<br />

97/77, BGHZ 71, 354 (356) = NJW 1978, 2030; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 5; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 8.<br />

5 Vgl. da<strong>zu</strong> BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1268.<br />

6 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356); BGH v.<br />

21.4.2009 – XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 (1267 f.) = NJW-RR 2009, 1040 (1041);<br />

MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 42; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 2. Aufl. 2007, Vor § 230 HGB Rz. 60; Hopt in Baumbach/<br />

Hopt, 34. Aufl. 2010, § 105 HGB Rz. 34.<br />

7 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356).<br />

I 684 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 895<br />

ters einer Personengesellschaft hat dagegen ihre Grundlage im Außenverhåltnis,<br />

das zwingend eine „echte“ Gesellschafterstellung voraussetzt. 1 Der hier in Rede<br />

stehende Treugeber-Gesellschafter kann auch nicht mit einem Scheingesellschafter,<br />

der nach § 128 HGB haftet (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 893), verglichen werden. 2<br />

3. Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

a) Rechtsgeschåftliche Verbindlichkeiten<br />

§ 128 HGB unterscheidet nicht zwischen rechtsgeschåftlichen und gesetzlichen<br />

Verbindlichkeiten. 3 Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der<br />

akzessorischen Haftung und einer rechtsgeschåftlich begrÅndeten Mitverpflichtung<br />

der Gesellschafter, die bei der GbR bis <strong>zu</strong> BGHZ 146, 3414 unter der Bezeichnung<br />

„Doppelverpflichtungstheorie“ vertreten wurde. Auch fÅr arbeitsrechtliche<br />

Pensions<strong>zu</strong>sagen5 und fÅr Çffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten6 greift keine Ausnahme ein. Die Haftung fÅr Çffentlich-rechtliche Forderungen<br />

setzt allerdings voraus, dass die Forderung nach Çffentlichem Recht ordnungsgemåß<br />

durch Bescheid gegen die Gesellschaft und nicht etwa gegen den nach Privatrecht<br />

haftenden Gesellschafter geltend gemacht worden ist. 7 895<br />

Selbst wenn der<br />

gegenÅber der Gesellschaft ergangene Verwaltungsakt bestandskråftig ist, kann<br />

auf der Grundlage des § 128 HGB kein Verwaltungsakt gegen den Gesellschafter<br />

1 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356); MÅnch-<br />

Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 42; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 105 HGB Rz. 34; Tebben, ZGR 2001, 586 (612).<br />

2 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356); a.A.<br />

Schiemann, FS ZÇllner, 1998, Bd. I, S. 503 (511).<br />

3 Vgl. BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (172 f.) = ZIP 2007, 1460<br />

(1462); MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 Rz. 10.<br />

4 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 m. Bespr.<br />

K. Schmidt, NJW 2001, 993 = NZG 2001, 311 m. Bespr. <strong>Westermann</strong>, NZG 2001, 289 =<br />

ZIP 2001, 333 m. Bespr. Ulmer, ZIP 2001, 585; vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NJW 2002,<br />

324 ff.<br />

5 BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, BGHZ 87, 286 (288) = NJW 1983, 2254; BGH v.<br />

19.5.1983 – II ZR 49/82, NJW 1983, 2256 (2258); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 207/81,<br />

NJW 1983, 2940 (2941); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2;<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 10; Hillmann in Ebenroth/<br />

Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 9.<br />

6 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513 (3514); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 10; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 10; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 9.<br />

Im Fall des OVG Brandenburg ging es um eine Haftung fÅr eine widerrufene Subvention.<br />

7 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513; VG Schleswig v.<br />

15.1.2003 – 9 B 100/02, NZG 2004, 184 (185); vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NZG 2006,<br />

408 (416).<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 685


Rz. I 895 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

ergehen, da ein Çffentlich-rechtlicher Vollstreckungsglåubiger allein auf der<br />

Grundlage zivilrechtlicher Normen nicht die Befugnis hat, durch Verwaltungsakt<br />

<strong>zu</strong> handeln. 1 GegenÅber dem Gesellschafter kann die Çffentlich-rechtliche Forderung<br />

daher nur vor einem ordentlichen Gericht verfolgt werden. 2<br />

b) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

Die h.M. bejaht auch eine persÇnliche Haftung fÅr AnsprÅche aus unerlaubter<br />

Handlung. 3 Der Gegenauffassung4 ist nicht <strong>zu</strong> folgen. Richtig ist, dass diese Frage<br />

vor Erlass des BGB und damit auch vor Geltung des § 31 BGB von der Rechtsprechung<br />

nicht einheitlich beantwortet worden war. 5 Aufgrund der anerkannten<br />

entsprechenden Anwendung des § 31 BGB auf die Gesamthandsgesellschaft –<br />

der BGH hat dies nunmehr ausdrÅcklich auch fÅr die GbR bejaht6 – ist eine in<br />

Angelegenheiten der Gesellschaft begangene unerlaubte Handlung der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen mit der Folge, dass eine deliktische Verbindlichkeit der Gesellschaft<br />

entsteht, fÅr die alle Gesellschafter persÇnlich haften. Die entscheidende<br />

Frage ist hier also, ob eine unerlaubte Handlung eines Gesellschafters in Gesellschaftsangelegenheiten<br />

begangen wurde und damit der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

ist. 7 Auch die unerlaubte Handlung eines Scheingesellschafters ist der Gesellschaft<br />

analog § 31 BGB <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. 8 Dies gilt auch fÅr eine Anwaltssozietåt. 9<br />

896<br />

1 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513 (3514).<br />

2 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513 (3514).<br />

3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 10; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 10; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 9; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1411.<br />

4 Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 343 f.; Nitschke, Personengesellschaft, 1970,<br />

S. 344; Altmeppen, NJW 1996, 1017 (1019 ff.); Altmeppen, NJW 2003, 1553 (1557).<br />

5 Das ROHG hatte in der Entscheidung v. 28.1.1876 – Rep. 1076/75, ROHG 19, 196<br />

(202) eine Gesellschaftsverbindlichkeit im Falle der unerlaubten Handlung eines Gesellschafters<br />

verneint, wåhrend das RG in den Entscheidungen v. 29.6.1883 – II 170/83,<br />

RGZ 10, 301 (302) und v. 5.2.1886 – I 390/85, RGZ 15, 121 (123 f.) eine Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

und damit auch eine persÇnliche Haftung der Gesellschafter bejahte. Vgl.<br />

<strong>zu</strong>r Entwicklung der Rechtssprechung Altmeppen, NJW 1996, 1017 (1020 f.); Wertenbruch,<br />

Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 182 f.<br />

6 BGH v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88 (93 ff.) = ZIP 2003, 664 (665 f.).<br />

7 Vgl. da<strong>zu</strong> Schwarz/SchÇpfl in Bamberger/Roth, 2. Aufl. 2007, § 31 BGB Rz. 17 f.; Erman/<br />

<strong>Westermann</strong>, 12. Aufl. 2008, § 31 BGB Rz. 5; MÅnchKomm.BGB/Reuter, 5. Aufl. 2006,<br />

§ 31 BGB Rz. 32 f.; Palandt/Ellenberger, 70. Aufl. 2011, § 31 BGB Rz. 10.<br />

8 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (172 f.) = ZIP 2007, 1460.<br />

9 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (172 f.) = ZIP 2007, 1460 (1461).<br />

I 686 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 897<br />

c) SozialansprÅche und DrittglåubigeransprÅche eines Gesellschafters<br />

Ob die akzessorische Haftung des § 128 HGB auch <strong>zu</strong>gunsten von Gesellschaftern<br />

als Glåubiger der Gesellschaft eingreift, hångt von der Art der Verbindlichkeit<br />

ab. Zu unterscheiden ist zwischen sog. DrittansprÅchen und SozialansprÅchen<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 422 ff.). In Be<strong>zu</strong>g auf DrittansprÅche steht der Gesellschafter<br />

der Gesellschaft grundsåtzlich wie ein außenstehender Dritter gegenÅber. Die<br />

Forderung steht damit nicht in einem Zusammenhang mit dem Gesellschaftsverhåltnis.<br />

FÅr DrittansprÅche haften die Åbrigen Gesellschafter grundsåtzlich nach<br />

§ 128 HGB. Nicht entscheidend ist, ob der Anspruch unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag<br />

oder aus einem Austauschvertrag (z.B. Kaufvertrag) folgt.<br />

Denn Forderungen aus einem separaten Austauschvertrag sind dann keine DrittansprÅche,<br />

wenn der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhåltnis <strong>zu</strong>m Abschluss<br />

eines solchen Vertrags verpflichtet ist 1 (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 396). In Be<strong>zu</strong>g auf<br />

SozialansprÅche (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 415) der Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft<br />

greift keine Haftung aus § 128 HGB ein. 2 Insoweit kann ein ausgeschiedener<br />

Gesellschafter auch keine Freistellung nach § 738 BGB verlangen; denn „gemeinschaftliche<br />

Schulden“ i.S. des § 738 BGB sind nur solche, die eine Haftung<br />

nach § 128 HGB (analog) begrÅnden. 3 AnsprÅche eines ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

aus dem Gesellschaftsverhåltnis – zB der Anspruch auf Erstellung einer<br />

Auseinanderset<strong>zu</strong>ngsbilanz – stellen aber keine Sozialverbindlichkeiten in diesem<br />

Sinne dar mit der Folge, dass insoweit eine Haftung der Gesellschafter aus § 128<br />

HGB (analog) besteht. 4<br />

Wird aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung ein Austauschvertrag<br />

abgeschlossen, so handelt es sich um eine Beitragsverpflichtung mit der Folge,<br />

dass – wie bei reinen SozialansprÅchen – eine direkte Inanspruchnahme der<br />

anderen Gesellschafter nach § 128 HGB ausscheidet. 5 Der eigentliche Rechtsgrund<br />

fÅr den Anspruch des Gesellschafters ist nicht der abgeschlossene Austauschvertrag,<br />

sondern die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung <strong>zu</strong>m Abschluss<br />

eines solchen Vertrags. Vgl. <strong>zu</strong>r Behandlung von LeistungsstÇrungen bei solchen<br />

gesonderten Einbringungsvertrågen Rz. I 396 ff.<br />

1 OLG MÅnchen v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, NZG 2000, 1124; Wertenbruch, NZG 2001,<br />

306 ff.<br />

2 BGH v. 18.1.2010 – II ZR 31/09, ZIP 2010, 515 (516) = WM 2010, 558 (559).<br />

3 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, ZIP 2010, 515 f.; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer,<br />

5. Aufl. 2009, § 738 BGB Rz. 77 f.; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 45.<br />

4 BGH v. 22.9.2008 – II ZR 257/07, ZIP 2008, 2359 (2361).<br />

5 A.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 13; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 687<br />

897


898<br />

899<br />

Rz. I 898 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Bei Vorliegen eines Drittanspruchs ist zwar die persÇnliche Haftung der anderen<br />

Gesellschafter aus § 128 HGB grundsåtzlich <strong>zu</strong> bejahen 1 , die Durchset<strong>zu</strong>ng des<br />

Drittanspruchs kann aber durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht beschrånkt<br />

sein. 2 Ein Mitgesellschafter kann nur persÇnlich nach § 128 HGB in<br />

Anspruch genommen werden, wenn eine Befriedigung aus dem GesellschaftsvermÇgen<br />

nicht <strong>zu</strong> erwarten ist. 3 Der nach § 128 HGB gegen seine Mitgesellschafter<br />

vorgehende Gesellschafter-Glåubiger muss sich <strong>zu</strong>dem seinen eigenen Verlustanteil<br />

anrechnen lassen. 4 Die Mitgesellschafter haften aber im Ûbrigen nicht pro<br />

rata, sondern als Gesamtschuldner (vgl. Rz. I 985). Bei der Durchset<strong>zu</strong>ng von<br />

Drittglåubigerforderungen kann die Inanspruchnahme der anderen Gesellschafter<br />

aus § 128 HGB auch durch eine stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen<br />

oder eingeschrånkt sein. 5<br />

FÅr SozialansprÅche (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 415 f.) haften die anderen Gesellschafter<br />

auch dann nicht nach § 128 HGB, wenn aus dem GesellschaftsvermÇgen keine<br />

1 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (310 f.); BGH v. 10.11.1969 – II ZR 40/67,<br />

WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983,<br />

258 m. Anm. Walter = JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt,<br />

GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />

2 BGH v. 10.11.1969 – II ZR/40/67, WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR<br />

206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983, 258 m. Anm. Walter = JuS 1983, 307 m. Anm.<br />

K. Schmidt; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 13; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002,<br />

S. 1412.<br />

3 BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983, 258 m. Anm. Walter =<br />

JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt,<br />

GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />

4 BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983, 258 m. Anm. Walter =<br />

JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt,<br />

GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />

5 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (314); RG v. 26.2.1937 – II 200/36, JW 1937,<br />

1986 (1987); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24.<br />

I 688 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 900<br />

Befriedigung <strong>zu</strong> erlangen ist. 1 Der Grund hierfÅr besteht darin, dass die Gesellschafter<br />

nach § 707 BGB grundsåtzlich nicht <strong>zu</strong> NachschÅssen verpflichtet sind 2<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 399). Zu den SozialansprÅchen gehÇrt auch ein durch Gesellschaftsvertrag<br />

<strong>zu</strong>gesagter Vorweggewinn in Form einer lebenslangen Betriebsrente.<br />

3<br />

Der Aufwendungsersatzanspruch aus § 110 HGB wegen Befriedigung eines<br />

Gesellschaftsglåubigers ist zwar als Sozialanspruch ein<strong>zu</strong>ordnen (vgl. da<strong>zu</strong><br />

Rz. I 401 ff.), der betreffende Gesellschafter kann hier aber seine Mitgesellschafter<br />

in Regress nehmen, sofern der Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft<br />

nicht durchgesetzt werden kann 4 (vgl. Rz. I 413, 415 ff.). Anspruchsgrundlage<br />

ist hier allerdings nicht § 128 HGB, sondern § 426 Abs. 1, Abs. 2 BGB. 5 Der<br />

nach § 426 Abs. 1 BGB vorgebende Gesellschafter muss sich seinen eigenen Verlustanteil<br />

anrechnen lassen; die Mitgesellschafter haften also nur pro rata. 6 Der<br />

1 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (301 f.) = NJW 1962, 1863 (1864);<br />

BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, ZIP 1989, 852 = NJW-RR 1989, 866; BGH v.<br />

17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233) = WM 2002, 291 (293); Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Schåfer, 5. Aufl.<br />

2009, § 110 HGB Rz. 31; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 110 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 11.<br />

2 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (301 f.) = NJW 1962, 1863 (1864);<br />

BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, ZIP 1989, 852 = NJW-RR 1989, 866; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 11.<br />

3 BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, ZIP 1989, 852 = NJW-RR 1989, 866; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 11.<br />

4 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (302) = NJW 1962, 1863 (1864); BGH<br />

v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76); BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99,<br />

ZIP 2002, 394 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 48 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 32.<br />

5 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (302) = NJW 1962, 1863 (1864); BGH<br />

v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76); BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99,<br />

ZIP 2002, 394 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 48 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 32; K. Schmidt, GesR,<br />

4. Aufl. 2002, S. 1436 f.<br />

6 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (302) = NJW 1962, 1863 (1864); BGH<br />

v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76); BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99,<br />

ZIP 2002, 394 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 48 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; Hillmann in<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 689<br />

900


901<br />

902<br />

Rz. I 900 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters 1 ist ebenso wie der<br />

Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters 2 kein Sozialanspruch, sondern<br />

wie ein Drittanspruch <strong>zu</strong> behandeln mit der Folge, dass der betreffende Gesellschafter<br />

seine Mitgesellschafter nach § 128 HGB in Anspruch nehmen kann.<br />

III. Der Inhalt der Haftung<br />

1. Unmittelbare Haftung der Gesellschafter – keine Subsidiaritåt<br />

Die Gesellschaftsglåubiger kÇnnen die einzelnen Gesellschafter der OHG unmittelbar<br />

in Anspruch nehmen. Insoweit kann nicht gesagt werden, die Gesellschafter<br />

wÅrden den Glåubigern nur subsidiår haften. Im Verhåltnis zwischen Gesellschafter<br />

und Gesellschaftsglåubiger ist die Bezeichnung „subsidiåre Haftung“<br />

nicht <strong>zu</strong>treffend. Dieser Begriff ist nur insoweit richtig, als es um das Verhåltnis<br />

zwischen dem einzelnen Gesellschafter und der Gesellschaft geht. Hier folgt aus<br />

der Regelung des § 110 HGB Åber den Aufwendungsersatz und aus der aus § 707<br />

BGB folgenden fehlenden Verpflichtung <strong>zu</strong> NachschÅssen, dass in diesem Verhåltnis<br />

letztlich die Gesellschaft fÅr die ErfÅllung des Anspruchs aufkommen<br />

muss. Der Gesellschaftsglåubiger muss allerdings dieses innergesellschaftliche<br />

Stufenverhåltnis nicht beachten. In der Praxis wird es allerdings in der Regel so<br />

sein, dass der Gesellschaftsglåubiger einen einzelnen Gesellschafter erst dann persÇnlich<br />

in Anspruch nimmt, wenn die Gesellschaft selbst auf Mahnungen hin die<br />

Gesellschaftsverbindlichkeit nicht erfÅllt.<br />

Eingeschrånkt wird der Grundsatz der unmittelbaren persÇnlichen Haftung in<br />

dem Fall, in dem ein Gesellschafter Glåubiger eines sog. Drittanspruchs ist. 3 Der<br />

Gesellschafter-Glåubiger muss hier aufgrund der gesellschaftsrechtlichen<br />

Treuepflicht <strong>zu</strong>nåchst die Gesellschaft in Anspruch nehmen (vgl. Rz. I 898). In-<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 32; K. Schmidt, GesR,<br />

4. Aufl. 2002, S. 1436 f.<br />

1 RG v. 4.2.1882 – Rep. I 659/81, RGZ 7, 93 (94); RG v. 13.2.1917 – Rep. II 464/16, RGZ<br />

89, 403 (406); BGH v. 11.10.1971 – II ZR 68/68, WM 1971, 1451 (1452); BGH v.<br />

2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (206 f.) = ZIP 2001, 1364 (1365); Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 23; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 12; U. Huber, VermÇgensanteil, 1970,<br />

S. 319.<br />

2 BGH v. 11.1.1960 – II ZR 69/59, WM 1960, 187 f.; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 12.<br />

3 BGH v. 10.11.1969 – II ZR 40/67, WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR<br />

206/81, NJW 1983, 749; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24;<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10, 18; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />

I 690 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 902<br />

soweit ist allerdings keine Vorausklage gegen die Gesellschaft erforderlich. 1 Ausreichend<br />

fÅr die unmittelbare Inanspruchnahme der anderen Gesellschafter ist<br />

hier, dass eine ErfÅllung der Gesellschaftsverbindlichkeit durch die Gesellschaft<br />

aufgrund ihrer VermÇgenslage nicht <strong>zu</strong> erwarten ist. 2 Das Gleiche gilt, wenn die<br />

Gesellschaft die ErfÅllung der Gesellschaftsverbindlichkeit ernsthaft und endgÅltig<br />

verweigert. 3 Die aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht folgende<br />

Einrede der Mitgesellschafter geht nach allgemeinen Grundsåtzen (§ 404<br />

BGB) nicht dadurch verloren, dass der Gesellschafter-Glåubiger seinen Drittanspruch<br />

an einen Nichtgesellschafter abtritt. 4 Es ist insoweit zwar richtig,<br />

dass die Einrede der Mitgesellschafter auf der Gesellschafterstellung des Glåubigers<br />

des Drittanspruches beruht, die Rechtsstellung der Mitgesellschafter kann<br />

sich aber nicht dadurch verschlechtern, dass der Gesellschafter-Glåubiger seine<br />

Forderung auf einen Nichtgesellschafter Åbertrågt. Letztlich dÅrfte es sich um ein<br />

theoretisches Problem handeln. Denn im Falle einer erfolglosen Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />

ist auch der Gesellschafter als Drittglåubiger <strong>zu</strong>r unmittelbaren Inanspruchnahme<br />

der anderen Gesellschafter befugt. Da nach Ansicht des BGH 5 eine ernsthafte<br />

und endgÅltige ErfÅllungsverweigerung fÅr die direkte Inanspruchnahme der<br />

Mitgesellschafter ausreicht, muss Entsprechendes fÅr eine erfolglose Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />

gelten. Denn sowohl nach § 281 Abs. 2 BGB als auch § 323 Abs. 2 BGB<br />

steht eine ernsthafte und endgÅltige ErfÅllungsverweigerung einer erfolglosen<br />

Nachfristset<strong>zu</strong>ng gleich.<br />

1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 20.<br />

2 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, ZIP 2002, 194 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456);<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12, 20; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 18.<br />

3 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, ZIP 2002, 194 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456);<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 20.<br />

4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 12, 20; a.A. Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 18.<br />

5 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, ZIP 2002, 194 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456).<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 691


903<br />

904<br />

Rz. I 903 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

2. Haftungstheorie und ErfÅllungstheorie<br />

In Be<strong>zu</strong>g auf die Frage des Inhalts der persÇnlichen Gesellschafterhaftung werden<br />

die ErfÅllungstheorie 1 und die Haftungstheorie 2 vertreten. Zu folgen ist der ErfÅllungstheorie.<br />

Dies ergibt sich aber nicht daraus, dass Gesellschaftsschuld und<br />

Gesellschafterschuld identisch wåren und fÅr diese Schuld mit zwei VermÇgensmassen<br />

– GesellschaftsvermÇgen und PrivatvermÇgen der Gesellschafter – gehaftet<br />

wÅrde. 3 Aufgrund der Rechtsfåhigkeit der Personengesellschaft besteht die<br />

Gesellschaftsschuld selbståndig neben der persÇnlichen Schuld der einzelnen Gesellschafter.<br />

4 Auch aus dem Wortlaut des § 128 HGB „haften persÇnlich“ låsst<br />

sich nicht zwingend ein Argument fÅr die eine oder andere Auffassung ableiten.<br />

Entscheidend ist vielmehr der durch die akzessorische Haftung gemåß § 128<br />

HGB bezweckte Schutz der Gesellschaftsglåubiger und damit <strong>zu</strong>sammenhångend<br />

die Funktion dieser Vorschrift, statt durch ein Mindestkapital durch eine persÇnliche<br />

Haftung eine Grundlage fÅr die KreditwÅrdigkeit der Gesellschaft <strong>zu</strong> bilden.<br />

5<br />

Der Schutz der einzelnen persÇnlich haftenden Gesellschafter erfordert nicht<br />

eine Anwendung der Haftungstheorie, nach der ein Gesellschafter nur auf<br />

Leistung eines Geldbetrags haften kann. Es mÅsste also nach dieser Theorie<br />

eine Gesellschaftsverbindlichkeit, die nicht auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet<br />

ist, in eine Geldschuld umgewandelt werden. Eine solche grundsåtzliche Umwandlung<br />

der Verbindlichkeit wåre <strong>zu</strong>m einen in vielen Fållen eine un<strong>zu</strong>mutbare<br />

Belastung fÅr den Gesellschaftsglåubiger und <strong>zu</strong>m anderen <strong>zu</strong>m Schutz des ein-<br />

1 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (305 f.) = NJW 1957, 871 (872);<br />

BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (221 f.) = NJW 1979, 1361 (1362);<br />

BGH v. 22.3.1988 – X ZR 64/87, BGHZ 104, 76 (78) = NJW 1988, 1976 f.; BGH v.<br />

1.4.1987 – VII ZR 15/86, NJW 1987, 2367 (2369); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 28;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 24; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 22; Flume, Die Personengesellschaft,<br />

1977, S. 304 ff.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1423 ff.; Hadding, ZGR<br />

1981, 577 (582 ff.).<br />

2 R. Fischer, Die Haftung des Gesellschafters fÅr Schulden der OHG, 1936, S. 77 ff.; MÅller-<br />

Erzbach, Handelsrecht, 2./3. Aufl. 1928, S. 205; John, Die organisierte Rechtsperson,<br />

1977, S. 250 ff.; Wieland, Handelsrecht I, 1921, S. 631 (636 f.).<br />

3 So aber RG v. 13.4.1901 – Rep. 115/01, RGZ 49, 341 (343); RG v. 1.12.1911 – II 15/11,<br />

JW 1912, 147; BGH v. 16.2.1961 – III ZR 71/60, BGHZ 34, 293 (296) = NJW 1961,<br />

1022 (1023).<br />

4 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (306) = NJW 1957, 871 (872); BGH<br />

v. 16.2.1961 – III ZR 71/60, BGHZ 34, 293 (296) = NJW 1961, 1022 (1023); BGH v.<br />

29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358) = NJW 2001, 1056 (1061).<br />

5 BGH v. 16.2.1961 – III ZR 71/60, BGHZ 34, 293 (296) = NJW 1961, 1022 (1023); Hopt<br />

in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 8; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002,<br />

S. 1423 ff.<br />

I 692 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 905<br />

zelnen Gesellschafters nicht erforderlich. Dies gilt insbesondere nach Inkrafttreten<br />

des neuen Schuldrechts mit der Neufassung des § 275 BGB. Nach der somit<br />

vor<strong>zu</strong>gswÅrdigen ErfÅllungstheorie haften die einzelnen Gesellschafter grundsåtzlich<br />

ebenso wie die Gesellschaft, d.h. nicht nur auf ErfÅllung von Geldschulden,<br />

sondern auch auf Abgabe von Willenserklårungen, Vornahme von<br />

Handlungen, Unterlassung usw. Ist im konkreten Fall dem persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter die Leistung gemåß § 275 Abs. 1 BGB objektiv oder subjektiv<br />

unmÇglich, so wird er nach dieser Vorschrift von der Leistung frei. Entsprechendes<br />

gilt, wenn der einzelne Gesellschafter gemåß § 275 Abs. 2 BGB die Leistung<br />

wegen eines unverhåltnismåßigen Aufwandes oder gemåß § 275 Abs. 3 BGB wegen<br />

Un<strong>zu</strong>mutbarkeit verweigern kann. Der Grundpfeiler fÅr den Inhalt der persÇnlichen<br />

Haftung nach Maßgabe der ErfÅllungstheorie ist damit die Regelung<br />

des § 128 HGB im Zusammenspiel mit der neu gefassten Regelung des § 275<br />

BGB.<br />

Greift im konkreten Einzelfall <strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters die Regelung des<br />

§ 275 BGB ein, weil die konkrete Verbindlichkeit nur von der Gesellschaft als solcher<br />

erfÅllt werden kann, so kommt eine unmittelbare Schadensersatzhaftung<br />

des Gesellschafters wegen fehlenden VertretenmÅssens in der Regel nicht in Betracht.<br />

Dem einzelnen Gesellschafter kann grundsåtzlich nicht vorgeworfen werden,<br />

dass er eine Gesellschaftsverbindlichkeit, fÅr die er akzessorisch nach § 128<br />

HGB haftet, nicht persÇnlich erfÅllen kann. Vertragspartner des Gesellschaftsglåubigers<br />

ist eben die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter. Der einzelne<br />

Gesellschafter haftet daher in einem solchen Fall nur dann, wenn sich die<br />

ursprÅngliche Gesellschaftsschuld nach allgemeinem LeistungsstÇrungsrecht<br />

durch Nachfristset<strong>zu</strong>ng (§ 281 Abs. 1 BGB), ernsthafte und endgÅltige ErfÅllungsverweigerung<br />

(§ 281 Abs. 2 BGB) oder <strong>zu</strong> vertretende UnmÇglichkeit (§ 283<br />

BGB) in eine Geldschuld umgewandelt hat. Dann haftet der Gesellschafter gemåß<br />

§ 128 HGB unmittelbar auf ErfÅllung der Geldschuld. 1<br />

1 BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59, BGHZ 36, 224 (228) = NJW 1962, 536 (537); BGH<br />

v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204); Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 23; Flume, Die Personengesellschaft,<br />

1977, S. 305.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 693<br />

905


906<br />

Rz. I 906 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

3. GeschåftsfÅhrungshandlungen der vertretungsberechtigten Gesellschafter<br />

Geht man aus den oben dargelegten GrÅnden bei Einzelfragen der persÇnlichen<br />

Haftung nach § 128 HGB grundsåtzlich von der ErfÅllungstheorie aus, so nehmen<br />

die vertretungsberechtigten Gesellschafter keine Sonderstellung ein. 1 Ein<br />

vertretungsberechtigter Gesellschafter kann nicht mit der BegrÅndung in Anspruch<br />

genommen werden, er kÇnne als Vertretungsorgan die Rechtshandlung im<br />

Namen der Gesellschaft vornehmen. Denn die geschåftsfÅhrungs- und vertretungsberechtigten<br />

Gesellschafter sind gegenÅber den Gesellschaftsglåubigern<br />

nicht <strong>zu</strong>r Vornahme von GeschåftsfÅhrungshandlungen verpflichtet. 2 Die Verpflichtungen<br />

sind insoweit nicht inhaltsgleich. Im Ûbrigen erlangt der Gesellschaftsglåubiger<br />

im Vergleich <strong>zu</strong> einer Klage gegen die Gesellschaft keinen Vorteil.<br />

Der BGH 3 hat dies fÅr den Fall des Anspruchs auf Abgabe einer Willenserklårung<br />

richtig erkannt. 4 In einer ålteren Entscheidung 5 hat der BGH in Be<strong>zu</strong>g<br />

auf den Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung <strong>zu</strong> Unrecht<br />

eine Klage gegen einen vertretungsberechtigten Gesellschafter als begrÅndet angesehen.<br />

6 Der Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung besteht<br />

nur gegen die Gesellschaft als solche. Die Verpflichtung des geschåftsfÅh-<br />

1 Vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/<br />

Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl.<br />

2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 312 ff.; K. Schmidt, GesR,<br />

4. Aufl. 2002, S. 1427 ff.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 312; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl.<br />

2002, S. 1427 ff.<br />

3 BGH v. 22.12.1982 – V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.<br />

4 Zustimmend Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011,<br />

§§ 128, 129 HGB Rz. 5; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 312 ff.; K. Schmidt,<br />

GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 ff.<br />

5 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (306) = NJW 1957, 871 (872).<br />

6 Ablehnend auch Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; Flume, Die Personengesellschaft,<br />

1977, S. 313; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 f.; a.A. MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 28; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 27.<br />

I 694 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 907<br />

rungs- und vertretungsbefugten Gesellschafters, diese Handlung mit Wirkung fÅr<br />

und gegen die Gesellschaft vor<strong>zu</strong>nehmen, besteht nur gegenÅber der Gesellschaft.<br />

1 Die Entscheidung des BGH kann deshalb nicht als Grundsatzentscheidung<br />

fÅr eine solche persÇnliche Inanspruchnahme der vertretungsberechtigten<br />

Gesellschafter angesehen werden, weil <strong>zu</strong>m Zeitpunkt dieser Entscheidung die<br />

Parteifåhigkeit der OHG noch nicht anerkannt war. Dies geschah erst durch<br />

BGH-Urteil v. 13.2.1974. 2 Die frÅher bei fehlender oder <strong>zu</strong>mindest umstrittener<br />

Parteifåhigkeit von Gesellschaften und Gemeinschaften Åbliche Klage gegen den<br />

geschåftsfÅhrenden Gesellschafter auf Vornahme von Rechtshandlungen ist aus<br />

heutiger Sicht in Wirklichkeit eine Klage gegen die Gesellschaft. Abgesehen von<br />

der fehlenden materiell-rechtlichen Verpflichtung der GeschåftsfÅhrer gegenÅber<br />

Gesellschaftsglåubigern fehlt in den hier in Rede stehenden Fållen in prozessualer<br />

Hinsicht das RechtsschutzbedÅrfnis fÅr eine Klage auf Vornahme einer Handlung<br />

im Namen der Gesellschaft. Denn der Glåubiger erlangt hier nicht mehr als mit<br />

der Klage gegen die Gesellschaft. 3<br />

4. Geldschulden und Ver<strong>zu</strong>gsfolgen<br />

Unproblematisch und unumstritten ist im Grundsatz die Behandlung der Geld- 907<br />

schuld. Der einzelne Gesellschafter haftet unmittelbar auf Zahlung des von der<br />

Gesellschaft geschuldeten Geldbetrags; insoweit besteht kein Unterschied zwischen<br />

der hier vertretenen ErfÅllungstheorie und der Haftungstheorie (vgl. <strong>zu</strong>r<br />

prozessualen Durchset<strong>zu</strong>ng von Geldschulden Rz. I 734). Aus dem Grundsatz<br />

der akzessorischen Haftung folgt, dass von der Gesellschaft geschuldete Ver<strong>zu</strong>gszinsen<br />

und ein darÅber hinausgehender Ver<strong>zu</strong>gsschaden unmittelbar auch<br />

die Haftung der Gesellschafter erweitern. Insoweit ist die Haftung nicht auf den<br />

ursprÅnglich geschuldeten Geldbetrag begrenzt. Der Gesellschafter kann aber<br />

auch selbst in Ver<strong>zu</strong>g geraten, und zwar dann, wenn er vom Gesellschaftsglåubiger<br />

persÇnlich <strong>zu</strong>r Zahlung aufgefordert wird und die Forderung in von ihm <strong>zu</strong><br />

vertretender Weise nicht erfÅllt. Durch anfallende Ver<strong>zu</strong>gszinsen und einen darÅ-<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 313.<br />

2 BGH v. 13.2.1974 – VIII ZR 147/72, BGHZ 62, 131 (132 f.) = NJW 1974, 750; vgl. <strong>zu</strong>r<br />

umstrittenen Frage der Parteifåhigkeit der OHG bis <strong>zu</strong> dieser Entscheidung Wertenbruch,<br />

Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 59 ff.<br />

3 So <strong>zu</strong>treffend fÅr den Anspruch auf Abgabe einer Willenserklårung BGH v. 22.12.1982<br />

– V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.; ebenso Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />

§ 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28; Koller in Koller/Roth/<br />

Morck, 7. Aufl. 2011, §§ 128, 129 HGB Rz. 5; Flume, Die Personengesellschaft, 1977,<br />

S. 312 ff.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 ff.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 695


Rz. I 907 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

ber hinausgehenden Ver<strong>zu</strong>gsschaden kann hier die persÇnliche Schuld betragsmåßig<br />

Åber die Gesellschaftsschuld hinausgehen. Dies gilt insbesondere dann,<br />

wenn der Gesellschaftsglåubiger die Gesellschaft gar nicht in Ver<strong>zu</strong>g setzt, sondern<br />

sogleich den Gesellschafter in Anspruch nimmt und gleichzeitig gemåß<br />

§ 286 Abs. 1 BGB mahnt. Befinden sich sowohl die Gesellschaft als auch ein<br />

oder mehrere Gesellschafter persÇnlich in Ver<strong>zu</strong>g, so tritt in Be<strong>zu</strong>g auf Ver<strong>zu</strong>gszinsen<br />

und einen darÅber hinausgehenden Ver<strong>zu</strong>gsschaden keine Kumulation<br />

ein. Der Gesellschaftsglåubiger kann die Ver<strong>zu</strong>gszinsen und seinen Ver<strong>zu</strong>gsschaden<br />

nur einmal verlangen. Wåhrend die Gesellschafter ohne Weiteres persÇnlich<br />

fÅr die von der Gesellschaft geschuldeten Ver<strong>zu</strong>gszinsen und einen darÅber<br />

hinausgehenden Ver<strong>zu</strong>gsschaden haften, schuldet umgekehrt die Gesellschaft<br />

nicht die aus persÇnlicher Inanspruchnahme der Gesellschafter erwachsenden<br />

Ver<strong>zu</strong>gszinsen und weiteren Ver<strong>zu</strong>gsschåden.<br />

Im Falle der persÇnlichen Inanspruchnahme eines Gesellschafters betrågt<br />

zwar wegen fehlender Unternehmereigenschaft des Gesellschafters 1 der Ver<strong>zu</strong>gszinssatz<br />

gemåß § 288 Abs. 1 BGB fÅr das Jahr fÅnf Prozentpunkte Åber<br />

dem Basiszinssatz i.S. des § 247 BGB, der Gesellschafter haftet aber gleichwohl<br />

aufgrund des Akzessorietåtsprinzips gemåß § 128 HGB, § 288 Abs. 2 BGB auf<br />

einen Zinssatz in HÇhe von acht Prozentpunkten Åber dem Basiszinssatz, weil die<br />

OHG als Unternehmerin an<strong>zu</strong>sehen ist und daher eine Gesellschaftsschuld mit<br />

dem erhÇhten Zinssatz entsteht.<br />

5. Vertretbare Handlungen – insbesondere GewåhrleistungsansprÅche<br />

a) Grundsåtze<br />

Ein Anspruch gegen die Gesellschaft auf Vornahme einer vertretbaren Handlung<br />

kann unmittelbar auch gegen die einzelnen Gesellschafter geltend gemacht<br />

werden. 2 Der BGH hat in dieser Hinsicht eine unmittelbare inhaltsgleiche<br />

Haftung der Gesellschafter fÅr vertretbare handwerkliche Leistungen im Rahmen<br />

der werkvertragsrechtlichen Gewåhrleistung bejaht. 3 908<br />

Der Gesellschafter<br />

kann sich hier nicht auf eine Beeintråchtigung der sog. gesellschaftsfreien Privatsphåre<br />

berufen. Denn der Gesellschafter kann, wenn eine Veranlassung der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong>r Leistung nicht gelingt, den Nachbesserungsanspruch im Wesentli-<br />

1 Der einzelne Gesellschafter betreibt auch bei einer GeschåftsfÅhrungsbefugnis kein eigenes<br />

Unternehmen.<br />

2 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (221 f.) = NJW 1979, 1361 (1362);<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 35; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 27; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 28.<br />

3 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (222) = NJW 1979, 1361 (1362).<br />

I 696 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 909<br />

chen ohne persÇnlichen Einsatz durch Beauftragung eines anderen Unternehmens<br />

und Leistung des Werklohns in Geld erfÅllen. Der Unterschied <strong>zu</strong> einer<br />

