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Jahrbuch - Ostfriesische Landschaft

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— 111 —<br />

Ditmarschen verbrannt wurde, obwohl schon seit 1700 Bedenken<br />

gegen ihn als Verfasser laut geworden sind. Es ist<br />

doch auffallend, dass zweimal der volle Name Heinrich Müller<br />

im Liede vorkommt. Hat denn der Augustiner H. von Zütphen<br />

jemals den Geschlechtsnamen Müller oder Muler geführt? Bis<br />

etwa 1700 war er nur bekannt unter dem Namen Heinrich<br />

von Zütphen, im Wittenberger Universitätsalbum Anno 1508,<br />

also 1 Jahr vor Luthers Immatrikulation, steht er eingetragen<br />

als frater Hinricus Gelrie de Zutphania ordinis Augustini.<br />

Weit auffallender ist noch die Angabe in Strophe 13, dass er<br />

unser Lied im Gefängnis gedichtet haben soll Wo ist Raum<br />

in seinem Leben für eine solche Haft? In der Nacht vom<br />

9./10. Dezember 1524 wurde er von einem aufgewiegelten<br />

Volkshaufen im Hause des Predigers Nie. Boie zu Meldorp<br />

unter entsetzlichen Misshandlungen gefangen genommen, dann<br />

nach Heide gebracht, wo er während des kurzen Restes der<br />

Nacht allerdings gefangen sass, aber dem Mutwillen des Volkes<br />

preisgegeben, bis er 8 Uhr morgens zum Scheiterhaufen geführt<br />

wurde. Wo blieb da die Zeit, die Ruhe und die Sammlung<br />

zur Anfertigung eines 13strophigen Liedes? Ist er der<br />

Verfasser, dann müssen wir wenigstens eine andere Gefangenschaft<br />

annehmen; eine solche findet sich jedoch nur im Jahre<br />

1522, als er von Wittenberg nach Antwerpen zurückkehrte und<br />

hier auf Betreiben der Statthalterin Margaretha im Augustinerkloster<br />

ergriffen und gefangen gesetzt wurde. Jedoch schon<br />

am Abend des Tages wurde er befreit und konnte die Flucht<br />

ergreifen. Auch hier ist kein Raum für seine Dichtung.<br />

Wenn nun trotzdem ein so gewissenhafter Forscher wie<br />

Wackernagel, dem die reichsten hymnologischen Quellen zu<br />

Gebote standen, in seinem „Kirchenliede", III, No. 110—112;<br />

H. von Zütphen als Verfasser der dort mitgeteilten Lieder<br />

nennt, dann dürfen wir Spaziergänger und Sonntagsjäger auf<br />

hymnologischem Gebiete kaum fragen, worauf seine Angabe<br />

sich gründe. So viel ist gewiss, blindlings oder etwa aus<br />

Voreingenommenheit spricht er die Lieder dem H. v. Zütphen<br />

nicht zu. Bemerkenswert ist immerhin, dass Wackernagel den<br />

Liedern die Überschrift gibt: Bruder Heinrich von Zütphen<br />

und gleich darunter: Heinrich Müller. Will er etwa damit<br />

andeuten, dass beide Namen einer und derselben Person zu-

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