Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Vorwort<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
wollen Sie mal auf Schatzsuche gehen? Der <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ist ein Schatz ganz besonderer Art:<br />
ein Naturschatz, der vor unserer Haustür liegt. Tausenden von<br />
Wasservögeln dient er als Rückzugsgebiet und Rastplatz. Als Teil<br />
des weltweit einzigartigen Ökosystems <strong>Wattenmeer</strong> beherbergt er<br />
selten gewordene Pflanzen und Tiere. Kostbarkeiten, die man<br />
nicht genug schätzen kann – und deshalb umso mehr schützen<br />
muss.<br />
Für den Schutz des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
haben wir in den letzten 10 Jahren viel erreicht: 1990, nur vier<br />
Monate nach seiner Einrichtung, erfolgte die Ausweisung als<br />
Schutzgebiet gemäß der Ramsar-Konvention. 1992 folgte die<br />
Aufnahme in das weltweite Netz der Biosphärenreservate durch<br />
die UNESCO. 1998 hat der Hamburger Senat die Anmeldung als<br />
europäisch bedeutsames Schutzgebiet bei der EU-Kommission<br />
vorgenommen. Auch in Zukunft haben wir noch vieles vor: Die<br />
Hamburger Umweltbehörde will sich darum bemühen, die<br />
Anerkennung des <strong>Nationalpark</strong>s bei der UNESCO als Teil des<br />
Weltnaturerbes <strong>Wattenmeer</strong> zu erreichen.<br />
Bevor man einen Schatz hüten kann, muss man wissen, wo er verborgen<br />
liegt. Mit dem vorliegenden <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> kann man<br />
Natur und Geschichte dieses Gebiets entdecken: Zum ersten Mal<br />
erhalten wir einen umfassenden und aktuellen Überblick über das<br />
hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> und seine Entstehung, über die besonderen<br />
Naturschätze der Inseln Neuwerk, Scharhörn, Nigehörn und<br />
der freien Wattflächen. Besonderen Raum nimmt das Kapitel zur<br />
Insel Neuwerk ein, das über die Historie, die angestammten<br />
Nutzungen, über Fremdenverkehr und Hochwasserschutz infor-<br />
miert. Zahlreiche Bemühungen des Naturschutzes von der regionalen<br />
bis hin zur europäischen Ebene werden dokumentiert. Der<br />
Anhang gibt Auskunft über die räumliche Verteilung der Tier- und<br />
Pflanzenarten, die in den letzten Jahren im <strong>Nationalpark</strong> nachgewiesen<br />
wurden.<br />
Der <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> ist aber nicht nur ein umfassendes<br />
Kompendium. Er stellt auch eine unverzichtbare Grundlage für<br />
die weitere Entwicklung dieses Schutzgebiets dar. Die Erfassung<br />
des Status quo ist der erste Teil eines dreiteiligen <strong>Nationalpark</strong>plans,<br />
in dem die künftige Entwicklung auf der Grundlage des<br />
<strong>Nationalpark</strong>rechts skizziert werden soll. Im zweiten Teil soll<br />
gemeinsam mit den Neuwerker Bürgerinnen und Bürgern, dem<br />
ehrenamtlichen Naturschutz und den dortigen Behörden ein<br />
Leitbild für den <strong>Nationalpark</strong> erarbeitet werden. Der dritte Schritt<br />
gilt der Umsetzung dieses Leitbildes: den Konzepten und Maßnahmen,<br />
die die Ziele verwirklichen.<br />
Wenn der <strong>Nationalpark</strong> eine große Schatztruhe ist, dann ist der<br />
vorliegende <strong>Atlas</strong> ein Schmuckkästchen, das die vielen Juwelen<br />
der Natur vor uns ausbreitet. Bei Auswärtigen und Neugierigen<br />
weckt er Lust auf Schauen und Staunen vor Ort. Für Interessierte<br />
und Beteiligte ist er Dokumentation, Nachschlagewerk und Ratgeber<br />
in einem. Und selbst Kenner des <strong>Nationalpark</strong>s werden hier<br />
vielleicht noch etwas Neues entdecken. Ich wünsche dem<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> vor allem eine weite Verbreitung, denn: Wer<br />
die verborgenen Schätze kennt, wird sie gerne schützen.<br />
Alexander Porschke<br />
Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg
Einleitung<br />
Mit dem vorliegenden <strong>Nationalpark</strong>atlas wird seit der Gründung<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> die erste zusammenfassende<br />
Darstellung von naturkundlichen Gütern, aktuellen<br />
Nutzungen sowie historischen Ereignissen mit ihren bis heute<br />
erhaltenen Zeugnissen vorgelegt. Der <strong>Atlas</strong> soll einen aktuellen<br />
Überblick über den <strong>Nationalpark</strong> und seine bisherige Entwicklung<br />
verschaffen und Einblicke geben, wie es zu der jetzigen Entwicklung<br />
gekommen ist. Die inhaltliche Darstellung mit Hilfe<br />
zahlreicher und zum Teil umfangreich gestalteter Karten,<br />
Graphiken, Tabellen und Fotos soll helfen, die genaueren räumlichen<br />
und zeitlichen Umstände und die Verknüpfungen unterschiedlicher<br />
Faktoren möglichst leicht verständlich zu machen.<br />
Außerdem erleichtern sie auch das Nachschlagen von Informationen<br />
zu speziellen Fragestellungen.<br />
Die Inhalte des <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> basieren auf unterschiedlichsten<br />
Quellen. Besonders hervorzuheben sind die von Dannmeyer,<br />
Lehe und Rüther herausgegebene Monographie der Insel Neuwerk<br />
"Ein Turm und seine Insel" (1952), die wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Amt Strom<br />
und Hafenbau, zur Errichtung eines Tiefwasserhafens bei<br />
Scharhörn (z.B. Schriftenreihe Hamburger Küstenforschung, seit<br />
1973), die zahlreichen Einzelpublikationen des "Verein Jordsand"<br />
und seiner Mitglieder zur Natur und Vogelwelt im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> und hier namentlich zu den Inseln Neuwerk (Lemke,<br />
1982, 1995) und Scharhörn (Schmid, 1988) sowie schließlich die<br />
zwischen 1995 und 1999 vom Institut für Angewandte Umweltbiologie<br />
und Monitoring (IfAUM, Wremen) im Auftrag der Umweltbehörde/<strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
erarbeiteten Grundlagen zur<br />
Erstellung eines <strong>Nationalpark</strong>plans.<br />
Zu einigen interessanten Detailfragen steuerten auch die<br />
Neuwerker Bürgerinnen und Bürger wichtige Informationen bei.<br />
Wertvolle Unterstützung bei der Bestandsaufnahme leisteten<br />
zudem das Landesamt für den <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-<br />
Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> in Tönning und die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> in Wilhelmshaven.<br />
Beide haben umfangreiche Daten zum Bestand von Seehunden<br />
sowie rastenden und mausernden Seevögeln beigesteuert.<br />
Ihnen allen sei an dieser Stelle für Ihre Hilfe herzlich gedankt.<br />
Die Zuordnung der einzelnen Beiträge orientiert sich im<br />
Wesentlichen an der räumlichen Gliederung des hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es. Vorangestellt sind die allgemeinen Einführungskapitel<br />
zum Naturraum <strong>Wattenmeer</strong> und im Besonderen zum hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>. Für eine integrierte zukunftsorientierte<br />
Gestaltung des Lebensraums <strong>Wattenmeer</strong> allgemein und des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im Besonderen sollten<br />
die bisherigen Bemühungen zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es und<br />
seiner besonders gefährdeten Arten und Lebensräume auf regionaler,<br />
nationaler und internationaler Ebene ausdrücklich Berücksichtigung<br />
finden. Die bereits eindrucksvollen Bemühungen in<br />
diese Richtung sind in den beiden letzten Kapiteln zusammengefasst.<br />
Die vorgelegte Darstellung zum <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt.<br />
Trotzdem ist nicht auszuschließen dass sich der eine oder andere<br />
kleine Fehler eingeschlichen hat. Für konstruktive Anregungen,<br />
Ergänzungen, Korrekturen und Verbesserungsvorschläge sind die<br />
Autorinnen und Autoren dankbar.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 3
4<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort 2<br />
Einleitung 3<br />
Inhaltsverzeichnis 4<br />
Naturraum <strong>Wattenmeer</strong>: eine Einführung 6<br />
Salzwiesen - Salzmarschen - Salzgrünländer 8<br />
Die freien Wattflächen 10<br />
Priele: die Verbindung zwischen Watt und Meer 12<br />
Dünen, Sandbänke und Strände 14<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> und die Vogelwelt 16<br />
Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong> 18<br />
Allgemeine Gebietsbeschreibung 20<br />
Entstehung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es 22<br />
Strömungen und ihre Auswirkungen 24<br />
Insel Neuwerk 28<br />
Bodenaufbau 30<br />
Wildlebende Säugetiere 32<br />
Neuwerker Inselchronik 34<br />
Die bauliche Entwicklung der Inselgemeinde 38<br />
Der Neuwerker Turm 40<br />
Zeugnisse der historischen Kulturlandschaft 42<br />
Fremdenverkehr 44<br />
Versorgung und Entsorgung 46<br />
Hochwasserschutz 48<br />
Pflanzenwelt und Vegetation im Binnengroden 52<br />
Die Brut- und Rastvögel im Binnengroden 54<br />
Die wirbellose Tierwelt im Binnengroden 58<br />
Nutzungen im Binnengroden 60<br />
Pflanzenwelt und Vegetation im Vorland 62<br />
Die Brut- und Rastvögel im Vorland 64<br />
Die Ringelgänse im Vorland 66<br />
Die wirbellose Tierwelt im Vorland 70<br />
Nutzungen im Vorland 72<br />
Auswirkungen der Viehbeweidung auf die Pflanzen- und Tierwelt im Vorland 74<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Die Insel Scharhörn 76<br />
Die Geschichte der Insel Scharhörn 78<br />
Lebensräume und Vegetation im Wandel der Entwicklung 80<br />
Die Insektenwelt der Inseln Scharhörn und Nigehörn 84<br />
Die Vogelwelt und ihre Entwicklung 86<br />
Brut- und Nahrungsbiologie der Fluss- und Küstenseeschwalben 90<br />
Die Müllbelastung im Mündungsbereich der Elbe 92<br />
Die Insel Nigehörn 94<br />
Die Aufspülung der Insel Nigehörn –<br />
ein Naturschutzgroßprojekt von nationaler Bedeutung 96<br />
Lebensräume und Vegetation im Wandel der Entwicklung 98<br />
Die Vogelwelt und ihre Entwicklung 100<br />
Gefährdete Brutvogelarten auf Nigehörn und Scharhörn 102<br />
Die Watt- und Wasserflächen 104<br />
Die Lebensgemeinschaften der Wattflächen und Priele 106<br />
Die Mausergebiete der Brandenten und Eiderenten 110<br />
Die Rast- und Überwinterungsgebiete der Vogelwelt 112<br />
Bestand und Entwicklung der Seehunde 114<br />
Die Wattwege im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> 116<br />
Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong> 118<br />
Grundlagen und Ziele von <strong>Nationalpark</strong>en 120<br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es 122<br />
Europäische Naturschutzrichtlinien im <strong>Wattenmeer</strong> 124<br />
Biosphärenreservat: regionale Chancen nachhaltiger Ressourcennutzung 126<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 128<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> – Entstehung, Grundlagen und Ziele 130<br />
Forschung und Umweltbeobachtung 132<br />
Umweltkommunikation: die Natur verständlich machen 136<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> in der räumlichen Planung 140<br />
Anhang 142<br />
<strong>Nationalpark</strong>-Steckbrief 144<br />
<strong>Nationalpark</strong>-Gesetz 146<br />
Verzeichnis der Arten 150<br />
Bestimmungsliteratur 161<br />
Literaturverzeichnis 162<br />
Schriftenreihe der Umweltbehörde 166<br />
Impressum 169
Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />
8<br />
Salzwiesen zählen zu den europaweit am stärksten gefährdeten Lebensräumen. Dabei gehören sie gemeinsam mit den<br />
offenen Wattenbereichen zu den wertvollsten Naturgütern des <strong>Wattenmeer</strong>es. Salzwiesen beherbergen speziell angepasste<br />
Lebensformen, die an die besonderen Lebensumstände im Übergang von Land und Meer hervorragend angepasst sind.<br />
Salzwiesen-Salzmarschen-Salzgrünländer<br />
Salzwiesen sind weltweit an vielen flachen Meeresküsten verbreitet,<br />
doch ist ihre räumliche Ausdehnung im <strong>Wattenmeer</strong> mit<br />
ca. 30.000 ha. einzigartig. Der Begriff Salzwiesen kann zu Irritationen<br />
führen, da das Deichvorland nur in wenigen Bereichen<br />
gemäht wird. Daher werden auch die Begriffe Salzmarschen,<br />
Salzrasen und Salzgrünländer verwendet. Alle diese Begriffe<br />
bezeichnen jenes Grünland, das sich etwa zwischen der mittleren<br />
Hochwasserlinie und dem Deich erstreckt und dessen Vegetation<br />
in fein abgestufter Aufeinanderfolge verschiedenartiger Vegetationsgürtel<br />
von Staudenfluren oder Gräsern dominiert wird.<br />
Die Pflanzen der Salzwiesen<br />
Wo im strömungsberuhigten Bereich Feinmaterial abgelagert<br />
wird, können bei Erreichen eines Niveaus von ca. 40 cm unter<br />
MThw erste Blütenpflanzen wie z.B. der Queller oder das<br />
Schlickgras dauerhaft Fuß fassen. Eine beschleunigte Sedimentation<br />
erhöht das Gelände, so dass die Anzahl der Überflutungen<br />
stetig abnimmt. Gleichzeitig sinkt der Salzgehalt im Boden, und<br />
die Durchlüftung verbessert sich entsprechend. In der Folge können<br />
sich weitere Pflanzenarten ansiedeln. Neben dem Andel ist<br />
dies z.B. die Strand-Salzmelde, der Strandflieder und die Strand-<br />
Sode. Innerhalb dieser sogenannten Andel-Zone ("Untere Salzwiese")<br />
bildet sich in natürlichen Beständen ein vielfältiges Vegetationsmosaik,<br />
in dem bereichsweise einige Arten zur Dominanz<br />
kommen können. Die Andel-Zone erstreckt sich etwa bis 35 cm<br />
über die mittlere Hochwasserlinie. Oberhalb dieses Bereiches<br />
schließt sich die Rot-Schwingel-Zone ("Obere Salzwiese") an, in<br />
welcher der namensgebende Salz-Rot-Schwingel dominiert.<br />
Diese Zone wird nicht häufiger als 50 mal pro Jahr vom Hochwasser<br />
überflutet. Neben dem Rot-Schwingel treten hier vermehrt<br />
auch die Strand-Grasnelke und der Strand-Wegerich auf.<br />
Viele Salzwiesen sind in ihrer Entwicklung maßgeblich durch den<br />
Menschen gefördert worden. Für Landgewinnung und Küstenschutz<br />
werden durch Lahnungsbau strömungsberuhigte Bereiche<br />
geschaffen, in denen Schlick sedimentiert. Dadurch erhöhen sich<br />
die Wattflächen. Nach Erreichen des Niveaus der Andel-Zone<br />
wird durch Entwässerungsmaßnahmen, wie dem Bau von<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Grüppen und größeren Gräben, die Entwässerung des Sedimentes<br />
und damit die Belüftung des Bodens gefördert, so dass auf der<br />
Bodenoberfläche eine stabile Grasnarbe entstehen kann.<br />
Die Artenzusammensetzung der Salzwiesen wird von weiteren<br />
Faktoren bestimmt. Auf den seltener vorkommenden sandigen<br />
Substraten entwickeln sich aufgrund der anderen Bodeneigenschaften<br />
abweichende Salzpflanzengesellschaften, in denen z.B.<br />
der Erdbeer-Klee auftreten kann. Neben der Bodenart ist der<br />
Salzgehalt der Bodenlösung bedeutsam. Aufgrund der Sedimenterhöhung<br />
und seltenerer Überflutung wird der Salzgehalt im<br />
Boden in den höheren Salzwiesenbereichen bereits herabgesetzt.<br />
Salzwiesen in Flussmündungen<br />
Sie sind die Besonderen unter den Einzigartigen. Im Bereich des<br />
Süßwassereinflusses der Flußmündungen verstärkt sich die Aussüßung<br />
des Bodens in besonderem Maße, so dass bereits in der<br />
Andel-Zone solche Formen gedeihen können, die keine besonderen<br />
Anpassungen der Salzresistenz entwickelt haben. So ist die<br />
Strandsimse in diesen Bereichen sehr viel stärker vertreten, bei<br />
noch geringerem Salzgehalt kommt auch Schilf auf.<br />
Die Tierwelt der Salzwiesen<br />
Die Kleintierfauna der Salzgrünländer ist sehr formenreich und<br />
im Vorkommen ganz überwiegend eng an den besonderen<br />
Lebensraum gebunden. Mehr als 2500 Tierarten der Insekten,<br />
Spinnen, Kleinkrebse und Würmer sind in den verschiedenen<br />
Ausprägungen nachgewiesen worden. Häufig ist ihre Lebensund<br />
Nahrungsgrundlage von einer einzigen Pflanzenart abhängig<br />
oder sie benötigen das eng verzahnte Nebeneinander von verschiedenen<br />
Lebensbedingungen der natürlichen Salzwiesen.<br />
Viel augenscheinlicher als die Kleintierfauna tritt jedoch die<br />
Vogelwelt der Salzwiesen hervor, auch wenn nur wenige<br />
Vogelarten ausschließlich an Salzgrünländer gebunden sind. Viele<br />
Vogelarten wie z.B. der Rotschenkel oder der Austernfischer können<br />
auch in anderen Biotopen brüten, in den Salzmarschen erreichen<br />
sie jedoch ihre höchste Brutdichte.<br />
Nutzungen in den Salzwiesen<br />
Salzwiesen dienen sowohl dem Schutz der Deiche als auch der<br />
Bewirtschaftung durch die Landwirtschaft. Auf den flach ansteigenden<br />
Vorländern laufen die Wellen schnell auf, brechen anschließend<br />
und verlieren so den größten Teil der Energie bereits<br />
bevor sie auf den Hauptdeich treffen. Die Landwirtschaft nutzt die<br />
Salzwiesen für die Beweidung durch Schafe, Rinder und auch<br />
Pferde.<br />
Eine intensive Beweidung wurde früher als unbedingt hilfreich<br />
angesehen, um die Festigkeit der Grasnarbe und damit die Haltbarkeit<br />
der Wiesen für den Küstenschutz zu gewährleisten. In<br />
neueren Untersuchungen hat sich jedoch herausgestellt, dass auch<br />
unbeweidete und extensiv beweidete Salzwiesen ausreichend Festigkeit<br />
besitzen und der Erosion ebenso gut widerstehen können.<br />
Die intensive Nutzung der Salzwiesen führt zu einem deutlichen<br />
Rückgang der natürlichen Artenvielfalt. Auf beweideten Flächen<br />
dominieren robuste, wenig verbissempfindliche Gräser wie Andel<br />
und Rot-Schwingel. Trittempfindliche Kräuter können nicht mehr<br />
gedeihen.<br />
Die Salzwiesen im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> sind Salzwiesen<br />
großflächig nur auf der Insel Neuwerk ausgebildet. Auf den<br />
Düneninseln Scharhörn und Nigehörn bestehen nur kleine Salzwiesenareale.<br />
Außerdem gehört ein kleiner Anteil der Festlandsalzwiesen<br />
an der Wurster Salzwiesenküste zum hamburgischen<br />
Staatsgebiet.<br />
Die Salzwiesen auf Neuwerk stellen etwas Besonderes dar, weil<br />
sie sich nicht einfach in das klassische Schema einordnen lassen.<br />
Im Bereich der ehemaligen östlichen Lahnungsfelder sind typische<br />
Salzwiesen entstanden, in denen sich auch der Unterschied<br />
zwischen beweideten und unbeweideten Salzwiesen deutlich<br />
zeigt.<br />
Hinter dem im Jahr 1925 errichteten Sommerdeich bestehen<br />
jedoch nur noch selten überflutete Salzwiesen, die sich im Übergang<br />
zu den von Süßgräsern dominierten Wiesengesellschaften<br />
befinden. Dennoch sind charakteristische Salzpflanzen der sandigen<br />
Küsten wie Erdbeer-Klee und Lücken-Segge immer noch<br />
verbreitet. In tieferen Bereichen dominiert die Rot-Schwingel-<br />
Zone und Andel. Im Vorland Neuwerks ist die Ausbildung und<br />
Verteilung der Salzwiesengemeinschaften sehr deutlich an das<br />
kleinräumig stark wechselnde Relief angepaßt.
Überflutungshäufigkeit<br />
Salzgehalt<br />
Sedimentart<br />
Überflutungsdauer<br />
Salzwiesen<br />
Vertritt<br />
Entwässerung<br />
Beweidung/<br />
Mahd<br />
Abb. 2:Wesentliche Faktoren, die zur Ausbildung<br />
und Struktur von Salzwiesen beitragen. Blaue<br />
Felder repräsentieren natürliche Faktoren, deren<br />
Auswirkung durch menschliche Einflüsse zusätzlich<br />
beeinflusst werden können. Gelbe Felder<br />
repräsentieren solche Faktoren, die durch Hochwasserschutz<br />
und Landwirtschaft die Entwicklung<br />
der Salzwiesen nachhaltig verändern.<br />
Abb. 3: Blühende Salzwiese im östlichen<br />
Vorland von Neuwerk (September 1996).<br />
Foto Janke.<br />
Queller<br />
Schlickgras<br />
Andel<br />
Strand-Salzmelde<br />
Strand-Dreizack<br />
Strand-Aster<br />
Milchkraut<br />
Strandflieder<br />
Queller-Zone Andel-Zone Priel<br />
Strand-Beifuß<br />
Rot-Schwingel<br />
Strand-Grasnelke<br />
Strand-Wegerich<br />
Salz-Binse<br />
Acker-Kratzdistel<br />
Rot-Schwingel-<br />
Zone Deich<br />
Abb. 4: Die Salzwiesenvegetation bildet in Abhängigkeit von der Überflutungshäufigkeit deutliche<br />
Zonen. Die Queller-Zone wird bis zu 700 ma/Jahr überflutet. Die höher gelegene Andel-Zone wird<br />
noch 250 mal jährlich überflutet. In der Rot-Schwingel-Zone beträgt die Überflutungshäufigkeit noch<br />
40 - 70 mal/Jahr. Der Deich wird nur noch bei Sturmflutereignissen erreicht.<br />
Bewirtschaftete<br />
Struktur<br />
Quellerzone<br />
Andel-Zone<br />
Rot-Schwingel-Zone<br />
Natürliche<br />
Struktur<br />
Meer<br />
Dünen<br />
Deich<br />
Abb. 5: Schematische Darstellung<br />
bewirtschafteter Salzwiesen (linke<br />
Bildhälfte) und natürlicher Salzwiesen<br />
(rechte Bildhälfte). Durch<br />
gezielte Entwässerung (Grüppung)<br />
und Beweidung wird die Struktur<br />
der Salzwiesen einheitlicher, die<br />
Wasserfläche wird zugleich vergrößert.<br />
In den unbewirtschafteten<br />
Salzwiesen stellt sich eine natürliche<br />
geomorphologische Struktur mit<br />
wassergefüllten Senken, Salzpfannen<br />
und kleinen Geländerücken ein. Die<br />
deutliche Grenze zwischen den verschiedenen<br />
Salzwiesen-Zonen löst<br />
sich auf.<br />
Abb. 1: Ausdehnung der Salzwiesen (grüne Flächen) im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 9
Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />
10<br />
Der „Lebensraum auf den zweiten Blick“ ist der Inbegriff des <strong>Wattenmeer</strong>es schlechthin. Dem geübten Blick des Wattwanderers<br />
erschließt sich in der scheinbar endlosen wüstenhaften Weite des freigelegten Meeresbodens ein dicht besiedelter<br />
Raum mit einer formen- und artenreichen Lebensgemeinschaft.<br />
Die freien Wattflächen<br />
Als freie Wattflächen werden die im Rhythmus der Tide trockenfallenden<br />
flachen Sandrücken bezeichnet, die von Rinnensystemen,<br />
den Prielen, Gats und Baljen, durchzogen sind. Dieser<br />
Lebensraum -gemeinhin als Watt bezeichnet - ist jener Bereich,<br />
der bei Hochwasser regelmäßig überflutet wird und bei Niedrigwasser<br />
trockenfällt.<br />
Wie und wann entstand das Watt?<br />
Die Entstehung des Watts nahm ihren Anfang nach dem Ende der<br />
letzten Eiszeit, als sich die Nordsee wieder nach Süden hin ausbreitete,<br />
etwa 5.500 Jahre vor unserer Zeitrechnung (siehe Seite<br />
22). Doch nicht nur nacheiszeitliche Ablagerungen, sondern auch<br />
die heutigen Strömungen und Winde sind am Aufbau und Abbau<br />
der Wattflächen maßgeblich beteiligt. Besonders drastisch verändern<br />
sich die Watten und Prielverläufe durch Sturmereignisse,<br />
aber selbst die den Boden mit ihrer Kriechspur einschleimenden<br />
Wattschnecken vermögen die Oberfläche und Beschaffenheit des<br />
Wattbodens nachhaltig zu verändern.<br />
Die Struktur der Wattflächen<br />
Watt ist nicht gleich Watt. Durch die gezeitenbedingte Dynamik<br />
in Verbindung mit den unterschiedlichen Strömungs- und<br />
Sinkgeschwindigkeiten der Sedimente entstehen drei verschiedene<br />
Watt-Typen. Die feinkörnigen Sedimente der Watten werden<br />
entsprechend ihrer Beschaffenheit unterschiedlich gut vom<br />
Wasser transportiert: In strömungsberuhigten Gebieten, das sind<br />
vor allem die hochliegenden, festlands- und inselnahen Bereiche,<br />
lagern sich feine Sedimente ab. Dies führt zur Bildung von<br />
Schlickwatt. Die feinen Sedimente bestehen zu über 50% aus Ton<br />
und Silt, ihr organischer Anteil macht bis zu 20% aus. Das<br />
Schlickwatt ist für den Wattwanderer an seinen plastischen<br />
Eigenschaften, die bei jedem Schritt zum Einsinken führen, deutlich<br />
erkennbar.<br />
In strömungsreicheren Gebieten bildet sich das Sandwatt mit<br />
deutlich gröberen Sedimentanteilen aus. Typisch für das Sandwatt<br />
sind die von der Wasserströmung erzeugten waschbrettähnlichen<br />
Rippelmarken auf der Bodenoberfläche. Sandwatt-Sedimente<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
bestehen überwiegend aus Feinsanden und besitzen einen Tonund<br />
Silt-Anteil von lediglich 10%.<br />
Das Mischwatt schließlich stellt eine Übergangsform zwischen<br />
den beiden oben genannten Watt-Typen dar.<br />
Leben im Watt<br />
Die drei Watt-Typen Sand-, Misch- und Schlickwatt unterscheiden<br />
sich nicht nur in ihrer Korngröße sondern auch in ihrem<br />
Wasser- und Sauerstoffgehalt. Diese Parameter beeinflussen<br />
ebenso wie die im Rhythmus der Tide schwankenden Faktoren<br />
Porenwasser, Gehalt an organischer Substanz, Temperatur,<br />
Wasserströmung, Wasserbedeckung, Lichtintensität und Salzgehalt<br />
den Lebensraum und damit die Besiedlung des Wattbodens<br />
durch Organismen. Diese zweimal täglich stattfindende grundlegende<br />
Veränderung des Lebensraums stellt außergewöhnliche<br />
Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit seiner Bewohner. Von<br />
den rund 95.000 Organismenarten in Mitteleuropa können nur<br />
etwa 2.500 Arten unter den besonderen Bedingungen des<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es dauerhaft überleben.<br />
Die Lebensräume in und auf dem Wattboden sind überwiegend<br />
von Organismen besiedelt, die ihre Aktivitäten weitgehend auf<br />
den Grenzbereich zwischen Wasser und der obersten Bodenschicht<br />
beschränken (Benthos). Sie sind deshalb auch in besonderem<br />
Maße den Wechselwirkungen zwischen Sediment und<br />
Wasser ausgesetzt.<br />
Neben den frei umherwandernden Schnecken, Krebstieren und<br />
Würmern haben sich andere Wattbewohner an eine standorttreue<br />
Lebensweise angepasst. Diese Tiere bewohnen selbst gegrabene<br />
und zum Teil auch ausgekleidete Wohnröhrensysteme. Mit feinen,<br />
langen Armen und Tentakeln suchen sie bei hohen Wasserständen<br />
den Wattboden nach organischen Teilchen oder mikroskopisch<br />
kleinen Kieselalgen ab. Eine dritte Gruppe von Wattbewohnern<br />
hat sich darauf spezialisiert, die Nahrung aus dem<br />
Wasser herauszufiltrieren. So bilden die meisten im Boden eingegrabenen<br />
Muschelarten jeweils eine schlauchförmig verlängerte<br />
Ein- und Ausstromöffnung aus, mit deren Hilfe sie das Wasser<br />
heranstrudeln. Im Schaleninneren halten die fein gefiederten<br />
Kiemen selbst feinste Nahrungspartikel zurück und fächeln sie<br />
zum Mund.<br />
„Felsen“ im <strong>Wattenmeer</strong><br />
Ein besonderer Lebensraum des <strong>Wattenmeer</strong>es bilden die Bänke<br />
der Miesmuscheln. Diese schaffen es, sich mit Hilfe von festen<br />
Eiweißfäden in mehreren Etagen und nur einer kleinen festen<br />
Unterlage (z.B. eine Muschelschale oder ein angeschwemmter<br />
Holzbalken) fest auf dem Boden anzusiedeln. Das quasi „Felsenbiotop“<br />
im Watt lockt zahlreiche ansonsten im <strong>Wattenmeer</strong> seltene<br />
Lebensformen an. Alte Muschelbänke beherbergen Schwämme,<br />
Polypenkolonien, Blumentiere, Moostierchen, Seescheiden,<br />
Seepocken und verschiedene Tange. Eine ähnliche Besiedlung<br />
bildet sich auch an den Buhnen, Molenwänden und anderen festen<br />
Hochwasserschutzanlagen und sogar an den Schiffsrümpfen,<br />
wenn diese nicht ständig vom Bewuchs frei gehalten werden.<br />
Leben vom Watt<br />
Nicht nur im und auf dem Boden, sondern auch über dem Watt<br />
findet Leben statt. Für die Watvögel ist der Wattboden mit einer<br />
Produktion von 300 Gramm Biomasse/m 2 ein „reich gedeckter<br />
Tisch“. Um einer möglichen Nahrungskonkurrenz mit anderen<br />
Arten zu begegnen und zugleich das vorhandene Nahrungsangebot<br />
möglichst vollständig nutzen zu können, haben sich bei den<br />
Watvögeln beispielsweise spezielle Schnabelformen herausgebildet,<br />
die es ihnen erleichtern, ihre artspezifische Nahrung in diesem<br />
außergewöhnlichen Substrat ausfindig zu machen und zu<br />
ergreifen. So stochern die Pfuhlschnepfen gezielt in Wurmröhren<br />
und Muschelgängen, während die Brandenten vorwärts gehend<br />
ihren leicht geöffneten Schnabel flach in den Boden führen, um<br />
ihre Beute zu ertasten. Der Säbelschnäbler schwenkt seinen<br />
abwärts gebogenen, langen Schnabel durch die oberste Bodenschicht<br />
und durchkämmt sie nach Wattschnecken und Schlickkrebsen.<br />
Der Große Brachvogel kann mit seinem besonders langen,<br />
nach unten gebogenen Schnabel selbst die tief im Boden eingegrabenen<br />
Pfeffermuscheln und Seeringelwürmer erreichen. Der<br />
besonders kräftige Schnabel des Austernfischer ermöglicht es<br />
ihm, Herz- und Miesmuschelschalen aufzubrechen, während der<br />
Rotschenkel in der Lage ist, mit seinem relativ langen Schnabel<br />
auch Plattmuscheln zu erbeuten und Seeringelwürmer aus ihren<br />
Gängen im Wattboden zu ziehen. Der kurzschnäblige Sandregenpfeifer<br />
erbeutet Wattschnecken und pickt Krebse und Kleinschnecken<br />
von der Wattoberfläche ab.