Geldschuld besteht zwar darin, dass der Gesellschafter ein anderes Unternehmen<br />

auswåhlen und beauftragen muss, dieser Aufwand obliegt aber auch dem Vertragsglåubiger,<br />

wenn der im Wege einer <strong>zu</strong>låssigen Ersatzvornahme den Mangel<br />

selbst beseitigt und seine Aufwendungen dann in Rechnung stellt. 1 Das Vorliegen<br />

einer vertretbaren Handlung setzt bei der werkvertragsrechtlichen Gewåhrleistung<br />

voraus, dass nach dem Inhalt des Werkvertrags die Leistung nicht nur<br />

von der Gesellschaft erbracht werden kann. 2 Ist nach dem Inhalt des Werkvertrags<br />

die Werkleistung und damit auch die NacherfÅllung nur von der Gesellschaft<br />

als solcher geschuldet, so haften die Gesellschafter nur auf Schadensersatz. Der<br />

Glåubiger muss daher <strong>zu</strong>nåchst der Gesellschaft eine Nachfrist setzen, um die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

fÅr einen Schadensersatzanspruch <strong>zu</strong> schaffen, fÅr den dann die<br />

Gesellschafter persÇnlich haften.<br />

Die grundsåtzlich unmittelbare und inhaltsgleiche Haftung fÅr AnsprÅche gegen<br />

die Gesellschaft auf Vornahme vertretbarer Handlungen spielt auch eine große<br />

Rolle bei der kaufrechtlichen und der mietrechtlichen Gewåhrleistung.<br />

Beim Kauf schuldet der einzelne Gesellschafter daher sowohl eine Nachbesserung<br />

als auch eine Nachlieferung, sofern die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der §§ 437 Nr. 1,<br />

439 Abs. 1 BGB vorliegen. Entsprechendes gilt fÅr den Anspruch aus § 535<br />

Abs. 1 Satz 2 BGB auf Beseitigung eines Mietmangels. Der in Anspruch genommene<br />

Gesellschafter muss also hier, sofern er die Gesellschaft nicht <strong>zu</strong>r Leistung<br />

veranlassen kann, ein anderes Unternehmen mit der Erbringung der Leistung beauftragen<br />

und die dafÅr erforderliche VergÅtung Åbernehmen. Der Gesellschaftsglåubiger<br />

kann zwar dem Gesellschafter fÅr die Vornahme der vertretbaren<br />

Handlung eine Frist setzen, ein fruchtloser Ablauf dieser Frist fÅhrt aber nicht<br />

nach § 281 Abs. 1 BGB <strong>zu</strong>r Entstehung eines Schadensersatzanspruchs. Denn<br />

der nach § 128 HGB persÇnlich haftende Gesellschafter ist nicht Vertragspartner;<br />

der Gesellschaftsglåubiger muss also insoweit gegen die Gesellschaft vorgehen<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> und <strong>zu</strong>r Vollstreckung nach § 887 ZPO die nachfolgende Rz. I 910).<br />

Auch die Erstellung einer Auseinanderset<strong>zu</strong>ngsbilanz stellt eine vertretbare<br />

Handlung dar. 3 Eine Haftung nach § 128 HGB kommt aber insoweit nur dann in<br />

Betracht, wenn der Anspruch von einem ausgeschiedenen Gesellschafter geltend<br />

gemacht wird; ansonsten liegt nåmlich eine Sozialverbindlichkeit vor, fÅr<br />

die nicht nach § 128 HGB gehaftet wird (vgl. Rz. I 415 ff.).<br />

1 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (222) = NJW 1979, 1361 (1362).<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; vgl. <strong>zu</strong>r Einordnung der<br />

Werkleistung als vertretbare Handlung Wertenbruch, ZGS 2003, 53 ff.<br />

3 BGH v. 22.9.2008 – II ZR 257/07, ZIP 2008, 2359 (2361); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 131 HGB Rz. 157; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 131<br />

HGB Rz. 136; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011, § 131 HGB Rz. 14.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 697<br />

909


910<br />

911<br />

Rz. I 910 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

b) Vollstreckung nach § 887 ZPO und Umwandlung in Schadensersatzanspruch<br />

Steht einem Gesellschaftsglåubiger ein Anspruch auf Vornahme einer vertretbaren<br />

Handlung <strong>zu</strong>, so kann der Glåubiger nach fruchtlosem Ablauf einer gesetzten<br />

Nachfrist gemåß § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.<br />

Der ErfÅllungsanspruch bleibt gemåß § 281 Abs. 4 BGB trotz Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />

solange bestehen, bis der Glåubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangt.<br />

1 Der Gesellschaftsglåubiger kann also nunmehr wåhlen, ob er von der<br />

Gesellschaft die Vornahme der vertretbaren Handlung oder Schadensersatz verlangt.<br />

Das Gleiche gilt fÅr die Haftung des Gesellschafters aus § 128 HGB. Auch<br />

insoweit steht nun dem Gesellschaftsglåubiger ein Wahlrecht <strong>zu</strong>. Der Gesellschaftsglåubiger<br />

kann aber nicht unmittelbar gegen einen persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter aus § 281 Abs. 1 BGB vorgehen. Dies beruht darauf, dass ein Schadensersatzverlangen<br />

des Glåubigers nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist<br />

<strong>zu</strong>m ErlÇschen des ErfÅllungsanspruchs gegen die Gesellschaft fÅhrt. Insoweit<br />

stehen einem einzelnen persÇnlich haftenden Gesellschafter und dem Gesellschaftsglåubiger<br />

keine VerfÅgungsbefugnisse <strong>zu</strong>. Daher fÅhrt auch eine ErfÅllungsverweigerung<br />

des persÇnlich haftenden Gesellschafters nicht gemåß § 281<br />

Abs. 2 BGB <strong>zu</strong> einem Schadensersatzanspruch. Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr eine<br />

Umwandlung des ErfÅllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch kÇnnen<br />

nur im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft geschaffen werden. Eine ErfÅllungsverweigerung<br />

eines einzelnen Gesellschafters fÅhrt nur dann <strong>zu</strong>m Vorliegen der Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

des § 281 Abs. 2 BGB, wenn sie im Namen der Gesellschaft und im<br />

Rahmen einer Vertretungsberechtigung erklårt wird.<br />

Unmittelbar gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter kann der Gesellschaftsglåubiger<br />

nur nach § 887 Abs. 1 ZPO vorgehen. Danach kann der Glåubiger<br />

sich vom Prozessgericht des ersten Rechts<strong>zu</strong>ges ermåchtigen lassen, auf Kosten<br />

des Schuldners die Handlung vor<strong>zu</strong>nehmen. Dieses Verfahren setzt allerdings<br />

einen vollstreckbaren Titel gegen den Gesellschafter voraus. Das Verfahren<br />

nach § 887 Abs. 1 ZPO gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter bei einem<br />

Anspruch des Glåubigers auf Vornahme einer vertretbaren Handlung ist<br />

<strong>zu</strong>m einen auch in zeitlicher Hinsicht aufwendig und <strong>zu</strong>m anderen aufgrund der<br />

Neufassung des § 281 Abs. 1 BGB gar nicht erforderlich. Denn der Gesellschaftsglåubiger<br />

kann ohne Weiteres – auch bei nichtvertraglichen AnsprÅchen auf Vornahme<br />

einer vertretbaren Handlung – der Gesellschaft eine Nachfrist setzen und<br />

nach deren fruchtlosem Ablauf sowohl von der Gesellschaft als auch von allen<br />

persÇnlich haftenden Gesellschaftern Schadensersatz in Geld verlangen. Nach al-<br />

1 Unberath in Bamberger/Roth, 2. Aufl. 2007, § 281 BGB Rz. 48; Erman/<strong>Westermann</strong>, 12.<br />

Aufl. 2008, § 281 BGB Rz. 19; MÅnchKomm.BGB/Ernst, 5. Aufl. 2007, § 281 BGB<br />

Rz. 105; Palandt/GrÅneberg, 70. Aufl. 2011, § 281 BGB Rz. 50.<br />

I 698 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 912<br />

tem Schuldrecht bestand die Problematik darin, dass eine Umwandlung des Anspruchs<br />

in einen Schadensersatzanspruch gemåß § 326 BGB a.F. nur bei gegenseitigen<br />

Vertrågen mÇglich war. Die Regelung des § 286 BGB a.F. sah keine Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />

vor. Das Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO spielt daher auch bei<br />

nichtvertraglichen AnsprÅchen keine große Rolle mehr, sofern der Gesellschaftsglåubiger<br />

nicht ein besonderes Interesse daran hat, dass die Gesellschaft die vertretbare<br />

Handlung persÇnlich vornimmt. Ist die Gesellschaft <strong>zu</strong>r Vornahme einer<br />

vertretbaren Handlung rechtskråftig verurteilt worden, so kÇnnen bei einem Vorgehen<br />

nach § 887 Abs. 1 ZPO gegen die Gesellschaft die Kosten der Ersatzvornahme<br />

auch unmittelbar von den nach § 128 HGB persÇnlich haftenden Gesellschaftern<br />

verlangt werden.<br />

6. AnsprÅche auf Vornahme unvertretbarer Handlungen<br />

Einen Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung kann der Gesellschaftsglåubiger<br />

bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels gemåß § 888 ZPO gegen<br />

die Gesellschaft vollstrecken. Die Vornahme der Handlung kann also notfalls<br />

durch Zwangsgeld und Zwangshaft erzwungen werden. Der Gesellschaftsglåubiger<br />

kann aber auch hier gemåß § 281 Abs. 1 BGB eine Nachfrist setzen und<br />

nach deren fruchtlosem Ablauf Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Ein<br />

solcher Schadensersatzanspruch kann ohne Weiteres gegen die persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter geltend gemacht werden. Dies gilt aber nicht fÅr den Anspruch<br />

auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung. 1 Dem persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />

als Einzelperson ist die ErfÅllung der unvertretbaren Handlung<br />

ebenso unmÇglich wie einem Dritten. Es besteht daher gemåß § 275 Abs. 1<br />

BGB keine unmittelbare Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter. Aufgrund<br />

der Anwendung des § 275 BGB stellt sich nicht die Frage, ob die ErfÅllung der<br />

Verbindlichkeit in die sog. gesellschaftsfreie Privatsphåre des Gesellschafters eingreifen<br />

wÅrde (vgl. <strong>zu</strong> dieser Frage Rz. I 908). Insoweit greift auch keine Ausnahme<br />

fÅr vertretungsberechtigte Gesellschafter ein (vgl. <strong>zu</strong>r Stellung der<br />

vertretungsberechtigten Gesellschafter bei der ErfÅllung von Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

auch Rz. I 906). 2 Denn das Handeln der vertretungsberechtigten<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 28; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 ff. A.A. Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 27, der unter Berufung auf<br />

das Urteil des BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (306) = NJW 1957,<br />

871 (872) eine ErfÅllung durch den Gesellschafter <strong>zu</strong>lassen will, soweit die Erbringung<br />

der Leistung <strong>zu</strong> den gesellschaftlichen Pflichten dieses Gesellschafters gehÇrt.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 313; K. Schmidt, GesR,<br />

4. Aufl. 2002, S. 1427 f.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 699<br />

912


913<br />

Rz. I 912 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Gesellschafter als Organe der Gesellschaft ist unmittelbar der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen.<br />

Nimmt ein vertretungsberechtigter Gesellschafter mit Wirkung fÅr und<br />

gegen die Gesellschaft eine Handlung vor, so handelt in Wirklichkeit die Gesellschaft,<br />

nicht aber der Gesellschafter persÇnlich. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter<br />

ist nur im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft verpflichtet, die Rechtshandlungen<br />

nach außen vor<strong>zu</strong>nehmen. Diese GeschåftsfÅhrungsverpflichtung deckt sich<br />

inhaltlich nicht mit dem Anspruch des Glåubigers gegen die Gesellschaft auf Vornahme<br />

der Handlung.<br />

Im Ûbrigen erlangt der Glåubiger keinen <strong>zu</strong>såtzlichen Vorteil, wenn er neben der<br />

Gesellschaft einen vertretungsberechtigten Gesellschafter auf Vornahme einer<br />

unvertretbaren Handlung verklagt. Denn ein Titel gegen die Gesellschaft wird<br />

nach § 888 ZPO dadurch vollstreckt, dass die gesetzlichen Vertreter durch<br />

Zwangsgeld oder Zwangshaft <strong>zu</strong>r Vornahme der Handlung im Namen der Gesellschaft<br />

angehalten werden. 1 FÅr eine <strong>zu</strong>såtzliche Klage gegen einen vertretungsberechtigten<br />

Gesellschafter auf Vornahme einer von der Gesellschaft geschuldeten<br />

unvertretbaren Handlung besteht daher – abgesehen von der fehlenden<br />

materiell-rechtlichen Verpflichtung – auch kein RechtsschutzbedÅrfnis.<br />

Die entgegenstehende åltere Rechtssprechung des BGH 2 und die åltere Literatur<br />

<strong>zu</strong> dieser Frage 3 beruhen auch darauf, dass bis <strong>zu</strong>r Entscheidung BGHZ 62, 131 4<br />

die Parteifåhigkeit der OHG noch nicht endgÅltig anerkannt war und daher Klagen<br />

auf ErfÅllung von Gesellschaftsverbindlichkeiten gegen die GeschåftsfÅhrer<br />

der Gesellschaft gerichtet wurden. Der BGH hat zwar in einer Entscheidung aus<br />

dem Jahr 1957 einerseits darauf hingewiesen, dass die Klage auf Rechnungslegung<br />

auch gegen die OHG håtte erhoben werden kÇnnen, er låsst aber in dieser Entscheidung<br />

nach Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen die Rechtsnatur<br />

der OHG offen. 5 Mit der Erwågung, die geschåftsfÅhrenden Gesellschafter seien<br />

gegenÅber der Gesellschaft <strong>zu</strong>r Vornahme der unvertretbaren Handlung verpflichtet,<br />

wird in Wirklichkeit verschleiert, dass die OHG als Gesamthandsgesellschaft<br />

rechtsfåhig ist und durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter handelt.<br />

Der BGH håtte im Jahre 1957 die Klage gegen den geschåftsfÅhrenden Gesellschafter<br />

nicht abweisen kÇnnen, ohne ausdrÅcklich die Rechts- und Parteifåhigkeit<br />

der OHG <strong>zu</strong> bejahen. Dies sollte <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt offensichtlich<br />

vermieden werden. Nach Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit aller Au-<br />

1 Vgl. ZÇller/StÇber, 28. Aufl. 2010, § 888 ZPO Rz. 8.<br />

2 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (305 f.) = NJW 1957, 871 (872).<br />

3 Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 2. Aufl. 1951, S. 202. So auch in der<br />

aktuellen Literatur Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 27, wenn die Erbringung der Leistung <strong>zu</strong> den gesellschaftlichen Pflichten dieses<br />

Gesellschafters gehÇrt.<br />

4 BGH v. 13.2.1974 – VIII ZR 147/72, BGHZ 62, 131 (132 f.) = NJW 1974, 750.<br />

5 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (305) = NJW 1957, 871 (872).<br />

I 700 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 914<br />

ßen-<strong>Personengesellschaften</strong> ist die unmittelbare Klage eines Gesellschaftsglåubigers<br />

gegen ein Vertretungsorgan auf Vornahme einer im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft<br />

geschuldeten GeschåftsfÅhrungshandlung aus den hier dargelegten GrÅnden<br />

nicht mehr <strong>zu</strong>låssig.<br />

7. AnsprÅche auf Abgabe einer Willenserklårung<br />

Schuldet die Personengesellschaft die Abgabe einer Willenserklårung, so kann der<br />

Gesellschaftsglåubiger diese Leistung auch dann nicht von einem persÇnlich<br />

haftenden Gesellschafter verlangen, wenn dieser aufgrund seiner GeschåftsfÅhrungs-<br />

und Vertretungsbefugnis die Willenserklårung fÅr die Gesellschaft abgeben<br />

kÇnnte. 1 Insoweit besteht die gleiche Rechtslage wie bei AnsprÅchen auf<br />

Vornahme einer unvertretbaren Handlung (vgl. Rz. I 912 ff.). Die sich aus dem<br />

Gesellschaftsverhåltnis ergebende Verpflichtung des geschåftsfÅhrenden Gesellschafters<br />

<strong>zu</strong>r Vertretung der Gesellschaft bei Abgabe einer Willenserklårung ist<br />

nicht identisch mit einem Anspruch des Glåubigers gegen die Gesellschaft auf<br />

Abgabe dieser Erklårung. 2 Ist die Gesellschaft rechtskråftig <strong>zu</strong>r Abgabe der Willenserklårung<br />

verurteilt, so gilt diese gemåß § 894 ZPO als abgegeben. 3 Eine <strong>zu</strong>såtzliche<br />

Verurteilung eines vertretungsberechtigten Gesellschafters auf Abgabe<br />

der Willenserklårung bringt dem Gesellschaftsglåubiger keinen <strong>zu</strong>såtzlichen Vorteil.<br />

4 914<br />

Diese Tatsache beståtigt grundsåtzlich, dass sich der Haftungsanspruch aus<br />

§ 128 HGB nicht auf die Vornahme von GeschåftsfÅhrungshandlungen im Namen<br />

der Gesellschaft richtet. Insoweit ist ein Anspruch des Glåubigers gegen die<br />

Gesellschaft abschließend. Erst wenn ein solcher Anspruch gegen die Gesellschaft<br />

in einen Schadensersatzanspruch Åbergegangen ist, kÇnnen die Gesellschafter<br />

persÇnlich in Anspruch genommen werden.<br />

1 BGH v. 22.12.1982 – V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.; BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07,<br />

ZIP 2008, 501 (502) = NJW 2008, 1378 (1379); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28.<br />

2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Flume, Die Personengesellschaft, 1977,<br />

S. 312 ff.<br />

3 Vgl. BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, ZIP 2008, 501 (502) = NJW 2008, 1378 (1379)<br />

(Bewilligung einer Grunddienstbarkeit).<br />

4 BGH v. 22.12.1982 – V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 701


915<br />

Rz. I 915 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

8. AnsprÅche auf Duldung oder Unterlassung – insbesondere Wettbewerbsverbote<br />

a) Grundsåtze<br />

VerstÇßt die Personengesellschaft gegen eine Unterlassungs- oder Duldungsverpflichtung,<br />

so kann aufgrund eines vollstreckbaren Titels im Fall der Zuwiderhandlung<br />

ein Ordnungsgeld gemåß § 890 Abs. 1 ZPO gegen die Gesellschaft<br />

festgesetzt werden. Auf ErfÅllung dieser Zahlungsverpflichtung haften dann auch<br />

die Gesellschafter gemåß § 128 HGB. Eine Ordnungshaft kann nach persÇnlicher<br />

Androhung gegen einen vertretungsberechtigten Gesellschafter verhångt<br />

werden. 1 Da die Personengesellschaft durch ihre Organe handelt, kann sie nur<br />

dadurch gegen eine Duldungs- oder Unterlassungspflicht verstoßen, dass ein Gesellschafter<br />

in Gesellschaftsangelegenheiten eine der Gesellschaft in Be<strong>zu</strong>g auf<br />

die konkrete Verpflichtung <strong>zu</strong>rechenbare Verlet<strong>zu</strong>ngshandlung vornimmt. Ist<br />

dies der Fall, so kann aufgrund der Rechts- und Parteifåhigkeit der Gesellschaft<br />

der Unterlassungsanspruch nur gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden. 2<br />

Denn auch bei VerstÇßen gegen Duldungs- und Unterlassungspflichten handelt<br />

die Gesellschaft durch ihre Organe. Umstritten ist, inwieweit der Gesellschaftsglåubiger<br />

einzelne oder mehrere Gesellschafter persÇnlich auf Duldung oder<br />

Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Unproblematisch ist der Fall, in dem<br />

sich aus dem zwischen dem Gesellschaftsglåubiger und der Gesellschaft bestehenden<br />

Vertrag oder aus dem Gesetz eine identische persÇnliche Verpflichtung<br />

der einzelnen Gesellschafter ergibt. 3 Eine solche persÇnliche Verpflichtung der<br />

Gesellschafter kann in einem Vertrag auch konkludent vereinbart werden. 4 FÅr<br />

die Vertragsgestaltung ist <strong>zu</strong> empfehlen, dass bei BegrÅndung von Duldungs- und<br />

Unterlassungspflichten fÅr <strong>Personengesellschaften</strong> immer auch die Gesellschafter<br />

rechtsgeschåftlich mitverpflichtet werden, sofern der Vertragspartner der Gesellschaft<br />

daran ein Interesse hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um <strong>Personengesellschaften</strong><br />

mit geringer Mitgliederzahl handelt. Nehmen ein oder mehrere<br />

Gesellschafter Handlungen vor, die der Gesellschaft aufgrund einer Duldungs-<br />

oder Unterlassungspflicht nicht gestattet sind, und ist das Verhalten der<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 16 f.; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 38; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 29.<br />

2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 38 f.; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 16 f.; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 29.<br />

3 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 39.<br />

4 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 39; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29.<br />

I 702 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 916<br />

einzelnen Gesellschafter der Gesellschaft nicht <strong>zu</strong>rechenbar, so låsst sich<br />

grundsåtzlich bei Fehlen einer besonderen Mitverpflichtung keine Duldungsoder<br />

Unterlassungspflicht der Gesellschafter aus § 128 HGB ableiten. 1 Aufgrund<br />

der Rechts- und Parteifåhigkeit der Personengesellschaft beziehen sich Duldungsund<br />

Unterlassungspflichten grundsåtzlich nur auf die Gesellschaft als solche und<br />

nicht auf die Sphåre der Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft. 2 Ist allerdings<br />

der Gesellschafter im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft <strong>zu</strong>r Unterlassung einer Handlung<br />

außerhalb der Gesellschaftssphåre verpflichtet, so kann eine gegen diese<br />

Pflicht verstoßende Handlung des Gesellschafters der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />

sein, wenn die Gesellschaft nicht gegen den Gesellschafter vorgeht. Dieser Fall ist<br />

daher nicht anders <strong>zu</strong> behandeln als eine Handlung der Gesellschaft durch die Organe.<br />

b) Umgehung durch GrÅndung einer personengleichen Gesellschaft<br />

Um eine Umgehungsproblematik handelt es sich, wenn die Gesellschafter <strong>zu</strong>m<br />

Zwecke der AushÇhlung einer Duldungs- oder Unterlassungspflicht eine personengleiche<br />

Gesellschaft grÅnden, die dann die der ersten Gesellschaft vertraglich<br />

verbotene Handlung vornimmt. 3 Diese Fålle lassen sich entgegen der Ansicht<br />

von Karsten Schmidt4 916<br />

nicht mit der Annahme einer persÇnlichen Duldungsoder<br />

Unterlassungspflicht der Gesellschafter kraft Auslegung des zwischen der<br />

Gesellschaft und dem Glåubiger bestehenden Vertrags oder eines dahingehenden<br />

gesetzlichen Anspruchs lÇsen. Richtig ist, dass sich eine unmittelbare Unterlassungspflicht<br />

der einzelnen Gesellschafter auch konkludent aus dem zwischen<br />

dem Glåubiger und der Gesellschaft geschlossenen Vertrag ergeben kann (vgl.<br />

da<strong>zu</strong> Rz. I 915). Folgt aus dem Vertrag oder aus der gesetzlichen Vorschrift aber<br />

nur eine Verpflichtung der Gesellschaft, so liefe die Annahme einer solchen<br />

Pflicht der Gesellschafter in den Umgehungsfållen auf eine reine Fiktion hinaus.<br />

Der BGH geht vielmehr <strong>zu</strong> Recht davon aus, dass die Gesellschafter, wenn sie<br />

eine Zweitgesellschaft grÅnden und mit dieser geschåftliche Aktivitåten entfalten,<br />

die mit der ersten Gesellschaft aufgrund der Unterlassungspflicht nicht mÇglich<br />

waren, die Rechts- und Parteifåhigkeit der Gesamthandsgesellschaft vorsåtzlich<br />

missbrauchen. Trotz der inzwischen allgemein anerkannten Rechts- und Partei-<br />

1 Der BGH hat dies im Urteil v. 7.6.1972 – VIII ZR 175/70, BGHZ 59, 64 (67 f.) = NJW<br />

1972, 1421 offen gelassen; wie hier MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 29; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 16 f.<br />

2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 38 f.; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29.<br />

3 Vgl. da<strong>zu</strong> RG v. 2.5.1932 – VIII 104/32, RGZ 136, 266 (270 ff.); BGH v. 7.6.1972 – VIII<br />

ZR 175/70, BGHZ 59, 64 (67 f.) = NJW 1972, 1421; BGH v. 9.11.1973 – I ZR 83/72,<br />

WM 1974, 253 (254); BGH v. 28.5.1975 – VIII ZR 200/74, WM 1975, 777.<br />

4 MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29; K. Schmidt, GesR,<br />

4. Aufl. 2002, S. 1428 ff.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 703


Rz. I 916 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

fåhigkeit der Gesamthandsgesellschaft ist diese mit der Gesamtheit der gesamthånderisch<br />

verbundenen Gesellschafter identisch 1 (vgl. da<strong>zu</strong> auch Rz. I 789). Tritt<br />

die Gesamtheit der Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, so ist diese<br />

nicht mehr existent. In den Fållen des BGH wollte die Gesamtheit der Gesellschafter<br />

weiterhin als Einheit <strong>zu</strong>sammenarbeiten und nur formal den Rechtstråger<br />

ihres Unternehmens durch GrÅndung einer neuen Gesellschaft austauschen, um<br />

die Duldungs- und Unterlassungspflicht <strong>zu</strong> umgehen. Zur BegrÅndung seiner<br />

Entscheidung hat der BGH 2 auf die § 242 BGB, § 128 HGB verwiesen. Dem ist<br />

im Ergebnis <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Aufgrund der gegebenen Umgehungsabsicht mÅssen<br />

die Gesellschafter sich gemåß § 242 BGB so behandeln lassen, als wÅrden sie<br />

gemåß § 128 HGB fÅr die Unterlassungspflichten der Gesellschaft haften. Da der<br />

BGH die Bestimmung des § 242 BGB herangezogen hat, kann seine Rechtsprechung<br />

nicht so verstanden werden, dass § 128 HGB generell auch fÅr Unterlassungspflichten<br />

der Gesellschaft Anwendung fånde. Ein Umgehungsfall der hier<br />

geschilderten Art liegt auch dann vor, wenn die Gesellschafter <strong>zu</strong>m Zwecke der<br />

Ausschaltung einer Unterlassungspflicht in die von ihnen gegrÅndete zweite Gesellschaft<br />

noch einen weiteren Gesellschafter aufnehmen. 3 Dass die Gesellschafter<br />

der Rechtsprechung des BGH <strong>zu</strong> den Umgehungsfållen nicht durch die<br />

Aufnahme eines weiteren Gesellschafters ausweichen kÇnnen, liegt auf der Hand.<br />

Der BGH sieht die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters in die zweite, neu<br />

gegrÅndete Gesellschaft jedenfalls dann als unschådlich an, wenn der weitere Gesellschafter<br />

nicht geschåftsfÅhrend tåtig ist. 4 Auch insoweit ist dem BGH <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen.<br />

Denn gerade bei Aufnahme eines nicht geschåftsfÅhrenden Gesellschafters<br />

ist offenkundig, dass die Gesellschafter der ersten Gesellschaft mit einem<br />

Strohmann die inzwischen gefestigte BGH-Rechtsprechung unterlaufen<br />

wollen. Schwieriger ist der Nachweis einer Umgehungsabsicht, wenn der weitere<br />

Gesellschafter geschåftsfÅhrend tåtig ist. In diesem Fall kommt es auf die Umstånde<br />

des Einzelfalls an. MÇglich ist hier, dass die „alten“ Gesellschafter gemåß<br />

§ 242 BGB, § 128 HGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Wollen<br />

nåmlich die Gesellschafter der ersten Gesellschaft mit einer zweiten Gesellschaft<br />

eine geschåftliche Aktivitåt entfalten, die der ersten Gesellschaft aufgrund<br />

einer Unterlassungspflicht nicht mÇglich ist, so spricht die Beteiligung eines wei-<br />

1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 m. Bespr.<br />

K. Schmidt, NJW 2001, 993 = NZG 2001, 311 m. Bespr. <strong>Westermann</strong>, NZG 2001, 289 =<br />

ZIP 2001, 333 m. Bespr. Ulmer, ZIP 2001, 585; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl.<br />

2011, § 124 HGB Rz. 1; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 54 ff.; K. Schmidt,<br />

GesR, 4. Aufl. 2004, S. 196 ff.<br />

2 BGH v. 7.6.1972 – VIII ZR 175/70, BGHZ 59, 64 (67 f.) = NJW 1972, 1421; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 29.<br />

3 BGH v. 28.5.1975 – VIII ZR 200/74, WM 1975, 777.<br />

4 BGH v. 28.5.1975 – VIII ZR 200/74, WM 1975, 777 (778).<br />

I 704 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 918<br />

teren geschåftsfÅhrenden Gesellschafters an der zweiten Gesellschaft nicht gegen<br />

die Verwirklichung eines Umgehungstatbestandes durch die alten Gesellschafter.<br />

IV. Die Haftung des eintretenden Gesellschafters nach § 130<br />

HGB<br />

1. Anwendbarkeit des § 130 HGB auf Partnerschaftsgesellschaft und GbR<br />

Auf die Partnerschaftsgesellschaft findet § 130 HGB kraft Verweisung des § 8<br />

Abs. 1 Satz 2 PartGG entsprechende Anwendung. Der BGH hat mit Urteil v.<br />

7.4.20031 unter Abånderung seiner frÅheren Rechtsprechung2 die entsprechende<br />

Anwendung des § 130 HGB auf die GbR angeordnet. Da der BGH insoweit seine<br />

Rechtsprechung geåndert hat, soll die Haftung in zeitlicher Hinsicht grundsåtzlich<br />

nur bei einem nach Bekanntwerden des BGH-Urteils v. 7.4.2003 erfolgten<br />

Eintritt eingreifen. 3 Dies folgt aus Erwågungen des Vertrauensschutzes. 4 Die<br />

Haftung analog § 130 HGB greift allerdings dann in Be<strong>zu</strong>g auf einen Eintritt vor<br />

Erlass des BGH-Urteils v. 7.4.2003 ein, wenn im konkreten Einzelfall die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

fÅr einen Vertrauensschutz nicht gegeben sind. 5<br />

2. Eintritt i.S. des § 130 HGB<br />

Ein Eintritt in eine Personengesellschaft liegt nicht nur im Falle eines Eintritts<br />

durch Aufnahmevertrag, sondern auch bei Vererbung einer Beteiligung und auch<br />

im Falle einer Gesellschaftsbeteiligung im Rahmen einer Anteilsveråußerung vor. 6<br />

Auch ein fehlerhafter Gesellschafterbeitritt steht einer Anwendung des § 130<br />

HGB nicht entgegen. 7 Der tatsåchliche Eintritt in eine Schein-Personengesellschaft<br />

erfÅllt den Tatbestand des § 130 HGB ebenfalls. 8 918<br />

Wird von einem Gesellschafter<br />

in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise der Schein eines Eintritts in eine Personenge-<br />

1 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (372 ff.) = ZIP 2003, 899 (901 f.).<br />

2 BGH v. 30.4.1979 – II ZR 137/78, BGHZ 74, 240 (242) = NJW 1979, 1821.<br />

3 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (377 f.) = ZIP 2003, 899 (901 f.).<br />

4 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (377 f.) = ZIP 2003, 899 (901 f.).<br />

5 BGH v. 12.12.2005 – II ZR 283/03, ZIP 2006, 82 (84) = NJW 2006, 765 (766).<br />

6 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 4; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 130 HGB Rz. 9; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 130 HGB Rz. 14.<br />

7 BGH v. 6.2.1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (335); BGH v. 8.11.1965 – II ZR<br />

267/64, BGHZ 44, 235 (236 f.) = NJW 1966, 107 (108); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 4; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 130<br />

HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 130 HGB Rz. 15.<br />

8 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 4.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 705<br />

917


919<br />

920<br />

Rz. I 918 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

sellschaft erweckt, so kann sich eine entsprechende Anwendung des § 130 HGB<br />

aus allgemeinen Rechtsscheinsgrundsåtzen ergeben. 1 Nicht erforderlich fÅr die<br />

Anwendung des § 130 HGB ist die Eintragung des Eintritts in das Handelsregister.<br />

Bei der GbR findet ohnehin keine Registereintragung statt. Entscheidend ist<br />

das Wirksamwerden des Eintritts, d.h. der Zeitpunkt der BegrÅndung der Mitgliedschaft.<br />

3. Rechtsfolgen und abweichende Vereinbarungen<br />

Liegen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 130 HGB vor, so haftet der eintretende Gesellschafter<br />

fÅr Altverbindlichkeiten gemåß § 128 HGB. HierfÅr kommt es nicht<br />

darauf an, ob dem eintretenden Gesellschafter <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Eintritts die<br />

Altverbindlichkeiten bekannt sind. 2 Hat der eintretende Gesellschafter mit der<br />

Gesellschaft eine Befreiung von der Haftung fÅr Altverbindlichkeiten vereinbart,<br />

so hat dies gemåß § 130 Abs. 2 HGB gegenÅber Dritten keine Wirkung. Bedeutung<br />

hat eine solche Vereinbarung aber fÅr das Innenverhåltnis. Denn soweit der<br />

eintretende Gesellschafter von der Haftung fÅr Altverbindlichkeiten freigestellt<br />

worden ist, darf er bei einer Auseinanderset<strong>zu</strong>ng nicht mit Verlustanteilen belastet<br />

werden.<br />

V. Haftungsbeschrånkung bei der Partnerschaftsgesellschaft gemåß<br />

§ 8 Abs. 2 PartGG<br />

1. Allgemeines – Vertragliche und gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

Nach § 8 Abs. 2 PartGG haften fÅr berufliche Fehler neben der Partnerschaftsgesellschaft<br />

nur diejenigen Partner, die mit der Bearbeitung des Auftrages<br />

befasst waren. Bearbeitungsbeitråge von untergeordneter Bedeutung bleiben<br />

hier außer Betracht. Die Regelung des § 8 Abs. 2 PartGG ist durch Gesetz v.<br />

22.7.1998 3 neu gefasst worden. In Be<strong>zu</strong>g auf diese Haftungskonzentration besteht<br />

nunmehr ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Partnerschaftsgesellschaft<br />

und einer Freiberufler-GbR. Die Haftungsbeschrånkung des § 8 Abs. 2 PartGG<br />

bezieht sich sowohl auf die Haftung wegen Vertragsverlet<strong>zu</strong>ng (§ 280 Abs. 1<br />

BGB) als auch auf deliktische Verbindlichkeiten. Die Haftung fÅr deliktische<br />

Verbindlichkeiten spielt zwar bei Rechtsanwålten und Steuerberatern nur eine geringe<br />

Rolle, weil in der Regel durch den beruflichen Fehler nur ein VermÇgensschaden<br />

entsteht, der von § 823 Abs. 1 BGB nicht erfasst wird. Bei den årztlichen<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 5; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 130 HGB Rz. 15.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 7.<br />

3 Gesetz <strong>zu</strong>r Ønderung des Umwandlungsgesetzes, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes<br />

und anderer Gesetze v. 22.7.1998, BGBl. I 1998, 1878 (1881).<br />

I 706 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 921<br />

BerufsausÅbungsgesellschaften entsteht dagegen durch einen beruflichen Fehler<br />

in der Regel auch eine Verbindlichkeit aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eintritts einer<br />

KÇrperverlet<strong>zu</strong>ng. Die unerlaubte Handlung, die von einem einzelnen Partner in<br />

AusfÅhrung eines Auftrags begangen wird, wird daher zwar nach § 31 BGB analog<br />

der Partnerschaftsgesellschaft <strong>zu</strong>gerechnet, es haftet aber neben dem handelnden<br />

Partner nur die Partnerschaftsgesellschaft als solche. Die Haftung der anderen,<br />

nicht mit der AusfÅhrung des Auftrags befassten Partner nach § 8 Abs. 1<br />

Satz 1 PartGG wird durch § 8 Abs. 2 PartGG ausgeschlossen. Auch insoweit besteht<br />

ein wesentlicher Unterschied <strong>zu</strong>r GbR. Aufgrund der vom BGH 1 in Abkehr<br />

von der frÅheren Rechtsprechung 2 vertretenen analogen Anwendung des § 31<br />

BGB auf die GbR haften alle Gesellschafter der GbR analog § 128 HGB fÅr eine<br />

unerlaubte Handlung, die ein Gesellschafter in Angelegenheiten der Gesellschaft<br />

begangen hat.<br />

2. Befassung mit der Bearbeitung eines Auftrages<br />

Das Tatbestandsmerkmal „Auftrag“ ist nicht so <strong>zu</strong> verstehen, dass es sich um einen<br />

Auftrag i.S. des § 662 BGB handeln mÅsste. 3 Unter einem Auftrag i.S. des § 8<br />

Abs. 2 PartGG ist das Vertragsverhåltnis <strong>zu</strong> verstehen. 4 Eine Befassung mit<br />

der Bearbeitung eines Auftrages liegt <strong>zu</strong>m einen dann vor, wenn der Partner<br />

eine Mitwirkungshandlung vorgenommen hat. 5 Dieses Tatbestandsmerkmal ist<br />

aber nicht nur im Falle einer tatsåchlichen Befassung erfÅllt. 6 Erfasst wird auch<br />

ein untåtig gebliebener Partner, der nach der internen Zuståndigkeitsverteilung<br />

die Bearbeitung oder Ûberwachung håtte durchfÅhren mÅssen. 7 Entsteht fÅr den<br />

Vertragspartner einer Partnerschaftsgesellschaft dadurch ein Schaden, dass die<br />

Partnerschaftsgesellschaft als solche untåtig bleibt, so tritt nicht eine Haftungskonzentration<br />

auf den eigentlich <strong>zu</strong>ståndigen Partner ein, sondern es haften neben<br />

der Partnerschaftsgesellschaft alle Partner. 8 921<br />

Das Gleiche gilt, wenn nicht eindeutig<br />

geklårt werden kann, welcher Partner mit der Bearbeitung des Auftrags be-<br />

1 BGH v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88 (93 ff.) = ZIP 2003, 664 (665 f.).<br />

2 BGH v. 30.6.1966 – VII ZR 23/65, BGHZ 45, 311 (312) = NJW 1966, 1807 (1808).<br />

3 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 27.<br />

4 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 17; Michalski/RÇmermann,<br />

