Leseprobe zu Westermann, Handbuch Personengesellschaften
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<strong>Westermann</strong><br />
<strong>Handbuch</strong> <strong>Personengesellschaften</strong>, Grundwerk <strong>zu</strong>r Fortset<strong>zu</strong>ng<br />
Gesellschaftsrecht - Steuerrecht - Sozialversicherungsrecht - Verträge und<br />
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ISBN 978-3-504-33152-8<br />
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§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG<br />
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG<br />
I. Ûberblick Åber die gesetzlichen<br />
Regelungen ........... 881<br />
1. Der Grundsatz der akzessorischen<br />
Haftung der Gesellschafter<br />
nach § 128 HGB ..... 881<br />
2. Ûberblick Åber die persÇnliche<br />
Haftung in der GbR –<br />
Grundsåtze ...................... 882<br />
3. Gesellschafterhaftung bei<br />
GbR-Fondsgesellschaften ..... 884<br />
a) Problemstellung ............ 884<br />
b) Beitrittsvertråge vor dem<br />
29.1.2001 .................... 885<br />
c) Beitrittsvertråge nach dem<br />
29.1.2001 .................... 886<br />
d) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
......................... 887<br />
e) Quotale Haftung kraft<br />
Parteivereinbarung ......... 887a<br />
4. Ûberblick Åber die Haftung<br />
in der KG........................ 888<br />
5. Die persÇnliche Haftung in<br />
der Partnerschaftsgesellschaft. 889<br />
II. Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der<br />
persÇnlichen Haftung ....... 890<br />
1. Vorliegen einer Personengesellschaft<br />
– Fehlerhafte Gesellschaft<br />
und Scheingesellschaft<br />
............................. 890<br />
2. Gesellschafterstellung ......... 892<br />
a) Maßgeblicher Zeitpunkt .. 892<br />
b) Scheingesellschafter ........ 893<br />
c) Treugeber-„Gesellschafter“<br />
........................... 894<br />
3. Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />
............................. 895<br />
a) Rechtsgeschåftliche Verbindlichkeiten<br />
............... 895<br />
b) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
......................... 896<br />
c) SozialansprÅche und<br />
DrittglåubigeransprÅche<br />
eines Gesellschafters ....... 897<br />
III. Der Inhalt der Haftung ..... 901<br />
Rz. I Rz. I<br />
1. Unmittelbare Haftung der<br />
Gesellschafter – keine Subsidiaritåt<br />
.......................... 901<br />
2. Haftungstheorie und ErfÅllungstheorie<br />
..................... 903<br />
3. GeschåftsfÅhrungshandlungen<br />
der vertretungsberechtigten<br />
Gesellschafter .............. 906<br />
4. Geldschulden und Ver<strong>zu</strong>gsfolgen<br />
............................. 907<br />
5. Vertretbare Handlungen –<br />
insbesondere GewåhrleistungsansprÅche<br />
................. 908<br />
a) Grundsåtze .................. 908<br />
b) Vollstreckung nach § 887<br />
ZPO und Umwandlung in<br />
Schadensersatzanspruch .. 910<br />
6. AnsprÅche auf Vornahme unvertretbarer<br />
Handlungen ...... 912<br />
7. AnsprÅche auf Abgabe einer<br />
Willenserklårung ................ 914<br />
8. AnsprÅche auf Duldung und<br />
Unterlassung – insbesondere<br />
Wettbewerbsverbote ........... 915<br />
a) Grundsåtze .................. 915<br />
b) Umgehung durch GrÅndung<br />
einer personengleichen<br />
Gesellschaft ........... 916<br />
IV. Die Haftung des eintretenden<br />
Gesellschafters nach<br />
§ 130 HGB ..................... 917<br />
1. Anwendbarkeit des § 130<br />
HGB auf Partnerschaftsgesellschaft<br />
und GbR .......... 917<br />
2. Eintritt i.S. des § 130 HGB ... 918<br />
3. Rechtsfolgen und abweichende<br />
Vereinbarungen ............. 919<br />
V. Haftungsbeschrånkung bei<br />
der Partnerschaftsgesellschaft<br />
gemåß § 8 Abs. 2<br />
PartGG .......................... 920<br />
1. Allgemeines – vertragliche<br />
und gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
............................. 920<br />
2. Befassung mit der Bearbeitung<br />
eines Auftrages ........... 921<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 671
I 672 | Wertenbruch<br />
I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Rz. Ia<br />
Rz. Ia<br />
a<br />
3. Fehlerhafter Beitritt und Haf-<br />
a<br />
3. Fristbeginn ...................... 940<br />
tung des „Scheinpartners“ .... 922 a) Grundsåtze .................. 940<br />
4. Tåtigkeiten von untergeordneter<br />
Bedeutung ................ 923<br />
b) Fristbeginn bei Ausscheiden<br />
aus einer GbR ......... 941<br />
5. HaftungshÇchstgrenze des<br />
§ 8 Abs. 3 PartGG .............<br />
VI. Haftung des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters ..........<br />
1. Grundsatz der fortbestehenden<br />
Haftung .....................<br />
2. Sonderfålle des Ausscheidens<br />
aus der Gesellschaft ............<br />
3. PersÇnliche Haftung nach<br />
Formwechsel oder AuflÇsung/Vollbeendigung<br />
der<br />
Gesellschaft .....................<br />
4. BegrÅndung der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
vor<br />
dem Ausscheiden ...............<br />
a) Entstehung der Rechtsgrundlage<br />
....................<br />
b) Vertragliche AnsprÅche –<br />
insbesondere Dauerschuldverhåltnisse<br />
..........<br />
c) Besonderheiten der Haftung<br />
bei Bankverbindlichkeiten/Kontokorrentkonten<br />
............................<br />
d) Vertragliche Verånderungen<br />
der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
..................<br />
e) Ausscheiden des Gesellschafters<br />
nach Abschluss<br />
von Rahmenvertrågen und<br />
Vorvertrågen ................<br />
f) Haftung des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters fÅr<br />
gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
............................<br />
VII. Die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung<br />
nach § 160 HGB,<br />
§ 10 Abs. 2 PartGG und<br />
§ 736 Abs. 2 BGB .............<br />
1. Geltungsbereich des § 160<br />
HGB .............................<br />
2. Die Enthaftungsvorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
des § 160 Abs. 1<br />
Satz 1 HGB .....................<br />
924<br />
925<br />
925<br />
926<br />
927<br />
929<br />
929<br />
930<br />
933<br />
934<br />
935<br />
936<br />
937<br />
937<br />
938<br />
4. Wechsel des Komplementårs<br />
in die Kommanditistenstellung<br />
...............................<br />
5. Abweichende Vereinbarungen<br />
6. Verjåhrung der persÇnlichen<br />
Haftung aus § 128 HGB bei<br />
AuflÇsung der Gesellschaft<br />
(§ 159 HGB) ....................<br />
a) Regelungsinhalt – entsprechende<br />
Anwendung auf<br />
GbR und Partnerschaftsgesellschaft<br />
..................<br />
b) Geltung nur fÅr AnsprÅche<br />
aus § 128 HGB –<br />
BÅrgschaft ...................<br />
c) Rechtskråftige Urteile .....<br />
d) Verjåhrungsfrist ............<br />
e) Regelmåßiger Beginn der<br />
Verjåhrung ..................<br />
f) Beginn der Verjåhrung bei<br />
spåterer Fålligkeit (§ 159<br />
Abs. 3 HGB) ................<br />
g) Wirkung des Neubeginns<br />
(§ 212 BGB) und der<br />
Hemmung (§ 204 BGB)<br />
der Verjåhrung ..............<br />
VIII. Die prozessuale Geltendmachung<br />
der persÇnlichen<br />
Gesellschafterhaftung .......<br />
1. Gemeinsame Klage gegen<br />
Gesellschaft und Gesellschafter<br />
(Gesellschafts- und Gesellschafterprozess)<br />
............<br />
a) Einfache Streitgenossenschaft<br />
.........................<br />
b) Ûbergang vom Gesellschaftsprozess<br />
<strong>zu</strong>m Gesellschafterprozess<br />
und<br />
umgekehrt ...................<br />
2. Tenorierung bei Verurteilung<br />
von Gesellschaft und Gesellschafter<br />
...........................<br />
3. Urkunden- und Wechselprozess<br />
gegen den Gesellschafter<br />
942<br />
943<br />
944<br />
944<br />
945<br />
946<br />
947<br />
948<br />
949<br />
950<br />
951<br />
951<br />
951<br />
952<br />
953<br />
954
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG<br />
Rz. Ia<br />
Rz. Ia<br />
a<br />
4. Erstreckung von Schieds-<br />
a<br />
5. Geltung der Regelung § 129<br />
gerichts- und Gerichtsstandsvereinbarungen<br />
der Gesell-<br />
HGB fÅr die GbR und die<br />
Partnerschaftsgesellschaft ..... 970<br />
IX.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
schaft auf Gesellschafter ......<br />
a) Schiedsgerichtsvereinbarungen.....................<br />
b) Gerichtsstandsvereinbarungen.....................<br />
Die persÇnliche Haftung<br />
bei Insolvenz der Gesellschaft<br />
– BÅrgenhaftung .....<br />
Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters<br />
nach § 93<br />
InsO ..............................<br />
a) Grundsåtze ..................<br />
b) Beschrånkung des § 93<br />
InsO auf Altverbindlichkeiten<br />
.........................<br />
Auswirkungen eines Insolvenzplans<br />
(§§ 217 ff. InsO) ...<br />
Zahlung des Gesellschafters<br />
955<br />
955<br />
956<br />
957<br />
957<br />
957<br />
959<br />
960<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
Rechtskråftige Urteile und<br />
sonstige rechtskraftfåhige<br />
Vollstreckungstitel ..............<br />
Einwendungen i.S. des § 129<br />
Abs. 1 HGB .....................<br />
Neue Einwendungen der Gesellschaft<br />
nach rechtskråftiger<br />
Verurteilung .....................<br />
Gestaltungsrechte – insbesondere<br />
Anfechtung und<br />
Aufrechnung ....................<br />
a) Allgemeine Grundsåtze ...<br />
b) Einrede der Anfechtbarkeit<br />
(§ 129 Abs. 2 HGB) ..<br />
c) Einrede der Aufrechenbarkeit<br />
(§ 129 Abs. 3<br />
HGB) ........................<br />
971<br />
972<br />
973<br />
974<br />
974<br />
976<br />
977<br />
an den Gesellschaftsglåubiger<br />
nach ErÇffnung des Insol-<br />
10. PersÇnliche Einwendungen<br />
des Gesellschafters ............. 978<br />
4.<br />
5.<br />
X.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
venzverfahrens ..................<br />
PersÇnliche Haftung bei Insolvenz<br />
des Gesellschafters ...<br />
Die BÅrgenhaftung des Gesellschafters<br />
aus § 765 BGB<br />
in Konkurrenz <strong>zu</strong> § 128<br />
HGB .............................<br />
Einwendungen des Gesellschafters<br />
........................<br />
Die Rechtskraftwirkung des<br />
§ 129Abs. 1 HGB .............<br />
Keine Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong><br />
Lasten ausgeschiedener Gesellschafter<br />
.......................<br />
Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten<br />
von Kommanditisten und bei<br />
Wechsel in die Kommanditis-<br />
961<br />
962<br />
963<br />
966<br />
966<br />
967<br />
11.<br />
XI.<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
Das Vollstreckungsverbot des<br />
§ 129Abs. 4 HGB .............<br />
RegressansprÅche des persÇnlich<br />
haftenden Gesellschafters<br />
........................<br />
AnsprÅche gegen die Gesellschaft<br />
(§ 110 HGB) ............<br />
Kein Gesamtschuldverhåltnis<br />
zwischen Gesellschaft und<br />
Gesellschaftern .................<br />
RegressansprÅche gegen Mitgesellschafter<br />
(§ 426 BGB) ...<br />
Der Freistellungsanspruch im<br />
Gesamtschuldverhåltnis .......<br />
Der Regress des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters .........<br />
979<br />
980<br />
980<br />
981<br />
982<br />
983<br />
984<br />
4.<br />
tenstellung .......................<br />
Hemmung und Neubeginn<br />
968 6. Inanspruchnahme der Mitgesellschafter<br />
bei sog. Dritt-<br />
der Verjåhrung .................. 969 glåubigeransprÅchen ........... 985<br />
Schrifttum: Altmeppen, Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft fÅr Delikte,<br />
NJW 1996, 1017; Altmeppen, Zur Enthaftung des ausscheidenden Personengesellschafters,<br />
NJW 2000, 2529; Altmeppen, Deliktshaftung in der Personengesellschaft, NJW 2003, 1553;<br />
Armbruster, Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personengesellschaft,<br />
1996; Brandes, Verjåhrung von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld im Recht der<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 673
881<br />
Rz. I 881 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Personenhandelsgesellschaften, Festschrift Stimpel, 1985, S. 105; BÅrck, § 15 III HGB und<br />
die Grundsåtze der Haftung von fehlerhaften und entstehenden <strong>Personengesellschaften</strong> gegenÅber<br />
Dritten, AcP 171 (1971), 328; R. Fischer, Die Haftung des Gesellschafters fÅr Schulden<br />
der OHG, 1936; Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung,<br />
1887; Grunewald, Anwaltshaftung bei gemeinschaftlicher BerufsausÅbung, ZAP Fach 23,<br />
S. 551; Grunewald, Scheinsozietåten als besondere Form der Scheingesellschaft, Festschrift<br />
P. Ulmer, 2003, S. 141; Hadding, Inhalt und Verjåhrung der Haftung des Gesellschafters einer<br />
OHG oder KG, ZGR 1981, 577; Henssler, Die Haftung der Partnerschaft und ihrer Gesellschafter,<br />
Festschrift Vieregge, 1995, S. 361; Henssler, Der Gesetzesentwurf <strong>zu</strong>r Regelung der<br />
Rechtsanwalts-GmbH, ZIP 1997, 1481; Heyn, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />
aus Dauerschuldverhåltnissen, NJW 1959, 923; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft,<br />
2. Aufl. 1951; 4. Aufl. 1971; Hunke, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters,<br />
1987; John, Die organisierte Rechtsperson, 1977; KnÇringer, Die Eintrittshaftung<br />
von Scheingesellschaftern einer Anwalts-GbR, AnwBl 2002, 681; Leverenz, Enthålt § 160<br />
HGB dispositives Recht?, ZHR 160 (1996), 75; Lux, Rechtsscheinhaftung des Scheinsozius<br />
auch fÅr nicht anwaltstypische Tåtigkeiten, NJW 2008, 2309; MÅller-Erzbach, Handelsrecht,<br />
2./3. Aufl. 1928; Reiff, Die unbeschrånkte Gesellschafterhaftung in der (Außen-)Gesellschaft<br />
bÅrgerlichen Rechts und ihre Ausnahmen, ZGR 2003, 551; Sandberger, Die handelsrechtliche<br />
Register-Rechtsscheinhaftung nach der Neufassung des § 15 HGB, JA 1973, 215; Schåfer,<br />
Scheinsozietåt und Scheinsozius, DStR 2003, 1078; Schiemann, Haftungsprobleme bei der<br />
Treuhand an Gesellschaftsanteilen, Festschrift ZÇllner, 1999, S. 103; K. Schmidt, Haftung der<br />
BGB-Gesellschafter gegenÅber einem Gesellschafts-Glåubiger, JuS 1983, 307; K. Schmidt,<br />
Die BGB-Außengesellschaft – rechts- und parteifåhig, NJW 2001, 993; Seibert, Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetz<br />
– Haftungsklarheit fÅr den Mittelstand, DB 1994, 461; Seibert, Aktuelle<br />
Ønderungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes – Neue Haftungsregelung fÅr Freiberufler,<br />
BRAK-Mitteilungen 1998, S. 210; Tebben, Die qualifizierte Treuhand im Personengesellschaftsrecht,<br />
ZGR 2001, 586; Ulmer, Die hÇchstrichterlich „entråtselte“ Gesellschaft<br />
bÅrgerlichen Rechts, ZIP 2001, 585; Walter, Haftung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft<br />
fÅr Drittglåubigerforderungen eines Mitgesellschafters, JZ 1983, 260; Wertenbruch,<br />
Zur Anwendung des § 326 BGB auf Beitragsvereinbarungen innerhalb einer Personengesellschaft,<br />
NZG 2001, 306; Wertenbruch, Die Parteifåhigkeit der GbR – die Ønderungen fÅr die<br />
Gerichts- und Vollstreckungspraxis, NJW 2002, 324; Wertenbruch, Die Pfåndung von „Åberziehbaren“<br />
Gesellschafterkonten und Entnahmerechten bei der Personengesellschaft, Festschrift<br />
Gerhardt, 2004, S. 1077; Wertenbruch, Die Rechtsprechung <strong>zu</strong>m Personengesellschaftsrecht<br />
in den Jahren 2003 bis 2005, NZG 2006, 408; <strong>Westermann</strong>, Erste Folgerungen aus der<br />
Anerkennung der Rechtsfåhigkeit der BGB-Gesellschaft, NZG 2001, 289.<br />
I. Ûberblick Åber die gesetzlichen Regelungen<br />
1. Der Grundsatz der akzessorischen Haftung der Gesellschafter nach<br />
§ 128 HGB<br />
Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter der OHG fÅr Verbindlichkeiten der<br />
Gesellschaft als Gesamtschuldner persÇnlich. Da diese persÇnliche Haftung<br />
das Bestehen einer Gesellschaftsschuld voraussetzt, handelt es sich um eine akzessorische<br />
Haftung („Akzessorietåtstheorie“). Die persÇnliche Haftung der Gesell-<br />
I 674 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 882<br />
schafter ist damit in gleicher Weise von der Gesellschaftsverbindlichkeit abhångig<br />
wie im Sachenrecht die Vormerkung und die Hypothek von den <strong>zu</strong> sichernden<br />
schuldrechtlichen Forderungen. Die persÇnliche Haftung eines OHG-Gesellschafters<br />
setzt daher, wenn eine besondere persÇnliche Verpflichtungserklårung<br />
nicht vorliegt, zwingend das Bestehen einer Gesellschaftsverbindlichkeit voraus.<br />
Auch dieser materiell-rechtliche Haftungs<strong>zu</strong>sammenhang spricht fÅr die Empfehlung,<br />
die persÇnlich haftenden Gesellschafter immer <strong>zu</strong>sammen mit der<br />
OHG <strong>zu</strong> verklagen (vgl. Rz. I 867). Der Grundsatz der akzessorischen Haftung<br />
unterscheidet die Personengesellschaft als Gesamthandsgesellschaft wesentlich<br />
von der Kapitalgesellschaft, bei der die Gesellschafter im Falle einer ordnungsgemåßen<br />
GrÅndung und Einlageerbringung nicht persÇnlich haften. Bei den Kapitalgesellschaften<br />
muss dagegen ein Mindestkapital aufgebracht werden, das<br />
durch besondere Kapitalerhaltungsregelungen geschÅtzt wird. Bei der OHG und<br />
auch bei den anderen <strong>Personengesellschaften</strong> (<strong>zu</strong>r GbR vgl. Rz. I 813 f. und <strong>zu</strong>r<br />
KG vgl. Rz. I 2801 f.) ist daher die persÇnliche akzessorische Haftung gemåß<br />
§ 128 HGB der Preis fÅr die fehlende Verpflichtung <strong>zu</strong>r Aufbringung eines<br />
Mindestkapitals. Die Personengesellschaft kann so<strong>zu</strong>sagen bei „Null“ beginnen;<br />
das wahre Kapital der Gesellschaft und damit auch ihr Kredit hångt von der<br />
Bonitåt der persÇnlich haftenden Gesellschafter ab.<br />
2. Ûberblick Åber die persÇnliche Haftung in der GbR – Grundsåtze<br />
Mit der Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR im Grundsat<strong>zu</strong>rteil<br />
vom 29.1.2001 1 hat der BGH <strong>zu</strong>gleich unter Aufgabe der sog. Doppelverpflichtungstheorie<br />
2 eine akzessorische Haftung der GbR-Gesellschafter analog<br />
§ 128 HGB angeordnet. 3 Bereits in BGHZ 142, 315 4 hatte der BGH festgestellt,<br />
dass bei der Personengesellschaft die Gesellschafter grundsåtzlich persÇnlich<br />
haften. Dieser Entscheidung ließ sich aber noch kein klares Bekenntnis<br />
<strong>zu</strong>r akzessorischen Haftung entnehmen. Die vom BGH aufgegebene Doppelverpflichtungstheorie<br />
konnte insbesondere im Hinblick auf die Haftung fÅr gesetzliche<br />
Verbindlichkeiten nicht Åberzeugen. Hin<strong>zu</strong> kam das Problem der Haftungsbegren<strong>zu</strong>ng<br />
durch Beschrånkung der Vertretungsmacht der Gesellschafter. Der<br />
1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 m. Bespr.<br />
K. Schmidt, NJW 2001, 993 = NZG 2001, 311 m. Bespr. <strong>Westermann</strong>, NZG 2001, 289 =<br />
ZIP 2001, 330 m. Bespr. Ulmer, ZIP 2001, 585; vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NJW 2002,<br />
324 ff.<br />
2 Vgl. da<strong>zu</strong> BGH v. 30.4.1979 – II ZR 137/78, BGHZ 74, 240 (242) = NJW 1979, 1821;<br />
BGH v. 15.12.1980 – II ZR 52/80, BGHZ 79, 374 (379) = NJW 1981, 1213; kritisch<br />
gegenÅber der Doppelverpflichtungstheorie schon vor der Aufgabe durch den BGH Flume,<br />
Die Personengesellschaft, 1977, S. 326 f.; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften,<br />
2000, S. 178 ff.<br />
3 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (345) = ZIP 2001, 330 (336).<br />
4 BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 (319) = NJW 1999, 3483 (3484).<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 675<br />
882
883<br />
Rz. I 882 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
BGH musste hier vor Aufgabe der Doppelverpflichtungstheorie immer mehr <strong>zu</strong><br />
einer Rechtsscheinhaftung der Gesellschafter Åbergehen, soweit die Gesellschaftsglåubiger<br />
die Beschrånkung der Vertretungsmacht nicht erkennen konnten.<br />
1 Aufgrund der analogen Anwendung des § 128 HGB auf die GbR setzt die<br />
persÇnliche Verpflichtung der GbR-Gesellschafter keine rechtsgeschåftliche Mitverpflichtung<br />
mehr voraus. Allein entscheidend ist hierfÅr das Bestehen einer Gesellschaftsschuld.<br />
Die vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten damit nur<br />
die GbR als solche, nicht aber die einzelnen Gesellschafter.<br />
Mit der analogen Anwendung des § 128 HGB auf die GbR steht ebenfalls fest,<br />
dass auch § 129 HGB in Be<strong>zu</strong>g auf Einwendungen und Fragen des Verhåltnisses<br />
zwischen Gesellschaftsschuld und persÇnlicher Haftung auf die GbR entsprechend<br />
anwendbar ist (<strong>zu</strong> den Einzelfragen des § 129 HGB vgl. Rz. I 966 ff.). Die<br />
Vorschrift des § 129 HGB regelt insoweit letztlich nur Grundsåtze, die sich bereits<br />
aus dem Prinzip der akzessorischen Haftung bei der Gesamthandsgesellschaft ergeben.<br />
Im Anschluss an die Entscheidung Åber die analoge Anwendbarkeit des<br />
§ 128 HGB auf die GbR hat der BGH auch die Regelung des § 130 HGB fÅr entsprechend<br />
anwendbar erklårt. 2 Auch neu in die GbR eintretende Gesellschafter<br />
haften somit akzessorisch fÅr die schon vor dem Eintritt begrÅndeten Gesellschaftsverbindlichkeiten.<br />
Anders als die Regelung des § 128 HGB soll § 130 HGB<br />
aus GrÅnden des Vertrauensschutzes aber grundsåtzlich erst bei einem Eintritt ab<br />
Bekanntwerden der <strong>zu</strong> § 130 HGB ergangenen BGH-Entscheidung v. 7.4.2003<br />
Anwendung finden. Der BGH 3 hat dies inzwischen indes dahingehend konkretisiert,<br />
dass bei fehlender SchutzbedÅrftigkeit des eintretenden Gesellschafters in<br />
Be<strong>zu</strong>g auf alte Schulden der GbR die Regelung des § 130 HGB auch schon vor<br />
Erlass dieser BGH-Entscheidung anwendbar sein kann (<strong>zu</strong> den Einzelheiten vgl.<br />
Rz. I 917 ff. sowie ferner Rz. I 814). Auch fÅr die prozessualen Fragen der<br />
Durchset<strong>zu</strong>ng der persÇnlichen Haftung gelten im Wesentlichen die fÅr die OHG<br />
und KG entwickelten Grundsåtze (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 951 ff. sowie Rz. I 821 ff.).<br />
1 BGH v. 10.5.1971 – II ZR 177/68, NJW 1971, 1698; BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 2/84,<br />
NJW 1985, 619; BGH v. 12.3.1990 – II ZR 312/88, NJW-RR 1990, 867; kritisch da<strong>zu</strong><br />
Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 178 ff.<br />
2 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (372 ff.) = ZIP 2003, 899 (901 f.);<br />
BGH v. 12.12.2005 – II ZR 283/03, ZIP 2006, 82 (84) = NJW 2006, 765 (766); vgl. da<strong>zu</strong><br />
auch Wertenbruch, NZG 2006, 408 (416).<br />
3 BGH v. 12.12.2005 – II ZR 283/03, ZIP 2006, 82 (84) = NJW 2006, 765 (766).<br />
I 676 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 885<br />
3. Gesellschafterhaftung bei GbR-Fondsgesellschaften<br />
a) Problemstellung<br />
Der Grundsatz der persÇnlichen Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft<br />
analog § 128 HGB1 galt nach bisheriger Ansicht des BGH2 bei geschlossenen<br />
Immobilienfonds in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft nur mit Einschrånkungen.<br />
3 Insoweit stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit durch die<br />
Anerkennung der Rechtsfåhigkeit der BGB-Gesellschaft und der akzessorischen<br />
Gesellschafterhaftung (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 813 f.) eine Haftungsprivilegierung gerechtfertigt<br />
ist. In dieser Hinsicht geht es auch um die Frage der Gleichbehandlung<br />
von vertraglichen und gesetzlichen Verbindlichkeiten.<br />
b) Beitrittsvertråge vor dem 29.1.2001<br />
Gesellschaftsvertråge geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer<br />
BGB-Gesellschaft enthielten vor dem Urteil des BGH v. 29.1.20014 <strong>zu</strong>r<br />
Rechts- und Parteifåhigkeit der BGB-Gesellschaft und <strong>zu</strong>r grundsåtzlich akzessorischen<br />
persÇnlichen Haftung ihrer Gesellschafter Haftungsbeschrånkungen,<br />
nach denen die Haftung der einzelnen Fondsgesellschafter entweder auf das GesellschaftsvermÇgen<br />
beschrånkt war oder die Gesellschafter nur quotal nach Maßgabe<br />
ihrer Gesellschaftsbeteiligung hafteten. 5 Nach dem BGH-Urteil v.<br />
12.5.19906 griff fÅr rechtsgeschåftlich begrÅndete Verbindlichkeiten eine<br />
Haftungsbeschrånkung dann ein, wenn diese fÅr die Vertragspartner der Gesellschaft<br />
<strong>zu</strong>mindest erkennbar war. Aus GrÅnden des Vertrauensschutzes geht der<br />
BGH davon aus, dass die Mitglieder eines GbR-Immobilienfonds sich auch weiterhin<br />
auf eine solche Haftungsbeschrånkung berufen kÇnnen, sofern sie<br />
vor dem 29.1.2001 die Beitrittsvereinbarung abgeschlossen haben. 7 885<br />
Die vor dem<br />
29.1.2001 beigetretenen Gesellschafter sind also nicht gezwungen, zwecks Vermeidung<br />
einer persÇnlichen Haftung ihre Beteiligung durch KÅndigung aus wichtigem<br />
Grund oder in sonstiger Weise auf<strong>zu</strong>geben. Auch eine AuflÇsung oder Umwandlung<br />
dieser GbR-Immobilienfonds ist nicht unbedingt notwendig, um eine<br />
Haftung fÅr rechtsgeschåftlich begrÅndete Verbindlichkeiten <strong>zu</strong> verhindern.<br />
1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358) = ZIP 2001, 330 (336).<br />
2 BGH v. 25.9.2006 – II ZR 218/05, ZIP 2006, 2128 (2129) = NJW 2006, 3716 (3717).<br />
3 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); BGH v.<br />
25.9.2006 – II ZR 218/05, ZIP 2006, 2128 (2129) = NJW 2006, 3716 (3717); BGH v.<br />
17.6.2008 – XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 (115) = ZIP 2008, 1317 (1319).<br />
4 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (343 ff.) = ZIP 2001, 330.<br />
5 Vgl. BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.).<br />
6 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 312/88, ZIP 1990, 715 f. = NJW-RR 1990, 867.<br />
7 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); BGH v.<br />
25.9.2006 – II ZR 218/05, ZIP 2006, 2128 (2129) = NJW 2006, 3116 (3117).<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 677<br />
884
886<br />
Rz. I 886 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
c) Beitrittsvereinbarung nach dem 29.1.2001<br />
Auch fÅr die nach dem 29.1.2001 abgeschlossenen Vertråge Åber den Beitritt <strong>zu</strong><br />
einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft<br />
ist keine Ausnahme von dem Grundsatz 1 an<strong>zu</strong>erkennen, dass die akzessorische<br />
persÇnliche Haftung der Gesellschafter nur durch Individualvereinbarung ausgeschlossen<br />
werden kann. 2 Die Fondsgesellschaft kann in den Gesellschaftsvertrag<br />
eine Regelung aufnehmen, nach der die Haftung auf das GesellschaftsvermÇgen<br />
beschrånkt ist oder die Gesellschafter nur quotal haften, und dann unter<br />
AnknÅpfung an die gesellschaftsvertragliche Grundlage in die mit Dritten <strong>zu</strong><br />
schließenden Vertråge eine entsprechende Klausel aufnehmen. 3 Der Erwerb einer<br />
solchen Fondsbeteiligung stellt bei typisierter Betrachtung eine reine Kapitalanlage<br />
dar. 4 Die persÇnliche Haftung fÅr das ganze Investitionsvolumen ist weder<br />
dem einzelnen Kapitalanleger <strong>zu</strong>mutbar noch kann sie vom Rechtsverkehr erwartet<br />
werden, so dass eine solche formularmåßige Abbedingung der unbeschrånkten<br />
gesamtschuldnerischen Haftung im Allgemeinen keinen Verstoß<br />
gegen § 307 BGB darstellt. 5<br />
d) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
Fraglich ist, ob bei der Fondsgesellschaft in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft<br />
die persÇnliche Haftung der Gesellschaft auch fÅr gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
auf das GesellschaftsvermÇgen beschrånkt werden kann. Die in<br />
BGHZ 150, 1 (4 ff.) anerkannte Haftungsbeschrånkung bezieht sich nur auf die<br />
„aus Rechtsgeschåften herrÅhrenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft“. 6 Die<br />
Problematik der Haftung fÅr gesetzliche Verbindlichkeiten erÇrtert der BGH hier<br />
nicht. In einer nachfolgenden Entscheidung låsst der BGH7 887<br />
diese grundsåtzliche<br />
Frage offen, weil sich der Ausschluss der persÇnlichen Haftung fÅr eine Bereicherungsverbindlichkeit<br />
(§ 812 BGB) der Gesellschaft aus § 242 BGB ergab; die persÇnliche<br />
Haftung håtte hier nåmlich gegen den Schutzzweck des Rechtsbera-<br />
1 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); MÅnch-<br />
Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 61, 64; Bayer, EWIR 2003,<br />
405; Casper, JZ 2002, 1112 (1113); Goette, DStR 2002, 818 (819); Wertenbruch, NZG 2006,<br />
408 (417); a.A. Reiff, ZGR 2003, 551 (564 f.).<br />
2 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 (911); BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />
ZIP 2011, 914 (915 f.).<br />
3 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852 f.); MÅnch-<br />
Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 61, 64; Casper, JZ 2002, 1112<br />
(1113); Goette, DStR 2002, 818 (819); Wertenbruch, NZG 2006, 408 (417); a.A. Reiff, ZGR<br />
2003, 551 (564 f.).<br />
4 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (852).<br />
5 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (6) = ZIP 2002, 851 (852 f.).<br />
6 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 (5) = ZIP 2002, 851 (853)<br />
7 BGH v. 17.6.2008 – XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 (117) = ZIP 2008, 1317 (1319).<br />
I 678 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 887a<br />
tungsgesetzes (RBerG) verstoßen. 1 Dies ist ab<strong>zu</strong>lehnen, weil bei der BGB-Gesellschaft<br />
der Grundsatz der akzessorischen Haftung gilt und eine Beschrånkung<br />
eine Vereinbarung mit dem Glåubiger erfordert. 2 In der Literatur wird – wie fÅr<br />
den nichtrechtsfåhigen Verein – eine Haftungsbeschrånkung bejaht. 3<br />
e) Quotale Haftung kraft Parteivereinbarung<br />
Die Gesellschaft kann mit den einzelnen Gesellschaftsglåubigern vereinbaren,<br />
dass die Gesellschafter nicht akzessorisch in voller HÇhe fÅr die betreffende Gesellschaftsschuld,<br />
sondern nur in HÇhe eines ihren Beteiligungsquoten entsprechenden<br />
Anteils haften. 4 Es stellt sich hier die Frage, ob Leistungen der Gesellschaft<br />
auf die Schuld des Glåubigers unmittelbar auch den ursprÅnglichen Haftungsanteil<br />
der quotal haftenden Gesellschafter mindern. Die große Bedeutung<br />
dieser Problematik zeigt sich insbesondere dann, wenn einige Gesellschafter insolvent<br />
sind. Eine unmittelbare Anrechnung auf die ursprÅnglichen persÇnlichen<br />
Haftungsanteile liefe auf eine Gesamtschuld zwischen der Gesellschaft und den<br />
einzelnen Gesellschaftern hinaus. Bei Verneinung einer unmittelbaren Anrechnung<br />
wÅrde der aktuelle Stand der Gesellschaftsschuld nur die Obergrenze fÅr die<br />
persÇnliche Inanspruchnahme eines Gesellschafters bilden, sofern die Gesellschaftsschuld<br />
durch Teilleistungen den ursprÅnglichen Haftungsanteil des betreffenden<br />
Gesellschafters unterschreitet. Ob eine Leistung der Gesellschaft oder<br />
eine Verwertung von bestellten Sicherheiten unmittelbar auf die Haftungsanteile<br />
der Gesellschafter angerechnet wird, ist eine Frage der Auslegung des zwischen<br />
der Gesellschaft und dem Glåubiger bestehenden Schuldverhåltnisses. 5 887a<br />
Bei Fehlen<br />
einer ausdrÅcklichen Anrechnungsvereinbarung und Anhaltspunkten, die eindeutig<br />
fÅr eine solche Anrechnung sprechen, ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass die per-<br />
1 BGH v. 17.6.2008 – XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 (117) = ZIP 2008, 1317 (1319);<br />
ebenso OLG Celle v. 17.5.2006 – 3 U 254/05, ZIP 2006, 2163, (2165 f.); OLG Stuttgart<br />
v. 13.12.2005 – 6 U 119/05, ZIP 2006, 2364 (2369). Im Fall des BGH war der zwischen<br />
dem beitretenden Fondsgesellschafter und einer Sparkasse geschlossene Darlehensvertrag<br />
wegen Verstoßes gegen RBerG nichtig. Die Sparkasse hatte die Darlehensvaluta direkt<br />
an die Fonds-GbR ausgezahlt. Eine Bejahung der persÇnlichen Haftung des Kapitalanlegers<br />
fÅr die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus § 812 BGB håtte da<strong>zu</strong> gefÅhrt,<br />
dass der Anleger wie bei Wirksamkeit des Darlehensvertrags gehaftet håtte.<br />
2 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 (911); BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />
ZIP 2011, 914 (915 f.).<br />
3 Vgl. auch MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 62 ff. (institutionelle<br />
Haftungsbeschrånkung); Staudinger/Habermeier, 13. Bearb. 2003, Vorbem. <strong>zu</strong><br />
§ 705 BGB Rz. 70, 31 ff.<br />
4 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />
ZIP 2011, 914 ff.<br />
5 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />
ZIP 2011, 914 ff.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 679
888<br />
Rz. I 887a I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
sÇnlichen Haftungsanteile durch Teilleistungen der Gesellschaft nicht gemindert<br />
werden. 1 Eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht.<br />
2 Der Haftungsanteil des einzelnen Gesellschafters wird auch dann nicht<br />
durch Teilleistungen der Gesellschaft vermindert, wenn der Glåubiger mit anderen<br />
Gesellschaftern im Rahmen von Vergleichen geringere Haftungsbetråge akzeptiert<br />
hat. 3<br />
4. Ûberblick Åber die Haftung in der KG<br />
Die Komplementåre der KG haften gemåß § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 128<br />
HGB ebenso wie die OHG-Gesellschafter akzessorisch fÅr Gesellschaftsverbindlichkeiten.<br />
Die Haftung der Kommanditisten ist im Recht der KG besonders geregelt<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 2801 ff.). Nach § 171 Abs. 1 HGB haftet der Kommanditist<br />
den Glåubigern der Gesellschaft nur bis <strong>zu</strong>r HÇhe seiner Einlage (Haftsumme)<br />
unmittelbar persÇnlich. Soweit die Einlage an die Gesellschaft geleistet worden<br />
ist, ist diese Haftung ausgeschlossen (vgl. Rz. I 2803 ff.). Ein Kommanditist haftet<br />
aber gleichwohl persÇnlich und unbeschrånkt gemåß § 176 i.V.m. § 128 HGB,<br />
wenn seine Kommanditistenstellung entweder bei GrÅndung der KG (§ 176<br />
Abs. 1 HGB) oder im Fall des Eintritts in eine bestehende KG (§ 176 Abs. 2<br />
HGB, vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 3131 ff.) <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaftsschuld<br />
noch nicht in das Handelsregister eingetragen war. Die Haftungsbeschrånkung<br />
kommt also dem Kommanditisten nur und erst in Be<strong>zu</strong>g auf solche Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />
<strong>zu</strong>gute, die nach seiner Eintragung in das Handelsregister<br />
entstehen.<br />
5. Die persÇnliche Haftung in der Partnerschaftsgesellschaft<br />
889<br />
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG haften die Partner einer Partnerschaftsgesellschaft<br />
fÅr deren Verbindlichkeiten persÇnlich als Gesamtschuldner. FÅr die persÇnliche<br />
Haftung der Partner gelten die §§ 129, 130 HGB nach § 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG<br />
entsprechend. Die persÇnliche Haftung in der Partnerschaftsgesellschaft entspricht<br />
damit – ebenso wie bei der GbR – der Haftung in der OHG. Bei der Partnerschaftsgesellschaft<br />
besteht allerdings die Besonderheit, dass die Haftung fÅr<br />
SchadensersatzansprÅche wegen fehlerhafter BerufsausÅbung auf denjenigen<br />
Partner beschrånkt ist, der die berufliche Leistung erbringt (<strong>zu</strong> den Einzelheiten<br />
vgl. Rz. I 767 ff.).<br />
1 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />
ZIP 2011, 914 ff.<br />
2 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 ff.; BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09,<br />
ZIP 2011, 914 ff.<br />
3 BGH v. 8.2.2011 – II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 (918).<br />
I 680 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 890<br />
II. Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der persÇnlichen Haftung<br />
1. Vorliegen einer Personengesellschaft – Fehlerhafte Gesellschaft und<br />
Scheingesellschaft<br />
Die persÇnliche Haftung der Gesellschafter setzt aufgrund ihrer Abhångigkeit<br />
von einer Gesellschaftsverbindlichkeit zwingend das Bestehen einer Personengesellschaft<br />
voraus. Eine Innengesellschaft genÅgt deshalb nicht, weil sie nicht<br />
rechtsfåhig ist und damit nicht selbst verpflichtet wird. Eine stille Gesellschaft<br />
begrÅndet auch dann keine persÇnliche Haftung der stillen Gesellschafter nach<br />
§§ 128, 171 HGB, wenn es sich um einen atypischen stillen Gesellschafter handelt<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 2020). Ausreichend ist aber grundsåtzlich auch eine sog. fehlerhafte<br />
Gesellschaft. 1 Denn nach den Grundsåtzen Åber die fehlerhafte Gesellschaft<br />
wird die Personengesellschaft bis <strong>zu</strong>r Vollbeendigung als wirksam angesehen<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 225 ff.). Die Grundsåtze Åber die fehlerhafte Gesellschaft finden<br />
auch auf die unwirksame Ûbertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft<br />
Anwendung. 2 Daher kann auch der unwirksame Beitritt eine Haftung nach<br />
§ 128 HGB begrÅnden, denn der betreffende „Anteilserwerber“ muss sich haftungsrechtlich<br />
wie ein Gesellschafter behandeln lassen. 3 Hier kann eine persÇnliche<br />
Haftung des Gesellschafters im Ergebnis aber dann ausscheiden, wenn sie mit<br />
dem Schutzzweck der Norm nicht vereinbar wåre, die <strong>zu</strong>r Nichtigkeit der Beitrittsvereinbarung<br />
fÅhrte. 4 Die Anwendung der Grundsåtze Åber die fehlerhafte<br />
Gesellschaft hat zwar auch hier grundsåtzlich die Anwendbarkeit des § 128 HGB<br />
<strong>zu</strong>r Folge, der betreffende Gesellschafter kann aber als Einwendung i.S. des<br />
§ 242 BGB geltend machen, dass seine persÇnliche Haftung mit dem Schutzzweck<br />
der <strong>zu</strong>r Nichtigkeit der Beitrittsvereinbarung fÅhrenden Norm nicht vereinbar<br />
wåre. 5 Bei einer Fonds-Gesellschaft und insbesondere bei der Fonds-GbR<br />
kann die persÇnliche Haftung nach § 128 HGB (analog) von vornherein ausgeschlossen<br />
sein (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 884 ff.). Die Haftung eines „fehlerhaften Gesellschafters“<br />
aus § 128 HGB (analog) kann nicht dadurch begrÅndet werden, dass<br />
diese Person beim Abschluss des GrÅndungsvertrages oder beim Beitritt durch<br />
einen Vertreter ohne ausreichende Vertretungsmacht vertreten wird. 6 Denn<br />
1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 7.<br />
2 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 465/07, ZIP 2010, 1590 (1593 f.) = WuB I G 5. Immobilienanlagen<br />
8.10 m. <strong>zu</strong>st. Anm. StÇber; Wertenbruch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 105 Rz. 203 f.; Wiedemann, GesR II, 2004, S. 161 ff.<br />
3 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 465/07, ZIP 2010, 1590 (1593 f.) = WuB I G 5. Immobilienanlagen<br />
8.10 m. <strong>zu</strong>st. Anm. StÇber.<br />
4 BGH v. 17.6.2008 – IX ZR 112/07, ZIP 2008, 1317 (1319).<br />
5 So fÅr den Verstoß der Beitrittsvereinbarung gegen das Rechtsberatungsgesetz BGH v.<br />
17.6.2008 – IX ZR 112/07, ZIP 2008, 1317 (1320).<br />
6 BGH v. 1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1284 f.).<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 681<br />
890
891<br />
Rz. I 890 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
die Anwendung der Grundsåtze Åber die fehlerhafte Gesellschaft setzt <strong>zu</strong>mindest<br />
das Vorliegen von auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags gerichteten Willenserklårungen<br />
voraus, auch wenn diese fehlerhaft sind 1 (vgl. da<strong>zu</strong> auch<br />
Rz. I 216 ff.). Ûberschreitet ein Mitgesellschafter eine ihm erteilte Vollmacht, so<br />
fehlt ein solches rechtsgeschåftliches Handeln. 2<br />
FÅr die persÇnliche Haftung der Gesellschafter genÅgt grundsåtzlich auch das<br />
Vorliegen einer Scheingesellschaft. 3 Hier besteht allerdings – anders als bei der<br />
fehlerhaften Gesellschaft – kein verpflichtungsfåhiges Rechtssubjekt und damit<br />
auch keine Gesellschaftsverbindlichkeit. Die Gesellschafter haften hier nur dann<br />
persÇnlich, wenn sie in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise den Rechtsschein einer Personengesellschaft<br />
und ihrer ZugehÇrigkeit gesetzt haben 4 (<strong>zu</strong>r Zurechnung vgl.<br />
Rz. I 807 ff. und Rz. I 720 f.). Als allgemeine Vorausset<strong>zu</strong>ng der Rechtsscheinhaftung<br />
muss hin<strong>zu</strong>kommen, dass der Dritte sich bei seinem rechtsgeschåftlichen<br />
Verhalten auf den in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise gesetzten Rechtsschein verlassen hat. 5<br />
1 BGH v. 14.10.1991 – II ZR 212/90, ZIP 1992, 247 (248 f.) = DB 1992, 567; BGH v.<br />
1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1284) = WM 2010, 1218 (1219); MÅnch-<br />
Komm.BGB/Ulmer, 5. Aufl. 2009, § 705 BGB Rz. 327; Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011,<br />
§ 705 BGB Rz. 18.<br />
2 BGH v.14.10.1991 – II ZR 212/90, ZIP 1992, 247 = WM 1992, 490 (492); BGH v.<br />
1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1284) = WM 2010, 1218 (1219).<br />
3 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (174 f.), Rz. 19 ff. = ZIP 2007, 1460<br />
(1461 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 5; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 6.<br />
4 BGH v. 11.3.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (16 ff.) = NJW 1955, 985 f.; BGH v.<br />
1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1285) = NJW 2011, 66 (67); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 5 i.V.m. § 5 HGB; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 6.<br />
5 BGH v. 11.3.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (19); BGH v. 1.6.2010 – XI ZR 389/09,<br />
ZIP 2010, 1283 (1285) = WM 2010, 1218 (1219); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 6. Im Fall BGH v. 1.6.2010 – XI ZR 389/09, ZIP 2010, 1283 (1285)<br />
hatte der Vater des Beklagten unter Missbrauch der Generalvollmacht im Wege eines Insichgeschåfts<br />
eine GbR gegrÅndet und dann unter Vorlage des Gesellschaftsvertrages<br />
und der Generalvollmacht im Namen der GbR ein Rechtsgeschåft mit der klagenden<br />