Kiemenringelwurm<br />
Tiefe (cm)<br />
Bäumchenröhrenwurm<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
als Erwachsener<br />
Sanderling<br />
Sandregenpfeifer<br />
Knull<br />
Wattschnecke<br />
Herzmuschel<br />
S a n d w a t t Mischwatt Schlickwatt<br />
Plattmuschel<br />
Seeringelwurm<br />
Pygospiowurm<br />
Herzmuschel<br />
Opalwurm<br />
Wattwurm<br />
Schlickkrebs<br />
Rotschenkel<br />
Plattmuschel<br />
Pfeffermuschel<br />
Wattwurm<br />
als Jungtier<br />
Klaffmuschel<br />
Pfuhlschnepfe<br />
Kotpillenwurm<br />
Pfeffermuschel<br />
Schlickkrebs<br />
Wattschnecke<br />
Abb. 3: Besiedlung der unterschiedlichen Watt-Typen durch wirbellose Tiere.<br />
Großer Brachvogel<br />
Seeringelwurm<br />
Abb. 2:Typische Schnabelformen als Anpassung an den Lebensraum<br />
der bevorzugten Beutetierart.<br />
Abb. 4: Bei niedrigen Wasserständen legt die Tide den größten Bereich<br />
des Meeresbodens im <strong>Wattenmeer</strong> frei. Foto Janke.<br />
Abb.1: Ausdehnung der freien Wattflächen (graue Flächen) im<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 11
Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />
12<br />
Priele und Prielströme stellen je nach Tidestand entweder das Flutungs- oder Entwässerungssystem des <strong>Wattenmeer</strong>es dar.<br />
In Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Untergrundes, der hydromechanischen und klimatologischen Grundbedingungen<br />
bilden sie sich in unterschiedlicher Formenvielfalt aus und unterliegen zugleich ständigen Veränderungen.<br />
Priele - die Verbindung zwischen Watt und Meer<br />
Das Ökosystem <strong>Wattenmeer</strong> umfaßt, neben den periodisch<br />
trockenfallenden Wattrücken, auch solche Bereiche, die ständig<br />
mit Wasser bedeckt sind. In dieser sogenannten Dauerflutzone, zu<br />
denen auch die Priele und Prielströme gezählt werden, regieren<br />
ganz eigenständige Umweltbedingungen, die diese Lebensräume<br />
deutlich von allen anderen unterscheiden und zu den typischen<br />
marinen Ökosystemen überleiten.<br />
Dabei verleihen vor allem die Ebb- und Flutströme dem <strong>Wattenmeer</strong><br />
seine charakteristische Dynamik und Gestalt. Während der<br />
Ebbe bzw. Flut erreicht das von den Wattflächen ausströmende<br />
bzw. in sie einströmende Wasser hohe Strömungsgeschwindigkeiten,<br />
die einen periodischen Sediment- und Nährstofftransport<br />
hervorrufen. Der Ebbstrom erreicht im allgemeinen eine<br />
größere Strömungsgeschwindigkeit als der Flutstrom.<br />
Die Priele<br />
Als Priele werden Wasserrinnen im Watt, also kleine Wattrinnen,<br />
bezeichnet, die auch zur Niedrigwasserzeit noch mit natürlichem<br />
Gefälle Wasser führen. Im Gegensatz zu den Prielströmen, in die<br />
sie entwässern, sind sie mit weniger als 1 Meter Tiefe meist nur<br />
flach. Priele werden vom Ebbstrom geprägt und daher als Ebbpriele<br />
bezeichnet. Im niedersächsischen Sprachgebrauch werden<br />
diese größeren Priele "Baljen" genannt. Baljen oder Ebbpriele<br />
unterscheiden sich durch ihre ständige Wasserführung von den<br />
Drainageprielen, die während der Ebbe vollständig leerlaufen.<br />
Aufgrund der im <strong>Wattenmeer</strong> durch Tide und Wind ausgelösten<br />
starken Stromkräfte mäandrieren Priele sehr stark und unterliegen<br />
ständigen Veränderungen. In den Kurven bilden sie Prall- und<br />
Gleithänge aus, ähnlich den naturbelassenen Bächen und Flüssen<br />
auf dem Festland. Am Prallhang erfolgt ein Abbruch, am<br />
Gleithang eine Anlagerung von Sedimenten. Dieser Prozeß führt<br />
zu einer Verlagerung des Priels. Im Mischwatt kann die<br />
Prielverlagerung 20 Meter bis 30 Meter pro Jahr betragen, im<br />
Sandwatt sogar bis zu 100 Meter pro Jahr.<br />
Auch der Querschnitt der Priele unterscheidet sich je nach Watt-<br />
Typ. Im Sandwatt gelegene Priele haben ein mehr oder weniger<br />
ebenes Bett ausgebildet, während Schlickwatt-Priele sich ein stei-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
leres, U-förmiges Profil gegraben haben.<br />
Die Priele sind in ihrem Sohlenbereich durch relativ starke Sedimentbewegung<br />
gekennzeichnet. Es wechseln sandige Abschnitte<br />
mit von Schill dominierten Bereichen ab. Nur in den strömungsberuhigten<br />
Flutbuchten dominieren dagegen feinere Sedimente.<br />
Prielströme<br />
Prielströme sind die Hauptentwässerungsrinnen des Watts. Sie<br />
durchschneiden die Wattflächen von der offenen See her bis zum<br />
Festland und führen ständig - also auch bei Niedrigwasser –<br />
Wasser mit mehr als einem Meter Tiefe. Im Vergleich zu den<br />
Prielen verändern die Prielströme ihre Lage nur langsam.<br />
In den großen Prielströmen können sehr hohe Strömungsgeschwindigkeiten<br />
erreicht werden. So wurden z.B. im nordfriesischen<br />
Prielstrom Norderhever Fließgeschwindigkeiten von bis zu<br />
Abb. 1: Ablaufender Priel zwischen Scharhörn und Neuwerk. Die Ansammlung<br />
der freigespülten Molluskenschalen wird als "Muschelgrab"<br />
bezeichnet. Foto: Janke.<br />
1,4 m/s gemessen. Diese hohen Strömungsgeschwindigkeiten<br />
führen zu großen Umlagerungsraten. Im Sohlenbereich lagern<br />
sich daher vornehmlich gröbere Sedimente ab (Grobsande, Schill<br />
oder Kies). Auf Teilstrecken können auch aus früheren Eiszeiten<br />
stammende grobe Ablagerungen angeschnitten werden, wodurch<br />
Steine und Kies zutage treten.<br />
Im Bereich zwischen den Rinnenabhängen und der MTnw-Linie<br />
befinden sich ständig überflutete (sublitorale) Flächen in unterschiedlicher<br />
Ausdehnung, in denen relativ strukturarme Vertiefungen<br />
ausgeformt sein können. Diese Bereiche werden als<br />
unterseeische Flutbuchten bezeichnet.<br />
Obwohl die Prielströme auch Gemeinsamkeiten mit den großen<br />
Strömen auf dem Festland aufweisen, gibt es zu ihnen auch gravierende<br />
Unterschiede: So wechselt z.B. die Strömungsrichtung<br />
periodisch viermal am Tag (zweimal pro Tideperiode).<br />
Seegats<br />
An den Ausgängen der Prielströme zwischen den Inseln und<br />
Außensänden wird der Strom stark verengt. In diesen Seegats<br />
herrschen sowohl bei Ebbe als auch bei Flut außerordentlich hohe<br />
Strömungsgeschwindigkeiten. Infolgedessen kommt es zur fortlaufenden<br />
Vertiefung der Rinnen, die bis über 35 Meter Tiefe<br />
erreichen können (z.B. im Lister Tief bei Sylt). Im seeseitigen<br />
Mündungsbereich zur offenen See, im sogenannten Ebbdelta,<br />
verringert sich die Strömungsgeschwindigkeit ganz abrupt, so<br />
daß gröbere Sedimente abgelagert werden. Stetig wechselnde<br />
Sedimentationsbedingungen führen zur Ausbildung sehr veränderlicher<br />
Sandbänke und Barren. Der wattseitige Mündungsbereich,<br />
das Flutdelta, ist dagegen weniger stark ausgebildet und<br />
einer wesentlich geringeren Dynamik ausgesetzt.<br />
Senken<br />
Ebenfalls zur Dauerflutzone können mehr oder weniger isolierte<br />
Senken und Vertiefungen auf den Wattflächen gezählt werden.<br />
Hier bleibt das Wasser während der Trockenzeit stehen und bildet<br />
so Wasserinseln. Auch künstliche Vertiefungen, wie etwa<br />
Sandentnahmestellen (z.B. das sogenannte Baggerloch im Osten<br />
Scharhörns), sind zu diesem Biotoptyp zu zählen und häufig tiefer<br />
als natürlich entstandene Senken. In diesen isolierten und z.T.<br />
nur sehr flachen Wasserlöchern herrschen Lebensbedingungen<br />
mit starken Schwankungen. Starker Regen kann den Salzgehalt<br />
deutlich verringern, Sonneneinstrahlung vermag ihn durch<br />
Verdunstung stark zu erhöhen und zugleich die Temperatur deutlich<br />
ansteigen lassen.<br />
Diese vom Wasser zeitweilig abgeschnittenenen Bereiche wirken<br />
als Sammlungsbecken für wasserlebende Organismen, die bei<br />
einsetzendem Niedrigwasser ihren Rückzug in die tieferen Priele<br />
nicht geschafft haben. Da die Organismendichte sich hier kurzfristig<br />
deutlich erhöht, nutzen viele Vögel (Möwen, Seeschwalben)<br />
diese Flächen als Jagdgebiete während der Zeit niedriger<br />
Wasserstände. Die beschriebenen Senken sind meist nur von<br />
begrenzter Dauer. Aufgrund ihrer speziellen hydrologischen<br />
Bedingungen versanden sie innerhalb kurzer Zeit wieder,<br />
während anderenorts neue entstehen.
Spritzwasserzone (Supralitoral):<br />
selten überflutete Bereiche der Küste, häufig nur noch von<br />
salzhaltigem Spritzwasser erreicht.<br />
Wechselflutzone (Eulitoral):<br />
periodisch im Wechsel von Ebbe und Flut trockenfallende<br />
bzw. überspülte Küstenbereiche; der Wechselflutraum entspricht<br />
dem Bereich zwischen der mittleren<br />
Springtideniedrig- und –hochwasserlinie.<br />
Dauerflutzone (Sublitoral):<br />
ständig unter Wasser bleibender Küstenabschnitt, höchstens<br />
noch bei Extrembedingungen trockenfallend; seine<br />
obere Grenze fällt etwa mit der mittleren Springtideniedrigwasserlinie<br />
zusammen.<br />
Abb. 3: Charakteristische Formenelemente des <strong>Wattenmeer</strong>s am Beispiel des Bakenlochs.<br />
Abb. 2: Priele (dunkelblau) und Dauerflutzone (hellblau) im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 13
Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />
14<br />
Sandige Küstenabschnitte mit Stränden und Dünen gehören zu den beliebtesten Erholungsräumen im <strong>Wattenmeer</strong>. Nur<br />
dort, wo relativ starke Strömungsverhältnisse herrschen, lagern sich die für ihre Bildung notwendigen grobkörnigen<br />
Sedimente ab. Die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt muss ständige An- und Ablagerungen, plötzliche Über- und<br />
Fortspülungen bis hin zur zumindest vorübergehende Unbewohnbarkeit ihres Lebensraumes ertragen.<br />
Dünen, Sandbänke und Strände<br />
Entstehung<br />
Im ganz überwiegenden Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es lagern sich feine<br />
Sedimente ab, die zur Bildung der Watten führen. Sandige<br />
Bereiche haben sich nur in sehr strömungsexponierten äußeren<br />
Wattenbereichen (Außensände) sowie den Barriere-Inseln der<br />
friesischen Inselketten etabliert. Auch im inneren Bereich der<br />
deutschen Bucht entstanden ausgeprägte Sandbänke, von denen<br />
der Große Knechtsand und die Scharhörnplate die bedeutendsten<br />
sind. Durch das Zusammenwirken von Brandung, Gezeiten und<br />
Driftströmungen sowie den Windverhältnissen werden die Sände<br />
bis wenige Dezimeter über der mittleren Tidenhochwasserlinie<br />
aufgeweht und gespült, bis sie schließlich nur noch durch den<br />
Wind und seltene, extreme Hochwasserereignisse weiter aufgebaut,<br />
umgelagert und wieder abgebaut werden können. Auch der<br />
Bewuchs mit Pflanzen kann eine weitere Entwicklung und<br />
Stabilisierung bewirken.<br />
Sandbänke und Strände zeichnen sich durch eine wüstengleiche<br />
Vegetationsarmut aus. Nur wenn winterliche Hochwässer Algenund<br />
Tangpakete anspülen und diese durch Sandüberwehung befestigt<br />
werden, können sich Substrate ausprägen, die die Bildung<br />
einer Vegetation überhaupt zulassen. Aus angespülten Samen<br />
können einige wenige Pflanzenarten im nährstoffreichen, aber<br />
salzhaltigen Treibgut austreiben. Nur selten entwickeln sich auf<br />
den Sandstränden mehrere Jahre überdauernde Strandwallsysteme.<br />
Diese gehören dann zu den bedeutendsten Brutplätzen<br />
der Seeregenpfeifer und der Zwergseeschwalben, auch wenn ihre<br />
Gelege den sommerlichen Hochwässern schutzlos ausgeliefert<br />
sind. Die Außensände sind von großer Bedeutung für die heimischen<br />
Robben. Hier liegen die wichtigsten Ruhe- und Säugeplätze<br />
für die Aufzucht des Nachwuchses.<br />
Für den Küstenschutz sind die Außensände deshalb so bedeutsam,<br />
weil sie bei schweren Sturmfluten die herannahende<br />
Dünung mit ihren enormen Kräften bereits im großen Maße brechen<br />
können.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Dünenbildung<br />
Sandbänke sind instabil. Fortwährend werden sie in ihrer Größe,<br />
Form und Ausrichtung verändert. Haben sie allerdings eine energetisch<br />
günstige Lage eingenommen und sind die klimatischen<br />
Bedingungen geeignet, können auf ihnen Dünen entstehen. Durch<br />
Sandanwehung erhöht sich im Ablagerungsbereich die Sandbank,<br />
wodurch sie zumindest im Sommer nur noch selten überflutet<br />
wird. Ausgangspunkt der Bildung von Primärdünen sind erste<br />
Pflanzen und/oder Treibselansammlungen. Hinter diesen kleinen<br />
Strandwällen und im Windschatten der einzelnen Pflanzenhorste<br />
der Binsen-Quecke lagert sich Sand ab. Die Pionierpflanzen sind<br />
in der Lage diesen lockeren, zumeist sehr nährstoffreichen Sand<br />
zu durchwachsen und mit ihrem Wurzelwerk festzuhalten. Die<br />
Quecke und wenige andere Pflanzenarten vermögen die fortlaufende<br />
Sandanhäufung und Übersandung auszugleichen, da sie<br />
ständig neu austreiben und quasi mit dem fortlaufend angewehten<br />
Sand in die Höhe wachsen. Diese Dünenformen bilden noch sehr<br />
lückenhafte Pflanzenbestände, die kaum mehr als 60% des<br />
Strandes bedecken, und durch Sturmfluten leicht wieder fortgeschwemmt<br />
werden können.<br />
Mit der zunehmenden Anhäufung von Sand entstehen in der weiteren<br />
Entwicklung sogenannte Weißdünen. Da ihnen der unmittelbare<br />
Einfluss des Salzwassers fehlt und durch die Niederschläge<br />
der Boden zusätzlich ausgesüßt wird, können weitere<br />
Pflanzen in den jungen, nur wenige Dezimeter hohen Dünen siedeln.<br />
Zu ihnen gehören die Strand-Platterbse und die Stranddistel.<br />
Die Besiedlung durch Strandhafer und Strandroggen führt zum<br />
Einfangen weiteren Dünensandes und damit zur weiteren<br />
Dünenbildung und Erhöhung bis zu mehr als 6 Meter Höhe.<br />
Alte Dünen<br />
Durch die zunehmende Vegetationsbedeckung wird der Dünensand<br />
dauerhaft befestigt. In dieser Phase setzen bodenbildende<br />
Prozesse ein, die sich in einer Graufärbung des Sedimentes<br />
andeuten. Gleichzeitig werden Nährstoffe in den Untergrund ausgewaschen,<br />
so dass im weiteren Verlauf nährstoffarme Graudünen<br />
entstehen. Hier dominieren trockenheitstolerante und<br />
bedürfnislose Pflanzen wie z.B. die Sand-Segge, das Silbergras,<br />
das Sandglöckchen und die Kriech-Weide, die allerdings nur<br />
wenig Salz ertragen.<br />
Im Laufe vieler Jahrzehnte entstehen aus den Graudünen durch<br />
fortlaufende Humusanreicherung mit Gebüschen bedeckte<br />
Braundünen, deren Vegetation den Boden nunmehr vollständig<br />
bedeckt. Zu ihren Charakterformen gehören die Krähenbeere und<br />
die Besenheide, in den feuchteren Dünentälern auch die Glockenheide,<br />
Moosbeere und der Rundblättrige Sonnentau.<br />
Sukzession<br />
Die jeweiligen Dünenformen sind nicht nur durch ihre charakteristische<br />
Pflanzendecke gekennzeichnet. Auch die tierische<br />
Besiedlung ist in den unterschiedlichen Dünen gänzlich verschieden.<br />
Dies liegt sowohl an den auftretenden Pflanzen als auch an<br />
der Struktur der Bestände. Dichte und Höhe der Pflanzendecke<br />
beeinflussen Lichteinfall, Wärme, Offenheit und Trockenheit des<br />
Bodens. Dies alles sind Faktoren, an denen sich die Standortwahl<br />
der Besiedler maßgeblich orientiert.<br />
Die geschilderte fortschreitende Dünenentwicklung ist jedoch<br />
von weiteren Faktoren abhängig. Störungen durch Veränderungen<br />
der Strömungsverhältnisse, durch klimatische Extremjahre oder<br />
durch Verletzungen der Bodenoberfläche – beispielsweise durch<br />
Vertritt - können sich verheerend auf die Dünenentwicklung auswirken<br />
bis hin zur völligen Abtragung.<br />
Menschlicher Einfluss<br />
Besonders die Dünen und Strände gehören zu den attraktivsten<br />
Naherholungsgebieten im <strong>Wattenmeer</strong>. Die meisten Sandstrände<br />
an der deutschen Nordseeküste werden als Badestrände genutzt<br />
und nur in streng geschützten Dünenbereichen kann der menschliche<br />
Einfluß weitgehend verhindert werden. Die Anwesenheit<br />
badender, sich sonnender und campierender Menschen führt zu<br />
weitreichenden Folgen für die Natur. Störungsempfindliche<br />
Vogelarten und Seehunde verlassen diese Strandabschnitte. Die<br />
stabilisierende, aber noch sehr empfindliche Vegetation der<br />
Dünen wird durch Vertritt zerstört. Diese Erkenntnis hat dazu<br />
geführt, dass Dünen, die besondere Schutzfunktionen für Tierarten<br />
oder für den Hochwasserschutz ausüben, für den Menschen<br />
gesperrt werden. Andererseits ist jedoch der beständige Auf- und<br />
Abbau von sandigen Substraten ein charakteristisches Kennzeichen<br />
des dynamischen <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />
Dünen- und Strandbereiche im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> bleiben<br />
im Wesentlichen auf die Inseln Scharhörn und Nigehörn<br />
beschränkt. Daneben bestehen kleinere flache Dünenareale in<br />
unmittelbarer Nähe der Neuwerker Ostbake.
Seeregenpfeifer<br />
Zwergseeschwalbe<br />
Brandseeschwalbe Brandseeschwalbe<br />
Küstenseeschwalbe<br />
Flußseeschwalbe<br />
Silbermöwe<br />
Brandente<br />
Sumpfohreule<br />
Karmingimpel<br />
Hänfling<br />
Strand Primärdüne Weißdüne Dünental Graudüne Dünental Braundüne<br />
Binsen-Quecke<br />
Salzmiere<br />
Strandhafer<br />
Strandroggen<br />
Rotschwingel<br />
Strand-Segge<br />
Kopfried<br />
Salz-Bunge<br />
Silbergras<br />
Sand-Segge<br />
Dünen-Veilchen<br />
Mauerpfeffer<br />
Glockenheide<br />
Sonnentau<br />
Sumpf-Bärlapp<br />
Krähenbeere<br />
Besenheide<br />
Weiden<br />
Sanddorn<br />
Abb. 2: Schematisierte Abfolge der Dünengesellschaften und der dort brütenden Vogelarten.<br />
Abb. 1: Ausdehnung der Dünenbreiche (gelbe Flächen) im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Abb. 3: Rund um die Inseln Scharhörn und Nigehörn bilden<br />
sich in unregelmäßigen Abständen kurzlebige<br />
Bestände des Meersenfes aus. Foto Janke.<br />
Abb. 4: Auf Scharhörn gehört der Strandroggen zur charakteristischen<br />
Besiedlung der Weißdünen. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 15
Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />
16<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> gehört zu den weltweit bedeutendsten Feuchtgebieten für rastende, mausernde und überwinternde Watund<br />
Wasservögel. Im Verbund mit den angrenzenden Salzwiesen, Kögen und Marschengrünländern ist es das wichtigste<br />
zusammenhängende Rast- und Nahrungsgebiet für Watvögel des Ostatlantischen Flugweges zwischen der Arktis und dem<br />
südlichen Afrika.<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> und die Vogelwelt<br />
Die enormen Vogelscharen, die zu bestimmten Zeiten das <strong>Wattenmeer</strong><br />
bevölkern, beeindruckten schon immer die Anwohner und<br />
Besucher der Region. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war nur<br />
wenig über ihre tatsächliche Zahl, ihre Verbreitung im <strong>Wattenmeer</strong><br />
und ihre sonstigen Aufenthaltsorte zur Brutzeit und im<br />
Winter bekannt. Durch umfangreiche Untersuchungen wie z.B.<br />
Beringungen und wattenmeerweite Vogelzählungen auf den freien<br />
Wattflächen zur Rastzeit konnten jedoch unsere Kenntnisse<br />
über das <strong>Wattenmeer</strong> und seine Bedeutung für die Vogelwelt<br />
wesentlich erweitert werden.<br />
Internationale Zugvogelwege und Brutpopulationen<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> repräsentiert das bedeutendste zentrale Rastgebiet<br />
der Vögel auf ihrem ostatlantischen Zugweg von ihren arktischen<br />
und subarktischen Brutgebieten zwischen Nordsibirien<br />
und Nordostkanada in ihre südlichen Überwinterungsgebiete.<br />
Während einige Arten wie z.B. der Säbelschnäbler und der<br />
Austernfischer hauptsächlich an den Atlantikküsten von Frankreich<br />
bis Portugal und in Nordafrika überwintern, ziehen Knutt,<br />
Regenbrachvogel und Seeschwalben weiter, teilweise bis an die<br />
Küsten West- und Südafrikas. Den weitesten Zugweg aller Vogelarten<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> nimmt die Küstenseeschwalbe auf sich. Aus<br />
ihren Brutgebieten an den arktischen und mitteleuropäischen<br />
Küsten und natürlich auch aus dem <strong>Wattenmeer</strong> selbst zieht sie im<br />
Winterhalbjahr bis an den antarktischen Eisrand.<br />
Getrennte Brutpopulationen einiger Arten nutzen auch unterschiedliche<br />
Rast- und Überwinterungsgebiete. Eine Brutpopulation<br />
besteht aus einer Gruppe von Tieren einer Art, die über<br />
mehrere Generationen ein bestimmtes Brutgebiet aufsucht, das<br />
von anderen Brutgebieten deutlich getrennt ist. Beispielsweise<br />
überwintern die in Nordsibirien brütenden Knutts an den Küsten<br />
West- und Südafrikas, während die in Grönland und Nordostkanada<br />
brütenden in Westeuropa bleiben. Auch wenn beide<br />
Populationen das <strong>Wattenmeer</strong> aufsuchen, so vermischen sie sich<br />
nicht, weil sie sich stetig "verpassen". Sie erreichen und verlassen<br />
das gemeinsame Nahrungs- und Rastgebiet zu unterschiedlichen<br />
Zeiträumen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Internationale Vogelzählungen im <strong>Wattenmeer</strong><br />
Durch gleichzeitige Zählungen, den sogenannten Synchronzählungen,<br />
in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden wird<br />
seit 1980 der Gesamtbestand an Vögeln im <strong>Wattenmeer</strong> systematisch<br />
erfasst und der Zustand der einzelnen Artenbestände bewertet.<br />
Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass insgesamt<br />
etwa 10-12 Millionen Vögel im Laufe ihres Jahreszykluses das<br />
Gebiet des <strong>Wattenmeer</strong>es auf die eine oder andere Weise besuchen<br />
und nutzen. Zu ihnen gehören rund 2-2,5 Mio. Gänse und<br />
Enten, 6-7 Mio. Watvögel sowie 2-2,5 Mio. Möwen und Seeschwalben.<br />
Am häufigsten kommen die Alpenstrandläufer (1,2<br />
Mio.), Austernfischer (739.000), Knutts (433.000) ins <strong>Wattenmeer</strong>,<br />
aber auch von Silbermöwen, Pfuhlschnepfen und Pfeifenten<br />
können ebenfalls noch mehr als 300.000 Individuen im<br />
<strong>Wattenmeer</strong> erfasst werden.<br />
Trotz sehr sorgfältig organisierter und ausgeführter Beobachtungen<br />
können bei den internationalen Vogelzählungen doch einige<br />
Vogelarten nicht erschöpfend erfasst werden. So ist z.B. zu vermuten,<br />
dass weitaus mehr Möwen und Seeschwalben anwesend<br />
gewesen sind, da sie auf hoher See fressen oder häufig zwischen<br />
Binnenland und <strong>Wattenmeer</strong> wechseln. Wiesenbrüter wie Kiebitz,<br />
Kampfläufer oder Goldregenpfeifer halten sich in höheren Zahlen<br />
in den angrenzenden Marschen auf, so dass die Zählmenge aller<br />
Wahrscheinlichkeit nach geringer ist als der tatsächliche Bestand.<br />
Verteilung in Raum und Zeit: ein stetiges Kommen und Gehen<br />
Die meisten Arten erscheinen fast überall im <strong>Wattenmeer</strong>, dennoch<br />
kann man je nach Art ein unterschiedliches räumliches und<br />
zeitliches Verteilungsmuster erkennen, das von verschiedenen<br />
Faktoren bestimmt wird. Einige Arten suchen traditionell jedes<br />
Jahr dieselben Rastplätze auf (Ringelgans, Nonnengans), andere<br />
konzentrieren sich in großen Schwärmen dort, wo derzeitig die<br />
Nahrungsgründe am ergiebigsten sind (Knutt).<br />
Die höchsten Watvogelzahlen werden im Herbst mit ca. 2-2,6<br />
Mio. Tieren erreicht, wenn Alpenstrandläufer und Austernfischer<br />
sowie zahlreiche Gänse-, Enten- und Möwenarten gleichzeitig<br />
einfallen. In milden Wintern bleiben immerhin etwa 1 Million<br />
Watvögel im <strong>Wattenmeer</strong>. In kalten Wintern weichen die meisten<br />
von ihnen jedoch zumindest zeitweilig in den relativ milden niederländischen<br />
Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es oder die südlich angrenzenden<br />
Küstenabschnitte aus.<br />
Im Frühjahr konzentrieren sich viele arktische Watvögel und<br />
Gänse im nordöstlichen Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es. Die höchsten<br />
Dichten von Alpenstrandläufern werden beispielsweise in dänischen<br />
und schleswig-holsteinischen Gebieten erreicht. Mausernde<br />
Brandenten und Eiderenten erlangen die höchsten Konzentrationen<br />
im deutschen <strong>Wattenmeer</strong>. Neben Tradition, Klima, Nahrungsverfügbarkeit<br />
und Störungsarmut kann auch direkte Verfolgung<br />
zum Verteilungsmuster beitragen. Dies zeigt die Verteilung<br />
des Großen Brachvogel, der in Dänemark noch bis 1993 bejagt<br />
wurde und daher das dänische <strong>Wattenmeer</strong> fast vollständig mied.<br />
Funktionen des <strong>Wattenmeer</strong>es für die Vogelwelt<br />
Aufgrund ihrer speziellen Lebensweisen und Zugstrategien nutzen<br />
die verschiedenen Arten das <strong>Wattenmeer</strong> zu unterschiedlichen<br />
Zeiten und auf unterschiedliche Weise. Daher durchlaufen<br />
sie im <strong>Wattenmeer</strong> auch verschiedene Lebensabschnitte. Einige<br />
Arten (Austernfischer, Großer Brachvogel) verbleiben zu einem<br />
großen Teil im Winter (Überwinterer). Die meisten Arten sind<br />
jedoch echte Durchzügler, die lediglich während des Frühjahrs<br />
und Herbstes im <strong>Wattenmeer</strong> erscheinen.<br />
Kurzfristige Duchzügler, in der Regel extreme Langstreckenzieher,<br />
die in den arktischen Gebieten brüten und im tropischen<br />
Afrika überwintern, bleiben nur für wenige Wochen. Sie fressen<br />
sich im nahrungsreichen <strong>Wattenmeer</strong> die notwendigen Fettreserven<br />
für ihren Weiterzug in ihre Brutgebiete an und nutzen das<br />
<strong>Wattenmeer</strong> quasi als "Tankstelle". Besonders große Konzentrationen<br />
zeigt der Knutt, der bei einem Watt-Stopp von nur 3<br />
Wochen im Mittel 50% seines Körpergewichts zulegt.<br />
Andere Arten verbleiben während einer oder beider Zugperioden<br />
über längere Zeit im <strong>Wattenmeer</strong>. Sie nutzen das <strong>Wattenmeer</strong><br />
nicht nur zur Energieaufnahme, sondern zeitgleich auch häufig<br />
zur Mauser (Alpenstrandläufer, Kiebitzregenpfeifer). Im Spätsommer/Herbst<br />
mausern viele Enten- und Watvögel im <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Nahezu die gesamte nordeuropäische Population der Brandente<br />
mausert im Bereich der Elbmündung und auch für die Eiderente<br />
ist das deutsche <strong>Wattenmeer</strong> der bedeutendste Mauserplatz.<br />
Darüber hinaus stellt das <strong>Wattenmeer</strong> auch für viele Vogelarten<br />
wie z.B. Säbelschnäbler, Rotschenkel sowie die Brand- und<br />
Zwergseeschwalbe ein ungemein bedeutsames Brutgebiet dar.<br />
Ohne das <strong>Wattenmeer</strong> wäre der Bruterfolg dieser Arten langfristig<br />
nicht gesichert.