3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 27.<br />

5 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 28.<br />

6 So aber Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 28.<br />

7 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 22; Salger in<br />

MÅnchHdb. GesR I, 2. Aufl. 2004, § 43 Rz. 11; Grunewald, ZAP Fach 23, S. 551 (555);<br />

Henssler, FS Wiedemann, 2002, S. 906 (929 f.); Seibert, BRAK-Mitteilungen 1998, 210<br />

(211).<br />

8 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 22; Michalski/RÇmermann,<br />

3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 29a; Gummert in MÅnchAnwaltshdb. PersonengesellschaftsR,<br />

2005, § 3 Rz. 201.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 707


922<br />

Rz. I 921 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

fasst war. 1 Hier geht es insbesondere um die Fålle, in denen Angestellte der Partnerschaftsgesellschaft<br />

tåtig geworden sind, deren Maßnahmen nicht zweifelsfrei<br />

einem bestimmten Partner <strong>zu</strong>geordnet werden kÇnnen. Fraglich ist, ob eine<br />

„Befassung“ auch dann vorliegt, wenn ein nach der internen Zuståndigkeitsverteilung<br />

<strong>zu</strong>ståndiger Partner nicht hin<strong>zu</strong>gezogen wird, aber <strong>zu</strong>mindest ein anderer<br />

Partner tåtig wird. Das OLG Hamm2 verneint hier eine Haftung aller Partner,<br />

weil eine pflichtwidrige Untåtigkeit nicht vorliege und der Regelung des<br />

§ 8 Abs. 2 PartGG durch die Bearbeitung der Sache durch mindestens einen (anderen)<br />

Partner GenÅge getan sei. Dem OLG Hamm ist nur fÅr die Fallkonstellation<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen, in der <strong>zu</strong>mindest ein ausreichend qualifizierter Partner die<br />

Sache bearbeitet. 3 Hier liegt nåmlich eine den Schutz des Vertragspartners grundsåtzlich<br />

nicht beeintråchtigende faktische Zuståndigkeitsånderung vor. Anders<br />

ist die Rechtslage aber dann, wenn ein Partner – insbesondere bei einer interprofessionellen<br />

Partnerschaft – ohne ausreichende Qualifikation allein tåtig<br />

wird oder nur einen Angestellten hin<strong>zu</strong>zieht. 4 Ein Angestellter, der als Scheinpartner<br />

eingeordnet werden kann, haftet zwar wie ein Partner (vgl. Rz. I 922), er<br />

steht aber in Be<strong>zu</strong>g auf die hier in Rede stehende Frage der Haftungskonzentration<br />

nicht ohne Weiteres einem echten Partner gleich. 5 Denn der Schadensersatzglåubiger<br />

muss sich in dieser Hinsicht nicht auf den Rechtsschein berufen.<br />

Ohne Bedeutung fÅr das Tatbestandsmerkmal „Befassung“ ist die Frage, ob<br />

durch den Tåtigkeitsbeitrag der Schaden <strong>zu</strong>mindest mitverursacht wurde (vgl.<br />

Rz. I 923).<br />

3. Fehlerhafter Beitritt und Haftung des „Scheinpartners“<br />

Ist der vollzogene Beitritt <strong>zu</strong>r Partnerschaftsgesellschaft mit einem rechtlichen<br />

Mangel behaftet, so haftet der beigetretene Partner nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen<br />

Grundsåtzen Åber den fehlerhaften Beitritt wie ein Gesellschafter,<br />

dessen Beitritt wirksam ist. 6 Entsprechendes gilt, wenn – insbesondere<br />

1 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 26; Michalski/RÇmermann,<br />

3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30.<br />

2 OLG Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 m. Anm. Posegga; so auch<br />

Henssler/PrÅtting, BRAO, 3. Aufl. 2010, § 8 PartGG Rz. 31 ff.<br />

3 OLG Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 (2008) m. Anm. Posegga.<br />

4 A.A. OLG Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 (2008) m. insoweit abl.<br />

Anm. Posegga. Im Fall des OLG Hamm hatte ein Steuerberater als Partner bei einem erbrechtlichem<br />

Mandat abredewidrig nur einen angestellten Rechtsanwalt, nicht aber den<br />

<strong>zu</strong>ståndigen Rechtsanwalt und Steuerberater hin<strong>zu</strong>gezogen. Die Haftung aller Partner<br />

håtte daher bejaht werden mÅssen.<br />

5 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30a ff.; a.A. OLG MÅnchen v.<br />

18.1.2001 – 29 U 2962/00, NJW-RR 2001, 1358 (1360) = DB 2001, 809 (811); OLG<br />

Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 (2008) m. Anm. Posegga.<br />

6 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 11.<br />

I 708 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 923<br />

durch Aufnahme in den Briefkopf – der Schein einer Stellung als Partner erweckt<br />

wird. 1 Ist ein „Scheinpartner“ mit der DurchfÅhrung eines Auftrags befasst, so<br />

tritt die Haftungskonzentration des § 8 Abs. 2 PartGG nicht ohne Weiteres ein. 2<br />

Es haften aber nicht zwingend såmtliche Partner. 3 Eine Haftung såmtlicher Partner<br />

tritt nur dann ein, wenn das Handeln des Scheinpartners keinem bestimmten<br />

Partner <strong>zu</strong>geordnet werden kann. Arbeitet aber der Scheinpartner einem bestimmten<br />

Partner <strong>zu</strong>, so erfolgt eine Haftungskonzentration auf diesen Partner.<br />

Insoweit ist kein Grund ersichtlich, im Verhåltnis <strong>zu</strong> den anderen Partnern die<br />

Rechtslage anders <strong>zu</strong> beurteilen als in dem Fall, dass ein Angestellter der Partnerschaftsgesellschaft<br />

einem bestimmten Partner <strong>zu</strong>arbeitet. Der Scheinpartner haftet<br />

aber neben dem Partner, dem die Tåtigkeit <strong>zu</strong>gerechnet wird, nach Rechtsscheinsgrundsåtzen<br />

selbst aus § 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG.<br />

4. Tåtigkeiten von untergeordneter Bedeutung<br />

FÅr das Tatbestandsmerkmal „Bearbeitungsbeitråge von untergeordneter<br />

Bedeutung“ spielt die Frage der Schadensverursachung keine unmittelbare Rolle.<br />

4 Eine fehlende Mitverursachung fÅhrt nicht ohne Weiteres <strong>zu</strong> einer „untergeordneten<br />

Bedeutung“ des Beitrags. Dass <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Befassung der <strong>zu</strong>m<br />

Schaden fÅhrende berufliche Fehler von einem anderen Partner schon begangen<br />

worden ist und nicht mehr korrigiert werden kann, rechtfertigt daher weder die<br />

Einordnung als Beitrag von untergeordneter Bedeutung noch eine teleologische<br />

Reduktion des § 8 Abs. 2 PartGG. 5 Dies gilt auch dann, wenn ein mit dem Auftrag<br />

in einem spåteren Stadium befasster Partner <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Schadensverursachung<br />

noch gar nicht der Partnerschaft angehÇrte. 6<br />

923<br />

1 OLG MÅnchen v. 18.1.2001 – 29 U 2962/00, NJW-RR 2001, 1358 (1360); MÅnch-<br />

Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 11; Grunewald, FS Ulmer,<br />

2003, S. 141 (144 f.); Henssler, FS Vieregge, 1995, S. 361 (367 f.); Schåfer, DStR 2003, 1078<br />

(1079 ff.); a.A. Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30a.<br />

2 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30c.<br />

3 So aber Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30c.<br />

4 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (125 f.) = NJW 2010, 1360.<br />

5 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (125 f.) = NJW 2010, 1360; wohl<br />

auch MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 21 (verschuldensunabhångig<br />

ausgestaltete Reichweite der Handelndenhaftung); a.A. Henssler/Deckenbrock,<br />

EWiR 2010, 89 f. (Haftung nur bei Set<strong>zu</strong>ng eins jedenfalls mittelbaren Verursachungsbeitrags).<br />

6 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (125 f.) = NJW 2010, 1360; MÅnch-<br />

Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 32; Henssler/Deckenbrock,<br />

EWiR 2010, 89 f.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 709


Rz. I 923 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Andererseits kann ein Bearbeitungsbeitrag, der den Schaden allein oder mitverursacht<br />

hat, kein Bearbeitungsbeitrag von untergeordneter Bedeutung sein. 1 In<br />

der BegrÅndung <strong>zu</strong>m Regierungsentwurf 2 und von einem Teil der Literatur 3 werden<br />

auch die Urlaubsvertretung und die konsiliarische Beiziehung eines Partners<br />

als untergeordnete Beitråge eingestuft. Dieser Auffassung kann nicht <strong>zu</strong>gestimmt<br />

werden. 4 Wenn ein Urlaubsvertreter die Angelegenheit bearbeitet, besteht<br />

nach außen Åberhaupt kein Unterschied <strong>zu</strong> einem Tåtigwerden des eigentlich<br />

<strong>zu</strong>ståndigen verhinderten Partners. Der Urlaubsvertreter kann sich zwar in<br />

gewissem Umfang auf die bisherige Tåtigkeit des <strong>zu</strong>ståndigen Partners verlassen,<br />

er Åbernimmt aber fÅr die Zeit der Vertretung die Verantwortung fÅr die Angelegenheit.<br />

Entscheidend ist, ob der Tåtigkeitsbeitrag des Urlaubsvertreters fÅr sich<br />

betrachtet, also bei Ausklammerung des Umstands der Urlaubsvertretung, als Tåtigkeit<br />

von nicht untergeordneter Bedeutung an<strong>zu</strong>sehen wåre. Der Status als originår<br />

<strong>zu</strong>ståndiger Partner oder Vertreter ist insoweit nicht von entscheidender Bedeutung.<br />

Unterlåuft dem Urlaubsvertreter ein Fehler, so haftet er neben demjenigen<br />

Partner, den er vertritt. Es sind eben in diesem Fall nach außen zwei Partner<br />

mit der Bearbeitung des Auftrags befasst. Wird beispielsweise vom Urlaubsvertreter<br />

eines Arztes eine fehlerhafte Behandlung vorgenommen oder von einem anwaltlichen<br />

Urlaubsvertreter eine Frist versåumt, so besteht fÅr den Geschådigten<br />

kein Unterschied <strong>zu</strong>m Handeln des Vertretenen. Dies ist gerade der Sinn einer Urlaubsvertretung.<br />

Nicht anders <strong>zu</strong> behandeln ist der Fall der Einschaltung eines<br />

årztlichen Konsiliarius. Er wird beigezogen, weil der mit der DurchfÅhrung des<br />

Auftrags befasste Partner in einem Teilgebiet nicht die erforderlichen Spezialkenntnisse<br />

hat. Dies ist dem Konsiliarius auch bekannt. Er Åbernimmt daher in<br />

haftungsrechtlicher Hinsicht die Verantwortung fÅr sein Teilgebiet. Keine formelle<br />

Zuziehung als Konsiliarius liegt vor, wenn der fÅr den Patienten tåtige Partner<br />

bei einem anderen Partner einen Rat einholt, um die Angelegenheit weiter selbståndig<br />

und eigenverantwortlich bearbeiten <strong>zu</strong> kÇnnen. 5 Wichtiges Indiz fÅr das<br />

Vorliegen einer konsiliarischen Beiziehung ist das Verfassen eines schriftlichen<br />

Vermerks, eines Befundes oder eines sonstigen SchriftstÅcks durch den <strong>zu</strong>gezogenen<br />

Partner. Durch eine solche Handlung wird deutlich, dass der <strong>zu</strong>gezogene<br />

Partner fÅr einen Teilbereich die Verantwortung Åbernimmt.<br />

1 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (126) = NJW 2010, 1360 (1362);<br />

Begr. RegE BT-Drucks. 13/9820, S. 21; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl.<br />

2009, § 8 PartGG Rz. 28; a.A. Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 31a.<br />

2 RegE <strong>zu</strong>m Gesetz <strong>zu</strong>r Ønderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung<br />

und anderer Gesetze, BT-Drucks. 13/9830, S. 21.<br />

3 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 27; Henssler, ZIP 1997,<br />

1481 (1490).<br />

4 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates <strong>zu</strong>m RegE Anwalts-GmbH-Gesetz, BT-Drucks.<br />

13/9820, S. 26; differenzierend Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 32.<br />

5 So auch Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 32.<br />

I 710 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 925<br />

5. HaftungshÇchstgrenze des § 8 Abs. 3 PartGG<br />

Nach § 8 Abs. 3 PartGG kann fÅr einzelne Berufe eine Beschrånkung der Haftung<br />

auf einen bestimmten HÇchstbetrag <strong>zu</strong>gelassen werden, wenn <strong>zu</strong>gleich eine<br />

Pflicht <strong>zu</strong>m Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung der Partner oder<br />

der Partnerschaftsgesellschaft begrÅndet wird. Die Regelung des § 8 Abs. 3<br />

PartGG stellt nur klar, dass durch berufsrechtliche Spezialgesetze die Haftung der<br />

Partner einer Partnerschaftsgesellschaft beschrånkt werden kann, wenn diese Beschrånkung<br />

durch eine Haftpflichtversicherung kompensiert wird. Bislang sind<br />

hier<strong>zu</strong> die Regelungen des § 51a Abs. 1 BRAO, § 45a Abs. 1 PAO, § 67a Abs. 1<br />

StBerG und § 54a Abs. 1 WPO erlassen worden. 1<br />

VI. Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

1. Grundsatz der fortbestehenden Haftung<br />

Die persÇnliche Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB wird durch ein<br />

Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht berÅhrt, sofern die Verbindlichkeit vor<br />

seinem Ausscheiden entstanden ist. 2 Dies folgt zwingend aus dem Zweck des<br />

§ 128 HGB, dem Gesellschaftsglåubiger als Ausgleich fÅr ein fehlendes Mindestkapital<br />

die persÇnliche Haftung der Gesellschafter als Grundlage fÅr die KreditwÅrdigkeit<br />

<strong>zu</strong> bieten. 3 925<br />

Wenn also bei Abschluss eines Vertrags A, B und C Gesellschafter<br />

der OHG sind und damit fÅr die potentiellen Gesellschaftsglåubiger die<br />

Kreditunterlage bilden, kann diese nicht einseitig dadurch beseitigt werden, dass<br />

ein oder mehrere Gesellschafter durch Ûbertragung des Gesellschaftsanteils oder<br />

durch Austritt ihre Mitgliedschaft beenden. Dass ein ausgeschiedener Gesellschafter<br />

grundsåtzlich fÅr die bereits entstandenen Verbindlichkeiten weiter haftet,<br />

folgt unmittelbar auch aus der Regelung des § 160 Abs. 1 HGB, nach der ein<br />

ausgeschiedener Gesellschafter fÅr die bis <strong>zu</strong>m Ausscheiden begrÅndeten Verbindlichkeiten<br />

befristet weiterhaftet (vgl. <strong>zu</strong> den Einzelheiten der Nachhaftung<br />

Rz. I 937 ff.).<br />

1 Vgl. <strong>zu</strong> den berufsrechtlichen Haftungsregelungen im Einzelnen Michalski/RÇmermann,<br />

3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 51 ff.<br />

2 BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59, BGHZ 36, 224 (225) = NJW 1962, 536; BGH v.<br />

6.6.1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232 (235 f.) = NJW 1968, 2006; BGH v. 21.12.1970<br />

– II ZR 258/67, BGHZ 55, 267 (269) = NJW 1971, 1268 f.; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 28; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB 54; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 40, Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 40.<br />

3 BGH v. 6.6.1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232 (235 f.) = NJW 1968, 2006 (2007);<br />

Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 40.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 711<br />

924


926<br />

927<br />

Rz. I 926 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

2. Sonderfålle des Ausscheidens aus der Gesellschaft<br />

Ebenso wie im Fall des klassischen Austritts und bei Ûbertragung des Gesellschaftsanteils<br />

liegt auch bei Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft<br />

und im Fall einer nach dem Gesellschaftsvertrag <strong>zu</strong>låssigen HinauskÅndigung<br />

ein Ausscheiden aus der Gesellschaft vor. Wird die Stellung eines Komplementårs<br />

unter Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in eine Kommanditistenstellung<br />

umgewandelt, so ist in Be<strong>zu</strong>g auf seine unbeschrånkte persÇnliche<br />

Haftung von einem Ausscheiden aus der Gesellschaft aus<strong>zu</strong>gehen. 1 Dies folgt unmittelbar<br />

aus der Neuregelung des § 160 Abs. 3 HGB, wonach im Falle der Umwandlung<br />

der Beteiligung in eine Kommanditistenstellung fÅr die Begren<strong>zu</strong>ng der<br />

Haftung § 160 Abs. 1 und 2 HGB entsprechend gilt. FÅr die nach Wirksamwerden<br />

der Umwandlung entstehenden Verbindlichkeiten haftet der Kommanditist<br />

nur noch gemåß § 173 HGB beschrånkt. Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschafter<br />

zwar von Anfang an als Kommanditist aufgenommen wurde, er aber bis<br />

<strong>zu</strong>r Eintragung in das Handelsregister gemåß § 176 i.V.m. § 128 HGB persÇnlich<br />

fÅr die bis <strong>zu</strong>r Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.<br />

2<br />

3. PersÇnliche Haftung nach Formwechsel oder AuflÇsung/Vollbeendigung<br />

der Gesellschaft<br />

Wird die Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters aufgelÇst und<br />

voll beendet, so hat dies keinen Einfluss auf die persÇnliche Haftung. 3 AuflÇsung<br />

und Vollbeendigung der Gesellschaft lassen grundsåtzlich eine einmal begrÅndete<br />

persÇnliche Haftung nach § 128 HGB unberÅhrt. Wird eine OHG oder<br />

KG durch Formwechsel nach §§ 190, 191 UmwG in eine Kapitalgesellschaft<br />

umgewandelt, so bleibt die persÇnliche Haftung aus § 128 HGB fÅr die bis <strong>zu</strong>m<br />

Wirksamwerden der Umwandlung begrÅndeten Verbindlichkeiten unberÅhrt<br />

(§ 224 Abs. 1 UmwG). 4 Die Nachhaftung der frÅheren persÇnlich haftenden Ge-<br />

1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB 57; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 42; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 43.<br />

2 BGH v. 19.12.1977 – II ZR 202/76, BGHZ 70, 132 (137) = NJW 1978, 636 (637); BGH<br />

v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (222 f.) = NJW 1979, 1361 f.; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 43.<br />

3 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (206 f.) = WM 1967, 929 (931); BGH<br />

v. 6.6.1968 – II ZR 18/66, BGHZ 50, 232 (237) = WM 1968, 889 (890); Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 43.<br />

4 Kallmeyer/Dirksen, 4. Aufl. 2010, § 224 UmwG Rz. 1; Schmitt/HÇrtnagl/Stratz, 5. Aufl.<br />

2009, § 224 UmwG Rz. 1; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 59; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 46; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 44.<br />

I 712 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 930<br />

sellschaft fÅr Altverbindlichkeiten aus dem Zeitraum vor der Umwandlung wird<br />

gemåß § 224 Abs. 2–5 UmwG in inhaltlicher Ûbereinstimmung mit § 160 HGB<br />

begrenzt.<br />

4. BegrÅndung der Gesellschaftsverbindlichkeit vor dem Ausscheiden<br />

a) Entstehung der Rechtsgrundlage<br />

FÅr die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters ist nicht entscheidend, dass<br />

die Verbindlichkeit schon <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens fållig war. 1 Entscheidend<br />

ist vielmehr, dass die Rechtsgrundlage schon <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens<br />

des Gesellschafters bestanden hat. 2 Bei Verbindlichkeiten aus Vertrågen<br />

ist der Vertragsschluss grundsåtzlich der Zeitpunkt fÅr die BegrÅndung des Anspruchs<br />

(vgl. <strong>zu</strong> den Einzelheiten Rz. I 930 ff.).<br />

b) Vertragliche AnsprÅche – insbesondere Dauerschuldverhåltnisse<br />

In Be<strong>zu</strong>g auf die Haftung fÅr vertragliche Verbindlichkeiten kommt es nicht darauf<br />

an, ob einzelne Leistungen schon vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />

erbracht wurden; der Abschluss des Vertrags als Rechtsgrundlage fÅr die vertraglichen<br />

AnsprÅche genÅgt. 3 930<br />

Schließt also die Gesellschaft vor dem Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters als Verkåuferin einen Kaufvertrag ab, so haftet der ausgeschiedene<br />

Gesellschafter auf Verschaffung des Kaufgegenstandes. Kauft die<br />

Gesellschaft vor dem Ausscheiden eines Gesellschafters einen Gegenstand, so<br />

kommt es fÅr die Haftung bezÅglich der Kaufpreisverbindlichkeit nicht darauf an,<br />

ob der Gegenstand schon vor dem Ausscheiden geleistet wurde. Dementspre-<br />

1 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1970 – II ZR 258/67,<br />

BGHZ 55, 267 (269 f.) = NJW 1971, 1268 f.; BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW<br />

1986, 1690; BGH v. 27.9.1999 – II ZR 356/98, NJW 2000, 208 (209); Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 62; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 49; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 46.<br />

2 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1970 – II ZR 258/67,<br />

BGHZ 55, 267 (269 f.) = NJW 1971, 1268 f.; BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW<br />

1986, 1690; BGH v. 27.9.1999 – II ZR 356/98, NJW 2000, 208 (209); Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 62; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 49; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 46; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011,<br />

§§ 128, 129 HGB Rz. 18.<br />

3 RG v. 9.10.1929 – I 140/29, RGZ 125, 417 (418); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />

BGHZ 36, 224 (225) = NJW 1962, 536; BGH v. 19.5.1983 – II ZR 49/82, NJW 1983,<br />

2256 (2258); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 50; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 713<br />

929


Rz. I 930 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

chend besteht bei einem Werkvertrag die persÇnliche Haftung des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters fÅr die Werklohnforderung auch dann, wenn die gegenÅber<br />

der Gesellschaft geschuldete Leistung erst nach dem Ausscheiden voll erfÅllt wurde.<br />

1 Entsprechendes gilt fÅr vertragliche AufwendungsersatzansprÅche, und zwar<br />

auch in Be<strong>zu</strong>g auf <strong>zu</strong>gunsten der Gesellschaft bestellte Sicherheiten. 2 VerbÅrgt<br />

sich ein Dritter <strong>zu</strong>gunsten der Gesellschaft als Hauptschuldnerin vor dem Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters, so haftet der ausgeschiedene Gesellschafter auch<br />

fÅr den Regressanspruch des BÅrgen, der durch Inanspruchnahme des BÅrgen<br />

nach Ausscheiden des Gesellschafters entsteht. Ebenso haftet der ausgeschiedene<br />

Gesellschafter, wenn vor seinem Ausscheiden ein Dritter eine Realsicherheit <strong>zu</strong>gunsten<br />

der Gesellschaft Åbernommen hat. Wird also beispielsweise eine Grundschuld<br />

vor dem Ausscheiden bestellt, so haftet der ausgeschiedene Gesellschafter<br />

fÅr RegressansprÅche des GrundstÅckseigentÅmers als Sicherungsgeber auch<br />

dann, wenn die Verwertung der Grundschuld oder einer Zahlung des EigentÅmers<br />

<strong>zu</strong>m Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung nach dem Ausscheiden<br />

erfolgt. 3 Bei bedingten Vertrågen ist fÅr die Haftung des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters nicht der Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung, sondern der des<br />

Vertragsabschlusses maßgebend. 4 Der BGH 5 hat dies fÅr einen unter einer Bedingung<br />

abgeschlossenen Bauvertrag entschieden. Es handelt sich aber insoweit<br />

nicht um eine werkvertragsrechtliche Besonderheit, sondern um ein fÅr alle Vertråge<br />

geltendes Prinzip. Wird nach BegrÅndung eines Anspruchs aus einem gegenseitigen<br />

Vertrag das Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der Gesellschaft<br />

erÇffnet und lehnt der Insolvenzverwalter die ErfÅllung ab, so kann der Anspruch<br />

auf Schadensersatz wegen NichterfÅllung auch gegen den <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der<br />

ErfÅllungsverweigerung des Insolvenzverwalters bereits ausgeschiedenen Gesell-<br />

1 BGH v. 21.12.1970 – II ZR 258/67, BGHZ 55, 267 (269 f.) = NJW 1971, 1268 f. (Forderungen<br />

aus Bauvertrag); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 64.<br />

2 BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW 1986, 1690; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 30; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 50; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />

3 BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW 1986, 1690; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 47.<br />

4 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (220) = NJW 1979, 1361; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />

5 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (220) = NJW 1979, 1361.<br />

I 714 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 932<br />

schafter geltend gemacht werden. 1 Denn die vertragliche Grundlage fÅr diesen<br />

Schadensersatzanspruch ist der bereits vor der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens<br />

abgeschlossene Vertrag, der vom Insolvenzverwalter nicht erfÅllt wird. Zu<br />

beachten ist hier aber, dass gemåß § 93 InsO auch die AnsprÅche aus § 128 HGB<br />

gegen einen ausgeschiedenen Gesellschafter wåhrend der Dauer des Insolvenzverfahrens<br />

nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kÇnnen (vgl.<br />

da<strong>zu</strong> Rz. I 957 ff.). 2<br />

Die Problematik der Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr AnsprÅche<br />

aus Dauerschuldverhåltnissen ist durch die Neuregelung des § 160 HGB<br />

Åber die Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters wesentlich entschårft<br />

worden (vgl. <strong>zu</strong>r Nachhaftung Rz. I 930 ff.). Dass der Anspruch eines Gesellschaftsglåubigers<br />

erst nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters fållig wird, åndert<br />

nach wie vor nichts an der grundsåtzlichen Haftung des Gesellschafters.<br />

Denn die Rechtsgrundlage fÅr den nach Ausscheiden des Gesellschafters fållig<br />

werdenden Anspruch ist der Vertrag Åber die BegrÅndung des Dauerschuldverhåltnisses.<br />

Dies entspricht der Rechtsprechung 3 und der h.L. 4 Dieser Grundsatz<br />

gilt nicht nur fÅr VergÅtungsansprÅche aus dem Dauerschuldverhåltnis, die nach<br />

dem Ausscheiden fållig werden, sondern auch fÅr SchadensersatzansprÅche<br />

aufgrund einer Pflichtverlet<strong>zu</strong>ng, die von der Gesellschaft erst nach dem Aus-<br />

1 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />

BGHZ 36, 224 (228) = NJW 1962, 536 (537); BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64,<br />

BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />

2 Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 15; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl. 2010, § 93 InsO<br />

Rz. 4; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 60; Armbruster, Die Stellung<br />

des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft,<br />

1996, S. 150.<br />

3 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (12); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />

BGHZ 36, 224 (225) = NJW 1962, 336; BGH v. 19.12.1977 – II ZR 202/76, BGHZ 70,<br />

132 (137) = NJW 1978, 636 (637); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 129/81, NJW 1983, 2943;<br />

BGH v. 19.5.1983 – II ZR 207/81, NJW 1983, 2940 (2941); BGH v. 19.5.1983 – II ZR<br />

49/82, NJW 1983, 2256 (2258); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, BGHZ 87, 286 (289)<br />

= NJW 1983, 2254 f.; BGH v. 8.10.1984 – II ZR 312/83, NJW 1985, 1899 (1900); BGH<br />

v. 27.9.1999 – II ZR 356/98, BGHZ 142, 324 (328 f.) = NJW 2000, 208 (209); BGH v.<br />

29.4.2002 – II ZR 330/00, BGHZ 150, 373 (376) = NJW 2002, 2170 (2171); BAG v.<br />

21.7.1977 – 3 AZR 189/76, NJW 1978, 391; BAG v. 3.5.1983 – 3 AZR 1263/79, NJW<br />

1983, 2283; BAG v. 19.5.2004 – 5 AZR 405/03, NJW 2004, 3287 (3288).<br />

4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 31; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 65; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 53; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 48.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 715<br />

932


933<br />

Rz. I 932 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

scheiden eines Gesellschafters begangen wurde. 1 Insoweit handelt es sich nicht<br />

um eine Besonderheit des Mietrechts und auch des Leasingrechts 2 , sondern um<br />

einen allgemeinen Grundsatz der Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

fÅr Altverbindlichkeiten. Denn der Glåubiger der Gesellschaft vertraut bei<br />

Abschluss des Vertrags auch darauf, dass die <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt der Gesellschaft<br />

angehÇrigen Gesellschafter nicht nur fÅr die ErfÅllung der VergÅtungsansprÅche,<br />

sondern auch fÅr SchadensersatzansprÅche wegen Pflichtverlet<strong>zu</strong>ngen<br />

haften. Die hier dargelegten Grundsåtze gelten auch fÅr Dauerschuldverhåltnisse<br />

in Form von Dienst- und Arbeitsvertrågen. Der ausgeschiedene Gesellschafter<br />

haftet daher nach § 160 Abs. 1 HGB fÅr ArbeitsentgeltansprÅche eines<br />

Arbeitnehmers der Gesellschaft, sofern das Arbeitsverhåltnis vor dem Ausscheiden<br />

des Gesellschafters begrÅndet wurde und die AnsprÅche vor Ablauf von fÅnf<br />

Jahren nach dem Ausscheiden des Gesellschafters fållig werden. 3 Die Haftung des<br />

ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr von der Gesellschaft <strong>zu</strong>gesagte Betriebsrenten<br />

setzt voraus, dass die Zusage der Gesellschaft vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />

erklårt worden ist. 4 FÅr die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung gilt § 160<br />

HGB (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 930 ff.).<br />

c) Besonderheiten der Haftung bei Bankverbindlichkeiten/Kontokorrentkonten<br />

In Ûbereinstimmung mit den fÅr Dauerschuldverhåltnisse geltenden Grundsåtzen<br />

haften die Gesellschafter fÅr ein Debet auf einem Kontokorrentkonto in<br />

1 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />

BGHZ 36, 224 (228) = NJW 1962, 536 (537); BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64,<br />

BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 48.<br />

2 BGH v. 8.10.1984 – II ZR 312/83, NJW 1985, 1899; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 48.<br />

3 BAG v. 19.5.2004 – 5 AZR 405/03, ZIP 2004, 1905 (1906 f.) = NJW 2004, 3287 (3288).<br />

4 BGH v. 19.5.1983 – II ZR 129/81, NJW 1983, 2943; BGH v. 19.5.1983 – II ZR 207/81,<br />

NJW 1983, 2940 (2941); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 49/82, NJW 1983, 2256 (2258);<br />

BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, BGHZ 87, 286 (289) = NJW 1983, 2254 f.; BAG v.<br />

3.5.1983 – 3 AZR 1263/79, NJW 1983, 2283; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl.<br />

2011, § 128 HGB Rz. 50; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 49.<br />

I 716 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 933<br />

HÇhe des negativen Saldos, der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens bestand. 1<br />

Wird aber nach Ausscheiden eines Gesellschafters der negative Saldo von der Gesellschaft<br />

reduziert, so stellt der neue, niedrigere Saldo auch dann in Be<strong>zu</strong>g auf<br />

dieses Rechtsverhåltnis den HÇchstbetrag der Haftung dar, wenn sich nachfolgend<br />

der Negativsaldo <strong>zu</strong> Lasten der Gesellschaft wieder erhÇht. 2 Daraus folgt,<br />

dass im Falle einer vollståndigen RÅckfÅhrung des Debets nach Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters die Haftung in Be<strong>zu</strong>g auf dieses Rechtsverhåltnis in voller<br />

HÇhe erlischt und daher dem ausgeschiedenen Gesellschafter die spåtere Entstehung<br />

eines Negativsaldos nicht mehr schadet. 3 Wenn die Gesellschaft nach dem<br />

Ausscheiden eines Gesellschafters durch Ûberweisung, Abhebung oder in anderer<br />

Weise Åber einen Geldbetrag verfÅgt, der nicht als Guthaben vorhanden ist,<br />

sondern vom Rahmen eines Dispositionskredits/Limits gedeckt wird, so begrÅndet<br />

sie rechtsgeschåftlich eine neue Einzelforderung der Bank aus dem Kontokorrentverhåltnis.<br />

Hierin liegt eine vertragliche Haftungserweiterung, die den ausgeschiedenen<br />

Gesellschafter nicht mehr trifft (vgl. <strong>zu</strong> vertraglichen Haftungsånderungen<br />

Rz. I 934). FÅr die hier in Ûbereinstimmung mit der h.M. vertretene<br />

Auffassung spricht auch die Rechtsprechung des BGH <strong>zu</strong>r Pfåndung eines „Dispositionskredits“.<br />

Der Vollstreckungsglåubiger kann nicht in eine sog. Kreditlinie<br />

1 RG v. 30.5.1911 – II 669/10, RGZ 76, 330 (334); BGH v. 28.6.1968 – I ZR 158/66,<br />

BGHZ 50, 277 (278) = NJW 1968, 2100 (2101); BGH v. 2.11.1973 – I ZR 88/72, NJW<br />

1974, 100; BGH v. 25.12.1985 – II ZR 93/85, NJW-RR 1986, 834 (835) = WM 1986,<br />

447 (448); OLG KÇln v. 18.7.2001 – 13 U 244/00, NZG 2001, 1044 (1045); Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 50; a.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 66; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 56.<br />

2 RG v. 30.5.1911 – II 669/10, RGZ 76, 330 (334); BGH v. 28.6.1968 – I ZR 158/66,<br />

BGHZ 50, 277 (278) = NJW 1968, 2100 (2101); BGH v 2.11.1973 – I ZR 88/72, NJW<br />

1974, 100; BGH v. 25.12.1985 – II ZR 93/85, NJW-RR 1986, 834 (835) = WM 1986,<br />

447 (448); OLG KÇln v. 18.7.2001 – 13 U 244/00, NZG 2001, 1044 (1045); Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 50.<br />

3 RG v. 30.5.1911 – II 669/10, RGZ 76, 330 (334); BGH v. 28.6.1968 – I ZR 158/66,<br />

BGHZ 50, 277 (278) = NJW 1968, 2100 (2101); BGH v. 2.11.1973 – I ZR 88/72, NJW<br />

1974, 100; BGH v. 25.12.1985 – II ZR 93/85, NJW-RR 1986, 834 (835) = WM 1986,<br />

447 (448); OLG KÇln v. 18.7.2001 – 13 U 244/00, NZG 2001, 1044 (1045); Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 50; a.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 66; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 56.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 717


Rz. I 933 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

hineinpfånden, sondern nur auf eine Einzelforderung <strong>zu</strong>greifen, die durch Inanspruchnahme<br />

des Kontoinhabers konkret entstanden ist. 1<br />

d) Vertragliche Verånderungen der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

Wird ein Vertrag durch eine Ønderungsvereinbarung einvernehmlich nach<br />

Ausscheiden eines Gesellschafters abgeåndert, so treffen die durch die Ønderung<br />

begrÅndeten Forderungen nicht den ausgeschiedenen Gesellschafter. 2 Verlångert<br />

sich aber ein begrÅndetes Dauerschuldverhåltnis dadurch, dass <strong>zu</strong> einem<br />

vertraglich bestimmten Zeitpunkt eine KÅndigung unterbleibt, so haften ausgeschiedene<br />

Gesellschafter auch fÅr die nach dem Ausscheiden aufgrund der Vertragsfortset<strong>zu</strong>ng<br />

fållig werdenden Forderungen. 3 Denn hier ist der Rechtsgrund<br />

fÅr die Fortset<strong>zu</strong>ng in Wirklichkeit schon vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />

durch Vertragsschluss entstanden. Das Gleiche gilt, wenn die Vertragsverlångerung<br />

durch AusÅbung einer eingeråumten Option bewirkt wird. 4 Denn auch<br />

hier handelt es sich nicht um eine einvernehmliche Vertragsverlångerung nach<br />

Ausscheiden eines Gesellschafters, sondern um einen schon vorher durch Einråumung<br />

der Option bestehenden Rechtsgrund. Im Ergebnis nicht anders <strong>zu</strong> behandeln<br />

ist ein einseitiges Verhalten einer Partei, das eine Pflichtverlet<strong>zu</strong>ng darstellt<br />

oder in anderer Weise den Tatbestand eines Sekundåranspruchs erfÅllt; entscheidend<br />

ist hier, dass der verletzte Primåranspruch vor dem Ausscheiden begrÅndet<br />

wurde. 5 934<br />

Eine Wechselprolongation stellt dagegen ein einvernehmliches Verhal-<br />

1 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (355) = NJW 2004, 1444 (1445);<br />

BGH v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01, ZIP 2004, 669 (670) = NZI 2005, 690 (691); Musielak/Becker,<br />

8. Aufl. 2011, § 850k ZPO Rz. 13; vgl. <strong>zu</strong>r Parallelproblematik bei der Pfåndung<br />

von Gesellschafterkonten Wertenbruch, FS Gerhardt, 2004, S. 1077 ff.<br />

2 RG v. 24.11.1914 – III 237/14, RGZ 86, 60 (62 f.); RG v. 9.10.1929 – I 140/29, RGZ<br />

125, 417 (418); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 67; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 52; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 51.<br />

3 RG v. 24.11.1914 – III 237/14, RGZ 86, 60 (62 f.); BGH v. 29.4.2002 – II ZR 330/00,<br />

BGHZ 150, 373 (376) = ZIP 2002, 1251 (1252); Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 51.<br />

4 Hunke, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters, 1987, S. 40; a.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 50.<br />

5 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47, 51.<br />

I 718 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 936<br />

ten und keine einseitige Verlångerung der Verpflichtung dar; sie erweitert die Haftung<br />

des ausgeschiedenen Gesellschafters daher nicht. 1<br />

e) Ausscheiden des Gesellschafters nach Abschluss von Rahmenvertrågen<br />

und Vorvertrågen<br />

Wird auf der Grundlage eines Vor- oder Rahmenvertrags nach dem Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters ein Austauschvertrag abgeschlossen, aus dem sich eine Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

ergibt, so ist unter bestimmten Vorausset<strong>zu</strong>ngen der<br />

Zeitpunkt des Abschlusses des Vor- oder Rahmenvertrags maßgebend. Die eigentliche<br />