Bank abgeschlossen. Eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten schied hier dann aus,<br />
wenn die Bank den Missbrauch der Vertretungsmacht aufgrund massiver Verdachtsmomente<br />
erkennen musste (sog. objektive Evidenz des Missbrauchs).<br />
I 682 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 893<br />
2. Gesellschafterstellung<br />
a) Maßgeblicher Zeitpunkt<br />
Die Haftung nach § 128 HGB setzt grundsåtzlich voraus, dass die Gesellschafterstellung<br />
<strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Entstehens der Gesellschaftsverbindlichkeit bestand.<br />
Ist ein Gesellschafter einer OHG/KG oder einer Partnerschaftsgesellschaft<br />
<strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Entstehens einer Gesellschaftsschuld bereits aus der<br />
Gesellschaft ausgeschieden, so haftet er gemåß § 128 i.V.m. § 15 Abs. 1 HGB<br />
persÇnlich, sofern das Ausscheiden nicht in das Handelsregister eingetragen und<br />
bekannt gemacht wurde. Entsprechendes gilt gemåß § 15 Abs. 3 HGB, wenn eine<br />
in Wirklichkeit nicht gegebene Gesellschafterstellung bekannt gemacht wird. 1<br />
§ 15 Abs. 3 HGB greift Åber seinen Wortlaut hinaus auch dann ein, wenn die unrichtige<br />
Eintragung einer Gesellschafterstellung „richtig“ bekannt gemacht wird. 2<br />
b) Scheingesellschafter<br />
DarÅber hinaus kann bei <strong>zu</strong>rechenbarer Veranlassung des Rechtsscheins einer<br />
Gesellschafterstellung nach allgemeinen Rechtsscheingrundsåtzen eine Haftung<br />
nach § 128 HGB eingreifen. 3 Da diese allgemeine Rechtsscheinhaftung unabhångig<br />
von Handelsregistereintragungen und -bekanntmachungen besteht, trifft diese<br />
Haftung auch einen GbR-Gesellschafter, der in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise den Rechtsschein<br />
einer Gesellschafterstellung erzeugt4 (<strong>zu</strong> den Besonderheiten der persÇnlichen<br />
Haftung in der GbR vgl. Rz. I 917, 941, 944, 970, 980 sowie Rz. I 806 ff.).<br />
Dies gilt grundsåtzlich auch fÅr den Scheinsozius einer Anwaltssozietåt. 5 893<br />
Es<br />
geht hier insbesondere um den Fall, dass ein von der Sozietåt (nur) angestellter<br />
1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/<br />
Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 6.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 15 HGB Rz. 18; Roth in Koller/Roth/<br />
Morck, 7. Aufl. 2011, § 15 HGB Rz. 28; BÅrck, AcP 171 (1971), 328 (338 f.); Sandberger,<br />
JA 1973, 215 (219); a.A. Großkomm.HGB/Koch, 5. Aufl. 2009, § 15 HGB Rz. 104 f.;<br />
MÅnchKomm.HGB/Krebs, 3. Aufl. 2010, § 15 HGB Rz. 89; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 15 HGB Rz. 30.<br />
3 BGH v. 11.3.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (16 ff.) = NJW 1955, 985 f.; BGH v.<br />
22.1.1970 – VII ZR 37/68, BB 1970, 684 f.; BGH v. 8.5.1972 – II ZR 170/69, NJW<br />
1972, 1418 (1419); BGH v. 22.9.2008 – II ZR 257/07, ZIP 2008, 2354 (2356); Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 5; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 7; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 6.<br />
4 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 40; Grunewald, FS Ulmer,<br />
2003, S. 141 (144 f.); Henssler, FS Vieregge, 1995, S. 361 (367 f.); Schåfer, DStR 2003,<br />
1078 (1079 ff.).<br />
5 BGH v. 16.4.2008 – VIII ZR 230/07, ZIP 2008, 1120 (1121) = NJW 2008, 2330; da<strong>zu</strong><br />
Lux, NJW 2008, 2309 ff.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 683<br />
892
Rz. I 893 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Anwalt auf dem Briefkopf wie ein Partner angefÅhrt wird. 1 Die vom BGH 2 angenommene<br />
Beschrånkung der persÇnlichen Haftung auf „anwaltstypische Tåtigkeiten“<br />
ist ab<strong>zu</strong>lehnen, weil fÅr eine derartige Einschrånkung der akzessorischen<br />
Haftung keine Grundlage vorhanden ist. 3 Das deliktische Verhalten eines<br />
Scheinsozius ist der Gesellschaft analog § 31 BGB <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen mit der Folge,<br />
dass neben der Gesellschaft auch såmtliche Gesellschafter fÅr die daraus folgende<br />
Verbindlichkeit haften. Tritt eine ordnungsgemåß in das Handelsregister eingetragene<br />
GmbH & Co. KG unter einer Firma im Rechtsverkehr auf, die auf das Bestehen<br />
einer OHG hindeutet, so haften neben der Komplementår-GmbH auch<br />
die fÅr diesen Rechtsschein verantwortlichen Kommanditisten. 4<br />
c) Treugeber-„Gesellschafter“<br />
Die Frage der persÇnlichen Haftung eines Treugebers stellt sich insbesondere<br />
bei der Fonds-GbR. Unproblematisch ist die Gesellschafterstellung, wenn der<br />
Kapitalanleger sich unmittelbar als „Direktgesellschafter“ beteiligt. 5 Beteiligt sich<br />
der Kapitalgeber dagegen nur als Treugeber mit der Folge, dass der Treuhånder<br />
die Gesellschafterstellung Åbernimmt, so ist trotz der Stellung als „wirtschaftlicher<br />
EigentÅmer“ eine die Haftung nach § 128 HGB (analog) auslÇsende Gesellschafterstellung<br />
<strong>zu</strong> verneinen. 6 Die Bezeichnung Treugeber-Gesellschafter ist<br />
daher missverståndlich. An der fehlenden Gesellschafterstellung åndert sich auch<br />
dann nichts, wenn dem Treugeber ein Recht auf Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen<br />
mit Stimmrecht und darÅber hinaus auch Einsichts-, Informations-<br />
und Kontrollrechte eingeråumt werden. 7 894<br />
Die Einråumung dieser Rechte<br />
fÅhrt zwar <strong>zu</strong> einer gewissen Einbeziehung des Kapitalanlegers in den Gesellschafterverband,<br />
diese Rechte des „Quasi-Gesellschafters“ betreffen aber nur<br />
das Innenverhålntis der Gesellschaft; die persÇnliche Haftung des Gesellschaf-<br />
1 So im Fall BGH v. 16.4.2008 – VIII ZR 230/07, ZIP 2008, 1120 (1121) = NJW 2008,<br />
2330 .<br />
2 BGH v. 16.4.2008 – VIII ZR 230/07, ZIP 2008, 1120 (1121) = NJW 2008, 2330. Nach<br />
Ansicht des BGH hafte die Scheinsozia nicht fÅr den Anspruch eines Lieferanten, der<br />
der Kanzlei einen Computer geliefert hatte.<br />
3 So auch Lux, NJW 2008, 2309 ff.<br />
4 BGH v. 8.5.1972 – II ZR 170/69, NJW 1972, 1418 (1419); BGH v. 8.5.1978 – II ZR<br />
97/77, BGHZ 71, 354 (356) = NJW 1978, 2030; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 5; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 8.<br />
5 Vgl. da<strong>zu</strong> BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1268.<br />
6 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356); BGH v.<br />
21.4.2009 – XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 (1267 f.) = NJW-RR 2009, 1040 (1041);<br />
MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 42; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 2. Aufl. 2007, Vor § 230 HGB Rz. 60; Hopt in Baumbach/<br />
Hopt, 34. Aufl. 2010, § 105 HGB Rz. 34.<br />
7 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356).<br />
I 684 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 895<br />
ters einer Personengesellschaft hat dagegen ihre Grundlage im Außenverhåltnis,<br />
das zwingend eine „echte“ Gesellschafterstellung voraussetzt. 1 Der hier in Rede<br />
stehende Treugeber-Gesellschafter kann auch nicht mit einem Scheingesellschafter,<br />
der nach § 128 HGB haftet (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 893), verglichen werden. 2<br />
3. Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />
a) Rechtsgeschåftliche Verbindlichkeiten<br />
§ 128 HGB unterscheidet nicht zwischen rechtsgeschåftlichen und gesetzlichen<br />
Verbindlichkeiten. 3 Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der<br />
akzessorischen Haftung und einer rechtsgeschåftlich begrÅndeten Mitverpflichtung<br />
der Gesellschafter, die bei der GbR bis <strong>zu</strong> BGHZ 146, 3414 unter der Bezeichnung<br />
„Doppelverpflichtungstheorie“ vertreten wurde. Auch fÅr arbeitsrechtliche<br />
Pensions<strong>zu</strong>sagen5 und fÅr Çffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten6 greift keine Ausnahme ein. Die Haftung fÅr Çffentlich-rechtliche Forderungen<br />
setzt allerdings voraus, dass die Forderung nach Çffentlichem Recht ordnungsgemåß<br />
durch Bescheid gegen die Gesellschaft und nicht etwa gegen den nach Privatrecht<br />
haftenden Gesellschafter geltend gemacht worden ist. 7 895<br />
Selbst wenn der<br />
gegenÅber der Gesellschaft ergangene Verwaltungsakt bestandskråftig ist, kann<br />
auf der Grundlage des § 128 HGB kein Verwaltungsakt gegen den Gesellschafter<br />
1 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356); MÅnch-<br />
Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 714 BGB Rz. 42; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 105 HGB Rz. 34; Tebben, ZGR 2001, 586 (612).<br />
2 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354 (2356); a.A.<br />
Schiemann, FS ZÇllner, 1998, Bd. I, S. 503 (511).<br />
3 Vgl. BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (172 f.) = ZIP 2007, 1460<br />
(1462); MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 Rz. 10.<br />
4 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 m. Bespr.<br />
K. Schmidt, NJW 2001, 993 = NZG 2001, 311 m. Bespr. <strong>Westermann</strong>, NZG 2001, 289 =<br />
ZIP 2001, 333 m. Bespr. Ulmer, ZIP 2001, 585; vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NJW 2002,<br />
324 ff.<br />
5 BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, BGHZ 87, 286 (288) = NJW 1983, 2254; BGH v.<br />
19.5.1983 – II ZR 49/82, NJW 1983, 2256 (2258); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 207/81,<br />
NJW 1983, 2940 (2941); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2;<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 10; Hillmann in Ebenroth/<br />
Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 9.<br />
6 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513 (3514); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 10; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 10; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 9.<br />
Im Fall des OVG Brandenburg ging es um eine Haftung fÅr eine widerrufene Subvention.<br />
7 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513; VG Schleswig v.<br />
15.1.2003 – 9 B 100/02, NZG 2004, 184 (185); vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NZG 2006,<br />
408 (416).<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 685
Rz. I 895 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
ergehen, da ein Çffentlich-rechtlicher Vollstreckungsglåubiger allein auf der<br />
Grundlage zivilrechtlicher Normen nicht die Befugnis hat, durch Verwaltungsakt<br />
<strong>zu</strong> handeln. 1 GegenÅber dem Gesellschafter kann die Çffentlich-rechtliche Forderung<br />
daher nur vor einem ordentlichen Gericht verfolgt werden. 2<br />
b) Gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
Die h.M. bejaht auch eine persÇnliche Haftung fÅr AnsprÅche aus unerlaubter<br />
Handlung. 3 Der Gegenauffassung4 ist nicht <strong>zu</strong> folgen. Richtig ist, dass diese Frage<br />
vor Erlass des BGB und damit auch vor Geltung des § 31 BGB von der Rechtsprechung<br />
nicht einheitlich beantwortet worden war. 5 Aufgrund der anerkannten<br />
entsprechenden Anwendung des § 31 BGB auf die Gesamthandsgesellschaft –<br />
der BGH hat dies nunmehr ausdrÅcklich auch fÅr die GbR bejaht6 – ist eine in<br />
Angelegenheiten der Gesellschaft begangene unerlaubte Handlung der Gesellschaft<br />
<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen mit der Folge, dass eine deliktische Verbindlichkeit der Gesellschaft<br />
entsteht, fÅr die alle Gesellschafter persÇnlich haften. Die entscheidende<br />
Frage ist hier also, ob eine unerlaubte Handlung eines Gesellschafters in Gesellschaftsangelegenheiten<br />
begangen wurde und damit der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />
ist. 7 Auch die unerlaubte Handlung eines Scheingesellschafters ist der Gesellschaft<br />
analog § 31 BGB <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. 8 Dies gilt auch fÅr eine Anwaltssozietåt. 9<br />
896<br />
1 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513 (3514).<br />
2 OVG Brandenburg v. 12.8.1998 – 4 B 31/98, NJW 1998, 3513 (3514).<br />
3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 10; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 10; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 9; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1411.<br />
4 Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 343 f.; Nitschke, Personengesellschaft, 1970,<br />
S. 344; Altmeppen, NJW 1996, 1017 (1019 ff.); Altmeppen, NJW 2003, 1553 (1557).<br />
5 Das ROHG hatte in der Entscheidung v. 28.1.1876 – Rep. 1076/75, ROHG 19, 196<br />
(202) eine Gesellschaftsverbindlichkeit im Falle der unerlaubten Handlung eines Gesellschafters<br />
verneint, wåhrend das RG in den Entscheidungen v. 29.6.1883 – II 170/83,<br />
RGZ 10, 301 (302) und v. 5.2.1886 – I 390/85, RGZ 15, 121 (123 f.) eine Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
und damit auch eine persÇnliche Haftung der Gesellschafter bejahte. Vgl.<br />
<strong>zu</strong>r Entwicklung der Rechtssprechung Altmeppen, NJW 1996, 1017 (1020 f.); Wertenbruch,<br />
Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 182 f.<br />
6 BGH v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88 (93 ff.) = ZIP 2003, 664 (665 f.).<br />
7 Vgl. da<strong>zu</strong> Schwarz/SchÇpfl in Bamberger/Roth, 2. Aufl. 2007, § 31 BGB Rz. 17 f.; Erman/<br />
<strong>Westermann</strong>, 12. Aufl. 2008, § 31 BGB Rz. 5; MÅnchKomm.BGB/Reuter, 5. Aufl. 2006,<br />
§ 31 BGB Rz. 32 f.; Palandt/Ellenberger, 70. Aufl. 2011, § 31 BGB Rz. 10.<br />
8 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (172 f.) = ZIP 2007, 1460.<br />
9 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 (172 f.) = ZIP 2007, 1460 (1461).<br />
I 686 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 897<br />
c) SozialansprÅche und DrittglåubigeransprÅche eines Gesellschafters<br />
Ob die akzessorische Haftung des § 128 HGB auch <strong>zu</strong>gunsten von Gesellschaftern<br />
als Glåubiger der Gesellschaft eingreift, hångt von der Art der Verbindlichkeit<br />
ab. Zu unterscheiden ist zwischen sog. DrittansprÅchen und SozialansprÅchen<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 422 ff.). In Be<strong>zu</strong>g auf DrittansprÅche steht der Gesellschafter<br />
der Gesellschaft grundsåtzlich wie ein außenstehender Dritter gegenÅber. Die<br />
Forderung steht damit nicht in einem Zusammenhang mit dem Gesellschaftsverhåltnis.<br />
FÅr DrittansprÅche haften die Åbrigen Gesellschafter grundsåtzlich nach<br />
§ 128 HGB. Nicht entscheidend ist, ob der Anspruch unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag<br />
oder aus einem Austauschvertrag (z.B. Kaufvertrag) folgt.<br />
Denn Forderungen aus einem separaten Austauschvertrag sind dann keine DrittansprÅche,<br />
wenn der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhåltnis <strong>zu</strong>m Abschluss<br />
eines solchen Vertrags verpflichtet ist 1 (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 396). In Be<strong>zu</strong>g auf<br />
SozialansprÅche (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 415) der Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft<br />
greift keine Haftung aus § 128 HGB ein. 2 Insoweit kann ein ausgeschiedener<br />
Gesellschafter auch keine Freistellung nach § 738 BGB verlangen; denn „gemeinschaftliche<br />
Schulden“ i.S. des § 738 BGB sind nur solche, die eine Haftung<br />
nach § 128 HGB (analog) begrÅnden. 3 AnsprÅche eines ausgeschiedenen Gesellschafters<br />
aus dem Gesellschaftsverhåltnis – zB der Anspruch auf Erstellung einer<br />
Auseinanderset<strong>zu</strong>ngsbilanz – stellen aber keine Sozialverbindlichkeiten in diesem<br />
Sinne dar mit der Folge, dass insoweit eine Haftung der Gesellschafter aus § 128<br />
HGB (analog) besteht. 4<br />
Wird aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung ein Austauschvertrag<br />
abgeschlossen, so handelt es sich um eine Beitragsverpflichtung mit der Folge,<br />
dass – wie bei reinen SozialansprÅchen – eine direkte Inanspruchnahme der<br />
anderen Gesellschafter nach § 128 HGB ausscheidet. 5 Der eigentliche Rechtsgrund<br />
fÅr den Anspruch des Gesellschafters ist nicht der abgeschlossene Austauschvertrag,<br />
sondern die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung <strong>zu</strong>m Abschluss<br />
eines solchen Vertrags. Vgl. <strong>zu</strong>r Behandlung von LeistungsstÇrungen bei solchen<br />
gesonderten Einbringungsvertrågen Rz. I 396 ff.<br />
1 OLG MÅnchen v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, NZG 2000, 1124; Wertenbruch, NZG 2001,<br />
306 ff.<br />
2 BGH v. 18.1.2010 – II ZR 31/09, ZIP 2010, 515 (516) = WM 2010, 558 (559).<br />
3 BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, ZIP 2010, 515 f.; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer,<br />
5. Aufl. 2009, § 738 BGB Rz. 77 f.; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 45.<br />
4 BGH v. 22.9.2008 – II ZR 257/07, ZIP 2008, 2359 (2361).<br />
5 A.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 13; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 687<br />
897
898<br />
899<br />
Rz. I 898 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Bei Vorliegen eines Drittanspruchs ist zwar die persÇnliche Haftung der anderen<br />
Gesellschafter aus § 128 HGB grundsåtzlich <strong>zu</strong> bejahen 1 , die Durchset<strong>zu</strong>ng des<br />
Drittanspruchs kann aber durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht beschrånkt<br />
sein. 2 Ein Mitgesellschafter kann nur persÇnlich nach § 128 HGB in<br />
Anspruch genommen werden, wenn eine Befriedigung aus dem GesellschaftsvermÇgen<br />
nicht <strong>zu</strong> erwarten ist. 3 Der nach § 128 HGB gegen seine Mitgesellschafter<br />
vorgehende Gesellschafter-Glåubiger muss sich <strong>zu</strong>dem seinen eigenen Verlustanteil<br />
anrechnen lassen. 4 Die Mitgesellschafter haften aber im Ûbrigen nicht pro<br />
rata, sondern als Gesamtschuldner (vgl. Rz. I 985). Bei der Durchset<strong>zu</strong>ng von<br />
Drittglåubigerforderungen kann die Inanspruchnahme der anderen Gesellschafter<br />
aus § 128 HGB auch durch eine stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen<br />
oder eingeschrånkt sein. 5<br />
FÅr SozialansprÅche (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 415 f.) haften die anderen Gesellschafter<br />
auch dann nicht nach § 128 HGB, wenn aus dem GesellschaftsvermÇgen keine<br />
1 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (310 f.); BGH v. 10.11.1969 – II ZR 40/67,<br />
WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983,<br />
258 m. Anm. Walter = JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt,<br />
GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />
2 BGH v. 10.11.1969 – II ZR/40/67, WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR<br />
206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983, 258 m. Anm. Walter = JuS 1983, 307 m. Anm.<br />
K. Schmidt; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 13; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002,<br />
S. 1412.<br />
3 BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983, 258 m. Anm. Walter =<br />
JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt,<br />
GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />
4 BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983, 258 m. Anm. Walter =<br />
JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10; K. Schmidt,<br />
GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />
5 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (314); RG v. 26.2.1937 – II 200/36, JW 1937,<br />
1986 (1987); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24.<br />
I 688 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 900<br />
Befriedigung <strong>zu</strong> erlangen ist. 1 Der Grund hierfÅr besteht darin, dass die Gesellschafter<br />
nach § 707 BGB grundsåtzlich nicht <strong>zu</strong> NachschÅssen verpflichtet sind 2<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 399). Zu den SozialansprÅchen gehÇrt auch ein durch Gesellschaftsvertrag<br />
<strong>zu</strong>gesagter Vorweggewinn in Form einer lebenslangen Betriebsrente.<br />
3<br />
Der Aufwendungsersatzanspruch aus § 110 HGB wegen Befriedigung eines<br />
Gesellschaftsglåubigers ist zwar als Sozialanspruch ein<strong>zu</strong>ordnen (vgl. da<strong>zu</strong><br />
Rz. I 401 ff.), der betreffende Gesellschafter kann hier aber seine Mitgesellschafter<br />
in Regress nehmen, sofern der Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft<br />
nicht durchgesetzt werden kann 4 (vgl. Rz. I 413, 415 ff.). Anspruchsgrundlage<br />
ist hier allerdings nicht § 128 HGB, sondern § 426 Abs. 1, Abs. 2 BGB. 5 Der<br />
nach § 426 Abs. 1 BGB vorgebende Gesellschafter muss sich seinen eigenen Verlustanteil<br />
anrechnen lassen; die Mitgesellschafter haften also nur pro rata. 6 Der<br />
1 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (301 f.) = NJW 1962, 1863 (1864);<br />
BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, ZIP 1989, 852 = NJW-RR 1989, 866; BGH v.<br />
17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233) = WM 2002, 291 (293); Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Schåfer, 5. Aufl.<br />
2009, § 110 HGB Rz. 31; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 110 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 11.<br />
2 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (301 f.) = NJW 1962, 1863 (1864);<br />
BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, ZIP 1989, 852 = NJW-RR 1989, 866; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 11.<br />
3 BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, ZIP 1989, 852 = NJW-RR 1989, 866; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 11.<br />
4 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (302) = NJW 1962, 1863 (1864); BGH<br />
v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76); BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99,<br />
ZIP 2002, 394 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 48 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 32.<br />
5 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (302) = NJW 1962, 1863 (1864); BGH<br />
v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76); BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99,<br />
ZIP 2002, 394 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 48 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 32; K. Schmidt, GesR,<br />
4. Aufl. 2002, S. 1436 f.<br />
6 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (302) = NJW 1962, 1863 (1864); BGH<br />
v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76); BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99,<br />
ZIP 2002, 394 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 27; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 48 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; Hillmann in<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 689<br />
900
901<br />
902<br />
Rz. I 900 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters 1 ist ebenso wie der<br />
Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters 2 kein Sozialanspruch, sondern<br />
wie ein Drittanspruch <strong>zu</strong> behandeln mit der Folge, dass der betreffende Gesellschafter<br />
seine Mitgesellschafter nach § 128 HGB in Anspruch nehmen kann.<br />
III. Der Inhalt der Haftung<br />
1. Unmittelbare Haftung der Gesellschafter – keine Subsidiaritåt<br />
Die Gesellschaftsglåubiger kÇnnen die einzelnen Gesellschafter der OHG unmittelbar<br />
in Anspruch nehmen. Insoweit kann nicht gesagt werden, die Gesellschafter<br />
wÅrden den Glåubigern nur subsidiår haften. Im Verhåltnis zwischen Gesellschafter<br />
und Gesellschaftsglåubiger ist die Bezeichnung „subsidiåre Haftung“<br />
nicht <strong>zu</strong>treffend. Dieser Begriff ist nur insoweit richtig, als es um das Verhåltnis<br />
zwischen dem einzelnen Gesellschafter und der Gesellschaft geht. Hier folgt aus<br />
der Regelung des § 110 HGB Åber den Aufwendungsersatz und aus der aus § 707<br />
BGB folgenden fehlenden Verpflichtung <strong>zu</strong> NachschÅssen, dass in diesem Verhåltnis<br />
letztlich die Gesellschaft fÅr die ErfÅllung des Anspruchs aufkommen<br />
muss. Der Gesellschaftsglåubiger muss allerdings dieses innergesellschaftliche<br />
Stufenverhåltnis nicht beachten. In der Praxis wird es allerdings in der Regel so<br />
sein, dass der Gesellschaftsglåubiger einen einzelnen Gesellschafter erst dann persÇnlich<br />
in Anspruch nimmt, wenn die Gesellschaft selbst auf Mahnungen hin die<br />
Gesellschaftsverbindlichkeit nicht erfÅllt.<br />
Eingeschrånkt wird der Grundsatz der unmittelbaren persÇnlichen Haftung in<br />
dem Fall, in dem ein Gesellschafter Glåubiger eines sog. Drittanspruchs ist. 3 Der<br />
Gesellschafter-Glåubiger muss hier aufgrund der gesellschaftsrechtlichen<br />
Treuepflicht <strong>zu</strong>nåchst die Gesellschaft in Anspruch nehmen (vgl. Rz. I 898). In-<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 32; K. Schmidt, GesR,<br />
4. Aufl. 2002, S. 1436 f.<br />
1 RG v. 4.2.1882 – Rep. I 659/81, RGZ 7, 93 (94); RG v. 13.2.1917 – Rep. II 464/16, RGZ<br />
89, 403 (406); BGH v. 11.10.1971 – II ZR 68/68, WM 1971, 1451 (1452); BGH v.<br />
2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (206 f.) = ZIP 2001, 1364 (1365); Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 23; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 12; U. Huber, VermÇgensanteil, 1970,<br />
S. 319.<br />
2 BGH v. 11.1.1960 – II ZR 69/59, WM 1960, 187 f.; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 12.<br />
3 BGH v. 10.11.1969 – II ZR 40/67, WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR<br />
206/81, NJW 1983, 749; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24;<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 13; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10, 18; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412.<br />
I 690 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 902<br />
soweit ist allerdings keine Vorausklage gegen die Gesellschaft erforderlich. 1 Ausreichend<br />
fÅr die unmittelbare Inanspruchnahme der anderen Gesellschafter ist<br />
hier, dass eine ErfÅllung der Gesellschaftsverbindlichkeit durch die Gesellschaft<br />
aufgrund ihrer VermÇgenslage nicht <strong>zu</strong> erwarten ist. 2 Das Gleiche gilt, wenn die<br />
Gesellschaft die ErfÅllung der Gesellschaftsverbindlichkeit ernsthaft und endgÅltig<br />
verweigert. 3 Die aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht folgende<br />
Einrede der Mitgesellschafter geht nach allgemeinen Grundsåtzen (§ 404<br />
BGB) nicht dadurch verloren, dass der Gesellschafter-Glåubiger seinen Drittanspruch<br />
an einen Nichtgesellschafter abtritt. 4 Es ist insoweit zwar richtig,<br />
dass die Einrede der Mitgesellschafter auf der Gesellschafterstellung des Glåubigers<br />
des Drittanspruches beruht, die Rechtsstellung der Mitgesellschafter kann<br />
sich aber nicht dadurch verschlechtern, dass der Gesellschafter-Glåubiger seine<br />
Forderung auf einen Nichtgesellschafter Åbertrågt. Letztlich dÅrfte es sich um ein<br />
theoretisches Problem handeln. Denn im Falle einer erfolglosen Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />
ist auch der Gesellschafter als Drittglåubiger <strong>zu</strong>r unmittelbaren Inanspruchnahme<br />
der anderen Gesellschafter befugt. Da nach Ansicht des BGH 5 eine ernsthafte<br />
und endgÅltige ErfÅllungsverweigerung fÅr die direkte Inanspruchnahme der<br />
Mitgesellschafter ausreicht, muss Entsprechendes fÅr eine erfolglose Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />
gelten. Denn sowohl nach § 281 Abs. 2 BGB als auch § 323 Abs. 2 BGB<br />
steht eine ernsthafte und endgÅltige ErfÅllungsverweigerung einer erfolglosen<br />
Nachfristset<strong>zu</strong>ng gleich.<br />
1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 20.<br />
2 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, ZIP 2002, 194 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456);<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12, 20; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 18.<br />
3 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, ZIP 2002, 194 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456);<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 20.<br />
4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 12, 20; a.A. Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 18.<br />
5 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, ZIP 2002, 194 (396) = NJW-RR 2002, 455 (456).<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 691
903<br />
904<br />
Rz. I 903 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
2. Haftungstheorie und ErfÅllungstheorie<br />
In Be<strong>zu</strong>g auf die Frage des Inhalts der persÇnlichen Gesellschafterhaftung werden<br />
die ErfÅllungstheorie 1 und die Haftungstheorie 2 vertreten. Zu folgen ist der ErfÅllungstheorie.<br />
Dies ergibt sich aber nicht daraus, dass Gesellschaftsschuld und<br />
Gesellschafterschuld identisch wåren und fÅr diese Schuld mit zwei VermÇgensmassen<br />
– GesellschaftsvermÇgen und PrivatvermÇgen der Gesellschafter – gehaftet<br />
wÅrde. 3 Aufgrund der Rechtsfåhigkeit der Personengesellschaft besteht die<br />
Gesellschaftsschuld selbståndig neben der persÇnlichen Schuld der einzelnen Gesellschafter.<br />
4 Auch aus dem Wortlaut des § 128 HGB „haften persÇnlich“ låsst<br />
sich nicht zwingend ein Argument fÅr die eine oder andere Auffassung ableiten.<br />
Entscheidend ist vielmehr der durch die akzessorische Haftung gemåß § 128<br />
HGB bezweckte Schutz der Gesellschaftsglåubiger und damit <strong>zu</strong>sammenhångend<br />
die Funktion dieser Vorschrift, statt durch ein Mindestkapital durch eine persÇnliche<br />
Haftung eine Grundlage fÅr die KreditwÅrdigkeit der Gesellschaft <strong>zu</strong> bilden.<br />
5<br />
Der Schutz der einzelnen persÇnlich haftenden Gesellschafter erfordert nicht<br />
eine Anwendung der Haftungstheorie, nach der ein Gesellschafter nur auf<br />
Leistung eines Geldbetrags haften kann. Es mÅsste also nach dieser Theorie<br />
eine Gesellschaftsverbindlichkeit, die nicht auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet<br />
ist, in eine Geldschuld umgewandelt werden. Eine solche grundsåtzliche Umwandlung<br />
der Verbindlichkeit wåre <strong>zu</strong>m einen in vielen Fållen eine un<strong>zu</strong>mutbare<br />
Belastung fÅr den Gesellschaftsglåubiger und <strong>zu</strong>m anderen <strong>zu</strong>m Schutz des ein-<br />
1 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (305 f.) = NJW 1957, 871 (872);<br />
BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (221 f.) = NJW 1979, 1361 (1362);<br />
BGH v. 22.3.1988 – X ZR 64/87, BGHZ 104, 76 (78) = NJW 1988, 1976 f.; BGH v.<br />
1.4.1987 – VII ZR 15/86, NJW 1987, 2367 (2369); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 28;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 24; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 22; Flume, Die Personengesellschaft,<br />
1977, S. 304 ff.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1423 ff.; Hadding, ZGR<br />
1981, 577 (582 ff.).<br />
2 R. Fischer, Die Haftung des Gesellschafters fÅr Schulden der OHG, 1936, S. 77 ff.; MÅller-<br />
Erzbach, Handelsrecht, 2./3. Aufl. 1928, S. 205; John, Die organisierte Rechtsperson,<br />
1977, S. 250 ff.; Wieland, Handelsrecht I, 1921, S. 631 (636 f.).<br />
3 So aber RG v. 13.4.1901 – Rep. 115/01, RGZ 49, 341 (343); RG v. 1.12.1911 – II 15/11,<br />
JW 1912, 147; BGH v. 16.2.1961 – III ZR 71/60, BGHZ 34, 293 (296) = NJW 1961,<br />
1022 (1023).<br />
4 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (306) = NJW 1957, 871 (872); BGH<br />
v. 16.2.1961 – III ZR 71/60, BGHZ 34, 293 (296) = NJW 1961, 1022 (1023); BGH v.<br />
29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358) = NJW 2001, 1056 (1061).<br />
5 BGH v. 16.2.1961 – III ZR 71/60, BGHZ 34, 293 (296) = NJW 1961, 1022 (1023); Hopt<br />
in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 8; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002,<br />
S. 1423 ff.<br />
I 692 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 905<br />
zelnen Gesellschafters nicht erforderlich. Dies gilt insbesondere nach Inkrafttreten<br />
des neuen Schuldrechts mit der Neufassung des § 275 BGB. Nach der somit<br />
vor<strong>zu</strong>gswÅrdigen ErfÅllungstheorie haften die einzelnen Gesellschafter grundsåtzlich<br />
ebenso wie die Gesellschaft, d.h. nicht nur auf ErfÅllung von Geldschulden,<br />
sondern auch auf Abgabe von Willenserklårungen, Vornahme von<br />
Handlungen, Unterlassung usw. Ist im konkreten Fall dem persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter die Leistung gemåß § 275 Abs. 1 BGB objektiv oder subjektiv<br />
unmÇglich, so wird er nach dieser Vorschrift von der Leistung frei. Entsprechendes<br />
gilt, wenn der einzelne Gesellschafter gemåß § 275 Abs. 2 BGB die Leistung<br />
wegen eines unverhåltnismåßigen Aufwandes oder gemåß § 275 Abs. 3 BGB wegen<br />
Un<strong>zu</strong>mutbarkeit verweigern kann. Der Grundpfeiler fÅr den Inhalt der persÇnlichen<br />
Haftung nach Maßgabe der ErfÅllungstheorie ist damit die Regelung<br />
des § 128 HGB im Zusammenspiel mit der neu gefassten Regelung des § 275<br />
BGB.<br />
Greift im konkreten Einzelfall <strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters die Regelung des<br />
§ 275 BGB ein, weil die konkrete Verbindlichkeit nur von der Gesellschaft als solcher<br />
erfÅllt werden kann, so kommt eine unmittelbare Schadensersatzhaftung<br />
des Gesellschafters wegen fehlenden VertretenmÅssens in der Regel nicht in Betracht.<br />
Dem einzelnen Gesellschafter kann grundsåtzlich nicht vorgeworfen werden,<br />
dass er eine Gesellschaftsverbindlichkeit, fÅr die er akzessorisch nach § 128<br />
HGB haftet, nicht persÇnlich erfÅllen kann. Vertragspartner des Gesellschaftsglåubigers<br />
ist eben die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter. Der einzelne<br />
Gesellschafter haftet daher in einem solchen Fall nur dann, wenn sich die<br />
ursprÅngliche Gesellschaftsschuld nach allgemeinem LeistungsstÇrungsrecht<br />
durch Nachfristset<strong>zu</strong>ng (§ 281 Abs. 1 BGB), ernsthafte und endgÅltige ErfÅllungsverweigerung<br />
(§ 281 Abs. 2 BGB) oder <strong>zu</strong> vertretende UnmÇglichkeit (§ 283<br />
BGB) in eine Geldschuld umgewandelt hat. Dann haftet der Gesellschafter gemåß<br />
§ 128 HGB unmittelbar auf ErfÅllung der Geldschuld. 1<br />
1 BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59, BGHZ 36, 224 (228) = NJW 1962, 536 (537); BGH<br />
v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204); Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 23; Flume, Die Personengesellschaft,<br />
1977, S. 305.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 693<br />
905
906<br />
Rz. I 906 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
3. GeschåftsfÅhrungshandlungen der vertretungsberechtigten Gesellschafter<br />
Geht man aus den oben dargelegten GrÅnden bei Einzelfragen der persÇnlichen<br />
Haftung nach § 128 HGB grundsåtzlich von der ErfÅllungstheorie aus, so nehmen<br />
die vertretungsberechtigten Gesellschafter keine Sonderstellung ein. 1 Ein<br />
vertretungsberechtigter Gesellschafter kann nicht mit der BegrÅndung in Anspruch<br />
genommen werden, er kÇnne als Vertretungsorgan die Rechtshandlung im<br />
Namen der Gesellschaft vornehmen. Denn die geschåftsfÅhrungs- und vertretungsberechtigten<br />
Gesellschafter sind gegenÅber den Gesellschaftsglåubigern<br />
nicht <strong>zu</strong>r Vornahme von GeschåftsfÅhrungshandlungen verpflichtet. 2 Die Verpflichtungen<br />
sind insoweit nicht inhaltsgleich. Im Ûbrigen erlangt der Gesellschaftsglåubiger<br />
im Vergleich <strong>zu</strong> einer Klage gegen die Gesellschaft keinen Vorteil.<br />
Der BGH 3 hat dies fÅr den Fall des Anspruchs auf Abgabe einer Willenserklårung<br />
richtig erkannt. 4 In einer ålteren Entscheidung 5 hat der BGH in Be<strong>zu</strong>g<br />
auf den Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung <strong>zu</strong> Unrecht<br />
eine Klage gegen einen vertretungsberechtigten Gesellschafter als begrÅndet angesehen.<br />
6 Der Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung besteht<br />
nur gegen die Gesellschaft als solche. Die Verpflichtung des geschåftsfÅh-<br />
1 Vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/<br />
Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl.<br />
2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 312 ff.; K. Schmidt, GesR,<br />
4. Aufl. 2002, S. 1427 ff.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 312; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl.<br />
2002, S. 1427 ff.<br />
3 BGH v. 22.12.1982 – V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.<br />
4 Zustimmend Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011,<br />
§§ 128, 129 HGB Rz. 5; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 312 ff.; K. Schmidt,<br />
GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 ff.<br />
5 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (306) = NJW 1957, 871 (872).<br />
6 Ablehnend auch Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; Flume, Die Personengesellschaft,<br />
1977, S. 313; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 f.; a.A. MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 28; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 27.<br />
I 694 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 907<br />
rungs- und vertretungsbefugten Gesellschafters, diese Handlung mit Wirkung fÅr<br />
und gegen die Gesellschaft vor<strong>zu</strong>nehmen, besteht nur gegenÅber der Gesellschaft.<br />
1 Die Entscheidung des BGH kann deshalb nicht als Grundsatzentscheidung<br />
fÅr eine solche persÇnliche Inanspruchnahme der vertretungsberechtigten<br />
Gesellschafter angesehen werden, weil <strong>zu</strong>m Zeitpunkt dieser Entscheidung die<br />
Parteifåhigkeit der OHG noch nicht anerkannt war. Dies geschah erst durch<br />
BGH-Urteil v. 13.2.1974. 2 Die frÅher bei fehlender oder <strong>zu</strong>mindest umstrittener<br />
Parteifåhigkeit von Gesellschaften und Gemeinschaften Åbliche Klage gegen den<br />
geschåftsfÅhrenden Gesellschafter auf Vornahme von Rechtshandlungen ist aus<br />
heutiger Sicht in Wirklichkeit eine Klage gegen die Gesellschaft. Abgesehen von<br />
der fehlenden materiell-rechtlichen Verpflichtung der GeschåftsfÅhrer gegenÅber<br />
Gesellschaftsglåubigern fehlt in den hier in Rede stehenden Fållen in prozessualer<br />
Hinsicht das RechtsschutzbedÅrfnis fÅr eine Klage auf Vornahme einer Handlung<br />
im Namen der Gesellschaft. Denn der Glåubiger erlangt hier nicht mehr als mit<br />
der Klage gegen die Gesellschaft. 3<br />
4. Geldschulden und Ver<strong>zu</strong>gsfolgen<br />
Unproblematisch und unumstritten ist im Grundsatz die Behandlung der Geld- 907<br />
schuld. Der einzelne Gesellschafter haftet unmittelbar auf Zahlung des von der<br />
Gesellschaft geschuldeten Geldbetrags; insoweit besteht kein Unterschied zwischen<br />
der hier vertretenen ErfÅllungstheorie und der Haftungstheorie (vgl. <strong>zu</strong>r<br />
prozessualen Durchset<strong>zu</strong>ng von Geldschulden Rz. I 734). Aus dem Grundsatz<br />
der akzessorischen Haftung folgt, dass von der Gesellschaft geschuldete Ver<strong>zu</strong>gszinsen<br />
und ein darÅber hinausgehender Ver<strong>zu</strong>gsschaden unmittelbar auch<br />
die Haftung der Gesellschafter erweitern. Insoweit ist die Haftung nicht auf den<br />
ursprÅnglich geschuldeten Geldbetrag begrenzt. Der Gesellschafter kann aber<br />
auch selbst in Ver<strong>zu</strong>g geraten, und zwar dann, wenn er vom Gesellschaftsglåubiger<br />
persÇnlich <strong>zu</strong>r Zahlung aufgefordert wird und die Forderung in von ihm <strong>zu</strong><br />
vertretender Weise nicht erfÅllt. Durch anfallende Ver<strong>zu</strong>gszinsen und einen darÅ-<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 313.<br />
2 BGH v. 13.2.1974 – VIII ZR 147/72, BGHZ 62, 131 (132 f.) = NJW 1974, 750; vgl. <strong>zu</strong>r<br />
umstrittenen Frage der Parteifåhigkeit der OHG bis <strong>zu</strong> dieser Entscheidung Wertenbruch,<br />
Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 59 ff.<br />
3 So <strong>zu</strong>treffend fÅr den Anspruch auf Abgabe einer Willenserklårung BGH v. 22.12.1982<br />
– V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.; ebenso Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />
§ 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28; Koller in Koller/Roth/<br />
Morck, 7. Aufl. 2011, §§ 128, 129 HGB Rz. 5; Flume, Die Personengesellschaft, 1977,<br />
S. 312 ff.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 ff.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 695
Rz. I 907 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
ber hinausgehenden Ver<strong>zu</strong>gsschaden kann hier die persÇnliche Schuld betragsmåßig<br />
Åber die Gesellschaftsschuld hinausgehen. Dies gilt insbesondere dann,<br />
wenn der Gesellschaftsglåubiger die Gesellschaft gar nicht in Ver<strong>zu</strong>g setzt, sondern<br />
sogleich den Gesellschafter in Anspruch nimmt und gleichzeitig gemåß<br />
§ 286 Abs. 1 BGB mahnt. Befinden sich sowohl die Gesellschaft als auch ein<br />
oder mehrere Gesellschafter persÇnlich in Ver<strong>zu</strong>g, so tritt in Be<strong>zu</strong>g auf Ver<strong>zu</strong>gszinsen<br />
und einen darÅber hinausgehenden Ver<strong>zu</strong>gsschaden keine Kumulation<br />
ein. Der Gesellschaftsglåubiger kann die Ver<strong>zu</strong>gszinsen und seinen Ver<strong>zu</strong>gsschaden<br />
nur einmal verlangen. Wåhrend die Gesellschafter ohne Weiteres persÇnlich<br />
fÅr die von der Gesellschaft geschuldeten Ver<strong>zu</strong>gszinsen und einen darÅber<br />
hinausgehenden Ver<strong>zu</strong>gsschaden haften, schuldet umgekehrt die Gesellschaft<br />
nicht die aus persÇnlicher Inanspruchnahme der Gesellschafter erwachsenden<br />
Ver<strong>zu</strong>gszinsen und weiteren Ver<strong>zu</strong>gsschåden.<br />
Im Falle der persÇnlichen Inanspruchnahme eines Gesellschafters betrågt<br />
zwar wegen fehlender Unternehmereigenschaft des Gesellschafters 1 der Ver<strong>zu</strong>gszinssatz<br />
gemåß § 288 Abs. 1 BGB fÅr das Jahr fÅnf Prozentpunkte Åber<br />