Das <strong>Wattenmeer</strong> und der Vogelschutz<br />
Die besondere Bedeutung für die Vogelwelt hat zur Ausweisung<br />
der weitaus überwiegenden Bestandteile des <strong>Wattenmeer</strong>es sowohl<br />
als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung, als auch als<br />
europäisches Schutzgebiet gem. der EG-Vogelschutzrichtlinie<br />
geführt (siehe Seite 124 ff.). Die besondere Bedeutung als internationales<br />
Feuchtgebiet ergibt sich insbesondere daraus, dass 52<br />
Populationen von mindestens 41 Arten regelmäßig mit mehr als<br />
1% ihrer Vögel oder der eines definierten Zugweges zu irgendeinem<br />
Zeitpunkt ihres Jahreslaufes (Brut, Rast, Mauser, Überwinterung)<br />
das <strong>Wattenmeer</strong> nutzen.<br />
Von 18 der oben genannten Populationen sind mehr als die Hälfte<br />
und von 8 Populationen sogar nahezu alle Individuen, die in das<br />
<strong>Wattenmeer</strong> kommen. Dazu zählen die Populationen der russischen<br />
und baltischen Nonnengans, der dunkelbäuchigen Ringelgans,<br />
der nordeuropäischen Brandente ebenso wie die von Kiebitzregenpfeifer,<br />
sibirischem Knutt, westpaläarktischen Alpenstrandläufer<br />
und Pfuhlschnepfe. Von den meisten Populationen<br />
von Möwen und Seeschwalben erreichen bereits die Brutbestände<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> internationale Bedeutung.<br />
Mindestbestand im <strong>Wattenmeer</strong> Bestandsgröße Bestandsverteilung<br />
Alpenstrandläufer 1.200.000 1.394.000 2 Bestände: Europa/Asien; UK<br />
u. Ostsee<br />
Austernfischer 739.000 874.000<br />
Knutt 433.000 861.000 2 Bestände: W-Afrika 516.000<br />
O-Atlantik 345.000<br />
Pfuhlschnepfe 341.000 815.000 2 Bestände:W-Europa 115.000<br />
S-/W-Afrika 700.000<br />
Brandente 254.000 250.000<br />
Ringelgans 232.000 254.000 2 Brutbestände: Sibirien; Svalbard<br />
Großer Brachvogel 227.000 348.000<br />
Kiebitzregenpfeifer 140.000 168.000<br />
Nonnengans 116.000 120.000 2 Brutbestände: NW-Rußland; Ostsee<br />
Säbelschnäbler 44.600 67.000<br />
Sanderling 20.200 123.000 vermutlich ist die Anzahl im<br />
<strong>Wattenmeer</strong> höher als bislang gezählt<br />
Kurzschnabelgans 17.600 30.000<br />
Grünschenkel 15.000 19.000<br />
Abb. 1: Ostatlantischer Zugweg (East Atlantic Flyway): Neben dem<br />
<strong>Wattenmeer</strong> sind das Gebiet des Wash in England, das Rheindelta sowie<br />
die Küsten des Senegal und der Elfenbeinküste bedeutende Rastgebiete<br />
der Vögel des Ostatlantischen Zugweges. Im <strong>Wattenmeer</strong> konzentrieren<br />
sich jedoch im Frühjahr und Herbst die größten<br />
Vogelansammlungen.<br />
Tab. 1: Aufstellung von Wat- und Entenvögeln, von denen mehr als 50% das <strong>Wattenmeer</strong> als Rast-, Mauser oder<br />
Winterhabitat nutzen. Angegeben ist die maximale Anzahl der zu einem Zeitpunkt erfassten <strong>Wattenmeer</strong>vögel zwischen<br />
1980 und 1994.<br />
Abb. 2: Rastender Schwarm von Knutts im Watt vor Neuwerk.<br />
Foto Helm.<br />
Abb. 3: Räumliche und funktionale Nutzung des <strong>Wattenmeer</strong>es durch häufig auftretende Rast- und<br />
Brutvögel.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 17
Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
20<br />
Die besondere Lage im Inneren der Deutschen Bucht und der damit verbundene Einfluss von Weser und Elbe verleihen dem<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> eine Eigentümlichkeit, die das Gebiet von anderen Bereichen des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
deutlich unterscheidet.<br />
Allgemeine Gebietsbeschreibung<br />
Das Hamburgische <strong>Wattenmeer</strong><br />
Der zum hamburgischen Staatsgebiet gehörige <strong>Wattenmeer</strong>bereich<br />
liegt in der naturräumlichen Region "Watten und Marschen". Zu<br />
dieser naturräumlichen Region zählt der gesamte Küstenbereich<br />
mit den Watten einschließlich der Ostfriesischen Inseln, der<br />
Seemarschen und der Flußmarschen von Ems, Weser und Elbe.<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> liegt mit einer<br />
Fläche von 11.700 ha zwischen den Mündungsgebieten von Elbe<br />
und Weser. Er wird im Westen und Osten vom Niedersächsischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> eingefaßt. Im Norden begrenzen ihn die unterseeische<br />
Rinne der Elbe und die Nordsee, im Südwesten ein Prielstrom,<br />
die Till und ein Priel, das Bakenloch. Insbesondere der<br />
Süßwasserzustrom aus der Elbe erniedrigt im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> den Salzgehalt des Meerwassers gegenüber der freien<br />
Nordsee. Schließlich lässt der hohe Nährstoffeintrag durch die<br />
Elbe das Wattengebiet in deren Mündungsbereich zu einem<br />
Lebensraum mit hoher Nahrungsproduktion für die Lebensgemeinschaften<br />
in diesem Küstenabschnitt werden.<br />
Die Insel Neuwerk<br />
Die einzige bewohnte Insel im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> ist die etwa 8 km vom Festland entfernt liegende<br />
Insel Neuwerk. Der eingedeichte Inselkern umfaßt eine Fläche<br />
von ca. 120 ha (incl. Grundfläche des Deiches). Im Norden und<br />
im Osten schließen sich Vorländer mit einer Gesamtfläche von ca.<br />
182 ha an. Im Osten der Insel wurden in den dreißiger Jahren<br />
weitläufige Lahnungsfelder angelegt, die jedoch heute nicht mehr<br />
unterhalten werden.<br />
Die Scharhörnplate und andere Sände<br />
Die Sände und Platen stellen weitgehend vegetationslose, überwiegend<br />
ebene Flächen auf der Höhe des mittleren Tidehochwassers<br />
einschließlich darin gelegener Senken mit Wasserflächen dar.<br />
Die auffälligste Bildung im hamburgischen Bereich ist die etwa<br />
285 ha große Scharhörnplate mit einer Höhe bis etwa 70 cm über<br />
MThw. Die beiden hochwasserfreien Düneninseln Scharhörn und<br />
Nigehörn liegen direkt auf der Plate. In ihrem nördlichen Bereich,<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
etwa 6 km von Neuwerk entfernt, befindet sich Scharhörn mit<br />
einer aktuellen Größe von ca. 20 ha, Nigehörn, mit einer Ausdehnung<br />
von 34 ha, liegt ca. 1,5 km weiter südsüdwestlich. Beide<br />
Inseln verändern ausgelöst durch das Wechselspiel von Wasser<br />
und Wind beständig ihre Größe und Gestalt. Besonders deutlich<br />
erkennbar ließ sich dieser Prozess in den neunziger Jahren verfolgen,<br />
als sich an den östlichen Ausläufern beider Inseln ein lang<br />
gezogener Steert in Richtung Südost bildete. Die Entstehung und<br />
nähere Entwicklung von Scharhörn und Nigehörn wird auf den<br />
Seiten 78 ff. und 96 ff. beschrieben. Dort findet sich auch eine<br />
eingehende Darstellung der stetigen Verlagerung von Scharhörn.<br />
Westlich der Scharhörnplate auf Höhe Nigehörns haben sich zwei<br />
parallel liegende Brandungsbänke gebildet. Eine weitere, sich<br />
auch auf Luftbildern deutlich hervorhebende, Sandbank liegt auf<br />
dem Gebiet des Unteren Wittsands.<br />
Die Prielsysteme<br />
Prielströme, auch als Wattrinnen, Tiefs, Gats oder Baljen bezeichnet,<br />
durchschneiden die Wattflächen von der offenen See bis zur<br />
Küste und sind ständig mit mehr als einem Meter Tiefe wasserführend.<br />
Sie bilden zugleich die Hauptentwässerungs- und Hauptflutungsrinnen<br />
des <strong>Wattenmeer</strong>es. Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />
übernimmt diese Funktion für den südlichen Bereich die sogenannte<br />
Till, welche in ihrem Verlauf in Norder- und Ostertill<br />
differenziert wird. Im Norden übernimmt die Elbe diese Funktion.<br />
Die Priele wiederum zweigen von den Prielströmen ab. Sie werden<br />
von der Ebbe geformt und führen auch bei Niedrigwasser<br />
noch mit natürlichem Gefälle Wasser, wenn auch meist mit weniger<br />
als 1 m Tiefe.<br />
Auf dem Wattrücken des Neuwerker und des Duhner Watts verläuft<br />
eine Wasserscheide, die das nach Süden entwässernde<br />
Prielsystem der Till von dem der Elbmündung trennt. In die Till<br />
münden das Scharhörnloch, Wittsandloch und Neuwerker Loch.<br />
Das Muschelloch, Weser-Elbe-Wattfahrwasser und Sahlenburger<br />
Loch sind über das Bakenloch mit der Till verbunden. In die<br />
Elbmündung entwässern das Elbe-Neuwerk-Fahrwasser, welches<br />
im südlichen Teil noch den früheren Priel "Hundebalje" repräsen-<br />
tiert sowie die Eitzenbalje.<br />
Eine westlich am Elbe-Neuwerk-Fahrwasser gelegene Vertiefung<br />
("Baggerloch") zeugt von der Materialentnahme zur Aufspülung<br />
der Insel Nigehörn.<br />
In historischen Dimensionen betrachtet ist – wie überall im<br />
<strong>Wattenmeer</strong> – die Topographie der freien Watten mit ihren Prielsystemen<br />
lediglich eine Momentaufnahme, im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> bleibt nur die eingedeichte Insel Neuwerk davon ausgenommen.<br />
Das gesamte Gebiet des <strong>Wattenmeer</strong>s mit all seinen<br />
Strukturen wie Priele und Sände ist einer starken wind- und strömungsbedingten<br />
Dynamik unterworfen. Dies lässt sich besonders<br />
eindrucksvoll an der noch vor wenigen Jahren nordwärts vorgelagerten<br />
Brandungsbank ("Kleines Riff") dokumentieren, die binnen<br />
weniger Jahre weitgehend zerschlagen wurde.<br />
Freie Wattflächen<br />
Das Neuwerker Watt teilt sich in das nördlich gelegene<br />
Scharhörner Watt und das südlich davon befindliche Neuwerker<br />
Inselwatt. Eine weitergehende Unterteilung geschieht durch die<br />
Benennung von sogenannten Sänden, wobei es sich allerdings<br />
nicht um echte Sände, sondern Gebietsbeschreibungen überwiegend<br />
sandwattdominierter Wattenbereiche handelt. Das Gebiet im<br />
Nordwesten, am Scharhörnloch, wird Robbenplate genannt. Nach<br />
Süden hin folgen Unterer und Oberer Wittsand, Schaafsand und<br />
Sahlenburger Watt. Nordöstlich der Insel Neuwerk liegt der<br />
Kleine Vogelsand.<br />
Im Hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> liegt überwiegend Sandwatt vor,<br />
nur vereinzelt, besonders um die Insel Neuwerk und die Priele,<br />
finden sich kleinere Mischwattflächen. Westlich des Wittsandes,<br />
im nördlichen Entwässerungsbereich des Wittsandlochs, nördlich<br />
und westlich der Robbenplate am Scharhörnloch und um das<br />
Baggerloch konnten sich Schlickwattbereiche ausbilden.<br />
Wege durchs Watt<br />
Durch das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> ziehen entlang der<br />
Wasserscheide zwei mit Buschwerk ("Pricken") bezeichnete<br />
Wattenwege. Der meistgenutzte Weg führt von Neuwerk nach<br />
Sahlenburg; von ihm zweigt, außerhalb des hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>gebietes, eine Verbindung nach Duhnen ab. Am<br />
Wattenweg von Sahlenburg nach Neuwerk bieten drei Rettungsbaken<br />
dem von der Flut überraschten Wattwanderer Zuflucht.<br />
Der andere Wattenweg führt von der Wattwagenauffahrt im<br />
Süden Neuwerks westlich an der Insel vorbei bis nach Scharhörn.
Seezeichen<br />
Bereits im frühen Mittelalter waren die Gewässer des Elbe-<br />
Mündungsbereiches bei den Seefahrern gefürchtet. Nördlich des<br />
Scharhörner Watts im Bereich des "Scharhörn-Riff" dokumentieren<br />
zahlreiche Wrackreste die Gefahren der auch heute noch<br />
Abb. 2: Blick von der Elbe nach Neuwerk. Foto: Janke.<br />
Abb. 3: Das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> zwischen<br />
Scharhörn (vorne) und und Neuwerk<br />
(Mitte). Im Hintergrund erkennt man die<br />
Küste Niedersachsens. Foto: Prokosch.<br />
Abb. 4: Ostbake im Vorland von Neuwerk. Foto: Janke.<br />
schwer einschätzbaren Untiefen und Strömungen. Bereits sehr<br />
früh wurden daher Seezeichen im hamburgischen Watt errichtet.<br />
Von diesen historischen Bauwerken sind neben dem Neuwerker<br />
(Leucht-) Turm (siehe Seite 40) noch zwei hölzerne Baken erhalten.<br />
Nordwestlich von Neuwerk steht die Nordbake in unmittel-<br />
barer Nähe des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers. Die Ostbake überragt<br />
das Neuwerker Ostvorland. Westlich der Scharhörnplate ist noch<br />
die Gründung der ehemaligen Scharhörnbake erkennbar. Der neue<br />
Radarturm am Westrand des Vorlandes von Neuwerk dominiert<br />
weithin die Landschaft und überragt sogar den Neuwerker Turm.<br />
Abb.1: Landschaftsprägende Elemente des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es Nähere Erläuterungen siehe Text.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 21
Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
22<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> gehört zu den weltweit jungen Landschaftsformen. Seine geologische Geschichte wurden von zahlreichen<br />
jüngeren erdgeschichtlichen Ereignissen, die insbesondere durch kurzfristige Klimaveränderungen hervorgerufen wurden,<br />
maßgeblich beeinflusst. Im Ergebnis entstand eine völlig verwandelte, neu geformte Landschaft.<br />
Entstehung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
Entstehung der Nordsee<br />
Das Gebiet der heutigen Nordsee ist uns wie selbstverständlich<br />
als große einheitliche Wasserfläche vertraut. Doch ein Blick zurück<br />
in die Erdgeschichte lehrt uns, dass hier zur Devonzeit, als<br />
Urfarne, die ersten Insekten und Fische die Erde bevölkerten,<br />
Festland vorlag. Während der darauffolgenden Karbonzeit hob<br />
sich der mitteleuropäische Gebirgsgürtel heraus und das nördliche<br />
Festland sank ab. Die Nord-Süd-Furche begann sich zu vertiefen,<br />
die Entstehung der Nordsee konnte ihren Lauf nehmen.<br />
Vom Ozean flutete Meerwasser ein, das im trocken-heißen Klima<br />
der Perm-Zeit verdunstete. So entstanden die norddeutschen Salzlager.<br />
Während der Kreidezeit, als bereits urtümliche kleine Säugetiere<br />
unter Laubhölzern lebten, kam es zu weiteren Überflutungen.<br />
Im Tertiär schließlich erlangte die Nordsee in etwa ihre heutige<br />
Ausdehnung.<br />
Die Eiszeiten<br />
Auch der weitere erdgeschichtliche Verlauf beeinflusste die<br />
Nordsee nachhaltig, denn sie lag im Bereich der großen Inlandeisgletscher.<br />
Alle drei norddeutschen Eiszeiten, Elster-, Saaleund<br />
Weichseleiszeit, ließen die Nordsee trockenfallen und bedeckten<br />
sie mit Inlandeis. Während der jüngsten Eiszeit bildeten<br />
die in die Nordsee mündenden Flüsse Weser- und Elbe-Urstrom,<br />
Rhein, Themse und Humber einen großen Schmelzwasserstausee,<br />
in dem Beckentone entstanden. Jede Eiszeit lieferte dem Nordseeboden<br />
Moränen- und Schmelzwassersedimente (Kiese, Sande,<br />
Tone). Am Ende der Weichseleiszeit schmolzen die Inlandeismassen<br />
ab, so dass der Meeresspiegel im gesamten Weltmeer anstieg.<br />
Die Nordsee dehnte sich wieder nach Süden aus und überflutete<br />
die Küstenlandstriche. Der Anstieg des Meeresspiegels vollzog<br />
sich nicht gleichmäßig; Perioden starken Anstiegs wechselten mit<br />
Stagnationsphasen. Das überflutete Land, welches sich durch<br />
weitläufige Moore, Sümpfe und Bruchwälder auszeichnete,<br />
wurde dabei mit Ablagerungen von Tonen und Sanden überschichtet.<br />
Die von den Sedimenten überlagerten Torfböden sind<br />
heute noch im Untergrund der Watten zu erbohren. Durch<br />
Altersbestimmung dieser Torfe kann das Vorrücken des Meeres<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
und damit der Beginn der Wattenbildung auf etwa 5.500 Jahre v.<br />
Chr. zurückdatiert werden.<br />
Die Gezeiten<br />
Auch die Gezeiten haben die Entstehung des <strong>Wattenmeer</strong>es entscheidend<br />
beeinflusst. Im Zusammenspiel mit dem eiszeitlich<br />
bedingten Sedimentüberschuss in der Nordsee, dem nacheiszeitlichen<br />
Anstieg des Meeresspiegels und Strömungen, die die<br />
Sedimente (Sand, Ton) aus der offenen See an die Küste verfrachteten,<br />
formten sie das <strong>Wattenmeer</strong> und die Marschengebiete<br />
in den strömungsberuhigten Randbereichen des Festlandes.<br />
Sobald die natürliche Aufschlickung eine bestimmte Höhe<br />
erreicht hatte, siedelte sich Vegetation an, die wiederum als<br />
Schlickfänger wirkte und eine weitere Sedimentation förderte.<br />
Mit dem Herauswachsen der Wattsedimente aus dem Bereich täglicher<br />
Überflutungen erfolgte der Übergang vom marinen Watt<br />
zur Salzmarsch. Gleichzeitig begannen bodenbildende Prozesse,<br />
die den Boden in seiner Struktur und seinen chemischen und physikalischen<br />
Eigenschaften tiefgreifend veränderten.<br />
Die Ausprägung der Küstenlinie wurde maßgeblich durch den<br />
Tidenhub bestimmt. In Gebieten mit einem mittleren Tidenhub<br />
zwischen 1,35 m und 2,90 m entstand ein System aus Wattflächen<br />
mit vorgelagerten Dünen- oder Barriere-Inseln, wie z. B. an der<br />
westfriesischen und ostfriesischen Küste. Überschreitet der mittlere<br />
Tidenhub die Marke von 2,90 m, was in der inneren<br />
Deutschen Bucht beobachtet wird, so fällt die Bildung der<br />
Barriere-Inseln aus, statt dessen werden offene Wattflächen seeseitig<br />
durch kleine, stark veränderliche Sandbänke begrenzt.<br />
Die Entstehung Neuwerks und der Sände<br />
Die ungeschützte Lage der Sände zur offenen Nordsee bewirkt<br />
deren fortwährende Veränderungen der Morphologie und Lage.<br />
Durch das Zusammenwirken von Brandung, Gezeiten- und Driftströmungen<br />
sowie der Windverhältnisse reichern sich Sedimente<br />
im hochgelegenen Kopfbereich der Wattrücken an. Mit der<br />
Bildung von Untiefen wird die Brandungsenergie herabgesetzt.<br />
Dadurch kann weiteres Material sedimentieren und schließlich<br />
die Sände über MThw aufhöhen. Durch Extremhochwässer und<br />
windbedingte Anlagerung weiterer Sedimente setzen sich<br />
Anlandungs-, Transport- und Sortierungsprozesse fort. Diese<br />
Erscheinungen können auch im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> festgestellt<br />
werden, wo sich die Scharhörnplate im exponierten<br />
Bereich des Wattrückens gebildet hat.<br />
Im Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>s liegt der Tidenhub<br />
bei etwa 3,0 m. Aufgrund der hohen Strömungsdynamik ist daher<br />
die Ausbildung von Barriere-Inseln, wie sie an den ostfriesischen<br />
Inseln vorliegt, hier nahezu unwahrscheinlich. Wie konnten im<br />
hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> dennoch drei Inseln entstehen?<br />
Bohrungen im Bereich Scharhörn/Neuwerk zeigen eiszeitliche<br />
Ablagerungen etwa in 20 bis 25 m Tiefe. Über ihnen liegen etwa<br />
7.700 Jahre alte dünne Torfschichten. Kleieschichten von wenigen<br />
Dezimetern Schichtdicke (bis max. 2,80 m) über den Torfen<br />
zeigen die relativ kurze Zeitspanne der Marschenbildung im<br />
Bereich des heutigen Neuwerk. Oberhalb dieser Schicht finden<br />
sich schichtungslose, kalkhaltige, graue Feinsande mit Muscheln,<br />
die diese Ablagerungen als Sedimente des Meeresbodens kennzeichnen.<br />
Auch auf Neuwerk ergaben Bohrungen beim Turm<br />
1908 eine identische Schichtfolge.<br />
Entgegen vielfach geäußerter Vermutungen ist Neuwerk daher<br />
keine Hallig, sondern eine sandige Insel, eher vergleichbar den<br />
jungen Inseln Mellum und Trischen. Durch das Zusammenspiel<br />
von winterlichen Extremhochwässern und sommerlichen<br />
Trockenperioden, durch Sandanflug und Sedimentanspülung ist<br />
die Insel vermutlich langsam in die Höhe gewachsen und wurde<br />
so dem Einflußbereich der täglichen Gezeitenbewegung entzogen.<br />
Aufgrund der hohen Strömungsdynamik am Standort haben<br />
sich vornehmlich grobkörnigere Bestandteile abgelagert. Davon<br />
zeugen Profilbohrungen der obersten Bodenschichten im Vorland<br />
Neuwerks, die deutliche Flutschichtungen und Horizontabfolgen<br />
sandiger und schlickiger Sedimente zeigen. Früher bestanden<br />
größere Dünenkomplexe auf Neuwerk, vornehmlich im Norden<br />
und Osten des Vorlandes.<br />
Auch auf Scharhörn sind ähnliche Prozesse zu beobachten: Im<br />
Südosten der Insel haben sich im Strömungsschatten Buchten<br />
gebildet, in denen Feinmaterial sedimentiert. Dennoch kann<br />
Scharhörn in seiner heutigen Ausprägung nicht als gänzlich natürlich<br />
bezeichnet werden, da die Entwicklung der auf der<br />
Scharhörnplate natürlich entstandenen Primärdünen in den zwanziger<br />
Jahren durch Errichtung von Sandfangzäunen und Bepflanzung<br />
gefördert und die entstandene Düneninsel auch weiterhin<br />
durch verschiedene Maßnahmen bis 1991 gesichert wurde (siehe<br />
S.78). Die Düneninsel Nigehörn ist nicht natürlicher Genese, sondern<br />
erst vor 1989 aufgespült worden (siehe Seite 96).