Gesellschaftsverbindlichkeit beruht zwar hier auf dem nach Ausscheiden<br />

des Gesellschafters geschlossenen Austauschvertrag, der eigentliche Rechtsgrund<br />

ist aber bereits der Vor- oder Rahmenvertrag, sofern sich aus diesem<br />

Vertrag eine Verpflichtung der Gesellschaft <strong>zu</strong>m Abschluss des Folgevertrags ergibt.<br />

Entscheidend ist also, ob fÅr die Gesellschaft auf der Grundlage des Voroder<br />

Rahmenvertrags <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters eine<br />

Verpflichtung <strong>zu</strong>m Abschluss eines oder mehrerer Austauschvertråge bestand.<br />

2 Entsprechendes gilt, wenn der Rahmenvertrag eine sog. take-or-pay-Klausel<br />

enthålt, d.h. die Gesellschaft einen bestimmten Geldbetrag auch dann zahlen<br />

muss, wenn sie auf der Grundlage eines Rahmenvertrags eine bestimmte Mindestmenge<br />

nicht abnimmt.<br />

f) Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr gesetzliche Verbindlichkeiten<br />

In Be<strong>zu</strong>g auf die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr gesetzliche<br />

Verbindlichkeiten gilt das gleiche Prinzip wie bei vertraglichen Verbindlichkeiten.<br />

Entscheidend ist die Entstehung des Rechtsgrundes. 3 Bei AnsprÅchen aus unerlaubter<br />

Handlung ist nicht auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts, sondern<br />

auf den der Vornahme der Verlet<strong>zu</strong>ngshandlung (oder pflichtwidrigen Unterlassung)<br />

ab<strong>zu</strong>stellen. 4 In Be<strong>zu</strong>g auf AnsprÅche gegen die Gesellschaft aus Ge-<br />

1 RG v. 9.10.1929 – I 140/29, RGZ 125, 417 (418); RG v. 24.11.1914 – III 237/14, RGZ<br />

68, 60 (62 f.); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 67; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 52; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 52.<br />

2 Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 52; differenzierend<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 54.<br />

3 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 53.<br />

4 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 53.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 719<br />

935<br />

936


Rz. I 936 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

schåftsfÅhrung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) kommt es auf den Zeitpunkt<br />

der Ûbernahme der GeschåftsfÅhrung an. 1 Im Hinblick auf BereicherungsansprÅche<br />

wird in der Literatur 2 zwischen der Leistungskondiktion und der<br />

Nichtleistungskondiktion unterschieden. Bei der Leistungskondiktion soll der<br />

Zeitpunkt der Entstehung des vermeintlichen Rechtsgrundes maßgebend sein,<br />

wåhrend bei der Nichtleistungskondiktion das <strong>zu</strong>r Bereicherung fÅhrende Verhalten<br />

entscheidend sei. Diese Unterscheidung Åberzeugt nicht. Erfolgt eine Leistung<br />

von Anfang an ohne Rechtsgrund (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), so<br />

kommt es – wie bei der Nichtleistungskondiktion – auf den Eintritt der Bereicherung<br />

bei der Gesellschaft an. Fållt ein <strong>zu</strong>nåchst gegebener Rechtsgrund der Leistung<br />

spåter weg (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB), so ist der Zeitpunkt des Wegfalls<br />

des Rechtsgrundes entscheidend fÅr die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters.<br />

Entsprechendes gilt, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht<br />

eintritt (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB). Hier ist also der Zeitpunkt des Scheiterns<br />

der Zweckerreichung maßgebend.<br />

VII. Die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nach § 160 HGB,<br />

§ 10 Abs. 2 PartGG und § 736 Abs. 2 BGB<br />

1. Geltungsbereich des § 160 HGB<br />

Die fÅr die OHG und Åber § 161 Abs. 2 HGB fÅr die KG geltende Regelung des<br />

§ 160 HGB Åber die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung ist auf der Grundlage des<br />

Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes v. 18.3.19943 am 26.3.1994 in Kraft getreten.<br />

Das in Art. 35 und Art. 36 EGHGB geregelte Ûbergangsrecht fÅr vor dem Inkrafttreten<br />

entstandene Verbindlichkeiten spielt in der Praxis nur noch eine unbedeutende<br />

Rolle. 4 937<br />

Insbesondere nach Anerkennung der akzessorischen Haftung<br />

der Gesellschafter einer GbR analog § 128 HGB ist die durch § 736 Abs. 2 BGB<br />

angeordnete entsprechende Anwendung des § 160 HGB konsequent. FÅr die<br />

Partnerschaftsgesellschaft ordnet § 10 Abs. 2 PartGG die entsprechende Anwendung<br />

des § 160 HGB an. Es gilt daher grundsåtzlich nicht nur fÅr die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

der persÇnlichen Haftung, sondern auch fÅr die Nachhaftungsbegren-<br />

1 BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW 1986, 1690; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 53.<br />

2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 53.<br />

3 Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetz v. 18.3.1994, BGBl. I 1994, 560.<br />

4 Vgl. <strong>zu</strong>m Ûbergangsrecht MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB<br />

Rz. 8 f.<br />

I 720 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 939<br />

<strong>zu</strong>ng dasselbe Recht. Problematisch ist die entsprechende Anwendung des § 160<br />

HGB auf die GbR aber insoweit, als fÅr diese Gesellschaftsform bislang kein Gesellschaftsregister<br />

existiert und daher die Frist des § 160 Abs. 2 HGB nicht ab einer<br />

Registereintragung beginnen kann (vgl. <strong>zu</strong>m Fristbeginn bei Ausscheiden aus<br />

einer GbR Rz. I 941).<br />

2. Die Enthaftungsvorausset<strong>zu</strong>ngen des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />

Nach § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB tritt im Ergebnis die Enthaftung ein, wenn die bis<br />

<strong>zu</strong>m Ablauf von fÅnf Jahren nach der Registereintragung des Ausscheidens fållig<br />

werdenden Verbindlichkeiten nicht gerichtlich geltend gemacht werden. Eine<br />

Nachhaftung Åber den Zeitpunkt des Ausscheidens hinaus setzt ohnehin, wie<br />

§ 160 Abs. 1 Satz 1 HGB klarstellt, voraus, dass die Verbindlichkeit schon vor<br />

dem Ausscheiden entstanden ist. Es muss sich also um sog. Altverbindlichkeiten<br />

handeln (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 929). Es geht somit im Wesentlichen um vor dem Ausscheiden<br />

begrÅndete Dauerschuldverhåltnisse, die nach dem Ausscheiden <strong>zu</strong> fålligen<br />

AnsprÅchen gegen die Gesellschaft fÅhren. Werden Forderungen aus Altverbindlichkeiten<br />

erst nach Ablauf von fÅnf Jahren seit dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />

fållig, so ist die Nachhaftung von vornherein ausgeschlossen. 1 Ob<br />

der Anspruch dagegen innerhalb des FÅnfjahreszeitraums nach dem Ausscheiden<br />

oder bereits vor diesem Zeitpunkt fållig geworden ist, spielt keine Rolle. 2 Da § 160<br />

Abs. 1 Satz 1 HGB keine Verjåhrungsregelung, sondern einen Ausschlusstatbestand<br />

darstellt, wird eine vor Ablauf der FÅnfjahresfrist eintretende Verjåhrung<br />

nicht verlångert. 3 Der persÇnlich in Anspruch genommene Gesellschafter<br />

kann daher die Verjåhrungseinrede gemåß § 129 Abs. 1 HGB erheben (vgl. <strong>zu</strong>r<br />

Geltendmachung von Einwendungen und Einreden der Gesellschaft<br />

Rz. I 966 ff.). Sind dagegen AnsprÅche gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter<br />

bereits festgestellt, so gilt die 30-jåhrige Verjåhrungsfrist des § 197 Abs. 1<br />

Nr. 3 BGB, die von der Ausschlussfrist des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht berÅhrt<br />

wird. 4<br />

Das Fålligwerden von Altverbindlichkeiten innerhalb von fÅnf Jahren nach dem<br />

Ausscheiden des Gesellschafters fÅhrt aber nur dann <strong>zu</strong>r Nachhaftung, wenn vor<br />

Ablauf dieser Ausschlussfrist eine gerichtliche Geltendmachung erfolgt ist. Erfolgt<br />

diese Geltendmachung nicht, so tritt trotz Fålligkeit innerhalb der FÅnfjah-<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 3; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 11, 17; a.A. MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 31.<br />

2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 160 HGB Rz. 25.<br />

3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 3.<br />

4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 3; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 42; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 12.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 721<br />

938<br />

939


Rz. I 939 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

resfrist mit Ablauf dieser Frist die Enthaftung ein. Unproblematisch ist die Fristwahrung,<br />

wenn die fållig gewordenen AnsprÅche innerhalb der FÅnfjahresfrist<br />

gerichtlich festgestellt worden sind. Eine solche gerichtliche Feststellung ist aber<br />

nicht erforderlich, weil gemåß § 160 Abs. 1 Satz 3 HGB die fÅr die Verjåhrung<br />

geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 BGB entsprechende Anwendung<br />

finden. Praktische Bedeutung hat also hier insbesondere die Hemmung<br />

der Ausschlussfrist gemåß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Klageerhebung sowie<br />

die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren (§ 204 Abs. 1 Nr. 3<br />

BGB). Die Enthaftung tritt mithin im Ergebnis nach Ablauf von fÅnf Jahren nicht<br />

ein, wenn ein bis <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt fållig gewordener und nicht verjåhrter Anspruch<br />

gerichtlich geltend gemacht oder schriftlich anerkannt wird (§ 160<br />

Abs. 2 HGB) oder nach dem entsprechend geltenden Verjåhrungsrecht in sonstiger<br />

Weise eine Wahrung der Ausschlussfrist gegeben ist. Das Anerkenntnis i.S.<br />

des § 160 Abs. 2 HGB muss einerseits zwar schriftlich sein, es muss sich aber<br />

nicht um ein Schuldanerkenntnis i.S. des § 781 BGB handeln. 1 Aufgrund des Erfordernisses<br />

der Schriftform ist weder ein mÅndliches noch auch ein konkludentes<br />

Anerkenntnis durch tatsåchliches Verhalten (Abschlagszahlung, Zinszahlung,<br />

Sicherheitsleistung oder åhnliche Handlung) i.S. des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausreichend.<br />

2 Bei Çffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genÅgt gemåß § 160<br />

Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 HGB der Erlass eines Verwaltungsakts. Diese Vorschrift ist<br />

insbesondere fÅr Steuerforderungen von großer praktischer Bedeutung. FÅr das<br />

Wirksamwerden eines Verwaltungsakts durch Zugang gelten die allgemeinen Çffentlich-rechtlichen<br />

Bestimmungen. 3 Der Zugang eines Zahlungsbescheides steht<br />

also der gerichtlichen Geltendmachung einer zivilrechtlichen Forderung gleich.<br />

Dies ist konsequent, weil die Glåubiger Çffentlich-rechtlicher Forderungen <strong>zu</strong>m<br />

Zwecke der Erlangung eines Vollstreckungstitels keine Klage erheben mÅssen,<br />

sondern die Vollstreckung nur einen bestandskråftigen Verwaltungsakt voraussetzt.<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 6; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 37; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 15.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 6; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 38; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 16.<br />

3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 36; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 14.<br />

I 722 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 941<br />

3. Fristbeginn<br />

a) Grundsåtze<br />

Nach § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB beginnt die Frist mit dem Ende des Tages, an dem<br />

das Ausscheiden in das Handelsregister eingetragen wird. Hat der Glåubiger<br />

vor Eintragung Kenntnis vom Ausscheiden des Gesellschafters erlangt, so beginnt<br />

die Frist mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung. 1 Bedeutung erlangt dies<br />

insbesondere in den Fållen, in denen bereits die Eintragung der Gesellschaft in<br />

das Handelsregister unterblieb.<br />

b) Fristbeginn bei Ausscheiden aus einer GbR<br />

Beim Ausscheiden aus einer GbR ist in Be<strong>zu</strong>g auf den Fristbeginn eine entsprechende<br />

Anwendung des § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht mÇglich, weil fÅr die<br />

GbR kein Register existiert, in das das Ausscheiden eines Gesellschafters eingetragen<br />

werden kÇnnte. Beim Ausscheiden aus einer GbR kommt es daher auf den<br />

Zeitpunkt an, <strong>zu</strong> dem der Glåubiger einer Gesellschaftsverbindlichkeit Kenntnis<br />

vom Ausscheiden des Gesellschafters erlangt. 2 Der BGH3 hat dies vor Inkrafttreten<br />

des Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes fÅr die vergleichbare Problematik<br />

der entsprechenden Anwendung des § 159 HGB auf die GbR entschieden. § 159<br />

Abs. 2 HGB stellt ebenso wie § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB auf den Zeitpunkt der<br />

Eintragung in das Handelsregister ab. Das Abstellen auf die Kenntnis der Gesellschaftsglåubiger<br />

kann da<strong>zu</strong> fÅhren, dass die FÅnfjahresfrist des § 160 Abs. 1<br />

Satz 1 HGB nicht einheitlich fÅr alle Gesellschaftsglåubiger <strong>zu</strong> laufen beginnt.<br />

Der BGH4 weist aber darauf hin, dass der aus einer GbR ausscheidende Gesellschafter<br />

es in der Hand habe, den Glåubigern sein Ausscheiden alsbald <strong>zu</strong>r Kenntnis<br />

<strong>zu</strong> bringen. Dass der ausgeschiedene Gesellschafter da<strong>zu</strong> selbst in der Lage ist,<br />

erscheint indes gerade bei den von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschaftern<br />

zweifelhaft. Auch ein ausgeschiedener geschåftsfÅhrender Gesellschafter<br />

darf nicht ohne Weiteres die Glåubiger betreffende oder sonstige Daten der Gesellschaft<br />

„mitnehmen“. Es muss vielmehr die Gesellschaft unmittelbar bei Ausscheiden<br />

des Gesellschafters durch Rundschreiben die Glåubiger informieren. 5<br />

941<br />

Im Falle einer vertraglichen Vereinbarung Åber das Ausscheiden des Gesellschafters<br />

sollte bei der Vertragsgestaltung eine solche Verpflichtung ausdrÅcklich vereinbart<br />

werden. ErfÅllt die Gesellschaft diese Verpflichtung nicht, so ist wegen<br />

1 BGH v. 24.9.2007 – II ZR 284/05, BGHZ 174, 7 (10 ff.) = ZIP 2007, 2262 (2263 f.),<br />

Tz.15ff.<br />

2 Erman/<strong>Westermann</strong>, 12. Aufl. 2008, § 736 BGB Rz. 8; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer,<br />

5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 27; Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011, § 736 BGB Rz. 14;<br />

K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1806.<br />

3 BGH v. 10.2.1992 – II ZR 54/91, BGHZ 117, 168 (175 ff.) = NJW 1992, 1615 (1616 f.).<br />

4 BGH v. 10.2.1992 – II ZR 54/91, BGHZ 117, 168 (179) = NJW 1992, 1615 (1617 f.).<br />

5 Vgl. MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 27.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 723<br />

940


942<br />

943<br />

Rz. I 941 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Gefåhrdung der Rechtsposition des ausgeschiedenen Gesellschafters aus § 160<br />

Abs. 1 HGB eine einstweilige VerfÅgung <strong>zu</strong>låssig. Bei Fehlen einer ausdrÅcklichen<br />

Vereinbarung Åber die Information der Gesellschaftsglåubiger låsst sich der Anspruch<br />

auf eine solche Information aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht<br />

herleiten. Auch in diesem Fall ist eine einstweilige VerfÅgung des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters gegen die Gesellschaft <strong>zu</strong>låssig.<br />

4. Wechsel des Komplementårs in die Kommanditistenstellung<br />

Der Wechsel eines Komplementårs in die Kommanditistenstellung ist in Be<strong>zu</strong>g<br />

auf die Nachhaftung so <strong>zu</strong> behandeln wie ein Ausscheiden aus der Gesellschaft<br />

(§ 160 Abs. 3 Satz 1 HGB). Nach dieser Vorschrift finden die fÅr das Ausscheiden<br />

geltenden Regelungen des § 160 Abs. 1 und 2 HGB entsprechende Anwendung.<br />

Dies gilt gemåß § 160 Abs. 3 Satz 2 HGB auch dann, wenn der Gesellschafter in<br />

der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschaft angehÇrenden Unternehmen geschåftsfÅhrend<br />

tåtig ist. Es wird also hier klargestellt, dass der praktisch bedeutsame<br />

Fall des Wechsels des bisherigen Komplementårs in die Kommanditistenstellung<br />

der KG und in die Stellung des GeschåftsfÅhrers einer Komplementår-<br />

GmbH der Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nicht entgegensteht. Diese Klarstellung<br />

war erforderlich, weil nach der vor Erlass des Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes<br />

ergangenen Rechtsprechung 1 im Falle des Wechsels des Komplementårs in die<br />

Kommanditistenstellung unter Ûbernahme des GeschåftsfÅhreramtes in der<br />

Komplementår-GmbH die grundsåtzlich unbegrenzte Weiterhaftung fortbestand.<br />

Die Kommanditistenhaftung wird aber, wie § 160 Abs. 3 Satz 3 HGB<br />

klarstellt, in keiner Weise berÅhrt.<br />

5. Abweichende Vereinbarungen<br />

§ 160 HGB ist nicht als zwingendes Recht an<strong>zu</strong>sehen. 2 Dies folgt auch aus der<br />

Regelung des § 160 Abs. 2 HGB, wonach der ausgeschiedene Gesellschafter<br />

durch ein schriftliches Anerkenntnis den Eintritt des Endes der Nachhaftung hinausschieben<br />

kann. 3 Im Ûbrigen kann der ausgeschiedene Gesellschafter ohne<br />

Weiteres durch Ûbernahme einer BÅrgschaft oder durch einen Schuldbeitritt eine<br />

Åber die Grenzen des § 160 Abs. 1 HGB hinausgehende Nachhaftung verein-<br />

1 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 204/79, BGHZ 78, 114 (118) = NJW 1981, 175 (176); BGH<br />

v. 19.5.1983 – II ZR 207/81, NJW 1983, 2940 (2943); BAG v. 3.5.1983 – 3 AZR<br />

1263/79, NJW 2283 (2284); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 7;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 44.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 16; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 19; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011,<br />

§ 160 HGB Rz. 4; a.A. Leverenz, ZHR 160 (1996), 75 ff.<br />

3 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1501.<br />

I 724 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 944<br />

baren. Aus der Regelung des § 160 Abs. 2 HGB Åber die Einhaltung der Schriftform<br />

ist aber <strong>zu</strong> folgern, dass eine Verlångerung der Haftung aus § 128 HGB<br />

Åber die Grenzen des § 160 Abs. 1 HGB hinaus eine schriftliche Vereinbarung<br />

erfordert. 1 Es ist aber nicht notwendig, dass der ausgeschiedene Gesellschafter<br />

die Verlångerung der Nachhaftung direkt mit dem betreffenden Gesellschaftsglåubiger<br />

vereinbart. 2 MÇglich ist auch eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft<br />

und dem ausgeschiedenen Gesellschafter im Rahmen eines Vertrags <strong>zu</strong>gunsten<br />

Dritter (§ 328 BGB). 3 Dies gilt aber nur fÅr eine Verlångerung der Nachhaftung,<br />

nicht aber fÅr eine VerkÅr<strong>zu</strong>ng, die unmittelbar mit dem Glåubiger vereinbart<br />

werden muss (vgl. § 128 Satz 2 HGB). Eine Vereinbarung zwischen dem<br />

ausgeschiedenen Gesellschafter und dem Gesellschaftsglåubiger Åber die VerkÅr<strong>zu</strong>ng<br />

der Nachhaftung bedarf nicht der Schriftform.<br />

6. Verjåhrung der persÇnlichen Haftung aus § 128 HGB bei AuflÇsung der<br />

Gesellschaft (§ 159 HGB)<br />

a) Regelungsinhalt – entsprechende Anwendung auf GbR und Partnerschaftsgesellschaft<br />

Die Verjåhrungsvorschrift des § 159 HGB gilt nur fÅr den Fall der Haftung der<br />

Gesellschafter bei AuflÇsung der Gesellschaft. Die zeitliche Begren<strong>zu</strong>ng der<br />

Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters ist in § 160 HGB geregelt. Diese<br />

Vorschrift enthålt im Gegensatz <strong>zu</strong> § 159 HGB keine Verjåhrungs-, sondern<br />

eine Ausschlussfrist (vgl. <strong>zu</strong>r Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ng nach § 160 HGB<br />

Rz. I 937 ff.). Auf die Partnerschaftsgesellschaft ist § 159 HGB ebenso wie<br />

§ 160 HGB gemåß § 10 Abs. 2 PartGG entsprechend anwendbar. Die Regelung<br />

des § 736 Abs. 2 BGB bezieht sich zwar nur auf § 160 HGB und nicht auf § 159<br />

HGB. 4 § 159 HGB ist aber jedenfalls nach Anerkennung der akzessorischen Gesellschafterhaftung<br />

bei der GbR durch den BGH5 entsprechend auf diese Form<br />

der Personengesellschaft anwendbar. Aus der entsprechenden Anwendung des<br />

1 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1501; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />

§ 160 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160<br />

HGB Rz. 19.<br />

2 So aber Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 19.<br />

3 MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 18; K. Schmidt, GesR,<br />

4. Aufl. 2002, S. 1501.<br />

4 BFH v. 26.8.1997 – VII R 63/97, NZG 1998, 238 (239); MÅnchKomm.BGB/Ulmer/<br />

Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 28; Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011, § 736 BGB Rz 12;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 15; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 3; Seibert, DB 1994, 461<br />

(463 f.); a.A. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996, § 159 HGB Rz. 1.<br />

5 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (345) = ZIP 2001, 330 (332).<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 725<br />

944


945<br />

Rz. I 944 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

§ 128 HGB folgt notwendigerweise auch eine entsprechende Anwendung des<br />

§ 159 HGB. 1 Dass die Regelung des § 736 Abs. 2 BGB nur auf § 160 HGB verweist,<br />

steht einer entsprechenden Anwendung nicht entgegen, weil diese BGB-<br />

Vorschrift vor Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR und der akzessorischen<br />

Haftung ihrer Gesellschafter in das BGB aufgenommen wurde.<br />

Dass fÅr die Fristberechnung bei der GbR aufgrund des Fehlens eines Gesellschaftsregisters<br />

nicht die Registereintragung maßgebend sein kann, steht einer<br />

entsprechenden Anwendung bei § 159 HGB ebenso wenig entgegen wie bei der<br />

Vorschrift des § 160 HGB. Insoweit ist anstelle der Registereintragung auf die<br />

Kenntnis der Glåubiger ab<strong>zu</strong>stellen (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 941).<br />

b) Geltung nur fÅr AnsprÅche aus § 128 HGB – BÅrgschaft<br />

Die Verjåhrungsregelung des § 159 HGB gilt nur fÅr AnsprÅche aus persÇnlicher<br />

Haftung nach § 128 HGB. 2 Sie greift nicht ein, wenn der Schuldner nach AuflÇsung<br />

der Gesellschaft eine BÅrgschaft Åbernommen oder einen Schuldbeitritt<br />

erklårt hat. 3 Wurde die BÅrgschaft vor der AuflÇsung der Gesellschaft Åbernommen,<br />

so wird die BÅrgschaftsverpflichtung durch die §§ 159, 160 HGB begrenzt<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 965). Steht einem Mitgesellschafter ein sog. Drittglåubigeranspruch<br />

<strong>zu</strong>, so findet auf diesen Anspruch nicht nur die Regelung des § 128<br />

HGB, sondern auch die §§ 159, 160 HGB entsprechende Anwendung.<br />

c) Rechtskråftige Urteile<br />

In Be<strong>zu</strong>g auf rechtskråftige Urteile und sonstige Vollstreckungstitel gilt Folgendes:<br />

Liegt ein Urteil gegen den persÇnlich haftenden Gesellschafter vor, so findet<br />

§ 159 HGB keine Anwendung; die Verjåhrung richtet sich nach § 197 Abs. 1<br />

Nr. 3 BGB. 4 Ein Urteil gegen die Gesellschaft steht allerdings einer Anwendung<br />

des § 159 HGB nicht entgegen. 5 946<br />

Aus dem Grundsatz der akzessorischen Haftung<br />

folgt zwar, dass eine Klage gegen die Gesellschaft die Verjåhrung auch gegen den<br />

1 BFH v. 26.8.1997 – VII R 63/97, NZG 1998, 238 ff.; Erman/<strong>Westermann</strong>, 12. Aufl. 2008,<br />

§ 736 BGB Rz. 8; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 28 f.;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 15; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 3; Seibert, DB 1994, 461<br />

(464).<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 4; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 7.<br />

3 Generell fÅr BÅrgschaft und Schuldbeitritt Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />

§ 159 HGB Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 21.<br />

4 BGH v. 27.4.1981 – II ZR 177/80, NJW 1981, 2579 (<strong>zu</strong>r Regelung des § 218 BGB a.F.);<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 4.<br />

5 LAG MÅnchen v. 31.3.1978 – 4 Sa 150/78, NJW 1978, 1877 (1878) (<strong>zu</strong> § 159 HGB a.F.);<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer,<br />

2. Aufl. 1996, § 159 HGB Rz. 4.<br />

I 726 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 948<br />

persÇnlich haftenden Gesellschafter unterbricht (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 969). Bei § 159<br />

HGB geht es aber nicht um die allgemeine Verjåhrung der Forderung aus einem<br />

Schuldverhåltnis zwischen Gesellschaftsglåubiger und Gesellschaft, sondern um<br />

eine Sonderverjåhrung <strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters. Diese Sonderverjåhrung<br />

kann nur durch Maßnahmen gegen den Gesellschafter selbst gehemmt werden.<br />

Im Ûbrigen unterscheidet § 159 Abs. 1 HGB nicht danach, ob der Anspruch<br />

rechtskråftig festgestellt ist oder nicht.<br />

d) Verjåhrungsfrist<br />

Die Verjåhrungsfrist betrågt hÇchstens fÅnf Jahre. Nach § 159 Abs. 1 HGB<br />

geht eine kÅrzere Verjåhrung des Anspruchs des Gesellschaftsglåubigers gegen<br />

die Gesellschaft aus dem dieser Forderung <strong>zu</strong>grunde liegenden Rechtsverhåltnis<br />

vor. Dies wÅrde auch ohne besondere gesetzliche Regelung aus dem Grundsatz<br />

der akzessorischen Haftung und aus der Regelung des § 129 Abs. 1 HGB folgen.<br />

Im Ergebnis ist unstreitig, dass sich ein Gesellschafter in Be<strong>zu</strong>g auf die persÇnliche<br />

Haftung auch vor Ablauf der FÅnfjahresfrist des § 159 Abs. 1 HGB auf eine<br />

Verjåhrung der Gesellschaftsverbindlichkeit berufen kann. 1 Eine kÅrzere Verjåhrung<br />

kommt aber dem persÇnlich haftenden Gesellschafter ebenso wie der Gesellschaft<br />

nur dann <strong>zu</strong>gute, wenn sie tatsåchlich eintritt. Wird die Verjåhrung des<br />

Anspruchs gegen die Gesellschaft gemåß § 204 BGB durch Rechtsverfolgung gehemmt,<br />

so gilt dies nach dem Grundsatz der akzessorischen Haftung auch <strong>zu</strong><br />

Lasten der persÇnlich haftenden Gesellschafter. 2<br />

e) Regelmåßiger Beginn der Verjåhrung<br />

Nach § 159 Abs. 2 HGB beginnt die Verjåhrung mit dem Ende des Tages, an dem 948<br />

die AuflÇsung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. Der<br />

Wortlaut dieser Regelung stellt also nicht auf die LÇschung nach Vollbeendigung<br />

ab. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 159 Abs. 2 HGB und des fÅr Verjåhrungsvorschriften<br />

geltenden Grundsatzes der Rechtssicherheit kann nicht anstelle<br />

des Zeitpunktes der Eintragung der AuflÇsung auf den Zeitpunkt der Voll-<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 5; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 28; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 11; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996,<br />

§ 159 HGB Rz. 4; a.A. Brandes, FS Stimpel, 1985, S. 105 (113 ff.).<br />

2 BGH v 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (223) = NJW 1979, 1361 (1362);<br />

BGH v. 8.2.1982 – II ZR 235/81, NJW 1982, 2443 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt,<br />

3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 26; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />

2008, § 159 HGB Rz. 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996, § 159 HGB<br />

Rz. 4.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 727<br />

947


949<br />

950<br />

Rz. I 948 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

beendigung/LÇschung abgestellt werden. 1 War die OHG/KG <strong>zu</strong>m Zeitpunkt<br />

der AuflÇsung noch gar nicht im Handelsregister eingetragen, so beginnt die Verjåhrungsfrist<br />

nur, wenn die Gesellschaft und ihre AuflÇsung noch eingetragen<br />

werden. Dem einzelnen Gesellschafter steht insoweit ein Anspruch gegen die anderen<br />

Gesellschafter auf Mitwirkung <strong>zu</strong>, der auch im Wege einer einstweiligen<br />

VerfÅgung durchgesetzt werden kann. Bei der GbR ist aufgrund des fehlenden<br />

Gesellschaftsregisters wie bei der Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nach § 160 HGB<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 941) auf den Zeitpunkt ab<strong>zu</strong>stellen, <strong>zu</strong> dem die Glåubiger Kenntnis<br />

von der AuflÇsung der Gesellschaft erlangen. Der einzelne Gesellschafter<br />

hat gegen die Gesellschaft als solche und gegen die Mitgesellschafter einen Anspruch<br />

auf Erteilung einer dahingehenden Information der Glåubiger. Dieser Anspruch<br />

kann auch im Wege einer einstweiligen VerfÅgung geltend gemacht werden.<br />

f) Beginn der Verjåhrung bei spåterer Fålligkeit (§ 159 Abs. 3 HGB)<br />

Wird der Anspruch des Glåubigers gegen die Gesellschaft erst nach der Registereintragung<br />

der AuflÇsung – bei der GbR nach Kenntnis des Glåubigers – fållig, so<br />

ist fÅr den Beginn der Verjåhrungsfrist der Zeitpunkt der Fålligkeit maßgebend<br />

(§ 159 Abs. 3 HGB). Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch erst nach der AuflÇsung<br />

der Gesellschaft entsteht. 2 In Be<strong>zu</strong>g auf Dauerschuldverhåltnisse ist davon<br />

aus<strong>zu</strong>gehen, dass die Sonderverjåhrung des § 159 Abs. 3 HGB sich nur auf<br />

die fållig werdenden EinzelansprÅche (Raten) und nicht auf den Gesamtanspruch<br />

bezieht; der Gesellschafter kann dem Gesellschaftsglåubiger die Verjåhrung des<br />

Gesamtanspruchs daher nicht entgegenhalten, solange dieser gegenÅber der Gesellschaft<br />

nicht verjåhrt ist. 3<br />

g) Wirkung des Neubeginns (§ 212 BGB) und der Hemmung (§ 204 BGB)<br />

der Verjåhrung<br />

Beginnt die Verjåhrung gegen die Gesellschaft gemåß § 212 BGB neu oder wird<br />

sie durch Rechtsverfolgung gemåß § 204 BGB gehemmt, so gilt dies gemåß § 159<br />

1 So aber der Vorschlag an den Gesetzgeber von K. Schmidt, DB 1990, 2357 (2359 f.); gegen<br />

die Auffassung von K. Schmidt auch Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159<br />

HGB Rz. 6; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB<br />

Rz. 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996, § 159 HGB Rz. 5.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996,<br />

§ 159 HGB Rz. 5.<br />

3 BGH v. 6.6.1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232 (235 f.) fÅr den Fall eines verrenteten<br />

Kaufpreisanspruchs; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 7; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 13; a.A. Heyn,<br />

NJW 1959, 923 (924).<br />

I 728 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 951<br />

Abs. 4 HGB auch fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter, die der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong>m Zeitpunkt der AuflÇsung angehÇrt haben. Diese Regelung gilt also<br />

nicht fÅr Gesellschafter, die bereits vor der AuflÇsung ausgeschieden sind. Die<br />

Regelung des § 159 Abs. 4 HGB stellt klar, dass im Falle der AuflÇsung der Gesellschaft<br />

nicht das fÅr die Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters eingreifende<br />

Prinzip gilt, dass verjåhrungshemmende Maßnahmen gegen die Gesellschaft<br />

keine Wirkung gegenÅber dem Gesellschafter haben, sondern der allgemeine<br />

Grundsatz, nach dem Rechtsverfolgungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft auch<br />

die Verjåhrung gegen die persÇnlich haftenden Gesellschafter hemmen. Entsprechendes<br />

gilt fÅr den Neubeginn der Verjåhrung (vgl. <strong>zu</strong> Einzelfragen der Verjåhrung<br />

der Gesellschaftsverbindlichkeit Rz. I 969 f.).<br />

VIII. Die prozessuale Geltendmachung der persÇnlichen Gesellschafterhaftung<br />

1. Gemeinsame Klage gegen Gesellschaft und Gesellschafter (Gesellschafts-<br />

und Gesellschafterprozess)<br />

a) Einfache Streitgenossenschaft<br />

Verklagt der Gesellschaftsglåubiger sowohl die Gesellschaft als auch einen oder<br />

mehrere persÇnlich haftende Gesellschafter, so liegt im Verhåltnis zwischen Gesellschaft<br />

und Gesellschafter keine notwendige, sondern eine einfache Streitgenossenschaft<br />

i.S. des § 59 ZPO vor. 1 Der Grund dafÅr liegt darin, dass die Urteile<br />

gegen Gesellschaft und persÇnlich haftenden Gesellschafter wegen persÇnlicher<br />

Einwendungen des Gesellschafters nicht einheitlich ausfallen mÅssen. Ob dem<br />

neben der Gesellschaft verklagten Gesellschafter im konkreten Fall persÇnliche<br />

Einwendungen <strong>zu</strong>stehen, ist fÅr die Frage der Einordnung der Streitgenossenschaft<br />

nicht entscheidend. 2 Die Frage des Vorliegens einer notwendigen oder einfachen<br />

Streitgenossenschaft kann aus GrÅnden der Rechtssicherheit und der Offenkundigkeit<br />

der Rechtsverhåltnisse im Prozess nicht davon abhångig sein, ob<br />

1 BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (254 ff.) = NJW 1970, 1740 (1741);<br />

BGH v. 10.3.1988 – IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 124 HGB Rz. 41, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 124<br />

HGB Rz. 29, § 128 HGB Rz. 21; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />

2008, § 128 HGB Rz. 59; Wertenbruch, NJW 2002, 324 (325).<br />

2 BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (254 ff.) = NJW 1970, 1740 (1741);<br />

BGH v. 10.3.1988 – IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 124<br />

HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 21; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 59.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 729<br />

951


952<br />

Rz. I 951 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

wåhrend des Prozesses vom persÇnlich haftenden Gesellschafter eine Einwendung<br />

erhoben wird. 1<br />

b) Ûbergang vom Gesellschaftsprozess <strong>zu</strong>m Gesellschafterprozess und<br />

umgekehrt<br />

Wird die verklagte Gesellschaft wåhrend des Prozesses voll beendet oder erscheint<br />

eine spåtere Zwangsvollstreckung in das GesellschaftsvermÇgen schon<br />

jetzt aussichtslos, so ist ein Ûbergang vom Gesellschaftsprozess <strong>zu</strong> einer Klage<br />

gegen die ursprÅnglich nicht mitverklagten Gesellschafter als gewillkÅrter Parteiwechsel<br />

an<strong>zu</strong>sehen. 2 Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschaftsglåubiger<br />

von einer Klage gegen persÇnlich haftende Gesellschafter <strong>zu</strong> einem Prozess gegen<br />

die Gesellschaft Åbergeht.<br />

2. Tenorierung bei Verurteilung von Gesellschaft und Gesellschafter<br />

Zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Gesellschaftern besteht kein Gesamtschuldverhåltnis<br />

(vgl. Rz. I 981). 3 953<br />

Dies hångt damit <strong>zu</strong>sammen, dass die<br />

Rechtsfolgen der Gesamtschuld und hier insbesondere die Legalzession des § 426<br />

Abs. 2 BGB beim Gesamtschuldregress im Verhåltnis zwischen Gesellschafter<br />

und Gesellschaft nicht eintreten sollen. Im Verhåltnis <strong>zu</strong>m Glåubiger liegen eigentlich<br />

alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Gesamtschuld vor: Der Glåubiger kann ohne<br />

Rangverhåltnis jeden Schuldner in Anspruch nehmen, und im Falle der Zahlung<br />

eines Schuldners erlischt die Gesellschaftsschuld insoweit unmittelbar. Deshalb<br />

werden die Urteile in der Praxis auch „wie Gesamtschuldtitel“ vollstreckt. In<br />

der Praxis findet sich dementsprechend håufig die Tenorierung „wie Gesamt-<br />

1 BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (254 ff.) = NJW 1970, 1740 (1741);<br />

BGH v. 10.3.1988 – IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 124<br />

HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 21; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 59.<br />

2 BGH v. 6.6.1955 – II ZR 233/53, BGHZ 17, 340 (342) = NJW 1955, 1393 f.; BGH v.<br />

13.2.1974 – VIII ZR 147/72, BGHZ 62, 131 (133) = NJW 1974, 750; BGH v 29.9.1981<br />

– VI ZR 21/80, NJW 1982, 238; BGH v. 24.9.1982 – VIII ZR 188/79, WM 1982, 1170;<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 39; ZÇller/Vollkommer, 28. Aufl. 2010, § 50 ZPO<br />

Rz. 17a; Wertenbruch, NJW 2002, 324 (325).<br />

3 BGH v. 9.5.1963 – II ZR 124/61, BGHZ 39, 319 (323 f.) = NJW 1963, 1873 (1874 f.);<br />

BGH v. 8.11.1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (233 f.) = NJW 1966, 499 (500); Hopt<br />

in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 19; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 20; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 19; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 21.<br />