dem Basiszinssatz i.S. des § 247 BGB, der Gesellschafter haftet aber gleichwohl<br />
aufgrund des Akzessorietåtsprinzips gemåß § 128 HGB, § 288 Abs. 2 BGB auf<br />
einen Zinssatz in HÇhe von acht Prozentpunkten Åber dem Basiszinssatz, weil die<br />
OHG als Unternehmerin an<strong>zu</strong>sehen ist und daher eine Gesellschaftsschuld mit<br />
dem erhÇhten Zinssatz entsteht.<br />
5. Vertretbare Handlungen – insbesondere GewåhrleistungsansprÅche<br />
a) Grundsåtze<br />
Ein Anspruch gegen die Gesellschaft auf Vornahme einer vertretbaren Handlung<br />
kann unmittelbar auch gegen die einzelnen Gesellschafter geltend gemacht<br />
werden. 2 Der BGH hat in dieser Hinsicht eine unmittelbare inhaltsgleiche<br />
Haftung der Gesellschafter fÅr vertretbare handwerkliche Leistungen im Rahmen<br />
der werkvertragsrechtlichen Gewåhrleistung bejaht. 3 908<br />
Der Gesellschafter<br />
kann sich hier nicht auf eine Beeintråchtigung der sog. gesellschaftsfreien Privatsphåre<br />
berufen. Denn der Gesellschafter kann, wenn eine Veranlassung der Gesellschaft<br />
<strong>zu</strong>r Leistung nicht gelingt, den Nachbesserungsanspruch im Wesentli-<br />
1 Der einzelne Gesellschafter betreibt auch bei einer GeschåftsfÅhrungsbefugnis kein eigenes<br />
Unternehmen.<br />
2 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (221 f.) = NJW 1979, 1361 (1362);<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 35; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 27; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 28.<br />
3 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (222) = NJW 1979, 1361 (1362).<br />
I 696 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 909<br />
chen ohne persÇnlichen Einsatz durch Beauftragung eines anderen Unternehmens<br />
und Leistung des Werklohns in Geld erfÅllen. Der Unterschied <strong>zu</strong> einer<br />
Geldschuld besteht zwar darin, dass der Gesellschafter ein anderes Unternehmen<br />
auswåhlen und beauftragen muss, dieser Aufwand obliegt aber auch dem Vertragsglåubiger,<br />
wenn der im Wege einer <strong>zu</strong>låssigen Ersatzvornahme den Mangel<br />
selbst beseitigt und seine Aufwendungen dann in Rechnung stellt. 1 Das Vorliegen<br />
einer vertretbaren Handlung setzt bei der werkvertragsrechtlichen Gewåhrleistung<br />
voraus, dass nach dem Inhalt des Werkvertrags die Leistung nicht nur<br />
von der Gesellschaft erbracht werden kann. 2 Ist nach dem Inhalt des Werkvertrags<br />
die Werkleistung und damit auch die NacherfÅllung nur von der Gesellschaft<br />
als solcher geschuldet, so haften die Gesellschafter nur auf Schadensersatz. Der<br />
Glåubiger muss daher <strong>zu</strong>nåchst der Gesellschaft eine Nachfrist setzen, um die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
fÅr einen Schadensersatzanspruch <strong>zu</strong> schaffen, fÅr den dann die<br />
Gesellschafter persÇnlich haften.<br />
Die grundsåtzlich unmittelbare und inhaltsgleiche Haftung fÅr AnsprÅche gegen<br />
die Gesellschaft auf Vornahme vertretbarer Handlungen spielt auch eine große<br />
Rolle bei der kaufrechtlichen und der mietrechtlichen Gewåhrleistung.<br />
Beim Kauf schuldet der einzelne Gesellschafter daher sowohl eine Nachbesserung<br />
als auch eine Nachlieferung, sofern die Vorausset<strong>zu</strong>ngen der §§ 437 Nr. 1,<br />
439 Abs. 1 BGB vorliegen. Entsprechendes gilt fÅr den Anspruch aus § 535<br />
Abs. 1 Satz 2 BGB auf Beseitigung eines Mietmangels. Der in Anspruch genommene<br />
Gesellschafter muss also hier, sofern er die Gesellschaft nicht <strong>zu</strong>r Leistung<br />
veranlassen kann, ein anderes Unternehmen mit der Erbringung der Leistung beauftragen<br />
und die dafÅr erforderliche VergÅtung Åbernehmen. Der Gesellschaftsglåubiger<br />
kann zwar dem Gesellschafter fÅr die Vornahme der vertretbaren<br />
Handlung eine Frist setzen, ein fruchtloser Ablauf dieser Frist fÅhrt aber nicht<br />
nach § 281 Abs. 1 BGB <strong>zu</strong>r Entstehung eines Schadensersatzanspruchs. Denn<br />
der nach § 128 HGB persÇnlich haftende Gesellschafter ist nicht Vertragspartner;<br />
der Gesellschaftsglåubiger muss also insoweit gegen die Gesellschaft vorgehen<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> und <strong>zu</strong>r Vollstreckung nach § 887 ZPO die nachfolgende Rz. I 910).<br />
Auch die Erstellung einer Auseinanderset<strong>zu</strong>ngsbilanz stellt eine vertretbare<br />
Handlung dar. 3 Eine Haftung nach § 128 HGB kommt aber insoweit nur dann in<br />
Betracht, wenn der Anspruch von einem ausgeschiedenen Gesellschafter geltend<br />
gemacht wird; ansonsten liegt nåmlich eine Sozialverbindlichkeit vor, fÅr<br />
die nicht nach § 128 HGB gehaftet wird (vgl. Rz. I 415 ff.).<br />
1 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (222) = NJW 1979, 1361 (1362).<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; vgl. <strong>zu</strong>r Einordnung der<br />
Werkleistung als vertretbare Handlung Wertenbruch, ZGS 2003, 53 ff.<br />
3 BGH v. 22.9.2008 – II ZR 257/07, ZIP 2008, 2359 (2361); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 131 HGB Rz. 157; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 131<br />
HGB Rz. 136; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011, § 131 HGB Rz. 14.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 697<br />
909
910<br />
911<br />
Rz. I 910 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
b) Vollstreckung nach § 887 ZPO und Umwandlung in Schadensersatzanspruch<br />
Steht einem Gesellschaftsglåubiger ein Anspruch auf Vornahme einer vertretbaren<br />
Handlung <strong>zu</strong>, so kann der Glåubiger nach fruchtlosem Ablauf einer gesetzten<br />
Nachfrist gemåß § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.<br />
Der ErfÅllungsanspruch bleibt gemåß § 281 Abs. 4 BGB trotz Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />
solange bestehen, bis der Glåubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangt.<br />
1 Der Gesellschaftsglåubiger kann also nunmehr wåhlen, ob er von der<br />
Gesellschaft die Vornahme der vertretbaren Handlung oder Schadensersatz verlangt.<br />
Das Gleiche gilt fÅr die Haftung des Gesellschafters aus § 128 HGB. Auch<br />
insoweit steht nun dem Gesellschaftsglåubiger ein Wahlrecht <strong>zu</strong>. Der Gesellschaftsglåubiger<br />
kann aber nicht unmittelbar gegen einen persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter aus § 281 Abs. 1 BGB vorgehen. Dies beruht darauf, dass ein Schadensersatzverlangen<br />
des Glåubigers nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist<br />
<strong>zu</strong>m ErlÇschen des ErfÅllungsanspruchs gegen die Gesellschaft fÅhrt. Insoweit<br />
stehen einem einzelnen persÇnlich haftenden Gesellschafter und dem Gesellschaftsglåubiger<br />
keine VerfÅgungsbefugnisse <strong>zu</strong>. Daher fÅhrt auch eine ErfÅllungsverweigerung<br />
des persÇnlich haftenden Gesellschafters nicht gemåß § 281<br />
Abs. 2 BGB <strong>zu</strong> einem Schadensersatzanspruch. Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr eine<br />
Umwandlung des ErfÅllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch kÇnnen<br />
nur im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft geschaffen werden. Eine ErfÅllungsverweigerung<br />
eines einzelnen Gesellschafters fÅhrt nur dann <strong>zu</strong>m Vorliegen der Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
des § 281 Abs. 2 BGB, wenn sie im Namen der Gesellschaft und im<br />
Rahmen einer Vertretungsberechtigung erklårt wird.<br />
Unmittelbar gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter kann der Gesellschaftsglåubiger<br />
nur nach § 887 Abs. 1 ZPO vorgehen. Danach kann der Glåubiger<br />
sich vom Prozessgericht des ersten Rechts<strong>zu</strong>ges ermåchtigen lassen, auf Kosten<br />
des Schuldners die Handlung vor<strong>zu</strong>nehmen. Dieses Verfahren setzt allerdings<br />
einen vollstreckbaren Titel gegen den Gesellschafter voraus. Das Verfahren<br />
nach § 887 Abs. 1 ZPO gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter bei einem<br />
Anspruch des Glåubigers auf Vornahme einer vertretbaren Handlung ist<br />
<strong>zu</strong>m einen auch in zeitlicher Hinsicht aufwendig und <strong>zu</strong>m anderen aufgrund der<br />
Neufassung des § 281 Abs. 1 BGB gar nicht erforderlich. Denn der Gesellschaftsglåubiger<br />
kann ohne Weiteres – auch bei nichtvertraglichen AnsprÅchen auf Vornahme<br />
einer vertretbaren Handlung – der Gesellschaft eine Nachfrist setzen und<br />
nach deren fruchtlosem Ablauf sowohl von der Gesellschaft als auch von allen<br />
persÇnlich haftenden Gesellschaftern Schadensersatz in Geld verlangen. Nach al-<br />
1 Unberath in Bamberger/Roth, 2. Aufl. 2007, § 281 BGB Rz. 48; Erman/<strong>Westermann</strong>, 12.<br />
Aufl. 2008, § 281 BGB Rz. 19; MÅnchKomm.BGB/Ernst, 5. Aufl. 2007, § 281 BGB<br />
Rz. 105; Palandt/GrÅneberg, 70. Aufl. 2011, § 281 BGB Rz. 50.<br />
I 698 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 912<br />
tem Schuldrecht bestand die Problematik darin, dass eine Umwandlung des Anspruchs<br />
in einen Schadensersatzanspruch gemåß § 326 BGB a.F. nur bei gegenseitigen<br />
Vertrågen mÇglich war. Die Regelung des § 286 BGB a.F. sah keine Nachfristset<strong>zu</strong>ng<br />
vor. Das Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO spielt daher auch bei<br />
nichtvertraglichen AnsprÅchen keine große Rolle mehr, sofern der Gesellschaftsglåubiger<br />
nicht ein besonderes Interesse daran hat, dass die Gesellschaft die vertretbare<br />
Handlung persÇnlich vornimmt. Ist die Gesellschaft <strong>zu</strong>r Vornahme einer<br />
vertretbaren Handlung rechtskråftig verurteilt worden, so kÇnnen bei einem Vorgehen<br />
nach § 887 Abs. 1 ZPO gegen die Gesellschaft die Kosten der Ersatzvornahme<br />
auch unmittelbar von den nach § 128 HGB persÇnlich haftenden Gesellschaftern<br />
verlangt werden.<br />
6. AnsprÅche auf Vornahme unvertretbarer Handlungen<br />
Einen Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung kann der Gesellschaftsglåubiger<br />
bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels gemåß § 888 ZPO gegen<br />
die Gesellschaft vollstrecken. Die Vornahme der Handlung kann also notfalls<br />
durch Zwangsgeld und Zwangshaft erzwungen werden. Der Gesellschaftsglåubiger<br />
kann aber auch hier gemåß § 281 Abs. 1 BGB eine Nachfrist setzen und<br />
nach deren fruchtlosem Ablauf Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Ein<br />
solcher Schadensersatzanspruch kann ohne Weiteres gegen die persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter geltend gemacht werden. Dies gilt aber nicht fÅr den Anspruch<br />
auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung. 1 Dem persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />
als Einzelperson ist die ErfÅllung der unvertretbaren Handlung<br />
ebenso unmÇglich wie einem Dritten. Es besteht daher gemåß § 275 Abs. 1<br />
BGB keine unmittelbare Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter. Aufgrund<br />
der Anwendung des § 275 BGB stellt sich nicht die Frage, ob die ErfÅllung der<br />
Verbindlichkeit in die sog. gesellschaftsfreie Privatsphåre des Gesellschafters eingreifen<br />
wÅrde (vgl. <strong>zu</strong> dieser Frage Rz. I 908). Insoweit greift auch keine Ausnahme<br />
fÅr vertretungsberechtigte Gesellschafter ein (vgl. <strong>zu</strong>r Stellung der<br />
vertretungsberechtigten Gesellschafter bei der ErfÅllung von Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />
auch Rz. I 906). 2 Denn das Handeln der vertretungsberechtigten<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 28; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1427 ff. A.A. Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 27, der unter Berufung auf<br />
das Urteil des BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (306) = NJW 1957,<br />
871 (872) eine ErfÅllung durch den Gesellschafter <strong>zu</strong>lassen will, soweit die Erbringung<br />
der Leistung <strong>zu</strong> den gesellschaftlichen Pflichten dieses Gesellschafters gehÇrt.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 36; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 28; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 313; K. Schmidt, GesR,<br />
4. Aufl. 2002, S. 1427 f.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 699<br />
912
913<br />
Rz. I 912 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Gesellschafter als Organe der Gesellschaft ist unmittelbar der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen.<br />
Nimmt ein vertretungsberechtigter Gesellschafter mit Wirkung fÅr und<br />
gegen die Gesellschaft eine Handlung vor, so handelt in Wirklichkeit die Gesellschaft,<br />
nicht aber der Gesellschafter persÇnlich. Der vertretungsberechtigte Gesellschafter<br />
ist nur im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft verpflichtet, die Rechtshandlungen<br />
nach außen vor<strong>zu</strong>nehmen. Diese GeschåftsfÅhrungsverpflichtung deckt sich<br />
inhaltlich nicht mit dem Anspruch des Glåubigers gegen die Gesellschaft auf Vornahme<br />
der Handlung.<br />
Im Ûbrigen erlangt der Glåubiger keinen <strong>zu</strong>såtzlichen Vorteil, wenn er neben der<br />
Gesellschaft einen vertretungsberechtigten Gesellschafter auf Vornahme einer<br />
unvertretbaren Handlung verklagt. Denn ein Titel gegen die Gesellschaft wird<br />
nach § 888 ZPO dadurch vollstreckt, dass die gesetzlichen Vertreter durch<br />
Zwangsgeld oder Zwangshaft <strong>zu</strong>r Vornahme der Handlung im Namen der Gesellschaft<br />
angehalten werden. 1 FÅr eine <strong>zu</strong>såtzliche Klage gegen einen vertretungsberechtigten<br />
Gesellschafter auf Vornahme einer von der Gesellschaft geschuldeten<br />
unvertretbaren Handlung besteht daher – abgesehen von der fehlenden<br />
materiell-rechtlichen Verpflichtung – auch kein RechtsschutzbedÅrfnis.<br />
Die entgegenstehende åltere Rechtssprechung des BGH 2 und die åltere Literatur<br />
<strong>zu</strong> dieser Frage 3 beruhen auch darauf, dass bis <strong>zu</strong>r Entscheidung BGHZ 62, 131 4<br />
die Parteifåhigkeit der OHG noch nicht endgÅltig anerkannt war und daher Klagen<br />
auf ErfÅllung von Gesellschaftsverbindlichkeiten gegen die GeschåftsfÅhrer<br />
der Gesellschaft gerichtet wurden. Der BGH hat zwar in einer Entscheidung aus<br />
dem Jahr 1957 einerseits darauf hingewiesen, dass die Klage auf Rechnungslegung<br />
auch gegen die OHG håtte erhoben werden kÇnnen, er låsst aber in dieser Entscheidung<br />
nach Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen die Rechtsnatur<br />
der OHG offen. 5 Mit der Erwågung, die geschåftsfÅhrenden Gesellschafter seien<br />
gegenÅber der Gesellschaft <strong>zu</strong>r Vornahme der unvertretbaren Handlung verpflichtet,<br />
wird in Wirklichkeit verschleiert, dass die OHG als Gesamthandsgesellschaft<br />
rechtsfåhig ist und durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter handelt.<br />
Der BGH håtte im Jahre 1957 die Klage gegen den geschåftsfÅhrenden Gesellschafter<br />
nicht abweisen kÇnnen, ohne ausdrÅcklich die Rechts- und Parteifåhigkeit<br />
der OHG <strong>zu</strong> bejahen. Dies sollte <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt offensichtlich<br />
vermieden werden. Nach Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit aller Au-<br />
1 Vgl. ZÇller/StÇber, 28. Aufl. 2010, § 888 ZPO Rz. 8.<br />
2 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (305 f.) = NJW 1957, 871 (872).<br />
3 Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 2. Aufl. 1951, S. 202. So auch in der<br />
aktuellen Literatur Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 27, wenn die Erbringung der Leistung <strong>zu</strong> den gesellschaftlichen Pflichten dieses<br />
Gesellschafters gehÇrt.<br />
4 BGH v. 13.2.1974 – VIII ZR 147/72, BGHZ 62, 131 (132 f.) = NJW 1974, 750.<br />
5 BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, BGHZ 23, 302 (305) = NJW 1957, 871 (872).<br />
I 700 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 914<br />
ßen-<strong>Personengesellschaften</strong> ist die unmittelbare Klage eines Gesellschaftsglåubigers<br />
gegen ein Vertretungsorgan auf Vornahme einer im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft<br />
geschuldeten GeschåftsfÅhrungshandlung aus den hier dargelegten GrÅnden<br />
nicht mehr <strong>zu</strong>låssig.<br />
7. AnsprÅche auf Abgabe einer Willenserklårung<br />
Schuldet die Personengesellschaft die Abgabe einer Willenserklårung, so kann der<br />
Gesellschaftsglåubiger diese Leistung auch dann nicht von einem persÇnlich<br />
haftenden Gesellschafter verlangen, wenn dieser aufgrund seiner GeschåftsfÅhrungs-<br />
und Vertretungsbefugnis die Willenserklårung fÅr die Gesellschaft abgeben<br />
kÇnnte. 1 Insoweit besteht die gleiche Rechtslage wie bei AnsprÅchen auf<br />
Vornahme einer unvertretbaren Handlung (vgl. Rz. I 912 ff.). Die sich aus dem<br />
Gesellschaftsverhåltnis ergebende Verpflichtung des geschåftsfÅhrenden Gesellschafters<br />
<strong>zu</strong>r Vertretung der Gesellschaft bei Abgabe einer Willenserklårung ist<br />
nicht identisch mit einem Anspruch des Glåubigers gegen die Gesellschaft auf<br />
Abgabe dieser Erklårung. 2 Ist die Gesellschaft rechtskråftig <strong>zu</strong>r Abgabe der Willenserklårung<br />
verurteilt, so gilt diese gemåß § 894 ZPO als abgegeben. 3 Eine <strong>zu</strong>såtzliche<br />
Verurteilung eines vertretungsberechtigten Gesellschafters auf Abgabe<br />
der Willenserklårung bringt dem Gesellschaftsglåubiger keinen <strong>zu</strong>såtzlichen Vorteil.<br />
4 914<br />
Diese Tatsache beståtigt grundsåtzlich, dass sich der Haftungsanspruch aus<br />
§ 128 HGB nicht auf die Vornahme von GeschåftsfÅhrungshandlungen im Namen<br />
der Gesellschaft richtet. Insoweit ist ein Anspruch des Glåubigers gegen die<br />
Gesellschaft abschließend. Erst wenn ein solcher Anspruch gegen die Gesellschaft<br />
in einen Schadensersatzanspruch Åbergegangen ist, kÇnnen die Gesellschafter<br />
persÇnlich in Anspruch genommen werden.<br />
1 BGH v. 22.12.1982 – V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.; BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07,<br />
ZIP 2008, 501 (502) = NJW 2008, 1378 (1379); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28.<br />
2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Flume, Die Personengesellschaft, 1977,<br />
S. 312 ff.<br />
3 Vgl. BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, ZIP 2008, 501 (502) = NJW 2008, 1378 (1379)<br />
(Bewilligung einer Grunddienstbarkeit).<br />
4 BGH v. 22.12.1982 – V ZR 315/81, WM 1983, 220 f.; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 18; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 28.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 701
915<br />
Rz. I 915 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
8. AnsprÅche auf Duldung oder Unterlassung – insbesondere Wettbewerbsverbote<br />
a) Grundsåtze<br />
VerstÇßt die Personengesellschaft gegen eine Unterlassungs- oder Duldungsverpflichtung,<br />
so kann aufgrund eines vollstreckbaren Titels im Fall der Zuwiderhandlung<br />
ein Ordnungsgeld gemåß § 890 Abs. 1 ZPO gegen die Gesellschaft<br />
festgesetzt werden. Auf ErfÅllung dieser Zahlungsverpflichtung haften dann auch<br />
die Gesellschafter gemåß § 128 HGB. Eine Ordnungshaft kann nach persÇnlicher<br />
Androhung gegen einen vertretungsberechtigten Gesellschafter verhångt<br />
werden. 1 Da die Personengesellschaft durch ihre Organe handelt, kann sie nur<br />
dadurch gegen eine Duldungs- oder Unterlassungspflicht verstoßen, dass ein Gesellschafter<br />
in Gesellschaftsangelegenheiten eine der Gesellschaft in Be<strong>zu</strong>g auf<br />
die konkrete Verpflichtung <strong>zu</strong>rechenbare Verlet<strong>zu</strong>ngshandlung vornimmt. Ist<br />
dies der Fall, so kann aufgrund der Rechts- und Parteifåhigkeit der Gesellschaft<br />
der Unterlassungsanspruch nur gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden. 2<br />
Denn auch bei VerstÇßen gegen Duldungs- und Unterlassungspflichten handelt<br />
die Gesellschaft durch ihre Organe. Umstritten ist, inwieweit der Gesellschaftsglåubiger<br />
einzelne oder mehrere Gesellschafter persÇnlich auf Duldung oder<br />
Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Unproblematisch ist der Fall, in dem<br />
sich aus dem zwischen dem Gesellschaftsglåubiger und der Gesellschaft bestehenden<br />
Vertrag oder aus dem Gesetz eine identische persÇnliche Verpflichtung<br />
der einzelnen Gesellschafter ergibt. 3 Eine solche persÇnliche Verpflichtung der<br />
Gesellschafter kann in einem Vertrag auch konkludent vereinbart werden. 4 FÅr<br />
die Vertragsgestaltung ist <strong>zu</strong> empfehlen, dass bei BegrÅndung von Duldungs- und<br />
Unterlassungspflichten fÅr <strong>Personengesellschaften</strong> immer auch die Gesellschafter<br />
rechtsgeschåftlich mitverpflichtet werden, sofern der Vertragspartner der Gesellschaft<br />
daran ein Interesse hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um <strong>Personengesellschaften</strong><br />
mit geringer Mitgliederzahl handelt. Nehmen ein oder mehrere<br />
Gesellschafter Handlungen vor, die der Gesellschaft aufgrund einer Duldungs-<br />
oder Unterlassungspflicht nicht gestattet sind, und ist das Verhalten der<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 16 f.; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 38; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 29.<br />
2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 38 f.; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 16 f.; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 29.<br />
3 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 39.<br />
4 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 39; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29.<br />
I 702 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 916<br />
einzelnen Gesellschafter der Gesellschaft nicht <strong>zu</strong>rechenbar, so låsst sich<br />
grundsåtzlich bei Fehlen einer besonderen Mitverpflichtung keine Duldungsoder<br />
Unterlassungspflicht der Gesellschafter aus § 128 HGB ableiten. 1 Aufgrund<br />
der Rechts- und Parteifåhigkeit der Personengesellschaft beziehen sich Duldungsund<br />
Unterlassungspflichten grundsåtzlich nur auf die Gesellschaft als solche und<br />
nicht auf die Sphåre der Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft. 2 Ist allerdings<br />
der Gesellschafter im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft <strong>zu</strong>r Unterlassung einer Handlung<br />
außerhalb der Gesellschaftssphåre verpflichtet, so kann eine gegen diese<br />
Pflicht verstoßende Handlung des Gesellschafters der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen<br />
sein, wenn die Gesellschaft nicht gegen den Gesellschafter vorgeht. Dieser Fall ist<br />
daher nicht anders <strong>zu</strong> behandeln als eine Handlung der Gesellschaft durch die Organe.<br />
b) Umgehung durch GrÅndung einer personengleichen Gesellschaft<br />
Um eine Umgehungsproblematik handelt es sich, wenn die Gesellschafter <strong>zu</strong>m<br />
Zwecke der AushÇhlung einer Duldungs- oder Unterlassungspflicht eine personengleiche<br />
Gesellschaft grÅnden, die dann die der ersten Gesellschaft vertraglich<br />
verbotene Handlung vornimmt. 3 Diese Fålle lassen sich entgegen der Ansicht<br />
von Karsten Schmidt4 916<br />
nicht mit der Annahme einer persÇnlichen Duldungsoder<br />
Unterlassungspflicht der Gesellschafter kraft Auslegung des zwischen der<br />
Gesellschaft und dem Glåubiger bestehenden Vertrags oder eines dahingehenden<br />
gesetzlichen Anspruchs lÇsen. Richtig ist, dass sich eine unmittelbare Unterlassungspflicht<br />
der einzelnen Gesellschafter auch konkludent aus dem zwischen<br />
dem Glåubiger und der Gesellschaft geschlossenen Vertrag ergeben kann (vgl.<br />
da<strong>zu</strong> Rz. I 915). Folgt aus dem Vertrag oder aus der gesetzlichen Vorschrift aber<br />
nur eine Verpflichtung der Gesellschaft, so liefe die Annahme einer solchen<br />
Pflicht der Gesellschafter in den Umgehungsfållen auf eine reine Fiktion hinaus.<br />
Der BGH geht vielmehr <strong>zu</strong> Recht davon aus, dass die Gesellschafter, wenn sie<br />
eine Zweitgesellschaft grÅnden und mit dieser geschåftliche Aktivitåten entfalten,<br />
die mit der ersten Gesellschaft aufgrund der Unterlassungspflicht nicht mÇglich<br />
waren, die Rechts- und Parteifåhigkeit der Gesamthandsgesellschaft vorsåtzlich<br />
missbrauchen. Trotz der inzwischen allgemein anerkannten Rechts- und Partei-<br />
1 Der BGH hat dies im Urteil v. 7.6.1972 – VIII ZR 175/70, BGHZ 59, 64 (67 f.) = NJW<br />
1972, 1421 offen gelassen; wie hier MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 29; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 16 f.<br />
2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 38 f.; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29.<br />
3 Vgl. da<strong>zu</strong> RG v. 2.5.1932 – VIII 104/32, RGZ 136, 266 (270 ff.); BGH v. 7.6.1972 – VIII<br />
ZR 175/70, BGHZ 59, 64 (67 f.) = NJW 1972, 1421; BGH v. 9.11.1973 – I ZR 83/72,<br />
WM 1974, 253 (254); BGH v. 28.5.1975 – VIII ZR 200/74, WM 1975, 777.<br />
4 MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 29; K. Schmidt, GesR,<br />
4. Aufl. 2002, S. 1428 ff.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 703
Rz. I 916 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
fåhigkeit der Gesamthandsgesellschaft ist diese mit der Gesamtheit der gesamthånderisch<br />
verbundenen Gesellschafter identisch 1 (vgl. da<strong>zu</strong> auch Rz. I 789). Tritt<br />
die Gesamtheit der Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, so ist diese<br />
nicht mehr existent. In den Fållen des BGH wollte die Gesamtheit der Gesellschafter<br />
weiterhin als Einheit <strong>zu</strong>sammenarbeiten und nur formal den Rechtstråger<br />
ihres Unternehmens durch GrÅndung einer neuen Gesellschaft austauschen, um<br />
die Duldungs- und Unterlassungspflicht <strong>zu</strong> umgehen. Zur BegrÅndung seiner<br />
Entscheidung hat der BGH 2 auf die § 242 BGB, § 128 HGB verwiesen. Dem ist<br />
im Ergebnis <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Aufgrund der gegebenen Umgehungsabsicht mÅssen<br />
die Gesellschafter sich gemåß § 242 BGB so behandeln lassen, als wÅrden sie<br />
gemåß § 128 HGB fÅr die Unterlassungspflichten der Gesellschaft haften. Da der<br />
BGH die Bestimmung des § 242 BGB herangezogen hat, kann seine Rechtsprechung<br />
nicht so verstanden werden, dass § 128 HGB generell auch fÅr Unterlassungspflichten<br />
der Gesellschaft Anwendung fånde. Ein Umgehungsfall der hier<br />
geschilderten Art liegt auch dann vor, wenn die Gesellschafter <strong>zu</strong>m Zwecke der<br />
Ausschaltung einer Unterlassungspflicht in die von ihnen gegrÅndete zweite Gesellschaft<br />
noch einen weiteren Gesellschafter aufnehmen. 3 Dass die Gesellschafter<br />
der Rechtsprechung des BGH <strong>zu</strong> den Umgehungsfållen nicht durch die<br />
Aufnahme eines weiteren Gesellschafters ausweichen kÇnnen, liegt auf der Hand.<br />
Der BGH sieht die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters in die zweite, neu<br />
gegrÅndete Gesellschaft jedenfalls dann als unschådlich an, wenn der weitere Gesellschafter<br />
nicht geschåftsfÅhrend tåtig ist. 4 Auch insoweit ist dem BGH <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen.<br />
Denn gerade bei Aufnahme eines nicht geschåftsfÅhrenden Gesellschafters<br />
ist offenkundig, dass die Gesellschafter der ersten Gesellschaft mit einem<br />
Strohmann die inzwischen gefestigte BGH-Rechtsprechung unterlaufen<br />
wollen. Schwieriger ist der Nachweis einer Umgehungsabsicht, wenn der weitere<br />
Gesellschafter geschåftsfÅhrend tåtig ist. In diesem Fall kommt es auf die Umstånde<br />
des Einzelfalls an. MÇglich ist hier, dass die „alten“ Gesellschafter gemåß<br />
§ 242 BGB, § 128 HGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Wollen<br />
nåmlich die Gesellschafter der ersten Gesellschaft mit einer zweiten Gesellschaft<br />
eine geschåftliche Aktivitåt entfalten, die der ersten Gesellschaft aufgrund<br />
einer Unterlassungspflicht nicht mÇglich ist, so spricht die Beteiligung eines wei-<br />
1 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 m. Bespr.<br />
K. Schmidt, NJW 2001, 993 = NZG 2001, 311 m. Bespr. <strong>Westermann</strong>, NZG 2001, 289 =<br />
ZIP 2001, 333 m. Bespr. Ulmer, ZIP 2001, 585; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl.<br />
2011, § 124 HGB Rz. 1; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 54 ff.; K. Schmidt,<br />
GesR, 4. Aufl. 2004, S. 196 ff.<br />
2 BGH v. 7.6.1972 – VIII ZR 175/70, BGHZ 59, 64 (67 f.) = NJW 1972, 1421; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 29.<br />
3 BGH v. 28.5.1975 – VIII ZR 200/74, WM 1975, 777.<br />
4 BGH v. 28.5.1975 – VIII ZR 200/74, WM 1975, 777 (778).<br />
I 704 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 918<br />
teren geschåftsfÅhrenden Gesellschafters an der zweiten Gesellschaft nicht gegen<br />
die Verwirklichung eines Umgehungstatbestandes durch die alten Gesellschafter.<br />
IV. Die Haftung des eintretenden Gesellschafters nach § 130<br />
HGB<br />
1. Anwendbarkeit des § 130 HGB auf Partnerschaftsgesellschaft und GbR<br />
Auf die Partnerschaftsgesellschaft findet § 130 HGB kraft Verweisung des § 8<br />
Abs. 1 Satz 2 PartGG entsprechende Anwendung. Der BGH hat mit Urteil v.<br />
7.4.20031 unter Abånderung seiner frÅheren Rechtsprechung2 die entsprechende<br />
Anwendung des § 130 HGB auf die GbR angeordnet. Da der BGH insoweit seine<br />
Rechtsprechung geåndert hat, soll die Haftung in zeitlicher Hinsicht grundsåtzlich<br />
nur bei einem nach Bekanntwerden des BGH-Urteils v. 7.4.2003 erfolgten<br />
Eintritt eingreifen. 3 Dies folgt aus Erwågungen des Vertrauensschutzes. 4 Die<br />
Haftung analog § 130 HGB greift allerdings dann in Be<strong>zu</strong>g auf einen Eintritt vor<br />
Erlass des BGH-Urteils v. 7.4.2003 ein, wenn im konkreten Einzelfall die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
fÅr einen Vertrauensschutz nicht gegeben sind. 5<br />
2. Eintritt i.S. des § 130 HGB<br />
Ein Eintritt in eine Personengesellschaft liegt nicht nur im Falle eines Eintritts<br />
durch Aufnahmevertrag, sondern auch bei Vererbung einer Beteiligung und auch<br />
im Falle einer Gesellschaftsbeteiligung im Rahmen einer Anteilsveråußerung vor. 6<br />
Auch ein fehlerhafter Gesellschafterbeitritt steht einer Anwendung des § 130<br />
HGB nicht entgegen. 7 Der tatsåchliche Eintritt in eine Schein-Personengesellschaft<br />
erfÅllt den Tatbestand des § 130 HGB ebenfalls. 8 918<br />
Wird von einem Gesellschafter<br />
in <strong>zu</strong>rechenbarer Weise der Schein eines Eintritts in eine Personenge-<br />
1 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (372 ff.) = ZIP 2003, 899 (901 f.).<br />
2 BGH v. 30.4.1979 – II ZR 137/78, BGHZ 74, 240 (242) = NJW 1979, 1821.<br />
3 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (377 f.) = ZIP 2003, 899 (901 f.).<br />
4 BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370 (377 f.) = ZIP 2003, 899 (901 f.).<br />
5 BGH v. 12.12.2005 – II ZR 283/03, ZIP 2006, 82 (84) = NJW 2006, 765 (766).<br />
6 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 4; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 130 HGB Rz. 9; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 130 HGB Rz. 14.<br />
7 BGH v. 6.2.1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (335); BGH v. 8.11.1965 – II ZR<br />
267/64, BGHZ 44, 235 (236 f.) = NJW 1966, 107 (108); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 4; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 130<br />
HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 130 HGB Rz. 15.<br />
8 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 4.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 705<br />
917
919<br />
920<br />
Rz. I 918 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
sellschaft erweckt, so kann sich eine entsprechende Anwendung des § 130 HGB<br />
aus allgemeinen Rechtsscheinsgrundsåtzen ergeben. 1 Nicht erforderlich fÅr die<br />
Anwendung des § 130 HGB ist die Eintragung des Eintritts in das Handelsregister.<br />
Bei der GbR findet ohnehin keine Registereintragung statt. Entscheidend ist<br />
das Wirksamwerden des Eintritts, d.h. der Zeitpunkt der BegrÅndung der Mitgliedschaft.<br />
3. Rechtsfolgen und abweichende Vereinbarungen<br />
Liegen die Vorausset<strong>zu</strong>ngen des § 130 HGB vor, so haftet der eintretende Gesellschafter<br />
fÅr Altverbindlichkeiten gemåß § 128 HGB. HierfÅr kommt es nicht<br />
darauf an, ob dem eintretenden Gesellschafter <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Eintritts die<br />
Altverbindlichkeiten bekannt sind. 2 Hat der eintretende Gesellschafter mit der<br />
Gesellschaft eine Befreiung von der Haftung fÅr Altverbindlichkeiten vereinbart,<br />
so hat dies gemåß § 130 Abs. 2 HGB gegenÅber Dritten keine Wirkung. Bedeutung<br />
hat eine solche Vereinbarung aber fÅr das Innenverhåltnis. Denn soweit der<br />
eintretende Gesellschafter von der Haftung fÅr Altverbindlichkeiten freigestellt<br />
worden ist, darf er bei einer Auseinanderset<strong>zu</strong>ng nicht mit Verlustanteilen belastet<br />
werden.<br />
V. Haftungsbeschrånkung bei der Partnerschaftsgesellschaft gemåß<br />
§ 8 Abs. 2 PartGG<br />
1. Allgemeines – Vertragliche und gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
Nach § 8 Abs. 2 PartGG haften fÅr berufliche Fehler neben der Partnerschaftsgesellschaft<br />
nur diejenigen Partner, die mit der Bearbeitung des Auftrages<br />
befasst waren. Bearbeitungsbeitråge von untergeordneter Bedeutung bleiben<br />
hier außer Betracht. Die Regelung des § 8 Abs. 2 PartGG ist durch Gesetz v.<br />
22.7.1998 3 neu gefasst worden. In Be<strong>zu</strong>g auf diese Haftungskonzentration besteht<br />
nunmehr ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Partnerschaftsgesellschaft<br />
und einer Freiberufler-GbR. Die Haftungsbeschrånkung des § 8 Abs. 2 PartGG<br />
bezieht sich sowohl auf die Haftung wegen Vertragsverlet<strong>zu</strong>ng (§ 280 Abs. 1<br />
BGB) als auch auf deliktische Verbindlichkeiten. Die Haftung fÅr deliktische<br />
Verbindlichkeiten spielt zwar bei Rechtsanwålten und Steuerberatern nur eine geringe<br />
Rolle, weil in der Regel durch den beruflichen Fehler nur ein VermÇgensschaden<br />
entsteht, der von § 823 Abs. 1 BGB nicht erfasst wird. Bei den årztlichen<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 5; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 130 HGB Rz. 15.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 130 HGB Rz. 7.<br />
3 Gesetz <strong>zu</strong>r Ønderung des Umwandlungsgesetzes, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes<br />
und anderer Gesetze v. 22.7.1998, BGBl. I 1998, 1878 (1881).<br />
I 706 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 921<br />
BerufsausÅbungsgesellschaften entsteht dagegen durch einen beruflichen Fehler<br />
in der Regel auch eine Verbindlichkeit aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eintritts einer<br />
KÇrperverlet<strong>zu</strong>ng. Die unerlaubte Handlung, die von einem einzelnen Partner in<br />
AusfÅhrung eines Auftrags begangen wird, wird daher zwar nach § 31 BGB analog<br />
der Partnerschaftsgesellschaft <strong>zu</strong>gerechnet, es haftet aber neben dem handelnden<br />
Partner nur die Partnerschaftsgesellschaft als solche. Die Haftung der anderen,<br />
nicht mit der AusfÅhrung des Auftrags befassten Partner nach § 8 Abs. 1<br />
Satz 1 PartGG wird durch § 8 Abs. 2 PartGG ausgeschlossen. Auch insoweit besteht<br />
ein wesentlicher Unterschied <strong>zu</strong>r GbR. Aufgrund der vom BGH 1 in Abkehr<br />
von der frÅheren Rechtsprechung 2 vertretenen analogen Anwendung des § 31<br />
BGB auf die GbR haften alle Gesellschafter der GbR analog § 128 HGB fÅr eine<br />
unerlaubte Handlung, die ein Gesellschafter in Angelegenheiten der Gesellschaft<br />
begangen hat.<br />
2. Befassung mit der Bearbeitung eines Auftrages<br />
Das Tatbestandsmerkmal „Auftrag“ ist nicht so <strong>zu</strong> verstehen, dass es sich um einen<br />
Auftrag i.S. des § 662 BGB handeln mÅsste. 3 Unter einem Auftrag i.S. des § 8<br />
Abs. 2 PartGG ist das Vertragsverhåltnis <strong>zu</strong> verstehen. 4 Eine Befassung mit<br />
der Bearbeitung eines Auftrages liegt <strong>zu</strong>m einen dann vor, wenn der Partner<br />
eine Mitwirkungshandlung vorgenommen hat. 5 Dieses Tatbestandsmerkmal ist<br />
aber nicht nur im Falle einer tatsåchlichen Befassung erfÅllt. 6 Erfasst wird auch<br />
ein untåtig gebliebener Partner, der nach der internen Zuståndigkeitsverteilung<br />
die Bearbeitung oder Ûberwachung håtte durchfÅhren mÅssen. 7 Entsteht fÅr den<br />
Vertragspartner einer Partnerschaftsgesellschaft dadurch ein Schaden, dass die<br />
Partnerschaftsgesellschaft als solche untåtig bleibt, so tritt nicht eine Haftungskonzentration<br />
auf den eigentlich <strong>zu</strong>ståndigen Partner ein, sondern es haften neben<br />
der Partnerschaftsgesellschaft alle Partner. 8 921<br />
Das Gleiche gilt, wenn nicht eindeutig<br />
geklårt werden kann, welcher Partner mit der Bearbeitung des Auftrags be-<br />
1 BGH v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88 (93 ff.) = ZIP 2003, 664 (665 f.).<br />
2 BGH v. 30.6.1966 – VII ZR 23/65, BGHZ 45, 311 (312) = NJW 1966, 1807 (1808).<br />
3 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 27.<br />
4 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 17; Michalski/RÇmermann,<br />
3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 27.<br />
5 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 28.<br />
6 So aber Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 28.<br />
7 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 22; Salger in<br />
MÅnchHdb. GesR I, 2. Aufl. 2004, § 43 Rz. 11; Grunewald, ZAP Fach 23, S. 551 (555);<br />
Henssler, FS Wiedemann, 2002, S. 906 (929 f.); Seibert, BRAK-Mitteilungen 1998, 210<br />
(211).<br />
8 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 22; Michalski/RÇmermann,<br />
3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 29a; Gummert in MÅnchAnwaltshdb. PersonengesellschaftsR,<br />
2005, § 3 Rz. 201.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 707
922<br />
Rz. I 921 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
fasst war. 1 Hier geht es insbesondere um die Fålle, in denen Angestellte der Partnerschaftsgesellschaft<br />
tåtig geworden sind, deren Maßnahmen nicht zweifelsfrei<br />
einem bestimmten Partner <strong>zu</strong>geordnet werden kÇnnen. Fraglich ist, ob eine<br />
„Befassung“ auch dann vorliegt, wenn ein nach der internen Zuståndigkeitsverteilung<br />
<strong>zu</strong>ståndiger Partner nicht hin<strong>zu</strong>gezogen wird, aber <strong>zu</strong>mindest ein anderer<br />
Partner tåtig wird. Das OLG Hamm2 verneint hier eine Haftung aller Partner,<br />
weil eine pflichtwidrige Untåtigkeit nicht vorliege und der Regelung des<br />
§ 8 Abs. 2 PartGG durch die Bearbeitung der Sache durch mindestens einen (anderen)<br />
Partner GenÅge getan sei. Dem OLG Hamm ist nur fÅr die Fallkonstellation<br />
<strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen, in der <strong>zu</strong>mindest ein ausreichend qualifizierter Partner die<br />
Sache bearbeitet. 3 Hier liegt nåmlich eine den Schutz des Vertragspartners grundsåtzlich<br />
nicht beeintråchtigende faktische Zuståndigkeitsånderung vor. Anders<br />
ist die Rechtslage aber dann, wenn ein Partner – insbesondere bei einer interprofessionellen<br />
Partnerschaft – ohne ausreichende Qualifikation allein tåtig<br />
wird oder nur einen Angestellten hin<strong>zu</strong>zieht. 4 Ein Angestellter, der als Scheinpartner<br />
eingeordnet werden kann, haftet zwar wie ein Partner (vgl. Rz. I 922), er<br />
steht aber in Be<strong>zu</strong>g auf die hier in Rede stehende Frage der Haftungskonzentration<br />
nicht ohne Weiteres einem echten Partner gleich. 5 Denn der Schadensersatzglåubiger<br />
muss sich in dieser Hinsicht nicht auf den Rechtsschein berufen.<br />
Ohne Bedeutung fÅr das Tatbestandsmerkmal „Befassung“ ist die Frage, ob<br />
durch den Tåtigkeitsbeitrag der Schaden <strong>zu</strong>mindest mitverursacht wurde (vgl.<br />
Rz. I 923).<br />
3. Fehlerhafter Beitritt und Haftung des „Scheinpartners“<br />
Ist der vollzogene Beitritt <strong>zu</strong>r Partnerschaftsgesellschaft mit einem rechtlichen<br />
Mangel behaftet, so haftet der beigetretene Partner nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen<br />
Grundsåtzen Åber den fehlerhaften Beitritt wie ein Gesellschafter,<br />
dessen Beitritt wirksam ist. 6 Entsprechendes gilt, wenn – insbesondere<br />
1 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 26; Michalski/RÇmermann,<br />
3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30.<br />
2 OLG Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 m. Anm. Posegga; so auch<br />
Henssler/PrÅtting, BRAO, 3. Aufl. 2010, § 8 PartGG Rz. 31 ff.<br />
3 OLG Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 (2008) m. Anm. Posegga.<br />
4 A.A. OLG Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 (2008) m. insoweit abl.<br />
Anm. Posegga. Im Fall des OLG Hamm hatte ein Steuerberater als Partner bei einem erbrechtlichem<br />
Mandat abredewidrig nur einen angestellten Rechtsanwalt, nicht aber den<br />
<strong>zu</strong>ståndigen Rechtsanwalt und Steuerberater hin<strong>zu</strong>gezogen. Die Haftung aller Partner<br />
håtte daher bejaht werden mÅssen.<br />
5 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30a ff.; a.A. OLG MÅnchen v.<br />
18.1.2001 – 29 U 2962/00, NJW-RR 2001, 1358 (1360) = DB 2001, 809 (811); OLG<br />
Hamm v. 14.2.2010 – 28 U 151/09, DStR 2010, 2007 (2008) m. Anm. Posegga.<br />
6 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 11.<br />
I 708 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 923<br />
durch Aufnahme in den Briefkopf – der Schein einer Stellung als Partner erweckt<br />
wird. 1 Ist ein „Scheinpartner“ mit der DurchfÅhrung eines Auftrags befasst, so<br />
tritt die Haftungskonzentration des § 8 Abs. 2 PartGG nicht ohne Weiteres ein. 2<br />
Es haften aber nicht zwingend såmtliche Partner. 3 Eine Haftung såmtlicher Partner<br />
tritt nur dann ein, wenn das Handeln des Scheinpartners keinem bestimmten<br />
Partner <strong>zu</strong>geordnet werden kann. Arbeitet aber der Scheinpartner einem bestimmten<br />