Nordsee<br />
Doggerbank<br />
Jütland-<br />
Bank<br />
Elbe<br />
Weser<br />
Abb. 1:Wahrscheinliche Gestalt der Nordsee am Ende der letzten Eiszeit. Dunkelbraun: heutiges Festland, hellbraun: versumpfte,<br />
vermoorte Haff- und Deltalandschaft, blau: damalige Ausdehnung der Nordsee.<br />
Nordsee Inseln Watten Marschen Geest<br />
Dünensande Wattensedimente<br />
Strandsande<br />
Prielsedimente<br />
Torfe<br />
Brackwassersedimente<br />
Abb. 2: Schematischer geologischer Schnitt von der Nordsee bis zum Geestrand.<br />
Abb. 3:Torfreste im Watt. Foto Janke.<br />
Pleistozäne<br />
Ablagerungen<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 23
Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
24<br />
Wind und Gezeiten sind die Motoren für die stetige Veränderung der Umweltverhältnisse im küstennahen <strong>Wattenmeer</strong>. Im<br />
Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es kommt auch dem Einfluss des großen Süßwasserzustroms durch die Elbe eine<br />
besondere Bedeutung zu.<br />
Strömungen und ihre Auswirkungen<br />
Über die Strömungsverhältnisse im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />
liegen - anders als zu anderen Bereichen des <strong>Wattenmeer</strong>es - umfangreiche<br />
Kenntnisse vor. Seit Mitte der sechziger Jahre wurden<br />
durch die Hamburger Wirtschaftsbehörde intensive Forschungen<br />
im Bereich der Außenelbe und des Neuwerker und Scharhörner<br />
Wattrückens mit dem Ziel durchgeführt, ein weitreichendes Verständnis<br />
der hydrologischen und ökologischen Bedingungen im<br />
Hinblick auf einen geplanten Tiefwasserhafen zu erlangen. Die<br />
Untersuchungen wurden bis Anfang der siebziger Jahre fortgesetzt<br />
und lieferten eine Vielzahl von grundlegenden Erkenntnissen<br />
über die hydrologischen Verhältnisse und ihre Auswirkungen<br />
in der Außenelbe und auf die angrenzenden Wattflächen.<br />
Strömungsregime im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />
Die dynamischen Prozesse im <strong>Wattenmeer</strong> werden überwiegend<br />
von den Gezeitenströmungen und dem vom Wind getriebenen<br />
Seegang ausgelöst. Die Bewegung des Wassers bewirkt einen<br />
umfangreichen Materialtransport und eine strömungsabhängige<br />
Verteilung von Schwebstoffen. Aufgrund der geringen Wassertiefe<br />
des <strong>Wattenmeer</strong>es und der spezifischen meteorologischen<br />
Bedingungen können sich jedoch nur selten Schichtungen unterschiedlicher<br />
Wasserkörper ausbilden.<br />
Die gegen den Uhrzeigersinn verlaufende Hauptstromrichtung in<br />
der südlichen Nordsee resultiert aus einer riesigen Gezeiten-<br />
Drehwelle, deren Mittelpunkt in der zentralen Nordsee liegt. Die<br />
durch diesen Strom erzeugte Hauptverlagerungsrichtung der<br />
Sedimente wird kleinräumig und periodisch von weiteren<br />
Faktoren überlagert. Zu besonders hohen Materialverlagerungsraten<br />
kommt es z.B. bei Sturmfluten. Unter Windeinfluss können<br />
oberflächennahe Triftströmungen entstehen, die insbesondere im<br />
flachen <strong>Wattenmeer</strong> von großem Einfluss auf den Sedimenttransport<br />
sind. Auf den Wattflächen erfolgt der Triftstrom im<br />
Allgemeinen in Windrichtung, in den tiefen Stromrinnen dagegen<br />
ergibt sich als Sekundäreffekt ein verstärkter Unterstrom entgegen<br />
dem Staugefälle.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Besonders auf dem flachen Watt kann der Einfluss des Windes<br />
den Tideeinfluss deutlich überlagern. Durch Windstau können die<br />
Wasserstände merkbar erhöht oder erniedrigt werden. Bei den<br />
vorherrschenden westlichen und südwestlichen Winden wird das<br />
Wasser in die Deutsche Bucht und damit auch in das hamburgische<br />
<strong>Wattenmeer</strong> gedrückt. Bei andauernden Winden aus östlicher<br />
Richtung können die Wattflächen dagegen für viele Tage<br />
dauerhaft trockenfallen. Wenn diese Wetterlage in den kalten<br />
Wintermonaten auftritt, kann es zum Gefrieren des Wattbodens<br />
und anschließendem Absterben der darin lebenden Tierwelt kommen.<br />
Sobald der Ostwind jedoch abflaut, kommt es häufig bereits<br />
innerhalb einer Tide zu einem kräftigen Rücklauf der Wassermassen,<br />
der sich in vergleichsweise hohen Hochwasserständen<br />
äußert.<br />
Im Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>s wird die Strömung<br />
maßgeblich von zwei einander überlagernden Faktoren beeinflusst,<br />
nämlich der Gezeitenströme der Nordsee und dem Süßwasserzufluss<br />
der Elbe. Bei Einstrom des Elbwassers ins Meerwasser<br />
entstehen durch die unterschiedlichen Salzgehalte ausgeprägte<br />
Dichteströmungen, die den Tidestrom der See überlagern.<br />
Wasserkörper unterschiedlichen Salzgehaltes besitzen bei<br />
annähernd gleicher Temperatur entsprechend verschiedene spezifische<br />
Dichten. Wenn sie aufeinandertreffen, können Schichtungen<br />
unterschiedlich salzhaltigen Wassers im Wasserkörper<br />
entstehen.<br />
Weiterhin lenkt die morphologische Bodenstruktur des Mündungsgebietes<br />
mit den verzweigten Prielsystemen und den Sandbänken<br />
die Strömungsverhältnisse in erheblichem Maße.<br />
Neben solchem, dem Triftstrom gegenläufigen, Unterstrom sind<br />
in den großen Stromrinnen des Watts die Gezeitenströmungen<br />
von maßgeblicher Bedeutung. Ebb- und Flutstrom prägen die<br />
Morphologie der Wattströme und verändern sie durch Erosion<br />
und Sedimentation fortlaufend.<br />
Ebbstrom und Flutstrom fließen nicht -wie man zunächst vermuten<br />
mag- unbedingt in genau entgegengesetzter Richtung, sondern<br />
sind um einige Grad versetzt. Dadurch werden die durch die<br />
Gezeitenströme ausgelösten Sedimentverlagerungen in den<br />
Prielen nicht im Rahmen einer Tide kompensiert. So wird der<br />
westliche Bereich der Till maßgeblich vom Flutstrom geprägt,<br />
während der östliche Bereich vom Ebbstrom geformt wird. In der<br />
Folge führt dies langfristig zu einer Sedimentbewegung entlang<br />
des Riffbogens am Scharhörnriff.<br />
Salzgehalt<br />
Den wesentlichsten, im Meerwasser gelösten Stoff, stellt<br />
Natriumchlorid (Kochsalz) dar, gefolgt von Magnesiumchlorid,<br />
Magnesiumsulfat und schließlich Kalziumsulfat. Unabhängig<br />
vom Salzgehalt des Meerwassers bleibt das Verhältnis der Salzkomponenten<br />
zueinander immer konstant.<br />
Der Salzgehalt des Meerwassers wird in Promille (‰) oder auch<br />
in Praktischer Salzgehalt (psu) ausgedrückt, wobei 1 ‰ einem<br />
Gramm Salz in 1 kg Wasser gelöst entspricht.<br />
Zusammensetzung von Meersalz bei 35 ‰<br />
Stoff Konzentration (g/kg)<br />
Chlor Cl- 19,34<br />
Natrium Na+ 10,77<br />
Sulfat So4≤- 2,71<br />
Magnesium Mg≤+ 1,29<br />
Calcium Ca≤+ 1,18<br />
Kalium K+ 0,40<br />
Hydrogencarbonat HCO3- 0,14<br />
Brom Br- 0,07<br />
weitere Elemente wie Strontium, Bor, Fluor in Spuren<br />
Der Salzgehalt des Meerwassers beträgt global etwa 35 ‰, die<br />
Nordsee hat einen mittleren Salzgehalt von 34 ‰ und für das<br />
<strong>Wattenmeer</strong> liegen die Werte bei 30 ‰. Der Salzgehalt kann aber<br />
örtlich, z. B. durch süßwasserführende Zuflüsse, wie beispielsweise<br />
die Elbe noch weiter herabgesetzt sein.<br />
Im Mittel fließen durch die Elbe etwa 20 Milliarden Kubikmeter<br />
Süßwasser in das <strong>Wattenmeer</strong> ein, wobei das Abflussregime<br />
sowohl jahreszeitlich als auch von Jahr zu Jahr stark schwankt.<br />
Die niedrigsten Abflussraten werden in der Regel im frühen<br />
Herbst verzeichnet, die höchsten in den meisten Jahren im März<br />
und April nach der Schneeschmelze. Der tatsächliche Verlauf der<br />
Linien gleichen Salzgehaltes (Isohalinen) im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> schwankt daher von Tag zu Tag in
Reststrom = Verbleibende Strömung<br />
an einem Punkt nach Abzug<br />
der Gezeitenbewegung<br />
Abb. 1: Reststrom bei mittlerer Tide im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Scharhörnloch<br />
Till<br />
Wittsandloch<br />
Elbe<br />
Scharhörn<br />
Nigehörn<br />
Wattweg<br />
Neuwerker Loch<br />
Bakenloch<br />
Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />
Nordbake<br />
Ostbake<br />
Neuwerk<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
Eitzenbalje<br />
Sahlenburg<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 25
Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
26<br />
Abhängigkeit vom Tidegeschehen ebenso wie vom jahreszeitlichen<br />
Geschehen und letztendlich auch von Jahr zu Jahr. Der<br />
Tidestrom drängt das Süßwasser der Elbe im Laufe des Tages<br />
zweimal zurück bis weit in den Unterlauf der Elbe. Bei Ebbe<br />
erstreckt sich die Süßwasser-"Fahne" bis weit über das<br />
Scharhörnriff seewärts hinaus.<br />
Die Durchmischungszone zwischen Salzwasser und Süßwasser<br />
wird als Brackwasser bezeichnet. Im allgemeinen wird ein<br />
Salzgehalt von weniger als 25 ‰ als brackig angesehen.<br />
In der Elbmündung und auf den Wattflächen des hamburgischen<br />
<strong>Nationalpark</strong>s ist der Salzgehalt durch den Süßwasserzustrom<br />
deutlich verringert. So werden etwa 24 bis 29 ‰ erreicht.<br />
Auch der Salzgehalt im Wattboden ist Schwankungen unterworfen.<br />
Das Wasser auf den Wattflächen weist gegenüber dem<br />
Wasser in den Prielen oder der Tiefwasserzone eine andere<br />
Charakteristik auf. Wasserverdunstung bei Ebbe mit starker<br />
30‰<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Scharhörnloch<br />
Till<br />
28‰ 26 ‰<br />
Sonneneinstrahlung, starken Windstau verursachende lang anhaltende<br />
Winde und starke Eisbildung beeinflussen den Salzgehalt<br />
maßgeblich. Beispielsweise können Pfützen auf dem trocken<br />
gefallenen Watt einen wesentlich höheren Salzgehalt aufweisen<br />
als normales Seewasser, bei Starkregen jedoch treten durch den<br />
Süßwasserniederschlag binnen weniger Minuten deutlich erniedrigte<br />
Werte auf.<br />
Die stark schwankenden Salzgehalte des Meerwassers im Bereich<br />
des <strong>Wattenmeer</strong>es stellen besondere Anforderungen an die<br />
Organismen bezüglich ihres Stoffwechsels. Nicht nur das rhythmische<br />
An- und Ablaufen des Wassers, also das periodische<br />
Trockenfallen des Wattbodens, sondern auch die starken<br />
Strömungen und damit zeitweilig verbundenen stark schwankenden<br />
Salzgehalte dieses Lebensraums erfordern deshalb besondere<br />
Anpassungsstrategien der hier lebenden Pflanzen und Tiere.<br />
Nigehörn<br />
Wittsandloch<br />
Scharhörn<br />
Neuwerker Loch<br />
Bakenloch<br />
Abb. 2: Salzgehaltslinien an der Oberfläche bei MThw; Interpolationen aus langen Meßperioden.<br />
Nordbake<br />
Muschelloch<br />
Elbe<br />
Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />
Neuwerk<br />
24 ‰<br />
Ostbake<br />
Wattweg<br />
Eitzenbalje<br />
Weser-Elbe-Wattfahrwasser<br />
Sahlenburger Loch<br />
Sahlenburg<br />
Salzgehalt in den Prielen des Neuwerker Vorlandes<br />
Im Sommerhalbjahr 1996 wurden Salzgehaltsmessungen in den<br />
Prielen des Neuwerker Vorlandes durchgeführt.<br />
Durch das Vorland von Neuwerk verlaufen derzeit zwei Prielsysteme<br />
natürlicher Entstehung, die in früheren Zeiten in das<br />
Gewässersystem der Elbe entwässerten. Heute ist kein direkter<br />
Anschluss an die großen Elbzuflüsse mehr zu erkennen und die<br />
Verbindung der Wattflächen mit dem Vorland wurde durch<br />
Bauwerke weitgehend verhindert. Die Priele sind durch selbsttätig<br />
schließende Siele gegen die freien Wattflächen in der Weise abgeschottet<br />
worden, dass sie nur noch einen geregelten Wasserabfluss<br />
23<br />
23<br />
14<br />
24<br />
19<br />
21<br />
17<br />
14<br />
20<br />
20<br />
20<br />
Messpunkte 1996<br />
100 m 500 m<br />
21<br />
25<br />
24<br />
25<br />
Abb. 3: Mittlere Salzgehalte der Priele im Vorland Neuwerks.<br />
Meßkampagne der <strong>Nationalpark</strong>-Verwaltung vom 18.07. – 13.08.1996.<br />
Die Zahlen bei den Probenstandorten beschreiben den jeweils gemessenen<br />
Salzgehalt (in ‰).
aus dem Vorland zulassen. Durch die weitgehende Schließung der<br />
Siele bei Hochwasser ist nur noch ein eingeschränktes Tidegeschehen<br />
auf den Flächen des Vorlandes möglich. Eine Salzzufuhr<br />
für den Boden ist praktisch nur noch bei hoch auflaufenden Tiden<br />
möglich, wenn der Sommerdeich überflutet wird. Dennoch belegen<br />
Salzgehaltsmessungen, die während mehrerer Tideperioden<br />
im Juli 1996 durchgeführt wurden, dass immer noch mit der Flut<br />
Meerwasser in die Priele hineingedrückt wird. In den sielnahen<br />
Bereichen wurden Schwankungen von 27,1 bis 23,1 psu gemessen,<br />
in deichnahen Bereichen immerhin noch 15,6 bis 16,9 psu.<br />
Schwebstoffe<br />
Als Schwebstoffe werden im Wasser treibende Teilchen bezeichnet,<br />
die größer als 0,43 Mikrometer sind. Sie bestehen aus kleinsten<br />
mineralische Körnchen, Resten abgestorbener Organismen<br />
und pflanzlichem Plankton wie z. B. Kieselalgen und andere Mikroorganismen.<br />
Schwebstoffe werden sowohl mit dem Küstenstrom,<br />
als auch mit den Flüssen in das Watt transportiert, aber<br />
auch auf dem Luftweg sind Einträge möglich.<br />
Durch die starken Bindungseigenschaften der Schwebstoffteilchen<br />
lagern sich an und in ihnen auch giftige Substanzen und<br />
Spurenstoffe ab. Schwermetalle und organische Moleküle werden<br />
an diese Teilchen gebunden und sind daher dort in vergleichsweise<br />
hohen Anteilen messbar. Auch Nährstoffe können gebunden<br />
werden.<br />
Schwebstoffe sind am Aufbau des Watts beteiligt, sie stellen darüber<br />
hinaus eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Wattorganismen<br />
dar. Bei Stillwasser sinken sie in flachen Ablagerungszonen<br />
zeitweilig zu Boden und werden erst bei einsetzendem<br />
Tidestrom oder starkem Seegang wieder aufgewirbelt. Durch die<br />
Ablagerung der Schwebstoffe und damit der an sie gebundenen<br />
Schad- und Nährstoffe auf den hochgelegenen Wattrücken wirken<br />
diese quasi als Schmutz- und Nährstoff-Falle. Mit der Aufnahme<br />
als Nahrungspartikel werden die Nähr- und Schadstoffe in den<br />
Stoffkreislauf des <strong>Wattenmeer</strong>s eingeschleust und in jahreszeitlich<br />
geprägten Stoffkreisläufen remineralisiert und gelangen so nach<br />
Erosionsereignissen in konzentrierter Form wieder in den<br />
Wasserkörper.<br />
Der Gehalt an Schwebstoffen hängt von vielen Einflussgrößen ab.<br />
Zu den wichtigsten zählen Strömungsgeschwindigkeit, Turbulenz,<br />
Korngröße, Salzgehalt und Temperatur. Auch der jahreszeitlich<br />
stark schwankende Anteil an pflanzlichem Plankton (Phytoplankton)<br />
wirkt sich aus.<br />
Durch die Abhängigkeit von solch vielen Größen sind allgemeine<br />
Voraussagen und Berechnungen kaum möglich, dennoch konnten<br />
im Bereich der Außenelbe wichtige Erkenntnisse gewonnen wer-<br />
‰<br />
27<br />
23<br />
19<br />
Knechtsand<br />
Till Elbe<br />
Till<br />
Bakenloch<br />
Wattenquerschnitt (schematisch)<br />
den. Deutlich zeigte sich, dass die durch die Gezeitenbewegung<br />
ausgelöste Umlagerungen im Ästuar für den Schwebstofftransport<br />
bedeutender sind als die Ein- und Ausfuhr aus dem Ästuar. Der<br />
Transport der feinen Partikel in der Außenelbe erfolgt überwiegend<br />
mit den Gezeitenströmen. Dabei transportiert der Flutstrom<br />
im südlichen Bereich weniger Schwebstoffe als der Ebbstrom im<br />
nördlichen Bereich. Daher sind in den nördlichen Bereichen des<br />
Ästuars, sowohl bei Ebbe mit fast 80%, als auch bei Flut (65%)<br />
die höchsten Transportraten und Schwebstoffgehalte festzustellen.<br />
Auch in Bezug auf die Schwebstoffe lassen sich saisonale<br />
Schwankungen feststellen. So sind die Transportraten der<br />
Schwebstoffe im Winter rund 5 mal so groß sind wie im Sommer.<br />
Einflußbereich<br />
der Eitzenbalje<br />
Flaches Watt<br />
Abb. 4: Querschnitte des Oberflächen-Salzgehaltes über das Watt zwischen Till und Elbe bei MThw.<br />
11.6.1968<br />
11.4.1968<br />
Buchtloch<br />
Elbe<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 27
Insel Neuwerk<br />
30<br />
Der Bodenaufbau prägt als Grundlage für die darauf wachsende Vegetation in besonderem Maße den Charakter einer<br />
Landschaft. Neben der natürlichen Bodenentwicklung bestimmt darüber hinaus auch die Nutzung den Aufbau des Bodens.<br />
Die Insel Neuwerk zeigt für beide Phänomene eindrucksvolls Beispiele.<br />
Bodenaufbau<br />
Der Bodenaufbau beschreibt die oberste, belebte Schicht der Erdoberfläche.<br />
Er entsteht aus mineralischen und organischen<br />
Bestandteilen durch physikalische, chemische und biologische<br />
Prozesse. Je nach Ausgangsmaterial und Bodenbildungsprozessen<br />
bilden sich unterschiedliche Böden mit typischen Schichtabfolgen<br />
heraus. Auch Nutzungen beeinflussen die Bodenbildung<br />
und deren weitere Entwicklung.<br />
Ausgangspunkt für die Bodenbildung ist geologische Entwicklung.<br />
Bohrungen im Bereich Scharhörn/Neuwerk belegen, dass<br />
dort eiszeitliche Ablagerungen in etwa 20 bis 25 m Tiefe liegen.<br />
Über ihnen liegen etwa 7.700 Jahre alte Torfschichten von geringer<br />
Mächtigkeit. Auf den Torfen lagert Klei in einer Schichtdicke<br />
von wenigen Dezimetern bis max. 2,80 m. Darüber finden sich<br />
ungeschichtete, kalkhaltige graue Feinsande mit Muscheln, die<br />
diese Ablagerungen als Meeressedimente kennzeichnen.<br />
Durch die Ablagerung der Sedimente entstanden Sandbänke.<br />
Lagen diese Sandbänke hoch genug und erreichten sie eine ausreichende<br />
Flächengröße, so konnte der Ostwind bei gleichzeitig<br />
niedrigen Wasserständen den Boden austrocknen und den Sand zu<br />
Dünen aufwehen. Die Ansiedlung von Dünenpflanzen, vor allem<br />
von Gräsern, begünstigte diese Entwicklung noch. So begann die<br />
Entwicklung der Insel Neuwerk ähnlich wie die in jüngerer<br />
Vergangenheit gewachsene Insel Scharhörn. Im Schutz der<br />
Düneninsel entstanden beruhigte Bereiche, in denen sich auf<br />
Schlickablagerungen auch Salzwiesen bilden konnten. Noch heute<br />
finden sich auf Neuwerk Reste der ursprünglichen Dünen (an<br />
der Nordspitze, bei der Ostbake und der Ostschleuse), in deren<br />
Schutz sich Schlicklagen geringer Mächtigkeit über den<br />
Meeressanden ablagerten (insbesondere im Ostvorland).<br />
Entgegen anderslautender Darstellungen ist Neuwerk nicht als<br />
Hallig anzusprechen, d.h. als eine Insel, die über ehemaligem, im<br />
Mittelalter verlorengegangenem Kulturland aufschlickte. Die<br />
Hauptbodenarten auf Neuwerk sind Sand und sandiger Lehm,<br />
nicht Tone wie auf den Halligen. Auch gibt es auf Halligen anders<br />
als auf Neuwerk keine Dünen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Vorland<br />
Das Vorland von Neuwerk weist als Feinbodenarten überwiegend<br />
Feinsand und Lehm auf, die in Schichten sedimentiert sind.<br />
Tonige Ablagerungen sind dagegen nur in geringer Mächtigkeit<br />
entlang der Priele verbreitet. In einzelnen Linsen treten sie auch<br />
in größeren Bodentiefen auf. Auffällig ist der hohe Sandanteil im<br />
Oberboden. Besonders im Nordvorland kann sich diese sandige<br />
Deckschicht bis in über 1 Meter Tiefe erstrecken.<br />
Der Ursprung Neuwerks als Düneninsel führt dazu, dass die<br />
Böden der Insel in weiten Bereichen durch Dünenprofile gekennzeichnet<br />
sind, die durch Flugsandablagerungen entstanden sind.<br />
Sie weisen einen humusreichen Auflagehorizont von lediglich<br />
wenigen Zentimetern Stärke über grobsandigem Unterboden auf.<br />
Weit verbreiteter Bodentyp im Vorland ist der Marschboden mit<br />
der charakteristischen Horizontabfolge. Unter dem humusreichen<br />
Auflagehorizont (Ah) liegen grundwasserbeinflusste Horizonte<br />
mit Rostflecken (Go), auf die in größerer Bodentiefe Horizonte im<br />
Grundwassereinfluss mit reduzierenden Verhältnissen folgen (Gr).<br />
Eine Unterscheidung in relativ unreife Kalkmarsch oder reifere<br />
Klei-Marsch ist nicht deutlich zu treffen, zumal durch die Wasserund<br />
Sedimentzufuhr bei winterlichen Hochwässern die Bodenbildungsprozesse<br />
noch nicht abgeschlossen sind und immer wieder<br />
neu in Gang gesetzt werden. Auf den höheren Vorlandflächen<br />
können sich nur gröbere Sandpartikel ablagern, während es in tieferen,<br />
strömungsberuhigten Bereichen zur Sedimentation von<br />
feinsten Bestandteilen kommen kann. Die deutliche Horizontbildung<br />
mit wiederholter Abfolge von sandigen und feineren Substraten<br />
ist charakteristisch für Überflutungsböden (Sturmflutschichtung).<br />
Im Vorland sind diese Horizontabfolgen noch<br />
deutlich ausgeprägt, was sie als relativ junge Böden kennzeichnet.<br />
Für Deichbau- und -unterhaltungsmaßnahmen werden Gemenge<br />
von Feinbodenanteilen benötigt, die bestimmte physikalische und<br />
chemische Eigenschaften aufweisen müssen. Als gut geeignet<br />
erweisen sich in der Regel schluffige Lehme und schluffige Tone<br />
mit einem Tonanteil von 15-30% (Klei). Boden mit geringeren<br />
Tonanteilen (bis 10%) oder höheren Tonanteilen (über 30%) sind<br />
im allgemeinen aufgrund zu geringer Bindigkeit bzw. zu starker<br />
Schrumpfung bei Austrocknung weniger gut geeignet.<br />
Profilbohrungen zeigen den kleinräumigen Wechsel verschiedener<br />
Schichtfolgen (Abb. 3). Aufgrund der Geländestruktur sind<br />
strömungsberuhigte und strömungsexponierte Bereiche mosaikartig<br />
miteinander verzahnt. Dies führt zu Ablagerungen unterschiedlicher<br />
Korngrößen in benachbarten Bereichen. Eine auf die<br />
Fläche bezogene Vorhersage der Bodenart und Bodenschichtung<br />
ist daher nur bedingt möglich. Entgegen der Erwartung erlaubt<br />
die Geländestruktur somit auch keine Rückschlüsse auf das<br />
Vorkommen abbaubarer Klei-Linsen z.B. in Senken, wie entlang<br />
ehemaliger Priele oder Boden- und Sodenentnahmeflächen.<br />
Insgesamt konnten sich im Vorland von Neuwerk durch Ablagerung<br />
feiner Sedimente nur geringe Kleischichten bilden. In Bodentiefen<br />
ab ca. 30 cm unter Geländeoberfläche finden sich Klei-<br />
Linsen in Schichtdicken von durchschnittlich 30 cm bis 50 cm.<br />
Diese Klei-Vorkommen sind z.T. bereits für Deichbaumaßnahmen<br />
und für Zwecke der Deichunterhaltung abgebaut worden<br />
(siehe Abb. 1).<br />
In einigen Profilbohrungen finden sich sogenannte Verbraunungshorizonte<br />
(Bv), die vermutlich den Sommerdeich oder<br />
andere Aufschüttungen (ehemalige Wegetrassen) kennzeichnen.<br />
Binnengroden<br />
Im Binnendeichsgelände wird bereits seit mehreren Jahrhunderten<br />
landwirtschaftliche Nutzung durch Beweidung und<br />
Ackerbau betrieben. Große Bereiche des Bodens im Binnengroden<br />
sind daher bereits landwirtschaftlich überprägt und weisen<br />
charakteristische Bearbeitungsspuren (Pflugspuren und Vermischung<br />
der Horizonte) in ihren oberen Bodenschichten auf.<br />
Ehemalige, inzwischen abgebaute Kleilager befinden sich z.B.<br />
neben der Turmwurt und östlich des Mittelweges, wo in mehr<br />
oder weniger tiefen Senken Erlen wachsen. In dem Erlenwäldchen,<br />
das sich nordwestlich an die Turmwurt anschließt, sind<br />
noch die alten Gräben ("Pütten") früherer Deichbaumaßnahmen -<br />
vermutlich für die Turmwurt - vorhanden.<br />
Im Ostteil der Insel sind auch heute noch alte Prielverläufe<br />
erkennbar, in deren Randbereichen Ablagerungen feinerer<br />
Bodenbestandteile vermutet werden können. Allerdings sind auch<br />
hier durch Bewirtschaftungsmaßnahmen die natürlichen<br />
Bodenverhältnisse verändert.