I 730 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 955<br />

schuldner“. 1 Die Tenorierung „als Gesamtschuldner“ ist zwar wegen des Nichtbestehens<br />

eines Gesamtschuldverhåltnisses eigentlich unrichtig, fÅr die Zwangsvollstreckung<br />

ist dies aber aus den dargelegten GrÅnden unschådlich. Gleichwohl<br />

sollte die Tenorierung „als Gesamtschuldner“ durch die Formulierung „wie Gesamtschuldner“<br />

ersetzt werden, weil durch die gerichtliche Tenorierung bei den<br />

Parteien nicht der Eindruck entstehen sollte, dass die Vorschriften Åber den Gesamtschuldregress<br />

eingreifen.<br />

3. Urkunden- und Wechselprozess gegen den Gesellschafter<br />

FÅr einen Urkunden- und Wechselprozess gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />

gelten die allgemeinen Grundsåtze. Es muss also durch Urkunden die<br />

Gesellschaftsverbindlichkeit und <strong>zu</strong>såtzlich durch Registeraus<strong>zu</strong>g die ZugehÇrigkeit<br />

<strong>zu</strong>r Gesellschaft nachgewiesen werden. 2 Aufgrund des Grundsatzes der akzessorischen<br />

Haftung ist es nicht erforderlich, dass der Gesellschafter die Urkunde<br />

selbst unterzeichnet hat; dies gilt auch fÅr die Inanspruchnahme aus einem<br />

Wechsel im Wechselprozess. 3 Da es um die Haftung fÅr eine Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

geht, wåre eine Unterschrift des in Anspruch genommenen Gesellschafters<br />

ohnehin im Namen der Gesellschaft in AusÅbung der organschaftlichen<br />

Vertretungsmacht erfolgt.<br />

4. Erstreckung von Schiedsgerichts- und Gerichtsstandsvereinbarungen<br />

der Gesellschaft auf Gesellschafter<br />

a) Schiedsgerichtsvereinbarungen<br />

Eine Schiedsgerichtsvereinbarung der Gesellschaft gilt auch fÅr eine Inanspruchnahme<br />

der persÇnlich haftenden Gesellschafter (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 743). 4 Die Erstreckung<br />

folgt allerdings nicht aus einer konkludenten Mitverpflichtung der Gesellschafter<br />

persÇnlich. 5 Die Annahme einer konkludenten Bevollmåchtigung der<br />

vertretungsberechtigten Gesellschafter durch die nicht vertretungsberechtigten<br />

Gesellschafter låuft auf eine reine Fiktion hinaus. Es ist vielmehr an<strong>zu</strong>nehmen,<br />

dass die Schiedsgerichtsvereinbarung Teil der Gesellschaftsverbindlichkeit ist<br />

1 Vgl. da<strong>zu</strong> LG Hamburg v. 29.4.1966 – 29 O 12/63, MDR 1967, 401; Hopt in Baumbach/<br />

Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 23.<br />

2 Vgl. BGH v. 4.2.1960 – II ZR 133/59, WM 1960, 374.<br />

3 BGH v. 4.2.1960 – II ZR 133/59, WM 1960, 374; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 60.<br />

4 BGH v. 12.11.1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423 (424); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 40; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 61; Musielak/Voit, 8. Aufl. 2011, § 1029 ZPO Rz. 8;<br />

Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, Kap. 7 Rz. 35.<br />

5 So aber Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 40.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 731<br />

954<br />

955


956<br />

Rz. I 955 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

mit der Folge, dass sie kraft Akzessorietåt auch fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />

gilt. 1<br />

b) Gerichtsstandsvereinbarungen<br />

Nach Ansicht des BGH2 soll eine zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschaftsglåubiger<br />

getroffene Gerichtsstandsvereinbarung auch fÅr die persÇnlich<br />

haftenden Gesellschafter wirken. Dieser nicht unumstrittenen Auffassung ist <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen<br />

(vgl. auch Rz. I 741). Die Rechtfertigung fÅr diese Erstreckungswirkung<br />

liegt im Prinzip der akzessorischen Gesellschafterhaftung nach § 128 HGB. 3<br />

Dass der Anspruch nur am vereinbarten Gerichtsstand geltend gemacht werden<br />

kann, gehÇrt <strong>zu</strong>m Inhalt der Schuld. Die persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />

mÅssen dies gegen sich gelten lassen. 4 FÅr die Vertragsgestaltung ist zwecks Vermeidung<br />

von Streitigkeiten <strong>zu</strong> empfehlen, in der Gerichtsstandsvereinbarung ausdrÅcklich<br />

die Geltung auch fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter fest<strong>zu</strong>halten.<br />

IX. Die persÇnliche Haftung bei Insolvenz der Gesellschaft –<br />

BÅrgenhaftung<br />

1. Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO<br />

a) Grundsåtze<br />

957<br />

Durch die ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen der Gesellschaft<br />

wird die persÇnliche Haftung der Gesellschafter in keiner Weise berÅhrt.<br />

Da die persÇnliche Haftung der Gesellschafter bei den <strong>Personengesellschaften</strong><br />

das notwendige Korrelat <strong>zu</strong>m fehlenden Mindestkapital ist, zeigt sich die<br />

Sicherung der Gesellschaftsglåubiger durch die persÇnliche Haftung der Gesell-<br />

1 So auch BGH v. 12.11.1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423 (424).<br />

2 BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644 (2646); <strong>zu</strong>stimmend Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 41; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />

Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 61. A.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 29; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 22, die nicht von einer automatischen Erstreckung ausgehen, sondern verlangen,<br />

dass sich der Gerichtsstandsvereinbarung im Wege der Auslegung eine entsprechende<br />

Erstreckung auf die Gesellschafter entnehmen låsst. Nach MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 22 soll dies aber im Zweifel an<strong>zu</strong>nehmen sein.<br />

3 BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644 (2646).<br />

4 BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644 (2646); Hillmann in Ebenroth/<br />

Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 61.<br />

I 732 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 957<br />

schafter gerade in der Insolvenz der Gesellschaft. 1 Nach dem Vorbild der fÅr die<br />

Haftung des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft geltenden Regelung<br />

des § 171 Abs. 2 HGB ordnet § 93 InsO an, dass wåhrend der Dauer des<br />

Insolvenzverfahrens die persÇnliche Haftung der Gesellschafter nur vom Insolvenzverwalter<br />

geltend gemacht werden kann. Dies gilt auch fÅr die Haftung<br />

der bereits ausgeschiedenen Gesellschafter fÅr Altverbindlichkeiten (vgl.<br />

Rz. I 925 ff.). Die Regelung des § 93 InsO åndert nichts daran, dass die Gesellschaftsglåubiger<br />

materiell-rechtlich Anspruchsinhaber bleiben. 2 § 93 InsO begrÅndet<br />

keine selbståndige Anspruchsgrundlage <strong>zu</strong>gunsten des Insolvenzverwalters;<br />

er handelt vielmehr mit treuhånderischer Einziehungsbefugnis als gesetzlicher<br />

Prozessstandschafter der einzelnen Glåubiger mit der Folge, dass die Zahlung<br />

eines in Anspruch genommenen Gesellschafters an den Insolvenzverwalter<br />

<strong>zu</strong>m ErlÇschen der konkreten Glåubigerforderung fÅhrt. 3 Mit der Regelung des<br />

§ 93 InsO wird der fÅr das Insolvenzverfahren geltende Grundsatz der gleichmåßigen<br />

Glåubigerbefriedigung auf die Haftung der Gesellschafter erstreckt. Dadurch<br />

wird verhindert, dass bei nicht ausreichendem PrivatvermÇgen der persÇnlich<br />

haftenden Gesellschafter die <strong>zu</strong>erst <strong>zu</strong>greifenden Gesellschaftsglåubiger sich<br />

Sondervorteile gegenÅber den anderen Gesellschaftsglåubigern verschaffen. 4 Erhebt<br />

der Gesellschaftsglåubiger vor ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das<br />

VermÇgen der Gesellschaft eine Klage gegen persÇnlich haftende Gesellschafter,<br />

so verliert der Gesellschaftsglåubiger wåhrend des Prozesses seine Aktivlegiti-<br />

1 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (205) = NJW 1967, 2203 (2204);<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 70; Hillmann in Ebenroth/<br />

Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 65.<br />

2 BGH v. 9.10.2006 – II ZR 193/05, ZIP 2007, 79 = DStR 2007, 125; MÅnchKomm.<br />

InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 14; LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt,<br />

Stand: 14. Lfg. 2002, § 93 InsO Rz. 16; Weis in Hess/Weis/Wienberg, InsO,<br />

2. Aufl. 2001, § 93 InsO Rz. 4.<br />

3 BGH v. 9.10.2006 – II ZR 193/05, ZIP 2007, 79 = DStR 2007, 125; MÅnchKomm.<br />

InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 14; LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt,<br />

Stand: 14. Lfg. 2002, § 93 InsO Rz. 16; Weis in Hess/Weis/Wienberg, InsO,<br />

2. Aufl. 2001, § 93 InsO Rz. 4; so auch die Rspr. des BGH <strong>zu</strong> § 171 Abs. 2 HGB, s.<br />

BGH v. 20.3.1958 – II ZR 2/57, BGHZ 27, 51 (56) = NJW 1958, 787 f.; BGH v.<br />

17.9.1964 – II ZR 162/62, BGHZ 42, 192 (193 f.) = NJW 1964, 2407 (2409).<br />

4 BGH v. 4.7.2002 – IX ZR 265/01, BGHZ 151, 245 (248) = NJW 2002, 2718 f.; LÅke in<br />

KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt, Stand: 14. Lfg. 2002, § 93 InsO Rz. 3; MÅnch-<br />

Komm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 1; Braun/Kroth, 3. Aufl. 2007, § 93<br />

InsO Rz. 1; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 3. Aufl. 2006, § 94 Rz. 80; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 46; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 70; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 82; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 67.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 733


958<br />

Rz. I 957 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

mation mit der Folge, dass der Prozess unterbrochen wird. 1 Wird das Insolvenzverfahren<br />

Åber das VermÇgen der Gesellschaft nach Rechtskraft eines Titels gegen<br />

den Gesellschafter, aber vor Beginn der Zwangsvollstreckung erÇffnet, so<br />

wird die Zwangsvollstreckung un<strong>zu</strong>låssig. 2 Zahlt in einem solchen Fall der Gesellschafter<br />

nach Rechtskraft des Urteils freiwillig an den Gesellschaftsglåubiger,<br />

so wird er aufgrund der Sperrfunktion des § 93 InsO nicht mehr frei, d.h. der Insolvenzverwalter<br />

kann den betreffenden Gesellschafter auch wegen dieser Forderung<br />

in Anspruch nehmen. 3<br />

Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, alle Gesellschafter gemåß § 93 InsO<br />

gleichmåßig in Anspruch <strong>zu</strong> nehmen. 4 Es ist aber auch im Insolvenzverfahren <strong>zu</strong><br />

beachten, dass im Verhåltnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft<br />

<strong>zu</strong>nåchst einmal diese fÅr die Gesellschaftsverbindlichkeiten aufkommen muss.<br />

Daraus folgt, dass der Insolvenzverwalter nach § 93 InsO nur im Rahmen einer<br />

Ausfallhaftung bei Unterdeckung der Masse vorgehen darf. 5 Die nach § 93 InsO<br />

vom Insolvenzverwalter eingezogenen Betråge sind fÅr die Gesellschaftsglåubiger<br />

treuhånderisch <strong>zu</strong> verwalten und an sie aus<strong>zu</strong>kehren. 6<br />

1 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 36;<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Gottwald/Haas/Vogel,<br />

Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 68.<br />

2 OLG Jena v. 17.12.2001 – 6 W 695/01, NZI 2002, 156 (157); MÅnchKomm.InsO/Brandes,<br />

2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 17.<br />

3 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 14;<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl.<br />

2010, § 93 InsO Rz. 4; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 60;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 85.<br />

4 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 20;<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 16; Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010,<br />

§ 93 InsO Rz. 23; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 20; Gottwald/Haas/<br />

Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 65; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />

§ 128 HGB Rz. 46; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 86.<br />

5 Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 66; Uhlenbruck/Hirte, 13.Aufl.<br />

2010, § 93 InsO Rz. 25; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 46;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 86. Nach a.A. kann im<br />

Einzelfall die Inanspruchnahme des Gesellschafters rechtsmissbråuchlich sein, wenn<br />

eine Ûberdeckung der Masse entstÅnde (so LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt<br />

(Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 22 f.; MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007,<br />

§ 93 InsO Rz. 25 f.; Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 19 ff.<br />

6 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 21;<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 25; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl.<br />

2010, § 93 InsO Rz. 22; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 66;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 86.<br />

I 734 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 959<br />

b) Beschrånkung des § 93 InsO auf Altverbindlichkeiten<br />

Verbindlichkeiten, die erst nach ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen<br />

der Gesellschaft durch ein Handeln des Insolvenzverwalters oder kraft<br />

Gesetzes entstehen, sind Neuverbindlichkeiten, die wåhrend des Insolvenzverfahrens<br />

ausschließlich aus der Insolvenzmasse <strong>zu</strong> befriedigen sind. 1 Dies gilt fÅr<br />

die sog. Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ebenso wie fÅr die<br />

Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO). FÅr diese Verbindlichkeiten gilt § 93<br />

InsO deshalb nicht, weil die Vorschrift eine bereits bei VerfahrenserÇffnung bestehende<br />

Verbindlichkeit der Gesellschaft voraussetzt. 2 Die auf das GesellschaftsvermÇgen<br />

beschrånkte Haftung stellt eine verfahrensspezifische Haftungsbeschrånkung<br />

dar, fÅr die entscheidend ist, dass sich die VerfÅgungsbefugnis des<br />

Insolvenzverwalters nur auf die Insolvenzmasse bezieht, wo<strong>zu</strong> das PrivatvermÇgen<br />

ihrer Gesellschafter nicht gehÇrt. 3 Im Hinblick auf die Haftung fÅr AnsprÅche<br />

aus Dauerschuldverhåltnissen gilt die gleiche Abgren<strong>zu</strong>ng wie bei der<br />

Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr Altverbindlichkeiten (vgl. da<strong>zu</strong><br />

Rz. I 929 ff.). Die Gesellschafter haften hier, sofern das Dauerschuldverhåltnis<br />

vor dem Zeitpunkt der InsolvenzerÇffnung begrÅndet wurde. 4 Wird bei gegenseitigen<br />

Vertrågen durch die vom Insolvenzverwalter erklårte Ablehnung der<br />

ErfÅllung gemåß § 103 Abs. 2 InsO ein Schadensersatzanspruch des Gesellschaftsglåubigers<br />

begrÅndet, so handelt es sich um eine Altverbindlichkeit, weil<br />

der gegenseitige Vertrag schon vor der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen<br />

wurde. 5<br />

1 MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 9; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />

InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 64; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 72; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 81; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 69; a.A. LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork<br />

(Loseblatt, Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 26 ff.; Braun/Kroth,<br />

4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 22.<br />

2 BGH v. 24.9.2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 (2206) = NJW 2010, 69 (70 f.);<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 9; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />

InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 64; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 81; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 69; a.A. Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 22.<br />

3 BGH v. 24.9.2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 (2206) = NJW 2010, 69 (70 f.).<br />

4 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (205) = NJW 1967, 2203 (2204);<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 8; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />

InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 64; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 72; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 78 f.; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 69.<br />

5 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204)<br />

(<strong>zu</strong>r KO); MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 8; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 79; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 68.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 735<br />

959


960<br />

Rz. I 960 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

2. Auswirkungen eines Insolvenzplans (§§ 217 ff. InsO)<br />

Durch einen Insolvenzplan i.S. der §§ 217 ff. InsO kÇnnen die Befriedigung der<br />

absonderungsberechtigten Glåubiger und der Insolvenzglåubiger, die Verwertung<br />

und Verteilung der Insolvenzmasse sowie die Haftung des Schuldners nach Beendigung<br />

des Insolvenzverfahrens abweichend von den Regelungen der InsO geregelt<br />

werden. Der Insolvenzplan hat deshalb unmittelbare Bedeutung fÅr die persÇnliche<br />

Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB, weil gemåß § 227 Abs. 2<br />

InsO die von § 227 Abs. 1 InsO angeordnete Befreiung des Insolvenzschuldners<br />

von den restlichen Verbindlichkeiten auch fÅr die persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter gilt. Entgegen der Rechtsprechung des BGH 1 <strong>zu</strong> § 211 Abs. 2<br />

KO, § 109 Nr. 3 VerglO gilt die Befreiungswirkung auch fÅr einen <strong>zu</strong>m Zeitpunkt<br />

der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens bereits ausgeschiedenen Gesellschafter.<br />

2 Die Argumentation des BGH 3 , die Befreiungswirkung diene auch da<strong>zu</strong>, dem<br />

Schuldner die FortfÅhrung des Unternehmens <strong>zu</strong> ermÇglichen, Åberzeugt aufgrund<br />

der inzwischen unstreitigen Rechts- und Parteifåhigkeit aller (Außen-)<strong>Personengesellschaften</strong><br />

nicht. Denn Insolvenzschuldner ist die Gesellschaft als solche<br />

und nicht die Summe der einzelnen Gesellschafter. Der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der<br />

ErÇffnung des Insolvenzverfahrens der Gesellschaft angehÇrige Gesellschafter<br />

fÅhrt ebenso wenig wie ein ausgeschiedener Gesellschafter das Unternehmen. Soweit<br />

er in Angelegenheiten der Gesellschaft als GeschåftsfÅhrer tåtig wird, ist sein<br />

Organhandeln unmittelbar der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. Die Befreiungswirkung<br />

gilt aber gemåß § 254 Abs. 2 InsO nicht fÅr die Haftung aus einer BÅrgschaft<br />

oder aus bestellten dinglichen Sicherheiten (vgl. da<strong>zu</strong> auch Rz. I 963 ff.). Hat<br />

ein Gesellschafter ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter gegenÅber einem<br />

Gesellschaftsglåubiger eine BÅrgschaftsverpflichtung Åbernommen oder<br />

eine sonstige Sicherheit bestellt, so ist im Falle einer Zahlung/Verwertung der Regress<br />

gegen die Mitgesellschafter ausgeschlossen, weil ansonsten <strong>zu</strong> ihren Lasten<br />

die Befreiungswirkung des § 227 Abs. 2 InsO unterlaufen wÅrde. 4<br />

1 BGH v. 25.5.1970 – II ZR 183/68, NJW 1970, 1921 (1922).<br />

2 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 55;<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 40; Gottwald/Haas/Vogel,<br />

Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 69; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128<br />

HGB Rz. 46; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 74; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 90.<br />

3 BGH v. 25.5.1970 – II ZR 183/68, NJW 1970, 1921 (1922).<br />

4 BGH v. 9.3.1987 – II ZR 186/86, BGHZ 100, 126 (129 f.) = NJW 1987, 1893 f. (<strong>zu</strong><br />

§ 211 Abs. 2 KO); MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 41; MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 89; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 72.<br />

I 736 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 962<br />

3. Zahlung des Gesellschafters an den Gesellschaftsglåubiger nach ErÇffnung<br />

des Insolvenzverfahrens<br />

Zahlt der Gesellschafter nach ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen<br />

der Gesellschaft an den Gesellschaftsglåubiger, so wird er wegen fehlender<br />

Aktivlegitimation des Glåubigers von seiner Verpflichtung nicht befreit. Er kann<br />

die Leistung gemåß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Rahmen einer Leistungskondiktion<br />

vom Gesellschaftsglåubiger <strong>zu</strong>rÅckverlangen. 1 Genehmigt der Insolvenzverwalter<br />

die Zahlung, so wird der Gesellschafter befreit, und der Gesellschaftsglåubiger<br />

ist gegenÅber dem Insolvenzglåubiger gemåß § 816 Abs. 2 BGB<br />

<strong>zu</strong>r Herausgabe des ErlÇses verpflichtet. 2<br />

4. PersÇnliche Haftung bei Insolvenz des Gesellschafters<br />

Aufgrund der aus der Rechtsfåhigkeit folgenden Insolvenzfåhigkeit der Gesellschaft<br />

ist ein Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der Gesellschaft <strong>zu</strong> trennen<br />

von einem Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen eines persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafters. 3 Daraus folgt, dass der Insolvenzverwalter Glåubigerforderungen,<br />

die er nach § 93 InsO <strong>zu</strong>gunsten der Insolvenzmasse der Gesellschaft geltend<br />

machen will, im Insolvenzverfahren des Gesellschafters nach § 43 InsO mit<br />

dem vollen Betrag – also nicht nur in HÇhe des auf den betreffenden Gesellschafter<br />

entfallenden Verlustanteils – anmelden kann. 4 962<br />

Die Einziehungsbefugnis<br />

nach § 93 InsO besteht aber auch in der Insolvenz des Gesellschafters nur in<br />

1 MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Gottwald/Haas/Vogel,<br />

Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 60; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 4;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 85, 94. Nach Ansicht von<br />

LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 14 steht<br />

der Bereicherungsanspruch direkt dem Insolvenzverwalter <strong>zu</strong>, weil der Glåubiger durch<br />

die Zahlung <strong>zu</strong> Lasten der Insolvenzmasse ungerechtfertigt bereichert worden ist.<br />

2 MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl.<br />

2010, § 93 InsO Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 85.<br />

Nach Ansicht von LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93<br />

InsO Rz. 14 steht der Bereicherungsanspruch direkt dem Insolvenzverwalter <strong>zu</strong>.<br />

3 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (205) = NJW 1967, 2203 (2204);<br />

BGH v. 21.1.1993 – IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179 (189) = NJW 1993, 663 (665), LÅke<br />

in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 51; Hopt in<br />

Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 47; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 77; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />

2008, § 128 HGB Rz. 75.<br />

4 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 52; Gottwald/Haas/Vogel,<br />

Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 83; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 47; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 77; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 75.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 737<br />

961


963<br />

Rz. I 962 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

HÇhe des Ausfalls des Glåubigers im Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der<br />

Gesellschaft. 1 Aufgrund der strikten Trennung des Insolvenzverfahrens Åber das<br />

VermÇgen der Gesellschaft von einem Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen eines<br />

persÇnlich haftenden Gesellschafters sind die Masseverbindlichkeiten in<br />

der Gesellschaftsinsolvenz grundsåtzlich nicht Masseverbindlichkeiten in der Insolvenz<br />

eines Gesellschafters. 2<br />

5. Die BÅrgenhaftung des Gesellschafters aus § 765 BGB in Konkurrenz<br />

<strong>zu</strong> § 128 HGB<br />

Obwohl die BÅrgenhaftung nach §§ 765 ff. BGB grundsåtzlich ebenso wie die<br />

Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB akzessorisch ist, bestehen bedeutende<br />

Unterschiede, so dass die Ûbernahme einer BÅrgschaft fÅr Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

durch einen Gesellschafter dem Glåubiger nicht unerhebliche<br />

Vorteile bringt. Dies gilt vor allem in der Insolvenz der Gesellschaft. Bei Aufstellung<br />

eines Insolvenzplans i.S. des § 217 InsO gilt die in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehene<br />

Befreiung von Verbindlichkeiten gemåß § 227 Abs. 2 InsO auch fÅr die<br />

persÇnliche Haftung aus § 128 HGB. Dies ist eine notwendige Konsequenz des<br />

Prinzips der akzessorischen Gesellschafterhaftung. Die Regelung des § 227 Abs. 2<br />

InsO gilt aber nicht fÅr eine BÅrgschaftsverpflichtung des Gesellschafters,<br />

weil § 254 Abs. 2 InsO anordnet, dass die AnsprÅche der Insolvenzglåubiger gegen<br />

einen BÅrgen durch den Insolvenzplan nicht berÅhrt werden. 3 Ein weiterer<br />

bedeutender Vorteil der BÅrgschaftsverpflichtung gegenÅber der Haftung aus<br />

§ 128 HGB besteht in der Insolvenz darin, dass die Einziehungsbefugnis des<br />

Insolvenzverwalters aus § 93 InsO nur die Haftung aus § 128 HGB und nicht<br />

eine BÅrgenhaftung des persÇnlich haftenden Gesellschafters erfasst. 4 DarÅber<br />

hinaus beziehen sich die Verjåhrungsvorschrift des § 159 HGB und die Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ng<br />

des § 160 HGB nicht auf eine BÅrgschaftsverbindlichkeit des<br />

persÇnlich haftenden Gesellschafters. FÅr die Gestaltung von Austauschvertrå-<br />

1 Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 75; a.A.<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 47.<br />

2 RG v. 18.1.1932 – VIII 547/31, RGZ 135, 62 (63 f.); BGH v. 16.2.1961 – III ZR 71/60,<br />

BGHZ 34, 293 (295 f.) = NJW 1961, 1022; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />

§ 128 HGB Rz. 47; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 75.<br />

3 MÅnchKomm.InsO/Huber, 2. Aufl. 2008, § 254 InsO Rz. 26; Gottwald/Haas/Vogel,<br />

Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 70; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 80; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 95; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 54.<br />

4 BGH v. 4.7.2002 – IX ZR 265/01, BGHZ 151, 245 (248 ff.) = ZIP 2002, 1492 (1493 f.);<br />

MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 1; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />

InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 70; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />

Rz. 80; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 95.<br />

I 738 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 964<br />

gen mit <strong>Personengesellschaften</strong> ist zwar grundsåtzlich davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass<br />

der Gesellschaftsglåubiger durch die persÇnliche Haftung der Gesellschafter nach<br />

§ 128 HGB bei gegebener Bonitåt der Gesellschafter in ausreichender Weise abgesichert<br />

ist; gleichwohl muss der Gesellschaftsglåubiger im Falle der Insolvenz<br />

der Gesellschaft gewisse Einschrånkungen der persÇnlichen Haftung hinnehmen,<br />

die vor Inkrafttreten der InsO noch nicht eingriffen. Eine <strong>zu</strong>såtzliche GesellschafterbÅrgschaft<br />

sollte daher von einem Gesellschaftsglåubiger bei Austauschvertrågen<br />

mit einem grÇßeren Volumen ins Auge gefasst werden. Gerade die Einziehungsbefugnis<br />

des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO verhindert den sofortigen<br />

Zugriff eines einzelnen Gesellschaftsglåubigers auf das PrivatvermÇgen einzelner<br />

Gesellschafter.<br />

Wird ein Gesellschafter als BÅrge in Anspruch genommen, so gelten fÅr den Regress<br />

gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter die allgemeinen Bestimmungen.<br />

Von der Gesellschaft als Hauptschuldnerin kann der Gesellschafter<br />

als BÅrge gemåß § 774 Abs. 1 BGB kraft Legalzession Ersatz in HÇhe des fÅr die<br />

Glåubigerbefriedigung aufgewendeten Betrags verlangen (vgl. <strong>zu</strong> AufwendungsersatzansprÅchen<br />

des Gesellschafters gegen die Gesellschaft Rz. I 980). Dieser<br />

Regress kann aber aufgrund einer ausdrÅcklichen oder konkludenten Vereinbarung<br />

zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter-BÅrgen ausgeschlossen<br />

sein. 1 FÅr den Regress gegen die Mitgesellschafter gelten die Grundsåtze, die<br />

auch bei einer Inanspruchnahme aus § 128 HGB Anwendung finden (vgl. da<strong>zu</strong><br />

Rz. I 982). Wurde die BÅrgschaft von mehreren Gesellschaftern Åbernommen,<br />

so sind beim Regress gegen die MitbÅrgen die Verlustanteile der einzelnen<br />

Gesellschafter wie beim Regress nach einer Glåubigerbefriedigung gemåß § 128<br />

HGB <strong>zu</strong> berÅcksichtigen. 2 VerbÅrgt sich neben einem Gesellschafter auch ein<br />

nicht der Gesellschaft angehÇriger Dritter fÅr eine Verbindlichkeit der Gesellschaft,<br />

so stehen dem Dritten im Fall der Befriedigung des Glåubigers sowohl RegressansprÅche<br />

gegen die Gesellschaft als auch gemåß § 128 HGB gegen die Gesellschafter<br />

<strong>zu</strong>. 3 Da die Ûbernahme einer BÅrgschaft durch einen Dritten nicht<br />

nur der Gesellschaft als Hauptschuldnerin, sondern mittelbar auch den persÇnlich<br />

1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 101; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 56.<br />

2 BGH v. 19.12.1988 – II ZR 101/88, WM 1989, 406 (407) (fÅr GmbH-Gesellschafter);<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 102; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />

3 BGH v. 26.1.1959 – II ZR 221/57, LM § 774 BGB Nr. 3 = WM 1959, 229 (230); BGH<br />

v. 17.6.1993 – IX ZR 158/93, NJW-RR 1993, 1377 (1378) = WM 1993, 1668 (1669);<br />

Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 103; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 739<br />

964


965<br />

Rz. I 964 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

haftenden Gesellschaftern <strong>zu</strong>gute kommt, besteht ein Regressanspruch eines<br />

Gesellschafter-BÅrgen gegen einen Dritten als BÅrgen aus § 774 Abs. 2 i.V.m.<br />

§ 426 Abs. 1 BGB in der Regel nicht. Aufgrund der Stellung als persÇnlich haftender<br />

Gesellschafter des Hauptschuldners ist hier etwas anderes bestimmt i.S.<br />

des § 426 Abs. 1 BGB. 1 Ûbertrågt ein Gesellschafter-BÅrge seinen Gesellschaftsanteil<br />

auf einen Mitgesellschafter, der sich ebenfalls verbÅrgt hat, so ist der ausscheidende<br />

Gesellschafter wie ein Dritter <strong>zu</strong> behandeln, d.h. er kann gemåß § 774<br />

Abs. 2 i.V.m. § 426 Abs. 1 BGB vollen Ausgleich vom verbleibenden Gesellschafter<br />

verlangen. 2 Das Ausscheiden eines Gesellschafter-BÅrgen aus der Gesellschaft<br />

fÅhrt nicht <strong>zu</strong>m ErlÇschen der BÅrgschaftsverpflichtung; insoweit gilt<br />

nichts anderes in Be<strong>zu</strong>g auf die Haftung aus § 128 HGB. 3<br />

Nach der Rechtsprechung des BGH 4 soll der Gesellschafter-BÅrge im Falle des<br />

Ausscheidens aus der Gesellschaft u.U. nach Treu und Glauben berechtigt sein,<br />

die BÅrgschaft <strong>zu</strong> kÅndigen, da das Ausscheiden aus der Gesellschaft einen wichtigen<br />

Grund darstellen kÇnne. Diese Rechtsprechung ist als Åberholt an<strong>zu</strong>sehen,<br />

weil sie offenbar im Zusammenhang mit der Rechtsprechung <strong>zu</strong>r Haftung fÅr Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

vor Inkrafttreten des Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes<br />

steht. Nunmehr muss davon ausgegangen werden, dass mit ErlÇschen<br />

der Nachhaftung nach § 160 HGB auch die BÅrgenhaftung des ausgeschiedenen<br />

Gesellschafters erlischt. FÅr ein ErlÇschen der BÅrgenhaftung unmittelbar<br />

nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft und damit vor dem Ende der Nachhaftung<br />

besteht kein schutzwÅrdiges Interesse. Mit ErlÇschen der Nachhaftung<br />

kann der ausgeschiedene Gesellschafter sich gegenÅber dem Gesellschaftsglåubiger<br />

auch in Be<strong>zu</strong>g auf die Verpflichtung aus § 765 BGB auf das ErlÇschen der<br />

Nachhaftung berufen. Die Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ng schlågt also im Ergebnis<br />

durch auf die akzessorische BÅrgenhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters.<br />

1 So im Ergebnis auch Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 103; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />

2 BGH v. 11.7.1973 – VIII ZR 178/72, UM § 774 BGB Nr. 9 = WM 1975, 100 (102) (fÅr<br />

GmbH-Gesellschafter); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82;<br />

Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />

3 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (22 f.) = NJW 1995, 2553 f.; BGH v.<br />

22.5.1986 – IX ZR 108/85, NJW 1986, 2308 (2309); Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 83; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 104; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 58.<br />

4 BGH v. 10.6.1985 – III ZR 63/84, NJW 1986, 252 (253); BGH v. 22.5.1986 – IX ZR<br />

108/885, NJW 1986, 2308 (2309); <strong>zu</strong>stimmend Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 83; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />

Rz. 104; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 58.<br />

I 740 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 966<br />

X. Einwendungen des Gesellschafters<br />

1. Die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB<br />

Aus der strikten Trennung zwischen Gesellschaftsprozess und Prozess gegen den<br />

persÇnlich haftenden Gesellschafter folgt, dass ein Titel gegen die Gesellschaft<br />

nicht gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter vollstreckt werden<br />

kann. Die Regelung des § 129 Abs. 4 HGB stellt dies klar. Auch eine Titelumschreibung<br />

kommt nicht in Betracht. Aus dem Prinzip der akzessorischen Haftung<br />

folgt aber die in § 129 Abs. 1 HGB <strong>zu</strong>m Ausdruck kommende Rechtskraftwirkung.<br />

Ist die Gesellschaft rechtskråftig verurteilt worden, so gilt die Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

als Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr die persÇnliche Haftung des Gesellschafters<br />

aus § 128 HGB als rechtskråftig festgestellt. 1 Es handelt sich weder um<br />

eine echte Rechtskrafterstreckung – dagegen spricht die Regelung des § 129<br />

Abs. 4 HGB – noch um eine Pråklusionswirkung åhnlich der des § 767 Abs. 2<br />

ZPO. 2 Es handelt sich vielmehr um eine Rechtskraftwirkung sui generis, die<br />

aus dem Wesen der akzessorischen Haftung bei der Gesamthandsgesellschaft<br />

folgt. 3 Der einzelne Gesellschafter kann daher nach rechtskråftiger Feststellung<br />

der Gesellschaftsschuld seine Haftung nur noch mit persÇnlichen Einwendungen<br />

abwenden. Die Tatsache, dass dem einzelnen Gesellschafter persÇnliche<br />

Einwendungen <strong>zu</strong>stehen kÇnnen, bildet die Rechtfertigung fÅr die Regelung des<br />

§ 129 Abs. 4 HGB, wonach ein Urteil gegen die Gesellschaft nicht in das PrivatvermÇgen<br />

des Gesellschafters vollstreckt werden kann. Wirkt der Gesellschaftsglåubiger<br />

mit einem vertretungsberechtigten Gesellschafter kollusiv <strong>zu</strong>sammen,<br />

um die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB <strong>zu</strong> Lasten eines anderen Ge-<br />

1 RG v. 13.4.1901 – I 15/01, RGZ 49, 340 (343); RG v. 30.6.1921 – VI 76/21, RGZ 102,<br />

301 (303); BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (255) = NJW 1970,<br />

1740 (1741); BGH v. 18.3.1975 – X ZB 12/74, BGHZ 64, 155 (156) = NJW 1975, 1280<br />

(1281); BGH v. 1.7.1976 – VII ZR 85/74, WM 1976, 1085 (1086); OLG DÅsseldorf v.<br />

27.4.2001 – 17 U 180/00, NZG 2001, 890 f.; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />

§ 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 11;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 5.<br />

2 FÅr eine akzessorietåtsbedingte Pråklusion entsprechend § 767 Abs. 2 ZPO Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 11. Vom BGH offen gelassen in<br />

den Entscheidungen BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (255) = NJW<br />

1970, 1740 (1741) und BGH v. 1.7.1976 – VII ZR 85/74, WM 1976, 1085 (1086).<br />

3 Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, 1887, S. 594 ff.;<br />

Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 95 f.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 741<br />

966


Rz. I 966 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

sellschafters herbei<strong>zu</strong>fÅhren, so kann sich der Gesellschaftsglåubiger gemåß<br />

§ 826 BGB nicht auf die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB berufen. 1<br />

2. Keine Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten ausgeschiedener Gesellschafter<br />

Die in § 129 Abs. 1 HGB <strong>zu</strong>m Ausdruck kommende Rechtskraftwirkung greift<br />

nicht <strong>zu</strong> Lasten eines Gesellschafters ein, der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Klageerhebung<br />

aus der Gesellschaft ausgeschieden war. 2 Ein Ausscheiden aus der Gesellschaft<br />

nach Erhebung der Klage gegen die Gesellschaft steht dagegen der<br />

Rechtskraftwirkung nicht entgegen. 3 Die Privilegierung des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

beruht darauf, dass er auf die ProzessfÅhrung der Gesellschaft keinen<br />

Einfluss mehr nehmen kann und es ihm daher in der Regel nicht mÇglich ist,<br />

Verteidigungsmittel der Gesellschaft vor<strong>zu</strong>bringen. Diese MÇglichkeit hat zwar<br />

ein von der GeschåftsfÅhrung und Vertretung ausgeschlossener Gesellschafter<br />

regelmåßig auch nicht, ihm stehen aber Informationsrechte <strong>zu</strong>, so dass er im<br />

Gesellschaftsprozess als Nebenintervenient beitreten und damit auch Verteidigungsmittel<br />

vorbringen kann. Aufgrund der Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1<br />

HGB handelt es sich um eine streitgenÇssische Nebenintervention i.S. des<br />

§ 69 ZPO4 967<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 758). Ein ausgeschiedener Gesellschafter erhålt dagegen<br />

in der Regel keine Informationen mehr Åber die Angelegenheiten der Gesellschaft,<br />

so dass ihm die Nebenintervention wegen fehlender Kenntnis vom Gesellschaftsprozess<br />

nicht mÇglich ist. Da die Ablehnung der Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong><br />

Lasten eines ausgeschieden Gesellschafters dem Schutz dieses Gesellschafters<br />

dient, kann er sich auf eine Abweisung der Klage gegen die Gesellschaft im<br />

1 BGH v. 11.12.1995 – II ZR 220/94, NJW 1996, 658; OLG DÅsseldorf v. 27.4.2001 – 17<br />

U 180/00, NZG 2001, 890 (891); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB<br />

Rz. 6; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 5.<br />

2 BGH v. 8.11.1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (233 f.) = NJW 1966, 499 (500); Hopt<br />

in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 15; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129<br />

HGB Rz. 16; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB<br />

Rz. 8.<br />

3 RG v. 30.6.1921 – VI 76/21, RGZ 102, 301 (303); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB<br />

Rz. 15; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 16; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 8.<br />