Partner <strong>zu</strong>, so erfolgt eine Haftungskonzentration auf diesen Partner.<br />
Insoweit ist kein Grund ersichtlich, im Verhåltnis <strong>zu</strong> den anderen Partnern die<br />
Rechtslage anders <strong>zu</strong> beurteilen als in dem Fall, dass ein Angestellter der Partnerschaftsgesellschaft<br />
einem bestimmten Partner <strong>zu</strong>arbeitet. Der Scheinpartner haftet<br />
aber neben dem Partner, dem die Tåtigkeit <strong>zu</strong>gerechnet wird, nach Rechtsscheinsgrundsåtzen<br />
selbst aus § 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG.<br />
4. Tåtigkeiten von untergeordneter Bedeutung<br />
FÅr das Tatbestandsmerkmal „Bearbeitungsbeitråge von untergeordneter<br />
Bedeutung“ spielt die Frage der Schadensverursachung keine unmittelbare Rolle.<br />
4 Eine fehlende Mitverursachung fÅhrt nicht ohne Weiteres <strong>zu</strong> einer „untergeordneten<br />
Bedeutung“ des Beitrags. Dass <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Befassung der <strong>zu</strong>m<br />
Schaden fÅhrende berufliche Fehler von einem anderen Partner schon begangen<br />
worden ist und nicht mehr korrigiert werden kann, rechtfertigt daher weder die<br />
Einordnung als Beitrag von untergeordneter Bedeutung noch eine teleologische<br />
Reduktion des § 8 Abs. 2 PartGG. 5 Dies gilt auch dann, wenn ein mit dem Auftrag<br />
in einem spåteren Stadium befasster Partner <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Schadensverursachung<br />
noch gar nicht der Partnerschaft angehÇrte. 6<br />
923<br />
1 OLG MÅnchen v. 18.1.2001 – 29 U 2962/00, NJW-RR 2001, 1358 (1360); MÅnch-<br />
Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 11; Grunewald, FS Ulmer,<br />
2003, S. 141 (144 f.); Henssler, FS Vieregge, 1995, S. 361 (367 f.); Schåfer, DStR 2003, 1078<br />
(1079 ff.); a.A. Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30a.<br />
2 Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30c.<br />
3 So aber Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 30c.<br />
4 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (125 f.) = NJW 2010, 1360.<br />
5 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (125 f.) = NJW 2010, 1360; wohl<br />
auch MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 21 (verschuldensunabhångig<br />
ausgestaltete Reichweite der Handelndenhaftung); a.A. Henssler/Deckenbrock,<br />
EWiR 2010, 89 f. (Haftung nur bei Set<strong>zu</strong>ng eins jedenfalls mittelbaren Verursachungsbeitrags).<br />
6 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (125 f.) = NJW 2010, 1360; MÅnch-<br />
Komm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 32; Henssler/Deckenbrock,<br />
EWiR 2010, 89 f.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 709
Rz. I 923 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Andererseits kann ein Bearbeitungsbeitrag, der den Schaden allein oder mitverursacht<br />
hat, kein Bearbeitungsbeitrag von untergeordneter Bedeutung sein. 1 In<br />
der BegrÅndung <strong>zu</strong>m Regierungsentwurf 2 und von einem Teil der Literatur 3 werden<br />
auch die Urlaubsvertretung und die konsiliarische Beiziehung eines Partners<br />
als untergeordnete Beitråge eingestuft. Dieser Auffassung kann nicht <strong>zu</strong>gestimmt<br />
werden. 4 Wenn ein Urlaubsvertreter die Angelegenheit bearbeitet, besteht<br />
nach außen Åberhaupt kein Unterschied <strong>zu</strong> einem Tåtigwerden des eigentlich<br />
<strong>zu</strong>ståndigen verhinderten Partners. Der Urlaubsvertreter kann sich zwar in<br />
gewissem Umfang auf die bisherige Tåtigkeit des <strong>zu</strong>ståndigen Partners verlassen,<br />
er Åbernimmt aber fÅr die Zeit der Vertretung die Verantwortung fÅr die Angelegenheit.<br />
Entscheidend ist, ob der Tåtigkeitsbeitrag des Urlaubsvertreters fÅr sich<br />
betrachtet, also bei Ausklammerung des Umstands der Urlaubsvertretung, als Tåtigkeit<br />
von nicht untergeordneter Bedeutung an<strong>zu</strong>sehen wåre. Der Status als originår<br />
<strong>zu</strong>ståndiger Partner oder Vertreter ist insoweit nicht von entscheidender Bedeutung.<br />
Unterlåuft dem Urlaubsvertreter ein Fehler, so haftet er neben demjenigen<br />
Partner, den er vertritt. Es sind eben in diesem Fall nach außen zwei Partner<br />
mit der Bearbeitung des Auftrags befasst. Wird beispielsweise vom Urlaubsvertreter<br />
eines Arztes eine fehlerhafte Behandlung vorgenommen oder von einem anwaltlichen<br />
Urlaubsvertreter eine Frist versåumt, so besteht fÅr den Geschådigten<br />
kein Unterschied <strong>zu</strong>m Handeln des Vertretenen. Dies ist gerade der Sinn einer Urlaubsvertretung.<br />
Nicht anders <strong>zu</strong> behandeln ist der Fall der Einschaltung eines<br />
årztlichen Konsiliarius. Er wird beigezogen, weil der mit der DurchfÅhrung des<br />
Auftrags befasste Partner in einem Teilgebiet nicht die erforderlichen Spezialkenntnisse<br />
hat. Dies ist dem Konsiliarius auch bekannt. Er Åbernimmt daher in<br />
haftungsrechtlicher Hinsicht die Verantwortung fÅr sein Teilgebiet. Keine formelle<br />
Zuziehung als Konsiliarius liegt vor, wenn der fÅr den Patienten tåtige Partner<br />
bei einem anderen Partner einen Rat einholt, um die Angelegenheit weiter selbståndig<br />
und eigenverantwortlich bearbeiten <strong>zu</strong> kÇnnen. 5 Wichtiges Indiz fÅr das<br />
Vorliegen einer konsiliarischen Beiziehung ist das Verfassen eines schriftlichen<br />
Vermerks, eines Befundes oder eines sonstigen SchriftstÅcks durch den <strong>zu</strong>gezogenen<br />
Partner. Durch eine solche Handlung wird deutlich, dass der <strong>zu</strong>gezogene<br />
Partner fÅr einen Teilbereich die Verantwortung Åbernimmt.<br />
1 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 (126) = NJW 2010, 1360 (1362);<br />
Begr. RegE BT-Drucks. 13/9820, S. 21; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl.<br />
2009, § 8 PartGG Rz. 28; a.A. Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 31a.<br />
2 RegE <strong>zu</strong>m Gesetz <strong>zu</strong>r Ønderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung<br />
und anderer Gesetze, BT-Drucks. 13/9830, S. 21.<br />
3 MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 8 PartGG Rz. 27; Henssler, ZIP 1997,<br />
1481 (1490).<br />
4 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates <strong>zu</strong>m RegE Anwalts-GmbH-Gesetz, BT-Drucks.<br />
13/9820, S. 26; differenzierend Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 32.<br />
5 So auch Michalski/RÇmermann, 3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 32.<br />
I 710 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 925<br />
5. HaftungshÇchstgrenze des § 8 Abs. 3 PartGG<br />
Nach § 8 Abs. 3 PartGG kann fÅr einzelne Berufe eine Beschrånkung der Haftung<br />
auf einen bestimmten HÇchstbetrag <strong>zu</strong>gelassen werden, wenn <strong>zu</strong>gleich eine<br />
Pflicht <strong>zu</strong>m Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung der Partner oder<br />
der Partnerschaftsgesellschaft begrÅndet wird. Die Regelung des § 8 Abs. 3<br />
PartGG stellt nur klar, dass durch berufsrechtliche Spezialgesetze die Haftung der<br />
Partner einer Partnerschaftsgesellschaft beschrånkt werden kann, wenn diese Beschrånkung<br />
durch eine Haftpflichtversicherung kompensiert wird. Bislang sind<br />
hier<strong>zu</strong> die Regelungen des § 51a Abs. 1 BRAO, § 45a Abs. 1 PAO, § 67a Abs. 1<br />
StBerG und § 54a Abs. 1 WPO erlassen worden. 1<br />
VI. Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />
1. Grundsatz der fortbestehenden Haftung<br />
Die persÇnliche Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB wird durch ein<br />
Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht berÅhrt, sofern die Verbindlichkeit vor<br />
seinem Ausscheiden entstanden ist. 2 Dies folgt zwingend aus dem Zweck des<br />
§ 128 HGB, dem Gesellschaftsglåubiger als Ausgleich fÅr ein fehlendes Mindestkapital<br />
die persÇnliche Haftung der Gesellschafter als Grundlage fÅr die KreditwÅrdigkeit<br />
<strong>zu</strong> bieten. 3 925<br />
Wenn also bei Abschluss eines Vertrags A, B und C Gesellschafter<br />
der OHG sind und damit fÅr die potentiellen Gesellschaftsglåubiger die<br />
Kreditunterlage bilden, kann diese nicht einseitig dadurch beseitigt werden, dass<br />
ein oder mehrere Gesellschafter durch Ûbertragung des Gesellschaftsanteils oder<br />
durch Austritt ihre Mitgliedschaft beenden. Dass ein ausgeschiedener Gesellschafter<br />
grundsåtzlich fÅr die bereits entstandenen Verbindlichkeiten weiter haftet,<br />
folgt unmittelbar auch aus der Regelung des § 160 Abs. 1 HGB, nach der ein<br />
ausgeschiedener Gesellschafter fÅr die bis <strong>zu</strong>m Ausscheiden begrÅndeten Verbindlichkeiten<br />
befristet weiterhaftet (vgl. <strong>zu</strong> den Einzelheiten der Nachhaftung<br />
Rz. I 937 ff.).<br />
1 Vgl. <strong>zu</strong> den berufsrechtlichen Haftungsregelungen im Einzelnen Michalski/RÇmermann,<br />
3. Aufl. 2005, § 8 PartGG Rz. 51 ff.<br />
2 BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59, BGHZ 36, 224 (225) = NJW 1962, 536; BGH v.<br />
6.6.1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232 (235 f.) = NJW 1968, 2006; BGH v. 21.12.1970<br />
– II ZR 258/67, BGHZ 55, 267 (269) = NJW 1971, 1268 f.; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 28; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB 54; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 40, Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 40.<br />
3 BGH v. 6.6.1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232 (235 f.) = NJW 1968, 2006 (2007);<br />
Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 40.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 711<br />
924
926<br />
927<br />
Rz. I 926 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
2. Sonderfålle des Ausscheidens aus der Gesellschaft<br />
Ebenso wie im Fall des klassischen Austritts und bei Ûbertragung des Gesellschaftsanteils<br />
liegt auch bei Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft<br />
und im Fall einer nach dem Gesellschaftsvertrag <strong>zu</strong>låssigen HinauskÅndigung<br />
ein Ausscheiden aus der Gesellschaft vor. Wird die Stellung eines Komplementårs<br />
unter Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in eine Kommanditistenstellung<br />
umgewandelt, so ist in Be<strong>zu</strong>g auf seine unbeschrånkte persÇnliche<br />
Haftung von einem Ausscheiden aus der Gesellschaft aus<strong>zu</strong>gehen. 1 Dies folgt unmittelbar<br />
aus der Neuregelung des § 160 Abs. 3 HGB, wonach im Falle der Umwandlung<br />
der Beteiligung in eine Kommanditistenstellung fÅr die Begren<strong>zu</strong>ng der<br />
Haftung § 160 Abs. 1 und 2 HGB entsprechend gilt. FÅr die nach Wirksamwerden<br />
der Umwandlung entstehenden Verbindlichkeiten haftet der Kommanditist<br />
nur noch gemåß § 173 HGB beschrånkt. Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschafter<br />
zwar von Anfang an als Kommanditist aufgenommen wurde, er aber bis<br />
<strong>zu</strong>r Eintragung in das Handelsregister gemåß § 176 i.V.m. § 128 HGB persÇnlich<br />
fÅr die bis <strong>zu</strong>r Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.<br />
2<br />
3. PersÇnliche Haftung nach Formwechsel oder AuflÇsung/Vollbeendigung<br />
der Gesellschaft<br />
Wird die Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters aufgelÇst und<br />
voll beendet, so hat dies keinen Einfluss auf die persÇnliche Haftung. 3 AuflÇsung<br />
und Vollbeendigung der Gesellschaft lassen grundsåtzlich eine einmal begrÅndete<br />
persÇnliche Haftung nach § 128 HGB unberÅhrt. Wird eine OHG oder<br />
KG durch Formwechsel nach §§ 190, 191 UmwG in eine Kapitalgesellschaft<br />
umgewandelt, so bleibt die persÇnliche Haftung aus § 128 HGB fÅr die bis <strong>zu</strong>m<br />
Wirksamwerden der Umwandlung begrÅndeten Verbindlichkeiten unberÅhrt<br />
(§ 224 Abs. 1 UmwG). 4 Die Nachhaftung der frÅheren persÇnlich haftenden Ge-<br />
1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB 57; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 42; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 43.<br />
2 BGH v. 19.12.1977 – II ZR 202/76, BGHZ 70, 132 (137) = NJW 1978, 636 (637); BGH<br />
v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (222 f.) = NJW 1979, 1361 f.; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 43.<br />
3 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (206 f.) = WM 1967, 929 (931); BGH<br />
v. 6.6.1968 – II ZR 18/66, BGHZ 50, 232 (237) = WM 1968, 889 (890); Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 43.<br />
4 Kallmeyer/Dirksen, 4. Aufl. 2010, § 224 UmwG Rz. 1; Schmitt/HÇrtnagl/Stratz, 5. Aufl.<br />
2009, § 224 UmwG Rz. 1; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 59; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 46; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 44.<br />
I 712 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 930<br />
sellschaft fÅr Altverbindlichkeiten aus dem Zeitraum vor der Umwandlung wird<br />
gemåß § 224 Abs. 2–5 UmwG in inhaltlicher Ûbereinstimmung mit § 160 HGB<br />
begrenzt.<br />
4. BegrÅndung der Gesellschaftsverbindlichkeit vor dem Ausscheiden<br />
a) Entstehung der Rechtsgrundlage<br />
FÅr die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters ist nicht entscheidend, dass<br />
die Verbindlichkeit schon <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens fållig war. 1 Entscheidend<br />
ist vielmehr, dass die Rechtsgrundlage schon <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens<br />
des Gesellschafters bestanden hat. 2 Bei Verbindlichkeiten aus Vertrågen<br />
ist der Vertragsschluss grundsåtzlich der Zeitpunkt fÅr die BegrÅndung des Anspruchs<br />
(vgl. <strong>zu</strong> den Einzelheiten Rz. I 930 ff.).<br />
b) Vertragliche AnsprÅche – insbesondere Dauerschuldverhåltnisse<br />
In Be<strong>zu</strong>g auf die Haftung fÅr vertragliche Verbindlichkeiten kommt es nicht darauf<br />
an, ob einzelne Leistungen schon vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />
erbracht wurden; der Abschluss des Vertrags als Rechtsgrundlage fÅr die vertraglichen<br />
AnsprÅche genÅgt. 3 930<br />
Schließt also die Gesellschaft vor dem Ausscheiden<br />
eines Gesellschafters als Verkåuferin einen Kaufvertrag ab, so haftet der ausgeschiedene<br />
Gesellschafter auf Verschaffung des Kaufgegenstandes. Kauft die<br />
Gesellschaft vor dem Ausscheiden eines Gesellschafters einen Gegenstand, so<br />
kommt es fÅr die Haftung bezÅglich der Kaufpreisverbindlichkeit nicht darauf an,<br />
ob der Gegenstand schon vor dem Ausscheiden geleistet wurde. Dementspre-<br />
1 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1970 – II ZR 258/67,<br />
BGHZ 55, 267 (269 f.) = NJW 1971, 1268 f.; BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW<br />
1986, 1690; BGH v. 27.9.1999 – II ZR 356/98, NJW 2000, 208 (209); Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 62; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 49; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 46.<br />
2 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1970 – II ZR 258/67,<br />
BGHZ 55, 267 (269 f.) = NJW 1971, 1268 f.; BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW<br />
1986, 1690; BGH v. 27.9.1999 – II ZR 356/98, NJW 2000, 208 (209); Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 62; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 49; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 46; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011,<br />
§§ 128, 129 HGB Rz. 18.<br />
3 RG v. 9.10.1929 – I 140/29, RGZ 125, 417 (418); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />
BGHZ 36, 224 (225) = NJW 1962, 536; BGH v. 19.5.1983 – II ZR 49/82, NJW 1983,<br />
2256 (2258); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 50; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 713<br />
929
Rz. I 930 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
chend besteht bei einem Werkvertrag die persÇnliche Haftung des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters fÅr die Werklohnforderung auch dann, wenn die gegenÅber<br />
der Gesellschaft geschuldete Leistung erst nach dem Ausscheiden voll erfÅllt wurde.<br />
1 Entsprechendes gilt fÅr vertragliche AufwendungsersatzansprÅche, und zwar<br />
auch in Be<strong>zu</strong>g auf <strong>zu</strong>gunsten der Gesellschaft bestellte Sicherheiten. 2 VerbÅrgt<br />
sich ein Dritter <strong>zu</strong>gunsten der Gesellschaft als Hauptschuldnerin vor dem Ausscheiden<br />
eines Gesellschafters, so haftet der ausgeschiedene Gesellschafter auch<br />
fÅr den Regressanspruch des BÅrgen, der durch Inanspruchnahme des BÅrgen<br />
nach Ausscheiden des Gesellschafters entsteht. Ebenso haftet der ausgeschiedene<br />
Gesellschafter, wenn vor seinem Ausscheiden ein Dritter eine Realsicherheit <strong>zu</strong>gunsten<br />
der Gesellschaft Åbernommen hat. Wird also beispielsweise eine Grundschuld<br />
vor dem Ausscheiden bestellt, so haftet der ausgeschiedene Gesellschafter<br />
fÅr RegressansprÅche des GrundstÅckseigentÅmers als Sicherungsgeber auch<br />
dann, wenn die Verwertung der Grundschuld oder einer Zahlung des EigentÅmers<br />
<strong>zu</strong>m Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung nach dem Ausscheiden<br />
erfolgt. 3 Bei bedingten Vertrågen ist fÅr die Haftung des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters nicht der Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung, sondern der des<br />
Vertragsabschlusses maßgebend. 4 Der BGH 5 hat dies fÅr einen unter einer Bedingung<br />
abgeschlossenen Bauvertrag entschieden. Es handelt sich aber insoweit<br />
nicht um eine werkvertragsrechtliche Besonderheit, sondern um ein fÅr alle Vertråge<br />
geltendes Prinzip. Wird nach BegrÅndung eines Anspruchs aus einem gegenseitigen<br />
Vertrag das Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der Gesellschaft<br />
erÇffnet und lehnt der Insolvenzverwalter die ErfÅllung ab, so kann der Anspruch<br />
auf Schadensersatz wegen NichterfÅllung auch gegen den <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der<br />
ErfÅllungsverweigerung des Insolvenzverwalters bereits ausgeschiedenen Gesell-<br />
1 BGH v. 21.12.1970 – II ZR 258/67, BGHZ 55, 267 (269 f.) = NJW 1971, 1268 f. (Forderungen<br />
aus Bauvertrag); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 64.<br />
2 BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW 1986, 1690; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 30; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 50; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />
3 BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW 1986, 1690; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 47.<br />
4 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (220) = NJW 1979, 1361; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />
5 BGH v. 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (220) = NJW 1979, 1361.<br />
I 714 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 932<br />
schafter geltend gemacht werden. 1 Denn die vertragliche Grundlage fÅr diesen<br />
Schadensersatzanspruch ist der bereits vor der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens<br />
abgeschlossene Vertrag, der vom Insolvenzverwalter nicht erfÅllt wird. Zu<br />
beachten ist hier aber, dass gemåß § 93 InsO auch die AnsprÅche aus § 128 HGB<br />
gegen einen ausgeschiedenen Gesellschafter wåhrend der Dauer des Insolvenzverfahrens<br />
nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kÇnnen (vgl.<br />
da<strong>zu</strong> Rz. I 957 ff.). 2<br />
Die Problematik der Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr AnsprÅche<br />
aus Dauerschuldverhåltnissen ist durch die Neuregelung des § 160 HGB<br />
Åber die Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters wesentlich entschårft<br />
worden (vgl. <strong>zu</strong>r Nachhaftung Rz. I 930 ff.). Dass der Anspruch eines Gesellschaftsglåubigers<br />
erst nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters fållig wird, åndert<br />
nach wie vor nichts an der grundsåtzlichen Haftung des Gesellschafters.<br />
Denn die Rechtsgrundlage fÅr den nach Ausscheiden des Gesellschafters fållig<br />
werdenden Anspruch ist der Vertrag Åber die BegrÅndung des Dauerschuldverhåltnisses.<br />
Dies entspricht der Rechtsprechung 3 und der h.L. 4 Dieser Grundsatz<br />
gilt nicht nur fÅr VergÅtungsansprÅche aus dem Dauerschuldverhåltnis, die nach<br />
dem Ausscheiden fållig werden, sondern auch fÅr SchadensersatzansprÅche<br />
aufgrund einer Pflichtverlet<strong>zu</strong>ng, die von der Gesellschaft erst nach dem Aus-<br />
1 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />
BGHZ 36, 224 (228) = NJW 1962, 536 (537); BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64,<br />
BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47.<br />
2 Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 15; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl. 2010, § 93 InsO<br />
Rz. 4; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 60; Armbruster, Die Stellung<br />
des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft,<br />
1996, S. 150.<br />
3 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (12); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />
BGHZ 36, 224 (225) = NJW 1962, 336; BGH v. 19.12.1977 – II ZR 202/76, BGHZ 70,<br />
132 (137) = NJW 1978, 636 (637); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 129/81, NJW 1983, 2943;<br />
BGH v. 19.5.1983 – II ZR 207/81, NJW 1983, 2940 (2941); BGH v. 19.5.1983 – II ZR<br />
49/82, NJW 1983, 2256 (2258); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, BGHZ 87, 286 (289)<br />
= NJW 1983, 2254 f.; BGH v. 8.10.1984 – II ZR 312/83, NJW 1985, 1899 (1900); BGH<br />
v. 27.9.1999 – II ZR 356/98, BGHZ 142, 324 (328 f.) = NJW 2000, 208 (209); BGH v.<br />
29.4.2002 – II ZR 330/00, BGHZ 150, 373 (376) = NJW 2002, 2170 (2171); BAG v.<br />
21.7.1977 – 3 AZR 189/76, NJW 1978, 391; BAG v. 3.5.1983 – 3 AZR 1263/79, NJW<br />
1983, 2283; BAG v. 19.5.2004 – 5 AZR 405/03, NJW 2004, 3287 (3288).<br />
4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 31; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 65; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 53; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 48.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 715<br />
932
933<br />
Rz. I 932 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
scheiden eines Gesellschafters begangen wurde. 1 Insoweit handelt es sich nicht<br />
um eine Besonderheit des Mietrechts und auch des Leasingrechts 2 , sondern um<br />
einen allgemeinen Grundsatz der Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters<br />
fÅr Altverbindlichkeiten. Denn der Glåubiger der Gesellschaft vertraut bei<br />
Abschluss des Vertrags auch darauf, dass die <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt der Gesellschaft<br />
angehÇrigen Gesellschafter nicht nur fÅr die ErfÅllung der VergÅtungsansprÅche,<br />
sondern auch fÅr SchadensersatzansprÅche wegen Pflichtverlet<strong>zu</strong>ngen<br />
haften. Die hier dargelegten Grundsåtze gelten auch fÅr Dauerschuldverhåltnisse<br />
in Form von Dienst- und Arbeitsvertrågen. Der ausgeschiedene Gesellschafter<br />
haftet daher nach § 160 Abs. 1 HGB fÅr ArbeitsentgeltansprÅche eines<br />
Arbeitnehmers der Gesellschaft, sofern das Arbeitsverhåltnis vor dem Ausscheiden<br />
des Gesellschafters begrÅndet wurde und die AnsprÅche vor Ablauf von fÅnf<br />
Jahren nach dem Ausscheiden des Gesellschafters fållig werden. 3 Die Haftung des<br />
ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr von der Gesellschaft <strong>zu</strong>gesagte Betriebsrenten<br />
setzt voraus, dass die Zusage der Gesellschaft vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />
erklårt worden ist. 4 FÅr die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung gilt § 160<br />
HGB (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 930 ff.).<br />
c) Besonderheiten der Haftung bei Bankverbindlichkeiten/Kontokorrentkonten<br />
In Ûbereinstimmung mit den fÅr Dauerschuldverhåltnisse geltenden Grundsåtzen<br />
haften die Gesellschafter fÅr ein Debet auf einem Kontokorrentkonto in<br />
1 RG v. 14.2.1933 – II 284/32, RGZ 140, 10 (14); BGH v. 21.12.1961 – II ZR 74/59,<br />
BGHZ 36, 224 (228) = NJW 1962, 536 (537); BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64,<br />
BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 48.<br />
2 BGH v. 8.10.1984 – II ZR 312/83, NJW 1985, 1899; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 48.<br />
3 BAG v. 19.5.2004 – 5 AZR 405/03, ZIP 2004, 1905 (1906 f.) = NJW 2004, 3287 (3288).<br />
4 BGH v. 19.5.1983 – II ZR 129/81, NJW 1983, 2943; BGH v. 19.5.1983 – II ZR 207/81,<br />
NJW 1983, 2940 (2941); BGH v. 19.5.1983 – II ZR 49/82, NJW 1983, 2256 (2258);<br />
BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, BGHZ 87, 286 (289) = NJW 1983, 2254 f.; BAG v.<br />
3.5.1983 – 3 AZR 1263/79, NJW 1983, 2283; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl.<br />
2011, § 128 HGB Rz. 50; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 49.<br />
I 716 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 933<br />
HÇhe des negativen Saldos, der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens bestand. 1<br />
Wird aber nach Ausscheiden eines Gesellschafters der negative Saldo von der Gesellschaft<br />
reduziert, so stellt der neue, niedrigere Saldo auch dann in Be<strong>zu</strong>g auf<br />
dieses Rechtsverhåltnis den HÇchstbetrag der Haftung dar, wenn sich nachfolgend<br />
der Negativsaldo <strong>zu</strong> Lasten der Gesellschaft wieder erhÇht. 2 Daraus folgt,<br />
dass im Falle einer vollståndigen RÅckfÅhrung des Debets nach Ausscheiden<br />
eines Gesellschafters die Haftung in Be<strong>zu</strong>g auf dieses Rechtsverhåltnis in voller<br />
HÇhe erlischt und daher dem ausgeschiedenen Gesellschafter die spåtere Entstehung<br />
eines Negativsaldos nicht mehr schadet. 3 Wenn die Gesellschaft nach dem<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters durch Ûberweisung, Abhebung oder in anderer<br />
Weise Åber einen Geldbetrag verfÅgt, der nicht als Guthaben vorhanden ist,<br />
sondern vom Rahmen eines Dispositionskredits/Limits gedeckt wird, so begrÅndet<br />
sie rechtsgeschåftlich eine neue Einzelforderung der Bank aus dem Kontokorrentverhåltnis.<br />
Hierin liegt eine vertragliche Haftungserweiterung, die den ausgeschiedenen<br />
Gesellschafter nicht mehr trifft (vgl. <strong>zu</strong> vertraglichen Haftungsånderungen<br />
Rz. I 934). FÅr die hier in Ûbereinstimmung mit der h.M. vertretene<br />
Auffassung spricht auch die Rechtsprechung des BGH <strong>zu</strong>r Pfåndung eines „Dispositionskredits“.<br />
Der Vollstreckungsglåubiger kann nicht in eine sog. Kreditlinie<br />
1 RG v. 30.5.1911 – II 669/10, RGZ 76, 330 (334); BGH v. 28.6.1968 – I ZR 158/66,<br />
BGHZ 50, 277 (278) = NJW 1968, 2100 (2101); BGH v. 2.11.1973 – I ZR 88/72, NJW<br />
1974, 100; BGH v. 25.12.1985 – II ZR 93/85, NJW-RR 1986, 834 (835) = WM 1986,<br />
447 (448); OLG KÇln v. 18.7.2001 – 13 U 244/00, NZG 2001, 1044 (1045); Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 50; a.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 66; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 56.<br />
2 RG v. 30.5.1911 – II 669/10, RGZ 76, 330 (334); BGH v. 28.6.1968 – I ZR 158/66,<br />
BGHZ 50, 277 (278) = NJW 1968, 2100 (2101); BGH v 2.11.1973 – I ZR 88/72, NJW<br />
1974, 100; BGH v. 25.12.1985 – II ZR 93/85, NJW-RR 1986, 834 (835) = WM 1986,<br />
447 (448); OLG KÇln v. 18.7.2001 – 13 U 244/00, NZG 2001, 1044 (1045); Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 50.<br />
3 RG v. 30.5.1911 – II 669/10, RGZ 76, 330 (334); BGH v. 28.6.1968 – I ZR 158/66,<br />
BGHZ 50, 277 (278) = NJW 1968, 2100 (2101); BGH v. 2.11.1973 – I ZR 88/72, NJW<br />
1974, 100; BGH v. 25.12.1985 – II ZR 93/85, NJW-RR 1986, 834 (835) = WM 1986,<br />
447 (448); OLG KÇln v. 18.7.2001 – 13 U 244/00, NZG 2001, 1044 (1045); Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 30; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 50; a.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 66; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 56.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 717
Rz. I 933 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
hineinpfånden, sondern nur auf eine Einzelforderung <strong>zu</strong>greifen, die durch Inanspruchnahme<br />
des Kontoinhabers konkret entstanden ist. 1<br />
d) Vertragliche Verånderungen der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
Wird ein Vertrag durch eine Ønderungsvereinbarung einvernehmlich nach<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters abgeåndert, so treffen die durch die Ønderung<br />
begrÅndeten Forderungen nicht den ausgeschiedenen Gesellschafter. 2 Verlångert<br />
sich aber ein begrÅndetes Dauerschuldverhåltnis dadurch, dass <strong>zu</strong> einem<br />
vertraglich bestimmten Zeitpunkt eine KÅndigung unterbleibt, so haften ausgeschiedene<br />
Gesellschafter auch fÅr die nach dem Ausscheiden aufgrund der Vertragsfortset<strong>zu</strong>ng<br />
fållig werdenden Forderungen. 3 Denn hier ist der Rechtsgrund<br />
fÅr die Fortset<strong>zu</strong>ng in Wirklichkeit schon vor dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />
durch Vertragsschluss entstanden. Das Gleiche gilt, wenn die Vertragsverlångerung<br />
durch AusÅbung einer eingeråumten Option bewirkt wird. 4 Denn auch<br />
hier handelt es sich nicht um eine einvernehmliche Vertragsverlångerung nach<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters, sondern um einen schon vorher durch Einråumung<br />
der Option bestehenden Rechtsgrund. Im Ergebnis nicht anders <strong>zu</strong> behandeln<br />
ist ein einseitiges Verhalten einer Partei, das eine Pflichtverlet<strong>zu</strong>ng darstellt<br />
oder in anderer Weise den Tatbestand eines Sekundåranspruchs erfÅllt; entscheidend<br />
ist hier, dass der verletzte Primåranspruch vor dem Ausscheiden begrÅndet<br />
wurde. 5 934<br />
Eine Wechselprolongation stellt dagegen ein einvernehmliches Verhal-<br />
1 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (355) = NJW 2004, 1444 (1445);<br />
BGH v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01, ZIP 2004, 669 (670) = NZI 2005, 690 (691); Musielak/Becker,<br />
8. Aufl. 2011, § 850k ZPO Rz. 13; vgl. <strong>zu</strong>r Parallelproblematik bei der Pfåndung<br />
von Gesellschafterkonten Wertenbruch, FS Gerhardt, 2004, S. 1077 ff.<br />
2 RG v. 24.11.1914 – III 237/14, RGZ 86, 60 (62 f.); RG v. 9.10.1929 – I 140/29, RGZ<br />
125, 417 (418); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 67; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 52; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 51.<br />
3 RG v. 24.11.1914 – III 237/14, RGZ 86, 60 (62 f.); BGH v. 29.4.2002 – II ZR 330/00,<br />
BGHZ 150, 373 (376) = ZIP 2002, 1251 (1252); Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 51.<br />
4 Hunke, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters, 1987, S. 40; a.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 50.<br />
5 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 68; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 51; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 47, 51.<br />
I 718 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 936<br />
ten und keine einseitige Verlångerung der Verpflichtung dar; sie erweitert die Haftung<br />
des ausgeschiedenen Gesellschafters daher nicht. 1<br />
e) Ausscheiden des Gesellschafters nach Abschluss von Rahmenvertrågen<br />
und Vorvertrågen<br />
Wird auf der Grundlage eines Vor- oder Rahmenvertrags nach dem Ausscheiden<br />
eines Gesellschafters ein Austauschvertrag abgeschlossen, aus dem sich eine Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
ergibt, so ist unter bestimmten Vorausset<strong>zu</strong>ngen der<br />
Zeitpunkt des Abschlusses des Vor- oder Rahmenvertrags maßgebend. Die eigentliche<br />
Gesellschaftsverbindlichkeit beruht zwar hier auf dem nach Ausscheiden<br />
des Gesellschafters geschlossenen Austauschvertrag, der eigentliche Rechtsgrund<br />
ist aber bereits der Vor- oder Rahmenvertrag, sofern sich aus diesem<br />
Vertrag eine Verpflichtung der Gesellschaft <strong>zu</strong>m Abschluss des Folgevertrags ergibt.<br />
Entscheidend ist also, ob fÅr die Gesellschaft auf der Grundlage des Voroder<br />
Rahmenvertrags <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters eine<br />
Verpflichtung <strong>zu</strong>m Abschluss eines oder mehrerer Austauschvertråge bestand.<br />
2 Entsprechendes gilt, wenn der Rahmenvertrag eine sog. take-or-pay-Klausel<br />
enthålt, d.h. die Gesellschaft einen bestimmten Geldbetrag auch dann zahlen<br />
muss, wenn sie auf der Grundlage eines Rahmenvertrags eine bestimmte Mindestmenge<br />
nicht abnimmt.<br />
f) Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr gesetzliche Verbindlichkeiten<br />
In Be<strong>zu</strong>g auf die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr gesetzliche<br />
Verbindlichkeiten gilt das gleiche Prinzip wie bei vertraglichen Verbindlichkeiten.<br />
Entscheidend ist die Entstehung des Rechtsgrundes. 3 Bei AnsprÅchen aus unerlaubter<br />
Handlung ist nicht auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts, sondern<br />
auf den der Vornahme der Verlet<strong>zu</strong>ngshandlung (oder pflichtwidrigen Unterlassung)<br />
ab<strong>zu</strong>stellen. 4 In Be<strong>zu</strong>g auf AnsprÅche gegen die Gesellschaft aus Ge-<br />
1 RG v. 9.10.1929 – I 140/29, RGZ 125, 417 (418); RG v. 24.11.1914 – III 237/14, RGZ<br />
68, 60 (62 f.); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 67; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 52; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 52.<br />
2 Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 52; differenzierend<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 63; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 54.<br />
3 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 53.<br />
4 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 53.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 719<br />
935<br />
936
Rz. I 936 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
schåftsfÅhrung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) kommt es auf den Zeitpunkt<br />
der Ûbernahme der GeschåftsfÅhrung an. 1 Im Hinblick auf BereicherungsansprÅche<br />
wird in der Literatur 2 zwischen der Leistungskondiktion und der<br />
Nichtleistungskondiktion unterschieden. Bei der Leistungskondiktion soll der<br />
Zeitpunkt der Entstehung des vermeintlichen Rechtsgrundes maßgebend sein,<br />
wåhrend bei der Nichtleistungskondiktion das <strong>zu</strong>r Bereicherung fÅhrende Verhalten<br />
entscheidend sei. Diese Unterscheidung Åberzeugt nicht. Erfolgt eine Leistung<br />
von Anfang an ohne Rechtsgrund (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), so<br />
kommt es – wie bei der Nichtleistungskondiktion – auf den Eintritt der Bereicherung<br />
bei der Gesellschaft an. Fållt ein <strong>zu</strong>nåchst gegebener Rechtsgrund der Leistung<br />
spåter weg (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB), so ist der Zeitpunkt des Wegfalls<br />
des Rechtsgrundes entscheidend fÅr die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters.<br />
Entsprechendes gilt, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht<br />
eintritt (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB). Hier ist also der Zeitpunkt des Scheiterns<br />
der Zweckerreichung maßgebend.<br />
VII. Die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nach § 160 HGB,<br />
§ 10 Abs. 2 PartGG und § 736 Abs. 2 BGB<br />
1. Geltungsbereich des § 160 HGB<br />
Die fÅr die OHG und Åber § 161 Abs. 2 HGB fÅr die KG geltende Regelung des<br />
§ 160 HGB Åber die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung ist auf der Grundlage des<br />
Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes v. 18.3.19943 am 26.3.1994 in Kraft getreten.<br />
Das in Art. 35 und Art. 36 EGHGB geregelte Ûbergangsrecht fÅr vor dem Inkrafttreten<br />
entstandene Verbindlichkeiten spielt in der Praxis nur noch eine unbedeutende<br />
Rolle. 4 937<br />
Insbesondere nach Anerkennung der akzessorischen Haftung<br />
der Gesellschafter einer GbR analog § 128 HGB ist die durch § 736 Abs. 2 BGB<br />
angeordnete entsprechende Anwendung des § 160 HGB konsequent. FÅr die<br />
Partnerschaftsgesellschaft ordnet § 10 Abs. 2 PartGG die entsprechende Anwendung<br />
des § 160 HGB an. Es gilt daher grundsåtzlich nicht nur fÅr die Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />
der persÇnlichen Haftung, sondern auch fÅr die Nachhaftungsbegren-<br />
1 BGH v. 25.11.1985 – II ZR 80/85, NJW 1986, 1690; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 53.<br />
2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 69; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 57; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 53.<br />
3 Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetz v. 18.3.1994, BGBl. I 1994, 560.<br />
4 Vgl. <strong>zu</strong>m Ûbergangsrecht MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB<br />
Rz. 8 f.<br />
I 720 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 939<br />
<strong>zu</strong>ng dasselbe Recht. Problematisch ist die entsprechende Anwendung des § 160<br />
HGB auf die GbR aber insoweit, als fÅr diese Gesellschaftsform bislang kein Gesellschaftsregister<br />
existiert und daher die Frist des § 160 Abs. 2 HGB nicht ab einer<br />
Registereintragung beginnen kann (vgl. <strong>zu</strong>m Fristbeginn bei Ausscheiden aus<br />
einer GbR Rz. I 941).<br />
2. Die Enthaftungsvorausset<strong>zu</strong>ngen des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />
Nach § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB tritt im Ergebnis die Enthaftung ein, wenn die bis<br />
<strong>zu</strong>m Ablauf von fÅnf Jahren nach der Registereintragung des Ausscheidens fållig<br />
werdenden Verbindlichkeiten nicht gerichtlich geltend gemacht werden. Eine<br />
Nachhaftung Åber den Zeitpunkt des Ausscheidens hinaus setzt ohnehin, wie<br />
§ 160 Abs. 1 Satz 1 HGB klarstellt, voraus, dass die Verbindlichkeit schon vor<br />
dem Ausscheiden entstanden ist. Es muss sich also um sog. Altverbindlichkeiten<br />
handeln (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 929). Es geht somit im Wesentlichen um vor dem Ausscheiden<br />
begrÅndete Dauerschuldverhåltnisse, die nach dem Ausscheiden <strong>zu</strong> fålligen<br />
AnsprÅchen gegen die Gesellschaft fÅhren. Werden Forderungen aus Altverbindlichkeiten<br />
erst nach Ablauf von fÅnf Jahren seit dem Ausscheiden des Gesellschafters<br />
fållig, so ist die Nachhaftung von vornherein ausgeschlossen. 1 Ob<br />
der Anspruch dagegen innerhalb des FÅnfjahreszeitraums nach dem Ausscheiden<br />
oder bereits vor diesem Zeitpunkt fållig geworden ist, spielt keine Rolle. 2 Da § 160<br />
Abs. 1 Satz 1 HGB keine Verjåhrungsregelung, sondern einen Ausschlusstatbestand<br />
darstellt, wird eine vor Ablauf der FÅnfjahresfrist eintretende Verjåhrung<br />
nicht verlångert. 3 Der persÇnlich in Anspruch genommene Gesellschafter<br />
kann daher die Verjåhrungseinrede gemåß § 129 Abs. 1 HGB erheben (vgl. <strong>zu</strong>r<br />
Geltendmachung von Einwendungen und Einreden der Gesellschaft<br />
Rz. I 966 ff.). Sind dagegen AnsprÅche gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter<br />
bereits festgestellt, so gilt die 30-jåhrige Verjåhrungsfrist des § 197 Abs. 1<br />
Nr. 3 BGB, die von der Ausschlussfrist des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht berÅhrt<br />
wird. 4<br />
Das Fålligwerden von Altverbindlichkeiten innerhalb von fÅnf Jahren nach dem<br />
Ausscheiden des Gesellschafters fÅhrt aber nur dann <strong>zu</strong>r Nachhaftung, wenn vor<br />
Ablauf dieser Ausschlussfrist eine gerichtliche Geltendmachung erfolgt ist. Erfolgt<br />
diese Geltendmachung nicht, so tritt trotz Fålligkeit innerhalb der FÅnfjah-<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 3; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 11, 17; a.A. MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 31.<br />
2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 160 HGB Rz. 25.<br />
3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 3.<br />
4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 3; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 42; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 12.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 721<br />
938<br />
939
Rz. I 939 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
resfrist mit Ablauf dieser Frist die Enthaftung ein. Unproblematisch ist die Fristwahrung,<br />
wenn die fållig gewordenen AnsprÅche innerhalb der FÅnfjahresfrist<br />
gerichtlich festgestellt worden sind. Eine solche gerichtliche Feststellung ist aber<br />
nicht erforderlich, weil gemåß § 160 Abs. 1 Satz 3 HGB die fÅr die Verjåhrung<br />
geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 BGB entsprechende Anwendung<br />
finden. Praktische Bedeutung hat also hier insbesondere die Hemmung<br />
der Ausschlussfrist gemåß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Klageerhebung sowie<br />
die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren (§ 204 Abs. 1 Nr. 3<br />
BGB). Die Enthaftung tritt mithin im Ergebnis nach Ablauf von fÅnf Jahren nicht<br />
ein, wenn ein bis <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt fållig gewordener und nicht verjåhrter Anspruch<br />
gerichtlich geltend gemacht oder schriftlich anerkannt wird (§ 160<br />
Abs. 2 HGB) oder nach dem entsprechend geltenden Verjåhrungsrecht in sonstiger<br />
Weise eine Wahrung der Ausschlussfrist gegeben ist. Das Anerkenntnis i.S.<br />
des § 160 Abs. 2 HGB muss einerseits zwar schriftlich sein, es muss sich aber<br />
nicht um ein Schuldanerkenntnis i.S. des § 781 BGB handeln. 1 Aufgrund des Erfordernisses<br />
der Schriftform ist weder ein mÅndliches noch auch ein konkludentes<br />
Anerkenntnis durch tatsåchliches Verhalten (Abschlagszahlung, Zinszahlung,<br />
Sicherheitsleistung oder åhnliche Handlung) i.S. des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausreichend.<br />
2 Bei Çffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genÅgt gemåß § 160<br />
Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 HGB der Erlass eines Verwaltungsakts. Diese Vorschrift ist<br />
insbesondere fÅr Steuerforderungen von großer praktischer Bedeutung. FÅr das<br />
Wirksamwerden eines Verwaltungsakts durch Zugang gelten die allgemeinen Çffentlich-rechtlichen<br />
Bestimmungen. 3 Der Zugang eines Zahlungsbescheides steht<br />
also der gerichtlichen Geltendmachung einer zivilrechtlichen Forderung gleich.<br />
Dies ist konsequent, weil die Glåubiger Çffentlich-rechtlicher Forderungen <strong>zu</strong>m<br />
Zwecke der Erlangung eines Vollstreckungstitels keine Klage erheben mÅssen,<br />
sondern die Vollstreckung nur einen bestandskråftigen Verwaltungsakt voraussetzt.<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 6; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 37; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 15.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 6; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 38; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 16.<br />
3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 36; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 14.<br />
I 722 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 941<br />
3. Fristbeginn<br />
a) Grundsåtze<br />
Nach § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB beginnt die Frist mit dem Ende des Tages, an dem<br />
das Ausscheiden in das Handelsregister eingetragen wird. Hat der Glåubiger<br />
vor Eintragung Kenntnis vom Ausscheiden des Gesellschafters erlangt, so beginnt<br />
die Frist mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung. 1 Bedeutung erlangt dies<br />
insbesondere in den Fållen, in denen bereits die Eintragung der Gesellschaft in<br />
das Handelsregister unterblieb.<br />
b) Fristbeginn bei Ausscheiden aus einer GbR<br />
Beim Ausscheiden aus einer GbR ist in Be<strong>zu</strong>g auf den Fristbeginn eine entsprechende<br />
Anwendung des § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht mÇglich, weil fÅr die<br />
GbR kein Register existiert, in das das Ausscheiden eines Gesellschafters eingetragen<br />
werden kÇnnte. Beim Ausscheiden aus einer GbR kommt es daher auf den<br />
Zeitpunkt an, <strong>zu</strong> dem der Glåubiger einer Gesellschaftsverbindlichkeit Kenntnis<br />
vom Ausscheiden des Gesellschafters erlangt. 2 Der BGH3 hat dies vor Inkrafttreten<br />
des Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes fÅr die vergleichbare Problematik<br />
der entsprechenden Anwendung des § 159 HGB auf die GbR entschieden. § 159<br />
Abs. 2 HGB stellt ebenso wie § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB auf den Zeitpunkt der<br />
Eintragung in das Handelsregister ab. Das Abstellen auf die Kenntnis der Gesellschaftsglåubiger<br />
kann da<strong>zu</strong> fÅhren, dass die FÅnfjahresfrist des § 160 Abs. 1<br />
Satz 1 HGB nicht einheitlich fÅr alle Gesellschaftsglåubiger <strong>zu</strong> laufen beginnt.<br />
Der BGH4 weist aber darauf hin, dass der aus einer GbR ausscheidende Gesellschafter<br />
es in der Hand habe, den Glåubigern sein Ausscheiden alsbald <strong>zu</strong>r Kenntnis<br />
<strong>zu</strong> bringen. Dass der ausgeschiedene Gesellschafter da<strong>zu</strong> selbst in der Lage ist,<br />
erscheint indes gerade bei den von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschaftern<br />
zweifelhaft. Auch ein ausgeschiedener geschåftsfÅhrender Gesellschafter<br />
darf nicht ohne Weiteres die Glåubiger betreffende oder sonstige Daten der Gesellschaft<br />
„mitnehmen“. Es muss vielmehr die Gesellschaft unmittelbar bei Ausscheiden<br />
des Gesellschafters durch Rundschreiben die Glåubiger informieren. 5<br />
941<br />
Im Falle einer vertraglichen Vereinbarung Åber das Ausscheiden des Gesellschafters<br />
sollte bei der Vertragsgestaltung eine solche Verpflichtung ausdrÅcklich vereinbart<br />
werden. ErfÅllt die Gesellschaft diese Verpflichtung nicht, so ist wegen<br />
1 BGH v. 24.9.2007 – II ZR 284/05, BGHZ 174, 7 (10 ff.) = ZIP 2007, 2262 (2263 f.),<br />
Tz.15ff.<br />
2 Erman/<strong>Westermann</strong>, 12. Aufl. 2008, § 736 BGB Rz. 8; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer,<br />
5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 27; Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011, § 736 BGB Rz. 14;<br />
K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1806.<br />
3 BGH v. 10.2.1992 – II ZR 54/91, BGHZ 117, 168 (175 ff.) = NJW 1992, 1615 (1616 f.).<br />
4 BGH v. 10.2.1992 – II ZR 54/91, BGHZ 117, 168 (179) = NJW 1992, 1615 (1617 f.).<br />
5 Vgl. MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 27.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 723<br />
940
942<br />
943<br />
Rz. I 941 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Gefåhrdung der Rechtsposition des ausgeschiedenen Gesellschafters aus § 160<br />
Abs. 1 HGB eine einstweilige VerfÅgung <strong>zu</strong>låssig. Bei Fehlen einer ausdrÅcklichen<br />
Vereinbarung Åber die Information der Gesellschaftsglåubiger låsst sich der Anspruch<br />
auf eine solche Information aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht<br />
herleiten. Auch in diesem Fall ist eine einstweilige VerfÅgung des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters gegen die Gesellschaft <strong>zu</strong>låssig.<br />
4. Wechsel des Komplementårs in die Kommanditistenstellung<br />
Der Wechsel eines Komplementårs in die Kommanditistenstellung ist in Be<strong>zu</strong>g<br />
auf die Nachhaftung so <strong>zu</strong> behandeln wie ein Ausscheiden aus der Gesellschaft<br />
(§ 160 Abs. 3 Satz 1 HGB). Nach dieser Vorschrift finden die fÅr das Ausscheiden<br />
geltenden Regelungen des § 160 Abs. 1 und 2 HGB entsprechende Anwendung.<br />
Dies gilt gemåß § 160 Abs. 3 Satz 2 HGB auch dann, wenn der Gesellschafter in<br />
der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschaft angehÇrenden Unternehmen geschåftsfÅhrend<br />
tåtig ist. Es wird also hier klargestellt, dass der praktisch bedeutsame<br />
Fall des Wechsels des bisherigen Komplementårs in die Kommanditistenstellung<br />
der KG und in die Stellung des GeschåftsfÅhrers einer Komplementår-<br />
GmbH der Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nicht entgegensteht. Diese Klarstellung<br />
war erforderlich, weil nach der vor Erlass des Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes<br />
ergangenen Rechtsprechung 1 im Falle des Wechsels des Komplementårs in die<br />
Kommanditistenstellung unter Ûbernahme des GeschåftsfÅhreramtes in der<br />
Komplementår-GmbH die grundsåtzlich unbegrenzte Weiterhaftung fortbestand.<br />
Die Kommanditistenhaftung wird aber, wie § 160 Abs. 3 Satz 3 HGB<br />
klarstellt, in keiner Weise berÅhrt.<br />
5. Abweichende Vereinbarungen<br />
§ 160 HGB ist nicht als zwingendes Recht an<strong>zu</strong>sehen. 2 Dies folgt auch aus der<br />
Regelung des § 160 Abs. 2 HGB, wonach der ausgeschiedene Gesellschafter<br />
durch ein schriftliches Anerkenntnis den Eintritt des Endes der Nachhaftung hinausschieben<br />
kann. 3 Im Ûbrigen kann der ausgeschiedene Gesellschafter ohne<br />
Weiteres durch Ûbernahme einer BÅrgschaft oder durch einen Schuldbeitritt eine<br />
Åber die Grenzen des § 160 Abs. 1 HGB hinausgehende Nachhaftung verein-<br />
1 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 204/79, BGHZ 78, 114 (118) = NJW 1981, 175 (176); BGH<br />
v. 19.5.1983 – II ZR 207/81, NJW 1983, 2940 (2943); BAG v. 3.5.1983 – 3 AZR<br />
1263/79, NJW 2283 (2284); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 7;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 44.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 16; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 19; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011,<br />
§ 160 HGB Rz. 4; a.A. Leverenz, ZHR 160 (1996), 75 ff.<br />
3 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1501.<br />
I 724 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 944<br />
baren. Aus der Regelung des § 160 Abs. 2 HGB Åber die Einhaltung der Schriftform<br />
ist aber <strong>zu</strong> folgern, dass eine Verlångerung der Haftung aus § 128 HGB<br />
Åber die Grenzen des § 160 Abs. 1 HGB hinaus eine schriftliche Vereinbarung<br />
erfordert. 1 Es ist aber nicht notwendig, dass der ausgeschiedene Gesellschafter<br />
die Verlångerung der Nachhaftung direkt mit dem betreffenden Gesellschaftsglåubiger<br />
vereinbart. 2 MÇglich ist auch eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft<br />
und dem ausgeschiedenen Gesellschafter im Rahmen eines Vertrags <strong>zu</strong>gunsten<br />
Dritter (§ 328 BGB). 3 Dies gilt aber nur fÅr eine Verlångerung der Nachhaftung,<br />
nicht aber fÅr eine VerkÅr<strong>zu</strong>ng, die unmittelbar mit dem Glåubiger vereinbart<br />
werden muss (vgl. § 128 Satz 2 HGB). Eine Vereinbarung zwischen dem<br />
ausgeschiedenen Gesellschafter und dem Gesellschaftsglåubiger Åber die VerkÅr<strong>zu</strong>ng<br />
der Nachhaftung bedarf nicht der Schriftform.<br />
6. Verjåhrung der persÇnlichen Haftung aus § 128 HGB bei AuflÇsung der<br />
Gesellschaft (§ 159 HGB)<br />
a) Regelungsinhalt – entsprechende Anwendung auf GbR und Partnerschaftsgesellschaft<br />
Die Verjåhrungsvorschrift des § 159 HGB gilt nur fÅr den Fall der Haftung der<br />
Gesellschafter bei AuflÇsung der Gesellschaft. Die zeitliche Begren<strong>zu</strong>ng der<br />
Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters ist in § 160 HGB geregelt. Diese<br />
Vorschrift enthålt im Gegensatz <strong>zu</strong> § 159 HGB keine Verjåhrungs-, sondern<br />
eine Ausschlussfrist (vgl. <strong>zu</strong>r Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ng nach § 160 HGB<br />
Rz. I 937 ff.). Auf die Partnerschaftsgesellschaft ist § 159 HGB ebenso wie<br />
§ 160 HGB gemåß § 10 Abs. 2 PartGG entsprechend anwendbar. Die Regelung<br />
des § 736 Abs. 2 BGB bezieht sich zwar nur auf § 160 HGB und nicht auf § 159<br />
HGB. 4 § 159 HGB ist aber jedenfalls nach Anerkennung der akzessorischen Gesellschafterhaftung<br />
bei der GbR durch den BGH5 entsprechend auf diese Form<br />
der Personengesellschaft anwendbar. Aus der entsprechenden Anwendung des<br />
1 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1501; a.A. Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />
§ 160 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 160<br />
HGB Rz. 19.<br />
2 So aber Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 160 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 160 HGB Rz. 19.<br />
3 MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 160 HGB Rz. 18; K. Schmidt, GesR,<br />
4. Aufl. 2002, S. 1501.<br />
4 BFH v. 26.8.1997 – VII R 63/97, NZG 1998, 238 (239); MÅnchKomm.BGB/Ulmer/<br />
Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 28; Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011, § 736 BGB Rz 12;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 15; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 3; Seibert, DB 1994, 461<br />
(463 f.); a.A. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996, § 159 HGB Rz. 1.<br />
5 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (345) = ZIP 2001, 330 (332).<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 725<br />
944
945<br />
Rz. I 944 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
§ 128 HGB folgt notwendigerweise auch eine entsprechende Anwendung des<br />
§ 159 HGB. 1 Dass die Regelung des § 736 Abs. 2 BGB nur auf § 160 HGB verweist,<br />
steht einer entsprechenden Anwendung nicht entgegen, weil diese BGB-<br />
Vorschrift vor Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR und der akzessorischen<br />
Haftung ihrer Gesellschafter in das BGB aufgenommen wurde.<br />
Dass fÅr die Fristberechnung bei der GbR aufgrund des Fehlens eines Gesellschaftsregisters<br />
nicht die Registereintragung maßgebend sein kann, steht einer<br />
entsprechenden Anwendung bei § 159 HGB ebenso wenig entgegen wie bei der<br />
Vorschrift des § 160 HGB. Insoweit ist anstelle der Registereintragung auf die<br />
Kenntnis der Glåubiger ab<strong>zu</strong>stellen (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 941).<br />
b) Geltung nur fÅr AnsprÅche aus § 128 HGB – BÅrgschaft<br />
Die Verjåhrungsregelung des § 159 HGB gilt nur fÅr AnsprÅche aus persÇnlicher<br />
Haftung nach § 128 HGB. 2 Sie greift nicht ein, wenn der Schuldner nach AuflÇsung<br />
der Gesellschaft eine BÅrgschaft Åbernommen oder einen Schuldbeitritt<br />
erklårt hat. 3 Wurde die BÅrgschaft vor der AuflÇsung der Gesellschaft Åbernommen,<br />
so wird die BÅrgschaftsverpflichtung durch die §§ 159, 160 HGB begrenzt<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 965). Steht einem Mitgesellschafter ein sog. Drittglåubigeranspruch<br />
<strong>zu</strong>, so findet auf diesen Anspruch nicht nur die Regelung des § 128<br />
HGB, sondern auch die §§ 159, 160 HGB entsprechende Anwendung.<br />
c) Rechtskråftige Urteile<br />
In Be<strong>zu</strong>g auf rechtskråftige Urteile und sonstige Vollstreckungstitel gilt Folgendes:<br />
Liegt ein Urteil gegen den persÇnlich haftenden Gesellschafter vor, so findet<br />
§ 159 HGB keine Anwendung; die Verjåhrung richtet sich nach § 197 Abs. 1<br />
Nr. 3 BGB. 4 Ein Urteil gegen die Gesellschaft steht allerdings einer Anwendung<br />
des § 159 HGB nicht entgegen. 5 946<br />
Aus dem Grundsatz der akzessorischen Haftung<br />
folgt zwar, dass eine Klage gegen die Gesellschaft die Verjåhrung auch gegen den<br />
1 BFH v. 26.8.1997 – VII R 63/97, NZG 1998, 238 ff.; Erman/<strong>Westermann</strong>, 12. Aufl. 2008,<br />
§ 736 BGB Rz. 8; MÅnchKomm.BGB/Ulmer/Schåfer, 5. Aufl. 2009, § 736 BGB Rz. 28 f.;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 15; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 3; Seibert, DB 1994, 461<br />
(464).<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 4; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 7.<br />
3 Generell fÅr BÅrgschaft und Schuldbeitritt Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />
§ 159 HGB Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 21.<br />
4 BGH v. 27.4.1981 – II ZR 177/80, NJW 1981, 2579 (<strong>zu</strong>r Regelung des § 218 BGB a.F.);<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 4.<br />
5 LAG MÅnchen v. 31.3.1978 – 4 Sa 150/78, NJW 1978, 1877 (1878) (<strong>zu</strong> § 159 HGB a.F.);<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer,<br />
2. Aufl. 1996, § 159 HGB Rz. 4.<br />
I 726 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 948<br />
persÇnlich haftenden Gesellschafter unterbricht (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 969). Bei § 159<br />
HGB geht es aber nicht um die allgemeine Verjåhrung der Forderung aus einem<br />
Schuldverhåltnis zwischen Gesellschaftsglåubiger und Gesellschaft, sondern um<br />
eine Sonderverjåhrung <strong>zu</strong>gunsten des Gesellschafters. Diese Sonderverjåhrung<br />
kann nur durch Maßnahmen gegen den Gesellschafter selbst gehemmt werden.<br />
Im Ûbrigen unterscheidet § 159 Abs. 1 HGB nicht danach, ob der Anspruch<br />
rechtskråftig festgestellt ist oder nicht.<br />
d) Verjåhrungsfrist<br />
Die Verjåhrungsfrist betrågt hÇchstens fÅnf Jahre. Nach § 159 Abs. 1 HGB<br />
geht eine kÅrzere Verjåhrung des Anspruchs des Gesellschaftsglåubigers gegen<br />
die Gesellschaft aus dem dieser Forderung <strong>zu</strong>grunde liegenden Rechtsverhåltnis<br />
vor. Dies wÅrde auch ohne besondere gesetzliche Regelung aus dem Grundsatz<br />
der akzessorischen Haftung und aus der Regelung des § 129 Abs. 1 HGB folgen.<br />
Im Ergebnis ist unstreitig, dass sich ein Gesellschafter in Be<strong>zu</strong>g auf die persÇnliche<br />
Haftung auch vor Ablauf der FÅnfjahresfrist des § 159 Abs. 1 HGB auf eine<br />
Verjåhrung der Gesellschaftsverbindlichkeit berufen kann. 1 Eine kÅrzere Verjåhrung<br />
kommt aber dem persÇnlich haftenden Gesellschafter ebenso wie der Gesellschaft<br />
nur dann <strong>zu</strong>gute, wenn sie tatsåchlich eintritt. Wird die Verjåhrung des<br />
Anspruchs gegen die Gesellschaft gemåß § 204 BGB durch Rechtsverfolgung gehemmt,<br />
so gilt dies nach dem Grundsatz der akzessorischen Haftung auch <strong>zu</strong><br />
Lasten der persÇnlich haftenden Gesellschafter. 2<br />
e) Regelmåßiger Beginn der Verjåhrung<br />
Nach § 159 Abs. 2 HGB beginnt die Verjåhrung mit dem Ende des Tages, an dem 948<br />
die AuflÇsung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. Der<br />
Wortlaut dieser Regelung stellt also nicht auf die LÇschung nach Vollbeendigung<br />
ab. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 159 Abs. 2 HGB und des fÅr Verjåhrungsvorschriften<br />
geltenden Grundsatzes der Rechtssicherheit kann nicht anstelle<br />
des Zeitpunktes der Eintragung der AuflÇsung auf den Zeitpunkt der Voll-<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 5; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 28; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 11; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996,<br />
§ 159 HGB Rz. 4; a.A. Brandes, FS Stimpel, 1985, S. 105 (113 ff.).<br />
2 BGH v 11.12.1978 – II ZR 235/77, BGHZ 73, 217 (223) = NJW 1979, 1361 (1362);<br />
BGH v. 8.2.1982 – II ZR 235/81, NJW 1982, 2443 f.; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt,<br />
3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 26; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />
2008, § 159 HGB Rz. 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996, § 159 HGB<br />
Rz. 4.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 727<br />
947
949<br />
950<br />
Rz. I 948 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
beendigung/LÇschung abgestellt werden. 1 War die OHG/KG <strong>zu</strong>m Zeitpunkt<br />
der AuflÇsung noch gar nicht im Handelsregister eingetragen, so beginnt die Verjåhrungsfrist<br />
nur, wenn die Gesellschaft und ihre AuflÇsung noch eingetragen<br />
werden. Dem einzelnen Gesellschafter steht insoweit ein Anspruch gegen die anderen<br />
Gesellschafter auf Mitwirkung <strong>zu</strong>, der auch im Wege einer einstweiligen<br />
VerfÅgung durchgesetzt werden kann. Bei der GbR ist aufgrund des fehlenden<br />
Gesellschaftsregisters wie bei der Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nach § 160 HGB<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 941) auf den Zeitpunkt ab<strong>zu</strong>stellen, <strong>zu</strong> dem die Glåubiger Kenntnis<br />
von der AuflÇsung der Gesellschaft erlangen. Der einzelne Gesellschafter<br />
hat gegen die Gesellschaft als solche und gegen die Mitgesellschafter einen Anspruch<br />
auf Erteilung einer dahingehenden Information der Glåubiger. Dieser Anspruch<br />
kann auch im Wege einer einstweiligen VerfÅgung geltend gemacht werden.<br />
f) Beginn der Verjåhrung bei spåterer Fålligkeit (§ 159 Abs. 3 HGB)<br />
Wird der Anspruch des Glåubigers gegen die Gesellschaft erst nach der Registereintragung<br />
der AuflÇsung – bei der GbR nach Kenntnis des Glåubigers – fållig, so<br />
ist fÅr den Beginn der Verjåhrungsfrist der Zeitpunkt der Fålligkeit maßgebend<br />
(§ 159 Abs. 3 HGB). Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch erst nach der AuflÇsung<br />
der Gesellschaft entsteht. 2 In Be<strong>zu</strong>g auf Dauerschuldverhåltnisse ist davon<br />
aus<strong>zu</strong>gehen, dass die Sonderverjåhrung des § 159 Abs. 3 HGB sich nur auf<br />
die fållig werdenden EinzelansprÅche (Raten) und nicht auf den Gesamtanspruch<br />
bezieht; der Gesellschafter kann dem Gesellschaftsglåubiger die Verjåhrung des<br />
Gesamtanspruchs daher nicht entgegenhalten, solange dieser gegenÅber der Gesellschaft<br />
nicht verjåhrt ist. 3<br />
g) Wirkung des Neubeginns (§ 212 BGB) und der Hemmung (§ 204 BGB)<br />
der Verjåhrung<br />
Beginnt die Verjåhrung gegen die Gesellschaft gemåß § 212 BGB neu oder wird<br />
sie durch Rechtsverfolgung gemåß § 204 BGB gehemmt, so gilt dies gemåß § 159<br />
1 So aber der Vorschlag an den Gesetzgeber von K. Schmidt, DB 1990, 2357 (2359 f.); gegen<br />
die Auffassung von K. Schmidt auch Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159<br />
HGB Rz. 6; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB<br />
Rz. 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996, § 159 HGB Rz. 5.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 159 HGB Rz. 29; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, 2. Aufl. 1996,<br />
§ 159 HGB Rz. 5.<br />
3 BGH v. 6.6.1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232 (235 f.) fÅr den Fall eines verrenteten<br />
Kaufpreisanspruchs; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 159 HGB Rz. 7; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 159 HGB Rz. 13; a.A. Heyn,<br />
NJW 1959, 923 (924).<br />
I 728 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 951<br />
Abs. 4 HGB auch fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter, die der Gesellschaft<br />
<strong>zu</strong>m Zeitpunkt der AuflÇsung angehÇrt haben. Diese Regelung gilt also<br />
nicht fÅr Gesellschafter, die bereits vor der AuflÇsung ausgeschieden sind. Die<br />
Regelung des § 159 Abs. 4 HGB stellt klar, dass im Falle der AuflÇsung der Gesellschaft<br />
nicht das fÅr die Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters eingreifende<br />
Prinzip gilt, dass verjåhrungshemmende Maßnahmen gegen die Gesellschaft<br />
keine Wirkung gegenÅber dem Gesellschafter haben, sondern der allgemeine<br />
Grundsatz, nach dem Rechtsverfolgungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft auch<br />
die Verjåhrung gegen die persÇnlich haftenden Gesellschafter hemmen. Entsprechendes<br />
gilt fÅr den Neubeginn der Verjåhrung (vgl. <strong>zu</strong> Einzelfragen der Verjåhrung<br />
der Gesellschaftsverbindlichkeit Rz. I 969 f.).<br />
VIII. Die prozessuale Geltendmachung der persÇnlichen Gesellschafterhaftung<br />
1. Gemeinsame Klage gegen Gesellschaft und Gesellschafter (Gesellschafts-<br />
und Gesellschafterprozess)<br />
a) Einfache Streitgenossenschaft<br />
Verklagt der Gesellschaftsglåubiger sowohl die Gesellschaft als auch einen oder<br />
mehrere persÇnlich haftende Gesellschafter, so liegt im Verhåltnis zwischen Gesellschaft<br />
und Gesellschafter keine notwendige, sondern eine einfache Streitgenossenschaft<br />
i.S. des § 59 ZPO vor. 1 Der Grund dafÅr liegt darin, dass die Urteile<br />
gegen Gesellschaft und persÇnlich haftenden Gesellschafter wegen persÇnlicher<br />
Einwendungen des Gesellschafters nicht einheitlich ausfallen mÅssen. Ob dem<br />
neben der Gesellschaft verklagten Gesellschafter im konkreten Fall persÇnliche<br />
Einwendungen <strong>zu</strong>stehen, ist fÅr die Frage der Einordnung der Streitgenossenschaft<br />
nicht entscheidend. 2 Die Frage des Vorliegens einer notwendigen oder einfachen<br />
Streitgenossenschaft kann aus GrÅnden der Rechtssicherheit und der Offenkundigkeit<br />
der Rechtsverhåltnisse im Prozess nicht davon abhångig sein, ob<br />
1 BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (254 ff.) = NJW 1970, 1740 (1741);<br />
BGH v. 10.3.1988 – IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 124 HGB Rz. 41, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 124<br />
HGB Rz. 29, § 128 HGB Rz. 21; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />
2008, § 128 HGB Rz. 59; Wertenbruch, NJW 2002, 324 (325).<br />
2 BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (254 ff.) = NJW 1970, 1740 (1741);<br />
BGH v. 10.3.1988 – IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 124<br />
HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 21; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 59.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 729<br />
951
952<br />
Rz. I 951 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
wåhrend des Prozesses vom persÇnlich haftenden Gesellschafter eine Einwendung<br />
erhoben wird. 1<br />
b) Ûbergang vom Gesellschaftsprozess <strong>zu</strong>m Gesellschafterprozess und<br />
umgekehrt<br />
Wird die verklagte Gesellschaft wåhrend des Prozesses voll beendet oder erscheint<br />
eine spåtere Zwangsvollstreckung in das GesellschaftsvermÇgen schon<br />
jetzt aussichtslos, so ist ein Ûbergang vom Gesellschaftsprozess <strong>zu</strong> einer Klage<br />
gegen die ursprÅnglich nicht mitverklagten Gesellschafter als gewillkÅrter Parteiwechsel<br />
an<strong>zu</strong>sehen. 2 Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschaftsglåubiger<br />
von einer Klage gegen persÇnlich haftende Gesellschafter <strong>zu</strong> einem Prozess gegen<br />
die Gesellschaft Åbergeht.<br />
2. Tenorierung bei Verurteilung von Gesellschaft und Gesellschafter<br />
Zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Gesellschaftern besteht kein Gesamtschuldverhåltnis<br />
(vgl. Rz. I 981). 3 953<br />
Dies hångt damit <strong>zu</strong>sammen, dass die<br />
Rechtsfolgen der Gesamtschuld und hier insbesondere die Legalzession des § 426<br />
Abs. 2 BGB beim Gesamtschuldregress im Verhåltnis zwischen Gesellschafter<br />
und Gesellschaft nicht eintreten sollen. Im Verhåltnis <strong>zu</strong>m Glåubiger liegen eigentlich<br />
alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Gesamtschuld vor: Der Glåubiger kann ohne<br />
Rangverhåltnis jeden Schuldner in Anspruch nehmen, und im Falle der Zahlung<br />
eines Schuldners erlischt die Gesellschaftsschuld insoweit unmittelbar. Deshalb<br />
werden die Urteile in der Praxis auch „wie Gesamtschuldtitel“ vollstreckt. In<br />
der Praxis findet sich dementsprechend håufig die Tenorierung „wie Gesamt-<br />
1 BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (254 ff.) = NJW 1970, 1740 (1741);<br />
BGH v. 10.3.1988 – IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 124<br />
HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 21; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 59.<br />
2 BGH v. 6.6.1955 – II ZR 233/53, BGHZ 17, 340 (342) = NJW 1955, 1393 f.; BGH v.<br />
13.2.1974 – VIII ZR 147/72, BGHZ 62, 131 (133) = NJW 1974, 750; BGH v 29.9.1981<br />
– VI ZR 21/80, NJW 1982, 238; BGH v. 24.9.1982 – VIII ZR 188/79, WM 1982, 1170;<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 39; ZÇller/Vollkommer, 28. Aufl. 2010, § 50 ZPO<br />
Rz. 17a; Wertenbruch, NJW 2002, 324 (325).<br />
3 BGH v. 9.5.1963 – II ZR 124/61, BGHZ 39, 319 (323 f.) = NJW 1963, 1873 (1874 f.);<br />
BGH v. 8.11.1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (233 f.) = NJW 1966, 499 (500); Hopt<br />
in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 19; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 20; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 19; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 21.<br />
I 730 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 955<br />
schuldner“. 1 Die Tenorierung „als Gesamtschuldner“ ist zwar wegen des Nichtbestehens<br />
eines Gesamtschuldverhåltnisses eigentlich unrichtig, fÅr die Zwangsvollstreckung<br />
ist dies aber aus den dargelegten GrÅnden unschådlich. Gleichwohl<br />
sollte die Tenorierung „als Gesamtschuldner“ durch die Formulierung „wie Gesamtschuldner“<br />
ersetzt werden, weil durch die gerichtliche Tenorierung bei den<br />
Parteien nicht der Eindruck entstehen sollte, dass die Vorschriften Åber den Gesamtschuldregress<br />
eingreifen.<br />
3. Urkunden- und Wechselprozess gegen den Gesellschafter<br />
FÅr einen Urkunden- und Wechselprozess gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />
gelten die allgemeinen Grundsåtze. Es muss also durch Urkunden die<br />
Gesellschaftsverbindlichkeit und <strong>zu</strong>såtzlich durch Registeraus<strong>zu</strong>g die ZugehÇrigkeit<br />
<strong>zu</strong>r Gesellschaft nachgewiesen werden. 2 Aufgrund des Grundsatzes der akzessorischen<br />
Haftung ist es nicht erforderlich, dass der Gesellschafter die Urkunde<br />
selbst unterzeichnet hat; dies gilt auch fÅr die Inanspruchnahme aus einem<br />
Wechsel im Wechselprozess. 3 Da es um die Haftung fÅr eine Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
geht, wåre eine Unterschrift des in Anspruch genommenen Gesellschafters<br />
ohnehin im Namen der Gesellschaft in AusÅbung der organschaftlichen<br />
Vertretungsmacht erfolgt.<br />
4. Erstreckung von Schiedsgerichts- und Gerichtsstandsvereinbarungen<br />
der Gesellschaft auf Gesellschafter<br />
a) Schiedsgerichtsvereinbarungen<br />
Eine Schiedsgerichtsvereinbarung der Gesellschaft gilt auch fÅr eine Inanspruchnahme<br />
der persÇnlich haftenden Gesellschafter (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 743). 4 Die Erstreckung<br />
folgt allerdings nicht aus einer konkludenten Mitverpflichtung der Gesellschafter<br />
persÇnlich. 5 Die Annahme einer konkludenten Bevollmåchtigung der<br />
vertretungsberechtigten Gesellschafter durch die nicht vertretungsberechtigten<br />
Gesellschafter låuft auf eine reine Fiktion hinaus. Es ist vielmehr an<strong>zu</strong>nehmen,<br />
dass die Schiedsgerichtsvereinbarung Teil der Gesellschaftsverbindlichkeit ist<br />
1 Vgl. da<strong>zu</strong> LG Hamburg v. 29.4.1966 – 29 O 12/63, MDR 1967, 401; Hopt in Baumbach/<br />
Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 39; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 23.<br />
2 Vgl. BGH v. 4.2.1960 – II ZR 133/59, WM 1960, 374.<br />
3 BGH v. 4.2.1960 – II ZR 133/59, WM 1960, 374; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 60.<br />
4 BGH v. 12.11.1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423 (424); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 40; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 61; Musielak/Voit, 8. Aufl. 2011, § 1029 ZPO Rz. 8;<br />
Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, Kap. 7 Rz. 35.<br />
5 So aber Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 40.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 731<br />
954<br />
955
956<br />
Rz. I 955 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
mit der Folge, dass sie kraft Akzessorietåt auch fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />
gilt. 1<br />
b) Gerichtsstandsvereinbarungen<br />
Nach Ansicht des BGH2 soll eine zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschaftsglåubiger<br />
getroffene Gerichtsstandsvereinbarung auch fÅr die persÇnlich<br />
haftenden Gesellschafter wirken. Dieser nicht unumstrittenen Auffassung ist <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen<br />
(vgl. auch Rz. I 741). Die Rechtfertigung fÅr diese Erstreckungswirkung<br />
liegt im Prinzip der akzessorischen Gesellschafterhaftung nach § 128 HGB. 3<br />
Dass der Anspruch nur am vereinbarten Gerichtsstand geltend gemacht werden<br />
kann, gehÇrt <strong>zu</strong>m Inhalt der Schuld. Die persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />
mÅssen dies gegen sich gelten lassen. 4 FÅr die Vertragsgestaltung ist zwecks Vermeidung<br />
von Streitigkeiten <strong>zu</strong> empfehlen, in der Gerichtsstandsvereinbarung ausdrÅcklich<br />
die Geltung auch fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter fest<strong>zu</strong>halten.<br />
IX. Die persÇnliche Haftung bei Insolvenz der Gesellschaft –<br />
BÅrgenhaftung<br />
1. Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO<br />
a) Grundsåtze<br />
957<br />
Durch die ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen der Gesellschaft<br />
wird die persÇnliche Haftung der Gesellschafter in keiner Weise berÅhrt.<br />
Da die persÇnliche Haftung der Gesellschafter bei den <strong>Personengesellschaften</strong><br />
das notwendige Korrelat <strong>zu</strong>m fehlenden Mindestkapital ist, zeigt sich die<br />
Sicherung der Gesellschaftsglåubiger durch die persÇnliche Haftung der Gesell-<br />
1 So auch BGH v. 12.11.1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423 (424).<br />
2 BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644 (2646); <strong>zu</strong>stimmend Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 41; Hillmann in Ebenroth/Boujong/<br />
Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 61. A.A. Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 29; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 22, die nicht von einer automatischen Erstreckung ausgehen, sondern verlangen,<br />
dass sich der Gerichtsstandsvereinbarung im Wege der Auslegung eine entsprechende<br />
Erstreckung auf die Gesellschafter entnehmen låsst. Nach MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 22 soll dies aber im Zweifel an<strong>zu</strong>nehmen sein.<br />
3 BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644 (2646).<br />
4 BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644 (2646); Hillmann in Ebenroth/<br />
Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 61.<br />
I 732 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 957<br />
schafter gerade in der Insolvenz der Gesellschaft. 1 Nach dem Vorbild der fÅr die<br />
Haftung des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft geltenden Regelung<br />
des § 171 Abs. 2 HGB ordnet § 93 InsO an, dass wåhrend der Dauer des<br />
Insolvenzverfahrens die persÇnliche Haftung der Gesellschafter nur vom Insolvenzverwalter<br />
geltend gemacht werden kann. Dies gilt auch fÅr die Haftung<br />
der bereits ausgeschiedenen Gesellschafter fÅr Altverbindlichkeiten (vgl.<br />
Rz. I 925 ff.). Die Regelung des § 93 InsO åndert nichts daran, dass die Gesellschaftsglåubiger<br />
materiell-rechtlich Anspruchsinhaber bleiben. 2 § 93 InsO begrÅndet<br />
keine selbståndige Anspruchsgrundlage <strong>zu</strong>gunsten des Insolvenzverwalters;<br />
er handelt vielmehr mit treuhånderischer Einziehungsbefugnis als gesetzlicher<br />
Prozessstandschafter der einzelnen Glåubiger mit der Folge, dass die Zahlung<br />
eines in Anspruch genommenen Gesellschafters an den Insolvenzverwalter<br />
<strong>zu</strong>m ErlÇschen der konkreten Glåubigerforderung fÅhrt. 3 Mit der Regelung des<br />
§ 93 InsO wird der fÅr das Insolvenzverfahren geltende Grundsatz der gleichmåßigen<br />
Glåubigerbefriedigung auf die Haftung der Gesellschafter erstreckt. Dadurch<br />
wird verhindert, dass bei nicht ausreichendem PrivatvermÇgen der persÇnlich<br />
haftenden Gesellschafter die <strong>zu</strong>erst <strong>zu</strong>greifenden Gesellschaftsglåubiger sich<br />
Sondervorteile gegenÅber den anderen Gesellschaftsglåubigern verschaffen. 4 Erhebt<br />
der Gesellschaftsglåubiger vor ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das<br />
VermÇgen der Gesellschaft eine Klage gegen persÇnlich haftende Gesellschafter,<br />
so verliert der Gesellschaftsglåubiger wåhrend des Prozesses seine Aktivlegiti-<br />
1 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (205) = NJW 1967, 2203 (2204);<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 70; Hillmann in Ebenroth/<br />
Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 65.<br />
2 BGH v. 9.10.2006 – II ZR 193/05, ZIP 2007, 79 = DStR 2007, 125; MÅnchKomm.<br />
InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 14; LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt,<br />
Stand: 14. Lfg. 2002, § 93 InsO Rz. 16; Weis in Hess/Weis/Wienberg, InsO,<br />
2. Aufl. 2001, § 93 InsO Rz. 4.<br />
3 BGH v. 9.10.2006 – II ZR 193/05, ZIP 2007, 79 = DStR 2007, 125; MÅnchKomm.<br />
InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 14; LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt,<br />
Stand: 14. Lfg. 2002, § 93 InsO Rz. 16; Weis in Hess/Weis/Wienberg, InsO,<br />
2. Aufl. 2001, § 93 InsO Rz. 4; so auch die Rspr. des BGH <strong>zu</strong> § 171 Abs. 2 HGB, s.<br />
BGH v. 20.3.1958 – II ZR 2/57, BGHZ 27, 51 (56) = NJW 1958, 787 f.; BGH v.<br />
17.9.1964 – II ZR 162/62, BGHZ 42, 192 (193 f.) = NJW 1964, 2407 (2409).<br />
4 BGH v. 4.7.2002 – IX ZR 265/01, BGHZ 151, 245 (248) = NJW 2002, 2718 f.; LÅke in<br />
KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt, Stand: 14. Lfg. 2002, § 93 InsO Rz. 3; MÅnch-<br />
Komm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 1; Braun/Kroth, 3. Aufl. 2007, § 93<br />
InsO Rz. 1; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 3. Aufl. 2006, § 94 Rz. 80; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 46; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 70; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 82; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 67.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 733
958<br />
Rz. I 957 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
mation mit der Folge, dass der Prozess unterbrochen wird. 1 Wird das Insolvenzverfahren<br />
Åber das VermÇgen der Gesellschaft nach Rechtskraft eines Titels gegen<br />
den Gesellschafter, aber vor Beginn der Zwangsvollstreckung erÇffnet, so<br />
wird die Zwangsvollstreckung un<strong>zu</strong>låssig. 2 Zahlt in einem solchen Fall der Gesellschafter<br />
nach Rechtskraft des Urteils freiwillig an den Gesellschaftsglåubiger,<br />
so wird er aufgrund der Sperrfunktion des § 93 InsO nicht mehr frei, d.h. der Insolvenzverwalter<br />
kann den betreffenden Gesellschafter auch wegen dieser Forderung<br />
in Anspruch nehmen. 3<br />
Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, alle Gesellschafter gemåß § 93 InsO<br />
gleichmåßig in Anspruch <strong>zu</strong> nehmen. 4 Es ist aber auch im Insolvenzverfahren <strong>zu</strong><br />
beachten, dass im Verhåltnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft<br />
<strong>zu</strong>nåchst einmal diese fÅr die Gesellschaftsverbindlichkeiten aufkommen muss.<br />
Daraus folgt, dass der Insolvenzverwalter nach § 93 InsO nur im Rahmen einer<br />
Ausfallhaftung bei Unterdeckung der Masse vorgehen darf. 5 Die nach § 93 InsO<br />
vom Insolvenzverwalter eingezogenen Betråge sind fÅr die Gesellschaftsglåubiger<br />
treuhånderisch <strong>zu</strong> verwalten und an sie aus<strong>zu</strong>kehren. 6<br />
1 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 36;<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Gottwald/Haas/Vogel,<br />
Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 68.<br />
2 OLG Jena v. 17.12.2001 – 6 W 695/01, NZI 2002, 156 (157); MÅnchKomm.InsO/Brandes,<br />
2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 17.<br />
3 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 14;<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl.<br />
2010, § 93 InsO Rz. 4; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 60;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 85.<br />
4 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 20;<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 16; Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010,<br />
§ 93 InsO Rz. 23; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 20; Gottwald/Haas/<br />
Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 65; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />
§ 128 HGB Rz. 46; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 86.<br />
5 Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 66; Uhlenbruck/Hirte, 13.Aufl.<br />
2010, § 93 InsO Rz. 25; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 46;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 86. Nach a.A. kann im<br />
Einzelfall die Inanspruchnahme des Gesellschafters rechtsmissbråuchlich sein, wenn<br />
eine Ûberdeckung der Masse entstÅnde (so LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt<br />
(Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 22 f.; MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007,<br />
§ 93 InsO Rz. 25 f.; Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 19 ff.<br />
6 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 21;<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 25; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl.<br />
2010, § 93 InsO Rz. 22; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 66;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 86.<br />
I 734 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 959<br />
b) Beschrånkung des § 93 InsO auf Altverbindlichkeiten<br />
Verbindlichkeiten, die erst nach ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen<br />
der Gesellschaft durch ein Handeln des Insolvenzverwalters oder kraft<br />
Gesetzes entstehen, sind Neuverbindlichkeiten, die wåhrend des Insolvenzverfahrens<br />
ausschließlich aus der Insolvenzmasse <strong>zu</strong> befriedigen sind. 1 Dies gilt fÅr<br />
die sog. Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ebenso wie fÅr die<br />
Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO). FÅr diese Verbindlichkeiten gilt § 93<br />
InsO deshalb nicht, weil die Vorschrift eine bereits bei VerfahrenserÇffnung bestehende<br />
Verbindlichkeit der Gesellschaft voraussetzt. 2 Die auf das GesellschaftsvermÇgen<br />
beschrånkte Haftung stellt eine verfahrensspezifische Haftungsbeschrånkung<br />
dar, fÅr die entscheidend ist, dass sich die VerfÅgungsbefugnis des<br />
Insolvenzverwalters nur auf die Insolvenzmasse bezieht, wo<strong>zu</strong> das PrivatvermÇgen<br />
ihrer Gesellschafter nicht gehÇrt. 3 Im Hinblick auf die Haftung fÅr AnsprÅche<br />
aus Dauerschuldverhåltnissen gilt die gleiche Abgren<strong>zu</strong>ng wie bei der<br />
Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fÅr Altverbindlichkeiten (vgl. da<strong>zu</strong><br />
Rz. I 929 ff.). Die Gesellschafter haften hier, sofern das Dauerschuldverhåltnis<br />
vor dem Zeitpunkt der InsolvenzerÇffnung begrÅndet wurde. 4 Wird bei gegenseitigen<br />
Vertrågen durch die vom Insolvenzverwalter erklårte Ablehnung der<br />
ErfÅllung gemåß § 103 Abs. 2 InsO ein Schadensersatzanspruch des Gesellschaftsglåubigers<br />
begrÅndet, so handelt es sich um eine Altverbindlichkeit, weil<br />
der gegenseitige Vertrag schon vor der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen<br />
wurde. 5<br />
1 MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 9; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />
InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 64; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 72; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 81; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 69; a.A. LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork<br />
(Loseblatt, Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 26 ff.; Braun/Kroth,<br />
4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 22.<br />
2 BGH v. 24.9.2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 (2206) = NJW 2010, 69 (70 f.);<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 9; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />
InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 64; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 81; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 69; a.A. Braun/Kroth, 4. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 22.<br />
3 BGH v. 24.9.2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 (2206) = NJW 2010, 69 (70 f.).<br />
4 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (205) = NJW 1967, 2203 (2204);<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 8; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />
InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 64; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 72; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 78 f.; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 69.<br />
5 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (204 f.) = NJW 1967, 2203 (2204)<br />
(<strong>zu</strong>r KO); MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 8; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 79; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 68.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 735<br />
959
960<br />
Rz. I 960 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
2. Auswirkungen eines Insolvenzplans (§§ 217 ff. InsO)<br />
Durch einen Insolvenzplan i.S. der §§ 217 ff. InsO kÇnnen die Befriedigung der<br />
absonderungsberechtigten Glåubiger und der Insolvenzglåubiger, die Verwertung<br />
und Verteilung der Insolvenzmasse sowie die Haftung des Schuldners nach Beendigung<br />
des Insolvenzverfahrens abweichend von den Regelungen der InsO geregelt<br />
werden. Der Insolvenzplan hat deshalb unmittelbare Bedeutung fÅr die persÇnliche<br />
Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB, weil gemåß § 227 Abs. 2<br />
InsO die von § 227 Abs. 1 InsO angeordnete Befreiung des Insolvenzschuldners<br />
von den restlichen Verbindlichkeiten auch fÅr die persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter gilt. Entgegen der Rechtsprechung des BGH 1 <strong>zu</strong> § 211 Abs. 2<br />
KO, § 109 Nr. 3 VerglO gilt die Befreiungswirkung auch fÅr einen <strong>zu</strong>m Zeitpunkt<br />
der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens bereits ausgeschiedenen Gesellschafter.<br />
2 Die Argumentation des BGH 3 , die Befreiungswirkung diene auch da<strong>zu</strong>, dem<br />
Schuldner die FortfÅhrung des Unternehmens <strong>zu</strong> ermÇglichen, Åberzeugt aufgrund<br />
der inzwischen unstreitigen Rechts- und Parteifåhigkeit aller (Außen-)<strong>Personengesellschaften</strong><br />
nicht. Denn Insolvenzschuldner ist die Gesellschaft als solche<br />
und nicht die Summe der einzelnen Gesellschafter. Der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der<br />
ErÇffnung des Insolvenzverfahrens der Gesellschaft angehÇrige Gesellschafter<br />
fÅhrt ebenso wenig wie ein ausgeschiedener Gesellschafter das Unternehmen. Soweit<br />
er in Angelegenheiten der Gesellschaft als GeschåftsfÅhrer tåtig wird, ist sein<br />
Organhandeln unmittelbar der Gesellschaft <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen. Die Befreiungswirkung<br />
gilt aber gemåß § 254 Abs. 2 InsO nicht fÅr die Haftung aus einer BÅrgschaft<br />
oder aus bestellten dinglichen Sicherheiten (vgl. da<strong>zu</strong> auch Rz. I 963 ff.). Hat<br />
ein Gesellschafter ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter gegenÅber einem<br />
Gesellschaftsglåubiger eine BÅrgschaftsverpflichtung Åbernommen oder<br />
eine sonstige Sicherheit bestellt, so ist im Falle einer Zahlung/Verwertung der Regress<br />
gegen die Mitgesellschafter ausgeschlossen, weil ansonsten <strong>zu</strong> ihren Lasten<br />
die Befreiungswirkung des § 227 Abs. 2 InsO unterlaufen wÅrde. 4<br />
1 BGH v. 25.5.1970 – II ZR 183/68, NJW 1970, 1921 (1922).<br />
2 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 55;<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 40; Gottwald/Haas/Vogel,<br />
Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 69; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128<br />
HGB Rz. 46; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 74; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 90.<br />
3 BGH v. 25.5.1970 – II ZR 183/68, NJW 1970, 1921 (1922).<br />
4 BGH v. 9.3.1987 – II ZR 186/86, BGHZ 100, 126 (129 f.) = NJW 1987, 1893 f. (<strong>zu</strong><br />
§ 211 Abs. 2 KO); MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 41; MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 89; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 72.<br />
I 736 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 962<br />
3. Zahlung des Gesellschafters an den Gesellschaftsglåubiger nach ErÇffnung<br />
des Insolvenzverfahrens<br />
Zahlt der Gesellschafter nach ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen<br />
der Gesellschaft an den Gesellschaftsglåubiger, so wird er wegen fehlender<br />
Aktivlegitimation des Glåubigers von seiner Verpflichtung nicht befreit. Er kann<br />
die Leistung gemåß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Rahmen einer Leistungskondiktion<br />
vom Gesellschaftsglåubiger <strong>zu</strong>rÅckverlangen. 1 Genehmigt der Insolvenzverwalter<br />
die Zahlung, so wird der Gesellschafter befreit, und der Gesellschaftsglåubiger<br />
ist gegenÅber dem Insolvenzglåubiger gemåß § 816 Abs. 2 BGB<br />
<strong>zu</strong>r Herausgabe des ErlÇses verpflichtet. 2<br />
4. PersÇnliche Haftung bei Insolvenz des Gesellschafters<br />
Aufgrund der aus der Rechtsfåhigkeit folgenden Insolvenzfåhigkeit der Gesellschaft<br />
ist ein Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der Gesellschaft <strong>zu</strong> trennen<br />
von einem Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen eines persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafters. 3 Daraus folgt, dass der Insolvenzverwalter Glåubigerforderungen,<br />
die er nach § 93 InsO <strong>zu</strong>gunsten der Insolvenzmasse der Gesellschaft geltend<br />
machen will, im Insolvenzverfahren des Gesellschafters nach § 43 InsO mit<br />
dem vollen Betrag – also nicht nur in HÇhe des auf den betreffenden Gesellschafter<br />
entfallenden Verlustanteils – anmelden kann. 4 962<br />
Die Einziehungsbefugnis<br />
nach § 93 InsO besteht aber auch in der Insolvenz des Gesellschafters nur in<br />
1 MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Gottwald/Haas/Vogel,<br />
Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 60; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl. 2010, § 93 InsO Rz. 4;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 85, 94. Nach Ansicht von<br />
LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 14 steht<br />
der Bereicherungsanspruch direkt dem Insolvenzverwalter <strong>zu</strong>, weil der Glåubiger durch<br />
die Zahlung <strong>zu</strong> Lasten der Insolvenzmasse ungerechtfertigt bereichert worden ist.<br />
2 MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 13; Uhlenbruck/Hirte, 13. Aufl.<br />
2010, § 93 InsO Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 85.<br />
Nach Ansicht von LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93<br />
InsO Rz. 14 steht der Bereicherungsanspruch direkt dem Insolvenzverwalter <strong>zu</strong>.<br />
3 BGH v. 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203 (205) = NJW 1967, 2203 (2204);<br />
BGH v. 21.1.1993 – IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179 (189) = NJW 1993, 663 (665), LÅke<br />
in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 51; Hopt in<br />
Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 47; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 77; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />
2008, § 128 HGB Rz. 75.<br />
4 LÅke in KÅbler/PrÅtting/Bork, Loseblatt (Stand: 14. Lfg. 2002), § 93 InsO Rz. 52; Gottwald/Haas/Vogel,<br />
Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 83; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 47; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 77; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 75.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 737<br />
961
963<br />
Rz. I 962 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
HÇhe des Ausfalls des Glåubigers im Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der<br />
Gesellschaft. 1 Aufgrund der strikten Trennung des Insolvenzverfahrens Åber das<br />
VermÇgen der Gesellschaft von einem Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen eines<br />
persÇnlich haftenden Gesellschafters sind die Masseverbindlichkeiten in<br />
der Gesellschaftsinsolvenz grundsåtzlich nicht Masseverbindlichkeiten in der Insolvenz<br />
eines Gesellschafters. 2<br />
5. Die BÅrgenhaftung des Gesellschafters aus § 765 BGB in Konkurrenz<br />
<strong>zu</strong> § 128 HGB<br />
Obwohl die BÅrgenhaftung nach §§ 765 ff. BGB grundsåtzlich ebenso wie die<br />
Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB akzessorisch ist, bestehen bedeutende<br />
Unterschiede, so dass die Ûbernahme einer BÅrgschaft fÅr Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />
durch einen Gesellschafter dem Glåubiger nicht unerhebliche<br />
Vorteile bringt. Dies gilt vor allem in der Insolvenz der Gesellschaft. Bei Aufstellung<br />
eines Insolvenzplans i.S. des § 217 InsO gilt die in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehene<br />
Befreiung von Verbindlichkeiten gemåß § 227 Abs. 2 InsO auch fÅr die<br />
persÇnliche Haftung aus § 128 HGB. Dies ist eine notwendige Konsequenz des<br />
Prinzips der akzessorischen Gesellschafterhaftung. Die Regelung des § 227 Abs. 2<br />
InsO gilt aber nicht fÅr eine BÅrgschaftsverpflichtung des Gesellschafters,<br />
weil § 254 Abs. 2 InsO anordnet, dass die AnsprÅche der Insolvenzglåubiger gegen<br />
einen BÅrgen durch den Insolvenzplan nicht berÅhrt werden. 3 Ein weiterer<br />
bedeutender Vorteil der BÅrgschaftsverpflichtung gegenÅber der Haftung aus<br />
§ 128 HGB besteht in der Insolvenz darin, dass die Einziehungsbefugnis des<br />
Insolvenzverwalters aus § 93 InsO nur die Haftung aus § 128 HGB und nicht<br />
eine BÅrgenhaftung des persÇnlich haftenden Gesellschafters erfasst. 4 DarÅber<br />
hinaus beziehen sich die Verjåhrungsvorschrift des § 159 HGB und die Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ng<br />
des § 160 HGB nicht auf eine BÅrgschaftsverbindlichkeit des<br />
persÇnlich haftenden Gesellschafters. FÅr die Gestaltung von Austauschvertrå-<br />
1 Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 75; a.A.<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 47.<br />
2 RG v. 18.1.1932 – VIII 547/31, RGZ 135, 62 (63 f.); BGH v. 16.2.1961 – III ZR 71/60,<br />
BGHZ 34, 293 (295 f.) = NJW 1961, 1022; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />
§ 128 HGB Rz. 47; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 75.<br />
3 MÅnchKomm.InsO/Huber, 2. Aufl. 2008, § 254 InsO Rz. 26; Gottwald/Haas/Vogel,<br />
Hdb. InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 70; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 80; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 95; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 54.<br />
4 BGH v. 4.7.2002 – IX ZR 265/01, BGHZ 151, 245 (248 ff.) = ZIP 2002, 1492 (1493 f.);<br />
MÅnchKomm.InsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 93 InsO Rz. 1; Gottwald/Haas/Vogel, Hdb.<br />
InsO, 4. Aufl. 2010, § 94 Rz. 70; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB<br />
Rz. 80; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 95.<br />
I 738 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 964<br />
gen mit <strong>Personengesellschaften</strong> ist zwar grundsåtzlich davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass<br />
der Gesellschaftsglåubiger durch die persÇnliche Haftung der Gesellschafter nach<br />
§ 128 HGB bei gegebener Bonitåt der Gesellschafter in ausreichender Weise abgesichert<br />
ist; gleichwohl muss der Gesellschaftsglåubiger im Falle der Insolvenz<br />
der Gesellschaft gewisse Einschrånkungen der persÇnlichen Haftung hinnehmen,<br />
die vor Inkrafttreten der InsO noch nicht eingriffen. Eine <strong>zu</strong>såtzliche GesellschafterbÅrgschaft<br />
sollte daher von einem Gesellschaftsglåubiger bei Austauschvertrågen<br />
mit einem grÇßeren Volumen ins Auge gefasst werden. Gerade die Einziehungsbefugnis<br />
des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO verhindert den sofortigen<br />
Zugriff eines einzelnen Gesellschaftsglåubigers auf das PrivatvermÇgen einzelner<br />
Gesellschafter.<br />
Wird ein Gesellschafter als BÅrge in Anspruch genommen, so gelten fÅr den Regress<br />
gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter die allgemeinen Bestimmungen.<br />
Von der Gesellschaft als Hauptschuldnerin kann der Gesellschafter<br />
als BÅrge gemåß § 774 Abs. 1 BGB kraft Legalzession Ersatz in HÇhe des fÅr die<br />
Glåubigerbefriedigung aufgewendeten Betrags verlangen (vgl. <strong>zu</strong> AufwendungsersatzansprÅchen<br />
des Gesellschafters gegen die Gesellschaft Rz. I 980). Dieser<br />
Regress kann aber aufgrund einer ausdrÅcklichen oder konkludenten Vereinbarung<br />
zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter-BÅrgen ausgeschlossen<br />
sein. 1 FÅr den Regress gegen die Mitgesellschafter gelten die Grundsåtze, die<br />
auch bei einer Inanspruchnahme aus § 128 HGB Anwendung finden (vgl. da<strong>zu</strong><br />
Rz. I 982). Wurde die BÅrgschaft von mehreren Gesellschaftern Åbernommen,<br />
so sind beim Regress gegen die MitbÅrgen die Verlustanteile der einzelnen<br />
Gesellschafter wie beim Regress nach einer Glåubigerbefriedigung gemåß § 128<br />
HGB <strong>zu</strong> berÅcksichtigen. 2 VerbÅrgt sich neben einem Gesellschafter auch ein<br />
nicht der Gesellschaft angehÇriger Dritter fÅr eine Verbindlichkeit der Gesellschaft,<br />
so stehen dem Dritten im Fall der Befriedigung des Glåubigers sowohl RegressansprÅche<br />
gegen die Gesellschaft als auch gemåß § 128 HGB gegen die Gesellschafter<br />
<strong>zu</strong>. 3 Da die Ûbernahme einer BÅrgschaft durch einen Dritten nicht<br />
nur der Gesellschaft als Hauptschuldnerin, sondern mittelbar auch den persÇnlich<br />
1 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 101; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 56.<br />
2 BGH v. 19.12.1988 – II ZR 101/88, WM 1989, 406 (407) (fÅr GmbH-Gesellschafter);<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 102; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />
3 BGH v. 26.1.1959 – II ZR 221/57, LM § 774 BGB Nr. 3 = WM 1959, 229 (230); BGH<br />
v. 17.6.1993 – IX ZR 158/93, NJW-RR 1993, 1377 (1378) = WM 1993, 1668 (1669);<br />
Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 103; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 739<br />
964
965<br />
Rz. I 964 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
haftenden Gesellschaftern <strong>zu</strong>gute kommt, besteht ein Regressanspruch eines<br />
Gesellschafter-BÅrgen gegen einen Dritten als BÅrgen aus § 774 Abs. 2 i.V.m.<br />
§ 426 Abs. 1 BGB in der Regel nicht. Aufgrund der Stellung als persÇnlich haftender<br />
Gesellschafter des Hauptschuldners ist hier etwas anderes bestimmt i.S.<br />
des § 426 Abs. 1 BGB. 1 Ûbertrågt ein Gesellschafter-BÅrge seinen Gesellschaftsanteil<br />
auf einen Mitgesellschafter, der sich ebenfalls verbÅrgt hat, so ist der ausscheidende<br />
Gesellschafter wie ein Dritter <strong>zu</strong> behandeln, d.h. er kann gemåß § 774<br />
Abs. 2 i.V.m. § 426 Abs. 1 BGB vollen Ausgleich vom verbleibenden Gesellschafter<br />
verlangen. 2 Das Ausscheiden eines Gesellschafter-BÅrgen aus der Gesellschaft<br />
fÅhrt nicht <strong>zu</strong>m ErlÇschen der BÅrgschaftsverpflichtung; insoweit gilt<br />
nichts anderes in Be<strong>zu</strong>g auf die Haftung aus § 128 HGB. 3<br />
Nach der Rechtsprechung des BGH 4 soll der Gesellschafter-BÅrge im Falle des<br />
Ausscheidens aus der Gesellschaft u.U. nach Treu und Glauben berechtigt sein,<br />
die BÅrgschaft <strong>zu</strong> kÅndigen, da das Ausscheiden aus der Gesellschaft einen wichtigen<br />
Grund darstellen kÇnne. Diese Rechtsprechung ist als Åberholt an<strong>zu</strong>sehen,<br />
weil sie offenbar im Zusammenhang mit der Rechtsprechung <strong>zu</strong>r Haftung fÅr Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />
vor Inkrafttreten des Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ngsgesetzes<br />
steht. Nunmehr muss davon ausgegangen werden, dass mit ErlÇschen<br />
der Nachhaftung nach § 160 HGB auch die BÅrgenhaftung des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters erlischt. FÅr ein ErlÇschen der BÅrgenhaftung unmittelbar<br />
nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft und damit vor dem Ende der Nachhaftung<br />
besteht kein schutzwÅrdiges Interesse. Mit ErlÇschen der Nachhaftung<br />
kann der ausgeschiedene Gesellschafter sich gegenÅber dem Gesellschaftsglåubiger<br />
auch in Be<strong>zu</strong>g auf die Verpflichtung aus § 765 BGB auf das ErlÇschen der<br />
Nachhaftung berufen. Die Nachhaftungsbegren<strong>zu</strong>ng schlågt also im Ergebnis<br />
durch auf die akzessorische BÅrgenhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters.<br />
1 So im Ergebnis auch Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 103; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />
2 BGH v. 11.7.1973 – VIII ZR 178/72, UM § 774 BGB Nr. 9 = WM 1975, 100 (102) (fÅr<br />
GmbH-Gesellschafter); Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 82;<br />
Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 57.<br />
3 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (22 f.) = NJW 1995, 2553 f.; BGH v.<br />
22.5.1986 – IX ZR 108/85, NJW 1986, 2308 (2309); Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 83; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 104; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 58.<br />
4 BGH v. 10.6.1985 – III ZR 63/84, NJW 1986, 252 (253); BGH v. 22.5.1986 – IX ZR<br />
108/885, NJW 1986, 2308 (2309); <strong>zu</strong>stimmend Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 83; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB<br />
Rz. 104; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 58.<br />
I 740 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 966<br />
X. Einwendungen des Gesellschafters<br />
1. Die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB<br />
Aus der strikten Trennung zwischen Gesellschaftsprozess und Prozess gegen den<br />
persÇnlich haftenden Gesellschafter folgt, dass ein Titel gegen die Gesellschaft<br />
nicht gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter vollstreckt werden<br />
kann. Die Regelung des § 129 Abs. 4 HGB stellt dies klar. Auch eine Titelumschreibung<br />
kommt nicht in Betracht. Aus dem Prinzip der akzessorischen Haftung<br />
folgt aber die in § 129 Abs. 1 HGB <strong>zu</strong>m Ausdruck kommende Rechtskraftwirkung.<br />
Ist die Gesellschaft rechtskråftig verurteilt worden, so gilt die Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
als Vorausset<strong>zu</strong>ng fÅr die persÇnliche Haftung des Gesellschafters<br />
aus § 128 HGB als rechtskråftig festgestellt. 1 Es handelt sich weder um<br />
eine echte Rechtskrafterstreckung – dagegen spricht die Regelung des § 129<br />
Abs. 4 HGB – noch um eine Pråklusionswirkung åhnlich der des § 767 Abs. 2<br />
ZPO. 2 Es handelt sich vielmehr um eine Rechtskraftwirkung sui generis, die<br />
aus dem Wesen der akzessorischen Haftung bei der Gesamthandsgesellschaft<br />
folgt. 3 Der einzelne Gesellschafter kann daher nach rechtskråftiger Feststellung<br />
der Gesellschaftsschuld seine Haftung nur noch mit persÇnlichen Einwendungen<br />
abwenden. Die Tatsache, dass dem einzelnen Gesellschafter persÇnliche<br />
Einwendungen <strong>zu</strong>stehen kÇnnen, bildet die Rechtfertigung fÅr die Regelung des<br />
§ 129 Abs. 4 HGB, wonach ein Urteil gegen die Gesellschaft nicht in das PrivatvermÇgen<br />
des Gesellschafters vollstreckt werden kann. Wirkt der Gesellschaftsglåubiger<br />
mit einem vertretungsberechtigten Gesellschafter kollusiv <strong>zu</strong>sammen,<br />
um die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB <strong>zu</strong> Lasten eines anderen Ge-<br />
1 RG v. 13.4.1901 – I 15/01, RGZ 49, 340 (343); RG v. 30.6.1921 – VI 76/21, RGZ 102,<br />
301 (303); BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (255) = NJW 1970,<br />
1740 (1741); BGH v. 18.3.1975 – X ZB 12/74, BGHZ 64, 155 (156) = NJW 1975, 1280<br />
(1281); BGH v. 1.7.1976 – VII ZR 85/74, WM 1976, 1085 (1086); OLG DÅsseldorf v.<br />
27.4.2001 – 17 U 180/00, NZG 2001, 890 f.; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010,<br />
§ 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 11;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 5.<br />
2 FÅr eine akzessorietåtsbedingte Pråklusion entsprechend § 767 Abs. 2 ZPO Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 11. Vom BGH offen gelassen in<br />
den Entscheidungen BGH v. 13.7.1970 – VIII ZR 230/68, BGHZ 54, 251 (255) = NJW<br />
1970, 1740 (1741) und BGH v. 1.7.1976 – VII ZR 85/74, WM 1976, 1085 (1086).<br />
3 Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, 1887, S. 594 ff.;<br />
Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, 2000, S. 95 f.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 741<br />
966
Rz. I 966 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
sellschafters herbei<strong>zu</strong>fÅhren, so kann sich der Gesellschaftsglåubiger gemåß<br />
§ 826 BGB nicht auf die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB berufen. 1<br />
2. Keine Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten ausgeschiedener Gesellschafter<br />
Die in § 129 Abs. 1 HGB <strong>zu</strong>m Ausdruck kommende Rechtskraftwirkung greift<br />
nicht <strong>zu</strong> Lasten eines Gesellschafters ein, der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Klageerhebung<br />
aus der Gesellschaft ausgeschieden war. 2 Ein Ausscheiden aus der Gesellschaft<br />
nach Erhebung der Klage gegen die Gesellschaft steht dagegen der<br />
Rechtskraftwirkung nicht entgegen. 3 Die Privilegierung des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />
beruht darauf, dass er auf die ProzessfÅhrung der Gesellschaft keinen<br />
Einfluss mehr nehmen kann und es ihm daher in der Regel nicht mÇglich ist,<br />
Verteidigungsmittel der Gesellschaft vor<strong>zu</strong>bringen. Diese MÇglichkeit hat zwar<br />
ein von der GeschåftsfÅhrung und Vertretung ausgeschlossener Gesellschafter<br />
regelmåßig auch nicht, ihm stehen aber Informationsrechte <strong>zu</strong>, so dass er im<br />
Gesellschaftsprozess als Nebenintervenient beitreten und damit auch Verteidigungsmittel<br />
vorbringen kann. Aufgrund der Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1<br />
HGB handelt es sich um eine streitgenÇssische Nebenintervention i.S. des<br />
§ 69 ZPO4 967<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 758). Ein ausgeschiedener Gesellschafter erhålt dagegen<br />
in der Regel keine Informationen mehr Åber die Angelegenheiten der Gesellschaft,<br />
so dass ihm die Nebenintervention wegen fehlender Kenntnis vom Gesellschaftsprozess<br />
nicht mÇglich ist. Da die Ablehnung der Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong><br />
Lasten eines ausgeschieden Gesellschafters dem Schutz dieses Gesellschafters<br />
dient, kann er sich auf eine Abweisung der Klage gegen die Gesellschaft im<br />
1 BGH v. 11.12.1995 – II ZR 220/94, NJW 1996, 658; OLG DÅsseldorf v. 27.4.2001 – 17<br />
U 180/00, NZG 2001, 890 (891); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB<br />
Rz. 6; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 5.<br />
2 BGH v. 8.11.1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (233 f.) = NJW 1966, 499 (500); Hopt<br />
in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 15; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129<br />
HGB Rz. 16; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB<br />
Rz. 8.<br />
3 RG v. 30.6.1921 – VI 76/21, RGZ 102, 301 (303); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB<br />
Rz. 15; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 16; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 8.<br />
4 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 124 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 124 HGB Rz. 29; vgl. da<strong>zu</strong> auch Wertenbruch, NJW 2002, 324<br />
(326 f.).<br />
I 742 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 969<br />
Gesellschaftsprozess berufen. 1 Der Gesellschaftsglåubiger hat hier kein anerkennenswertes<br />
Interesse daran, nach rechtskråftiger Abweisung der Klage gegen die<br />
Gesellschaft einen zweiten Klageversuch gegen die <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Erhebung<br />
der ersten Klage bereits ausgeschiedenen Gesellschafter <strong>zu</strong> unternehmen.<br />
3. Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten von Kommanditisten und bei Wechsel in<br />
die Kommanditistenstellung<br />
Die Rechtskraftwirkung tritt auch <strong>zu</strong> Lasten des Kommanditisten einer KG ein.<br />
Denn er hat Åber den Mitteilungsanspruch des § 166 HGB hinaus ein allgemeines<br />
Informationsrecht bezÅglich der Angelegenheiten der Gesellschaft (vgl. da<strong>zu</strong><br />
Rz. I 2388 f.). Die KG muss ihn daher Åber die Klageerhebung eines Gesellschaftsglåubigers<br />
informieren. Da den Kommanditisten grundsåtzlich die Rechtskraftwirkung<br />
des § 129 Abs. 1 HGB trifft, ist auch der Komplementår, der in<br />
die Kommanditistenstellung wechselt, insoweit nicht einem ausgeschiedenen<br />
Gesellschafter gleich<strong>zu</strong>stellen. Der BGH2 hat die Rechtskraftwirkung fÅr den Fall<br />
bejaht, dass der frÅhere Komplementår die Stellung des Kommanditisten und des<br />
GeschåftsfÅhrers der Komplementår-GmbH Åbernimmt. Insoweit genÅgt aber<br />
aus den dargelegten GrÅnden schon die Ûbernahme der Kommanditistenstellung.<br />
Andererseits greift die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB aber auch<br />
dann ein, wenn nicht die Kommanditistenstellung, sondern nur das Amt des GeschåftsfÅhrers<br />
der Komplementår-GmbH Åbernommen wird. Denn die<br />
Komplementår-GmbH fÅhrt, vertreten durch ihren GeschåftsfÅhrer, den Gesellschaftsprozess,<br />
so dass der frÅhere persÇnlich haftende Komplementår nicht nur<br />
auf den Gesellschaftsprozess Einfluss nehmen, sondern aufgrund der erlangten<br />
Informationen auch als Nebenintervenient (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 2388 f.) beitreten<br />
kann.<br />
4. Hemmung und Neubeginn der Verjåhrung<br />
Die Trennung des Gesellschaftsprozesses vom Prozess gegen die persÇnlich haf- 969<br />
tenden Gesellschafter wirft in verjåhrungsrechtlicher Hinsicht deshalb eine Reihe<br />
von Fragen auf, weil trotz der prozessualen Trennung der Verfahren die materiellrechtliche<br />
Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters vom Bestand der Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
abhångt. Verjåhrungsrechtliche Probleme entstehen dann,<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 43; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 15; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 129 HGB Rz. 16; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />
HGB Rz. 8.<br />
2 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 204/79, BGHZ 78, 114 (120 f.) = NJW 1981, 175 (176); <strong>zu</strong>stimmend<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 43; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 8.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 743<br />
968
Rz. I 969 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
wenn der Gesellschaftsglåubiger die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter<br />
nicht gleichzeitig verklagt (vgl. Rz. I 747). Aus dem Grundsatz der akzessorischen<br />
Haftung folgt, dass eine Klage gegen die Personengesellschaft auch die Verjåhrung<br />
des Anspruchs gegen nicht mitverklagte persÇnlich haftende Gesellschafter<br />
gemåß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmt (vgl. Rz. I 748). 1 Diese Hemmungswirkung<br />
greift aber – ebenso wie die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 966 ff.) – nicht <strong>zu</strong> Lasten eines persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />
ein, der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Klageerhebung schon aus der Gesellschaft ausgeschieden<br />
war 2 (vgl. Rz. I 748). Da die Verpflichtung der persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter von der Gesellschaftsverbindlichkeit abhångt und nicht umgekehrt<br />
die Haftung der Gesellschaft von einer persÇnlichen Verbindlichkeit des Gesellschafters,<br />
wird durch die Erhebung einer Klage gegen einen Gesellschafter<br />
nicht die Verjåhrung des Anspruchs gegen die Gesellschaft gehemmt (vgl.<br />
Rz. I 749). 3 Wird ein persÇnlich haftender Gesellschafter ohne gleichzeitige Erhebung<br />
der Klage gegen die Gesellschaft vor Verjåhrung des Anspruchs verklagt, so<br />
kann sich der Gesellschafter nicht auf eine wåhrend des Prozesses eintretende<br />
Verjåhrung der Forderung gegen die Gesellschaft berufen 4 (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 749).<br />
Daher kann ein rechtskråftig verurteilter persÇnlich haftender Gesellschafter gegen<br />
die vom Glåubiger betriebene Zwangsvollstreckung nicht vorbringen, die Gesellschaftsforderung<br />
sei inzwischen verjåhrt. 5 Ist die Gesellschaft rechtkråftig verurteilt,<br />
so gilt die gemåß §§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 201 Satz 1 BGB geltende 30-jåhrige<br />
Verjåhrungsfrist auch im Verhåltnis <strong>zu</strong> den persÇnlich haftenden Gesellschaf-<br />
1 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 204/79, BGHZ 78, 114 (119 f.) = NJW 1981, 175 (176);<br />
BGH v. 22.3.1988 – X ZR 64/87, BGHZ 104, 76 (81 f.) = NJW 1988, 1976; BGH v.<br />
9.7.1998 – IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214 (218) = NJW 1998, 2972; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl.<br />
2011, § 129 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 129 HGB Rz. 4; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 7.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 8; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4.<br />
3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 129 HGB Rz. 9; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />
HGB Rz. 4.<br />
4 BGH v. 22.3.1988 – X ZR 64/87, BGHZ 104, 76 (79 ff.) = NJW 1988, 1976 (1977);<br />
Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 2; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 9; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 129 HGB Rz. 8; Wertenbruch, NJW 2002, 324 (325).<br />
5 BGH v. 27.4.1981 – II ZR 177/80, NJW 1981, 2579; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 129 HGB Rz. 8; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB<br />
Rz. 11; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4.<br />
I 744 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 971<br />
tern. 1 Entsprechendes gilt gemåß § 197 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BGB fÅr AnsprÅche<br />
aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden sowie fÅr im Insolvenzverfahren<br />
festgestellte AnsprÅche.<br />
5. Geltung der Regelung des § 129 HGB fÅr die GbR und die Partnerschaftsgesellschaft<br />
Aufgrund der Verweisungsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG gilt § 129 HGB<br />
auch fÅr die persÇnliche Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft.<br />
In seinem Grundsat<strong>zu</strong>rteil <strong>zu</strong>r Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR hat<br />
der BGH 2 nicht nur eine analoge Anwendung des § 128 HGB angeordnet, sondern<br />
<strong>zu</strong>gleich festgestellt, dass das Verhåltnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung<br />
bei der GbR der Rechtslage in den Fållen der akzessorischen Gesellschafterhaftung<br />
gemåß §§ 128 f. HGB bei der OHG entspricht. Die Regelung<br />
des § 129 HGB ist damit ebenso wie § 128 HGB und nunmehr auch § 130 HGB<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 917 ff.) auf die GbR entsprechend anwendbar. Da die Regelung<br />
des § 129 HGB im Wesentlichen nur Grundprinzipien der akzessorischen<br />
Gesellschafterhaftung enthålt, wåre es nicht mÇglich, ausschließlich die Regelung<br />
des § 128 HGB entsprechend auf die GbR an<strong>zu</strong>wenden. Damit erlangt die gesamte<br />
Rechtsprechung <strong>zu</strong> § 129 HGB auch unmittelbare Bedeutung fÅr die persÇnliche<br />
Haftung der Gesellschafter einer GbR.<br />
6. Rechtskråftige Urteile und sonstige rechtskraftfåhige Vollstreckungstitel<br />
Die Rechtskraftwirkung des § 129 Abs. 1 HGB greift nicht fÅr Vollstreckungstitel<br />
aller Art, sondern nur fÅr rechtskraftfåhige Vollstreckungstitel ein. Da<br />
eine vollstreckbare Urkunde i.S. des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, in der sich die Gesellschaft<br />
der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, gegenÅber der<br />
Gesellschaft keine Rechtskraft entfaltet 3 , kann insoweit keine Rechtskraftwirkung<br />
<strong>zu</strong>m Nachteil der persÇnlich haftenden Gesellschafter entstehen. Eine Rechtskraftwirkung<br />
entfalten daher alle Urteile, die in Rechtskraft erwachsen, also auch<br />
Versåumnis- und Anerkenntnisurteile. 4 Der Vollstreckungsbescheid wird in<br />
§ 700 Abs. 1 ZPO einem Versåumnisurteil gleichgestellt; vor der Zustellung des<br />
1 Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 4.<br />
2 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358) = ZIP 2001, 330 (336).<br />
3 Die fehlende Rechtskraft von vollstreckbaren Urkunden folgt aus § 797 Abs. 4 ZPO, wonach<br />
bei einer Vollstreckungsgegenklage die Pråklusionsregelung des § 767 ZPO keine<br />
Anwendung findet, vgl. Handkomm.ZPO/Kindl, 3. Aufl. 2009, § 797 ZPO Rz. 1; Musielak/Lackmann,<br />
8. Aufl. 2011, § 797 ZPO Rz. 1.<br />
4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 7; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 11; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 6.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 745<br />
970<br />
971
Rz. I 971 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
Vollstreckungsbescheids entstandene Einwendungen, die durch Einspruch nicht<br />
mehr geltend gemacht werden kÇnnen, kann der Schuldner dem titulierten Anspruch<br />
nach § 796 Abs. 2 ZPO nicht mehr entgegenhalten. Weil somit auch ein<br />
Vollstreckungsbescheid in Rechtskraft erwåchst 1 , entfaltet ein gegen die Gesellschaft<br />
erlassener Vollstreckungsbescheid gemåß § 129 Abs. 1 HGB auch eine<br />
Rechtskraftwirkung <strong>zu</strong> Lasten des persÇnlich haftenden Gesellschafters. 2 Entsprechendes<br />
gilt fÅr die Feststellung einer Forderung <strong>zu</strong>r Insolvenztabelle in<br />
der Insolvenz Åber das VermÇgen der Gesellschaft. 3 Denn nach § 178 Abs. 3<br />
InsO hat die Eintragung in die Insolvenztabelle die Wirkung eines rechtskråftigen<br />
Urteils. Zu diesen Wirkungen gehÇrt auch die Rechtskraftwirkung i.S. des § 129<br />
Abs. 1 HGB.<br />
7. Einwendungen i.S. des § 129 Abs. 1 HGB<br />
Das Tatbestandsmerkmal „Einwendungen“ bezieht sich nicht nur auf materiellrechtliche<br />
Einwendungen im technischen Sinn (rechtshindernde und rechtsvernichtende<br />
Einwendungen), sondern auch auf Einreden im materiell-rechtlichen<br />
Sinne (z.B. Verjåhrung, ZurÅckbehaltungsrecht). 4 Prozessuale Einreden<br />
wie beispielsweise die anderweitige Rechtshångigkeit oder die Çrtliche Un<strong>zu</strong>ståndigkeit<br />
des Gerichts werden nicht von § 129 Abs. 1 HGB erfasst. 5 972<br />
Aufgrund der<br />
Trennung zwischen Gesellschaftsprozess und Gesellschafterprozess haben die<br />
rein prozessualen Einreden grundsåtzlich keine Bedeutung fÅr den Gesellschaftsprozess.<br />
Sie kÇnnen aber mittelbar dadurch von § 129 Abs. 1 HGB erfasst<br />
werden, dass sie Einfluss auf den materiell-rechtlichen Anspruch gegen die Gesellschaft<br />
haben. Wird also beispielsweise ein Verteidigungsmittel der Gesellschaft<br />
als verspåtet <strong>zu</strong>rÅckgewiesen, so trifft dies mittelbar auch die persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter, wenn dadurch die Forderung gegen die Gesellschaft rechts-<br />
1 Vgl. da<strong>zu</strong> BGH v. 11.12.1996 – II ZR 220/94, NJW 1996, 658; ZÇller/Vollkommer,<br />
28. Aufl. 2010, § 700 ZPO Rz. 1.<br />
2 OLG Schleswig v. 6.1.1998 – 5 W 65/97, OLGR Schleswig 1998, 123 f.; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 6.<br />
3 BGH v. 30.1.1961 – II ZR 98/59, WM 1961, 427 (429); BAG v. 12.6.2002 – 10 AZR<br />
199/01, KTS 2003, 315 (318 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB<br />
Rz. 7; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in<br />
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 6.<br />
4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 1; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 4; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 129 HGB Rz. 4; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />
HGB Rz. 3.<br />
5 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 4; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 5; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 129 HGB Rz. 5; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />
HGB Rz. 3.<br />
I 746 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 973<br />
kråftig festgestellt wird. Einreden im materiell-rechtlichen Sinne kann der Gesellschafter<br />
gemåß § 129 Abs. 1 HGB auch dann geltend machen, wenn sie von der<br />
Gesellschaft noch nicht geltend gemacht worden sind. 1 FÅr die Anfechtung<br />
und Aufrechnung als Gestaltungsrechte enthalten Abs. 2 und 3 des § 129 HGB<br />
Sonderregelungen fÅr den Fall, dass die Gesellschaft diese Rechte noch nicht geltend<br />
gemacht hat (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 974 ff.).<br />
8. Neue Einwendungen der Gesellschaft nach rechtskråftiger Verurteilung<br />
Ist die Gesellschaft rechtskråftig verurteilt, so kann sie neu entstehende Einwendungen<br />
nach allgemeinen Grundsåtzen gemåß § 767 Abs. 2 ZPO im Rahmen einer<br />
Vollstreckungsgegenklage geltend machen. Ohne Erhebung einer solchen<br />
Vollstreckungsgegenklage ist der Titel nach wie vor vollstreckbar. Da ein Titel gegen<br />
die Gesellschaft nicht unmittelbar gegen einen persÇnlich haftenden Gesellschafter<br />
vollstreckt werden kann und die Einwendungen von der Gesellschaft<br />
noch geltend gemacht werden kÇnnen, kann auch der persÇnlich haftende Gesellschafter<br />
sie im Prozess des Glåubigers gegen ihn unmittelbar geltend machen.<br />
2 Der persÇnlich haftende Gesellschafter ist nicht darauf angewiesen, dass<br />
die Gesellschaft die Vollstreckungsgegenklage erhebt. Der Gesellschafter muss allerdings<br />
dann selbst eine Vollstreckungsgegenklage erheben, wenn auch er bereits<br />
rechtskråftig verurteilt worden ist. 3 Diese Vollstreckungsgegenklage setzt<br />
nicht voraus, dass die Gesellschaft selbst eine solche Klage erhebt. 4 973<br />
Dies beruht<br />
darauf, dass aufgrund der Trennung zwischen Gesellschaftsprozess und Gesellschafterprozess<br />
auch die Fragen der Rechtskraft und der Rechtskraftdurchbrechung<br />
separat <strong>zu</strong> behandeln sind.<br />
1 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 1. Nach a.A. (Heymann/Emmerich,<br />
2. Aufl. 1996, § 129 HGB Rz. 12a) soll insoweit § 129 Abs. 2 HGB entsprechend<br />
Anwendung finden.<br />
2 RG v. 19.2.1929 – II 296/28, RGZ 124, 146 (151 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 129 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 12;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 7.<br />
3 RG v. 19.2.1929 – II 296/28, RGZ 124, 146 (151 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl.<br />
2010, § 129 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 12;<br />
MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 7.<br />
4 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 8; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 12; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 129 HGB Rz. 13; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129<br />
HGB Rz. 7.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 747
974<br />
975<br />
Rz. I 974 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
9. Gestaltungsrechte – insbesondere Anfechtung und Aufrechnung<br />
a) Allgemeine Grundsåtze<br />
Steht der Gesellschaft eine Anfechtungsbefugnis oder eine AufrechnungsmÇglichkeit<br />
<strong>zu</strong>, so kann ein persÇnlich in Anspruch genommener Gesellschafter dieses<br />
Gestaltungsrecht in der Regel nicht ausÅben. Diese MÇglichkeit besteht nur,<br />
wenn er Einzelvertretungsmacht hat und die AusÅbung des Gestaltungsrechts<br />
keine Pflichtverlet<strong>zu</strong>ng im Verhåltnis <strong>zu</strong>r Gesellschaft darstellt. § 129 Abs. 2 und<br />
3 HGB gibt daher dem persÇnlich haftenden Gesellschafter eine aufschiebende<br />
Einrede, solange die Anfechtung bzw. Aufrechnung durch die Gesellschaft<br />
noch mÇglich ist. Diese Regelung entspricht dem fÅr die akzessorische BÅrgenhaftung<br />
geltenden § 770 BGB. Die aufschiebende Einrede nach § 129 Abs. 2 und<br />
3 HGB gibt dem Gesellschafter ein vorÅbergehendes Leistungsverweigerungsrecht.<br />
1 Eine Klage gegen den persÇnlich haftenden Gesellschafter ist daher bei<br />
Erhebung dieser Einrede durch den Gesellschafter als „derzeit unbegrÅndet“<br />
ab<strong>zu</strong>weisen. 2 Wird die Anfechtung bzw. die Aufrechnung von der Gesellschaft innerhalb<br />
der maßgeblichen Frist nicht ausgeÅbt, so entfållt die Einrede und damit<br />
das Leistungsverweigerungsrecht. Im Fall der AusÅbung des Gestaltungsrechts<br />
wird die Gesellschaftsschuld veråndert mit der Folge, dass der Gesellschafter<br />
nach dem Akzessorietåtsprinzip nur noch fÅr den verånderten Bestand haftet.<br />
§ 129 Abs. 2 und 3 HGB regelt zwar nur die Anfechtung und die Aufrechnung,<br />
die Regelung gilt aber entsprechend fÅr andere Gestaltungsrechte. 3 Denn bei<br />
anderen Gestaltungsrechten – wie etwa KÅndigung, RÅcktritt und Widerruf – ist<br />
die Interessenlage vergleichbar. Auch hier kann die Gesellschaft durch die Aus-<br />
Åbung des Gestaltungsrechts die Gesellschaftsverbindlichkeit unmittelbar beseitigen,<br />