Abb. 2: Bodenprofil mit<br />
Dünenprofil-Bohrstockeinschlag<br />
im Vorland von<br />
Neuwerk. Foto Körber.<br />
0<br />
50<br />
100<br />
150<br />
200<br />
A B C D E<br />
Grasnarbe z.T. Acker,<br />
Mutterboden<br />
Feinsand humos, grau<br />
Feinsand<br />
graugelb bis grau<br />
Feinsand humos, grau<br />
bis braungrau, Feinschichtung<br />
durch Schluffstreifen<br />
(Sturmflutschichtung)<br />
Fein- bis Mittelsand, gelbgrau<br />
bis hellgrau, z.T.<br />
überwehte alte Grasnarben<br />
(vermutlich Flugsand)<br />
Abb. 3: Bodenprofil mit<br />
Sturmflutschichtung-<br />
Bohrstockeinschlag in<br />
Vorlandsalzwiese von<br />
Neuwerk. Foto Körber.<br />
Klei, braungrau,<br />
stark verokert<br />
Klei, braun bis dunkelgrau,<br />
abnehmende Verokerung<br />
Mittel- bis Feinsand,<br />
gelbgrau bis hellgrau<br />
Fein- bis Mittelsand,<br />
grau bis dunkelgrau<br />
(Wattsockel)<br />
Abb. 4: Bodenprofile von Neuwerk. Nach Bohrungen des<br />
Geologischen Landesamtes (1977).<br />
D<br />
A<br />
NORDVORLAND<br />
Turmwurt<br />
C<br />
B<br />
Stärke der Sandschicht unter Geländeoberfläche<br />
1 - 24 cm<br />
25 - 49 cm<br />
50 - 74 cm<br />
> 75 cm<br />
Lage der Profilbohrungen (1 m Tiefe)<br />
Lage der Bohrstellen für die Bodenprofile<br />
des Geologischen Landesamts<br />
Kleientnahmestellen<br />
OSTVORLAND<br />
100 0 300 m<br />
E<br />
Abb. 1: Bodenaufbau von Neuwerk<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 31
Insel Neuwerk<br />
32<br />
Neuwerk wird nur von wenigen wildlebenden Säugetierarten bewohnt oder besucht. Sie sind entweder als Irrgäste auf die<br />
Insel gelangt, unbeabsichtigt eingeschleppt oder gezielt angesiedelt worden.<br />
Wildlebende Säugetiere<br />
Eine Insel wie Neuwerk ist aufgrund der deutlichen Entfernung<br />
zum Festland erwartungsgemäß arm an wildlebenden Säugetieren.<br />
Der etwa 8 km weite und wegen der ständigen Überflutungsgefahr<br />
gefahrvolle Weg über das Watt ist ein fast unüberwindbares<br />
Hindernis. Trotzdem leben auf der Insel wildlebende<br />
Säugetiere. Ihre Siedlungsgeschichte ist jedoch sehr unterschiedlich,<br />
teilweise beruht sie auf Spekulationen.<br />
Wanderungen<br />
Die meisten Säugetierarten in Mitteleuropa sind relativ sesshaft.<br />
Sie beanspruchen ein bestimmtes Revier, das sie allein oder<br />
gemeinsam mit Artgenossen bewohnen. Doch manchmal unternehmen<br />
einzelne Tiere oder kleine Gruppen weite Wanderungen.<br />
Als besondere Gründe für die Ortsveränderungen, die damit zur<br />
Ausbreitung von Arten oder Ausweitung ihres Lebensraumes beitragen,<br />
kommen insbesondere in Frage:<br />
• Veränderungen des Klimas,<br />
• Nahrungsmangel in ihrem angestammten Lebensraum,<br />
• gravierende Umwälzungen im Lebensraum nach<br />
Naturkatastrophen oder menschlichen Eingriffen.<br />
Da solche Wanderungen nicht zielgerichtet sind und die landlebenden<br />
Arten den Weg über das offene Watt oder durch das<br />
Wasser scheuen, erreichen erwartungsgemäß nur wenige Arten<br />
selbstständig die Insel Neuwerk.<br />
Einführung durch den Menschen<br />
Viel eher werden Säugetiere auf Inseln eingeschleppt, z.B. als<br />
"blinde Passagiere" in der Fracht. So sind auf vielen Inseln Nagetiere<br />
durch den Menschen unabsichtlich eingeführt worden, häufig<br />
mit katastrophalen Auswirkungen für die heimische Tier- und<br />
Pflanzenwelt. Auch im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> gibt es dafür<br />
Beispiele: So gelangten 1949 Ratten mit Buschwerk nach<br />
Scharhörn und vernichteten in den Folgejahren nahezu die<br />
gesamte Bodenbrut der Vögel. Es bereitete große Mühe, die Ratten<br />
wieder von der Insel zu entfernen.<br />
Einige Arten werden auch gezielt von Menschen angesiedelt.<br />
Neben den Haustieren sind dies vor allem jagdbare Wildtiere. In<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
den sechziger Jahren wurden von den Neuwerker Jägern Fasane,<br />
Hasen und Rebhühner ausgesetzt.<br />
Heimisch gewordene Säugetierarten auf Neuwerk<br />
Gelangen Tiere nach Neuwerk, sei es absichtlich oder zufällig,<br />
muss die Insel die für die jeweilige Art geeigneten Lebensräume<br />
aufweisen, um eine längerfristige oder dauerhafte Ansiedlung zu<br />
ermöglichen. Bisher gelang es nur wenigen Arten auf der Insel<br />
Fuß zu fassen. Eine erfolgreiche Ansiedlung gelang Anfang der<br />
sechziger Jahre z.B. mit dem Feldhasen, der neben den ebenfalls<br />
eingeführten Fasanen das einzige jagdbare Wild auf der Insel darstellt.<br />
Der auf der "Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands"<br />
bereits als gefährdet eingestufte Feldhase ist auf dem Festland<br />
Abb. 1: Feldhasen im Neuwerker Vorland. Foto Hecker.<br />
insbesondere durch die fortschreitende Intensivierung in der<br />
Landwirtschaft, durch die Flurbereinigung und durch den Einsatz<br />
von Pestiziden im Bestand rückläufig. Nach der erfolgreichen<br />
Ansiedlung bewohnt er heute mit einer Dichte von über zwei<br />
Tieren pro Hektar im Inselkern die kleinräumig strukturierten<br />
landwirtschaftlich genutzten Flächen und darüber hinaus auch das<br />
Vorland bis hinunter zur Wattkante. Erst in den letzten Jahren ist<br />
Abb. 2: Schermaus. Foto Limbrunner<br />
deutlich erkannt worden, dass unbeweidete Salzwiesen einen<br />
idealen Lebensraum für Feldhasen darstellen. Man nimmt sogar<br />
an, dass Salzwiesen inzwischen zu den am dichtesten besiedelten<br />
Hasenbiotopen in Deutschland gehören. Die in den Salzwiesen<br />
lebenden Hasen sind jedoch im besonderen Maße durch<br />
Sturmfluten gefährdet, da sie ganz offensichtlich bei schnell einsetzenden<br />
hohen Wasserständen die Orientierung verlieren und<br />
ertrinken, obwohl sie gute Schwimmer sind.<br />
Auch die Hausmaus, eine weltweit verbreitete Art, ist zu den auf<br />
Neuwerk heimischen Säugern zu zählen. Zeitweise tritt sie sogar<br />
massenhaft auf der Insel auf. Sie gehört sicherlich zu den unbeabsichtigt<br />
auf Neuwerk eingeschleppten Arten.<br />
Die Waldspitzmaus ist der einzige Insektenfresser unter den<br />
Säugetieren, der Neuwerk erobert hat. Weitere Insektenfresser<br />
wie Igel, Maulwurf und andere Spitzmausarten fehlen auf<br />
Neuwerk. Die Waldspitzmaus ist mit einer stabilen Population,<br />
aber weitaus weniger zahlreich als die Hausmaus, auf der Insel<br />
vertreten.<br />
Als häufigste Säugetierart Neuwerks ist die Schermaus zu nennen.<br />
Sie ist mit Ausnahme der ursprünglich nur in Nordamerika<br />
beheimateten und zu Beginn unseres Jahrhunderts in Europa ausgesetzten<br />
Bisamratte, die größte europäische Wühlmausart. Die<br />
Schermaus ist im Neuwerker Vorland besonders häufig anzutreffen<br />
und wird, sobald sie Schäden an den Deichanlagen verursacht,<br />
im Rahmen der Unterhaltung der Hochwasserschutz-
anlagen intensiv bekämpft.<br />
Vermutlich ist auch die Feldmaus auf Neuwerk beheimatet.<br />
Nachgewiesen wurde dieser Kleinsäuger allerdings bis jetzt noch<br />
nicht lebend, sondern lediglich in Eulengewöllen auf Neuwerk. Es<br />
ist aber nicht absolut sicher, dass die Eulen ihre Beute auf<br />
Neuwerk gefangen haben. Es könnte sich unter Umständen um<br />
auf dem Festland lebende Mäuse gehandelt haben.<br />
Abb. 3: Feldmäuse an ihrem Bau. Foto Limbrunner<br />
Man könnte annehmen, dass flugfähige Säugetierarten es leichter<br />
hätten, nach Neuwerk zu gelangen. Bislang ist jedoch erst eine<br />
Fledermausart, die Breitflügelfledermaus auf der Turmwurt nachgewiesen<br />
worden. Diese Art wird auf der "Roten Liste gefährdeter<br />
Tiere Deutschlands" auf der Vorwarnliste geführt. Sie ist damit<br />
noch nicht gefährdet, aber es steht zu befürchten, dass sie innerhalb<br />
der nächsten 10 Jahre gefährdet sein wird, wenn bestimmte<br />
Faktoren weiterhin wirken. Die Breitflügelfledermaus ist typisch<br />
für dörfliche Gebiete und könnte in den alten Gebäuden und<br />
großen, alten Bäumen auf der Turmwurt einen ihr zusagenden<br />
Sommer- und auch Winterlebensraum finden. Trotzdem ist sie auf<br />
Neuwerk bislang nur selten beobachtet worden, doch stehen<br />
regelmäßige Untersuchungen hierzu noch aus.<br />
Kurzzeitige Besucher der Insel<br />
Auch die Verschleppung einzelner Tiere auf die Insel ist belegt. So<br />
wurde z. B. im Jahr 1993 ein Hermelin gesichtet, das sich während<br />
des Sommers im Innen- und Außengroden, an der Wattkante und<br />
den Buhnen aufhielt. Das Hermelin gilt als guter Schwimmer. Man<br />
vermutet, dass es mit Prickenladungen per Schiff, gewissermaßen<br />
als "Blinder Passagier", auf die Insel gelangte.<br />
Weitere Besonderheiten sind einzelne Rehe und eine Bisamratte,<br />
die sich nach Neuwerk verirrten und so als sogenannte Irrgäste für<br />
wenige Stunden oder Tage auf der Insel beobachtet werden konnten.<br />
Diese beiden Arten sind damit wohl die einzigen, die selbstständig<br />
nach Neuwerk gelangen konnten, haben hier aber keinen<br />
geeigneten Lebensraum gefunden.<br />
Beutegreifer, wie z. B. Fuchs, die eine Gefahr für die Vogelwelt<br />
darstellen können, fehlen auf Neuwerk gänzlich. Da auch andere<br />
Nesträuber wie Igel nicht auf der Insel heimisch sind, sind die<br />
großen Seevogelkolonien relativ ungefährdet. Auch die Aufzuchtsrate<br />
der Hasen dürfte vom Fehlen der Beutegreifer profitieren. An<br />
die Stelle standorttreuer natürlicher Beutegreifer treten auf<br />
Neuwerk neben durchziehenden Greifvögeln auch wildernde<br />
Hauskatzen, die zumindest binnendeichs auch Vögel erbeuten. Die<br />
wildernden Katzen werden im Rahmen der Verpflichtung zur<br />
Ausübung des Jagdschutzes während der Jagdausübung zur Bestandsregulierung<br />
der Hasen regelmäßig geschossen.<br />
Abb. 4: Breitflügel-Fledermaus. Foto Limbrunner<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 33
Insel Neuwerk<br />
34<br />
Die frühe Verbindung der Insel Neuwerk mit der Stadt Hamburg und ihre besondere Bedeutung für den aufstrebenden<br />
Hafen der Hansestadt als Vorposten in der Elbe-Mündung haben dazu geführt, dass das Schicksal der Insel und die Begebenheiten<br />
um sie herum vergleichsweise umfangreich dokumentiert sind. Der vorliegende Ausschnitt aus der Chronik<br />
Neuwerks zeigt, wie sehr das Schicksal der Insel einerseits mit der hamburgischen Geschichte und andererseits mit den<br />
Sturmfluten der Nordsee bis in die jüngste Zeit verbunden ist.<br />
Neuwerker Inselchronik<br />
Um 950 Der erste sächsische Geschichtsschreiber<br />
Widukind beschreibt die Besiedlung des Landes<br />
,,Hadolaun” durch die Sachsen.<br />
1286 Erstmalige Erwähnung der ,,0”, die dem Land<br />
Hadeln zugeordnet wird.<br />
Die unbedeichte zu Land Hadeln gehörige Insel<br />
wird während der Heringsfangzeit von Kaufleuten<br />
aus Bremen, Stade und Hamburg als Fischmarkt<br />
aufgesucht. Erste Erwähnung des Planes der Errichtung<br />
eines Seezeichens durch Hamburg.<br />
1299 1. Nov.: Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg geben<br />
als Landesherren von Hadeln der Stadt<br />
Hamburg die Erlaubnis, auf der Insel ein ,,Werk”<br />
zur Kennzeichnung der Elbmündung zu errichten.<br />
Die entscheidenden Verhandlungen finden in<br />
Mölln statt.<br />
Abb. 1: Elb-Karte von Melchior Lorich, 1568, Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
1300–1310 Der Rat der Stadt Hamburg lässt unter finanzieller<br />
Beihilfe Lübecks auf der Insel den heute noch<br />
stehenden Turm zur Kennzeichnung der Elbmündung<br />
als Seezeichen und zugleich Festungswerk<br />
errichten.<br />
1316 April: Der hamburgische Rat schließt zum Schutze<br />
des Turmes mit den Ratgebern der friesischen<br />
Marsch Land Wursten ein Verteidigungsbündnis.<br />
1319 22. Juni: Der noch heute bestehende Friedhof der<br />
Insel wird durch einen Bischof und drei Geistliche<br />
geweiht.<br />
1349 2. Febr.: Die Edelherren Lappe, Burgherren zu<br />
Ritzebüttel und Grundherren in den Hadeler<br />
Kirchspielen Altenwalde und Groden, verpflichten<br />
sich gegen Hamburg, die Schifffahrt auf der<br />
Niederelbe zu beschirmen. Der Vertrag wird in<br />
Neuwerk Ritzebüttel<br />
den folgenden Jahren mehrmals erneuert.<br />
1376-1379 Ein Brand verursacht am Holzwerk und Dach des<br />
Neuwerker Turmes größeren Schaden. Nach<br />
Besichtigung durch zwei Hamburger Ratsherren<br />
werden größere Reparaturarbeiten ausgeführt.<br />
Neben dem Turm werden Viehställe, ein<br />
“Haubarg” und eine Windmühle gebaut.<br />
1393 12. Juli: Nach einem Überfall der Ritter Lappe auf<br />
die Insel erneuert der Hamburger Rat das mit den<br />
Ratgebern des Landes Wursten geschlossene<br />
Bündnis gegen sie. Gemeinsam erobern<br />
Hamburger und Wurster deren Burg Ritzebüttel.<br />
1394 1. Aug.: Beim Friedensschluss nach der Fehde treten<br />
die Edelherren Lappe ihre Grundherrschaft in<br />
den Hadeler Kirchspielen Altenwalde und Groden<br />
mit der Burg Ritzebüttel an Hamburg ab. Aus der<br />
Gerichts- und Grundherrschaft der Lappes bildet<br />
Hamburg das Amt Ritzebüttel. Dem hamburgischen<br />
Ratsherrn und Amtmann zu Ritzebüttel<br />
wird die Insel Neuwerk unterstellt. Seit etwa 1400<br />
ist ein Vogt dort sein Vertreter.<br />
1431 22. Febr.: In der Fehde zwischen Hamburg und<br />
Dithmarschen wegen Radelef Kersten überfallen<br />
und plündern die Dithmarscher Neuwerk, ohne<br />
den Turm zu erobern.<br />
1460/1461 Durch bauliche Instandsetzung des Turmes und
der übrigen Gebäude entstehen größere Ausgaben<br />
für die Hamburger Kämmerei. Bleidecker,<br />
Schmiede, Ziegler und andere Handwerker arbeiten<br />
bis zu dreizehn Wochen auf der Insel unter<br />
Aufsicht des Vogtes Ludekin van Rode.<br />
1536 Der Neuwerker Vogt Bernd Beseke wird wegen<br />
schweren Seeraubs mit dreien seiner Knechte in<br />
Hamburg enthauptet. Als sein Nachfolger wird<br />
Ratsherr Willehad Wiese durch den Ratsherrn<br />
Dithmar Koel in Neuwerk als Amtmann eingeführt.<br />
1554/55 Neben dem Turm wird eine neue Viehtränke mit<br />
erhöhtem Wall (,,Soot”) gegen die Meeresflut<br />
unter Aufwand von 636 lübischen Pfund durch die<br />
hamburgische Kämmerei angelegt.<br />
1556 - 1559 Unter Aufsicht des hamburgischen Bürgermeisters<br />
Memo von Eitzen und des Neuwerker Vogtes<br />
Joachim Schröder entsteht der erste Deich der die<br />
Insel, für dessen Bau die Kämmerei in drei Jahren<br />
hohe Summe von etwa 6134 lübischen Pfund aufbringt.<br />
1568 Auf der im Auftrage des Rates durch den Maler<br />
Melchior Lorichs hergestellten Elbkarte ist zum<br />
ersten Male die Außenelbe mit der Insel Neuwerk<br />
dargestellt.<br />
1572 Das eingedeichte Land und die Graserei des<br />
Außendeiches werden durch die hamburgische<br />
Kämmerei je zur Hälfte dem Vogt Sebastian Ruhe<br />
und den drei Erbpächtern Nanne Heerßen,<br />
Helmcke Schmidt und Hinrick Joelssen verpachtet,<br />
die bis Ostern 1574 ihre Hofwurten am Norddeich<br />
fertigzustellen haben.<br />
1575 Bei der Südwestecke des Deiches werden zwei<br />
Fischerhäuser errichtet. Die Bewohner versehen<br />
auch den Lotsendienst in den Gewässern bei der<br />
Insel.<br />
1625 21. Jan., 10. u. 16. Febr.: Hohe Sturmfluten mit<br />
Eisgang, die auf der Insel gewaltige Schäden<br />
anrichten.<br />
1626 30. Juli: Die Insel wird durch Söldner des Markgrafen<br />
Christian Wilhelm von Brandenburg, der<br />
das Schloss Ritzebüttel besetzt hat, gebrandschatzt,<br />
jedoch der Turm nicht eingenommen.<br />
1628 Sept.: Die Absicht des kaiserlichen Generals Tilly,<br />
dessen Kriegsvolk das Amt Ritzebüttel besetzt<br />
hält, auch Neuwerk einzunehmen, wird durch<br />
Nebel vereitelt.<br />
1644 Auf dem nördlichen Deichvorland wird eine hölzerne<br />
Feuerblüse zur Aufnahme eines Kohlenfeuers<br />
erbaut, das in den Winternächten als<br />
Leuchtfeuer brennt.<br />
1717 24./25. Dez.: Die Weihnachtsflut überflutet die<br />
Insel und richtet am West- und Norddeich schwere<br />
Schäden und Deichbrüche an. Zwölf Einwohner<br />
kommen in den Fluten um. Alles Vieh<br />
ertrinkt. Claus Tiedemanns Mittelhof und Claus<br />
Höpckes Fischerhaus werden ,,weggespület”.<br />
1718 25. Jan./25. Febr.: Erneute Sturmfluten; zum<br />
Schutz wird ein Notdeich um die Hochstelle<br />
Abb. 2: Leuchtfeuer auf dem Neuwerker Turm. Foto Körber.<br />
gebaut. Anschließend erfolgt die Wiederherstellung<br />
der Deiche mit Hilfe der hamburgischen<br />
Kämmerei, des Amtes Ritzebüttel und durch<br />
kirchliche Kollekten.<br />
1723 Dez.: Ein Schwarm von 18 Walen verendet auf<br />
Watt und Sänden bei Neuwerk; sie werden von<br />
Neuwerker, Duhner, Blankeneser und Altonaer<br />
Fischern abgespeckt.<br />
1751 11. Sept.: Bei einer schweren Sturmflut bricht der<br />
Neuwerker Deich an der Südwestecke beim<br />
Fischerhaus; zu beschleunigter Ausbesserung<br />
werden vom Ritzebüttler Amtmann Einwohner<br />
der Küstendörfer Duhnen, Döse und Stickenbüttel<br />
mit Sturzkarren dorthin geschickt.<br />
1756 7. Okt.: Bei schwerem Sturm wird die Insel überschwemmt;<br />
im Süddeich entsteht ein Grundbruch;<br />
das Turmdach verliert 1300 Ziegel; viele Häuser<br />
werden beschädigt.<br />
1791 22. März u. 1792, 11. Dez.: Schwere Sturmfluten<br />
verursachen bedeutende Schäden auf der Insel, die<br />
in den nächsten Jahren ausgebessert werden.<br />
1795-1797 Zum Schutz des Deiches wird an der Südwestecke<br />
beim Fischerhaus eine 900 m lange eichene Pfahlwand<br />
erbaut. 1795 wird für Wattschiffe südlich<br />
von Neuwerk durch die Kinderbalje infolge häufigen<br />
Verkehrs von Weser Jade und Ems auch die<br />
durch Stickers Gatt unfern der Duhner Küste in<br />
das Elbwasser führende Fahrrinne mit Buschbaken<br />
besteckt.<br />
1814 Nach Abzug der Franzosen beziehen die<br />
Neuwerker ihre Wohnstellen wieder.<br />
1814 20. Dez.: Auf dem Turm brennt zuerst das durch<br />
die Hamburger Optische Anstalt von Joh. G.<br />
Repsold eingerichtete Laternenfeuer als Nachtsignal.<br />
Daneben brennt noch das alte Kohlenfeuer<br />
der Blüse, für die ein besonderer Kohlenhafen die<br />
aus Schottland eingeführte Kohle aufnimmt.<br />
1815 Für die bisherige Feuerblüse wird am Norddeich<br />
ein kleiner Leuchtturm errichtet. Die durch die<br />
Feuer des großen und kleinen Turms bezeichnete<br />
nordwestliche Linie gibt den einsegelnden Schiffen<br />
den Kurs auf die Elbmündung. Für beide<br />
Feuer werden je zwei Blüsener angestellt.<br />
1816 Auf der lnsel leben 42 Menschen. Der Viehbestand<br />
beträgt: 30 Pferde, 132 Rinder, 5 Schweine<br />
und 136 Schafe.<br />
1825 3./4. Febr.: Die Sturmflut bricht und beschädigt<br />
den äußeren und inneren Deich, insbesondere an<br />
der Nordseite. Während die Bewohner sich auf<br />
den Turm retten können, kommt alles Vieh in den<br />
Fluten um. Nur ein Haus bleibt bewohnbar. Alle<br />
Brunnen sind voll Schlamm und Salzwasser. Hilfe<br />
für Neuwerk erfolgt durch hohe Sammlungsspenden<br />
aus Hamburg und England.<br />
1827 12. Juni: Ein neben dem Turm erbautes kleines<br />
Schulhaus, dessen Schulstube auch als Betsaal<br />
dient, wird durch Pastor Weiß aus Döse eingeweiht.<br />
1839 Die Insel erhält ein staatliches Rettungsboot.<br />
1867 Es wird eine neue Bergungsordnung für Neuwerk<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 35
Insel Neuwerk<br />
36<br />
erlassen, die in fünf Sprachen für die Schiffsführer<br />
bekanntgemacht wird.<br />
1870 30. Juli: Über das von Cuxhaven/Duhnen nach<br />
Neuwerk gelegte Telegraphenkabel wird die erste<br />
Depesche durchgegeben.<br />
1873 1. Dez.: Die Insel wird eine Landgemeinde mit<br />
einem Ortsvorstand von drei Personen nach der<br />
Hamburgischen Landgemeindeordnung.<br />
1875 Die Einwohnerzahl beträgt 54. Der Osthof wird<br />
in zwei Halbhöfe aufgeteilt.<br />
1885 4. Juni: Das 1815 eingerichtete Feuer des kleinen<br />
Leuchtturms wird eingestellt.<br />
1905 Das am Ostdeich erbaute Hotel ,,Zur Meereswoge”<br />
gewährt Badegästen Aufenthaltsmöglichkeit.<br />
Neuwerk wird Erholungsort und Seebad.<br />
1906 12.u. 13. März: Eine hohe Sturmflut schlägt<br />
Wellen über die Deiche, die standhalten, jedoch<br />
Beschädigungen aufweisen. Alle Gräben und<br />
Tränken, mit Ausnahme des Turmteiches, füllen<br />
sich mit Seewasser.<br />
1911 Die Außenmauer des Leuchtturms wird mit einem<br />
Kostenaufwand von 17000 Reichsmark durch<br />
Hamburg gründlich ausgebessert und erneuert.<br />
1912 Juli: Das mit einem Kostenaufwande von 30 000<br />
Reichsmark errichtete Schulgebäude am Norddeich<br />
wird in Benutzung genommen. Es liegt an<br />
der Stelle des früheren kleinen Leuchtturms, dessen<br />
Wärterhaus seit 1887 als Schule diente.<br />
1914-1918 Während des ersten Weltkrieges ist die Insel<br />
militärisch besetzt. Nach dem Kriege erbaut die<br />
Kriegsmarine an Stelle von Holzständen vier<br />
Beobachtungsstände in Ziegelstein am Deich.<br />
1916 13. Jan. u. 16. Febr.: Hohe Sturmfluten treiben auf<br />
Neuwerk die Wogen über die Deiche.<br />
1925 Für hamburger Schulkinder, die vorher behelfsmäßig<br />
im Turm untergebracht waren, wird das bisherige<br />
Vorwerksgebäude als Schulheim eingerichtet.<br />
1926 Ein mit einem Windmotor betriebenes Elektrizitätswerk<br />
für die Insel wird in Betrieb genommen,<br />
das auch an Stelle des Petroleumglühlichts<br />
Strom für das Leuchtfeuer des Turmes liefern<br />
kann.<br />
1926 Erste Naturschutzmaßnahmen (Sandfangzäune<br />
und Anpflanzungen) zur Sicherung der Dünen<br />
plate Scharhörn (initiiert durch das Bemühen des<br />
Insellehrers Gechter).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
1931 Der steinerne Ring um das Vorland des Deiches<br />
wird vollendet. Der hamburgische Staat hat darin<br />
vier Schleusen zum Durchlass der Hauptpriele<br />
erbauen lassen.<br />
1932-45 Ein Barackenlager des Arbeitsdienstes befindet<br />
sich auf der Insel. Die Arbeitsmänner helfen bei<br />
Uferschutzarbeiten, Erdarbeiten am Außendeich<br />
und bei Landgewinnungsarbeiten auf dem Watt im<br />
Südosten der Insel. Nach dem Abbruch der Arbeiten<br />
im Jahre 1945 verfallen die Anlagen zur Aufhöhung<br />
des Watts.<br />
1934 Die in den Jahren 1795 bis 1797 errichtete Eichenpfahlwand<br />
vor der Südwestecke der Insel wird<br />
erneuert und erweitert.<br />
1937 1. April: Die Insel wird mit Cuxhaven und dem<br />
Amt Ritzebüttel durch das Groß-Hamburg Gesetz<br />
im Austausch anderer Gebiete von Hamburg an<br />
Preußen abgetreten. Sie wird damit ein Ortsteil<br />
der Stadt Cuxhaven.<br />
1939 1. Dez.: Verordnung über das NSG Vogelfreistätte<br />
Scharhörn (betreut vom Verein Jordsand zum<br />
Schutz der Seevögel e.V.).<br />
1939-1945 Im zweiten Weltkrieg wird auf der Insel eine Flakbatterie<br />
eingerichtet. In den Jahren 1944 bis<br />
1945 werden am nördlichen Deich durch die<br />
Kriegsmarine schwere, in Betonstände eingemauerte<br />
Küstenfestungsgeschütze eingebaut. Nach der<br />
Kapitulation erfolgt die Sprengung durch die britische<br />
Besatzungsmacht. Auf Scharhörn befindet<br />
sich eine Flakbeobachtungsstelle.<br />
1946 Auf dem Turm wird eine Vogelschutzstelle der<br />
Vogelwarte Helgoland eingerichtet, ebenso auf<br />
Scharhörn.<br />
1947 1. Jan.: Seit der Bildung des Landes Niedersachsen<br />
nach Auflösung Preußens gehört die Insel<br />
zu Niedersachsen.<br />
1949 April: Die im Gewölbe des Leuchtturms eingrichtete<br />
Turmschänke wird eröffnet. Ab 1949 verkehrt<br />
wieder regelmäßig ein Motorboot zwischen der<br />
,,Alten Liebe” in Cuxhaven und der Insel.<br />
1952 28. Juni: Bundespräsident Heuß besucht die Insel<br />
in Begleitung des niedersächsischen Ministerpräsidenten<br />
Kopf und des Cuxhavener<br />
Oberbürgermeisters Olfers.<br />
1958 Aug./Sept.: Neuwerk wird an das E-Netz angeschlossen.<br />
Mit einem durch das Watt verlegten<br />
Kabel wird die Insel jetzt vom Überlandwerk-<br />
Nord Hannover AG ständig mit Strom versorgt.<br />
Das Windkraftwerk wird stillgelegt und später<br />
demontiert.<br />
1962 16./17. Febr.: Eine der schwersten Sturmfluten seit<br />
Jahrzehnten mit einem Wasserstand von 3,60 m<br />
über Normalnull. Starke Ausspülungen außen- und<br />
binnendeichs der Insel an mehreren Stellen, vor<br />
wiegend im Nordwest-Bereich, an einigen Stellen<br />
auch Deichkronen-Ausspülungen. Bis auf einige<br />
höher gelegene Stellen und den Wurten, auf denen<br />
die Höfe stehen, wird die gesamte Insel überflutet.<br />
1962 5. Okt.: Ratifizierung des Staatsvertrages zwischen<br />
Hamburg und dem Lande Niedersachsen<br />
über den Geländeaustausch Neuwerk-Scharhörn<br />
gegen hamburgisches Hoheitsgebiet im<br />
Cuxhavener Fischereihafengelände durch<br />
Hamburgs Bürgermeister Dr. Nevermann und dem<br />
niedersächsischen Ministerpräsidenten Dr.<br />
Diederichs. Neuwerk, Scharhörn und das umliegende<br />
Wattengebiet (insgesamt 95 Quadratkilometer)<br />
fallen an Hamburg, das in diesem<br />
Gebiet den Bau eines Tiefwasserhafens plant. Das<br />
Land Niedersachsen erhält als Gegenleistung eine<br />
ca. 200 ha große Fläche für die Erweiterung des<br />
Cuxhavener Fischereihafengeländes.<br />
1963 6. Mai: Offizielle Übergabe der Insel Neuwerk<br />
von Niedersachsen an Hamburg hinsichtlich des<br />
fiskalischen Gebiets und der Gebäude gem. Staatsvertrag<br />
vom 5.10.62. Die Übertragungsurkunden<br />
werden am 7.5. in Cuxhaven ausgehändigt.<br />
1966 Indienststellung des Motorschiffes ,,Nige Ooge”<br />
durch die Reederei W. Schaal, Cuxhaven, die<br />
zuletzt mit MS ,,Christiane” den Neuwerk-Dienst<br />
durchführte. Die ,,Nige Ooge” (Länge 30 m,<br />
Breite 6,5 m, Tiefgang 1,40, 450 PS, Geschwindigkeit<br />
10,7 Kn.) kann ca. 250 Personen befördern<br />
und ist damit das größte aller bisher im Neuwerk-<br />
Verkehr eingesetzten Schiffe.<br />
1967 14.Juni/07.Aug.: Das Durchführungsabkommen<br />
zum Staatsvertrag zwischen der Freien u. Hansestadt<br />
Hamburg und dem Lande Niedersachsen<br />
wird geschlossen.<br />
1967 11. Juli: Das niedersächsische Kabinett billigt die<br />
Vorlage für das Durchführungsabkommen zum<br />
Neuwerk-Vertrag vom 5.10.62. Damit wird der
Flaggenwechsel auf der Insel Neuwerk vollzogen.<br />
1967 26. Sept.: Verordnung über das NSG Scharhörn.<br />
1968 12. Juni: Die Insel wird an das Wassernetz des<br />
Festlandes angeschlossen. Eine durch das Watt<br />
verlegte Leitung sichert von nun an die Trinkwasserversorgung.<br />
1969 1. Okt.: Der Staatsvertrag Niedersachsen-<br />
Hamburg tritt in Kraft. Mit dem Austausch der<br />
Ratifizierungsurkunden geht das Gebiet Neuwerk-<br />
Scharhörn von Niedersachsen in den Besitz der<br />
Freien- und Hansestadt Hamburg über.<br />
1970 30. Mai: Hamburgs Bürgermeister Prof.<br />
Weichmann weilt zur Begrüßung der neuen hamburgischen<br />
Bürger auf Neuwerk und vollzieht die<br />
symbolische Übernahme der Insel aus der niedersächsischen<br />
bzw. Cuxhavener Obhut in die der<br />
Freien- u. Hansestadt Hamburg.<br />
1971 11. Febr. Die hamburgischen Voruntersuchungen<br />
für das Vorhafenprojekt durch die Forschungsgruppe<br />
Neuwerk werden nach 8 Jahren abgeschlossen.<br />
1976 3. Jan.: Eine ,,Jahrhundertsturmflut” mit 10,12 m<br />
über Pegel-Null. Sie steigt noch 16 cm höher als<br />
die Februarflut von 1962.<br />
1976 20./21.Jan.: Eine zweite Sturmflut innerhalb eines<br />
Monats. 9,70 m über Pegel-Null werden in<br />
Cuxhaven gemessen. Diese beiden Fluten zerschlagen<br />
die Dünenkette an der Nordwestseite von<br />
Scharhörn.<br />
1978 Das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> wird als ein Teil<br />
des Elbe-Weser-Dreiecks durch den internationalen<br />
Rat für Vogelschutz/Sektion Deutschland als<br />
Europa-Reservat für Vögel anerkannt.<br />
1981 Auf Grund einer Anfrage in der Hamburger<br />
Bürgerschaft erklärt der Hamburger Senat, das<br />
Tiefwasserhafenprojekt zunächst nicht mehr weiter<br />
betreiben zu wollen.<br />
1982 Der Hamburger Senat stellt die Insel Neuwerk<br />
unter Landschaftsschutz, z. T. unter Naturschutz.<br />
Mit dieser Regelung wird auch der der Insel im<br />
Norden und Osten vorgelagerte ,,Kleine Vogelsand”<br />
unter Natur-, Vogel- und Landschaftsschutz<br />
gestellt.<br />
1986 Das Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven<br />
errichtet an der Westküste Neuwerks einen 52 m<br />
hohen Antennenträger zur besseren Überwachung<br />
des Schiffsverkehrs in der Elbmündung.<br />
1986 28. Okt.: Verordnung über das NSG Neuwerker<br />
und Scharhörner Watt sowie Verordnung über das<br />
NSG Insel Neuwerk/Kleiner Vogelsand.<br />
1989 Sept.: Aufspülung der Insel Nigehörn .<br />
1990 9. April: Die Hamburger Bürgerschaft verabschiedet<br />
das Gesetz zur Einrichtung eines <strong>Nationalpark</strong>s<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