4 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 124 HGB Rz. 29; vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NJW 2002, 324<br />

(326 f.).<br />

I 742 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 969<br />

Gesellschaftsprozess berufen. 1 Der Gesellschaftsglåubiger hat hier kein anerkennenswertes<br />

Interesse daran, nach rechtskråftiger Abweisung der Klage gegen die<br />

Gesellschaft einen zweiten Klageversuch gegen die <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Erhebung<br />

der ersten Klage bereits ausgeschiedenen Gesellschafter <strong>zu</strong> unternehmen.<br />

3. Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten von Kommanditisten und bei Wechsel in<br />

die Kommanditistenstellung<br />

Die Rechtskraftwirkung tritt auch <strong>zu</strong> Lasten des Kommanditisten einer KG ein.<br />

Denn er hat Åber den Mitteilungsanspruch des § 166 HGB hinaus ein allgemeines<br />

Informationsrecht bezÅglich der Angelegenheiten der Gesellschaft (vgl. da<strong>zu</strong><br />

Rz. I 2388 f.). Die KG muss ihn daher Åber die Klageerhebung eines Gesellschaftsglåubigers<br />

informieren. Da den Kommanditisten grundsåtzlich die Rechtskraftwirkung<br />

des § 129 Abs. 1 HGB trifft, ist auch der Komplementår, der in<br />

die Kommanditistenstellung wechselt, insoweit nicht einem ausgeschiedenen<br />

Gesellschafter gleich<strong>zu</strong>stellen. Der BGH2 hat die Rechtskraftwirkung fÅr den Fall<br />

bejaht, dass der frÅhere Komplementår die Stellung des Kommanditisten und des<br />

GeschåftsfÅhrers der Komplementår-GmbH Åbernimmt. Insoweit genÅgt aber<br />

aus den dargelegten GrÅnden schon die Ûbernahme der Kommanditistenstellung.<br />

Andererseits greift die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB aber auch<br />

dann ein, wenn nicht die Kommanditistenstellung, sondern nur das Amt des GeschåftsfÅhrers<br />

der Komplementår-GmbH Åbernommen wird. Denn die<br />

Komplementår-GmbH fÅhrt, vertreten durch ihren GeschåftsfÅhrer, den Gesellschaftsprozess,<br />

so dass der frÅhere persÇnlich haftende Komplementår nicht nur<br />

auf den Gesellschaftsprozess Einfluss nehmen, sondern aufgrund der erlangten<br />

Informationen auch als Nebenintervenient (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 2388 f.) beitreten<br />

kann.<br />

4. Hemmung und Neubeginn der Verjåhrung<br />

Die Trennung des Gesellschaftsprozesses vom Prozess gegen die persÇnlich haf- 969<br />

tenden Gesellschafter wirft in verjåhrungsrechtlicher Hinsicht deshalb eine Reihe<br />

von Fragen auf, weil trotz der prozessualen Trennung der Verfahren die materiellrechtliche<br />

Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters vom Bestand der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

abhångt. Verjåhrungsrechtliche Probleme entstehen dann,<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 15; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 129 HGB Rz. 16; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />

HGB Rz. 8.<br />

2 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 204/79, BGHZ 78, 114 (120 f.) = NJW 1981, 175 (176); <strong>zu</strong>stimmend<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 43; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 8.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 743<br />

968


Rz. I 969 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

wenn der Gesellschaftsglåubiger die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter<br />

nicht gleichzeitig verklagt (vgl. Rz. I 747). Aus dem Grundsatz der akzessorischen<br />

Haftung folgt, dass eine Klage gegen die Personengesellschaft auch die Verjåhrung<br />

des Anspruchs gegen nicht mitverklagte persÇnlich haftende Gesellschafter<br />

gemåß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmt (vgl. Rz. I 748). 1 Diese Hemmungswirkung<br />

greift aber – ebenso wie die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 966 ff.) – nicht <strong>zu</strong> Lasten eines persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />

ein, der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Klageerhebung schon aus der Gesellschaft ausgeschieden<br />

war 2 (vgl. Rz. I 748). Da die Verpflichtung der persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter von der Gesellschaftsverbindlichkeit abhångt und nicht umgekehrt<br />

die Haftung der Gesellschaft von einer persÇnlichen Verbindlichkeit des Gesellschafters,<br />

wird durch die Erhebung einer Klage gegen einen Gesellschafter<br />

nicht die Verjåhrung des Anspruchs gegen die Gesellschaft gehemmt (vgl.<br />

Rz. I 749). 3 Wird ein persÇnlich haftender Gesellschafter ohne gleichzeitige Erhebung<br />

der Klage gegen die Gesellschaft vor Verjåhrung des Anspruchs verklagt, so<br />

kann sich der Gesellschafter nicht auf eine wåhrend des Prozesses eintretende<br />

Verjåhrung der Forderung gegen die Gesellschaft berufen 4 (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 749).<br />

Daher kann ein rechtskråftig verurteilter persÇnlich haftender Gesellschafter gegen<br />

die vom Glåubiger betriebene Zwangsvollstreckung nicht vorbringen, die Gesellschaftsforderung<br />

sei inzwischen verjåhrt. 5 Ist die Gesellschaft rechtkråftig verurteilt,<br />

so gilt die gemåß §§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 201 Satz 1 BGB geltende 30-jåhrige<br />

Verjåhrungsfrist auch im Verhåltnis <strong>zu</strong> den persÇnlich haftenden Gesellschaf-<br />

1 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 204/79, BGHZ 78, 114 (119 f.) = NJW 1981, 175 (176);<br />

BGH v. 22.3.1988 – X ZR 64/87, BGHZ 104, 76 (81 f.) = NJW 1988, 1976; BGH v.<br />

9.7.1998 – IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214 (218) = NJW 1998, 2972; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl.<br />

2011, § 129 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 129 HGB Rz. 4; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 7.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4.<br />

3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 129 HGB Rz. 9; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />

HGB Rz. 4.<br />

4 BGH v. 22.3.1988 – X ZR 64/87, BGHZ 104, 76 (79 ff.) = NJW 1988, 1976 (1977);<br />

Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 9; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 129 HGB Rz. 8; Wertenbruch, NJW 2002, 324 (325).<br />

5 BGH v. 27.4.1981 – II ZR 177/80, NJW 1981, 2579; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 129 HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB<br />

Rz. 11; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4.<br />

I 744 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 971<br />

tern. 1 Entsprechendes gilt gemåß § 197 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BGB fÅr AnsprÅche<br />

aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden sowie fÅr im Insolvenzverfahren<br />

festgestellte AnsprÅche.<br />

5. Geltung der Regelung des § 129 HGB fÅr die GbR und die Partnerschaftsgesellschaft<br />

Aufgrund der Verweisungsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG gilt § 129 HGB<br />

auch fÅr die persÇnliche Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft.<br />

In seinem Grundsat<strong>zu</strong>rteil <strong>zu</strong>r Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR hat<br />

der BGH 2 nicht nur eine analoge Anwendung des § 128 HGB angeordnet, sondern<br />

<strong>zu</strong>gleich festgestellt, dass das Verhåltnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung<br />

bei der GbR der Rechtslage in den Fållen der akzessorischen Gesellschafterhaftung<br />

gemåß §§ 128 f. HGB bei der OHG entspricht. Die Regelung<br />

des § 129 HGB ist damit ebenso wie § 128 HGB und nunmehr auch § 130 HGB<br />

(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 917 ff.) auf die GbR entsprechend anwendbar. Da die Regelung<br />

des § 129 HGB im Wesentlichen nur Grundprinzipien der akzessorischen<br />

Gesellschafterhaftung enthålt, wåre es nicht mÇglich, ausschließlich die Regelung<br />

des § 128 HGB entsprechend auf die GbR an<strong>zu</strong>wenden. Damit erlangt die gesamte<br />

Rechtsprechung <strong>zu</strong> § 129 HGB auch unmittelbare Bedeutung fÅr die persÇnliche<br />

Haftung der Gesellschafter einer GbR.<br />

6. Rechtskråftige Urteile und sonstige rechtskraftfåhige Vollstreckungstitel<br />

Die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB greift nicht fÅr Vollstreckungstitel<br />

aller Art, sondern nur fÅr rechtskraftfåhige Vollstreckungstitel ein. Da<br />

eine vollstreckbare Urkunde i.S. des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, in der sich die Gesellschaft<br />

der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, gegenÅber der<br />

Gesellschaft keine Rechtskraft entfaltet 3 , kann insoweit keine Rechtskraftwirkung<br />

<strong>zu</strong>m Nachteil der persÇnlich haftenden Gesellschafter entstehen. Eine Rechtskraftwirkung<br />

entfalten daher alle Urteile, die in Rechtskraft erwachsen, also auch<br />

Versåumnis- und Anerkenntnisurteile. 4 Der Vollstreckungsbescheid wird in<br />

§ 700 Abs. 1 ZPO einem Versåumnisurteil gleichgestellt; vor der Zustellung des<br />

1 Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4.<br />

2 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358) = ZIP 2001, 330 (336).<br />

3 Die fehlende Rechtskraft von vollstreckbaren Urkunden folgt aus § 797 Abs. 4 ZPO, wonach<br />

bei einer Vollstreckungsgegenklage die Pråklusionsregelung des § 767 ZPO keine<br />

Anwendung findet, vgl. Handkomm.ZPO/Kindl, 3. Aufl. 2009, § 797 ZPO Rz. 1; Musielak/Lackmann,<br />

8. Aufl. 2011, § 797 ZPO Rz. 1.<br />

4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 7; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 11; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 6.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 745<br />

970<br />

971


Rz. I 971 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

Vollstreckungsbescheids entstandene Einwendungen, die durch Einspruch nicht<br />

mehr geltend gemacht werden kÇnnen, kann der Schuldner dem titulierten Anspruch<br />

nach § 796 Abs. 2 ZPO nicht mehr entgegenhalten. Weil somit auch ein<br />

Vollstreckungsbescheid in Rechtskraft erwåchst 1 , entfaltet ein gegen die Gesellschaft<br />

erlassener Vollstreckungsbescheid gemåß § 129 Abs. 1 HGB auch eine<br />

Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten des persÇnlich haftenden Gesellschafters. 2 Entsprechendes<br />

gilt fÅr die Feststellung einer Forderung <strong>zu</strong>r Insolvenztabelle in<br />

der Insolvenz Åber das VermÇgen der Gesellschaft. 3 Denn nach § 178 Abs. 3<br />

InsO hat die Eintragung in die Insolvenztabelle die Wirkung eines rechtskråftigen<br />

Urteils. Zu diesen Wirkungen gehÇrt auch die Rechtskraftwirkung i.S. des § 129<br />

Abs. 1 HGB.<br />

7. Einwendungen i.S. des § 129 Abs. 1 HGB<br />

Das Tatbestandsmerkmal „Einwendungen“ bezieht sich nicht nur auf materiellrechtliche<br />

Einwendungen im technischen Sinn (rechtshindernde und rechtsvernichtende<br />

Einwendungen), sondern auch auf Einreden im materiell-rechtlichen<br />

Sinne (z.B. Verjåhrung, ZurÅckbehaltungsrecht). 4 Prozessuale Einreden<br />

wie beispielsweise die anderweitige Rechtshångigkeit oder die Çrtliche Un<strong>zu</strong>ståndigkeit<br />

des Gerichts werden nicht von § 129 Abs. 1 HGB erfasst. 5 972<br />

Aufgrund der<br />

Trennung zwischen Gesellschaftsprozess und Gesellschafterprozess haben die<br />

rein prozessualen Einreden grundsåtzlich keine Bedeutung fÅr den Gesellschaftsprozess.<br />

Sie kÇnnen aber mittelbar dadurch von § 129 Abs. 1 HGB erfasst<br />

werden, dass sie Einfluss auf den materiell-rechtlichen Anspruch gegen die Gesellschaft<br />

haben. Wird also beispielsweise ein Verteidigungsmittel der Gesellschaft<br />

als verspåtet <strong>zu</strong>rÅckgewiesen, so trifft dies mittelbar auch die persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter, wenn dadurch die Forderung gegen die Gesellschaft rechts-<br />

1 Vgl. da<strong>zu</strong> BGH v. 11.12.1996 – II ZR 220/94, NJW 1996, 658; ZÇller/Vollkommer,<br />

28. Aufl. 2010, § 700 ZPO Rz. 1.<br />

2 OLG Schleswig v. 6.1.1998 – 5 W 65/97, OLGR Schleswig 1998, 123 f.; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 6.<br />

3 BGH v. 30.1.1961 – II ZR 98/59, WM 1961, 427 (429); BAG v. 12.6.2002 – 10 AZR<br />

199/01, KTS 2003, 315 (318 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB<br />

Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in<br />

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 6.<br />

4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 1; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 129 HGB Rz. 4; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />

HGB Rz. 3.<br />

5 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 4; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 5; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 129 HGB Rz. 5; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />

HGB Rz. 3.<br />

I 746 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 973<br />

kråftig festgestellt wird. Einreden im materiell-rechtlichen Sinne kann der Gesellschafter<br />

gemåß § 129 Abs. 1 HGB auch dann geltend machen, wenn sie von der<br />

Gesellschaft noch nicht geltend gemacht worden sind. 1 FÅr die Anfechtung<br />

und Aufrechnung als Gestaltungsrechte enthalten Abs. 2 und 3 des § 129 HGB<br />

Sonderregelungen fÅr den Fall, dass die Gesellschaft diese Rechte noch nicht geltend<br />

gemacht hat (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 974 ff.).<br />

8. Neue Einwendungen der Gesellschaft nach rechtskråftiger Verurteilung<br />

Ist die Gesellschaft rechtskråftig verurteilt, so kann sie neu entstehende Einwendungen<br />

nach allgemeinen Grundsåtzen gemåß § 767 Abs. 2 ZPO im Rahmen einer<br />

Vollstreckungsgegenklage geltend machen. Ohne Erhebung einer solchen<br />

Vollstreckungsgegenklage ist der Titel nach wie vor vollstreckbar. Da ein Titel gegen<br />

die Gesellschaft nicht unmittelbar gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />

vollstreckt werden kann und die Einwendungen von der Gesellschaft<br />

noch geltend gemacht werden kÇnnen, kann auch der persÇnlich haftende Gesellschafter<br />

sie im Prozess des Glåubigers gegen ihn unmittelbar geltend machen.<br />

2 Der persÇnlich haftende Gesellschafter ist nicht darauf angewiesen, dass<br />

die Gesellschaft die Vollstreckungsgegenklage erhebt. Der Gesellschafter muss allerdings<br />

dann selbst eine Vollstreckungsgegenklage erheben, wenn auch er bereits<br />

rechtskråftig verurteilt worden ist. 3 Diese Vollstreckungsgegenklage setzt<br />

nicht voraus, dass die Gesellschaft selbst eine solche Klage erhebt. 4 973<br />

Dies beruht<br />

darauf, dass aufgrund der Trennung zwischen Gesellschaftsprozess und Gesellschafterprozess<br />

auch die Fragen der Rechtskraft und der Rechtskraftdurchbrechung<br />

separat <strong>zu</strong> behandeln sind.<br />

1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 1. Nach a.A. (Heymann/Emmerich,<br />

2. Aufl. 1996, § 129 HGB Rz. 12a) soll insoweit § 129 Abs. 2 HGB entsprechend<br />

Anwendung finden.<br />

2 RG v. 19.2.1929 – II 296/28, RGZ 124, 146 (151 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 129 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 12;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 7.<br />

3 RG v. 19.2.1929 – II 296/28, RGZ 124, 146 (151 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />

2010, § 129 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 12;<br />

MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 7.<br />

4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 12; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />

HGB Rz. 7.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 747


974<br />

975<br />

Rz. I 974 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

9. Gestaltungsrechte – insbesondere Anfechtung und Aufrechnung<br />

a) Allgemeine Grundsåtze<br />

Steht der Gesellschaft eine Anfechtungsbefugnis oder eine AufrechnungsmÇglichkeit<br />

<strong>zu</strong>, so kann ein persÇnlich in Anspruch genommener Gesellschafter dieses<br />

Gestaltungsrecht in der Regel nicht ausÅben. Diese MÇglichkeit besteht nur,<br />

wenn er Einzelvertretungsmacht hat und die AusÅbung des Gestaltungsrechts<br />

keine Pflichtverlet<strong>zu</strong>ng im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft darstellt. § 129 Abs. 2 und<br />

3 HGB gibt daher dem persÇnlich haftenden Gesellschafter eine aufschiebende<br />

Einrede, solange die Anfechtung bzw. Aufrechnung durch die Gesellschaft<br />

noch mÇglich ist. Diese Regelung entspricht dem fÅr die akzessorische BÅrgenhaftung<br />

geltenden § 770 BGB. Die aufschiebende Einrede nach § 129 Abs. 2 und<br />

3 HGB gibt dem Gesellschafter ein vorÅbergehendes Leistungsverweigerungsrecht.<br />

1 Eine Klage gegen den persÇnlich haftenden Gesellschafter ist daher bei<br />

Erhebung dieser Einrede durch den Gesellschafter als „derzeit unbegrÅndet“<br />

ab<strong>zu</strong>weisen. 2 Wird die Anfechtung bzw. die Aufrechnung von der Gesellschaft innerhalb<br />

der maßgeblichen Frist nicht ausgeÅbt, so entfållt die Einrede und damit<br />

das Leistungsverweigerungsrecht. Im Fall der AusÅbung des Gestaltungsrechts<br />

wird die Gesellschaftsschuld veråndert mit der Folge, dass der Gesellschafter<br />

nach dem Akzessorietåtsprinzip nur noch fÅr den verånderten Bestand haftet.<br />

§ 129 Abs. 2 und 3 HGB regelt zwar nur die Anfechtung und die Aufrechnung,<br />

die Regelung gilt aber entsprechend fÅr andere Gestaltungsrechte. 3 Denn bei<br />

anderen Gestaltungsrechten – wie etwa KÅndigung, RÅcktritt und Widerruf – ist<br />

die Interessenlage vergleichbar. Auch hier kann die Gesellschaft durch die Aus-<br />

Åbung des Gestaltungsrechts die Gesellschaftsverbindlichkeit unmittelbar beseitigen,<br />

wåhrend dem persÇnlich haftenden Gesellschafter in der Regel der direkte<br />

Einfluss auf die Gesellschaftsverbindlichkeit verwehrt ist. Die Interessen des Gesellschaftsglåubigers<br />

werden hier nicht beeintråchtigt, weil auch die anderen Gestaltungsrechte<br />

nicht unbefristet geltend gemacht werden kÇnnen. Dies gilt<br />

nicht nur fÅr KÅndigungs- und WiderrufsmÇglichkeiten, sondern auch fÅr den<br />

1 BGH v. 14.12.1964 – VIII ZR 119/63, BGHZ 42, 396 (397 f.) = NJW 1965, 627; Hopt<br />

in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 9; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 20; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />

2008, § 129 HGB Rz. 10.<br />

2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 25; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 22; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 10.<br />

3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 10; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 21; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 11; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011, §§ 128,<br />

129 HGB Rz. 3; Heymann/Emmerich, 2. Aufl. 1996, § 129 HGB Rz. 12; a.A. MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 18.<br />

I 748 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 977<br />

RÅcktritt. Hier kann der Gesellschaftsglåubiger als RÅcktrittsgegner gemåß § 350<br />

BGB der Gesellschaft als RÅcktrittsberechtigter eine angemessene Frist setzen,<br />

nach deren Ablauf das RÅcktrittsrecht erlischt, wenn der RÅcktritt nicht von der<br />

Gesellschaft erklårt wird. Es wåre hier nicht interessengerecht, dem persÇnlich<br />

haftenden Gesellschafter das Leistungsverweigerungsrecht <strong>zu</strong> versagen und ihn<br />

fÅr den Fall der spåteren AusÅbung des Gestaltungsrechts durch die Gesellschaft<br />

auf BereicherungsansprÅche <strong>zu</strong> verweisen.<br />

b) Einrede der Anfechtbarkeit (§ 129 Abs. 2 HGB)<br />

Das dem persÇnlich haftenden Gesellschafter gemåß § 129 Abs. 2 HGB bei Bestehen<br />

eines Anfechtungsrechts der Gesellschaft <strong>zu</strong>stehende Leistungsverweigerungsrecht<br />

hat in Be<strong>zu</strong>g auf eine Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 BGB<br />

kaum praktische Bedeutung. Dies beruht darauf, dass die Anfechtung gemåß<br />

§ 121 Abs. 1 BGB unverzÅglich erfolgen muss. Ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger<br />

Tåuschung oder widerrechtlicher Drohung aus § 123 BGB verjåhrt<br />

aber nach § 124 Abs. 1 BGB erst nach einem Jahr, wobei gemåß § 124 Abs. 2<br />

BGB bei der arglistigen Tåuschung der Zeitpunkt der Kenntniserlangung und im<br />

Fall der Drohung der Zeitpunkt der Beendigung der Zwangslage fÅr den Beginn<br />

der Frist maßgebend ist. Praktische Bedeutung hat die Einrede des § 129 Abs. 2<br />

HGB also insbesondere dann, wenn sich erst im Prozess eine arglistige Tåuschung<br />

herausstellt und die Gesellschaft von diesem Zeitpunkt an noch innerhalb eines<br />

Jahres die Anfechtung erklåren kann. FÅr die ProzessfÅhrung im Gesellschafterprozess<br />

ist dem Gesellschafter daher <strong>zu</strong> empfehlen, bei Verdacht einer arglistigen<br />

Tåuschung der Gesellschaft die Einrede des § 129 Abs. 2 HGB vorsorglich <strong>zu</strong> erheben.<br />

Erfolgt durch die Gesellschaft eine Anfechtung, so kommt die Anfechtungswirkung<br />

des § 142 BGB unmittelbar auch den persÇnlich haftenden Gesellschaftern<br />

<strong>zu</strong>gute. Dies folgt aus dem Akzessorietåtsgrundsatz. FÅr einen etwaigen<br />

Anspruch des Gesellschaftsglåubigers auf Ersatz des Vertrauensschadens gemåß<br />

§ 122 BGB haften die Gesellschafter gemåß § 128 HGB persÇnlich. Durch die<br />

Beståtigung eines anfechtbaren Rechtsgeschåfts gemåß § 144 BGB erlischt das<br />

Anfechtungsrecht und damit unmittelbar auch die Einrede der persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter nach § 129 Abs. 2 HGB.<br />

c) Einrede der Aufrechenbarkeit (§ 129 Abs. 3 HGB)<br />

Die Regelung des § 129 Abs. 3 HGB ist nach allgemeiner Auffassung missver- 977<br />

ståndlich formuliert. Sie stellt fÅr die Einrede des persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />

auf eine AufrechnungsmÇglichkeit des Gesellschaftsglåubigers und<br />

nicht auf eine solche der Gesellschaft ab. Der Wortlaut dieser Regelung ist insbesondere<br />

in dem Fall problematisch, in dem der Gesellschaftsglåubiger mit der<br />

Gesellschaft ein Aufrechnungsverbot <strong>zu</strong> Lasten der Gesellschaft vereinbart hat.<br />

In diesem Fall kann der persÇnlich haftende Gesellschafter entgegen dem Wort-<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 749<br />

976


978<br />

Rz. I 977 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

laut des § 129 Abs. 3 HGB nicht die Einrede der Aufrechenbarkeit erheben. 1 Es<br />

kommt vielmehr – wie bei der Einrede der Anfechtbarkeit und bei sonstigen Gestaltungsrechten<br />

– darauf an, ob der Gesellschaft eine Aufrechnungsbefugnis<br />

<strong>zu</strong>steht, von der der einzelne Gesellschafter keinen Gebrauch machen kann.<br />

Steht nur dem Gesellschaftsglåubiger eine Aufrechnungsbefugnis <strong>zu</strong>, so ist dieser<br />

nicht gezwungen, anstelle einer persÇnlichen Inanspruchnahme eines Gesellschafters<br />

gegenÅber der Gesellschaft die Aufrechnung <strong>zu</strong> erklåren. 2 Wird vom<br />

Gesellschafter die Einrede des § 129 Abs. 3 HGB wegen bestehender AufrechnungsmÇglichkeit<br />

der Gesellschaft erhoben, so ist auch hier die Klage als „derzeit<br />

unbegrÅndet“ ab<strong>zu</strong>weisen. 3<br />

10. PersÇnliche Einwendungen des Gesellschafters<br />

PersÇnliche Einwendungen kann der nach § 128 HGB in Anspruch genommene<br />

Gesellschafter unbeschrånkt erheben. Dies folgt zwar auch aus § 129 Abs. 1<br />

HGB, es handelt sich aber um einen allgemeinen Grundsatz, der fÅr jede Prozesspartei<br />

gilt. Zu den persÇnlichen Einwendungen gehÇren die Sonderverjåhrung<br />

des § 159 HGB im Fall der AuflÇsung der Gesellschaft (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 944 ff.)<br />

und die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nach § 160 HGB (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 937 ff.).<br />

Praktische Bedeutung haben die persÇnlichen Einwendungen darÅber hinaus<br />

dann, wenn dem Gesellschafter eine Forderung gegen den Gesellschaftsglåubiger<br />

<strong>zu</strong>steht, mit der er gegen den Anspruch des Glåubigers aus § 128 HGB aufrechnen<br />

kann.<br />

11. Das Vollstreckungsverbot des § 129 Abs. 4 HGB<br />

979<br />

Das Vollstreckungsverbot des § 129 Abs. 4 HGB ist eine zwingende Konsequenz<br />

der Rechts- und Parteifåhigkeit der Gesellschaft und der daraus folgenden strikten<br />

Trennung des Gesellschaftsprozesses von Klageverfahren gegen die einzelnen<br />

persÇnlich haftenden Gesellschafter. Die Rechtfertigung fÅr dieses Vollstreckungsverbot<br />

liegt insbesondere darin, dass dem einzelnen persÇnlich haftenden<br />

Gesellschafter persÇnliche Einwendungen <strong>zu</strong>stehen kÇnnen (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 966).<br />

1 BGH v. 14.12.1964 – VIII ZR 119/63, BGHZ 42, 396 (397 f.) = NJW 1965, 627; Hopt<br />

in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 13; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 23; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129<br />

HGB Rz. 24; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB<br />

Rz. 14.<br />

2 BGH v. 14.12.1964 – VIII ZR 119/63, BGHZ 42, 396 (397 f.) = NJW 1965, 627.<br />

3 BGH v. 24.10.1962 – V ZR 1/61, BGHZ 38, 122 (129 f.) = NJW 1963, 244 (246); Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 25; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 14.<br />

I 750 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 981<br />

Aus diesem Grund ist auch eine Titelumschreibung nicht <strong>zu</strong>låssig. 1 Ein Sonderproblem<br />

entsteht, wenn <strong>zu</strong>m Zwecke der Vollstreckung eines Titels gegen die<br />

Gesellschaft eine Sache eines persÇnlich haftenden Gesellschafters gepfåndet<br />

wird, die sich im Gewahrsam der Gesellschaft befindet (z.B. der Pkw eines geschåftsfÅhrenden<br />

Gesellschafters). Hier kann zwar der persÇnlich haftende Gesellschafter<br />

grundsåtzlich gemåß § 771 ZPO eine Drittwiderspruchsklage erheben,<br />

der Glåubiger kann hier aber gemåß § 242 BGB einwenden, dass der Gesellschafter<br />

gemåß § 128 HGB persÇnlich fÅr die Forderung haftet. 2<br />

XI. RegressansprÅche des persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />

1. AnsprÅche gegen die Gesellschaft (§ 110 HGB)<br />

ErfÅllt ein Gesellschafter die Forderung eines Gesellschaftsglåubigers, so steht<br />

dem Gesellschafter gegen die Gesellschaft ein Aufwendungsersatzanspruch<br />

gemåß § 110 HGB <strong>zu</strong> (vgl. <strong>zu</strong> den Einzelheiten Rz. I 401 ff.). § 110 HGB ist nach<br />

Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR auf diese analog anwendbar<br />

(vgl. Rz. I 401). Einen gesetzlichen ForderungsÅbergang sieht § 110 HGB<br />

nicht vor; die Regelung des § 774 Abs. 1 BGB ist nicht analog anwendbar (vgl.<br />

Rz. I 403). Ist der Gesellschafter <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus § 128<br />

HGB bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden, so besteht zwischen der Gesellschaft<br />

und diesem Gesellschafter eine echte Gesamtschuld (vgl. Rz. I 404).<br />

Der Regress richtet sich hier nicht nach § 110 HGB, sondern nach § 426 Abs. 1<br />

und 2 BGB (vgl. Rz. I 404). Es kommt also hier gemåß § 426 Abs. 2 BGB <strong>zu</strong> einem<br />

gesetzlichen ForderungsÅbergang (vgl. <strong>zu</strong>m Regress des Kommanditisten<br />

gegen die KG Rz. I 3134 ff.).<br />

2. Kein Gesamtschuldverhåltnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern<br />

Obwohl die Gesellschaftsglåubiger frei zwischen der Inanspruchnahme der Gesellschaft<br />

und der einzelnen Gesellschafter wåhlen kÇnnen, besteht insoweit kein<br />

Gesamtschuldverhåltnis. Dies hångt damit <strong>zu</strong>sammen, dass eine Gesamtschuld<br />

1 OLG Hamm v. 10.12.1978 – 20 W 39/77, NJW 1979, 51 ff.; OLG Frankfurt v.<br />

30.11.1981 – 20 W 836/81, ZIP 1982, 315 f. = BB 1982, 399; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129<br />

HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 27; Hillmann<br />

in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 15.<br />

2 BGH v. 1.6.1953 – IV ZR 196/52, LM § 771 ZPO Nr. 2; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 27; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129<br />

HGB Rz. 28; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB<br />

Rz. 16.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 750/1<br />

980<br />

981


Rz. I 981 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

<strong>zu</strong>m Regressanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB und insbesondere <strong>zu</strong>r Legalzession<br />

nach § 426 Abs. 2 BGB fÅhren wÅrde. Aufgrund der Legalzession wÅrden gemåß<br />

§ 401 BGB Sicherungsrechte auf den zahlenden Gesellschafter Åbergehen. Da die<br />

Regelung des § 110 HGB den Regressanspruch des einzelnen Gesellschafters<br />

auch im Fall der Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsglåubiger abschließend<br />

regelt und insbesondere eine dem § 426 Abs. 2 BGB entsprechende Legalzession<br />

<strong>zu</strong>gunsten des zahlenden Gesellschafters gerade nicht vorsieht, kommt<br />

ein Regress im Falle der Befriedigung eines Gesellschaftsglåubigers nach § 426<br />

Abs. 1 und 2 BGB nicht in Betracht. Eine Gesamtschuld ohne Anwendung des<br />

§ 426 BGB gibt es eben nicht, und es wÅrde keinen Sinn ergeben, aufgrund der<br />

freien WahlmÇglichkeit des Gesellschaftsglåubigers eine „Gesamtschuld“ <strong>zu</strong> bejahen,<br />

auf die ausnahmsweise § 426 BGB nicht anwendbar wåre.<br />

3. RegressansprÅche gegen Mitgesellschafter (§ 426 BGB)<br />

FÅr den aufgrund einer Glåubigerbefriedigung entstandenen Anspruch eines Gesellschafters<br />

gegen die Gesellschaft aus § 110 HGB haften die Mitgesellschafter<br />

nicht nach § 128 HGB (vgl. Rz. I 415 f.). § 128 HGB ist im Verhåltnis der Gesellschafter<br />

untereinander nur bei sog. DrittglåubigeransprÅchen anwendbar. Die<br />

Mitgesellschafter sind im Hinblick auf die persÇnliche Haftung aus § 128 HGB<br />

als Gesamtschuldner an<strong>zu</strong>sehen. Dies folgt auch unmittelbar aus § 128 Satz 1<br />

HGB, wonach die Gesellschafter ausdrÅcklich „als Gesamtschuldner persÇnlich“<br />

haften. Damit richtet sich der Innenregress nach § 426 Abs. 1 und 2 BGB. Die<br />

anderen Gesellschafter kÇnnen nach § 426 Abs. 1 BGB grundsåtzlich nur pro<br />

rata nach Maßgabe ihrer Verlustanteile in Anspruch genommen werden (vgl.<br />

Rz. I 416). Daraus folgt, dass der regressnehmende Gesellschafter seinen eigenen<br />

Verlustanteil tragen muss. Bei SchadensersatzansprÅchen gegen die Gesellschaft,<br />

die von einem persÇnlich haftenden Gesellschafter schuldhaft verursacht wurden,<br />

kann der Rechtsgedanke des § 254 BGB aber <strong>zu</strong> abweichenden Haftungsanteilen<br />

fÅhren. 1 Die sinngemåße Anwendung des § 254 BGB kann hier auch die Alleinhaftung<br />

des schuldhaft handelnden Gesellschafters im Innenverhåltnis begrÅnden.<br />

2 Praktische Bedeutung erhålt dies insbesondere fÅr die persÇnliche Haftung<br />

der Gesellschafter in einer årztlichen BerufsausÅbungsgesellschaft. 3 982<br />

In<br />

Fållen, in denen der Rechtsgedanke des § 254 BGB <strong>zu</strong> einer Alleinhaftung des<br />

1 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2314 f.) = NJW-RR 2008, 256<br />

(258); BGH v.9.6.2008 – II ZR 268/07, ZIP 2008, 1915 (1916) = NJW-RR 2009, 49.<br />

2 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2314 f.) = NJW-RR 2008, 256<br />

(258); BGH v. 9.6.2008 – II ZR 268/07, ZIP 2008, 1915 = NJW-RR 2009, 49.<br />

3 Vgl. BGH v. 9.6.2008 – II ZR 268/07, ZIP 2008, 1915 (1915 f.) = NJW-RR 2009, 49. Im<br />

Fall hatte einer von mehreren Gesellschaftern einer årztlichen Gemeinschaftspraxis im<br />

Rahmen der Betreuung einer Risikoschwangerschaft eine grob fehlerhafte Entscheidung<br />

getroffen.<br />

I 750/2 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 983<br />

schuldhaft handelnden Gesellschafters fÅhrt, kann bei einer Partnerschaft in der<br />

Regel die aus dem Außenverhåltnis wirkende Haftungskonzentration des § 8<br />

Abs. 2 PartGG eingreifen (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 923). Soweit ein Ersatzanspruch aus<br />

§ 426 Abs. 1 BGB besteht, geht gemåß § 426 Abs. 2 BGB durch Befriedigung die<br />

Glåubigerforderung auf den leistenden Gesellschafter Åber. 1 Auch hier ist § 774<br />

Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entsprechend anwendbar. 2 Die Mitgesellschafter kÇnnen<br />

aber nur dann in Anspruch genommen werden, wenn von der Gesellschaft kein<br />

Ersatz erlangt werden kann (vgl. Rz. I 416). Entscheidend ist insoweit, ob der Gesellschaft<br />

frei verfÅgbare Mittel <strong>zu</strong>r ErfÅllung der Gesellschafterschuld nicht <strong>zu</strong>r<br />

VerfÅgung stehen. 3 Die Gesellschaft muss aber nicht verklagt werden. Es genÅgt,<br />

wenn sie die ErfÅllung ernsthaft und endgÅltig verweigert oder innerhalb einer<br />

gesetzten Frist nicht leistet. 4<br />

4. Der Freistellungsanspruch im Gesamtschuldverhåltnis<br />

Der Regressanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht nicht erst mit Befriedigung<br />

der Gesellschaftsglåubiger, sondern bereits mit Entstehung des Gesamtschuldverhåltnisses.<br />

5 Vor Befriedigung des Gesellschaftsglåubigers kann, sofern<br />

von der Gesellschaft kein Ausgleich <strong>zu</strong> erlangen ist (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 416), von den<br />

mithaftenden Gesellschaftern eine ihren Anteil entsprechende Befreiung (Freistellung)<br />

von der Gesellschaftsschuld verlangt werden. 6 Diese Freistellung kann<br />

bereits dann von den Mitgesellschaftern gefordert werden, wenn eine ernsthafte<br />

MÇglichkeit der Inanspruchnahme des die Freistellung verlangenden Gesellschafters<br />

durch den Gesellschaftsglåubiger besteht. 7 983<br />

Der Freistellungsanspruch bein-<br />

1 BGH v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76 ff.); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />

HGB Rz. 34; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 48.<br />

2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />

2009, § 128 HGB Rz. 49.<br />

3 BGH v. 15.1.1985 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76) = WM 1988, 446 (448); BGH v.<br />

15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256 (258).<br />

4 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233); Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />

2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 33.<br />

5 BGH v 21.3.1991 – IX ZR 286/90, BGHZ 114, 117 (122) = ZIP 1991, 524 (526); BGH<br />

v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256 (257).<br />

6 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (303) = WM 1962, 905; BGH v.<br />

2.7.1979 – II ZR 132/78, NJW 1980, 339 (340)= WM 1979, 1282; BGH v. 15.10.2007 –<br />

II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256 (257).<br />

7 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2314 f.) = NJW-RR 2008, 256<br />

(257 f.); Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 36.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 750/3


984<br />

985<br />

Rz. I 983 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />

haltet auch die Verpflichtung, nicht begrÅndete Forderungen zwecks Vermeidung<br />

einer Inanspruchnahme des Freistellungsglåubigers ab<strong>zu</strong>wehren. 1<br />

5. Der Regress des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

Dem nach Ausscheiden aus der Gesellschaft aus § 128 HGB in Anspruch genommenen<br />

Gesellschafter stehen ebenso wie einem der Gesellschaft noch angehÇrenden<br />

Gesellschafter gegen die frÅheren Mitgesellschafter die AnsprÅche aus<br />

§ 426 Abs. 1 und 2 BGB <strong>zu</strong> (vgl. Rz. I 417). Der ausgeschiedene Gesellschafter<br />

muss aber nicht mehr auf die Belange der Mitgesellschafter RÅcksicht nehmen<br />

und daher nicht <strong>zu</strong>vor die Gesellschaft in Anspruch nehmen. Ein weiterer<br />