wåhrend dem persÇnlich haftenden Gesellschafter in der Regel der direkte<br />
Einfluss auf die Gesellschaftsverbindlichkeit verwehrt ist. Die Interessen des Gesellschaftsglåubigers<br />
werden hier nicht beeintråchtigt, weil auch die anderen Gestaltungsrechte<br />
nicht unbefristet geltend gemacht werden kÇnnen. Dies gilt<br />
nicht nur fÅr KÅndigungs- und WiderrufsmÇglichkeiten, sondern auch fÅr den<br />
1 BGH v. 14.12.1964 – VIII ZR 119/63, BGHZ 42, 396 (397 f.) = NJW 1965, 627; Hopt<br />
in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 9; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 20; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl.<br />
2008, § 129 HGB Rz. 10.<br />
2 Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 25; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 22; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 10.<br />
3 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 10; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 21; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 11; Koller in Koller/Roth/Morck, 7. Aufl. 2011, §§ 128,<br />
129 HGB Rz. 3; Heymann/Emmerich, 2. Aufl. 1996, § 129 HGB Rz. 12; a.A. MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 18.<br />
I 748 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 977<br />
RÅcktritt. Hier kann der Gesellschaftsglåubiger als RÅcktrittsgegner gemåß § 350<br />
BGB der Gesellschaft als RÅcktrittsberechtigter eine angemessene Frist setzen,<br />
nach deren Ablauf das RÅcktrittsrecht erlischt, wenn der RÅcktritt nicht von der<br />
Gesellschaft erklårt wird. Es wåre hier nicht interessengerecht, dem persÇnlich<br />
haftenden Gesellschafter das Leistungsverweigerungsrecht <strong>zu</strong> versagen und ihn<br />
fÅr den Fall der spåteren AusÅbung des Gestaltungsrechts durch die Gesellschaft<br />
auf BereicherungsansprÅche <strong>zu</strong> verweisen.<br />
b) Einrede der Anfechtbarkeit (§ 129 Abs. 2 HGB)<br />
Das dem persÇnlich haftenden Gesellschafter gemåß § 129 Abs. 2 HGB bei Bestehen<br />
eines Anfechtungsrechts der Gesellschaft <strong>zu</strong>stehende Leistungsverweigerungsrecht<br />
hat in Be<strong>zu</strong>g auf eine Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 BGB<br />
kaum praktische Bedeutung. Dies beruht darauf, dass die Anfechtung gemåß<br />
§ 121 Abs. 1 BGB unverzÅglich erfolgen muss. Ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger<br />
Tåuschung oder widerrechtlicher Drohung aus § 123 BGB verjåhrt<br />
aber nach § 124 Abs. 1 BGB erst nach einem Jahr, wobei gemåß § 124 Abs. 2<br />
BGB bei der arglistigen Tåuschung der Zeitpunkt der Kenntniserlangung und im<br />
Fall der Drohung der Zeitpunkt der Beendigung der Zwangslage fÅr den Beginn<br />
der Frist maßgebend ist. Praktische Bedeutung hat die Einrede des § 129 Abs. 2<br />
HGB also insbesondere dann, wenn sich erst im Prozess eine arglistige Tåuschung<br />
herausstellt und die Gesellschaft von diesem Zeitpunkt an noch innerhalb eines<br />
Jahres die Anfechtung erklåren kann. FÅr die ProzessfÅhrung im Gesellschafterprozess<br />
ist dem Gesellschafter daher <strong>zu</strong> empfehlen, bei Verdacht einer arglistigen<br />
Tåuschung der Gesellschaft die Einrede des § 129 Abs. 2 HGB vorsorglich <strong>zu</strong> erheben.<br />
Erfolgt durch die Gesellschaft eine Anfechtung, so kommt die Anfechtungswirkung<br />
des § 142 BGB unmittelbar auch den persÇnlich haftenden Gesellschaftern<br />
<strong>zu</strong>gute. Dies folgt aus dem Akzessorietåtsgrundsatz. FÅr einen etwaigen<br />
Anspruch des Gesellschaftsglåubigers auf Ersatz des Vertrauensschadens gemåß<br />
§ 122 BGB haften die Gesellschafter gemåß § 128 HGB persÇnlich. Durch die<br />
Beståtigung eines anfechtbaren Rechtsgeschåfts gemåß § 144 BGB erlischt das<br />
Anfechtungsrecht und damit unmittelbar auch die Einrede der persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter nach § 129 Abs. 2 HGB.<br />
c) Einrede der Aufrechenbarkeit (§ 129 Abs. 3 HGB)<br />
Die Regelung des § 129 Abs. 3 HGB ist nach allgemeiner Auffassung missver- 977<br />
ståndlich formuliert. Sie stellt fÅr die Einrede des persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />
auf eine AufrechnungsmÇglichkeit des Gesellschaftsglåubigers und<br />
nicht auf eine solche der Gesellschaft ab. Der Wortlaut dieser Regelung ist insbesondere<br />
in dem Fall problematisch, in dem der Gesellschaftsglåubiger mit der<br />
Gesellschaft ein Aufrechnungsverbot <strong>zu</strong> Lasten der Gesellschaft vereinbart hat.<br />
In diesem Fall kann der persÇnlich haftende Gesellschafter entgegen dem Wort-<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 749<br />
976
978<br />
Rz. I 977 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
laut des § 129 Abs. 3 HGB nicht die Einrede der Aufrechenbarkeit erheben. 1 Es<br />
kommt vielmehr – wie bei der Einrede der Anfechtbarkeit und bei sonstigen Gestaltungsrechten<br />
– darauf an, ob der Gesellschaft eine Aufrechnungsbefugnis<br />
<strong>zu</strong>steht, von der der einzelne Gesellschafter keinen Gebrauch machen kann.<br />
Steht nur dem Gesellschaftsglåubiger eine Aufrechnungsbefugnis <strong>zu</strong>, so ist dieser<br />
nicht gezwungen, anstelle einer persÇnlichen Inanspruchnahme eines Gesellschafters<br />
gegenÅber der Gesellschaft die Aufrechnung <strong>zu</strong> erklåren. 2 Wird vom<br />
Gesellschafter die Einrede des § 129 Abs. 3 HGB wegen bestehender AufrechnungsmÇglichkeit<br />
der Gesellschaft erhoben, so ist auch hier die Klage als „derzeit<br />
unbegrÅndet“ ab<strong>zu</strong>weisen. 3<br />
10. PersÇnliche Einwendungen des Gesellschafters<br />
PersÇnliche Einwendungen kann der nach § 128 HGB in Anspruch genommene<br />
Gesellschafter unbeschrånkt erheben. Dies folgt zwar auch aus § 129 Abs. 1<br />
HGB, es handelt sich aber um einen allgemeinen Grundsatz, der fÅr jede Prozesspartei<br />
gilt. Zu den persÇnlichen Einwendungen gehÇren die Sonderverjåhrung<br />
des § 159 HGB im Fall der AuflÇsung der Gesellschaft (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 944 ff.)<br />
und die Begren<strong>zu</strong>ng der Nachhaftung nach § 160 HGB (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 937 ff.).<br />
Praktische Bedeutung haben die persÇnlichen Einwendungen darÅber hinaus<br />
dann, wenn dem Gesellschafter eine Forderung gegen den Gesellschaftsglåubiger<br />
<strong>zu</strong>steht, mit der er gegen den Anspruch des Glåubigers aus § 128 HGB aufrechnen<br />
kann.<br />
11. Das Vollstreckungsverbot des § 129 Abs. 4 HGB<br />
979<br />
Das Vollstreckungsverbot des § 129 Abs. 4 HGB ist eine zwingende Konsequenz<br />
der Rechts- und Parteifåhigkeit der Gesellschaft und der daraus folgenden strikten<br />
Trennung des Gesellschaftsprozesses von Klageverfahren gegen die einzelnen<br />
persÇnlich haftenden Gesellschafter. Die Rechtfertigung fÅr dieses Vollstreckungsverbot<br />
liegt insbesondere darin, dass dem einzelnen persÇnlich haftenden<br />
Gesellschafter persÇnliche Einwendungen <strong>zu</strong>stehen kÇnnen (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 966).<br />
1 BGH v. 14.12.1964 – VIII ZR 119/63, BGHZ 42, 396 (397 f.) = NJW 1965, 627; Hopt<br />
in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 13; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 23; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129<br />
HGB Rz. 24; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB<br />
Rz. 14.<br />
2 BGH v. 14.12.1964 – VIII ZR 119/63, BGHZ 42, 396 (397 f.) = NJW 1965, 627.<br />
3 BGH v. 24.10.1962 – V ZR 1/61, BGHZ 38, 122 (129 f.) = NJW 1963, 244 (246); Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 25; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 14.<br />
I 750 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 981<br />
Aus diesem Grund ist auch eine Titelumschreibung nicht <strong>zu</strong>låssig. 1 Ein Sonderproblem<br />
entsteht, wenn <strong>zu</strong>m Zwecke der Vollstreckung eines Titels gegen die<br />
Gesellschaft eine Sache eines persÇnlich haftenden Gesellschafters gepfåndet<br />
wird, die sich im Gewahrsam der Gesellschaft befindet (z.B. der Pkw eines geschåftsfÅhrenden<br />
Gesellschafters). Hier kann zwar der persÇnlich haftende Gesellschafter<br />
grundsåtzlich gemåß § 771 ZPO eine Drittwiderspruchsklage erheben,<br />
der Glåubiger kann hier aber gemåß § 242 BGB einwenden, dass der Gesellschafter<br />
gemåß § 128 HGB persÇnlich fÅr die Forderung haftet. 2<br />
XI. RegressansprÅche des persÇnlich haftenden Gesellschafters<br />
1. AnsprÅche gegen die Gesellschaft (§ 110 HGB)<br />
ErfÅllt ein Gesellschafter die Forderung eines Gesellschaftsglåubigers, so steht<br />
dem Gesellschafter gegen die Gesellschaft ein Aufwendungsersatzanspruch<br />
gemåß § 110 HGB <strong>zu</strong> (vgl. <strong>zu</strong> den Einzelheiten Rz. I 401 ff.). § 110 HGB ist nach<br />
Anerkennung der Rechts- und Parteifåhigkeit der GbR auf diese analog anwendbar<br />
(vgl. Rz. I 401). Einen gesetzlichen ForderungsÅbergang sieht § 110 HGB<br />
nicht vor; die Regelung des § 774 Abs. 1 BGB ist nicht analog anwendbar (vgl.<br />
Rz. I 403). Ist der Gesellschafter <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus § 128<br />
HGB bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden, so besteht zwischen der Gesellschaft<br />
und diesem Gesellschafter eine echte Gesamtschuld (vgl. Rz. I 404).<br />
Der Regress richtet sich hier nicht nach § 110 HGB, sondern nach § 426 Abs. 1<br />
und 2 BGB (vgl. Rz. I 404). Es kommt also hier gemåß § 426 Abs. 2 BGB <strong>zu</strong> einem<br />
gesetzlichen ForderungsÅbergang (vgl. <strong>zu</strong>m Regress des Kommanditisten<br />
gegen die KG Rz. I 3134 ff.).<br />
2. Kein Gesamtschuldverhåltnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern<br />
Obwohl die Gesellschaftsglåubiger frei zwischen der Inanspruchnahme der Gesellschaft<br />
und der einzelnen Gesellschafter wåhlen kÇnnen, besteht insoweit kein<br />
Gesamtschuldverhåltnis. Dies hångt damit <strong>zu</strong>sammen, dass eine Gesamtschuld<br />
1 OLG Hamm v. 10.12.1978 – 20 W 39/77, NJW 1979, 51 ff.; OLG Frankfurt v.<br />
30.11.1981 – 20 W 836/81, ZIP 1982, 315 f. = BB 1982, 399; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 129 HGB Rz. 15; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 129<br />
HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129 HGB Rz. 27; Hillmann<br />
in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB Rz. 15.<br />
2 BGH v. 1.6.1953 – IV ZR 196/52, LM § 771 ZPO Nr. 2; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 129 HGB Rz. 27; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 129<br />
HGB Rz. 28; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 129 HGB<br />
Rz. 16.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 750/1<br />
980<br />
981
Rz. I 981 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
<strong>zu</strong>m Regressanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB und insbesondere <strong>zu</strong>r Legalzession<br />
nach § 426 Abs. 2 BGB fÅhren wÅrde. Aufgrund der Legalzession wÅrden gemåß<br />
§ 401 BGB Sicherungsrechte auf den zahlenden Gesellschafter Åbergehen. Da die<br />
Regelung des § 110 HGB den Regressanspruch des einzelnen Gesellschafters<br />
auch im Fall der Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsglåubiger abschließend<br />
regelt und insbesondere eine dem § 426 Abs. 2 BGB entsprechende Legalzession<br />
<strong>zu</strong>gunsten des zahlenden Gesellschafters gerade nicht vorsieht, kommt<br />
ein Regress im Falle der Befriedigung eines Gesellschaftsglåubigers nach § 426<br />
Abs. 1 und 2 BGB nicht in Betracht. Eine Gesamtschuld ohne Anwendung des<br />
§ 426 BGB gibt es eben nicht, und es wÅrde keinen Sinn ergeben, aufgrund der<br />
freien WahlmÇglichkeit des Gesellschaftsglåubigers eine „Gesamtschuld“ <strong>zu</strong> bejahen,<br />
auf die ausnahmsweise § 426 BGB nicht anwendbar wåre.<br />
3. RegressansprÅche gegen Mitgesellschafter (§ 426 BGB)<br />
FÅr den aufgrund einer Glåubigerbefriedigung entstandenen Anspruch eines Gesellschafters<br />
gegen die Gesellschaft aus § 110 HGB haften die Mitgesellschafter<br />
nicht nach § 128 HGB (vgl. Rz. I 415 f.). § 128 HGB ist im Verhåltnis der Gesellschafter<br />
untereinander nur bei sog. DrittglåubigeransprÅchen anwendbar. Die<br />
Mitgesellschafter sind im Hinblick auf die persÇnliche Haftung aus § 128 HGB<br />
als Gesamtschuldner an<strong>zu</strong>sehen. Dies folgt auch unmittelbar aus § 128 Satz 1<br />
HGB, wonach die Gesellschafter ausdrÅcklich „als Gesamtschuldner persÇnlich“<br />
haften. Damit richtet sich der Innenregress nach § 426 Abs. 1 und 2 BGB. Die<br />
anderen Gesellschafter kÇnnen nach § 426 Abs. 1 BGB grundsåtzlich nur pro<br />
rata nach Maßgabe ihrer Verlustanteile in Anspruch genommen werden (vgl.<br />
Rz. I 416). Daraus folgt, dass der regressnehmende Gesellschafter seinen eigenen<br />
Verlustanteil tragen muss. Bei SchadensersatzansprÅchen gegen die Gesellschaft,<br />
die von einem persÇnlich haftenden Gesellschafter schuldhaft verursacht wurden,<br />
kann der Rechtsgedanke des § 254 BGB aber <strong>zu</strong> abweichenden Haftungsanteilen<br />
fÅhren. 1 Die sinngemåße Anwendung des § 254 BGB kann hier auch die Alleinhaftung<br />
des schuldhaft handelnden Gesellschafters im Innenverhåltnis begrÅnden.<br />
2 Praktische Bedeutung erhålt dies insbesondere fÅr die persÇnliche Haftung<br />
der Gesellschafter in einer årztlichen BerufsausÅbungsgesellschaft. 3 982<br />
In<br />
Fållen, in denen der Rechtsgedanke des § 254 BGB <strong>zu</strong> einer Alleinhaftung des<br />
1 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2314 f.) = NJW-RR 2008, 256<br />
(258); BGH v.9.6.2008 – II ZR 268/07, ZIP 2008, 1915 (1916) = NJW-RR 2009, 49.<br />
2 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2314 f.) = NJW-RR 2008, 256<br />
(258); BGH v. 9.6.2008 – II ZR 268/07, ZIP 2008, 1915 = NJW-RR 2009, 49.<br />
3 Vgl. BGH v. 9.6.2008 – II ZR 268/07, ZIP 2008, 1915 (1915 f.) = NJW-RR 2009, 49. Im<br />
Fall hatte einer von mehreren Gesellschaftern einer årztlichen Gemeinschaftspraxis im<br />
Rahmen der Betreuung einer Risikoschwangerschaft eine grob fehlerhafte Entscheidung<br />
getroffen.<br />
I 750/2 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 983<br />
schuldhaft handelnden Gesellschafters fÅhrt, kann bei einer Partnerschaft in der<br />
Regel die aus dem Außenverhåltnis wirkende Haftungskonzentration des § 8<br />
Abs. 2 PartGG eingreifen (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 923). Soweit ein Ersatzanspruch aus<br />
§ 426 Abs. 1 BGB besteht, geht gemåß § 426 Abs. 2 BGB durch Befriedigung die<br />
Glåubigerforderung auf den leistenden Gesellschafter Åber. 1 Auch hier ist § 774<br />
Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entsprechend anwendbar. 2 Die Mitgesellschafter kÇnnen<br />
aber nur dann in Anspruch genommen werden, wenn von der Gesellschaft kein<br />
Ersatz erlangt werden kann (vgl. Rz. I 416). Entscheidend ist insoweit, ob der Gesellschaft<br />
frei verfÅgbare Mittel <strong>zu</strong>r ErfÅllung der Gesellschafterschuld nicht <strong>zu</strong>r<br />
VerfÅgung stehen. 3 Die Gesellschaft muss aber nicht verklagt werden. Es genÅgt,<br />
wenn sie die ErfÅllung ernsthaft und endgÅltig verweigert oder innerhalb einer<br />
gesetzten Frist nicht leistet. 4<br />
4. Der Freistellungsanspruch im Gesamtschuldverhåltnis<br />
Der Regressanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht nicht erst mit Befriedigung<br />
der Gesellschaftsglåubiger, sondern bereits mit Entstehung des Gesamtschuldverhåltnisses.<br />
5 Vor Befriedigung des Gesellschaftsglåubigers kann, sofern<br />
von der Gesellschaft kein Ausgleich <strong>zu</strong> erlangen ist (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 416), von den<br />
mithaftenden Gesellschaftern eine ihren Anteil entsprechende Befreiung (Freistellung)<br />
von der Gesellschaftsschuld verlangt werden. 6 Diese Freistellung kann<br />
bereits dann von den Mitgesellschaftern gefordert werden, wenn eine ernsthafte<br />
MÇglichkeit der Inanspruchnahme des die Freistellung verlangenden Gesellschafters<br />
durch den Gesellschaftsglåubiger besteht. 7 983<br />
Der Freistellungsanspruch bein-<br />
1 BGH v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76 ff.); Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128<br />
HGB Rz. 34; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 48.<br />
2 Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 27; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 34; a.A. Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl.<br />
2009, § 128 HGB Rz. 49.<br />
3 BGH v. 15.1.1985 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (76) = WM 1988, 446 (448); BGH v.<br />
15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256 (258).<br />
4 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233); Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,<br />
2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 33.<br />
5 BGH v 21.3.1991 – IX ZR 286/90, BGHZ 114, 117 (122) = ZIP 1991, 524 (526); BGH<br />
v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256 (257).<br />
6 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (303) = WM 1962, 905; BGH v.<br />
2.7.1979 – II ZR 132/78, NJW 1980, 339 (340)= WM 1979, 1282; BGH v. 15.10.2007 –<br />
II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256 (257).<br />
7 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2314 f.) = NJW-RR 2008, 256<br />
(257 f.); Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 37; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 36.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 750/3
984<br />
985<br />
Rz. I 983 I. Teil Gesellschaftsrecht<br />
haltet auch die Verpflichtung, nicht begrÅndete Forderungen zwecks Vermeidung<br />
einer Inanspruchnahme des Freistellungsglåubigers ab<strong>zu</strong>wehren. 1<br />
5. Der Regress des ausgeschiedenen Gesellschafters<br />
Dem nach Ausscheiden aus der Gesellschaft aus § 128 HGB in Anspruch genommenen<br />
Gesellschafter stehen ebenso wie einem der Gesellschaft noch angehÇrenden<br />
Gesellschafter gegen die frÅheren Mitgesellschafter die AnsprÅche aus<br />
§ 426 Abs. 1 und 2 BGB <strong>zu</strong> (vgl. Rz. I 417). Der ausgeschiedene Gesellschafter<br />
muss aber nicht mehr auf die Belange der Mitgesellschafter RÅcksicht nehmen<br />
und daher nicht <strong>zu</strong>vor die Gesellschaft in Anspruch nehmen. Ein weiterer<br />
Unterschied <strong>zu</strong>m Regressanspruch des noch der Gesellschaft angehÇrenden Gesellschafters<br />
besteht darin, dass die Mitgesellschafter gemåß § 426 BGB nicht<br />
nur pro rata, sondern als Gesamtschuldner voll in Anspruch genommen werden<br />
kÇnnen (vgl. Rz. I 417). Der ausgeschiedene Gesellschafter muss sich auch keinen<br />
eigenen Verlustanteil anrechnen lassen, da dieser schon bei der Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />
im Rahmen des Ausscheidens aus der Gesellschaft berÅcksichtigt worden<br />
ist (vgl. Rz. I 418). Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter ohne Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />
durch Anteilsveråußerung ausgeschieden ist (vgl. Rz. I 418).<br />
Sind mehrere Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden und ist ein Regress<br />
sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen noch der Gesellschaft angehÇrende<br />
Gesellschafter nicht mÇglich, so haften die ausgeschiedenen Gesellschafter<br />
untereinander pro rata (vgl. Rz. I 419).<br />
6. Inanspruchnahme der Mitgesellschafter bei sog. DrittglåubigeransprÅchen<br />
Bei sog. DrittglåubigeransprÅchen (vgl. <strong>zu</strong> den Vorausset<strong>zu</strong>ngen fÅr das Vorliegen<br />
eines Drittglåubigeranspruchs Rz. I 897) kann der Gesellschafter-Glåubiger seine<br />
Mitgesellschafter aus § 128 HGB in Anspruch nehmen. 2 Der Gesellschafter-<br />
Glåubiger steht insoweit einem Gesellschaftsglåubiger gleich, der nicht der Gesellschaft<br />
angehÇrt. Daher unterliegt der Anspruch im Liquidationsstadium auch<br />
1 BGH v. 15.10.2007 – II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 (2315) = NJW-RR 2008, 256<br />
(257 f.).<br />
2 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (310 f.); BGH v. 10.11.1969 – II ZR 40/67,<br />
WM 1970, 280 (281 f.); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749 = JZ 1983,<br />
258 m. Anm. Walter = JuS 1983, 307 m. Anm. K. Schmidt; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 2, 24; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 13, 25; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128<br />
HGB Rz. 10, 8; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. 2002, S. 1412; vgl. <strong>zu</strong>m Streitstand: MÅnch-<br />
Komm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12, 18.<br />
I 750/4 | Wertenbruch
§ 34 Gesellschafterhaftung in OHG/KG, GbR und PartG Rz. I 1000<br />
nicht der sog. Durchset<strong>zu</strong>ngssperre (vgl <strong>zu</strong> diesem Prinzip bei der Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />
Rz. I 1754 ff.). 1<br />
Der Gesellschafter-Glåubiger kann allerdings – wie beim Regress nach § 426<br />
BGB (vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 982) – die Mitgesellschafter nur dann in Anspruch nehmen,<br />
wenn eine ErfÅllung der Gesellschaftsverbindlichkeit durch die Gesellschaft<br />
aufgrund ihrer VermÇgenslage nicht <strong>zu</strong> erwarten ist 2 , die Gesellschaft die ErfÅllung<br />
verweigert oder innerhalb einer gesetzten Frist nicht vornimmt. 3 Anders als<br />
beim Regress nach § 426 BGB wegen Glåubigerbefriedigung kann der Gesellschafter-Glåubiger<br />
bei der Geltendmachung der Drittforderung die Mitgesellschafter<br />
als Gesamtschuldner, d.h. nicht nur pro rata, in Anspruch nehmen. 4<br />
Der Gesellschafter-Glåubiger muss sich allerdings seinen eigenen Verlustanteil<br />
auf den Anspruch gegen die Mitgesellschafter anrechnen lassen. 5 Die Gegenauffassung<br />
6 , nach der die Mitgesellschafter nur als Teilschuldner (pro rata) haften sollen,<br />
Åberzeugt nicht. Denn bei den sog. Drittglåubigerforderungen steht der Gesellschafter<br />
wie ein anderer Glåubiger der Gesellschaft gegenÅber. Der Gedanke<br />
der Risikogemeinschaft ist hier nur insoweit einschlågig, als es um den Ab<strong>zu</strong>g des<br />
eigenen Verlustanteils geht.<br />
Frei<br />
1 BGH v. 3.4.2006 – II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 (995f.) = NJW-RR 2006, 1268 (1270).<br />
2 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233); Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 26; MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011,<br />
§ 128 HGB Rz. 12, 20; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008,<br />
§ 128 HGB Rz. 18.<br />
3 BGH v. 17.12.2001 – II ZR 382/99, NZG 2002, 232 (233); MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 20.<br />
4 BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749; Hopt in Baumbach/Hopt,<br />
34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24; Großkomm.HGB/Habersack, 5. Aufl. 2009, § 128<br />
HGB Rz. 25; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB<br />
Rz. 10.<br />
5 RG v. 5.1.1937 – II 182/36, RGZ 153, 305 (311); BGH v. 1.12.1982 – VIII ZR 206/81,<br />
NJW 1983, 749; Hopt in Baumbach/Hopt, 34. Aufl. 2010, § 128 HGB Rz. 24; Großkomm.HGB/Habersack,<br />
5. Aufl. 2009, § 128 HGB Rz. 25; MÅnchKomm.HGB/<br />
K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 12, 18; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/<br />
Strohn, 2. Aufl. 2008, § 128 HGB Rz. 10, 18.<br />
6 MÅnchKomm.HGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2011, § 128 HGB Rz. 18.<br />
PH Lfg. 50 Juni 2011 Wertenbruch | I 750/5<br />
986–1000
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
III. Formwechsel einer OHG in eine GmbH<br />
Formwechselbeschluss einer OHG<br />
in eine GmbH mit Gesellschaftsvertrag<br />
Urkundenrolle Nr. . . . fÅr 20. . .<br />
Verhandelt am . . . (Datum) in . . . (Ort)<br />
Vor dem unterzeichnenden Notar<br />
...<br />
mit dem Amtssitz in . . .<br />
erschienen:<br />
1) Herr/Frau: . . .<br />
geboren am: . . .<br />
wohnhaft: . . .<br />
2) Herr/Frau: . . .<br />
geboren am: . . .<br />
wohnhaft: . . .<br />
3) Herr/Frau: . . .<br />
geboren am: . . .<br />
wohnhaft: . . .<br />
Die Erschienenen wiesen sich durch Vorlage ihrer amtlichen Lichtbildausweise<br />
aus; diese wurden in Kopie <strong>zu</strong>r Akte des Notars genommen.<br />
Die Erschienenen ließen folgenden<br />
Formwechsel einer offenen Handelsgesellschaft (OHG)<br />
in eine GmbH1 beurkunden und erklårten:<br />
1 Das Formular kann fÅr den Formwechsel einer offenen Handelsgesellschaft in eine<br />
GmbH verwendet werden. FÅr den Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft<br />
gelten neben den allgemeinen Vorschriften der §§ 190–213 UmwG die besonderen<br />
Vorschriften der §§ 214–225c UmwG (vgl. Rz. I 3889 ff).<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 421<br />
M 121
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
I. Feststellungen<br />
(1) Gesellschaftsverhåltnisse<br />
Wir sind die såmtlichen Gesellschafter der im Handelsregister des Amtsgerichtes<br />
. . . unter HRA . . . eingetragenen1 Gesellschaft unter der Firma<br />
...OHG<br />
mit dem Sitz in . . .<br />
– nachstehend „OHG“ genannt –.<br />
Laut Gesellschaftsvertrag bestehen feste und variable Kapitalkonten. 2 Den<br />
Gesellschaftern wurde anheimgestellt, den Saldo ihrer variablen Kapitalkonten<br />
glatt<strong>zu</strong>stellen, so dass der Gesamtsaldo von festen und variablen<br />
Kapitalkonten den Saldo des festen Kapitalkontos <strong>zu</strong>m nachstehenden<br />
wirtschaftlichen Stichtag des Formwechsels mindestens erreicht.<br />
(2) Grundbesitz<br />
Die Gesellschaft verfÅgt Åber folgenden Grundbesitz. 3<br />
Grundbuch des AG<br />
Gemarkung<br />
Blatt<br />
FlurstÅck<br />
Lage<br />
Dieser Grundbesitz wurde jedoch nicht von einem Gesellschafter der OHG<br />
innerhalb der letzten 5 Jahre erworben und es wurden deshalb auch nicht<br />
die BegÅnstigungen aus § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG bei dem Erwerb des<br />
GrundstÅck durch die OHG in Anspruch genommen. 4<br />
1 Eine OHG, die einen unter § 1 HGB fallenden Gewerbebetrieb hat, ist unabhångig von<br />
ihrer Eintragung im Handelsregister ab Geschåftsbeginn offene Handelsgesellschaft,<br />
wenn die weiteren Merkmale des § 105 Abs. 1 HGB erfÅllt sind; ihre Eintragung ist deklaratorisch.<br />
Damit ist diese Gesellschaft auch schon vor ihrer Eintragung im Handelsregister<br />
verschmel<strong>zu</strong>ngsfåhig, nur fÅr den Voll<strong>zu</strong>g der Verschmel<strong>zu</strong>ng (§§ 19, 20 UmwG)<br />
muss die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen sein.<br />
2 Vgl. da<strong>zu</strong> Rz. I 586 ff.<br />
3 Formwechselnde Umwandlungen unterliegen mangels Rechtstrågerwechsels nicht der<br />
Grunderwerbsteuer (vgl. Rz. I 3896). Die Eintragung des neuen Rechtstrågers im<br />
Grundbuch erfolgt durch Richtigstellung tatsåchlicher Angaben, nicht durch Grundbuchberichtigung<br />
(Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 202 UmwG Rz. 38), gleich<br />
einer Namensånderung bei natÅrlichen Personen.<br />
4 Ûbertrågt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein GrundstÅck auf die Gesellschaft,<br />
kann der Vorgang von der GrESt befreit sein, vgl. § 5 Abs. 1–2 GrEStG. Nach<br />
§ 5 Abs. 3 GrEStG ist die VergÅnstigung rÅckwirken <strong>zu</strong> versagen, wenn die Umwandlung<br />
der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft innerhalb der FÅnfjahresfrist<br />
erfolgt.<br />
V 422 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
(3) Die Gesellschafter beabsichtigen, die OHG nach den Vorschriften der<br />
§§ 190 ff. i.V.m. §§ 214 ff. UmwG in die Rechtsform einer GmbH um<strong>zu</strong>wandeln.<br />
II. Zustimmungs- und Verzichtserklårungen<br />
Soweit <strong>zu</strong> dem nachstehenden Beschluss Zustimmungen der Beteiligten erforderlich<br />
sind, werden diese hiermit erteilt.<br />
Såmtliche Gesellschafter der Offenen Handelsgesellschaft und der GmbH verzichten<br />
hierdurch auf die Erstattung eines Umwandlungsberichts (§ 192<br />
UmwG1 ), auf ein Abfindungsangebot2 (§ 207 UmwG) sowie auf eine Anfech-<br />
1 FÅr den Verzicht auf die Erstellung eines Umwandlungsberichts (§ 192 Abs. 3 UmwG)<br />
gelten sachlich die Vorschriften <strong>zu</strong>r Verschmel<strong>zu</strong>ng. Dementsprechend ist der Verzicht<br />
auf den Verschmel<strong>zu</strong>ngsbericht (§ 8 Abs. 3 UmwG) notariell <strong>zu</strong> beurkunden und muss<br />
von den Anteilsinhabern gegenÅber dem jeweiligen Vertretungsorgan der beteiligten<br />
Rechtstråger erklårt werden. Ein Umwandlungsbericht ist im Ûbrigen dann nicht erforderlich,<br />
wenn alle Gesellschafter der formwechselnden Gesellschaft <strong>zu</strong>r GeschåftsfÅhrung<br />
berechtigt sind (§ 215 UmwG).<br />
2 Entgegen § 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG enthålt der Beschluss kein Abfindungsangebot, da<br />
die Gesellschafter des formwechselnden Rechtstrågers auf ein solches verzichten. Der<br />
Verzicht ist nicht ausdrÅcklich geregelt aber <strong>zu</strong>låssig. Ein Verzicht auf ein Abfindungsangebot<br />
(§ 207 UmwG) ist entbehrlich, wenn der Umwandlungsbeschluss <strong>zu</strong> seiner<br />
Wirksamkeit der Zustimmung aller Anteilsinhaber bedarf.<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 423
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
tungs- oder Nichtigkeitsklage gegen die Wirksamkeit des nachstehenden Umwandlungsbeschlusses<br />
(§ 16 Abs. 2 Satz 2 UmwG). 1<br />
III. Formwechsel der OHG in GmbH (Umwandlungsbeschluss)<br />
Die Gesellschafter der OHG verzichten hierdurch ausdrÅcklich auf die Einhaltung<br />
aller gesetzlichen und sat<strong>zu</strong>ngsmåßigen Form- und Fristvorschriften fÅr<br />
die Einberufung einer Gesellschafterversammlung und die AnkÅndigung des<br />
1 Bei der Anmeldung des Formwechsels haben die Vertretungsorgane <strong>zu</strong> erklåren, dass<br />
eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Beschlusses nicht erhoben wurde (§§ 198 Abs. 3,<br />
16 Abs. 2 UmwG); wobei eine Klage binnen eines Monats nach der Beschlussfassung <strong>zu</strong><br />
erheben wåre (§ 14 Abs. 1 UmwG). Mit Verzicht auf die Klageerhebung ist es den Vertretungsorganen<br />
mÇglich, die Verschmel<strong>zu</strong>ng unverzÅglich an<strong>zu</strong>melden, ohne das Ende<br />
der Klagefrist des § 14 Abs. 1 UmwG abwarten <strong>zu</strong> mÅssen. Sollte das Registergericht die<br />
Eintragung vor Ende der Klagefrist ohne Vorliegen der Verzichtserklårungen eintragen,<br />
so ist darin nach einer Entscheidung des BGH (Urt. v. 5.10.2006 – III ZR 283/05, NJW<br />
2007, 224 [225 f.]) eine Amtspflichtverlet<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> sehen. FÅr die Fålle, in denen wegen<br />
Beschlussanfechtung ein Freigabeverfahren durch<strong>zu</strong>fÅhren ist, sieht § 16 Abs. 3 Satz 5<br />
UmwG i.d.F. des ARUG (BGBl. I 2009, 2479) eine Beschleunigung dieses Eilverfahrens<br />
vor, indem das <strong>zu</strong>ståndige Gericht hierÅber innerhalb von drei Monaten <strong>zu</strong> entscheiden<br />
hat. Diese Gesetzesånderung orientiert sich an der Regelung des § 246a AktG, wonach<br />
im Regelfall die Entscheidung des Gerichts innerhalb von drei Monaten <strong>zu</strong> ergehen hat,<br />
jedoch kann diese Frist bei besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsåchlicher<br />
Art angemessen verlångert werden. Das ARUG (BGBl. I 2009, 2479) hat aus Sicht der<br />
Unternehmen das Freigabeverfahren erneut erleichtert: Die Interessenabwågung, die die<br />
Gerichte bei der Freigabeentscheidung treffen mÅssen, wurde gesetzlich pråzisiert, um<br />
legitime von missbråuchlichen Klagen trennen <strong>zu</strong> kÇnnen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG<br />
n.F.). In Zukunft sind <strong>zu</strong>dem in erster und einziger Instanz die Oberlandesgerichte <strong>zu</strong>ståndig<br />
(§ 16 Abs. 3 Satz 7 UmwG n.F.). Die mit einer zweiten Instanz verbundene Verlångerung<br />
des Prozesses entfållt und senkt damit den Druck der Unternehmen, sich vergleichen<br />
<strong>zu</strong> mÅssen. KÅnftig erstreckt sich die Vollmacht des Vertreters fÅr den Anfechtungsprozess<br />
auch auf das Freigabeverfahren, um aufwendige Zustellungen <strong>zu</strong> vermeiden<br />
(§ 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG n.F. i.V.m. §§ 82, 83 Abs. 1, 84 ZPO). Schließlich wurde<br />
das Anfechtungsrecht fÅr Aktionåre mit geringem Aktienbesitz (unter 1000 Euro Nennbetrag),<br />
die weniger gravierende Gesetzes- oder Sat<strong>zu</strong>ngsverstÇße geltend machen, abgeschafft<br />
(§ 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG n.F.). Diese kÇnnen nur noch Schadensersatz verlangen.<br />
V 424 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
Formwechsels als Gegenstand der Beschlussfassung (§ 216 UmwG) und beschließen<br />
einstimmig was folgt: 1<br />
(1) Die Gesellschaft wird durch Formwechsel in eine Gesellschaft mit beschrånkter<br />
Haftung nach Maßgabe des dieser Niederschrift als Anlage 1<br />
beigefÅgten Gesellschaftsvertrages 2 umgewandelt. Im Verhåltnis unter<br />
1 Die Vorschriften der §§ 230–232 UmwG sind dispositiv. Der Verzicht sollte auch bei<br />
Wahrung der Einberufungsvorschriften mit aufgenommen werden, um etwaige Fehler<br />
<strong>zu</strong> heilen. Der Umwandlungsbeschluss kann nur in einer Versammlung der Anteilsinhaber<br />
gefasst werden (§ 193 Abs. 1 Satz 2 UmwG). Er bedarf der Zustimmung såmtlicher<br />
Gesellschafter, soweit nicht andere statutarische Mehrheitsquoren bestehen. Auch die<br />
nicht erschienenen Gesellschafter mÅssen ihm in notarieller Form <strong>zu</strong>stimmen (§ 217<br />
Abs. 1 Satz 1 UmwG). Låsst der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung <strong>zu</strong>,<br />
muss die Mehrheit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen betragen (§ 217<br />
Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwG).<br />
2 FÅr den Formwechsel von Personenhandels- in Kapitalgesellschaften schreibt § 218<br />
Abs. 1 UmwG vor, dass der Umwandlungsbeschluss auch den Gesellschaftsvertrag bzw.<br />
die Sat<strong>zu</strong>ng feststellen muss. Hinsichtlich der nach § 194 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 UmwG<br />
erforderlichen Angaben ist es <strong>zu</strong>låssig, auf das Statut des Rechtstrågers neuer Rechtsform<br />
<strong>zu</strong> verweisen. Zweckmåßigerweise wird dem notariell <strong>zu</strong> beurkundenden Umwandlungsbeschluss<br />
(§ 193 Abs. 3 UmwG) der Gesellschaftsvertrag als Anlage beigefÅgt<br />
und gilt damit als mitbeurkundet (§ 37 Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Das Zweite Gesetz <strong>zu</strong>r<br />
Ønderung des Umwandlungsgesetzes (BGBl. I 2007, 542) sieht nunmehr auch fÅr den<br />
Formwechsel in eine Personenhandelsgesellschaft vor, dass der Gesellschaftsvertrag<br />
<strong>zu</strong>m notwendigen Beschlussinhalt gehÇrt. Zwar wird damit abweichend vom sonstigen<br />
Recht der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft einem Formerfordernis unterworfen,<br />
nach Ansicht der RegierungsbegrÅndung (BT-Drucks. 16/2919, S. 19 f.) erscheint<br />
dies aber beim Wechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft<br />
angemessen. Damit gilt das Quorum der Beschlussfassung von mindestens einer<br />
3/ 4-Mehrheit auch fÅr die Vereinbarung des Gesellschaftsvertrages der Personenhandelsgesellschaft.<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 425
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
den Gesellschaftern sowie zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft<br />
erfolgt die Rechtsånderung <strong>zu</strong>m . . . 20. . . 1<br />
(2) Die Firma des neuen Rechtstrågers lautet:<br />
. . . GmbH 2<br />
Sitz des neuen Rechtstrågers ist . . . 3<br />
An die Stelle der bisherigen gesamthånderischen Beteiligung der Gesellschafter<br />
an der Gesellschaft treten Geschåftsanteile. 4<br />
Am neuen Rechtstråger sind A mit dem Geschåftsanteil Nr. 1 im Nennbetrag<br />
von 25.000 Euro, B mit dem Geschåftsanteil Nr. 2 im Nennbetrag<br />
von 25.000 Euro und C mit dem Geschåftsanteil Nr. 3 im Nennbetrag von<br />
20.000 Euro beteiligt. 5<br />
1 Anders als bei der Verschmel<strong>zu</strong>ng oder der Spaltung sind beim Formwechsel Angaben<br />
Åber den Umwandlungsstichtag handelsrechtlich nicht erforderlich. § 194 Abs. 1 UmwG<br />
normiert keine den §§ 5 Abs. 1 Nr. 6, 126 Abs. 1 Nr. 6 UmwG entsprechenden Anforderungen.<br />
Im Hinblick auf das Innenverhåltnis der Gesellschafter untereinander (z.B. Zeitpunkt<br />
der Rechungslegung fÅr den neuen Rechtstråger) ist die Angabe jedoch zweckmåßig<br />
und aus steuerlichen GrÅnden jedenfalls ratsam. Nach § 25 Satz 2 UmwStG hat<br />
die formwechselnde OHG eine Bilanz auf den steuerlichen „Ûbertragungsstichtag“ auf<strong>zu</strong>stellen.<br />
Dieser Stichtag kann nach §§ 25, 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG auf einen Zeitpunkt<br />
<strong>zu</strong>rÅckbezogen werden, der hÇchstens acht Monate vor Anmeldung des Formwechsels<br />
liegen darf. Aus KlarstellungsgrÅnden empfiehlt es sich, den steuerlichen Stichtag<br />
im Umwandlungsbeschluss fest<strong>zu</strong>halten.<br />
2 Vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 2 UmwG; § 200 Abs. 1 Satz 2 UmwG stellt im Interesse der Firmenwahrheit<br />
klar, dass auch bei Beibehaltung der Firma Hinweise auf die frÅhere<br />
Rechtsform des formwechselnden Rechtstrågers in der Firma un<strong>zu</strong>låssig sind.<br />
3 Anders als § 5 Abs. 1 Nr. 1 UmwG verlangt § 194 Abs. 1 UmwG nicht, dass der Umwandlungsbeschluss<br />
den Sitz des Rechtstrågers neuer Rechtsformen bestimmt. Ausnahme:<br />
§ 234 Nr. 1 UmwG.<br />
4 Vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UmwG. Die GrÅndung einer GmbH im Wege des Formwechsels<br />
stellt eine SachgrÅndung dar. Es gilt § 5 Abs. 4 GmbHG. Die Sacheinlage muss<br />
folglich im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden.<br />
5 Das GmbHG verwendet seit dem Inkrafttreten des MoMiG (BGBl. I 2008, 2026) in § 5<br />
GmbHG nicht mehr den Begriff „Stammeinlage“, sondern stattdessen „Geschåftsanteil“.<br />
Die Geschåftsanteile sind gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG <strong>zu</strong> nummerieren.<br />
V 426 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
(3) Positive variable Kapitalkonten 1 werden als Darlehensforderung 2 des betreffenden<br />
Gesellschafters gegen die Gesellschaft behandelt. Sollte sich<br />
wider Erwarten eine Differenz zwischen dem Nominalwert und dem sich<br />
nach den <strong>zu</strong>grundegelegten Bewertungsmaßståben ergebenden Wert der<br />
Stammeinlage eines Gesellschafters ergeben, so wird diese in die KapitalrÅcklage<br />
eingestellt.<br />
(4) Rechte nach § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG 3 werden in der GmbH nicht eingeråumt.<br />
(5) FÅr die Arbeitnehmer der Gesellschaft sind aufgrund des Formwechsels<br />
keine Maßnahmen vorgesehen. Mit Wirksamkeit des Formwechsels beschrånkt<br />
sich die Haftung des Rechtstrågers, vorbehaltlich der Nachhaftung<br />
der Gesellschafter, auch im Verhåltnis <strong>zu</strong> deren Arbeitnehmern auf<br />
das GesellschaftsvermÇgen.<br />
Auf die Arbeitnehmer der OHG und ihre Vertretungen wirkt sich der Formwechsel<br />
wie folgt aus: 4<br />
a) Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den bestehenden Arbeitsvertrågen<br />
bleiben unberÅhrt. § 613a BGB ist auf den Formwechsel<br />
nicht an<strong>zu</strong>wenden. 5<br />
b) Die Direktionsbefugnisse des Arbeitgebers werden nach dem Formwechsel<br />
von den geschåftsfÅhrenden Gesellschaftern Herrn/Frau . . .<br />
und . . . in ihrer kÅnftigen Eigenschaft als GeschåftsfÅhrer der GmbH<br />
ausgeÅbt.<br />
1 Vgl. Rz. I 585. Soweit das AktivvermÇgen der OHG Åber 25 000 Euro liegt, kÇnnen die<br />
Gesellschafter Åber die Verwendung nach ihrem Ermessen bestimmen. In Betracht<br />
kommen ein hÇheres Stammkapital, die Einstellung in RÅcklagen, die Behandlung als<br />
Darlehen oder die Auskehr an die Gesellschafter (vgl. Lutter/Joost, 4. Aufl. 2009, § 218<br />
UmwG Rz. 9). A.A. Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 220 UmwG Rz. 55, der<br />
zwingend eine Einstellung des Åberschießenden Betrages in die KapitalrÅcklage nach<br />
§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB fordert. Die Einbuchung sei danach nur in der Weise <strong>zu</strong>låssig,<br />
dass nach dem Formwechsel die KapitalrÅcklage aufgelÇst und der AusschÅttungsbetrag<br />
als Darlehen der Gesellschaft gewåhrt wird.<br />
2 Vgl. <strong>zu</strong>r Darlehensgewåhrung Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 220 UmwG<br />
Rz. 55.<br />
3 Negativerklårung im Hinblick auf § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG (vgl. Vollrath in Widmann/<br />
Mayer, Loseblatt, § 194 UmwG Rz. 39 ff.).<br />
4 Vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG. Es handelt sich um die Parallelregelung <strong>zu</strong> §§ 5 Abs. 1<br />
Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG (vgl. Kallmeyer/Willemsen, 4. Aufl. 2009, § 194 UmwG<br />
Rz. 58).<br />
5 Da es beim Formwechsel wegen der Identitåtswahrung des Rechtstrågers (vgl.<br />
Rz. I 3896) keinen Arbeitgeberwechsel gibt, sind die besonderen Schutzvorschriften der<br />
§§ 321 bis 325 UmwG ohne Bedeutung; insbesondere der Verweis des § 324 UmwG auf<br />
§ 613 a BGB. Auch Fragen der Tarifbindung spielen insoweit keine Rolle (Kallmeyer/Willemsen,<br />
4. Aufl. 2009, § 194 UmwG Rz. 58). Die Angaben nach § 194 Abs. 1 Nr. 7<br />
UmwG mÅssen auch dann gemacht werden, wenn beim formwechselnden Rechtstråger<br />
kein Betriebsrat besteht (Kallmeyer/Willemsen, 4. Aufl. 2009, § 194 UmwG Rz. 59).<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 427
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
c) Die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifvertråge bleiben<br />
nach Maßgabe der jeweiligen Vereinbarung unberÅhrt.<br />
d) Die Betriebsverfassung nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleibt<br />
unberÅhrt; der Betriebsrat und die Åbrigen Organe, AusschÅsse und<br />
sonstigen Institutionen nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleiben<br />
bestehen.<br />
(6) Zu GeschåftsfÅhrern1 werden bestellt:<br />