1990 22. Aug.: Anerkennung des <strong>Nationalpark</strong>s als<br />
,,Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung”<br />
gemäß Ramsar-Konvention.<br />
1991 01. Okt.: Gründung der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung.<br />
1992 10. Nov.: Anerkennung des Hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es als Biosphärenreservat durch die<br />
UNESCO.<br />
1994 18. Okt.: Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit, Prof. Dr. Klaus<br />
Töpfer, besucht die Insel Scharhörn.<br />
1996 Okt.: Auf Scharhörn wird eine neue Vogelwärterhütte<br />
eingerichtet. Die neue Unterbringung wird<br />
auf Lärchenpfählen gegründet. Die sechs Wohn-<br />
Container-Elemente werden von einem Hubschrauber<br />
nach Scharhörn eingeflogen.<br />
1997/1998 Erneuerung des Staatsanlegers.<br />
1998 24. März: Der Senat empfiehlt der Bundesregierung<br />
die Anmeldung des <strong>Nationalpark</strong>es<br />
gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie gegenüber der<br />
Europäischen Kommission.<br />
1998 22. Dez.: Der Senat empfiehlt der Bundesregierung<br />
die Anmeldung des <strong>Nationalpark</strong>es gemäß<br />
der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gegenüber der<br />
Europäischen Kommission als Bestandteil des<br />
europäischen Schutzgebietssystems ,,Natura<br />
2000”.<br />
1999 Mai – 15. Juli: Ausbaggerung des Elbe-Neuwerk-<br />
Fahrwassers auf eine Tiefe ± 0 m Seekarten-Null<br />
und Verspülen der Baggermassen an das Deckwerk<br />
der Insel (Bereich Nordende der hölzernen<br />
Pfahlwand bis südlicher Anleger – ca. 750 m).<br />
1999 14./15. Juli: Der Erste Bürgermeister der Freien<br />
und Hansestadt Hamburg, Ortwin Runde, besucht<br />
Neuwerk aus Anlass des Jubiläums ,,700 Jahre -<br />
Hamburg verbunden mit Neuwerk”. Bei einem<br />
Treffen mit den Neuwerker Bürgern tragen diese<br />
ihren Wunsch nach einem <strong>Nationalpark</strong>haus für<br />
die Insel vor.<br />
2000 4. Juli: Der Senat beschließt die Errichtung eines<br />
<strong>Nationalpark</strong>hauses für die Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Umweltbildung auf der Insel Neuwerk.<br />
2000 12. Dez.: Der Senat der Freien und Hansestadt<br />
Hamburg verabschiedet einen Gesetzentwurf zur<br />
Änderung des hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>rechts<br />
einschließlich der seewärtigen Erweiterung des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s um ca. 2050 ha.<br />
2001 26. März: Umweltsenator Alexander Porschke<br />
präsentiert der Öffentlichkeit mit dem <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> die erste<br />
umfassende Darstellung des hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es und seiner Inseln seit fast 50<br />
Jahren.<br />
2001 5. April: Die Bürgerschaft verabschiedet das<br />
Gesetz zur Änderung des hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>rechts<br />
(Senatsvorlage vom 12.Dezember 2000).<br />
Quellen:<br />
° Ferdinand DANNMEYER, Erich VON LEHE & Heinrich<br />
RÜTHER (Hrsg.): Ein Turm und seine Insel - Monographie<br />
der Nordseeinsel Neuwerk. Verlag Rauschenplat Cuxhaven,<br />
1952 (unveränd. Nachdruck mit ergänzter Chronik, 1982).<br />
° Rolf HEINOLD (1982): Neuwerk ist eine Reise wert.<br />
° Gerhard SAGERT (Erscheinen unbekannt): Dünen-Insel<br />
° Berichtswesen der Umweltbehörde Hamburg, National-<br />
Eigenverlag Hamburg.<br />
Scharhörn. Robinson-Eiland zwischen Cuxhaven und<br />
Helgoland. Selbstverlag Hannover.<br />
parkverwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 37
Insel Neuwerk<br />
38<br />
Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts, als sich Hamburgs zu einem bedeutenden Handelszentrum entwickelte und die<br />
Unterelbe als Verkehrsweg immer größere Bedeutung erlangte, errichtete die Hansestadt zwischen 1301 – 1310 zur Sicherung<br />
ihres Schifffahrtsweges in den Hafen auf einer fünf Meter hohen Wurt den Wehrturm von Neuwerk (näheres siehe<br />
Seite 40-41).Von dort begann auch die ständige Besiedlung der Insel.<br />
Die bauliche Entwicklung der Inselgemeinde<br />
Die historische Besiedlung<br />
Die im Turm eingesetzten Bewacher aus Hamburg (Ratsherren)<br />
waren die ersten ansässigen Bewohner der Insel. Zuvor diente die<br />
Insel den Festlandbewohnern ausschließlich als Fischumschlagplatz<br />
und Sommerweide. Die Überlieferungen der Ereignisse um<br />
den Turm herum, der die Begehrlichkeiten der Nachbarn vom<br />
Festland und die der Seeräuber immer wieder abwehren konnte,<br />
ist allerdings erheblich besser dokumentiert als das Leben auf der<br />
Insel und die Umstände, unter denen die Inselbewohner wirtschafteten.<br />
Sicherlich standen schon bald nach der Turmerrichtung<br />
weitere einzelne Stallgebäude in unmittelbarer Anbindung,<br />
um das Vieh zumindest zeitweilig vor Witterung und hohen<br />
Wasserständen zu schützen. Es ist anzunehmen, dass sie entsprechend<br />
den damaligen Gewohnheiten in Ständerbauweise errichtet,<br />
das Fachwerk mit Weidengeflecht verfüllt und anschließend<br />
mit Lehm verstrichen wurden. Eine Füllung mit Backstein dürfte<br />
zunächst die Ausnahme gewesen sein. Von dieser Tradition zeugt<br />
heute nur noch die Vogtscheune am Fuße des Turms. Ihr<br />
Ständerwerk ist heute noch im Inneren und auf der Ostseite deutlich<br />
zu erkennen.<br />
Eine weitläufigere Besiedlung konnte erst nach Abschluss der<br />
Inseleindeichung (1556 -1568) ermöglicht werden. Hierdurch<br />
wurde die Voraussetzung für eine dauerhafte Besiedlung auf der<br />
Insel auch außerhalb der Turmwurt und ohne die ständige Gefahr<br />
vor Sturmfluten geschaffen. Die Eindeichung machte auch eine<br />
bis dahin nicht praktizierte Ackerwirtschaft möglich. Hamburg<br />
vergab im Norden der Insel drei Erbpachthöfe (Westhof,<br />
Mittelhof, Osthof), die auf Wurten direkt hinter dem Deich errichtet<br />
wurden, und räumte darüber hinaus drei Jahre später auch zwei<br />
Fischerfamilien im Süden der Insel ein Erbpachtrecht ein. Die<br />
Struktur dieser ersten dauerhaften Besiedlung auf der Insel ist bis<br />
heute erhalten geblieben, über die damaligen Baulichkeiten wissen<br />
wir jedoch wenig Spezielles. Die neuen Bewohner, Bauern<br />
und Fischer, waren gleichzeitig verpflichtet den Lotsendienst zu<br />
tätigen, Schiffbrüchige zu bergen, Strandgut einzusammeln und<br />
beim Deichschutz anzupacken. Im ständigen Kampf mit den<br />
widrigen Wetterverhältnissen und Sturmfluten, die besonders<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
nach dem großen Deichbruch im Jahr 1717 Behausungen, Vieh<br />
und Hof vernichteten, konnten auf Neuwerk keine prächtigen,<br />
dauerhaften Hofbauten und damit eigenständige Bauformen entstehen,<br />
zumal die Bewohner erst im 18. Jahrhundert ihre Pachthöfe<br />
auch als Eigentum erwerben konnten. Über Jahrhunderte<br />
musste die Bautätigkeit gegenüber dem Kampf gegen die Fluten<br />
(Erhaltung des Bestands, Deichschutz) und die weitere Sicherung<br />
für die Schifffahrt (Errichtung von Blüsen/ Baken, Leuchtfeuer)<br />
zurücktreten. Es kann daher nicht verwundern, dass aufgrund der<br />
harten Lebensbedingungen die Bevölkerungszahl selten mehr als<br />
50 Einwohner betrug.<br />
Seit Anfang dieses Jahrhunderts hat sich Neuwerk zum<br />
Erholungsort und Ausflugsziel für die Städter entwickelt. Neben<br />
der Errichtung der in rotem Backstein geklinkerten Leuchtturmwärterhäuser<br />
im Nordbereich der Turmwurt im Jahr 1904 (heute<br />
<strong>Nationalpark</strong>station und Inselladen) wurde 1905 das erste Hotel<br />
"Haus Meereswoge" als schlichter Einzelbau im Osten der Insel<br />
in Betrieb genommen (heute Schullandheim). Die touristische<br />
Entdeckung der Insel zog weitreichende Veränderungen für den<br />
Broterwerb der Einwohner nach sich, die auch zu Veränderungen<br />
der Baulichkeiten führte. Schrittweise trat die Landwirtschaft als<br />
Haupterwerb in den Hintergrund, die Höfe wurden im Dienste der<br />
Gastwirtschaft umgebaut und erweitert.<br />
Zum Baubestand sind in diesem Jahrhundert u.a. neu hinzugekommen<br />
das "neue" Schulgebäude (1911/12), das Haus "Rose"<br />
(1928), das Feuerwehrhaus (1981) sowie die Kläranlage auf der<br />
Nordspitze (1989/90); sie alle liegen in direkter Anbindung an den<br />
Deich im Norden. Nur wenig vom Deich zurückliegend wurde<br />
zuletzt 1998/99 der Pensionsbetrieb "Zum Anker" & "Nigehus"<br />
erweitert. An der Turmwurt baute der Landschaftsmaler Brodkorb<br />
nach Ende des 2. Weltkrieges ein kleines Holzhaus, welches nach<br />
einem Brand 1996 wieder neu errichtet wurde.<br />
Auch die über Jahrhunderte vom alten Wehrturm dominierte<br />
Silhouette hat sich verändert. 1988 wurde vor der Insel ein rund<br />
54 m hoher Radarturm gebaut, der wichtige Funktionen für die<br />
Verkehrssicherheit in der Elbmündung wahrnimmt. Das histori-<br />
sche Bild der Insel ist hierdurch jedoch nachhaltig gestört worden.<br />
In der Rückschau der Ereignisse lässt sich festhalten, dass bis<br />
heute die extremen Sachzwänge auf der Insel sich auch im bauliche<br />
Pragmatismus auf der Insel widerspiegeln. Diese Tradition<br />
begann mit der Errichtung des Turms selbst. Das Bauen auf<br />
Neuwerk ist durch die Schlichtheit in seiner Notwendigkeit und<br />
nicht durch einen hohen gestalterischen Anspruch geprägt. Auch<br />
die in den sechziger Jahren errichteten Verwaltungsbauten für den<br />
Deichschutz und die Planungsgruppe des Tiefwasserhafens auf<br />
bzw. dicht an der Turmwurt legen hiervon Zeugnis ab.<br />
Heutiges Bauen auf Neuwerk<br />
Die aktuelle Genehmigungspraxis wird durch das <strong>Nationalpark</strong>gesetz<br />
mit seinem allgemeinen Bauverbot sowie dem<br />
Baugesetzbuch mit seinen weit eingeschränkten Bauerlaubnissen<br />
im Außenbereich bestimmt.<br />
Es ist das gemeinsame Ziel der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung und des<br />
Bezirksamtes,<br />
• die ökologischen Erfordernisse des Naturschutzes mit den<br />
ökonomischen Interessen der ansässigen Inselbevölkerung<br />
möglichst miteinander zu vereinbaren und hierzu insbesondere<br />
die vorhandene Struktur der vorhandenen Familienbetriebe<br />
zu erhalten und zu fördern,<br />
• den mehrtägigen, "sanften Tourismus" zu fördern, und dafür<br />
den Erhalt und die Weiterentwicklung von entsprechenden<br />
Einrichtungen zu unterstützen,<br />
• dem Tagestourismus in seinem jetzigen Umfang Rechnung<br />
zu tragen und seine notwendige Versorgung zu unterstützen.<br />
In diesem Sinne wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe<br />
von Baugenehmigungen erteilt und realisiert, allerdings auch einige<br />
Anfragen zurückgewiesen (z.B. Bau von Windkraftwerken,<br />
Wochenendhäuser, etc.).<br />
Bauliche Maßnahmen werden generell einer Einzelfallbetrachtung<br />
unterzogen und beurteilt, um so das Panorama und die ortstypische<br />
Gestaltung zu pflegen und zu halten.<br />
Hierbei wird insbesondere Wert gelegt auf:<br />
• die Erhaltung der Turmdominanz im Panorama,<br />
• der Verzicht auf die Bebauung bislang unbebauter Flurstücke,<br />
• die Vermeidung von Neubauten zugunsten von Anbauten,<br />
• begrenzte Baugeschossigkeit,<br />
• die Ausführung von Giebeldächern,<br />
• die Nutzung hergebrachter witterungsfester Materialien wie<br />
z.B. roter Backstein,<br />
• den Erhalt der Turmwurt entsprechend den Richtlinien der<br />
Denkmalpflege.
Westhof<br />
Fischerhaus<br />
Mittelhof<br />
Turmwurt<br />
Osthof<br />
bis 1905 (Bestand)<br />
bis 1960 (Erweiterung)<br />
bis 1980 (Erweiterung)<br />
bis 1999 (Bestand)<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 39
Insel Neuwerk<br />
40<br />
Seit nunmehr fast 700 Jahren überragt das Wahrzeichen Neuwerks, der mächtige Wehrturm oder ganz einfach “Dat Werk”<br />
genannt, weithin das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong>. Dieses älteste noch in seiner ursprünglichen Form erhaltene Gebäude an<br />
der deutschen Nordseeküste hat der Insel ihren Namen gegeben und zugleich ihre Geschichte bestimmt. Aus der noch im<br />
13. Jahrhundert bezeichneten “Nige O” (neue Insel) wurde “Nige Werk” (Neues Werk).<br />
Der Neuwerker Turm<br />
Entstehungsgeschichte und Errichtung<br />
Die Umstände, die zum Bau des Turms führten, sind gut bekannt,<br />
waren sie doch für die bereits zum Ende des 13. Jahrhundert aufstrebende<br />
Stadt Hamburg von vitalem Interesse. Um die Mündung<br />
der Elbe und damit den ungehinderten Zugang zum Handelshafen<br />
Hamburgs zu gewährleisten, sicherte sich die Hansestadt<br />
durch einen 1299 in Mölln geschlossenen Vertrag mit den<br />
Herzögen von Lauenburg als Landesherren der Region Hadeln,<br />
das Recht ein ,,Werk” auf der Insel ,,Nige O” zu errichten, um die<br />
Elbmündung sowohl mit einem Seezeichen als auch durch eine<br />
militärische Präsenz zu sichern.<br />
Der Bau des Turms selbst wurde schon in den Jahren 1300-1310<br />
auf der höchsten Stelle der Insel und mit bedeutender finanzieller<br />
Unterstützung der hanseatischen Partnerstadt Lübeck durchgeführt.<br />
Der fast 30 m hohe und mit rotem Backstein verblendete<br />
Bau erinnert in der Ausführung und ursprünglichen Ausstattung<br />
gemeinsam mit dem auf dem gegenüberliegenden Festland<br />
Ritzebütteler Schlossturm deutlich an die im Mittelalter in Mitteleuropa<br />
weithin üblichen normannischen Turmhäuser (sogenannte<br />
,,Donjons”), die als wehrhafte Burgen errichtet wurden. Beide<br />
Türme zählen in ihrer besonderen Ausführung zu den ältesten und<br />
noch erhaltenen abendländischen Burganlagen.<br />
Der Neuwerker Turm ruht in rund 4,5 m Tiefe auf einem 3 m<br />
mächtigen Fundament aus unbehandelten Felsblöcken, die wiederum<br />
auf einem hölzernen Schwellrost gelagert wurden. Durch<br />
eine Kantenlänge von 13,8 m und der sich nach oben von 2,8 m<br />
bis 1,5 m verjüngenden Mauerdicke entstanden über sechs teilweise<br />
sehr unterschiedlich ausgestattete Etagen Nutzflächen mit<br />
einer Größe von 65 bis 90 m 2. Die beiden unteren Geschosse wurden<br />
jeweils als 2,5 m bzw. 3,5 m hohe Kreuzgewölbe in der<br />
Deckenkonstruktion erstellt. Sie dienten wahrscheinlich ursprünglich<br />
zur Unterbringung von Strand- und Handelsgut, das<br />
untere Geschoss vielleicht auch als Gefängnis. Die darüber liegenden<br />
Etagen wurden mit Holzdecken, die auf mächtigen<br />
Balken ruhten, ausgestattet und dienten teilweise der Unter-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Abb. 1: Zeitgenössische Darstellung Neuwerks. Stahlstich von Paul<br />
Ahrens (ca. 1845) nach einer Zeichnung von Johann Heinrich Sander.<br />
Privatbesitz.<br />
bringung der (mindestens zehn Mann starken) Turmbesatzung,<br />
die bis ca. 1400 nicht nur den Turm bewachte, sondern auch für<br />
Hamburg den von den vorbeifahrenden Schiffen zu erbringenden<br />
Wegezoll (,,werktolen”) eintrieb. In den mittleren Etagen residierten<br />
die Hamburger Ratsherren, wenn sie die Insel besuchten.<br />
Sie werden deshalb bis heute ,,Senatsetagen” genannt und zeichnen<br />
sich im Vergleich zum dritten und sechsten Geschoss durch<br />
eine großzügigere Deckenhöhe aus.<br />
Das flache Dach des Turmes wurde ursprünglich überspannt von<br />
einem bleiernen, ab 1474 kupfernen und seit dem 16. Jahrhundert<br />
mit einem vom roten Ziegel gedeckten Zeltdach, welches den flachen<br />
Deckenboden an der gemauerten Brüstung aussparte. Damit<br />
war eine Rundumbegehung und –ausschau für die Turmbewacher<br />
in allen Himmelsrichtungen möglich.<br />
Das gesamte Gebäude war - abgesehen von den mächtigen<br />
Mauern - als wehrhafte Bastion ausgelegt. So wurde, um den<br />
Turm auch mit einer vergleichsweise kleinen Mannschaft wirkungsvoll<br />
verteidigen zu können, der Eingang in die luftige Höhe<br />
des dritten Geschosses verlegt. Der Zutritt war damit zunächst<br />
nur über eine einfache und im Notfall wohl auch einziehbare<br />
Leiter möglich. Die für den Lebensunterhalt notwendigen<br />
Warenwurden wahrscheinlich mit Hilfe eines außen angebrachten<br />
Windengestells durch eine (bis heute erhaltene) als doppelte<br />
Flügeltür genutzte Öffnung ins fünfte Geschoss transportiert.<br />
Zwischen 1372-75 wurde der Turm durch einen Feuerbrand<br />
beschädigt und in den darauf folgenden Jahren bis 1379 wieder<br />
hergestellt. Inwieweit er durch diese Baumaßnahmen verändert<br />
wurde, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Die älteste erhaltene<br />
Darstellung des Turms findet sich in der von Melchior Lorichs im<br />
Jahr 1568 gefertigten Elbkarte (siehe Seite 34).<br />
Der Wehrturm wird zum Leuchtturm<br />
Über die Jahrhunderte stieg die Bedeutung der Elbe als<br />
Handelsweg für das Hinterland, insbesondere für die Stadt<br />
Hamburg und weitere am Strom liegende Städte stetig an, so dass<br />
man sich gezwungen sah, in der Elbemündung Seezeichen für die<br />
Sicherheit der Handelsschiffe einzurichten. Dazu gehörten nicht<br />
nur Tonnen oder Pricken, sondern auch in der Nacht beleuchtete<br />
Zeichen. Seit 1644 wurde deshalb im Neuwerker Vorland ein in<br />
der Nacht weithin sichtbares offenes Seezeichenfeuer auf einem<br />
erhöhten Holzgestell - eine sogenannte ,,Blüse” - betrieben. 1814<br />
wurde der Turm selbst dann in seiner Funktion zum Leuchtturm<br />
umgebaut und löste die Blüse in ihrer Funktion ab. Das Zeltdach<br />
wurde abgebaut und statt dessen ein 12 m hoher Leuchtfeuer-<br />
Aufbau (ohne Windrose) mit einem Metallreflektor installiert.<br />
1892 erhielt der Turmkopf nach weiteren Umbauten eine mannshohe<br />
Fresnel-Glaskörperlinse, die bis heute das Licht über 30 km<br />
weit streut. Mit dem Fortschritt der Technik wurde auch mehrfach<br />
die Lichtquelle verändert. Seit 1942 wird das Leuchtfeuer mit<br />
elektrischem Strom betrieben. Seit 1971 erfolgt der Betrieb über<br />
eine Fernsteuerung. Die unterhalb des Turms gelegenen ehemaligen<br />
Leuchtturmwärterhäuser wurden um 1904 errichtet. Sie<br />
beherbergen heute die <strong>Nationalpark</strong>station und den Inselladen.<br />
Die Bedeutung als Wehrgebäude ging mit der neuen Funktion als<br />
Leuchtturm endgültig verloren. Der hoch gelegene Eingang wurde<br />
mit einem komfortablen und später sogar vollständig überdachten<br />
Treppenaufgang ausgestattet. Doch als Nachtseezeichen<br />
sollte ,,Dat Werk” nicht lange von Bedeutung sein: Zwar wird das<br />
Leuchtfeuer noch immer in seiner ursprünglichen Funktion unterhalten,<br />
doch Satellitennavigation im modernen Schiffsverkehr<br />
und die seit 1980 am Fahrwasser eingerichteten Navigationsbaken<br />
am Elbe-Fahrwasser haben ihn längst an Bedeutung weit<br />
überflügelt.
Vom Leuchtturm zum beliebten Ausflugsziel<br />
Mit dem Einsetzen des Fremdenverkehrs an der deutschen<br />
Nordseeküste hat der Neuwerker Turm, ohne dass dies je vorgesehen<br />
war, an Bedeutung gewonnen. Die mächtige Silhouette zog<br />
regelmäßig Gäste von dem aufstrebenden Seebad Cuxhaven an.<br />
1905 wurde auch auf Neuwerk das erste Hotel (das heutige Haus<br />
“Meereswoge”) eröffnet. Mit dem Fremdenverkehr änderte sich<br />
auch die Nutzung des Turms. Seit 1949 befindet sich im oberen<br />
Geschoss mit Kreuzgewölbe eine Gastwirtschaft, das ehemalige<br />
Verlies wird als deren Lager genutzt. 1952 wurde auf der<br />
Nordseite des Turms eine mit Glas eingefasste Wendeltreppe<br />
erbaut, um der Öffentlichkeit ohne größere Probleme den Zugang<br />
zum Aussichtsrundgang zu ermöglichen. Der Weg über die 138<br />
Abb. 2: Der Neuwerker Turm von Westen gesehen mit dem von<br />
Pferdewattwagen besuchten Turmplatz (Juli 2000). Links die<br />
Vogtscheune aus dem Jahr 1854. Foto Janke.<br />
Treppenstufen lohnt sich: Von dem Ausguckumlauf der alten<br />
Turmmannschaft öffnet sich ein weiter Blick über das gesamte<br />
hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> einschließlich der Inseln Scharhörn<br />
und Nigehörn, die nahe Festlandsgrenze und die Außenelbe mit<br />
ihrem regen Schiffsverkehr. Auch die Senatsetagen wurden in<br />
ihrer Zweckbestimmung den Zeiten des Fremdenverkehrs angepasst.<br />
Seit 1997 werden sie zur Unterbringung von Inselgästen<br />
frei vermietet. Der ,,Turmbesatzung” bleiben das dritte Geschoss<br />
als Unterbringung für die den Turm und Senatsetagen betreuenden<br />
Familie sowie das sechste Geschoss zur Unterbringung des in<br />
der Gastwirtschaft tätigen Personals.<br />
Abb. 3: Dachstuhl und Laterne des Neuwerker Turms in seiner heutigen<br />
Gestalt (August 2000). Foto Janke.<br />
Abb. 4: Unterer Bereich des Neuwerker Turms (Geschoss 1-3) in der<br />
Außenansicht von Westen gesehen (Mai 1995). Der hölzerne Aufgang<br />
mit dem vorgebauten Eingangsbereich wurde erst im letzten Jahrhundert<br />
überdacht. Darunter befindet sich seit 1949 der Zugang zur<br />
"Turmschenke", rechts davon das alte hamburgische Turmwappen.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 5: Längsschnitt durch den Neuwerker Turm (von Süden gesehen,<br />
verändert nach Dannmeyer et al, 1952)<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 41
Insel Neuwerk<br />
42<br />
Die Insel Neuwerk wird zum ersten Mal im Jahre 1286 als “O”schriftlich erwähnt. Nach dem Bau des Wehrturms, dem "Werk", setzt<br />
sich der Name “Nyge Werk” durch, woraus schließlich Neuwerk wurde. Aus dieser Zeit sind bis heute einige Landschaftsbestandteile<br />
erhalten geblieben, die von einer früheren Bewirtschaftung zeugen.<br />
Zeugnisse der historischen Kulturlandschaft<br />
Die Turmwurt und ihre frühe Besiedlung<br />
Das für den Besucher Neuwerks auffälligste historische Zeugnis<br />
der Insel Neuwerk ist der Turm. Er steht seit 1924 unter<br />
Denkmalschutz. Sein Bau wurde 1310 fertiggestellt. Als Leuchtturm<br />
nahm er erst ab Dezember 1814 seinen Dienst auf. Der<br />
Wehrturm wurde auf der damals noch deichlosen Wurt (auch<br />
Hochstelle genannt), der heutigen Turmwurt, errichtet. Die auf<br />
ihnen errichteten Gebäude wurden nur noch bei schweren<br />
Sturmfluten vom Wasser erreicht. Erst 1718 wurde die Turmwurt<br />
von einem Wall umgeben, um nach den schweren Sturmfluten<br />
1717/18 wenigstens eine halbwegs vor hohen Fluten sichere<br />
Stelle auf der Insel zu haben, bevor der in Teilen zerstörte<br />
Hauptdeich wieder geschlossen und weiter erhöht wurde. Heute,<br />
nach Eindeichung der gesamten Insel, hat dieser kleine Deich<br />
jedoch seine Funktion verloren. Die Deichscharte, also die Zufahrt<br />
zum Turmgelände, ist noch heute vorhanden. Der Turm, der<br />
auch als letzter Zufluchtsort bei Sturmfluten diente, wurde damals<br />
als “Nige Werk” oder "Nyge Werk" bezeichnet und damit späterhin<br />
namensgebend für die ganze Insel Neuwerk, die zur damaligen<br />
Zeit “Nige O”, “Nyge O” oder “Nige Ocht” (“Neue Insel”)<br />
genannt wurde.<br />
Auf der Turmwurt befanden sich in früherer Zeit (Ende des 14.<br />
Jhdt. erwähnt) mehrere Neben- und Wirtschaftsgebäude, wie z. B.<br />
ein "Hauberg" (ein vom Erdboden aufgeschichteter Heustapel mit<br />
Strohdach), Viehscheune, Windmühle, Schafstall, Brauanlage<br />
und Brunnen, die nicht bis in die heutige Zeit erhalten geblieben<br />
sind. Die Vogtscheune, die anno 1854 erbaut wurde und heute als<br />
Schullandheim und Natur-Informationszentrum genutzt wird und<br />
die ehemaligen Leuchtturmwärterhäuser, eines ist die heutige<br />
<strong>Nationalpark</strong>station, sind noch heute zu bewundern und stehen<br />
zusammen mit der gesamten Turmwurt seit 1971 unter<br />
Denkmalschutz<br />
Der Süßwasserteich (Soot) auf der Turmwurt wurde vermutlich<br />
schon im 14. oder zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Viehtränke<br />
angelegt und hatte die Funktion, das Regenwasser zu sammeln.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Im Jahre 1554 wurde er vergrößert und zum Schutz gegen<br />
Hochwasser (Versalzung der Viehtränke) mit einem Wall umgeben,<br />
der noch heute erkennbar ist. Dennoch ist er mehrfach durch<br />
eindringendes Salzwasser unbrauchbar geworden. Heute ist der<br />
Salzeinfluß allerdings nicht mehr meßbar.<br />
Auch der “Friedhof der Namenlosen” ist bis heute erhalten<br />
geblieben und steht unter Denkmalschutz. Er liegt nahe der heutigen<br />
Wattwagenauffahrt. Auf diesem Friedhof wurden die unbekannten<br />
Opfer des Meeres bestattet, die die Wellen hier ans Land<br />
gespült hatten. Ein hohes Holzkreuz, auf Steinen errichtet, bildet<br />
den Mittelpunkt der Begräbnisstätte, die bereits im Frühsommer<br />
1319 von einem Bischof geweiht wurde.<br />
Hochwasserschutz<br />
Zur Hansezeit war die Insel noch nicht eingedeicht. Erst zwischen<br />
1556 und 1559 wurde aus öffentlichen Mitteln des Hamburger<br />
Staates ein Deich erbaut. Damit wurde die Dauerniederlassung<br />
von Familien möglich. Mit der teilweisen Eindeichung der Insel,<br />
die vorher hauptsächlich als Viehweide genutzt wurde, war auch<br />
der Ackerbau möglich geworden.<br />
Die bereits erwähnte sogenannte Weihnachtsflut von 1717 verursachte<br />
große Deichschäden. Der im Nordosten der Insel gelegene<br />
Weiher (Brack) zeugt noch heute von den damaligen Deichschäden<br />
dieser Flut. Nach einem Deichbruch spülte das einströmende<br />
Wasser einen tiefen Kolk aus, der sich mit den damaligen<br />
technischen Mitteln nicht überdeichen ließ. Der Deich wurde seewärts<br />
des Bracks wieder in einer charakteristischen Ausbuchtung<br />
geschlossen, um für den Deich einen standfesten Boden zu<br />
gewährleisten. Auch die zum Schutz der Insel in den Jahren 1795<br />
bis 1797 am südwestlichen Ufer errichtete Eichenpfahlwand ist<br />
als ein historisches Zeugnis anzusehen und in dieser Funktion und<br />
Form an der Nordseeküste wohl einzigartig. Sie wurde 1826 verlängert<br />
und 1934 erneuert. Sie wird heute noch gepflegt, ggf. in<br />
Teilen ersetzt und bleibt ein wesentlicher Bestandteil der<br />
Hochwasserschutzanlage.<br />
Landwirtschaft<br />
Nach der vollendeten Eindeichung wurden drei Vollhöfe als<br />
Siedlungsschwerpunkte geschaffen: Westhof, Mittelhof und<br />
Osthof. Zwischen den drei Hofstellen und dem Turmvogt ist die<br />
Bewirtschaftung des Landes und die Pflicht zur Deichunterhaltung<br />
aufgeteilt worden. Der Osthof wurde später in zwei Halbhöfe<br />
geteilt. Zwei der alten Hofstellen sind heute noch erhalten,<br />
ebenso wie die ehemalige Fischerstelle (siehe Seite 39).<br />
Allerdings sind die ursprünglichen Wurtanlagen heute nicht mehr<br />
erkennbar.<br />
Die binnendeichs in Deichnähe befindlichen, mehr oder weniger<br />
runden, Weiher sind vermutlich bereits in historischer Zeit angelegt<br />
worden. In diesen künstlichen Süßwasserauffangbecken sollte<br />
sich Regenwasser für das Vieh sammeln, ähnlich wie der Soot<br />
auf der Turmwurt. Heute sind einige von ihnen nur noch verschlammte<br />
oder schilfbestandene Tümpel.<br />
Im östlichen Teil der Insel ist, besonders nach starken<br />
Regenfällen, noch heute ein alter Prielverlauf als Senke im<br />
Grünland zu erkennen. Seit der Eindeichung der Insel steht er<br />
nicht mehr in Kontakt zur See. Bei diesem alten Prielverlauf handelt<br />
es sich vermutlich um die Kleibalje, einen von der<br />
Kinderbalje abzweigenden Priel, der von Osten in die Mitte der<br />
Insel führte. Hier soll auch ein Hafen gelegen haben, über den zur<br />
Flutzeit Baumaterialien zur Insel transportiert wurden.<br />
Um die binnendeichs gelegenen Flächen landwirtschaftlich nutzbar<br />
zu machen, wurden sie schon in früher Zeit regelmäßig<br />
begrüppt. Diese parallel verlaufenden Grüppen, flachen Gräben<br />
ähnlich, dienen der Entwässerung der Flächen. Sie sind noch heute<br />
bereichsweise vorhanden.<br />
Seefahrt<br />
Ein bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts regelmäßig begangener<br />
Weg war der “Blüsenpadd”, der noch heute diesen Namen trägt.<br />
Er zweigt nördlich der Turmwurt vom Mittelweg in Richtung<br />
Westen ab und führt dann in Richtung Norden, wo im nördlichen<br />
Außendeichsgelände von 1644 bis 1815 die Blüse stand. Das war<br />
ein auf einem 70 Fuß (ca. 21 Meter) hohes Holzgerüst stehendes<br />
Kupferbecken in dem ein offenes Kohlenfeuer als Seezeichen für<br />
die Schiffahrt brannte. Der Blüsenmeister oder Blüsener, der auf<br />
der Turmwurt wohnte, hatte mit seinen zwei Knechten für die<br />
Unterhaltung des Feuers zu sorgen.<br />
Als “technisch-historische Sachzeugen von besonderer<br />
Bedeutung” werden die Nord- und die Ostbake geführt. Die<br />
Nordbake ist bereits auf Karten von 1650 als “Große Bake”, die<br />
Ostbake seit 1750 als “Klapmützenbake” verzeichnet. Heute<br />
besitzen beide keine Funktion als Seezeichen mehr.