Unterschied <strong>zu</strong>m Regressanspruch des noch der Gesellschaft angehÇrenden Gesellschafters<br />

besteht darin, dass die Mitgesellschafter gemåß § 426 BGB nicht<br />

nur pro rata, sondern als Gesamtschuldner voll in Anspruch genommen werden<br />

kÇnnen (vgl. Rz. I 417). Der ausgeschiedene Gesellschafter muss sich auch keinen<br />

eigenen Verlustanteil anrechnen lassen, da dieser schon bei der Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

im Rahmen des Ausscheidens aus der Gesellschaft berÅcksichtigt worden<br />

ist (vgl. Rz. I 418). Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter ohne Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

durch Anteilsveråußerung ausgeschieden ist (vgl. Rz. I 418).<br />

Sind mehrere Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden und ist ein Regress<br />

sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen noch der Gesellschaft angehÇrende<br />

Gesellschafter nicht mÇglich, so haften die ausgeschiedenen Gesellschafter<br />

untereinander pro rata (vgl. Rz. I 419).<br />

6. Inanspruchnahme der Mitgesellschafter bei sog. DrittglåubigeransprÅchen<br />

Bei sog. DrittglåubigeransprÅchen (vgl. <strong>zu</strong> den Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr das Vorliegen<br />

eines Drittglåubigeranspruchs Rz. I 897) kann der Gesellschafter-Glåubiger seine<br />

Mitgesellschafter aus § 128 HGB in Anspruch nehmen. 2 Der Gesellschafter-<br />

Glåubiger steht insoweit einem Gesellschaftsglåubiger gleich, der nicht der Gesellschaft<br />

angehÇrt. Daher unterliegt der Anspruch im Liquidationsstadium auch<br />

1 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256<br />

(257 f.).<br />

2 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (310 f.); BGH v. 10.11.1969 – II ZR 40/67,<br />

WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983,<br />

258 m. Anm. Walter = JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2, 24; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 13, 25; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />

HGB Rz. 10, 8; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412; vgl. <strong>zu</strong>m Streitstand: MÅnch-<br />

Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12, 18.<br />

I 750/4 | Wertenbruch


§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 1000<br />

nicht der sog. Durchset<strong>zu</strong>ngssperre (vgl <strong>zu</strong> diesem Prinzip bei der Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

Rz. I 1754 ff.). 1<br />

Der Gesellschafter-Glåubiger kann allerdings – wie beim Regress nach § 426<br />

BGB (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 982) – die Mitgesellschafter nur dann in Anspruch nehmen,<br />

wenn eine ErfÅllung der Gesellschaftsverbindlichkeit durch die Gesellschaft<br />

aufgrund ihrer VermÇgenslage nicht <strong>zu</strong> erwarten ist 2 , die Gesellschaft die ErfÅllung<br />

verweigert oder innerhalb einer gesetzten Frist nicht vornimmt. 3 Anders als<br />

beim Regress nach § 426 BGB wegen Glåubigerbefriedigung kann der Gesellschafter-Glåubiger<br />

bei der Geltendmachung der Drittforderung die Mitgesellschafter<br />

als Gesamtschuldner, d.h. nicht nur pro rata, in Anspruch nehmen. 4<br />

Der Gesellschafter-Glåubiger muss sich allerdings seinen eigenen Verlustanteil<br />

auf den Anspruch gegen die Mitgesellschafter anrechnen lassen. 5 Die Gegenauffassung<br />

6 , nach der die Mitgesellschafter nur als Teilschuldner (pro rata) haften sollen,<br />

Åberzeugt nicht. Denn bei den sog. Drittglåubigerforderungen steht der Gesellschafter<br />

wie ein anderer Glåubiger der Gesellschaft gegenÅber. Der Gedanke<br />

der Risikogemeinschaft ist hier nur insoweit einschlågig, als es um den Ab<strong>zu</strong>g des<br />

eigenen Verlustanteils geht.<br />

Frei<br />

1 BGH v. 3.4.2006 – II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 (995f.) = NJW-RR 2006, 1268 (1270).<br />

2 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233); Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />

§ 128 HGB Rz. 12, 20; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />

§ 128 HGB Rz. 18.<br />

3 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233); MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 20.<br />

4 BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />

34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />

HGB Rz. 25; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />

Rz. 10.<br />

5 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (311); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81,<br />

NJW 1983, 749; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24; Großkomm.HGB/Habersack,<br />

5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 25; MÅnchKomm.HGB/<br />

K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12, 18; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />

Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10, 18.<br />

6 MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 18.<br />

PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 750/5<br />

986–1000


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

III. Formwechsel einer OHG in eine GmbH<br />

Formwechselbeschluss einer OHG<br />

in eine GmbH mit Gesellschaftsvertrag<br />

Urkundenrolle Nr. . . . fÅr 20. . .<br />

Verhandelt am . . . (Datum) in . . . (Ort)<br />

Vor dem unterzeichnenden Notar<br />

...<br />

mit dem Amtssitz in . . .<br />

erschienen:<br />

1) Herr/Frau: . . .<br />

geboren am: . . .<br />

wohnhaft: . . .<br />

2) Herr/Frau: . . .<br />

geboren am: . . .<br />

wohnhaft: . . .<br />

3) Herr/Frau: . . .<br />

geboren am: . . .<br />

wohnhaft: . . .<br />

Die Erschienenen wiesen sich durch Vorlage ihrer amtlichen Lichtbildausweise<br />

aus; diese wurden in Kopie <strong>zu</strong>r Akte des Notars genommen.<br />

Die Erschienenen ließen folgenden<br />

Formwechsel einer offenen Handelsgesellschaft (OHG)<br />

in eine GmbH1 beurkunden und erklårten:<br />

1 Das Formular kann fÅr den Formwechsel einer offenen Handelsgesellschaft in eine<br />

GmbH verwendet werden. FÅr den Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft<br />

gelten neben den allgemeinen Vorschriften der §§ 190–213 UmwG die besonderen<br />

Vorschriften der §§ 214–225c UmwG (vgl. Rz. I 3889 ff).<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 421<br />

M 121


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

I. Feststellungen<br />

(1) Gesellschaftsverhåltnisse<br />

Wir sind die såmtlichen Gesellschafter der im Handelsregister des Amtsgerichtes<br />

. . . unter HRA . . . eingetragenen1 Gesellschaft unter der Firma<br />

...OHG<br />

mit dem Sitz in . . .<br />

– nachstehend „OHG“ genannt –.<br />

Laut Gesellschaftsvertrag bestehen feste und variable Kapitalkonten. 2 Den<br />

Gesellschaftern wurde anheimgestellt, den Saldo ihrer variablen Kapitalkonten<br />

glatt<strong>zu</strong>stellen, so dass der Gesamtsaldo von festen und variablen<br />

Kapitalkonten den Saldo des festen Kapitalkontos <strong>zu</strong>m nachstehenden<br />

wirtschaftlichen Stichtag des Formwechsels mindestens erreicht.<br />

(2) Grundbesitz<br />

Die Gesellschaft verfÅgt Åber folgenden Grundbesitz. 3<br />

Grundbuch des AG<br />

Gemarkung<br />

Blatt<br />

FlurstÅck<br />

Lage<br />

Dieser Grundbesitz wurde jedoch nicht von einem Gesellschafter der OHG<br />

innerhalb der letzten 5 Jahre erworben und es wurden deshalb auch nicht<br />

die BegÅnstigungen aus § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG bei dem Erwerb des<br />

GrundstÅck durch die OHG in Anspruch genommen. 4<br />

1 Eine OHG, die einen unter § 1 HGB fallenden Gewerbebetrieb hat, ist unabhångig von<br />

ihrer Eintragung im Handelsregister ab Geschåftsbeginn offene Handelsgesellschaft,<br />

wenn die weiteren Merkmale des § 105 Abs. 1 HGB erfÅllt sind; ihre Eintragung ist deklaratorisch.<br />

Damit ist diese Gesellschaft auch schon vor ihrer Eintragung im Handelsregister<br />

verschmel<strong>zu</strong>ngsfåhig, nur fÅr den Voll<strong>zu</strong>g der Verschmel<strong>zu</strong>ng (§§ 19, 20 UmwG)<br />

muss die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen sein.<br />

2 Vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 586 ff.<br />

3 Formwechselnde Umwandlungen unterliegen mangels Rechtstrågerwechsels nicht der<br />

Grunderwerbsteuer (vgl. Rz. I 3896). Die Eintragung des neuen Rechtstrågers im<br />

Grundbuch erfolgt durch Richtigstellung tatsåchlicher Angaben, nicht durch Grundbuchberichtigung<br />

(Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 202 UmwG Rz. 38), gleich<br />

einer Namensånderung bei natÅrlichen Personen.<br />

4 Ûbertrågt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein GrundstÅck auf die Gesellschaft,<br />

kann der Vorgang von der GrESt befreit sein, vgl. § 5 Abs. 1–2 GrEStG. Nach<br />

§ 5 Abs. 3 GrEStG ist die VergÅnstigung rÅckwirken <strong>zu</strong> versagen, wenn die Umwandlung<br />

der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft innerhalb der FÅnfjahresfrist<br />

erfolgt.<br />

V 422 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

(3) Die Gesellschafter beabsichtigen, die OHG nach den Vorschriften der<br />

§§ 190 ff. i.V.m. §§ 214 ff. UmwG in die Rechtsform einer GmbH um<strong>zu</strong>wandeln.<br />

II. Zustimmungs- und Verzichtserklårungen<br />

Soweit <strong>zu</strong> dem nachstehenden Beschluss Zustimmungen der Beteiligten erforderlich<br />

sind, werden diese hiermit erteilt.<br />

Såmtliche Gesellschafter der Offenen Handelsgesellschaft und der GmbH verzichten<br />

hierdurch auf die Erstattung eines Umwandlungsberichts (§ 192<br />

UmwG1 ), auf ein Abfindungsangebot2 (§ 207 UmwG) sowie auf eine Anfech-<br />

1 FÅr den Verzicht auf die Erstellung eines Umwandlungsberichts (§ 192 Abs. 3 UmwG)<br />

gelten sachlich die Vorschriften <strong>zu</strong>r Verschmel<strong>zu</strong>ng. Dementsprechend ist der Verzicht<br />

auf den Verschmel<strong>zu</strong>ngsbericht (§ 8 Abs. 3 UmwG) notariell <strong>zu</strong> beurkunden und muss<br />

von den Anteilsinhabern gegenÅber dem jeweiligen Vertretungsorgan der beteiligten<br />

Rechtstråger erklårt werden. Ein Umwandlungsbericht ist im Ûbrigen dann nicht erforderlich,<br />

wenn alle Gesellschafter der formwechselnden Gesellschaft <strong>zu</strong>r GeschåftsfÅhrung<br />

berechtigt sind (§ 215 UmwG).<br />

2 Entgegen § 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG enthålt der Beschluss kein Abfindungsangebot, da<br />

die Gesellschafter des formwechselnden Rechtstrågers auf ein solches verzichten. Der<br />

Verzicht ist nicht ausdrÅcklich geregelt aber <strong>zu</strong>låssig. Ein Verzicht auf ein Abfindungsangebot<br />

(§ 207 UmwG) ist entbehrlich, wenn der Umwandlungsbeschluss <strong>zu</strong> seiner<br />

Wirksamkeit der Zustimmung aller Anteilsinhaber bedarf.<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 423


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

tungs- oder Nichtigkeitsklage gegen die Wirksamkeit des nachstehenden Umwandlungsbeschlusses<br />

(§ 16 Abs. 2 Satz 2 UmwG). 1<br />

III. Formwechsel der OHG in GmbH (Umwandlungsbeschluss)<br />

Die Gesellschafter der OHG verzichten hierdurch ausdrÅcklich auf die Einhaltung<br />

aller gesetzlichen und sat<strong>zu</strong>ngsmåßigen Form- und Fristvorschriften fÅr<br />

die Einberufung einer Gesellschafterversammlung und die AnkÅndigung des<br />

1 Bei der Anmeldung des Formwechsels haben die Vertretungsorgane <strong>zu</strong> erklåren, dass<br />

eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Beschlusses nicht erhoben wurde (§§ 198 Abs. 3,<br />

16 Abs. 2 UmwG); wobei eine Klage binnen eines Monats nach der Beschlussfassung <strong>zu</strong><br />

erheben wåre (§ 14 Abs. 1 UmwG). Mit Verzicht auf die Klageerhebung ist es den Vertretungsorganen<br />

mÇglich, die Verschmel<strong>zu</strong>ng unverzÅglich an<strong>zu</strong>melden, ohne das Ende<br />

der Klagefrist des § 14 Abs. 1 UmwG abwarten <strong>zu</strong> mÅssen. Sollte das Registergericht die<br />

Eintragung vor Ende der Klagefrist ohne Vorliegen der Verzichtserklårungen eintragen,<br />

so ist darin nach einer Entscheidung des BGH (Urt. v. 5.10.2006 – III ZR 283/05, NJW<br />

2007, 224 [225 f.]) eine Amtspflichtverlet<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> sehen. FÅr die Fålle, in denen wegen<br />

Beschlussanfechtung ein Freigabeverfahren durch<strong>zu</strong>fÅhren ist, sieht § 16 Abs. 3 Satz 5<br />

UmwG i.d.F. des ARUG (BGBl. I 2009, 2479) eine Beschleunigung dieses Eilverfahrens<br />

vor, indem das <strong>zu</strong>ståndige Gericht hierÅber innerhalb von drei Monaten <strong>zu</strong> entscheiden<br />

hat. Diese Gesetzesånderung orientiert sich an der Regelung des § 246a AktG, wonach<br />

im Regelfall die Entscheidung des Gerichts innerhalb von drei Monaten <strong>zu</strong> ergehen hat,<br />

jedoch kann diese Frist bei besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsåchlicher<br />

Art angemessen verlångert werden. Das ARUG (BGBl. I 2009, 2479) hat aus Sicht der<br />

Unternehmen das Freigabeverfahren erneut erleichtert: Die Interessenabwågung, die die<br />

Gerichte bei der Freigabeentscheidung treffen mÅssen, wurde gesetzlich pråzisiert, um<br />

legitime von missbråuchlichen Klagen trennen <strong>zu</strong> kÇnnen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG<br />

n.F.). In Zukunft sind <strong>zu</strong>dem in erster und einziger Instanz die Oberlandesgerichte <strong>zu</strong>ståndig<br />

(§ 16 Abs. 3 Satz 7 UmwG n.F.). Die mit einer zweiten Instanz verbundene Verlångerung<br />

des Prozesses entfållt und senkt damit den Druck der Unternehmen, sich vergleichen<br />

<strong>zu</strong> mÅssen. KÅnftig erstreckt sich die Vollmacht des Vertreters fÅr den Anfechtungsprozess<br />

auch auf das Freigabeverfahren, um aufwendige Zustellungen <strong>zu</strong> vermeiden<br />

(§ 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG n.F. i.V.m. §§ 82, 83 Abs. 1, 84 ZPO). Schließlich wurde<br />

das Anfechtungsrecht fÅr Aktionåre mit geringem Aktienbesitz (unter 1000 Euro Nennbetrag),<br />

die weniger gravierende Gesetzes- oder Sat<strong>zu</strong>ngsverstÇße geltend machen, abgeschafft<br />

(§ 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG n.F.). Diese kÇnnen nur noch Schadensersatz verlangen.<br />

V 424 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

Formwechsels als Gegenstand der Beschlussfassung (§ 216 UmwG) und beschließen<br />

einstimmig was folgt: 1<br />

(1) Die Gesellschaft wird durch Formwechsel in eine Gesellschaft mit beschrånkter<br />

Haftung nach Maßgabe des dieser Niederschrift als Anlage 1<br />

beigefÅgten Gesellschaftsvertrages 2 umgewandelt. Im Verhåltnis unter<br />

1 Die Vorschriften der §§ 230–232 UmwG sind dispositiv. Der Verzicht sollte auch bei<br />

Wahrung der Einberufungsvorschriften mit aufgenommen werden, um etwaige Fehler<br />

<strong>zu</strong> heilen. Der Umwandlungsbeschluss kann nur in einer Versammlung der Anteilsinhaber<br />

gefasst werden (§ 193 Abs. 1 Satz 2 UmwG). Er bedarf der Zustimmung såmtlicher<br />

Gesellschafter, soweit nicht andere statutarische Mehrheitsquoren bestehen. Auch die<br />

nicht erschienenen Gesellschafter mÅssen ihm in notarieller Form <strong>zu</strong>stimmen (§ 217<br />

Abs. 1 Satz 1 UmwG). Låsst der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung <strong>zu</strong>,<br />

muss die Mehrheit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen betragen (§ 217<br />

Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwG).<br />

2 FÅr den Formwechsel von Personenhandels- in Kapitalgesellschaften schreibt § 218<br />

Abs. 1 UmwG vor, dass der Umwandlungsbeschluss auch den Gesellschaftsvertrag bzw.<br />

die Sat<strong>zu</strong>ng feststellen muss. Hinsichtlich der nach § 194 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 UmwG<br />

erforderlichen Angaben ist es <strong>zu</strong>låssig, auf das Statut des Rechtstrågers neuer Rechtsform<br />

<strong>zu</strong> verweisen. Zweckmåßigerweise wird dem notariell <strong>zu</strong> beurkundenden Umwandlungsbeschluss<br />

(§ 193 Abs. 3 UmwG) der Gesellschaftsvertrag als Anlage beigefÅgt<br />

und gilt damit als mitbeurkundet (§ 37 Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Das Zweite Gesetz <strong>zu</strong>r<br />

Ønderung des Umwandlungsgesetzes (BGBl. I 2007, 542) sieht nunmehr auch fÅr den<br />

Formwechsel in eine Personenhandelsgesellschaft vor, dass der Gesellschaftsvertrag<br />

<strong>zu</strong>m notwendigen Beschlussinhalt gehÇrt. Zwar wird damit abweichend vom sonstigen<br />

Recht der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft einem Formerfordernis unterworfen,<br />

nach Ansicht der RegierungsbegrÅndung (BT-Drucks. 16/2919, S. 19 f.) erscheint<br />

dies aber beim Wechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft<br />

angemessen. Damit gilt das Quorum der Beschlussfassung von mindestens einer<br />

3/ 4-Mehrheit auch fÅr die Vereinbarung des Gesellschaftsvertrages der Personenhandelsgesellschaft.<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 425


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

den Gesellschaftern sowie zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft<br />

erfolgt die Rechtsånderung <strong>zu</strong>m . . . 20. . . 1<br />

(2) Die Firma des neuen Rechtstrågers lautet:<br />

. . . GmbH 2<br />

Sitz des neuen Rechtstrågers ist . . . 3<br />

An die Stelle der bisherigen gesamthånderischen Beteiligung der Gesellschafter<br />

an der Gesellschaft treten Geschåftsanteile. 4<br />

Am neuen Rechtstråger sind A mit dem Geschåftsanteil Nr. 1 im Nennbetrag<br />

von 25.000 Euro, B mit dem Geschåftsanteil Nr. 2 im Nennbetrag<br />

von 25.000 Euro und C mit dem Geschåftsanteil Nr. 3 im Nennbetrag von<br />

20.000 Euro beteiligt. 5<br />

1 Anders als bei der Verschmel<strong>zu</strong>ng oder der Spaltung sind beim Formwechsel Angaben<br />

Åber den Umwandlungsstichtag handelsrechtlich nicht erforderlich. § 194 Abs. 1 UmwG<br />

normiert keine den §§ 5 Abs. 1 Nr. 6, 126 Abs. 1 Nr. 6 UmwG entsprechenden Anforderungen.<br />

Im Hinblick auf das Innenverhåltnis der Gesellschafter untereinander (z.B. Zeitpunkt<br />

der Rechungslegung fÅr den neuen Rechtstråger) ist die Angabe jedoch zweckmåßig<br />

und aus steuerlichen GrÅnden jedenfalls ratsam. Nach § 25 Satz 2 UmwStG hat<br />

die formwechselnde OHG eine Bilanz auf den steuerlichen „Ûbertragungsstichtag“ auf<strong>zu</strong>stellen.<br />

Dieser Stichtag kann nach §§ 25, 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG auf einen Zeitpunkt<br />

<strong>zu</strong>rÅckbezogen werden, der hÇchstens acht Monate vor Anmeldung des Formwechsels<br />

liegen darf. Aus KlarstellungsgrÅnden empfiehlt es sich, den steuerlichen Stichtag<br />

im Umwandlungsbeschluss fest<strong>zu</strong>halten.<br />

2 Vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 2 UmwG; § 200 Abs. 1 Satz 2 UmwG stellt im Interesse der Firmenwahrheit<br />

klar, dass auch bei Beibehaltung der Firma Hinweise auf die frÅhere<br />

Rechtsform des formwechselnden Rechtstrågers in der Firma un<strong>zu</strong>låssig sind.<br />

3 Anders als § 5 Abs. 1 Nr. 1 UmwG verlangt § 194 Abs. 1 UmwG nicht, dass der Umwandlungsbeschluss<br />

den Sitz des Rechtstrågers neuer Rechtsformen bestimmt. Ausnahme:<br />

§ 234 Nr. 1 UmwG.<br />

4 Vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UmwG. Die GrÅndung einer GmbH im Wege des Formwechsels<br />

stellt eine SachgrÅndung dar. Es gilt § 5 Abs. 4 GmbHG. Die Sacheinlage muss<br />

folglich im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden.<br />

5 Das GmbHG verwendet seit dem Inkrafttreten des MoMiG (BGBl. I 2008, 2026) in § 5<br />

GmbHG nicht mehr den Begriff „Stammeinlage“, sondern stattdessen „Geschåftsanteil“.<br />

Die Geschåftsanteile sind gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG <strong>zu</strong> nummerieren.<br />

V 426 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

(3) Positive variable Kapitalkonten 1 werden als Darlehensforderung 2 des betreffenden<br />

Gesellschafters gegen die Gesellschaft behandelt. Sollte sich<br />

wider Erwarten eine Differenz zwischen dem Nominalwert und dem sich<br />

nach den <strong>zu</strong>grundegelegten Bewertungsmaßståben ergebenden Wert der<br />

Stammeinlage eines Gesellschafters ergeben, so wird diese in die KapitalrÅcklage<br />

eingestellt.<br />

(4) Rechte nach § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG 3 werden in der GmbH nicht eingeråumt.<br />

(5) FÅr die Arbeitnehmer der Gesellschaft sind aufgrund des Formwechsels<br />

keine Maßnahmen vorgesehen. Mit Wirksamkeit des Formwechsels beschrånkt<br />

sich die Haftung des Rechtstrågers, vorbehaltlich der Nachhaftung<br />

der Gesellschafter, auch im Verhåltnis <strong>zu</strong> deren Arbeitnehmern auf<br />

das GesellschaftsvermÇgen.<br />

Auf die Arbeitnehmer der OHG und ihre Vertretungen wirkt sich der Formwechsel<br />

wie folgt aus: 4<br />

a) Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den bestehenden Arbeitsvertrågen<br />

bleiben unberÅhrt. § 613a BGB ist auf den Formwechsel<br />

nicht an<strong>zu</strong>wenden. 5<br />

b) Die Direktionsbefugnisse des Arbeitgebers werden nach dem Formwechsel<br />

von den geschåftsfÅhrenden Gesellschaftern Herrn/Frau . . .<br />

und . . . in ihrer kÅnftigen Eigenschaft als GeschåftsfÅhrer der GmbH<br />

ausgeÅbt.<br />

1 Vgl. Rz. I 585. Soweit das AktivvermÇgen der OHG Åber 25 000 Euro liegt, kÇnnen die<br />

Gesellschafter Åber die Verwendung nach ihrem Ermessen bestimmen. In Betracht<br />

kommen ein hÇheres Stammkapital, die Einstellung in RÅcklagen, die Behandlung als<br />

Darlehen oder die Auskehr an die Gesellschafter (vgl. Lutter/Joost, 4. Aufl. 2009, § 218<br />

UmwG Rz. 9). A.A. Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 220 UmwG Rz. 55, der<br />

zwingend eine Einstellung des Åberschießenden Betrages in die KapitalrÅcklage nach<br />

§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB fordert. Die Einbuchung sei danach nur in der Weise <strong>zu</strong>låssig,<br />

dass nach dem Formwechsel die KapitalrÅcklage aufgelÇst und der AusschÅttungsbetrag<br />

als Darlehen der Gesellschaft gewåhrt wird.<br />

2 Vgl. <strong>zu</strong>r Darlehensgewåhrung Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 220 UmwG<br />

Rz. 55.<br />

3 Negativerklårung im Hinblick auf § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG (vgl. Vollrath in Widmann/<br />

Mayer, Loseblatt, § 194 UmwG Rz. 39 ff.).<br />

4 Vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG. Es handelt sich um die Parallelregelung <strong>zu</strong> §§ 5 Abs. 1<br />

Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG (vgl. Kallmeyer/Willemsen, 4. Aufl. 2009, § 194 UmwG<br />

Rz. 58).<br />

5 Da es beim Formwechsel wegen der Identitåtswahrung des Rechtstrågers (vgl.<br />

Rz. I 3896) keinen Arbeitgeberwechsel gibt, sind die besonderen Schutzvorschriften der<br />

§§ 321 bis 325 UmwG ohne Bedeutung; insbesondere der Verweis des § 324 UmwG auf<br />

§ 613 a BGB. Auch Fragen der Tarifbindung spielen insoweit keine Rolle (Kallmeyer/Willemsen,<br />

4. Aufl. 2009, § 194 UmwG Rz. 58). Die Angaben nach § 194 Abs. 1 Nr. 7<br />

UmwG mÅssen auch dann gemacht werden, wenn beim formwechselnden Rechtstråger<br />

kein Betriebsrat besteht (Kallmeyer/Willemsen, 4. Aufl. 2009, § 194 UmwG Rz. 59).<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 427


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

c) Die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifvertråge bleiben<br />

nach Maßgabe der jeweiligen Vereinbarung unberÅhrt.<br />

d) Die Betriebsverfassung nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleibt<br />

unberÅhrt; der Betriebsrat und die Åbrigen Organe, AusschÅsse und<br />

sonstigen Institutionen nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleiben<br />

bestehen.<br />

(6) Zu GeschåftsfÅhrern1 werden bestellt:<br />

Herr/Frau (Name, Vorname, Geb.-Datum, Wohnort)<br />

mit steter Einzelvertretungsmacht, auch wenn weitere GeschåftsfÅhrer bestellt<br />

sind und der Erlaubnis, mit sich im eigenen Namen und fÅr Dritte<br />

Rechtsgeschåfte mit der GmbH vor<strong>zu</strong>nehmen (Befreiung von § 181 BGB).<br />

Damit ist die Gesellschafterversammlung beendet.<br />

IV. Abwicklung und Kosten<br />

(1) Grundbuchberichtigung2 mit Wirksamwerden des Formwechsels wird hiermit<br />

beantragt.<br />

(2) Der Notar wird mit dem Voll<strong>zu</strong>g dieser Urkunde beauftragt. Genehmigungserklårungen<br />

werden mit Eingang bei ihm fÅr alle Beteiligten wirksam.<br />

(3) § 139 BGB gilt nicht.<br />

(4) Die Kosten dieser Urkunde und ihres Voll<strong>zu</strong>gs trågt die Gesellschaft. 3<br />

(5) Die Personengesellschaft, die im Wege des Formwechsels in die Rechtsform<br />

eine Kapitalgesellschaft ÅberfÅhrt werden soll, hat innerhalb der letz-<br />

1 Die Ernennung der GeschåftsfÅhrer kann auch separat in privatschriftlicher Form erfolgen.<br />

2 Formwechselnde Umwandlungen unterliegen mangels Rechtstrågerwechsels nicht der<br />

Grunderwerbsteuer (vgl. Rz. I 3896). Die Eintragung des neuen Rechtstrågers im<br />

Grundbuch erfolgt durch Richtigstellung tatsåchlicher Angaben, nicht durch Grundbuchberichtigung<br />

(Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 202 UmwG Rz. 38); gleich<br />

einer Namensånderung bei natÅrlichen Personen. Die Richtigstellung kann nach Eintragung<br />

des Formwechsels in das Handelsregister unter Vorlage eines beglaubigten Handelsregisteraus<strong>zu</strong>gs<br />

und einer Urkundenabschrift erfolgen. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung<br />

nach dem Grunderwerbsteuergesetztes ist nicht erforderlich. Vgl. <strong>zu</strong> den<br />

Kosten Vollrath in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 193 UmwG Rz. 91.<br />

3 Auf den Formwechsel finden die Vorschriften Åber die GrÅndung der GmbH Anwendung<br />

(§ 197 UmwG). Der Gesellschaftsvertrag muss daher den GrÅndungsaufwand festsetzen,<br />

§ 26 Abs. 2 AktG analog (vgl. Rz. I 3909; BGH v. 20.2.1989 – II ZB 10/88,<br />

BGHZ 107, 1 = NJW 1989, 1610). Dies sind die Kosten fÅr den Formwechsel (<strong>zu</strong> den<br />

Kosten vgl. Rz. I 3677).<br />

V 428 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

ten fÅnf Jahre von keinem Gesellschafter Grundbesitz erworben (§ 5 Abs. 3<br />

GrErwStG). 1<br />

V. Hinweise des Notars<br />

Der Notar weist hiermit auf Folgendes hin:<br />

Zum Formwechsel<br />

(1) Der Formwechsel wird erst mit Eintragung in das Handelsregister wirksam.<br />

2 Die FortfÅhrung der Firma der formwechselnden OHG bedarf der<br />

PrÅfung des Registergerichts. 3<br />

(2) Die geschåftsfÅhrungsbefugten Gesellschafter der OHG sind bei Verlet<strong>zu</strong>ng<br />

ihrer Sorgfaltspflicht gesamtschuldnerisch verpflichtet, der OHG, ihren<br />

Gesellschaftern und Glåubigern allen Schaden <strong>zu</strong> ersetzen, den diese<br />

durch den Formwechsel erleiden. 4<br />

(3) Rechte Dritter an den Gesellschaftsanteilen an der OHG bestehen an den<br />

kÅnftigen GmbH-Anteilen fort. 5<br />

(4) Wenn bei Eintragung der GmbH im Handelsregister der Wert des GesellschaftsvermÇgens<br />

(<strong>zu</strong>zÅglich des Aufwandes fÅr den Formwechsel) niedriger<br />

ist als das Stammkapital, ist jeder Gesellschafter <strong>zu</strong>r Leistung eines<br />

insoweit bestehenden Fehlbetrages verpflichtet. 6 Dabei haftet jeder Gesellschafter<br />

auch fÅr die Vollwertigkeit der den anderen Gesellschaftern <strong>zu</strong>gerechneten<br />

Geschåftsanteilen. Solange das Stammkapital nicht voll gedeckt<br />

ist, besteht ein Eintragungshindernis. 7<br />

1 Ûbertrågt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein GrundstÅck auf die Gesellschaft,<br />

kann der Vorgang von der GrESt befreit sein, vgl. § 5 Abs. 1–2 GrEStG. Nach<br />

§ 5 Abs. 3 GrEStG ist die VergÅnstigung rÅckwirken <strong>zu</strong> versagen, wenn die Umwandlung<br />

der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft innerhalb einer FÅnfjahresfrist<br />

erfolgt.<br />

2 Vgl. § 202 Abs. 1 UmwG.<br />

3 Bereits aus dem Formwechsel <strong>zu</strong> Grunde liegenden Verståndnis der rechtlichen Identitåt<br />

des formwechselnden Rechtstrågers folgt, dass die Firma grundsåtzlich beibehalten<br />

wird. Schranken der FirmenfortfÅhrung ergeben sich aus § 200 Abs. 1 Satz 2 UmwG.<br />

4 Vgl. § 205 Abs. 1 UmwG.<br />

5 Vgl. § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UmwG.<br />

6 Vgl. § 197 Satz 1 UmwG. Danach sind subsidiår die Regelungen Åber Stammkapital und<br />

Stammeinlage <strong>zu</strong> beachten (§§ 5 Abs. 1 und 3 GmbHG). Die GrÅndung einer GmbH<br />

im Wege des Formwechsels stellt eine SachgrÅndung dar (vgl. Rz. I 3905).<br />

7 FÅr die tatsåchliche Erbringung der Einlagen sind gem. § 197 Satz 1 UmwG die § 7<br />

Abs. 2, 3 GmbHG anwendbar. Danach sind Bareinlagen mindestens in HÇhe eines Viertes<br />

des Nennbetrages <strong>zu</strong> leisten. Sacheinlagen sind in voller HÇhe <strong>zu</strong> leisten und mÅssen<br />

endgÅltig <strong>zu</strong>r freien VerfÅgung der Gesellschaft stehen.<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 429


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

(5) Das Registergericht wird die Eintragung des Formwechsels bekannt machen.<br />

1 Darin werden die Glåubiger der OHG auf folgendes Recht hingewiesen:<br />

Wenn sie binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung ihren Anspruch<br />

nach Grund und HÇhe gegenÅber der GmbH schriftlich anmelden<br />

und glaubhaft machen, dass die ErfÅllung ihrer Forderung durch den Formwechsel<br />

gefåhrdet wird, kÇnnen sie Sicherheitsleistung verlangen, sofern<br />

sie nicht schon die Befriedigung ihrer Forderung beanspruchen kÇnnen. 2<br />

(6) Soweit in der OHG Sonderrechte <strong>zu</strong>gunsten Dritter bestanden, wie z.B. stille<br />

Beteiligungen u.Ø., sind diesen Dritten vergleichbare Rechte in der<br />

GmbH ein<strong>zu</strong>råumen. 3<br />

(7) Auf die aus dem Formwechsel entstehende GmbH gehen alle Aktiva und<br />

auch Passiva mit Eintragung des Formwechsel in das Handelsregister<br />

Åber. Die bisherigen Gesellschafter der OHG trifft jedoch persÇnlich eine<br />

fÅnfjåhrige Nachhaftung fÅr die bis <strong>zu</strong>r Wirksamkeit des Formwechsels begrÅndeten<br />

Verbindlichkeiten.<br />

Zur Abwicklung<br />

(1) Auf die formwechselnde OHG lautende Rechtstitel mÅssen nach Wirksamkeit<br />

des Formwechsels – ebenso wie GrundbÅcher – berichtigt werden. In<br />

Verfahren, z.B. Rechtsstreitigkeiten, an denen die formwechselnde OHG<br />

beteiligt ist, muss der Formwechsel mitgeteilt werden.<br />

(2) Es ist eine Gesellschafterliste <strong>zu</strong> erstellen und beim Handelsregister durch<br />

die GeschåftsfÅhrung ein<strong>zu</strong>reichen. 4<br />

VI. Vollmachten<br />

Der Notar . . . sowie die Notariatsangestellten . . . und . . ., alle ansåssig . . .,<br />

werden hiermit bevollmåchtigt, alles <strong>zu</strong> erklåren, was <strong>zu</strong>r Eintragung der hier<br />

beschlossenen Tatsachen in das Handelsregister erforderlich oder zweckmåßig<br />

ist, ggf. auch den Gesellschaftsvertrag ab<strong>zu</strong>åndern. Die Vollmacht ist jederzeit<br />

widerruflich. Jeder Bevollmåchtigte darf allein und auch fÅr alle Gesellschafter<br />

gleichzeitig handeln. Dem Handelsregister gegenÅber ist die Vollmacht<br />

unbeschrånkt.<br />

1 Zur Bekanntmachung der Eintragung s. § 201 UmwG. Den Personen, die die Eintragung<br />

bewirkt haben, ist diese durch Eintragungsnachricht bekannt <strong>zu</strong> geben (§ 383 Abs. 1<br />

FamFG). FÅr die Wirksamkeit des Formwechsels ist die Bekanntmachung ohne Bedeutung.<br />

Sie hat nur verlautbarende Wirkung (Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 201<br />

UmwG Rz. 37 ff.; Kallmeyer/Zimmermann, 4. Aufl. 2009, § 201 UmwG Rz. 5).<br />

2 Vgl. § 204 Abs. 1 i.V.m. § 22 UmwG.<br />

3 Vgl. § 204 Abs. 1 i.V.m. § 23 UmwG.<br />

4 Vgl. § 40 Abs. 1 GmbHG. Da fÅr den Formwechsel die GrÅndungsvorschriften entsprechend<br />

gelten, ist diese erste Liste – wie bei der GrÅndung (vgl. Heckschen, Das MoMiG in<br />

der notariellen Praxis, 2009, Rz. 479) – durch den GeschåftsfÅhrer <strong>zu</strong> unterzeichnen.<br />

V 430 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

Diese Niederschrift nebst Anlage wurde von dem Notar vorgelesen, genehmigt<br />

und wie folgt eigenhåndig unterzeichnet<br />

...<br />

(Unterschriften)<br />

Anlage 1<br />

Gesellschaftsvertrag der GmbH<br />

I. Allgemeine Bestimmungen<br />

§ 1 Firma und Sitz<br />

(1) Die Firma der Gesellschaft lautet:<br />

. . . GmbH<br />

(2) Der Sitz der Gesellschaft ist . . .<br />

§ 2 Gegenstand des Unternehmens<br />

(1) Gegenstand des Unternehmens ist . . .<br />

(2) Die Gesellschaft ist berechtigt, sich an anderen Unternehmen <strong>zu</strong> beteiligen<br />

und auch solche <strong>zu</strong> erwerben und Zweigniederlassungen <strong>zu</strong> errichten. Die<br />

Gesellschaft kann alle Maßnahmen ergreifen, die der FÇrderung des Gesellschaftszwecks<br />

dienen.<br />

§ 3 Bekanntmachungen<br />

Die Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen nur im elektronischen Bundesanzeiger.<br />

II. Stammkapital und Geschåftsanteile<br />

§ 4 Stammkapital<br />

(1) Das Stammkapital betrågt . . . Euro.<br />

(2) Auf das Stammkapital Åbernehmen als ihre Geschåftsanteile:<br />

a) Herr . . .<br />

einen Geschåftsanteil Nr. . . . <strong>zu</strong> einem Nennbetrag von . . . Euro<br />

b) Herr . . .<br />

einen Geschåftsanteil Nr. . . . <strong>zu</strong> einem Nennbetrag von . . . Euro.<br />