Herr/Frau (Name, Vorname, Geb.-Datum, Wohnort)<br />
mit steter Einzelvertretungsmacht, auch wenn weitere GeschåftsfÅhrer bestellt<br />
sind und der Erlaubnis, mit sich im eigenen Namen und fÅr Dritte<br />
Rechtsgeschåfte mit der GmbH vor<strong>zu</strong>nehmen (Befreiung von § 181 BGB).<br />
Damit ist die Gesellschafterversammlung beendet.<br />
IV. Abwicklung und Kosten<br />
(1) Grundbuchberichtigung2 mit Wirksamwerden des Formwechsels wird hiermit<br />
beantragt.<br />
(2) Der Notar wird mit dem Voll<strong>zu</strong>g dieser Urkunde beauftragt. Genehmigungserklårungen<br />
werden mit Eingang bei ihm fÅr alle Beteiligten wirksam.<br />
(3) § 139 BGB gilt nicht.<br />
(4) Die Kosten dieser Urkunde und ihres Voll<strong>zu</strong>gs trågt die Gesellschaft. 3<br />
(5) Die Personengesellschaft, die im Wege des Formwechsels in die Rechtsform<br />
eine Kapitalgesellschaft ÅberfÅhrt werden soll, hat innerhalb der letz-<br />
1 Die Ernennung der GeschåftsfÅhrer kann auch separat in privatschriftlicher Form erfolgen.<br />
2 Formwechselnde Umwandlungen unterliegen mangels Rechtstrågerwechsels nicht der<br />
Grunderwerbsteuer (vgl. Rz. I 3896). Die Eintragung des neuen Rechtstrågers im<br />
Grundbuch erfolgt durch Richtigstellung tatsåchlicher Angaben, nicht durch Grundbuchberichtigung<br />
(Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 202 UmwG Rz. 38); gleich<br />
einer Namensånderung bei natÅrlichen Personen. Die Richtigstellung kann nach Eintragung<br />
des Formwechsels in das Handelsregister unter Vorlage eines beglaubigten Handelsregisteraus<strong>zu</strong>gs<br />
und einer Urkundenabschrift erfolgen. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung<br />
nach dem Grunderwerbsteuergesetztes ist nicht erforderlich. Vgl. <strong>zu</strong> den<br />
Kosten Vollrath in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 193 UmwG Rz. 91.<br />
3 Auf den Formwechsel finden die Vorschriften Åber die GrÅndung der GmbH Anwendung<br />
(§ 197 UmwG). Der Gesellschaftsvertrag muss daher den GrÅndungsaufwand festsetzen,<br />
§ 26 Abs. 2 AktG analog (vgl. Rz. I 3909; BGH v. 20.2.1989 – II ZB 10/88,<br />
BGHZ 107, 1 = NJW 1989, 1610). Dies sind die Kosten fÅr den Formwechsel (<strong>zu</strong> den<br />
Kosten vgl. Rz. I 3677).<br />
V 428 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
ten fÅnf Jahre von keinem Gesellschafter Grundbesitz erworben (§ 5 Abs. 3<br />
GrErwStG). 1<br />
V. Hinweise des Notars<br />
Der Notar weist hiermit auf Folgendes hin:<br />
Zum Formwechsel<br />
(1) Der Formwechsel wird erst mit Eintragung in das Handelsregister wirksam.<br />
2 Die FortfÅhrung der Firma der formwechselnden OHG bedarf der<br />
PrÅfung des Registergerichts. 3<br />
(2) Die geschåftsfÅhrungsbefugten Gesellschafter der OHG sind bei Verlet<strong>zu</strong>ng<br />
ihrer Sorgfaltspflicht gesamtschuldnerisch verpflichtet, der OHG, ihren<br />
Gesellschaftern und Glåubigern allen Schaden <strong>zu</strong> ersetzen, den diese<br />
durch den Formwechsel erleiden. 4<br />
(3) Rechte Dritter an den Gesellschaftsanteilen an der OHG bestehen an den<br />
kÅnftigen GmbH-Anteilen fort. 5<br />
(4) Wenn bei Eintragung der GmbH im Handelsregister der Wert des GesellschaftsvermÇgens<br />
(<strong>zu</strong>zÅglich des Aufwandes fÅr den Formwechsel) niedriger<br />
ist als das Stammkapital, ist jeder Gesellschafter <strong>zu</strong>r Leistung eines<br />
insoweit bestehenden Fehlbetrages verpflichtet. 6 Dabei haftet jeder Gesellschafter<br />
auch fÅr die Vollwertigkeit der den anderen Gesellschaftern <strong>zu</strong>gerechneten<br />
Geschåftsanteilen. Solange das Stammkapital nicht voll gedeckt<br />
ist, besteht ein Eintragungshindernis. 7<br />
1 Ûbertrågt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein GrundstÅck auf die Gesellschaft,<br />
kann der Vorgang von der GrESt befreit sein, vgl. § 5 Abs. 1–2 GrEStG. Nach<br />
§ 5 Abs. 3 GrEStG ist die VergÅnstigung rÅckwirken <strong>zu</strong> versagen, wenn die Umwandlung<br />
der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft innerhalb einer FÅnfjahresfrist<br />
erfolgt.<br />
2 Vgl. § 202 Abs. 1 UmwG.<br />
3 Bereits aus dem Formwechsel <strong>zu</strong> Grunde liegenden Verståndnis der rechtlichen Identitåt<br />
des formwechselnden Rechtstrågers folgt, dass die Firma grundsåtzlich beibehalten<br />
wird. Schranken der FirmenfortfÅhrung ergeben sich aus § 200 Abs. 1 Satz 2 UmwG.<br />
4 Vgl. § 205 Abs. 1 UmwG.<br />
5 Vgl. § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UmwG.<br />
6 Vgl. § 197 Satz 1 UmwG. Danach sind subsidiår die Regelungen Åber Stammkapital und<br />
Stammeinlage <strong>zu</strong> beachten (§§ 5 Abs. 1 und 3 GmbHG). Die GrÅndung einer GmbH<br />
im Wege des Formwechsels stellt eine SachgrÅndung dar (vgl. Rz. I 3905).<br />
7 FÅr die tatsåchliche Erbringung der Einlagen sind gem. § 197 Satz 1 UmwG die § 7<br />
Abs. 2, 3 GmbHG anwendbar. Danach sind Bareinlagen mindestens in HÇhe eines Viertes<br />
des Nennbetrages <strong>zu</strong> leisten. Sacheinlagen sind in voller HÇhe <strong>zu</strong> leisten und mÅssen<br />
endgÅltig <strong>zu</strong>r freien VerfÅgung der Gesellschaft stehen.<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 429
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
(5) Das Registergericht wird die Eintragung des Formwechsels bekannt machen.<br />
1 Darin werden die Glåubiger der OHG auf folgendes Recht hingewiesen:<br />
Wenn sie binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung ihren Anspruch<br />
nach Grund und HÇhe gegenÅber der GmbH schriftlich anmelden<br />
und glaubhaft machen, dass die ErfÅllung ihrer Forderung durch den Formwechsel<br />
gefåhrdet wird, kÇnnen sie Sicherheitsleistung verlangen, sofern<br />
sie nicht schon die Befriedigung ihrer Forderung beanspruchen kÇnnen. 2<br />
(6) Soweit in der OHG Sonderrechte <strong>zu</strong>gunsten Dritter bestanden, wie z.B. stille<br />
Beteiligungen u.Ø., sind diesen Dritten vergleichbare Rechte in der<br />
GmbH ein<strong>zu</strong>råumen. 3<br />
(7) Auf die aus dem Formwechsel entstehende GmbH gehen alle Aktiva und<br />
auch Passiva mit Eintragung des Formwechsel in das Handelsregister<br />
Åber. Die bisherigen Gesellschafter der OHG trifft jedoch persÇnlich eine<br />
fÅnfjåhrige Nachhaftung fÅr die bis <strong>zu</strong>r Wirksamkeit des Formwechsels begrÅndeten<br />
Verbindlichkeiten.<br />
Zur Abwicklung<br />
(1) Auf die formwechselnde OHG lautende Rechtstitel mÅssen nach Wirksamkeit<br />
des Formwechsels – ebenso wie GrundbÅcher – berichtigt werden. In<br />
Verfahren, z.B. Rechtsstreitigkeiten, an denen die formwechselnde OHG<br />
beteiligt ist, muss der Formwechsel mitgeteilt werden.<br />
(2) Es ist eine Gesellschafterliste <strong>zu</strong> erstellen und beim Handelsregister durch<br />
die GeschåftsfÅhrung ein<strong>zu</strong>reichen. 4<br />
VI. Vollmachten<br />
Der Notar . . . sowie die Notariatsangestellten . . . und . . ., alle ansåssig . . .,<br />
werden hiermit bevollmåchtigt, alles <strong>zu</strong> erklåren, was <strong>zu</strong>r Eintragung der hier<br />
beschlossenen Tatsachen in das Handelsregister erforderlich oder zweckmåßig<br />
ist, ggf. auch den Gesellschaftsvertrag ab<strong>zu</strong>åndern. Die Vollmacht ist jederzeit<br />
widerruflich. Jeder Bevollmåchtigte darf allein und auch fÅr alle Gesellschafter<br />
gleichzeitig handeln. Dem Handelsregister gegenÅber ist die Vollmacht<br />
unbeschrånkt.<br />
1 Zur Bekanntmachung der Eintragung s. § 201 UmwG. Den Personen, die die Eintragung<br />
bewirkt haben, ist diese durch Eintragungsnachricht bekannt <strong>zu</strong> geben (§ 383 Abs. 1<br />
FamFG). FÅr die Wirksamkeit des Formwechsels ist die Bekanntmachung ohne Bedeutung.<br />
Sie hat nur verlautbarende Wirkung (Vossius in Widmann/Mayer, Loseblatt, § 201<br />
UmwG Rz. 37 ff.; Kallmeyer/Zimmermann, 4. Aufl. 2009, § 201 UmwG Rz. 5).<br />
2 Vgl. § 204 Abs. 1 i.V.m. § 22 UmwG.<br />
3 Vgl. § 204 Abs. 1 i.V.m. § 23 UmwG.<br />
4 Vgl. § 40 Abs. 1 GmbHG. Da fÅr den Formwechsel die GrÅndungsvorschriften entsprechend<br />
gelten, ist diese erste Liste – wie bei der GrÅndung (vgl. Heckschen, Das MoMiG in<br />
der notariellen Praxis, 2009, Rz. 479) – durch den GeschåftsfÅhrer <strong>zu</strong> unterzeichnen.<br />
V 430 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
Diese Niederschrift nebst Anlage wurde von dem Notar vorgelesen, genehmigt<br />
und wie folgt eigenhåndig unterzeichnet<br />
...<br />
(Unterschriften)<br />
Anlage 1<br />
Gesellschaftsvertrag der GmbH<br />
I. Allgemeine Bestimmungen<br />
§ 1 Firma und Sitz<br />
(1) Die Firma der Gesellschaft lautet:<br />
. . . GmbH<br />
(2) Der Sitz der Gesellschaft ist . . .<br />
§ 2 Gegenstand des Unternehmens<br />
(1) Gegenstand des Unternehmens ist . . .<br />
(2) Die Gesellschaft ist berechtigt, sich an anderen Unternehmen <strong>zu</strong> beteiligen<br />
und auch solche <strong>zu</strong> erwerben und Zweigniederlassungen <strong>zu</strong> errichten. Die<br />
Gesellschaft kann alle Maßnahmen ergreifen, die der FÇrderung des Gesellschaftszwecks<br />
dienen.<br />
§ 3 Bekanntmachungen<br />
Die Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen nur im elektronischen Bundesanzeiger.<br />
II. Stammkapital und Geschåftsanteile<br />
§ 4 Stammkapital<br />
(1) Das Stammkapital betrågt . . . Euro.<br />
(2) Auf das Stammkapital Åbernehmen als ihre Geschåftsanteile:<br />
a) Herr . . .<br />
einen Geschåftsanteil Nr. . . . <strong>zu</strong> einem Nennbetrag von . . . Euro<br />
b) Herr . . .<br />
einen Geschåftsanteil Nr. . . . <strong>zu</strong> einem Nennbetrag von . . . Euro.<br />
(3) Die Leistungen auf die Geschåftsanteile werden in voller HÇhe dadurch erbracht,<br />
dass<br />
a) die Gesellschafter das VermÇgen der zwischen ihnen bisher bestehenden<br />
OHG in Firma XY (AG, HRA) im Wege der formwechselnden Umwandlung<br />
gemåß §§ 194, 214 ff. UmwG auf die Gesellschaft Åbertragen.<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 431
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
b) das nach Ab<strong>zu</strong>g der Schulden verbleibende (freie) VermÇgen der OHG<br />
dem Nennbetrag des Stammkapitals der GmbH entspricht und<br />
c) die Anteile der Gesellschafter der OHG am freien VermÇgen dieser<br />
OHG ihren vorbezeichneten Geschåftsanteilen entsprechen.<br />
III. Geschåftsanteile<br />
§ 5 VerfÅgung Åber Geschåftsanteile<br />
(1) Ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung kann kein Gesellschafter<br />
seine Geschåftsanteile oder Teile davon abtreten oder sonst wie darÅber<br />
verfÅgen.<br />
(2) Mehrere Geschåftsanteile eines Gesellschafters kÇnnen durch Gesellschafterbeschluss<br />
<strong>zu</strong> einem Geschåftsanteil <strong>zu</strong>sammengelegt werden, soweit<br />
die Geschåftsanteile voll eingezahlt sind. Die Teilung von Geschåftsanteilen<br />
bedarf (nicht) der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.<br />
(3) Geschåftsanteile, die insbesondere durch Einziehung untergehen, kÇnnen<br />
a) neu gebildet und wieder ausgegeben werden oder<br />
b) die Geschåftsanteile der verbliebenen Gesellschafter werden aufgestockt.<br />
(4) Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, jedwede Verånderung in seiner Person<br />
(Name, Wohnort) und in seiner Beteiligung (Zusammenlegung/Teilung<br />
von Geschåftsanteilen) sowie jede Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge in<br />
seinen Geschåftsanteil (z.B. AnteilsÅbertragung, Umwandlungsmaßnahmen)<br />
der GeschåftsfÅhrung schriftlich mit<strong>zu</strong>teilen und nach<strong>zu</strong>weisen. Der<br />
Nachweis hat durch Vorlage der die Verånderung belegenden Dokumente<br />
– in Urschrift oder beglaubigter Abschrift – <strong>zu</strong> erfolgen. Bei Erbfolge ist vom<br />
Rechtsnachfolger ein Erbschein in Ausfertigung oder ein notarielles Testament<br />
mit ErÇffnungsprotokoll in beglaubigter Abschrift vor<strong>zu</strong>legen.<br />
Der Gesellschafter, der die Verånderung mitteilt, hat den GeschåftsfÅhrer<br />
an<strong>zu</strong>weisen, die dann <strong>zu</strong> erstellende neue Gesellschafterliste auch den anderen<br />
Gesellschaftern in Kopie <strong>zu</strong> Åbermitteln; wird diese Liste durch einen<br />
Notar erstellt, so gilt dies entsprechend.<br />
§ 6 Einziehung von Geschåftsanteilen, Ausschließung eines Gesellschafters<br />
(1) Die Einziehung von Geschåftsanteilen ist <strong>zu</strong>låssig.<br />
(2) Mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters kÇnnen die Gesellschafter<br />
die Einziehung jederzeit beschließen.<br />
(3) Ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters kann die Einziehung<br />
beschlossen werden, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger<br />
Grund eintritt, der sein Verbleiben in der Gesellschaft un<strong>zu</strong>mutbar macht.<br />
Das gilt insbesondere,<br />
V 432 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
a) wenn Åber das VermÇgen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren<br />
erÇffnet oder die ErÇffnung mangels Masse abgelehnt wird,<br />
alt.: wenn der Antrag auf ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das<br />
VermÇgen eines Gesellschafters gestellt ist, sofern dieser nicht innerhalb<br />
von . . . Wochen/Monaten <strong>zu</strong>rÅckgenommen oder <strong>zu</strong>rÅckgewiesen<br />
wurde;<br />
b) wenn der Geschåftsanteil von einem Glåubiger des Gesellschafters gepfåndet<br />
oder bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Geschåftsanteil<br />
eines Gesellschafters, sofern diese nicht innerhalb von drei Monaten<br />
wieder aufgehoben werden;<br />
c) wenn und soweit beim Tode eines Gesellschafters dessen Beteiligung<br />
auf Personen Åbergeht, die bisher nicht Gesellschafter sind; in diesem<br />
Fall endet das Recht <strong>zu</strong>r Einziehung bzw. Abtretung ein Jahr, nachdem<br />
die betroffenen neuen Gesellschafter den Erwerb ihrer Beteiligung bei<br />
der Gesellschaft schriftlich angemeldet haben;<br />
d) wenn fÅr den Gesellschafter ein Betreuer bestellt wird;<br />
e) wenn ein verheirateter Gesellschafter nicht auf Aufforderung durch die<br />
GeschåftsfÅhrung binnen 8 Wochen nachweist, dass der Geschåftsanteil<br />
aus dem Zugewinn herausgenommen ist;<br />
f) wenn in der Person des Gesellschafters ein seine Ausschließung rechtfertigender<br />
Grund vorliegt oder<br />
g) wenn der Gesellschafter seinen Austritt aus der Gesellschaft erklårt<br />
(KÅndigung)<br />
h) wenn der Anteil eines Gesellschafters als Rechtsfolge einer Maßnahme<br />
nach dem Umwandlungsgesetz auf einen Dritten Åbergeht, ohne dass<br />
die Mitgesellschafter dieser Maßnahme <strong>zu</strong>gestimmt haben. Dies gilt jedoch<br />
nicht, wenn ein Geschåftsanteil aufgrund einer Maßnahme nach<br />
dem Umwandlungsgesetz auf verbundene Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff.<br />
AktG oder auf einen Mitgesellschafter Åbergeht.<br />
(4) Die Einziehung bedarf eines Gesellschafterbeschlusses mit einfacher<br />
Mehrheit der abgegebenen Stimmen, dabei hat der betroffene Gesellschafter<br />
kein Stimmrecht, wenn die Einziehung ohne seine Zustimmung erfolgen<br />
soll. Mit dem Einziehungsbeschluss scheidet der betroffene Gesellschafter<br />
aus der Gesellschaft aus.<br />
(5) Mit dem Einziehungsbeschluss ist <strong>zu</strong> beschließen, ob der Geschåftsanteil<br />
neu ausgegeben wird oder die Geschåftsanteile der verbleibenden Gesellschafter<br />
aufgestockt werden oder – soweit <strong>zu</strong>låssig – eine Kapitalherabset<strong>zu</strong>ng<br />
beschlossen wird, um entsprechend § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eine<br />
Ûbereinstimmung zwischen Stammkapital und der Summe der Geschåftsanteile<br />
her<strong>zu</strong>stellen.<br />
(6) Anstelle der Einziehung kÇnnen die Gesellschafter auch beschließen, dass<br />
der betroffene Gesellschafter den Geschåftsanteil an die Gesellschaft oder<br />
an in dem Beschluss bestimmte Gesellschafter oder Dritte ab<strong>zu</strong>treten hat<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 433
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
(„Zwangsabtretung“). Dieser Beschluss bedarf außerdem der Zustimmung<br />
der Gesellschaft.<br />
In diesem Falle kann jedoch jeder Gesellschafter verlangen, dass ihm ein<br />
seiner Beteiligung am Stammkapital entsprechender Teil des Geschåftsanteils<br />
des ausscheidenden Gesellschafters Åbertragen wird.<br />
(7) FÅr die Zahlung des Einziehungsentgelts haften die Gesellschafter wie ein<br />
selbstschuldnerischer BÅrge und darÅber hinaus die Gesellschaft, wenn<br />
sie den Geschåftsanteil nicht selbst erwirbt, gesamtschuldnerisch.<br />
(8) Die Einziehung nach Abs. (3) und die Zwangsabtretung nach Abs. (6) sind<br />
nur <strong>zu</strong>låssig binnen eines Jahres nach Kenntnis der Gesellschaft von dem<br />
<strong>zu</strong>r Einziehung berechtigenden Ereignisses.<br />
(9) Mit dem Einziehungsbeschluss ist <strong>zu</strong> beschließen, ob der Geschåftsanteil<br />
neu ausgegeben wird oder die Geschåftsanteile der verbleibenden Gesellschafter<br />
aufgestockt werden oder – soweit <strong>zu</strong>låssig – eine Kapitalherabset<strong>zu</strong>ng<br />
beschlossen wird, um entsprechend § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eine<br />
Ûbereinstimmung zwischen Stammkapital und der Summe der Geschåftsanteile<br />
her<strong>zu</strong>stellen.<br />
§ 7 Abfindung ausscheidender Gesellschafter<br />
(1) Im Falle der Einziehung eines Geschåftsanteiles und in allen anderen Fållen<br />
des Ausscheidens eines Gesellschafters hat die Gesellschaft eine Abfindung<br />
<strong>zu</strong> zahlen. Die Abfindung betrågt in den Fållen des Ausscheidens<br />
aus wichtigem Grund 50 % – mit Ausnahme nach § 6 Abs. (3) c), d), e), g) –<br />
und in allen Åbrigen Fållen . . . % des nach Absatz (2) und (3) <strong>zu</strong> berechnenden<br />
anteiligen Unternehmenswertes.<br />
(2) Zur Berechnung des dem ausgeschiedenen Gesellschafter (bzw. dessen<br />
Rechtsnachfolgern) <strong>zu</strong>stehenden Abfindungsguthabens ist auf den Zeitpunkt<br />
des Ausscheidens eine Bewertung des Unternehmens vor<strong>zu</strong>nehmen.<br />
Es ist der objektivierte Unternehmenswert <strong>zu</strong> ermitteln, in dem sich<br />
der Wert des im Rahmen des vorhandenen Unternehmenskonzepts fortgefÅhrten<br />
Unternehmens ausdrÅckt. Die Bewertung ist von einem WirtschaftsprÅfer<br />
als neutralem Gutachter nach den jeweils aktuellen Richtlinien,<br />
die das Institut fÅr WirtschaftsprÅfer herausgibt, und dem dort festgelegten<br />
Verfahren <strong>zu</strong>r DurchfÅhrung von Unternehmensbewertungen vor<strong>zu</strong>nehmen.<br />
Wird Åber die Person des als Schiedsgutachter – nicht als Schiedsrichter –<br />
tåtig werdenden WirtschaftsprÅfers zwischen dem ausgeschiedenen Gesellschafter<br />
und der Gesellschaft keine Einigung erzielt, so wird der WirtschaftsprÅfer<br />
auf Antrag eines der Beteiligten durch das Institut der WirtschaftsprÅfer<br />
in DÅsseldorf oder dessen Nachfolgeorganisation benannt.<br />
Die Kosten des Bewertungsgutachtens tragen der ausgeschiedene Gesellschafter<br />
sowie die Gesellschaft <strong>zu</strong> Lasten der verbliebenen Gesellschafterin<br />
dem Verhåltnis, in dem der ausgeschiedene Gesellschafter und die ver-<br />
V 434 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
bliebenen Gesellschafter vor dem Ausscheiden des Gesellschafters am<br />
Gesellschaftskapital beteiligt waren.<br />
(3) Der anteilige Unternehmenswert ergibt sich aus dem Verhåltnis des Nennbetrags<br />
der Geschåftsanteile des ausgeschiedenen Gesellschafters <strong>zu</strong>m<br />
Stammkapital.<br />
(4) Die Abfindung ist in fÅnf gleichen Raten aus<strong>zu</strong>zahlen. Die erste Rate wird<br />
sechs Monate nach dem Ausscheiden, jede weitere jeweils sechs Monate<br />
spåter fållig.<br />
Vorzeitige Zahlungen sind in beliebiger HÇhe <strong>zu</strong>låssig.<br />
Sie werden auf die <strong>zu</strong>letzt <strong>zu</strong> zahlenden Raten verrechnet.<br />
Der jeweils noch offenstehende Rest der Abfindung ist mit 6 % jåhrlich <strong>zu</strong><br />
verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen sind jeweils mit der nåchsten Rate fållig.<br />
Sicherheitsleistung kann der ausgeschiedene Gesellschafter nicht verlangen.<br />
Sofern bei Fålligkeit der ersten Rate das Abfindungsgutachten noch nicht<br />
vorliegt, hat der Gutachter auf die jeweils ausstehenden Raten angemessene<br />
Abschlagszahlungen fest<strong>zu</strong>setzen.<br />
FÅhrt eine rechtskråftige Berichtigungsveranlagung durch die Finanzverwaltung,<br />
z.B. aufgrund einer steuerlichen BetriebsprÅfung, <strong>zu</strong> einer Ønderung<br />
der Werte, die die Grundlage fÅr die Unternehmensbewertung gebildet<br />
haben, so findet eine Anpassung des Abfindungsanspruches nicht<br />
statt.<br />
(5) Wird durch die planmåßige Auszahlung der Abfindung der Fortbestand der<br />
Gesellschaft ernstlich gefåhrdet, so kÇnnen die Laufzeiten der Auszahlung<br />
angemessen verlångert und die HÇhe der einzelnen Raten entsprechend<br />
gesenkt werden. Dies gilt nicht, wenn dadurch die Existenz des ausscheidenden<br />
Gesellschafters ernstlich gefåhrdet wÅrde.<br />
IV. GeschåftsfÅhrung und Vertretung<br />
§ 8 GeschåftsfÅhrung<br />
(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere GeschåftsfÅhrer.<br />
(2) Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit einen Katalog von Geschåften<br />
beschließen, die nur mit vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung<br />
vorgenommen werden sollen.<br />
§ 9 Vertretung<br />
(1) Die Gesellschaft wird vertreten<br />
a) wenn nur ein GeschåftsfÅhrer vorhanden ist, durch diesen;<br />
b) wenn mehrere GeschåftsfÅhrer vorhanden sind, durch zwei GeschåftsfÅhrer<br />
gemeinsam oder durch einen GeschåftsfÅhrer gemeinsam mit<br />
einem Prokuristen.<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 435
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
(2) Die Gesellschafterversammlung kann die Vertretung abweichend regeln,<br />
insbesondere Einzelvertretung anordnen und von den Beschrånkungen<br />
des § 181 BGB befreien.<br />
V. Gesellschafterversammlungen und GesellschafterbeschlÅsse<br />
§ 10 Gesellschafterversammlungen, GesellschafterbeschlÅsse<br />
(1) Die BeschlÅsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. Außerhalb<br />
von Versammlungen kÇnnen sie, soweit nicht zwingendes Recht<br />
eine andere Form vorschreibt, durch schriftliche, fernschriftliche, telegrafische<br />
oder mÅndliche, auch fernmÅndliche Abstimmung gefasst werden,<br />
wenn sich jeder Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt. AusdrÅcklich<br />
<strong>zu</strong>låssig ist auch eine Kombination aus beiden Beschlussverfahren und<br />
jede andere Art der Beschlussfassung, wenn kein Gesellschafter dem widerspricht<br />
und alle Gesellschafter an der Abstimmung teilnehmen.<br />
(2) GesellschafterbeschlÅsse betreffend die Ønderung dieses Gesellschaftsvertrages,<br />
betreffend den Abschluss von Beherrschungs- oder GewinnabfÅhrungsvertrågen<br />
oder sonstigen Unternehmensvertrågen und betreffend<br />
Umwandlungen oder Verschmel<strong>zu</strong>ngen bedÅrfen der Zustimmung aller<br />
Gesellschafter. Im Åbrigen werden GesellschafterbeschlÅsse mit Mehrheit<br />
der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder<br />
Gesellschaftsvertrag eine grÇßere Mehrheit vorsehen. Je 1,00 Euro eines<br />
Geschåftsanteils gewåhren eine Stimme. Stimmenthaltungen gelten als<br />
Nein-Stimmen.<br />
(3) Soweit rechtlich <strong>zu</strong>låssig, ist ein Gesellschafter abweichend von § 47<br />
Abs. 4 GmbHG auch dann stimmberechtigt, wenn er durch die Beschlussfassung<br />
entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, oder<br />
die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschåfts oder die Erledigung<br />
eines Rechtsstreits gegenÅber dem Gesellschafter betrifft.<br />
(4) Ûber Verhandlungen der Gesellschafterversammlungen und Åber GesellschafterbeschlÅsse<br />
ist, soweit nicht eine notarielle Niederschrift aufgenommen<br />
wird, unverzÅglich eine Niederschrift an<strong>zu</strong>fertigen, in welcher der Tag<br />
der Verhandlung oder Beschlussfassung sowie die gefassten BeschlÅsse<br />
an<strong>zu</strong>geben sind. Die Niederschrift ist durch jeden Gesellschafter <strong>zu</strong> unterzeichnen.<br />
Jeder Gesellschafter kann eine Abschrift der Niederschrift verlangen.<br />
VI. Geschåftsjahr, Dauer der Gesellschaft, Jahresabschluss<br />
§ 11 Geschåftsjahr, Jahresabschluss, Gewinnverwendung<br />
(1) Das Geschåftsjahr ist das Kalenderjahr.<br />
(2) Die Dauer der Gesellschaft ist nicht beschrånkt.<br />
(3) Die GeschåftsfÅhrung hat innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen<br />
fÅr das vergangene Geschåftsjahr den Jahresabschluss (Bilanz, Ge-<br />
V 436 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Beschluss M 121<br />
winn- und Verlustrechnung, Anhang) auf<strong>zu</strong>stellen und einen schriftlichen<br />
Lagebericht <strong>zu</strong> erstatten.<br />
(4) Die Gesellschafter kÇnnen beschließen, das Jahresergebnis ganz oder<br />
teilweise in GewinnrÅcklagen ein<strong>zu</strong>stellen oder als Gewinn vor<strong>zu</strong>tragen. Im<br />
Ûbrigen ist das Jahresergebnis an die Gesellschafter nach dem Verhåltnis<br />
der Geschåftsanteile aus<strong>zu</strong>schÅtten.<br />
VII. Wettbewerbsverbot<br />
§ 12 Wettbewerbsverbot<br />
(1) Soweit gesetzlich <strong>zu</strong>låssig, sind die Gesellschafter von etwaigen Wettbewerbsverboten<br />
gegenÅber der Gesellschaft befreit.<br />
(2) Soweit zwingend erforderlich, hat der betroffene Gesellschafter als Entgelt<br />
fÅr die Befreiung eine angemessene VergÅtung an die Gesellschaft <strong>zu</strong> zahlen.<br />
Im Zweifel beurteilt sich die Angemessenheit nach der rechtskråftigen<br />
Entscheidung der Finanzverwaltung oder des Finanzgerichts.<br />
(3) Die Gesellschafterversammlung kann mit der fÅr eine Sat<strong>zu</strong>ngsånderung<br />
erforderlichen Mehrheit Befreiung vom Wettbewerbsverbot erteilen, erweitern,<br />
einschrånken oder aufheben und/oder beschließen, ob und in welcher<br />
HÇhe eine angemessene VergÅtung an die Gesellschaft <strong>zu</strong> zahlen ist.<br />
VIII. KÅndigung der Gesellschaft<br />
§ 13 KÅndigung<br />
(1) Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten<br />
<strong>zu</strong>m Ende eines Geschåftsjahres durch eingeschriebenen Brief ohne Angabe<br />
von GrÅnden kÅndigen.<br />
Der Brief ist an die GeschåftsfÅhrung und an såmtliche Åbrigen Gesellschafter<br />
<strong>zu</strong> richten. FÅr die Einhaltung der Frist ist das Datum des Poststempels<br />
maßgebend.<br />
(2) Hat ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhåltnis gekÅndigt, so ist jeder<br />
andere Gesellschafter berechtigt, sich der KÅndigung <strong>zu</strong> demselben Zeitpunkt<br />
an<strong>zu</strong>schließen; die AnschlusskÅndigung muss 3 Monate vor dem<br />
Zeitpunkt, <strong>zu</strong> dem gekÅndigt werden kann, erfolgt sein.<br />
(3) Wird bei der KÅndigung eines Gesellschafters das nachstehend vereinbarte<br />
Erwerbsrecht ausgeÅbt oder wird die Beteiligung des kÅndigenden Gesellschafters<br />
eingezogen, so wird die Gesellschaft durch die KÅndigung<br />
nicht, andernfalls wird sie durch die KÅndigung aufgelÇst.<br />
(4) Der kÅndigende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Geschåftsanteil auf<br />
Verlangen auf die Åbrigen Gesellschafter <strong>zu</strong> Åbertragen.<br />
Das Verlangen auf Erwerb des Geschåftsanteils ist gegenÅber dem kÅndigenden<br />
Gesellschafter innerhalb von 2 Monaten seit Zugang der KÅndi-<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 436/1
M 121 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
gung durch eingeschriebenen Brief <strong>zu</strong> erklåren. Das Erwerbsrecht steht<br />
den Gesellschaftern im Verhåltnis ihrer Beteiligung am Stammkapital <strong>zu</strong>.<br />
Ein gegebenenfalls verbleibender Spitzenbetrag ist unter den Erwerbswilligen<br />
<strong>zu</strong> verlosen, falls diese nicht einstimmig etwas anderes beschließen.<br />
(5) Die Gesellschafterversammlung kann auch mit mindestens 75 % der abgegebenen<br />
Stimmen die Einziehung der Beteiligung des ausscheidenden<br />
Gesellschafters beschließen. Dabei hat der ausscheidende Gesellschafter<br />
kein Stimmrecht.<br />
(6) Das an den ausscheidenden Gesellschafter <strong>zu</strong> zahlende Entgelt bestimmt<br />
sich nach den in diesem Gesellschaftsvertrag festgelegten Bewertungsgrundsåtzen.<br />
Sollten Gesetz oder Rechtsprechung zwingend eine andere<br />
Bewertung des Entgelts vorschreiben, ist diese maßgebend.<br />
IX. Schlussbestimmungen<br />
§ 14 GrÅndungsaufwand<br />
Die mit der GrÅndung der Gesellschaft verbundenen Kosten bis <strong>zu</strong>m Betrag von<br />
. . . Euro trågt die Gesellschaft.<br />
Registeranmeldungen s. M 122, M 123<br />
V 436/2 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – HRA M 123<br />
Die unterzeichnende GeschåftsfÅhrung versichert, dass gegen den Umwandlungsbeschluss<br />
keine Klage erhoben worden ist. 1<br />
1 Vgl. § 198 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 UmwG; anderenfalls kann keine Eintragung erfolgen.<br />
Mit Verzicht auf die Klageerhebung ist es den Vertretungsorganen mÇglich, den<br />
Formwechsel unverzÅglich an<strong>zu</strong>melden, ohne das Ende der Klagefrist des § 14 Abs. 1<br />
UmwG abwarten <strong>zu</strong> mÅssen. Sollte das Registergericht die Eintragung vor Ende der Klagefrist<br />
ohne Vorliegen der Verzichtserklårungen eintragen, so ist darin nach einer Entscheidung<br />
des BGH (Urt. v. 5.10.2006 – III ZR 283/05, NJW 2007, 224 [225 f.]) eine<br />
Amtspflichtverlet<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> sehen. FÅr die Fålle, in denen wegen Beschlussanfechtung ein<br />
Freigabeverfahren durch<strong>zu</strong>fÅhren ist, sieht § 16 Abs. 3 Satz 5 UmwG i.d.F. des ARUG<br />
(BGBl. I 2009, 2479) eine Beschleunigung dieses Eilverfahrens vor, indem das <strong>zu</strong>ståndige<br />
Gericht hierÅber innerhalb von 3 Monaten <strong>zu</strong> entscheiden hat. Diese Gesetzesånderung<br />
orientiert sich an der Regelung des § 246a AktG, wonach im Regelfall die Entscheidung<br />
des Gerichts innerhalb von drei Monaten <strong>zu</strong> ergehen hat, jedoch kann diese Frist<br />
bei besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsåchlicher Art angemessen verlångert<br />
werden. Das ARUG (BGBl. I 2009, 2479) hat aus Sicht der Unternehmen das Freigabeverfahren<br />
erneut erleichtert: Die Interessenabwågung, die die Gerichte bei der Freigabeentscheidung<br />
treffen mÅssen, wurde gesetzlich pråzisiert, um legitime von missbråuchlichen<br />
Klagen trennen <strong>zu</strong> kÇnnen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 UmwG n.F.). In Zukunft<br />
sind <strong>zu</strong>dem in erster und einziger Instanz die Oberlandesgerichte <strong>zu</strong>ståndig (§ 16 Abs. 3<br />
Satz 7 UmwG n.F.). Die mit einer zweiten Instanz verbundene Verlångerung des Prozesses<br />
entfållt und senkt damit den Druck der Unternehmen, sich vergleichen <strong>zu</strong> mÅssen.<br />
KÅnftig erstreckt sich die Vollmacht des Vertreters fÅr den Anfechtungsprozess auch auf<br />
das Freigabeverfahren, um aufwendige Zustellungen <strong>zu</strong> vermeiden (§ 16 Abs. 3 Satz 2<br />
UmwG n.F. i.V.m. §§ 82, 83 Abs. 1, 84 ZPO). Schließlich wurde das Anfechtungsrecht<br />
fÅr Aktionåre mit geringem Aktienbesitz (unter 1000 Euro Nennbetrag), die weniger<br />
gravierende Gesetzes- oder Sat<strong>zu</strong>ngsverstÇße geltend machen, abgeschafft (§ 16 Abs. 3<br />
Satz 3 UmwG n.F.). Diese kÇnnen nur noch Schadensersatz verlangen.<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 441
M 123 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
Die inlåndische Geschåftsanschrift 1 lautet: . . .<br />
Das Registergericht wird um Genehmigung der FirmenfortfÅhrung gemåß Umwandlungsbeschluss<br />
ersucht (§ 200 Abs. 3 UmwG).<br />
Die Gesellschafter<br />
c) Herr/Frau: . . .<br />
mit einem Geschåftsanteil in HÇhe von . . . Euro,<br />
d) Herr/Frau: . . .<br />
mit einem Geschåftsanteil in HÇhe von . . . Euro,<br />
e) Herr/Frau: . . .<br />
mit einem Geschåftsanteil in HÇhe von . . . Euro,<br />
werden die von ihnen Åbernommenen Geschåftsanteile dadurch erbringen,<br />
dass der formwechselnde Rechtstråger als Tråger des GesellschaftsvermÇgens<br />
in der durch den Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiter<br />
besteht.<br />
Das VermÇgen des formwechselnden Rechtstrågers wird sich mit Wirksamkeit<br />
des Formwechsels endgÅltig in der freien VerfÅgung der GeschåftsfÅhrung befinden<br />
und nicht durch Schulden vorbelastet sein, ausgenommen der GrÅndungskosten<br />
bis <strong>zu</strong>m Betrag von . . . Euro und die vorhandenen Verbindlichkeiten,<br />
welche aber den Saldo von AktivvermÇgen und Stammkapital nicht Åbersteigen.<br />
2<br />
Nach Belehrung durch den beglaubigenden Notar Åber die unbeschrånkte Auskunftspflicht<br />
gegenÅber dem Gericht gem. § 53 des Gesetzes Åber das Zentral-<br />
1 Bei jedweder Anmeldung, die erstmals nach dem 1.11.2008 erfolgt, ist die inlåndische<br />
Geschåftsanschrift an<strong>zu</strong>melden und im Handelsregister ein<strong>zu</strong>tragen, vgl. § 106 Abs. 2<br />
Nr. 2 HGB. Das OLG MÅnchen (v. 28.1.2009 – 31 Wx 5/09, NZG 2009, 304) ist allerdings<br />
der Auffassung, dass Gesellschaften, die bereits vor dem 1.11.2008 im Handelsregister<br />
eingetragen waren, ihre Geschåftsanschrift bereits gem. § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV<br />
mitgeteilt hatten und deren Anschrift sich seither auch nicht geåndert hat, von dieser Anmeldepflicht<br />
nicht erfasst sind. Solche Gesellschaften kÇnnten daher auch nach dem<br />
1.11.2008 Handelsregisteranmeldungen vornehmen ohne der Pflicht <strong>zu</strong> unterliegen,<br />
gleichzeitig auch die inlåndische Geschåftsanschrift mit anmelden <strong>zu</strong> mÅssen. § 3 Abs. 1<br />
Satz 2 EGGmbHG konstituiere keine Anmeldepflicht, sondern setze sie voraus. Um<br />
aber ZwischenverfÅgungen <strong>zu</strong> vermeiden, empfiehlt es sich gleichwohl, diese Frage entweder<br />
vorab mit dem <strong>zu</strong>ståndigen Handelsregister ab<strong>zu</strong>klåren oder aber die inlåndische<br />
Geschåftsanschrift rein vorsichtshalber mit an<strong>zu</strong>melden (<strong>zu</strong>st. Blasche/von RÅden,<br />
GmbHR 2009, 381 [382] sowie Wicke, NZG 2009, 296). Zulåssig ist es auch, eine sog.<br />
„c/o-Adresse“ an<strong>zu</strong>melden, so OLG Naumburg v. 8.5.2009 – 5 Wx 4/09, GmbHR<br />
2009, 832; <strong>zu</strong>r Anmeldepflicht fÅr die inlåndische Geschåftsanschrift vgl. auch LG Gera<br />
v. 26.11.2008 – 2 HK T 58/08, NotBZ 2009, 144.<br />
Jedwede Ønderung der inlåndischen Geschåftsanschrift ist Åber den Notar <strong>zu</strong>r Eintragung<br />
in das Handelsregister an<strong>zu</strong>melden. Dies gilt fÅr alle inlåndischen Gesellschaften<br />
und fÅr Zweigniederlassungen auslåndischer Gesellschaften gleichermaßen.<br />
2 Vgl. § 197 Satz 1 UmwG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 GmbHG.<br />
V 442 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – HRA M 123<br />
register und das Erziehungsregister und die Strafbarkeit einer falschen Versicherung<br />
(§§ 82, 8 Abs. 2 GmbHG), versichern wir:<br />
1. Es liegen keine Umstånde vor, aufgrund derer wir als GeschåftsfÅhrer nach<br />
§ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG von dem Amt als GeschåftsfÅhrer ausgeschlossen<br />
wåren:<br />
a) Wir stehen nicht unter Betreuung und unterliegen bei der Besorgung unserer<br />
VermÇgensangelegenheiten weder ganz noch teilweise einem<br />
Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB).<br />
b) Uns ist weder durch gerichtliches Urteil noch durch vollziehbare Entscheidung<br />
einer VerwaltungsbehÇrde die AusÅbung eines Berufes, Berufszweiges,<br />
Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt, sofern der Unternehmensgegenstand<br />
ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des<br />
Verbots Åbereinstimmt.<br />
c) Es erfolgte keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsåtzlich begangener,<br />
nachfolgend aufgefÅhrter Straftaten:<br />
aa) wegen des Unterlassens der Stellung des Antrags auf ErÇffnung<br />
des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),<br />
bb) wegen Insolvenzstraftaten nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs<br />
(Bankrott, besonders schwerer Fall des Bankrotts, Verlet<strong>zu</strong>ng<br />
der BuchfÅhrungspflicht, GlåubigerbegÅnstigung, SchuldnerbegÅnstigung),<br />
cc) wegen falscher Angaben nach § 82 GmbHG oder § 399 AktG,<br />
dd) wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313<br />
UmwG oder § 17 PublG<br />
ee) wegen VermÇgensdelikten gem. §§ 263 bis 264a (Betrug, Computerbetrug,<br />
Subventionsbetrug, Kapitalanlagebetrug) oder den<br />
§§ 265b bis 266a (Kreditbetrug, Untreue, Vorenthalten und Veruntreuen<br />
von Arbeitsentgelt) des Strafgesetzbuches <strong>zu</strong> mindestens<br />
einem Jahr Freiheitsstrafe.<br />
d) Uns ist bekannt, dass dieser Ausschluss fÅr die Dauer von fÅnf Jahren<br />
seit der Rechtskraft des Urteils gilt, wobei die Zeit nicht eingerechnet<br />
wird, in welcher wir auf behÇrdliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt<br />
worden sind.<br />
e) DarÅber hinaus sind wir auch im Ausland nicht wegen einer Tat verurteilt<br />
worden, die mit den vorgenannten Taten vergleichbar ist.<br />
2. Wir sind von dem beglaubigenden Notar Åber unsere unbeschrånkte Auskunftspflicht<br />
gegenÅber dem Registergericht belehrt worden.<br />
Wir bevollmåchtigen den Notar . . . sowie die Notariatsangestellten . . . und . . .,<br />
alle ansåssig . . ., alle Anmeldungen <strong>zu</strong>m Handelsregister vor<strong>zu</strong>nehmen, auch<br />
etwaige Ønderungen des Gesellschaftsvertrages, die im Zuge der Eintragung<br />
der hier angemeldeten und aus den dieser Anmeldung beigefÅgten Unterlagen<br />
ersichtlichen Tatsachen in das Handelsregister erforderlich oder zweckmåßig<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 443
M 123 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
sind. Die Vollmacht ist jederzeit widerruflich. Jeder Bevollmåchtigte darf allein<br />
handeln. Dem Handelsregister gegenÅber ist die Vollmacht unbeschrånkt.<br />
...,...<br />
(Ort) (Datum)<br />
...<br />
(Unterschriften1 aller GeschåftsfÅhrer)<br />
1 Aufgrund des Gesetzes Åber das elektronische Handelsregister (EHUG, BGBl. I 2006,<br />
2553) ist seit dem 1.1.2007 das Erfordernis der Namenszeichnung entfallen.<br />
V 444 | Heckschen
Formwechsel OHG in GmbH – Gesellschafterliste M 124<br />
der Firma<br />
. . . GmbH<br />
mit Sitz in . . . 1<br />
Liste der Gesellschafter<br />
mit den Betrågen der Åbernommenen Geschåftsanteile<br />
Nr. des Gesellschaftsanteils<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Stammkapital<br />
(= Euro)<br />
...,...<br />
(Ort) (Datum)<br />
Vor- und<br />
Nachname/<br />
Firma des<br />
Gesellschafters<br />
Geburtsdatum<br />
...<br />
Unterschriften aller GeschåftsfÅhrer 2<br />
Wohnort/<br />
Sitz des<br />
Gesellschafters<br />
Nennbetrag<br />
des<br />
Geschåftsanteils<br />
in C<br />
Verånderungen<br />
1 Vgl. § 197 Satz 1 UmwG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3, § 40 Abs. 1 GmbHG. Die Liste ist hier<br />
bereits mit Anmeldung des Formwechsels gem. § 40 Abs. 2 GmbHG ein<strong>zu</strong>reichen, da<br />
die GrÅndungsvorschriften entsprechend gelten.<br />
2 Die Liste ist von den Anmeldenden <strong>zu</strong> unterschreiben (§ 197 Satz 1 UmwG i.V.m. §§ 8<br />
Abs. 1 Nr. 3, 40 Abs. 1 GmbHG). Die Anmeldung hat durch alle GeschåftsfÅhrer der<br />
GmbH <strong>zu</strong> erfolgen (§ 222 Abs. 1 UmwG).<br />
PH Lfg. 45 August 2009 Heckschen | V 445<br />
M 124
M 125 V. Teil Vertråge und Formulare<br />
M 125 SachgrÅndungsbericht 1<br />
Die unterzeichnenden Gesellschafter der GmbH in Firma . . . mit Sitz in . . . erstatten<br />
hiermit folgenden SachgrÅndungsbericht:<br />
Die vorbezeichnete Gesellschaft mit beschrånkter Haftung wurde mit notarieller<br />
Urkunde vom . . . (URNr. . . ./20. . . des Notars . . .) gegrÅndet. Die Anmeldung<br />
der GmbH <strong>zu</strong>m Handelsregister erfolgte am . . .<br />
Das Stammkapital in HÇhe von . . . Euro ist durch die Gesellschafter . . . und . . .<br />
durch Einbringung von . . . (Beschreibung der Sacheinlage)<br />
ggf. entsprechend beigefÅgtem Wertgutachten<br />
in voller HÇhe erbracht und vollståndig auf die GmbH Åbertragen und befindet<br />
sich <strong>zu</strong>r endgÅltigen, uneingeschrånkten und freien VerfÅgung des GeschåftsfÅhrers.<br />
Ggf. Die Darlegungen des Gutachtens macht sich der Gesellschafter <strong>zu</strong> eigen.<br />
Im Einzelnen:<br />
Aus der Einbringungsbilanz <strong>zu</strong>m . . . und der dieser Bilanz <strong>zu</strong>grundegelegten<br />
VermÇgensÅbersicht ergibt sich die Angemessenheit der Leistung. Die Sacheinlage<br />
ist somit voll werthaltig. Die Jahresergebnisse der OHG fÅr die letzten<br />
beiden Geschåftsjahre betrugen je . . . Euro.<br />
Der GeschåftsfÅhrer hat hinsichtlich der Erbringung der Einlageverpflichtungen<br />
die nach § 8 Abs. 2 GmbHG vorgeschriebenen Versicherungen geleistet.<br />
Bis <strong>zu</strong>m heutigen Tag sind in der VermÇgenslage der Gesellschaft keine Verschlechterungen<br />
eingetreten, die da<strong>zu</strong> fÅhren wÅrden, dass das Stammkapital<br />
nicht mehr in voller HÇhe <strong>zu</strong>r VerfÅgung steht. Bei der GrÅndung wurden keine<br />
Geschåftsanteile fÅr Rechnung des GeschåftsfÅhrers Åbernommen. Der GeschåftsfÅhrer<br />
hat sich weiterhin keine besonderen Vorteile und keine Entschådigung<br />
oder Belohnung fÅr die GrÅndung oder ihre Vorbereitung ausbedungen.<br />
Die Gesellschaft hat den GrÅndungsaufwand bis <strong>zu</strong>r HÇhe von . . . Euro Åbernommen.<br />
...,...<br />
(Ort) (Datum)<br />
...<br />
(Unterschriften aller Gesellschafter)<br />
Muster M 126–130 frei<br />
1 Beim Formwechsel einer Personengesellschaft in eine GmbH ist nach § 197 Satz 1<br />
UmwG i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 GmbHG von den Gesellschaftern der formwechselnden<br />
Personengesellschaft ein schriftlicher SachgrÅndungsbericht <strong>zu</strong> erstellen (§ 8 Abs. 1<br />
Nr. 4 GmbHG).<br />
V 446–488 | Heckschen