Nordbake<br />
Abb. 2: Die Nordbake. Foto Janke.<br />
Abb. 3: Herrengarten an der Turmwurt mit der historischen<br />
Viehtränke (“Soot”). Foto Krüger-Hellwig.<br />
Westhof<br />
Blüsenpadd<br />
Fischerstelle<br />
NORDVORLAND<br />
Mittelhof<br />
Turmwurt<br />
Friedhof der Namenlosen<br />
Abb. 1: Zeugnisse historischer Landnutzungen auf der Insel Neuwerk.<br />
Ostbake<br />
OSTVORLAND<br />
“Blüsenpadd”<br />
Brack (Wehl)<br />
Friedhof d. Namenlosen<br />
Historischer Priel<br />
“Soot”<br />
Turmwurt<br />
Viehtränke<br />
Wall<br />
100 0 300 m<br />
Abb. 3: Brack am Norddeich. Der Radarturm wurde<br />
zwischenzeitlich abgebaut. Foto Körber.<br />
Abb. 4: Friedhof der Namenlosen. Foto Graack.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 43
Insel Neuwerk<br />
44<br />
Neuwerk ist nach Jahrhunderten in einer wirtschaftlichen Randlage aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und hat sich<br />
zu einer der großen Besucherattraktionen an der Küste zwischen Weser und Elbe gemausert. Der Ausflugsverkehr nach<br />
Neuwerk und Scharhörn stellt das größte wirtschaftliche Standbein für die <strong>Nationalpark</strong>bevölkerung dar.<br />
Fremdenverkehr<br />
Entwicklung des Fremdenverkehrs<br />
Noch um 1880 galt Neuwerk als die am wenigsten bekannte<br />
bewohnte Nordseeinsel. Der Mangel an pittoresken oder landschaftlichen<br />
Reizen sowie die schlechte Erreichbarkeit (“ein<br />
schmutziger Schlick- und Wattenpfad”) seien der Grund dafür.<br />
Das änderte sich mit der Wertschätzung für die romantische<br />
Stimmung der Wattenlandschaft und der zunehmenden Erkenntnis<br />
der positiven gesundheitlichen Wirkung des Reizklimas. Im<br />
Aufwind des Bädertourismus setzte auch auf Neuwerk eine touristische<br />
Entwicklung ein, allerdings in bescheidenem Rahmen.<br />
Mit der Errichtung eines Hotels auf Neuwerk (1905) und mit der<br />
Eröffnung eines Landschulheimes zuerst (1920) im Turm, ab<br />
1925 in der Vogtscheune auf der Turmwurt, wurden wichtige<br />
historische Weichen für die weitere Entwicklung gestellt.<br />
Der Fremdenverkehr bildet bereits seit Jahrzehnten die beständige<br />
Einkommensquelle der Bevölkerung, ohne dass allerdings die<br />
Ansprüche eines Massentourismus mit ihren negativen Auswirkungen<br />
auf Umwelt, Landschaftsbild und Sozialstruktur<br />
befriedigt werden mussten. Die Insel hat ihr ursprüngliches<br />
Gesicht trotz hohen Besucherandrangs nicht verloren. Die<br />
Strukturen des Fremdenverkehrs auf Neuwerk haben sich jedoch<br />
über die Jahrzehnte verändert.<br />
Grundlagen<br />
Unter den Besuchern des <strong>Nationalpark</strong>s sind zwei Gruppen zu<br />
unterscheiden: der übernachtende Fremdenverkehr und der<br />
Tagesausflugsverkehr. Letzterer umfasst dabei alle Gäste, die sich<br />
weniger als 24 Stunden im Gebiet aufhalten und keine Übernachtung<br />
in Anspruch nehmen. In der touristisch attraktiven Küstenregion<br />
spielt der Ausflugsverkehr traditionell eine bedeutende<br />
Rolle und stellt einen wesentlichen Anteil an der Wertschöpfung<br />
dar. Auf Neuwerk tritt heute, zumindest in seinen Auswirkungen<br />
und Erscheinungen, der übernachtende Fremdenverkehr hinter<br />
dem Tagesausflug zurück.<br />
Die Schlüsselstellung im gesamten Sektor Naherholung/<br />
Fremdenverkehr nimmt bereits seit Jahren das Fahrgastschiff MS<br />
“Flipper” der Cuxhavener Reederei Cassen Eils ein, da das Schiff<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
einen wesentlichen Anteil des Ausflugsverkehrs von und nach<br />
Neuwerk bewältigt und über den Transport verschiedener<br />
Versorgungsgüter sowie von Übernachtungsgästen eine elementare<br />
Funktion in der Fremdenverkehrswirtschaft ausübt. Die<br />
Abfahrtszeiten und die Saison des Schiffes bestimmen den<br />
Tagesablauf und die Saison auf Neuwerk. Das Fahrgastschiff legt<br />
in Cuxhaven etwa ein bis drei Stunden nach Niedrigwasser ab.<br />
Nach einer Fahrtzeit von ca. 1 Stunden beträgt der Inselaufenthalt<br />
bis zu drei Stunden. Kurz nach Einsetzen des Hochwassers wird<br />
die Rückfahrt nach Cuxhaven angetreten. Die Kapazität des<br />
Schiffes umfaßt 500 Passagiere.<br />
Die einzige weitere Möglichkeit, Neuwerk zu erreichen, besteht<br />
über den Wattweg von Sahlenburg oder Duhnen, entweder zu Fuß<br />
oder mit einem Wattwagen. Von den Neuwerker Betrieben werden<br />
11 Pferdefuhrwerke eingesetzt. Von Unternehmern aus<br />
Cuxhaven wird die Insel mit Wattwagen angefahren, die noch in<br />
derselben Niedrigwasser-Periode zurückkehren müssen. Daher<br />
bleibt den Ausflugsgästen maximal 1 Stunde Aufenthalt auf der<br />
Insel. An manchen Tagen, wenn bei günstigen Tidebedingungen<br />
das Niedrigwasser morgens und abends bei guten Lichtverhältnissen<br />
eintritt, wird die Insel auch zweimal angefahren.<br />
Touristisch genutzte Räume<br />
Der Fremdenverkehr im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
konzentriert sich auf die Insel Neuwerk. Von wesentlicher<br />
Bedeutung sind weiterhin der ausgewiesene Wattweg und das für<br />
die Schiffspassage genutzte Elbe-Neuwerk-Fahrwasser. Wandermöglichkeiten<br />
bestehen zudem auf dem “Kleinen Vogelsand”.<br />
Scharhörn besitzt eine Sonderrolle, da nur angemeldete Wattwanderer<br />
die Insel besuchen dürfen. Jährlich werden etwa 2000<br />
Besucher Scharhörns gezählt, die vom dortigen Vogelwart betreut<br />
werden.<br />
Die von Cuxhaven angebotenen Schiffsfahrten zu den “Seehundsbänken”<br />
betreffen Medemgrund und Mittelgrund, außerhalb<br />
des Hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>s.<br />
Ausflugsverkehr<br />
Die Gesamtbesucherzahlen im <strong>Nationalpark</strong> unterliegen unterschiedlichen<br />
Schwankungsfaktoren. So zeichnete sich nach<br />
einem starken Anstieg zu Beginn der 1990er Jahre ein deutlich<br />
abnehmender Besuchertrend ab. Die Ursachen für die besonders<br />
hohen Besucherzahlen in den Jahren 1991/1992 sind aller<br />
Wahrscheinlichkeit nicht in erster Linie auf die Einrichtung des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s zurückzuführen. Vielmehr fällt in diesen Zeitabschnitt<br />
ein durch die Wiedervereinigung Deutschlands verstärkter<br />
innerdeutscher Reiseverkehr.<br />
Übers Jahr gesehen besuchen über 60.000 Urlauber mit dem<br />
Fahrgastschiff die Insel. Etwa ein Drittel aller Fahrgäste nutzen<br />
das Schiff für Hin- und Rückfahrt und haben, je nach Fahrplan,<br />
Abb1: MS Flipper. Foto Graack.<br />
demnach etwa 1,5 bis 3 Stunden Aufenthalt auf der Insel.<br />
Zumindest in den Hochsommermonaten nutzen die meisten Ausflügler<br />
jedoch die Möglichkeit, nur eine Tour mit dem Schiff<br />
zurückzulegen. Die Rückreise erfolgt dann entweder zu Fuß oder<br />
mit dem Wattwagen über den Wattweg nach Sahlenburg. Aufgrund<br />
der Abhängigkeit von den Tideverhältnissen ist eine starke<br />
Konzentration auf einige besonders günstige Tage zu beobachten,<br />
an denen dann das Fahrgastschiff zwei Fahrten an einem Tag<br />
anbietet, um alle Passagiere befördern zu können. An Tagen mit<br />
günstigen Niedrigwasserzeiten können dann über 2.000 Tagesgäste,<br />
zumindest für wenige Stunden, die Insel besuchen. Auch an<br />
weniger gut besuchten Tagen sind 1.000-1.600 Gäste keine<br />
Seltenheit.<br />
Übernachtender Fremdenverkehr<br />
Übernachtungen werden nur auf Neuwerk angeboten. Insgesamt<br />
stehen etwa 170 Betten in Gästezimmern, Ferienwohnungen und<br />
Appartements zur Verfügung. Dazu kommen einfache Strohlager<br />
mit rund 240 Plätzen sowie Möglichkeiten zum Campen.<br />
Weiterhin werden zwei Jugendzeltlager sowie zwei Landschulheime<br />
dauerhaft auf Neuwerk unterhalten.
Fremdenverkehr und Jahreszeiten<br />
Der Fremdenverkehr im <strong>Nationalpark</strong> wird in hohem Maße von<br />
den Jahreszeiten geprägt. Die Saison richtet sich im Wesentlichen<br />
nach dem Fahrplan des Fahrgastschiffes, das von Ende März bis<br />
Ende Oktober verkehrt. Damit beträgt die Saison etwa 240 Tage.<br />
Eine winterliche Nebensaison wird auf Neuwerk nicht angeboten.<br />
Innerhalb der Saison liegt das Schwergewicht in den (Ferien-)<br />
Sommermonaten Juli und August. In einzelnen Jahren wurden<br />
auch im Juni hohe Besucherzahlen verzeichnet.<br />
Neben der saisonalen Schwankung kann auch eine kurzzeitigere<br />
Rhythmik festgestellt werden: Abhängig von günstigen Tidezeiten<br />
liegen etwa vierzehntäglich günstige Termine für eine<br />
kombinierte Wattwanderung/Schiffspassage. In den dazwischenliegenden<br />
Wochen ist dagegen die Besuchszeit der Seehundsbank<br />
für die Ausflügler attraktiver.<br />
Fremdenverkehr und <strong>Nationalpark</strong><br />
Die Motivation für einen Besuch Neuwerks hat sich gegenüber<br />
früher geändert. Wie im gesamten <strong>Wattenmeer</strong> überwiegt heute<br />
auch hier der Wunsch nach Ruhe, Erholung und Naturerleben.<br />
Die Bedeutung der gesundheitsfördernden Wirkung des<br />
Reizklimas tritt demgegenüber zurück. Von relativ geringer<br />
Bedeutung für Neuwerk ist auch der Wunsch nach sportlicher<br />
Betätigung, da die Insel hier nur geringe Möglichkeiten bietet.<br />
Für den Ausflügler und den nur wenige Tage bleibenden<br />
Kurzzeitgast ist die wichtigste Motivation jedoch eine andere:<br />
Hier geht es um das Erlebnis der Reise an sich. Die Kombination<br />
der Schiffsreise, die Wanderung über das Watt und die damit verbundene<br />
Wahrnehmung der ungehemmten Natur, das Sammeln<br />
von Watt-”Schätzen” oder die Fahrt mit dem Pferdewagen, alles<br />
das macht den besonderen Reiz für einen Besuch der Inseln<br />
Neuwerk und Scharhörn im <strong>Nationalpark</strong> aus.<br />
Jahressumme<br />
140000<br />
120000<br />
100000<br />
80000<br />
60000<br />
40000<br />
20000<br />
0<br />
1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997<br />
Abb.3: Entwicklung des Ausflugsverkehrs zur Insel Neuwerk und den<br />
Seehundsbänken in der Elbe zwischen 1988 und 1997<br />
(nach Angaben der Reederei Cassen Eils).<br />
Abb. 2: Besucherströme im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Abb.4: Wattwagen auf dem Weg zum Festland.<br />
Foto Körber.<br />
Anzahl der Fahrgäste<br />
30000<br />
25000<br />
20000<br />
15000<br />
1000<br />
5000<br />
0<br />
Jan.<br />
Feb. Mai Juni Juli Aug. März Sep. Okt. Nov. April Dez.<br />
Abb. 5: Saisonales Fahrgastaufkommen im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong>: Monatssummen der Fahrgäste im 10jährigen Mittel<br />
(1988-1997; nach Angaben der Reederei Cassen Eils)<br />
Anzahl der Fahrgäste<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
Kalenderwoche 15 18 21 24 27 30 33 36 39<br />
Abb. 6: Wöchentliche Schwankungen im Aufkommen des Ausflugsverkehrs<br />
sind abhängig von günstigen Tidezeiten für die Wattwanderung.<br />
Aufgetragen sind die Wochensummen der Passagiere des<br />
Fahrgastschiffes; aus den Fahrkarten für eine einfache Fahrt kann der<br />
Anteil an Nutzern des Wattweges errechnet werden.<br />
(Datengrundlage: 13. bis 43. Kalenderwoche 1997; nach Angaben der<br />
Reederei Cassen Eils).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 45
Insel Neuwerk<br />
46<br />
Unbedingte Voraussetzungen für ein geordnetes Leben auf Inseln ist eine funktionierende Ver- und Entsorgung.Was auf<br />
dem Festland normal und selbstverständlich erscheint, erfordert auf den Inseln oftmals spezielle Lösungen. Die Insel<br />
Neuwerk gibt hierfür ein gutes Beispiel und leistet hierdurch einen wichtigen Beitrag zur Förderung der <strong>Nationalpark</strong>ziele.<br />
Versorgung und Entsorgung<br />
Wasserversorgung<br />
Ursprünglich erfolgte die Wasserversorgung inseltypisch aus<br />
Zisternen oder “Fethingen”, in denen das Regenwasser bei den<br />
Höfen aufgefangen wurde. Später gelangte das Trinkwasser mit<br />
einem Wasserboot nach Neuwerk. Seit 1967 wird das Trinkwasser<br />
vom Festland durch eine Leitung nach Neuwerk gepumpt.<br />
Der Jahreswasserverbrauch auf Neuwerk liegt bei etwa 14.000 m 3<br />
und ist seit 1976 relativ konstant (Abb. 2). Ein besonders hoher<br />
Wasserverbrauch tritt u.a. in Jahren auf, in denen die Bewässerung<br />
des Deiches notwendig ist.<br />
Zuständig für die Wasserversorgung ebenso wie für die Abwasserentsorgung<br />
ist die Hamburger Wirtschaftsbehörde, vertreten<br />
durch das Amt Strom- und Hafenbau/Stackmeisterei Neuwerk.<br />
Abwasserentsorgung<br />
Die häuslichen Abwässer werden auf Neuwerk über eine<br />
Druckentwässerung zentral gesammelt und im Klärwerk am<br />
Nordhamm aufbereitet. Die Kläranlage ist mit einer Belebtschlamm-Anlage<br />
mit Absetzbecken, einem Schlammdepot, zwei<br />
Folien-Schönungsteichen und einem dritten Teich ohne Folie ausgerüstet.<br />
Der letzte Teich sowie der anschließende Graben dienen<br />
als Vorflut. Das Wasser wird über den Hauptsammelgraben am<br />
Mittelweg und das Deichsiel ins Vorland abgeleitet, wo es in das<br />
Prielsystem des Ostprieles mündet.<br />
Die Abwassersituation ist durch zwei Besonderheiten geprägt:<br />
• Die saisonal stark schwankenden Abwassermengen, hervorgerufen<br />
durch hohe Besucherzahlen im Sommer und geringer<br />
Einwohnerzahl im Winter, erfordert eine aufwendige Steuerung<br />
der Belebtschlamm-Anlage.<br />
• Gegenüber den Vergleichswerten von Anlagen am Festland liegen<br />
die CSB- und Phosphat-Werte deutlich höher. Als Ursache ist<br />
zum einen der vergleichsweise geringe Anteil von Haushaltsabwässern<br />
gegenüber den Toilettenabwässern bei starkem<br />
Besucheraufkommen anzusehen. Darüber hinaus spülen Nieder-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
schläge größere Mengen Vogelkot z.B. von den Dächern in die<br />
Kanalisation.<br />
Das Fahrgastschiff MS “Flipper”, das die Insel anläuft, ist mit<br />
einem Fäkalientank ausgestattet. Die Abwasserentsorgung erfolgt<br />
in Cuxhaven.<br />
Versorgungsgüter des täglichen Bedarfs, Materialtransporte<br />
Grundsätzlich stehen für Transporte von und nach Neuwerk der<br />
Wattweg und der Schiffsweg zur Verfügung. So werden Baustoffe<br />
(z.B. für Deich- und Wegeunterhaltung) in der Regel mit dem<br />
Schiff angefahren. Die Versorgung der Insel mit Gütern des täglichen<br />
Bedarfs erfolgt über den Wattweg, da Neuwerk regulär nur<br />
vom Fahrgastschiff MS “Flipper” angelaufen wird, das keine<br />
größeren Frachtkapazitäten hat und auch nur i.d.R. von Ende<br />
März bis Ende Oktober verkehrt. Somit kommt den Versorgungsfahrten<br />
mit Traktor-Gespannen die entscheidende Versorgungsfunktion<br />
für die Inselbewohner und deren Gäste zu.<br />
Abfallentsorgung<br />
Bis 1989 wurde der Abfall in einer Abfallgrube beim Klärwerk<br />
entsorgt. Seitdem liegt die Abfallentsorgung auf der Insel in der<br />
Zuständigkeit des Amtes Strom- und Hafenbau. 1989 wurde mit<br />
der getrennten Erfassung von Glas begonnen. Ab 1993 erfolgte<br />
auf privatwirtschaftlicher Basis die Mülltrennung in Restmüll,<br />
Glas, Leichtverpackungen und Papier/Pappe/Karton nach den<br />
Anforderungen des Dualen Systems Deutschland (DSD “Grüner<br />
Punkt” Abb. 3 und Abb. 4).<br />
Die einzelnen Müllsorten werden nach Trennung in den<br />
Haushalten auf der Anlage beim Klärwerk bis zur Abholung<br />
durch das Entsorgungsschiff zwischengelagert. Grünabfälle werden<br />
in hauseigenen Kompostanlagen entsorgt. Sondermüll wird<br />
in Spezialbehältern gesammelt und ebenfalls vom Entsorgungsschiff<br />
abgeholt (Abb.4).<br />
Das gesamte Abfallaufkommen schwankt zwischen 90<br />
Tonnen/Jahr (1995) und 123 Tonnen/Jahr (1993), wobei auf<br />
Restmüll etwa 70 - 90 Tonnen/Jahr entfallen. Der Abfallanfall<br />
zeigt durch das hohe Besucheraufkommen im Sommer eine aus-<br />
geprägte Saisonalität.<br />
Im öffentlichen Bereich werden Abfälle ebenfalls getrennt<br />
gesammelt (Behälter für Restmüll, Wertstoffe, Glas). Sondermüll,<br />
der z.B. bei Ölunfällen oder Chemikalienfunde im Spülsaum<br />
anfällt, wird in der Regel bis zur fachgerechten Entsorgung auf<br />
Neuwerk zwischengelagert. Das Mähgut von Deichen und<br />
Grünanlagen sowie Klärrückstände werden bei der Kläranlage<br />
kompostiert.<br />
Energieversorgung<br />
Zur Hausfeuerung und Warmwassergewinnung werden auf<br />
Neuwerk Ölheizung, Sonnenenergie, Strom und/oder Feststoffheizung<br />
sowie Wärmerückgewinnung eingesetzt.<br />
Seit 1996 wird die Insel ausschließlich per Schiff mit Heizöl versorgt,<br />
das in einem am Westdeich befindlichen Tank gelagert<br />
wird. Die Auslieferung des Heizöls erfolgt durch das Amt Stromund<br />
Hafenbau. Der Gesamtverbrauch an Heizöl beträgt etwa<br />
105.000 Liter pro Jahr.<br />
Die Stromversorgung begann 1926 mit einer Windturbine, unterstützt<br />
durch ein Dieselaggregat. 1958 wurde als Ersatz ein erstes<br />
6 kV-Seekabel verlegt und die Insel mit einem Freileitungsnetz<br />
versorgt. 1992 wurden ein neues 20 kV-Seekabel verlegt und die<br />
Freileitungen auf Erdkabel umgestellt. Die Stromversorgung<br />
erfolgt heute durch die Energieversorgung Weser-Elbe (EWE<br />
AG), vormals Überlandwerke Nord-Hannover (ÜNH).<br />
Mit ersten Projekten rationeller Energieverwendung durch<br />
Wärmerückgewinnung oder Einsatz von erneuerbaren Energiequellen<br />
wird auf Neuwerk der Bedarf an Öl und Strom bereits<br />
verringert. Neben der Solaranlage zur Brauchwassererwärmung<br />
in der <strong>Nationalpark</strong>station (seit 1998) hat 1998/99 ein Betrieb<br />
eine Solaranlage in seine Energieversorgung integriert.<br />
Erneuerbare Energieträger nutzen auch die Feststoffheizungen,<br />
die mit Holz (z.B. ehemaliges Bauholz und Treibholz) betrieben<br />
werden. Eine zukünftige Windenergienutzung scheidet aus<br />
Gründen des Naturschutzes und des Landschaftsbildes aus.
m 3/Jahr<br />
Abb. 2: Jahreswasserverbrauch von 1976 bis 1997.<br />
Nach Angaben vom Amt Strom- und Hafenbau.<br />
TonnenJahr<br />
Abb. 3: Wertstoffaufkommen ("Grüner Punkt") auf<br />
Neuwerk von 1993 bis 1997. PPK=Papier/ Pappe/<br />
Karton, LVP=Leichtverpackungen.<br />
Nach Angaben vom Amt Strom- und Hafenbau.<br />
TonnenJahr<br />
Abb. 4: Restmüllaufkommen auf Neuwerk im Jahresverlauf<br />
1997. Nach Angaben vom Amt Strom- und Hafenbau.<br />
nach Scharhörn<br />
NORDVORLAND<br />
Turmwurt<br />
vom Festland<br />
OSTVORLAND<br />
Abb. 1: Karte der Ver- und Entsorgungseinrichtungen auf Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 47
Insel Neuwerk<br />
48<br />
Der dauerhafte Erhalt der Insel Neuwerk ist ohne die bereits seit Jahrhunderten durchgeführten Maßnahmen insbesondere<br />
zum Schutz vor Sturmfluten undenkbar. Der Hochwasserschutz und seine Einrichtungen haben das Gesicht der Insel maßgeblich<br />
mit geprägt.<br />
Hochwasserschutz<br />
Geschichtliches<br />
Die maßgeblichen Entwicklungen im Hochwasserschutz für die<br />
Insel Neuwerk sind über die Jahrhunderte gut dokumentiert worden.<br />
Sie sind insbesondere geprägt von der Darstellung katastrophaler<br />
Naturereignisse und deren Folgen für die Insel und deren<br />
Erhalt. Bis zur Hansezeit konnte die Insel wegen der ständigen<br />
Sturmflutgefahren nur als Sommerweide und Fischplatz genutzt<br />
werden. Erst mit dem Bau des über 40 m hohen Wehrturms in den<br />
Jahren 1300 – 1310 begann die Besiedlung der Insel, da der Turm<br />
auch ausreichenden Schutz vor Hochwassern bot. Mit seinem<br />
festen Gemäuer hat dieses weithin sichtbare Wahrzeichen viele<br />
Sturmfluten überstanden.<br />
Die ersten ständigen Bewohner waren der Turmvogt und sein<br />
Gesinde. Dennoch berichtet die Inselchronik von Sturmflutkatastrophen,<br />
bei denen Bevölkerung und Vieh ertranken. Von<br />
1556 bis 1559 entstand der erste Ringdeich, der zunächst kaum<br />
höher und breiter als ein Sommerdeich war. Ab 1560/61 wurden<br />
bereits weitere Erhöhungsmaßnahmen vorgenommen. Direkt<br />
dahinter wurden im Norden der Inseln einzelne Hochstellen<br />
("Wurten") aufgeworfen, auf denen wenige Jahre später die<br />
Gehöfte errichtet wurden. Durch diese Maßnahmen konnte eine<br />
ganzjährige Besiedelung und Bewirtschaftung der Insel durch<br />
Fischer und Bauern ermöglicht werden.<br />
In der Nacht vom 24. auf den 25. 12.1717 hielten die Deiche im<br />
Norden und Westen der schweren "Weihnachtsflut" nicht mehr<br />
stand und brachen an mehreren Stellen, so dass die gesamte Insel<br />
überflutet wurde. Dieses Ereignis hat bis heute zwei deutliche<br />
Spuren hinterlassen. Bevor nämlich mit der umfangreichen und<br />
zeitraubenden Wiederherstellung des Hauptdeichs begonnen werden<br />
konnte, errichtete man zunächst zur Sicherheit vor weiteren<br />
Sturmfluten einen kleinen Ringdeich um die Hochstelle am Turm,<br />
die heute als Turmwurt bezeichnet wird. Bei den Sicherungsmaßnahmen<br />
am Hauptdeich wurde der durch den Deichbruch entstandene<br />
tiefe Kolk nahe der Nordspitze nicht verfüllt sondern –<br />
wie auch in den Elbmarschen üblich - der Deich um das neue entstandene<br />
Brack-Gewässer seewärts herum vorverlegt. Nach einer<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Serie sehr schwerer Sturmfluten Ende des 18. Jahrhunderts musste<br />
der immer noch zu schwache Ringdeich erneut entscheidend<br />
verstärkt werden. Außerdem wurde die Sturmflutsicherheit<br />
dadurch erhöht, dass man in den Jahren von 1795-1797 eine zunächst<br />
900 Meter lange Eichenpfahlwand um die Südwestspitze<br />
errichtete, die als Wellenbrecher gegen mittelhohe Sturmfluten<br />
diente. Bereits 28 Jahre später nach einer weiteren schweren<br />
Sturmflutwurde der 4 km lange Deich 1825 erneut aufgehöht und<br />
auch die Pfahlwand konnte 1826 um weitere 155 Meter nach<br />
Norden verlängert werden. Der erhöhte Deich geriet dadurch,<br />
dass er am Fuß nicht verbreitert wurde, sehr steil in den<br />
Böschungen. Die Neuwerker waren sich dieser Schwäche bei<br />
Wellenangriff oder gar Wellenüberlauf durchaus bewusst. Noch<br />
mehr Boden für einen besseren Deich heranzukarren, überforderte<br />
aber offensichtlich ihre Kräfte. Außerdem gab es zum<br />
Ausgleich des letzten Risikos nach wie vor den Turm.<br />
Vor der West- und Südseite der Insel erneuerte Hamburg 1934,<br />
zwei Jahre vor Übergabe der Insel an Niedersachsen, die<br />
Eichenpfahlwand.<br />
Abb. 1: Eichenpfahlwand. Foto Graack.<br />
Abb. 2: Flut bis zur Krone des Sommerdeiches. Foto Körber.<br />
Bis in jüngste Jahrzehnte wurde über die laufende Ausbesserung<br />
von Schäden hinaus an Neuwerks Deich gearbeitet. Nach den<br />
Erfahrungen der Holland-Sturmflut 1953 verstärkte das damals<br />
zuständige Land Niedersachsen den 4 km langen Ringdeich und<br />
brachte ihn auf Höhen zwischen NN + 5,50 und 6,20 m. Diese<br />
Höhen sind nach Lage und Windrichtung entsprechend den örtlich<br />
erkannten Notwendigkeiten gestaffelt.<br />
Während der Februar-Sturmflut 1962, die in Hamburg viel<br />
Schaden anrichtete und 315 Menschenleben forderte, geriet auch<br />
Neuwerks Deich an den Rand eines Bruches und wurde schwer<br />
beschädigt. Die überschlagenden Wellen überspülten die Insel bis<br />
auf höher gelegene Bereiche und die Wurten.<br />
Am 3. Januar 1976 lief nicht nur für Hamburg, sondern auch für<br />
Neuwerk die bisher höchste Sturmflut an der deutschen Nordseeküste<br />
auf. Die Wellen schlugen vor allem im Süden und Südwesten<br />
große Löcher in den Deich. Die Schäden wurden in einem<br />
Gemeinschaftseinsatz des Hamburgischen Hafen- und Bauamtes<br />
und der Neuwerker Einwohner mit rd. 30.000 Sandsäcken ausgebessert.<br />
Als 18 Tage später eine zweite Sturmflut heranrollte und<br />
erneut Deichbruchgefahr bestand, sorgten Hubschrauber der<br />
Bundeswehr für den Transport von Sandsäcken, Strohmatten und<br />
Stackpfählen, um schnell eine provisorische Schadensausbesserung<br />
zu ermöglichen.