(3) Die Leistungen auf die Geschåftsanteile werden in voller HÇhe dadurch erbracht,<br />

dass<br />

a) die Gesellschafter das VermÇgen der zwischen ihnen bisher bestehenden<br />

OHG in Firma XY (AG, HRA) im Wege der formwechselnden Umwandlung<br />

gemåß §§ 194, 214 ff. UmwG auf die Gesellschaft Åbertragen.<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 431


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

b) das nach Ab<strong>zu</strong>g der Schulden verbleibende (freie) VermÇgen der OHG<br />

dem Nennbetrag des Stammkapitals der GmbH entspricht und<br />

c) die Anteile der Gesellschafter der OHG am freien VermÇgen dieser<br />

OHG ihren vorbezeichneten Geschåftsanteilen entsprechen.<br />

III. Geschåftsanteile<br />

§ 5 VerfÅgung Åber Geschåftsanteile<br />

(1) Ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung kann kein Gesellschafter<br />

seine Geschåftsanteile oder Teile davon abtreten oder sonst wie darÅber<br />

verfÅgen.<br />

(2) Mehrere Geschåftsanteile eines Gesellschafters kÇnnen durch Gesellschafterbeschluss<br />

<strong>zu</strong> einem Geschåftsanteil <strong>zu</strong>sammengelegt werden, soweit<br />

die Geschåftsanteile voll eingezahlt sind. Die Teilung von Geschåftsanteilen<br />

bedarf (nicht) der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.<br />

(3) Geschåftsanteile, die insbesondere durch Einziehung untergehen, kÇnnen<br />

a) neu gebildet und wieder ausgegeben werden oder<br />

b) die Geschåftsanteile der verbliebenen Gesellschafter werden aufgestockt.<br />

(4) Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, jedwede Verånderung in seiner Person<br />

(Name, Wohnort) und in seiner Beteiligung (Zusammenlegung/Teilung<br />

von Geschåftsanteilen) sowie jede Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge in<br />

seinen Geschåftsanteil (z.B. AnteilsÅbertragung, Umwandlungsmaßnahmen)<br />

der GeschåftsfÅhrung schriftlich mit<strong>zu</strong>teilen und nach<strong>zu</strong>weisen. Der<br />

Nachweis hat durch Vorlage der die Verånderung belegenden Dokumente<br />

– in Urschrift oder beglaubigter Abschrift – <strong>zu</strong> erfolgen. Bei Erbfolge ist vom<br />

Rechtsnachfolger ein Erbschein in Ausfertigung oder ein notarielles Testament<br />

mit ErÇffnungsprotokoll in beglaubigter Abschrift vor<strong>zu</strong>legen.<br />

Der Gesellschafter, der die Verånderung mitteilt, hat den GeschåftsfÅhrer<br />

an<strong>zu</strong>weisen, die dann <strong>zu</strong> erstellende neue Gesellschafterliste auch den anderen<br />

Gesellschaftern in Kopie <strong>zu</strong> Åbermitteln; wird diese Liste durch einen<br />

Notar erstellt, so gilt dies entsprechend.<br />

§ 6 Einziehung von Geschåftsanteilen, Ausschließung eines Gesellschafters<br />

(1) Die Einziehung von Geschåftsanteilen ist <strong>zu</strong>låssig.<br />

(2) Mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters kÇnnen die Gesellschafter<br />

die Einziehung jederzeit beschließen.<br />

(3) Ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters kann die Einziehung<br />

beschlossen werden, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger<br />

Grund eintritt, der sein Verbleiben in der Gesellschaft un<strong>zu</strong>mutbar macht.<br />

Das gilt insbesondere,<br />

V 432 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

a) wenn Åber das VermÇgen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren<br />

erÇffnet oder die ErÇffnung mangels Masse abgelehnt wird,<br />

alt.: wenn der Antrag auf ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das<br />

VermÇgen eines Gesellschafters gestellt ist, sofern dieser nicht innerhalb<br />

von . . . Wochen/Monaten <strong>zu</strong>rÅckgenommen oder <strong>zu</strong>rÅckgewiesen<br />

wurde;<br />

b) wenn der Geschåftsanteil von einem Glåubiger des Gesellschafters gepfåndet<br />

oder bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Geschåftsanteil<br />

eines Gesellschafters, sofern diese nicht innerhalb von drei Monaten<br />

wieder aufgehoben werden;<br />

c) wenn und soweit beim Tode eines Gesellschafters dessen Beteiligung<br />

auf Personen Åbergeht, die bisher nicht Gesellschafter sind; in diesem<br />

Fall endet das Recht <strong>zu</strong>r Einziehung bzw. Abtretung ein Jahr, nachdem<br />

die betroffenen neuen Gesellschafter den Erwerb ihrer Beteiligung bei<br />

der Gesellschaft schriftlich angemeldet haben;<br />

d) wenn fÅr den Gesellschafter ein Betreuer bestellt wird;<br />

e) wenn ein verheirateter Gesellschafter nicht auf Aufforderung durch die<br />

GeschåftsfÅhrung binnen 8 Wochen nachweist, dass der Geschåftsanteil<br />

aus dem Zugewinn herausgenommen ist;<br />

f) wenn in der Person des Gesellschafters ein seine Ausschließung rechtfertigender<br />

Grund vorliegt oder<br />

g) wenn der Gesellschafter seinen Austritt aus der Gesellschaft erklårt<br />

(KÅndigung)<br />

h) wenn der Anteil eines Gesellschafters als Rechtsfolge einer Maßnahme<br />

nach dem Umwandlungsgesetz auf einen Dritten Åbergeht, ohne dass<br />

die Mitgesellschafter dieser Maßnahme <strong>zu</strong>gestimmt haben. Dies gilt jedoch<br />

nicht, wenn ein Geschåftsanteil aufgrund einer Maßnahme nach<br />

dem Umwandlungsgesetz auf verbundene Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff.<br />

AktG oder auf einen Mitgesellschafter Åbergeht.<br />

(4) Die Einziehung bedarf eines Gesellschafterbeschlusses mit einfacher<br />

Mehrheit der abgegebenen Stimmen, dabei hat der betroffene Gesellschafter<br />

kein Stimmrecht, wenn die Einziehung ohne seine Zustimmung erfolgen<br />

soll. Mit dem Einziehungsbeschluss scheidet der betroffene Gesellschafter<br />

aus der Gesellschaft aus.<br />

(5) Mit dem Einziehungsbeschluss ist <strong>zu</strong> beschließen, ob der Geschåftsanteil<br />

neu ausgegeben wird oder die Geschåftsanteile der verbleibenden Gesellschafter<br />

aufgestockt werden oder – soweit <strong>zu</strong>låssig – eine Kapitalherabset<strong>zu</strong>ng<br />

beschlossen wird, um entsprechend § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eine<br />

Ûbereinstimmung zwischen Stammkapital und der Summe der Geschåftsanteile<br />

her<strong>zu</strong>stellen.<br />

(6) Anstelle der Einziehung kÇnnen die Gesellschafter auch beschließen, dass<br />

der betroffene Gesellschafter den Geschåftsanteil an die Gesellschaft oder<br />

an in dem Beschluss bestimmte Gesellschafter oder Dritte ab<strong>zu</strong>treten hat<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 433


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

(„Zwangsabtretung“). Dieser Beschluss bedarf außerdem der Zustimmung<br />

der Gesellschaft.<br />

In diesem Falle kann jedoch jeder Gesellschafter verlangen, dass ihm ein<br />

seiner Beteiligung am Stammkapital entsprechender Teil des Geschåftsanteils<br />

des ausscheidenden Gesellschafters Åbertragen wird.<br />

(7) FÅr die Zahlung des Einziehungsentgelts haften die Gesellschafter wie ein<br />

selbstschuldnerischer BÅrge und darÅber hinaus die Gesellschaft, wenn<br />

sie den Geschåftsanteil nicht selbst erwirbt, gesamtschuldnerisch.<br />

(8) Die Einziehung nach Abs. (3) und die Zwangsabtretung nach Abs. (6) sind<br />

nur <strong>zu</strong>låssig binnen eines Jahres nach Kenntnis der Gesellschaft von dem<br />

<strong>zu</strong>r Einziehung berechtigenden Ereignisses.<br />

(9) Mit dem Einziehungsbeschluss ist <strong>zu</strong> beschließen, ob der Geschåftsanteil<br />

neu ausgegeben wird oder die Geschåftsanteile der verbleibenden Gesellschafter<br />

aufgestockt werden oder – soweit <strong>zu</strong>låssig – eine Kapitalherabset<strong>zu</strong>ng<br />

beschlossen wird, um entsprechend § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eine<br />

Ûbereinstimmung zwischen Stammkapital und der Summe der Geschåftsanteile<br />

her<strong>zu</strong>stellen.<br />

§ 7 Abfindung ausscheidender Gesellschafter<br />

(1) Im Falle der Einziehung eines Geschåftsanteiles und in allen anderen Fållen<br />

des Ausscheidens eines Gesellschafters hat die Gesellschaft eine Abfindung<br />

<strong>zu</strong> zahlen. Die Abfindung betrågt in den Fållen des Ausscheidens<br />

aus wichtigem Grund 50 % – mit Ausnahme nach § 6 Abs. (3) c), d), e), g) –<br />

und in allen Åbrigen Fållen . . . % des nach Absatz (2) und (3) <strong>zu</strong> berechnenden<br />

anteiligen Unternehmenswertes.<br />

(2) Zur Berechnung des dem ausgeschiedenen Gesellschafter (bzw. dessen<br />

Rechtsnachfolgern) <strong>zu</strong>stehenden Abfindungsguthabens ist auf den Zeitpunkt<br />

des Ausscheidens eine Bewertung des Unternehmens vor<strong>zu</strong>nehmen.<br />

Es ist der objektivierte Unternehmenswert <strong>zu</strong> ermitteln, in dem sich<br />

der Wert des im Rahmen des vorhandenen Unternehmenskonzepts fortgefÅhrten<br />

Unternehmens ausdrÅckt. Die Bewertung ist von einem WirtschaftsprÅfer<br />

als neutralem Gutachter nach den jeweils aktuellen Richtlinien,<br />

die das Institut fÅr WirtschaftsprÅfer herausgibt, und dem dort festgelegten<br />

Verfahren <strong>zu</strong>r DurchfÅhrung von Unternehmensbewertungen vor<strong>zu</strong>nehmen.<br />

Wird Åber die Person des als Schiedsgutachter – nicht als Schiedsrichter –<br />

tåtig werdenden WirtschaftsprÅfers zwischen dem ausgeschiedenen Gesellschafter<br />

und der Gesellschaft keine Einigung erzielt, so wird der WirtschaftsprÅfer<br />

auf Antrag eines der Beteiligten durch das Institut der WirtschaftsprÅfer<br />

in DÅsseldorf oder dessen Nachfolgeorganisation benannt.<br />

Die Kosten des Bewertungsgutachtens tragen der ausgeschiedene Gesellschafter<br />

sowie die Gesellschaft <strong>zu</strong> Lasten der verbliebenen Gesellschafterin<br />

dem Verhåltnis, in dem der ausgeschiedene Gesellschafter und die ver-<br />

V 434 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

bliebenen Gesellschafter vor dem Ausscheiden des Gesellschafters am<br />

Gesellschaftskapital beteiligt waren.<br />

(3) Der anteilige Unternehmenswert ergibt sich aus dem Verhåltnis des Nennbetrags<br />

der Geschåftsanteile des ausgeschiedenen Gesellschafters <strong>zu</strong>m<br />

Stammkapital.<br />

(4) Die Abfindung ist in fÅnf gleichen Raten aus<strong>zu</strong>zahlen. Die erste Rate wird<br />

sechs Monate nach dem Ausscheiden, jede weitere jeweils sechs Monate<br />

spåter fållig.<br />

Vorzeitige Zahlungen sind in beliebiger HÇhe <strong>zu</strong>låssig.<br />

Sie werden auf die <strong>zu</strong>letzt <strong>zu</strong> zahlenden Raten verrechnet.<br />

Der jeweils noch offenstehende Rest der Abfindung ist mit 6 % jåhrlich <strong>zu</strong><br />

verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen sind jeweils mit der nåchsten Rate fållig.<br />

Sicherheitsleistung kann der ausgeschiedene Gesellschafter nicht verlangen.<br />

Sofern bei Fålligkeit der ersten Rate das Abfindungsgutachten noch nicht<br />

vorliegt, hat der Gutachter auf die jeweils ausstehenden Raten angemessene<br />

Abschlagszahlungen fest<strong>zu</strong>setzen.<br />

FÅhrt eine rechtskråftige Berichtigungsveranlagung durch die Finanzverwaltung,<br />

z.B. aufgrund einer steuerlichen BetriebsprÅfung, <strong>zu</strong> einer Ønderung<br />

der Werte, die die Grundlage fÅr die Unternehmensbewertung gebildet<br />

haben, so findet eine Anpassung des Abfindungsanspruches nicht<br />

statt.<br />

(5) Wird durch die planmåßige Auszahlung der Abfindung der Fortbestand der<br />

Gesellschaft ernstlich gefåhrdet, so kÇnnen die Laufzeiten der Auszahlung<br />

angemessen verlångert und die HÇhe der einzelnen Raten entsprechend<br />

gesenkt werden. Dies gilt nicht, wenn dadurch die Existenz des ausscheidenden<br />

Gesellschafters ernstlich gefåhrdet wÅrde.<br />

IV. GeschåftsfÅhrung und Vertretung<br />

§ 8 GeschåftsfÅhrung<br />

(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere GeschåftsfÅhrer.<br />

(2) Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit einen Katalog von Geschåften<br />

beschließen, die nur mit vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung<br />

vorgenommen werden sollen.<br />

§ 9 Vertretung<br />

(1) Die Gesellschaft wird vertreten<br />

a) wenn nur ein GeschåftsfÅhrer vorhanden ist, durch diesen;<br />

b) wenn mehrere GeschåftsfÅhrer vorhanden sind, durch zwei GeschåftsfÅhrer<br />

gemeinsam oder durch einen GeschåftsfÅhrer gemeinsam mit<br />

einem Prokuristen.<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 435


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

(2) Die Gesellschafterversammlung kann die Vertretung abweichend regeln,<br />

insbesondere Einzelvertretung anordnen und von den Beschrånkungen<br />

des § 181 BGB befreien.<br />

V. Gesellschafterversammlungen und GesellschafterbeschlÅsse<br />

§ 10 Gesellschafterversammlungen, GesellschafterbeschlÅsse<br />

(1) Die BeschlÅsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. Außerhalb<br />

von Versammlungen kÇnnen sie, soweit nicht zwingendes Recht<br />

eine andere Form vorschreibt, durch schriftliche, fernschriftliche, telegrafische<br />

oder mÅndliche, auch fernmÅndliche Abstimmung gefasst werden,<br />

wenn sich jeder Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt. AusdrÅcklich<br />

<strong>zu</strong>låssig ist auch eine Kombination aus beiden Beschlussverfahren und<br />

jede andere Art der Beschlussfassung, wenn kein Gesellschafter dem widerspricht<br />

und alle Gesellschafter an der Abstimmung teilnehmen.<br />

(2) GesellschafterbeschlÅsse betreffend die Ønderung dieses Gesellschaftsvertrages,<br />

betreffend den Abschluss von Beherrschungs- oder GewinnabfÅhrungsvertrågen<br />

oder sonstigen Unternehmensvertrågen und betreffend<br />

Umwandlungen oder Verschmel<strong>zu</strong>ngen bedÅrfen der Zustimmung aller<br />

Gesellschafter. Im Åbrigen werden GesellschafterbeschlÅsse mit Mehrheit<br />

der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder<br />

Gesellschaftsvertrag eine grÇßere Mehrheit vorsehen. Je 1,00 Euro eines<br />

Geschåftsanteils gewåhren eine Stimme. Stimmenthaltungen gelten als<br />

Nein-Stimmen.<br />

(3) Soweit rechtlich <strong>zu</strong>låssig, ist ein Gesellschafter abweichend von § 47<br />

Abs. 4 GmbHG auch dann stimmberechtigt, wenn er durch die Beschlussfassung<br />

entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, oder<br />

die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschåfts oder die Erledigung<br />

eines Rechtsstreits gegenÅber dem Gesellschafter betrifft.<br />

(4) Ûber Verhandlungen der Gesellschafterversammlungen und Åber GesellschafterbeschlÅsse<br />

ist, soweit nicht eine notarielle Niederschrift aufgenommen<br />

wird, unverzÅglich eine Niederschrift an<strong>zu</strong>fertigen, in welcher der Tag<br />

der Verhandlung oder Beschlussfassung sowie die gefassten BeschlÅsse<br />

an<strong>zu</strong>geben sind. Die Niederschrift ist durch jeden Gesellschafter <strong>zu</strong> unterzeichnen.<br />

Jeder Gesellschafter kann eine Abschrift der Niederschrift verlangen.<br />

VI. Geschåftsjahr, Dauer der Gesellschaft, Jahresabschluss<br />

§ 11 Geschåftsjahr, Jahresabschluss, Gewinnverwendung<br />

(1) Das Geschåftsjahr ist das Kalenderjahr.<br />

(2) Die Dauer der Gesellschaft ist nicht beschrånkt.<br />

(3) Die GeschåftsfÅhrung hat innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen<br />

fÅr das vergangene Geschåftsjahr den Jahresabschluss (Bilanz, Ge-<br />

V 436 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />

winn- und Verlustrechnung, Anhang) auf<strong>zu</strong>stellen und einen schriftlichen<br />

Lagebericht <strong>zu</strong> erstatten.<br />

(4) Die Gesellschafter kÇnnen beschließen, das Jahresergebnis ganz oder<br />

teilweise in GewinnrÅcklagen ein<strong>zu</strong>stellen oder als Gewinn vor<strong>zu</strong>tragen. Im<br />

Ûbrigen ist das Jahresergebnis an die Gesellschafter nach dem Verhåltnis<br />

der Geschåftsanteile aus<strong>zu</strong>schÅtten.<br />

VII. Wettbewerbsverbot<br />

§ 12 Wettbewerbsverbot<br />

(1) Soweit gesetzlich <strong>zu</strong>låssig, sind die Gesellschafter von etwaigen Wettbewerbsverboten<br />

gegenÅber der Gesellschaft befreit.<br />

(2) Soweit zwingend erforderlich, hat der betroffene Gesellschafter als Entgelt<br />

fÅr die Befreiung eine angemessene VergÅtung an die Gesellschaft <strong>zu</strong> zahlen.<br />

Im Zweifel beurteilt sich die Angemessenheit nach der rechtskråftigen<br />

Entscheidung der Finanzverwaltung oder des Finanzgerichts.<br />

(3) Die Gesellschafterversammlung kann mit der fÅr eine Sat<strong>zu</strong>ngsånderung<br />

erforderlichen Mehrheit Befreiung vom Wettbewerbsverbot erteilen, erweitern,<br />

einschrånken oder aufheben und/oder beschließen, ob und in welcher<br />

HÇhe eine angemessene VergÅtung an die Gesellschaft <strong>zu</strong> zahlen ist.<br />

VIII. KÅndigung der Gesellschaft<br />

§ 13 KÅndigung<br />

(1) Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten<br />

<strong>zu</strong>m Ende eines Geschåftsjahres durch eingeschriebenen Brief ohne Angabe<br />

von GrÅnden kÅndigen.<br />

Der Brief ist an die GeschåftsfÅhrung und an såmtliche Åbrigen Gesellschafter<br />

<strong>zu</strong> richten. FÅr die Einhaltung der Frist ist das Datum des Poststempels<br />

maßgebend.<br />

(2) Hat ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhåltnis gekÅndigt, so ist jeder<br />

andere Gesellschafter berechtigt, sich der KÅndigung <strong>zu</strong> demselben Zeitpunkt<br />

an<strong>zu</strong>schließen; die AnschlusskÅndigung muss 3 Monate vor dem<br />

Zeitpunkt, <strong>zu</strong> dem gekÅndigt werden kann, erfolgt sein.<br />

(3) Wird bei der KÅndigung eines Gesellschafters das nachstehend vereinbarte<br />

Erwerbsrecht ausgeÅbt oder wird die Beteiligung des kÅndigenden Gesellschafters<br />

eingezogen, so wird die Gesellschaft durch die KÅndigung<br />

nicht, andernfalls wird sie durch die KÅndigung aufgelÇst.<br />

(4) Der kÅndigende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Geschåftsanteil auf<br />

Verlangen auf die Åbrigen Gesellschafter <strong>zu</strong> Åbertragen.<br />

Das Verlangen auf Erwerb des Geschåftsanteils ist gegenÅber dem kÅndigenden<br />

Gesellschafter innerhalb von 2 Monaten seit Zugang der KÅndi-<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 436/1


M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

gung durch eingeschriebenen Brief <strong>zu</strong> erklåren. Das Erwerbsrecht steht<br />

den Gesellschaftern im Verhåltnis ihrer Beteiligung am Stammkapital <strong>zu</strong>.<br />

Ein gegebenenfalls verbleibender Spitzenbetrag ist unter den Erwerbswilligen<br />

<strong>zu</strong> verlosen, falls diese nicht einstimmig etwas anderes beschließen.<br />

(5) Die Gesellschafterversammlung kann auch mit mindestens 75 % der abgegebenen<br />

Stimmen die Einziehung der Beteiligung des ausscheidenden<br />

Gesellschafters beschließen. Dabei hat der ausscheidende Gesellschafter<br />

kein Stimmrecht.<br />

(6) Das an den ausscheidenden Gesellschafter <strong>zu</strong> zahlende Entgelt bestimmt<br />

sich nach den in diesem Gesellschaftsvertrag festgelegten Bewertungsgrundsåtzen.<br />

Sollten Gesetz oder Rechtsprechung zwingend eine andere<br />

Bewertung des Entgelts vorschreiben, ist diese maßgebend.<br />

IX. Schlussbestimmungen<br />

§ 14 GrÅndungsaufwand<br />

Die mit der GrÅndung der Gesellschaft verbundenen Kosten bis <strong>zu</strong>m Betrag von<br />

. . . Euro trågt die Gesellschaft.<br />

Registeranmeldungen s. M 122, M 123<br />

V 436/2 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – HRA M 123<br />

Die unterzeichnende GeschåftsfÅhrung versichert, dass gegen den Umwandlungsbeschluss<br />

keine Klage erhoben worden ist. 1<br />

1 Vgl. § 198 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 UmwG; anderenfalls kann keine Eintragung erfolgen.<br />

Mit Verzicht auf die Klageerhebung ist es den Vertretungsorganen mÇglich, den<br />

Formwechsel unverzÅglich an<strong>zu</strong>melden, ohne das Ende der Klagefrist des § 14 Abs. 1<br />

UmwG abwarten <strong>zu</strong> mÅssen. Sollte das Registergericht die Eintragung vor Ende der Klagefrist<br />

ohne Vorliegen der Verzichtserklårungen eintragen, so ist darin nach einer Entscheidung<br />

des BGH (Urt. v. 5.10.2006 – III ZR 283/05, NJW 2007, 224 [225 f.]) eine<br />

Amtspflichtverlet<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> sehen. FÅr die Fålle, in denen wegen Beschlussanfechtung ein<br />

Freigabeverfahren durch<strong>zu</strong>fÅhren ist, sieht § 16 Abs. 3 Satz 5 UmwG i.d.F. des ARUG<br />

(BGBl. I 2009, 2479) eine Beschleunigung dieses Eilverfahrens vor, indem das <strong>zu</strong>ståndige<br />

Gericht hierÅber innerhalb von 3 Monaten <strong>zu</strong> entscheiden hat. Diese Gesetzesånderung<br />

orientiert sich an der Regelung des § 246a AktG, wonach im Regelfall die Entscheidung<br />

des Gerichts innerhalb von drei Monaten <strong>zu</strong> ergehen hat, jedoch kann diese Frist<br />

bei besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsåchlicher Art angemessen verlångert<br />

werden. Das ARUG (BGBl. I 2009, 2479) hat aus Sicht der Unternehmen das Freigabeverfahren<br />

erneut erleichtert: Die Interessenabwågung, die die Gerichte bei der Freigabeentscheidung<br />

treffen mÅssen, wurde gesetzlich pråzisiert, um legitime von missbråuchlichen<br />

Klagen trennen <strong>zu</strong> kÇnnen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG n.F.). In Zukunft<br />

sind <strong>zu</strong>dem in erster und einziger Instanz die Oberlandesgerichte <strong>zu</strong>ståndig (§ 16 Abs. 3<br />

Satz 7 UmwG n.F.). Die mit einer zweiten Instanz verbundene Verlångerung des Prozesses<br />

entfållt und senkt damit den Druck der Unternehmen, sich vergleichen <strong>zu</strong> mÅssen.<br />

KÅnftig erstreckt sich die Vollmacht des Vertreters fÅr den Anfechtungsprozess auch auf<br />

das Freigabeverfahren, um aufwendige Zustellungen <strong>zu</strong> vermeiden (§ 16 Abs. 3 Satz 2<br />

UmwG n.F. i.V.m. §§ 82, 83 Abs. 1, 84 ZPO). Schließlich wurde das Anfechtungsrecht<br />

fÅr Aktionåre mit geringem Aktienbesitz (unter 1000 Euro Nennbetrag), die weniger<br />

gravierende Gesetzes- oder Sat<strong>zu</strong>ngsverstÇße geltend machen, abgeschafft (§ 16 Abs. 3<br />

Satz 3 UmwG n.F.). Diese kÇnnen nur noch Schadensersatz verlangen.<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 441


M 123 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

Die inlåndische Geschåftsanschrift 1 lautet: . . .<br />

Das Registergericht wird um Genehmigung der FirmenfortfÅhrung gemåß Umwandlungsbeschluss<br />

ersucht (§ 200 Abs. 3 UmwG).<br />

Die Gesellschafter<br />

c) Herr/Frau: . . .<br />

mit einem Geschåftsanteil in HÇhe von . . . Euro,<br />

d) Herr/Frau: . . .<br />

mit einem Geschåftsanteil in HÇhe von . . . Euro,<br />

e) Herr/Frau: . . .<br />

mit einem Geschåftsanteil in HÇhe von . . . Euro,<br />

werden die von ihnen Åbernommenen Geschåftsanteile dadurch erbringen,<br />

dass der formwechselnde Rechtstråger als Tråger des GesellschaftsvermÇgens<br />

in der durch den Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiter<br />

besteht.<br />

Das VermÇgen des formwechselnden Rechtstrågers wird sich mit Wirksamkeit<br />

des Formwechsels endgÅltig in der freien VerfÅgung der GeschåftsfÅhrung befinden<br />

und nicht durch Schulden vorbelastet sein, ausgenommen der GrÅndungskosten<br />

bis <strong>zu</strong>m Betrag von . . . Euro und die vorhandenen Verbindlichkeiten,<br />

welche aber den Saldo von AktivvermÇgen und Stammkapital nicht Åbersteigen.<br />

2<br />

Nach Belehrung durch den beglaubigenden Notar Åber die unbeschrånkte Auskunftspflicht<br />

gegenÅber dem Gericht gem. § 53 des Gesetzes Åber das Zentral-<br />

1 Bei jedweder Anmeldung, die erstmals nach dem 1.11.2008 erfolgt, ist die inlåndische<br />

Geschåftsanschrift an<strong>zu</strong>melden und im Handelsregister ein<strong>zu</strong>tragen, vgl. § 106 Abs. 2<br />

Nr. 2 HGB. Das OLG MÅnchen (v. 28.1.2009 – 31 Wx 5/09, NZG 2009, 304) ist allerdings<br />

der Auffassung, dass Gesellschaften, die bereits vor dem 1.11.2008 im Handelsregister<br />

eingetragen waren, ihre Geschåftsanschrift bereits gem. § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV<br />

mitgeteilt hatten und deren Anschrift sich seither auch nicht geåndert hat, von dieser Anmeldepflicht<br />

nicht erfasst sind. Solche Gesellschaften kÇnnten daher auch nach dem<br />

1.11.2008 Handelsregisteranmeldungen vornehmen ohne der Pflicht <strong>zu</strong> unterliegen,<br />

gleichzeitig auch die inlåndische Geschåftsanschrift mit anmelden <strong>zu</strong> mÅssen. § 3 Abs. 1<br />

Satz 2 EGGmbHG konstituiere keine Anmeldepflicht, sondern setze sie voraus. Um<br />

aber ZwischenverfÅgungen <strong>zu</strong> vermeiden, empfiehlt es sich gleichwohl, diese Frage entweder<br />

vorab mit dem <strong>zu</strong>ståndigen Handelsregister ab<strong>zu</strong>klåren oder aber die inlåndische<br />

Geschåftsanschrift rein vorsichtshalber mit an<strong>zu</strong>melden (<strong>zu</strong>st. Blasche/von RÅden,<br />

GmbHR 2009, 381 [382] sowie Wicke, NZG 2009, 296). Zulåssig ist es auch, eine sog.<br />

„c/o-Adresse“ an<strong>zu</strong>melden, so OLG Naumburg v. 8.5.2009 – 5 Wx 4/09, GmbHR<br />

2009, 832; <strong>zu</strong>r Anmeldepflicht fÅr die inlåndische Geschåftsanschrift vgl. auch LG Gera<br />

v. 26.11.2008 – 2 HK T 58/08, NotBZ 2009, 144.<br />

Jedwede Ønderung der inlåndischen Geschåftsanschrift ist Åber den Notar <strong>zu</strong>r Eintragung<br />

in das Handelsregister an<strong>zu</strong>melden. Dies gilt fÅr alle inlåndischen Gesellschaften<br />

und fÅr Zweigniederlassungen auslåndischer Gesellschaften gleichermaßen.<br />

2 Vgl. § 197 Satz 1 UmwG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 GmbHG.<br />

V 442 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – HRA M 123<br />

register und das Erziehungsregister und die Strafbarkeit einer falschen Versicherung<br />

(§§ 82, 8 Abs. 2 GmbHG), versichern wir:<br />

1. Es liegen keine Umstånde vor, aufgrund derer wir als GeschåftsfÅhrer nach<br />

§ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG von dem Amt als GeschåftsfÅhrer ausgeschlossen<br />

wåren:<br />

a) Wir stehen nicht unter Betreuung und unterliegen bei der Besorgung unserer<br />

VermÇgensangelegenheiten weder ganz noch teilweise einem<br />

Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB).<br />

b) Uns ist weder durch gerichtliches Urteil noch durch vollziehbare Entscheidung<br />

einer VerwaltungsbehÇrde die AusÅbung eines Berufes, Berufszweiges,<br />

Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt, sofern der Unternehmensgegenstand<br />

ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des<br />

Verbots Åbereinstimmt.<br />

c) Es erfolgte keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsåtzlich begangener,<br />

nachfolgend aufgefÅhrter Straftaten:<br />

aa) wegen des Unterlassens der Stellung des Antrags auf ErÇffnung<br />

des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),<br />

bb) wegen Insolvenzstraftaten nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs<br />

(Bankrott, besonders schwerer Fall des Bankrotts, Verlet<strong>zu</strong>ng<br />

der BuchfÅhrungspflicht, GlåubigerbegÅnstigung, SchuldnerbegÅnstigung),<br />

cc) wegen falscher Angaben nach § 82 GmbHG oder § 399 AktG,<br />

dd) wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313<br />

UmwG oder § 17 PublG<br />

ee) wegen VermÇgensdelikten gem. §§ 263 bis 264a (Betrug, Computerbetrug,<br />

Subventionsbetrug, Kapitalanlagebetrug) oder den<br />

§§ 265b bis 266a (Kreditbetrug, Untreue, Vorenthalten und Veruntreuen<br />

von Arbeitsentgelt) des Strafgesetzbuches <strong>zu</strong> mindestens<br />

einem Jahr Freiheitsstrafe.<br />

d) Uns ist bekannt, dass dieser Ausschluss fÅr die Dauer von fÅnf Jahren<br />

seit der Rechtskraft des Urteils gilt, wobei die Zeit nicht eingerechnet<br />

wird, in welcher wir auf behÇrdliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt<br />

worden sind.<br />

e) DarÅber hinaus sind wir auch im Ausland nicht wegen einer Tat verurteilt<br />

worden, die mit den vorgenannten Taten vergleichbar ist.<br />

2. Wir sind von dem beglaubigenden Notar Åber unsere unbeschrånkte Auskunftspflicht<br />

gegenÅber dem Registergericht belehrt worden.<br />

Wir bevollmåchtigen den Notar . . . sowie die Notariatsangestellten . . . und . . .,<br />

alle ansåssig . . ., alle Anmeldungen <strong>zu</strong>m Handelsregister vor<strong>zu</strong>nehmen, auch<br />

etwaige Ønderungen des Gesellschaftsvertrages, die im Zuge der Eintragung<br />

der hier angemeldeten und aus den dieser Anmeldung beigefÅgten Unterlagen<br />

ersichtlichen Tatsachen in das Handelsregister erforderlich oder zweckmåßig<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 443


M 123 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

sind. Die Vollmacht ist jederzeit widerruflich. Jeder Bevollmåchtigte darf allein<br />

handeln. Dem Handelsregister gegenÅber ist die Vollmacht unbeschrånkt.<br />

...,...<br />

(Ort) (Datum)<br />

...<br />

(Unterschriften1 aller GeschåftsfÅhrer)<br />

1 Aufgrund des Gesetzes Åber das elektronische Handelsregister (EHUG, BGBl. I 2006,<br />

2553) ist seit dem 1.1.2007 das Erfordernis der Namenszeichnung entfallen.<br />

V 444 | Heckschen


Formwechsel OHG in GmbH – Gesellschafterliste M 124<br />

der Firma<br />

. . . GmbH<br />

mit Sitz in . . . 1<br />

Liste der Gesellschafter<br />

mit den Betrågen der Åbernommenen Geschåftsanteile<br />

Nr. des Gesellschaftsanteils<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Stammkapital<br />

(= Euro)<br />

...,...<br />

(Ort) (Datum)<br />

Vor- und<br />

Nachname/<br />

Firma des<br />

Gesellschafters<br />

Geburtsdatum<br />

...<br />

Unterschriften aller GeschåftsfÅhrer 2<br />

Wohnort/<br />

Sitz des<br />

Gesellschafters<br />

Nennbetrag<br />

des<br />

Geschåftsanteils<br />

in C<br />

Verånderungen<br />

1 Vgl. § 197 Satz 1 UmwG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3, § 40 Abs. 1 GmbHG. Die Liste ist hier<br />

bereits mit Anmeldung des Formwechsels gem. § 40 Abs. 2 GmbHG ein<strong>zu</strong>reichen, da<br />

die GrÅndungsvorschriften entsprechend gelten.<br />

2 Die Liste ist von den Anmeldenden <strong>zu</strong> unterschreiben (§ 197 Satz 1 UmwG i.V.m. §§ 8<br />

Abs. 1 Nr. 3, 40 Abs. 1 GmbHG). Die Anmeldung hat durch alle GeschåftsfÅhrer der<br />

GmbH <strong>zu</strong> erfolgen (§ 222 Abs. 1 UmwG).<br />

PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 445<br />

M 124


M 125 V. Teil Vertråge und Formulare<br />

M 125 SachgrÅndungsbericht 1<br />

Die unterzeichnenden Gesellschafter der GmbH in Firma . . . mit Sitz in . . . erstatten<br />

hiermit folgenden SachgrÅndungsbericht:<br />

Die vorbezeichnete Gesellschaft mit beschrånkter Haftung wurde mit notarieller<br />

Urkunde vom . . . (URNr. . . ./20. . . des Notars . . .) gegrÅndet. Die Anmeldung<br />

der GmbH <strong>zu</strong>m Handelsregister erfolgte am . . .<br />

Das Stammkapital in HÇhe von . . . Euro ist durch die Gesellschafter . . . und . . .<br />

durch Einbringung von . . . (Beschreibung der Sacheinlage)<br />

ggf. entsprechend beigefÅgtem Wertgutachten<br />

in voller HÇhe erbracht und vollståndig auf die GmbH Åbertragen und befindet<br />

sich <strong>zu</strong>r endgÅltigen, uneingeschrånkten und freien VerfÅgung des GeschåftsfÅhrers.<br />

Ggf. Die Darlegungen des Gutachtens macht sich der Gesellschafter <strong>zu</strong> eigen.<br />

Im Einzelnen:<br />

Aus der Einbringungsbilanz <strong>zu</strong>m . . . und der dieser Bilanz <strong>zu</strong>grundegelegten<br />

VermÇgensÅbersicht ergibt sich die Angemessenheit der Leistung. Die Sacheinlage<br />

ist somit voll werthaltig. Die Jahresergebnisse der OHG fÅr die letzten<br />

beiden Geschåftsjahre betrugen je . . . Euro.<br />

Der GeschåftsfÅhrer hat hinsichtlich der Erbringung der Einlageverpflichtungen<br />

die nach § 8 Abs. 2 GmbHG vorgeschriebenen Versicherungen geleistet.<br />

Bis <strong>zu</strong>m heutigen Tag sind in der VermÇgenslage der Gesellschaft keine Verschlechterungen<br />

eingetreten, die da<strong>zu</strong> fÅhren wÅrden, dass das Stammkapital<br />

nicht mehr in voller HÇhe <strong>zu</strong>r VerfÅgung steht. Bei der GrÅndung wurden keine<br />

Geschåftsanteile fÅr Rechnung des GeschåftsfÅhrers Åbernommen. Der GeschåftsfÅhrer<br />

hat sich weiterhin keine besonderen Vorteile und keine Entschådigung<br />

oder Belohnung fÅr die GrÅndung oder ihre Vorbereitung ausbedungen.<br />

Die Gesellschaft hat den GrÅndungsaufwand bis <strong>zu</strong>r HÇhe von . . . Euro Åbernommen.<br />

...,...<br />

(Ort) (Datum)<br />

...<br />

(Unterschriften aller Gesellschafter)<br />

Muster M 126–130 frei<br />

1 Beim Formwechsel einer Personengesellschaft in eine GmbH ist nach § 197 Satz 1<br />

UmwG i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 GmbHG von den Gesellschaftern der formwechselnden<br />

Personengesellschaft ein schriftlicher SachgrÅndungsbericht <strong>zu</strong> erstellen (§ 8 Abs. 1<br />

Nr. 4 GmbHG).<br />

V 446–488 | Heckschen

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