Abb. 4: Hauptdeich im Norden von Neuwerk. Foto Janke.<br />
Verdunkelungsbake<br />
Kohleblüse<br />
Fischer<br />
haus<br />
Westhof<br />
Osthof<br />
Mittelhof<br />
Turm<br />
Ostbake<br />
Ehemaliges Vorland<br />
Heutiges Vorland<br />
Binnengroden<br />
Hauptdeich<br />
Steinuferwerk<br />
Eichenpfahlwand<br />
Abb. 3: Die Ausdehnung Neuwerks im 18. Jhdt. zeigt die verlorengegangenen Vorlandbereiche<br />
im Norden,Westen und Süden. Nach einer historischen Karte von 1751.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 49
Insel Neuwerk<br />
50<br />
System des Hochwasserschutzes auf Neuwerk<br />
• Der Ringdeich<br />
Hamburg hat in einem mehrjährigen Programm den Hochwasserschutz<br />
seiner Insel Neuwerk an der Außenelbe verbessert.<br />
Es zog damit Konsequenzen aus den stetig steigenden und immer<br />
häufiger auflaufenden Sturmfluten an der Nordsee. Doch nicht<br />
neue und höhere Deiche sind das Ergebnis der eingehenden<br />
Untersuchungen und Planungen. Der in seiner mehr als 400jährigen<br />
Geschichte mehrfach verstärkte Ringdeich wurde statt dessen<br />
in gleicher Form weiter verbessert. Damit der Deich jedoch weniger<br />
schadensanfällig wird, wurde rundherum ein mindestens 20 m<br />
breiter Vorlandstreifen, die sogenannte Deichfußvorlage, direkt<br />
vor dem Deich aufgehöht. Dieser bremst den Wellenschlag und<br />
wirkt somit einer Zerschlagung des eigentlichen Deichkörpers<br />
entgegen. Eine Überströmung des Ringdeiches durch den schweren<br />
Seegang bei sehr hohen Sturmfluten wird weiterhin nicht ausgeschlossen.<br />
Deswegen bleibt der Turm im Mittelpunkt der Insel<br />
für die Neuwerker die letzte Zuflucht. Er ist ihnen nach wir vor<br />
der zentrale Zufluchtspunkt.<br />
Ein Deich nach den Richtlinien des Küstenausschusses Nord- und<br />
Ostsee aus dem Jahre 1972 kann auf Neuwerk nicht gebaut werden.<br />
Nach den für die Festlandküste geltenden Profilen und<br />
Höhen würde er mindestens 60 m breit werden und damit fast<br />
doppelt soviel Platz einnehmen wie der derzeitige Deich. Das<br />
Landschaftsbild der kleinen, halligartigen Insel wäre dann nachhaltig<br />
gestört. Außerdem ist auf der Insel geeigneter Klei als<br />
Baumaterial nur begrenzt vorhanden. Überlegungen, alle Häuser<br />
der Insel wie auf den Halligen mit standsicheren Fluchtzellen zu<br />
versehen, scheiterten an der vorhandenen Bausubstanz und einem<br />
zu hohen Aufwand.<br />
Die Deichbauten auf Neuwerk nehmen viel Rücksicht auf die<br />
besondere Ökologie der Insel. Jede Kleientnahme im Vorland und<br />
jeder Kleitransport störte die Tier- und Pflanzenwelt und verhinderte<br />
über viele Jahre hinweg kleinräumig die natürliche Entwicklung<br />
der Grasnarbe im Vorland. Daher müssen insbesondere<br />
Einwirkungen im Kleientnahmebereich so gering wie möglich<br />
gehalten werden. Ab dem Jahr 2000 sollen größere Kleientnahmen<br />
aus dem Vorland nicht mehr vorgenommen werden.<br />
• Das aufgehöhte Vorland<br />
Die Vorlandaufhöhung ist 1990 fertig geworden. Mittlere<br />
Sturmfluten erreichen den Deich nicht mehr. Der Ringdeich hat<br />
eine Sollhöhe zwischen NN + 5,90 m und 6,20 m, je nach Lage<br />
zu Wellen, Wind und schützendem Vorland.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
• Der Sturmflutwarndienst<br />
Die Bevölkerung wird rechtzeitig vor höheren Sturmfluten<br />
gewarnt. Das vom Amt Strom und Hafenbau insbesondere für<br />
Hamburgs Hafen und Hamburgs Marschen entwickelte WADI-<br />
Verfahren (WADI = SturmflutWArnDIenst) gewährt auch den<br />
Neuwerkern eine Sturmflutvorhersage. Schon fünf Stunden vor<br />
dem Höchstwasserstand erreicht die erste Meldung Neuwerk.<br />
• Fluchtwege, Turm und Turmdeich<br />
Auf Fluchtwegen können die Inselbewohner dann zum Turm<br />
gelangen. Die Wege sollen einheitlich erhöht werden, so dass sie<br />
durchweg höher liegen als die benachbarten Wiesen und Äcker.<br />
Dadurch können die Neuwerker auch dann noch den Turm erreichen,<br />
wenn durch überschwappende Wellen bereits Wasser in die<br />
Insel gelangt ist.<br />
Abb. 5: Über den erhöht angelegten und in der Nacht beleuchteten<br />
Mittelweg kann die Inselbevölkerung im Norden nach einem Deichbruch<br />
noch die vor Hochwasser sichere Turmwurt (im Hintergrund)<br />
sicher erreichen. Foto Janke.<br />
• Der Sommerdeich<br />
Ein Sommerdeich schützt das Vorland vor niedrigen Sommerfluten<br />
bis zu einer Höhe von 1,5 Meter über Normalnull und<br />
ermöglicht so eine fortlaufende Beweidung des Vorlandes von<br />
April bis Oktober, er schränkt zugleich die natürliche Versalzung<br />
des Bodens ein.<br />
• Das Seedeckwerk<br />
Zum Schutze der Insel vor den hohen Brandungen der Nordsee<br />
reicht der Deich allein nicht aus. Ein überwiegend aus<br />
Natursteinen gepacktes schweres Seedeckwerk sichert daher im<br />
Westen und Süden der Insel die Abbruchkante zur See. Das<br />
anschließende Vorland bildet, zumal wenn es im Deichbereich<br />
aufgehöht wird, einen Wellendämpfer. Es hält darüber hinaus<br />
Wellenangriffe bei kleineren Hochwassern vom Deich fern.<br />
• Der Deichverband<br />
Die Eigentümer der durch den Ringdeich geschützten Grundstücke<br />
bilden einen Deichverband. Er verwaltet sich selbst und<br />
steht als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht<br />
des Staates. Seine Aufgabe ist die Stärkung und das Wachhalten<br />
des Gefahrenbewusstseins sowie die Unterstützung Hamburgs<br />
beim Schutz vor Gefahren. Der Deichverband begeht anlässlich<br />
einer "Deichschau" mindestens zweimal im Jahr (im Frühling und<br />
Herbst) die Hochwasserschutzanlagen, um ihren Zustand zu überprüfen<br />
und ggf. Ausbesserungsarbeiten zu beantragen.<br />
• Deichverteidigung<br />
Ebenso wie die Unterhaltung liegt auch die Verteidigung der<br />
Deiche in staatlicher Hand. Dafür sind ständig Mitarbeiter der<br />
Wirtschaftsbehörde/Amt Strom- und Hafenbau auf der Insel<br />
stationiert.<br />
Kosten für den Hochwasserschutz<br />
Die Mittel für die Hochwasserschutzsicherung werden vom Bund<br />
und von Hamburg aufgebracht. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe<br />
"Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und<br />
des Küstenschutzes” trägt der Bund dabei bis zu 70 % der förderungsfähigen<br />
Kosten.<br />
Sommerdeich Hauptdeich<br />
Abb. 6: Schematischer Querschnitt durch das Vorland und den Hauptdeich von Neuwerk (nicht maßstabsgetreu).
Der Hauptdeich:<br />
Er schützt die landwirtschaftlichen Anbauflächen<br />
im Binnengroden.<br />
Eichenpfahlwand:<br />
1795 wurden die ersten 900 m errichtet.<br />
Erst 1934 wurde<br />
diese zum ersten Mal erneuert.<br />
Abb. 7: Elemente des Hochwasserschutzsystemes auf Neuwerk<br />
Das Vorland:<br />
Er mindert den Wellenangriff auf<br />
den Hauptdeich.<br />
Hochstelle am Turm:<br />
Sie wurde 1718 mit einem<br />
Notdeich zusätzlich gesichert.<br />
Kolk :<br />
Er entstand 1717 durch<br />
einen Deichbruch.<br />
Seedeckwerk:<br />
Es sichert seit 1925 die<br />
Insel gegen Abbrüche und<br />
legt so die heutige Form fest.<br />
Sommerdeich:<br />
Er schützt seit 1925<br />
die Weiden des Vorlandes.<br />
Hauptfluchtwege zumTurm:<br />
Sie wurden Mitte der 80er<br />
Jahre neu ausgebaut.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 51
Insel Neuwerk/Binnengroden<br />
52<br />
Mit knapp 100 ha, von denen etwa 80 % landwirtschaftlich genutzt werden, umfasst der Binnengroden von Neuwerk noch<br />
nicht einmal 1% der Fläche des gesamten <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Dieser Bereich nimmt jedoch eine<br />
Sonderstellung ein, da dies der einzige Bereich im gesamten Schutzgebiet ist, der dauerhaft bewirtschaftet wird und<br />
zugleich von extremen Hochwassern nicht mehr erreicht wird.<br />
Pflanzenwelt und Vegetation im Binnengroden<br />
Die Vegetationsverhältnisse im Binnengroden werden kaum vom<br />
Salzwasser beeinflusst. Obwohl noch vor wenigen Jahrzehnten -<br />
zuletzt 1976 - extreme Hochwasser über die Deiche schwappten<br />
und nicht nur die Gewässer versalzten, sondern auch eine Reihe<br />
von Gehölzen zum Absterben brachten, sind von diesem Einfluss<br />
bis auf die abgestorbenen Bäume keine Auswirkungen mehr zu<br />
erkennen.<br />
Landwirtschaftlich genutzte Flächen<br />
Der Binnengroden wird von Grünland dominiert, das als Wiese<br />
und Weide bewirtschaftet wird. Die Ackerflächen umfassen weniger<br />
als 10 ha, auf ihnen wird Hafer und Gerste für den Eigenbedarf<br />
- zur Fütterung der Wattwagen- und Pensionspferde -<br />
angebaut.<br />
Ein Rückblick in die Historie der Inselbewirtschaftung zeigt, dass<br />
sich die landwirtschaftliche Nutzung auf Neuwerk im Laufe der<br />
Jahrhunderte mehrfach geändert hat. Vor der Eindeichung<br />
Neuwerks konnte nur Grünlandwirtschaft betrieben werden. Mit<br />
dem Schutz vor Hochwässern wurde auf den sandigen Böden<br />
Ackerbau möglich. In großen Teilen der Insel wurde Gerste,<br />
Roggen und Hafer angebaut. Erst in den letzten Jahrzehnten sind<br />
viele Ackerflächen wieder in Grünland umgewandelt worden.<br />
Diese "jungen" Grünländer - insbesondere im Westen der Insel -<br />
zeichnen sich durch eine Armut an Arten und Vegetationsstrukturen<br />
aus. Dominierend sind typische Weidelgras-Weißklee-<br />
Weiden mit den namengebenden Arten. Trotzdem sind die<br />
Flächen im Vergleich mit intensiv genutzten Grünländern des<br />
angrenzenden Festlandes relativ artenreich, wenn auch häufige<br />
und anspruchslose Arten dominieren.<br />
Im östlichen Teil der Insel, wo das Grünland wahrscheinlich über<br />
Jahrhunderte nicht umgebrochen wurde, ist ein struktur- und<br />
artenreicheres Grünland verbreitet. Auf den Weiden und Wiesen,<br />
die extensiv bewirtschaftet werden, ist die Wiesen-Flockenblume<br />
heimisch; die nährstoffärmsten Wiesen im Norden, südlich der<br />
Kläranlage, werden vom Kleinen Klappertopf in leuchtendes<br />
Gelb getaucht. Diese Pflanze, die auf den Wurzeln von Gräsern<br />
parasitiert, ist auf dem Festland bereits sehr selten geworden und<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
wird auf den "Roten Listen” als gefährdete Art geführt. In den<br />
östlichen Grünländern treten Schilf, verschiedene Seggen,<br />
Knick-Fuchsschwanz und Flatterbinse auf und kennzeichnen die<br />
Wiesen und Weiden als feucht und nährstoffarm. In diesen<br />
Flächen ist auf dem Luftbild sogar noch ein alter Prielverlauf<br />
erkennbar, der aus der Zeit vor der Eindeichung stammt und zum<br />
Turm führte. Im Gelände treten die Prielreste jedoch nur nach<br />
starken Regenfällen als flache Rinnen in Erscheinung. Lediglich<br />
an einigen tieferen Stellen sind Reste der Priele als kleine Tümpel<br />
oder Röhrichtbestände erhalten geblieben.<br />
Gewässer<br />
Im Neuwerker Binnengroden existieren keine nartürlichen<br />
Fließgewässer, sondern lediglich Grabensysteme zur Entwässerung<br />
des Inselkerns. Die Gräben fallen im Sommer überwiegend<br />
trocken. Lediglich der Hauptabzugsgraben führt ständig<br />
Wasser und weist eine Schwimmpflanzendecke aus Kamm-<br />
Laichkraut auf. An den meisten Grabenrändern stehen Röhrichte<br />
aus Schilf, das an einigen Gräben auch mit der Strandsimse vermischt<br />
ist. Typische, ansonsten häufige Begleitarten der<br />
Röhrichte, wie Blutweiderich, Gilbweiderich oder Ufer-<br />
Wolfstrapp treten in ihrem Vorkommen auf Neuwerk zurück.<br />
Die Stillgewässer im Binnengroden haben sich sehr unterschiedlich<br />
entwickelt. Viele der kleineren, ehemals als Viehtränke<br />
genutzten Weiher am Deich sind inzwischen weitgehend verlandet<br />
oder von dichten Schilfröhrichten bestanden. Auch das Brack,<br />
der Überrest eines Deichbruches aus dem Jahr 1717, verlandet<br />
zusehends. In dem inzwischen ausgesüßten Wasser (2 ‰<br />
Salzgehalt) breiten sich Bestände von Strandsimse, Sumpfsimse<br />
und Einspelziger Nadelsimse bereits bis annähernd zur<br />
Weihermitte aus.<br />
Andere kleine Gewässer sind dagegen noch nicht so weit verlandet.<br />
Neben den vielen kleinen und jungen Gartenteichen, ist auch<br />
der "Soot” auf der Turmwurt als vermutlich das älteste Gewässer<br />
der Insel nur randlich von einem kleinen Röhricht aus Schilf und<br />
Kalmus bestanden. Seine gesamte Wasserfläche wird vom Zarten<br />
Hornblatt bedeckt. Diese in Hamburg stark gefährdete Art ist<br />
auch in anderen kleinen Gewässern vertreten, z.T. vergesellschaftet<br />
mit Teichfaden, Tausendblatt und Schwimmendem Laichkraut.<br />
Gehölze<br />
Im Norden und Süden der Insel sowie um die Turmwurt sind einige<br />
Gehölze aufgewachsen. Manche wurden als Windschutzpflanzungen<br />
mit z.T. gebietsfremden Arten wie z.B. Silber- und<br />
Grau-Pappel angelegt, andere, v.a. um die Turmwurt, entsprechen<br />
Hofgehölzen mit ihrer für die Marsch charakteristischen Artenzusammensetzung<br />
aus Esche, Silberweide und Eiche. Kleine<br />
Wäldchen aus Erlen, Eschen und Weiden sind auch selbsttätig in<br />
historischen Kleientnahmestellen und auf ehemaligen Hofstellen<br />
entstanden.<br />
Lediglich im Ostteil der Insel bestehen kleine Hecken, vornehmlich<br />
aus verschiedenen Weiden-Arten. Dort, wo sie als Windschutz<br />
angepflanzt wurden, sind auch Rosen, Mehlbeeren und<br />
Holunder in der Strauchschicht vertreten.<br />
Abb.1: Kleinräumige Vegetationsvielfalt in der Kulturlandschaft im<br />
Osten des Neuwerker Binnengrodens. Foto Janke, August 1999.<br />
Kleinräumige Nutzflächen<br />
Überall verstreut auf der Insel sind kleinere Flächen mit Vegetationsgesellschaften<br />
bestanden, die sich nach einer mehr oder<br />
weniger nachhaltigen Störung der natürlichen Verhältnisse entwickelt<br />
haben. Ablagerungsplätze für Mist oder verdorbenes Heu,<br />
Deponieplätze für Deichbaumaterialien wie Klei, Sand oder Split,<br />
Wegränder und häufiger gemähte Grabenränder tragen je nach<br />
Bodenverhältnissen verschiedene Gesellschaften, die entweder<br />
Magerrasen mit z.B. Thymianblättrigem Sandkraut und Steinklee,<br />
Flutrasen (mit verschiedenen Binsenarten) oder Hochstau-
denfluren mit Disteln, Pastinak, Wilder Möhre und anderen Arten<br />
ähneln. Die relativ große Artenvielfalt und der zumeist langanhaltende<br />
Blütenreichtum dieser Bestände bietet vielen Insekten<br />
sowie samenfressenden Vögeln Nahrung.<br />
Siedlungsbereiche<br />
Die Siedlungsbereiche bestehen aus Hof- und Gartenflächen, die<br />
ähnlich wie in Siedlungen auf dem Festland angelegt sind.<br />
Naturnah gestaltete Gärten mit hohem ökologischen Wert haben<br />
auf der Insel bislang kaum Einzug gefunden. Ihre Einrichtung<br />
und dauerhafte Unterhaltung wird allerdings auch durch die rauhen<br />
klimatischen Verhältnisse erheblich erschwert.<br />
Abschließende Bewertung<br />
Der Binnengroden von Neuwerk weist eine Vielzahl von artenreichen<br />
Pflanzengemeinschaften und gefährdeten Pflanzen auf.<br />
Die beobachtete Vielfalt beruht maßgeblich auf der gegenüber<br />
dem Festland geringeren Nutzungsintensität in der Landwirtschaft.<br />
Die Einbeziehung des Binnengrodens in den <strong>Nationalpark</strong><br />
eröffnet die Möglichkeit, die alte, historisch gewachsene Landschaft<br />
und ihre jahrhundertealte Vegetationsstruktur durch entsprechende<br />
Bewirtschaftungsformen zu erhalten und zu fördern.<br />
Abb. 3: Der Kleine Klappertopf wächst auf den<br />
Wiesen im östlichen Binnengroden.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 2: Biotoptypen im Binnengroden von Neuwerk (Stand 1999).<br />
Abb. 4: Unmittelbar hinter dem nördlichen Hauptdeich<br />
liegt in direkter Anbindung an den Mittelweg ein kleiner<br />
Erlenhain, der einen teilweise mit Schilf umstandenen<br />
Teich umgibt. Foto Janke.<br />
Grünland<br />
Deich<br />
Grünflächen<br />
Gehölze<br />
Ackerland<br />
Landwirtsch. Lagerfläche<br />
Kraut-/Staudenflur<br />
Aufschüttungsflächen<br />
Sumpf<br />
Stillgewässer<br />
Fliessgew sser<br />
Siedlung/Gewerbe<br />
Ver- und Entsorgungsflächen<br />
Verkehrsflächen<br />
Gebäude<br />
100 0<br />
300 m<br />
Abb. 5: Direkt am Mittelweg steht eine alte Erle, die maßgeblich<br />
von den Kräften des Windes geformt wurde. Im<br />
Hintergrund das Haus Meereswoge. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 53
Insel Neuwerk/Binnengroden<br />
54<br />
Die Vogelwelt im Binnengroden der Insel Neuwerk ist seit vielen Jahren durch den dörflichen und landwirtschaftlichen<br />
Charakter der Insel geprägt. Gleichzeitig macht sich der Einfluss des umgebenden <strong>Wattenmeer</strong>es auf ihre Zusammensetzung<br />
deutlich bemerkbar.<br />
Die Brut- und Rastvögel im Binnengroden<br />
Zigtausende von rastenden und nahrungssuchenden Watvögeln<br />
machen Neuwerk zu einem sehr beliebten Ausflugsziel für<br />
Vogelkundler. Obwohl deren Beobachtung im Vordergrund steht,<br />
wird auch die Entwicklung der Vogelwelt des Binnengrodens mit<br />
Interesse verfolgt.<br />
Brutvögel<br />
Die individuenreichste Brutvogelgemeinschaft wird von den<br />
Arten der Dörfer gestellt. Haussperlinge bevölkern fast alle landwirtschaftlichen<br />
Gehöfte, Rauch- und Mehlschwalbe sowie Star,<br />
Hausrotschwanz, Hänfling und Bachstelze sind regelmäßige<br />
Bewohner der Gebäude und der umgebenden Gehölze.<br />
Auch die Gewässer der Insel stellen wichtige Lebensraumelemente<br />
dar. Teichhuhn, Bläßhuhn, Löffelente und die heimliche<br />
Knäkente nutzen die Gewässer und ihre Randvegetation als Nistund<br />
Nahrungsraum. Zwei weitere Entenarten brüten regelmäßig<br />
im Neuwerker Binnengroden, wobei die Stockente v.a. am Rande<br />
der die Wiesen durchziehenden Gräben nistet, während die<br />
Brandente Höhlungen in dichter Grabenvegetation, Ruderal- und<br />
Ablagerungsflächen, ja sogar hohle Bäume und Verrohrungen für<br />
ihre Gelege nutzt.<br />
Die bedeutendste Brutvogelgemeinschaft des Binnengrodens<br />
wird jedoch von einer charakteristischen Brutvogelgemeinschaft<br />
der küstennahen Seemarsch gebildet. Austernfischer, Rotschenkel<br />
und Kiebitz prägen mit ihren auffälligen Balzflügen und dem<br />
markanten Revierverhalten das Bild des Inselkerns. Immerhin<br />
zusammen mehr als 70 Brutpaare dieser drei Arten begannen mit<br />
der Brut im Binnengroden, die meisten im östlich des Mittelweges<br />
liegenden Bereich. Hinzu kommen als typische Vögel der<br />
landwirtschaftlichen Flächen Feldlerche und Wiesenpieper. Die<br />
Feldlerche zeigt allerdings in den letzten Jahren deutliche<br />
Bestandseinbußen. Die Bestandsrückgänge des Binnenlandes<br />
scheinen sich damit auch auf Neuwerk zu zeigen. Einige Arten<br />
aus dieser Gemeinschaft, wie z.B. die Bekassine und der<br />
Kampfläufer, die früher noch auf der Insel gebrütet haben, sind<br />
mittlerweile verschwunden, für die meisten anderen Arten ist ein<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
stetig fallender Bruterfolg festzustellen. So gaben 1996 von<br />
anfänglich 12 Kiebitzpaaren 8 Paare die Brut frühzeitig auf und<br />
wanderten teilweise in das Vorland ab, weil die Landwirtschaft<br />
mit ihrer frühen Flächenbestellung keine Überlebenschance für<br />
die Küken ließ.<br />
Extensivierung in der Landwirtschaft: ein Beitrag zum<br />
Artenschutz<br />
Das seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s von der Stadt Hamburg<br />
begonnene Extensivierungsprogramm in der Landwirtschaft ist<br />
Abb. 1: Bevorzugte Nistplätze der Brutvögel im Neuwerker Binnengroden.<br />
ein Versuch, einerseits die Belange der Landwirtschaft zu berücksichtigen<br />
und andererseits durch gezielte Bewirtschaftungsvereinbarungen<br />
mit den Bauern die Lebensbedingungen von<br />
Wiesenvögeln entscheidend zu verbessern. Seit 1999 werden<br />
mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen im<br />
Binnengroden von Neuwerk unter besonderen Extensivierungsauflagen<br />
derart bewirtschaftet, dass die Landwirtschaft einen<br />
Beitrag zur Steigerung des Bruterfolgs der Wiesenvögel leisten<br />
kann. Dies geschieht insbesondere durch einen Verzicht auf<br />
Schleppen, Walzen und Mähen auf den für die Vögel wertvollen<br />
Brutflächen vor Abschluss der Brutsaison Ende Juni eines jeden<br />
Jahres. Alternativ kann auch auf anderen Flächen eine sehr extensive<br />
Beweidung den bedrohten Wiesenvögeln helfen, ihren<br />
Nachwuchs erfolgreich großzuziehen.<br />
Die Gehölze sind, wohl aufgrund ihres recht geringen Alters und<br />
des Fehlens geeigneter Höhlen, nur von einem eingeschränkten<br />
Artenspektrum besiedelt. Wenige Exemplare der Kohlmeise und<br />
einige Stare teilen sich die wenigen Höhlungen. Ringeltauben, die<br />
allerorten ihre schnell zusammengebauten Nester errichtet haben,<br />
Innerer Ring:<br />
Verteilung der<br />
Nistplätze auf<br />
die Lebensraumelemente;<br />
Äußerer Ring:<br />
Verteilung der<br />
Brutvogelarten auf<br />
die Lebensraumelemente;
Abb. 2: Regelmäßige Rastplätze im Binnengroden von Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 55
Insel Neuwerk/Binnengroden<br />
56<br />
sind die auffälligsten Brutvögel der Gehölze. In dichteren<br />
Gehölzen sind Zaunkönig, Gelbspötter und Heckenbraunelle vertreten.<br />
Weitere zu erwartende Arten, z.B. Rotkehlchen,<br />
Gartenrotschwanz oder Feldsperling fehlen jedoch derzeitig auf<br />
Neuwerk.<br />
Besonderheiten, die erst in den letzten Jahren als Brutvögel auf<br />
Neuwerk in Erscheinung getreten sind, sind u.a. Waldohreule,<br />
Karmingimpel und Birkenzeisig.<br />
Abb. 3: Der in seinem Bestand bedrohte Kiebitz brütet auf den Feuchtwiesen<br />
von Neuwerk. Am Ende des Sommers sammeln sich die<br />
Kiebitze, um in kleinen Schwärmen in den Süden zu fliegen.<br />
Foto Hecker.<br />
Rastvögel<br />
Nicht nur für die Brutvögel , sondern auch für viele Rastvögel ist<br />
der Binnengroden von zentraler Bedeutung. In jedem Jahr treten<br />
regelmäßig zahlreiche Singvogelarten als Durchzügler auf, andere<br />
sind nur gelegentliche Gäste. Manche Arten wie z.B. die<br />
Bekassinen werden kaum bemerkt und bleiben unauffällig, da<br />
von ihnen immer nur einige Exemlare zufällig aus dichter<br />
Vegetation aufgescheucht werden, andere Arten bilden auffällige<br />
Pulks und sogar Schwärme. Einige Arten singen schon während<br />
des Zuges, z.B. Gelbspötter, Teich- und Sumpfrohrsänger, andere<br />
fallen dadurch auf, dass sie schlagartig und in so großen Mengen<br />
auftreten, dass man überall auf sie aufmerksam wird (z.B.<br />
Rotdrosseln, Wintergoldhähnchen).<br />
Neben der Bedeutung als Rast-, Schlaf- und Freßplatz stellt<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Neuwerk einen wichtigen Orientierungspunkt und eine Landmarke<br />
für ziehende Vogelschwärme dar. So konnten z.B. während<br />
Zugvogelplanbeobachtungen von August bis September 1992 fast<br />
200.000 durchziehende Vögel nachgewiesen werden. Der zahlenmäßig<br />
größte Anteil wurde von Wiesenpieper, Rotdrossel,<br />
Buchfink und Star gestellt.<br />
Der Binnengroden wird auch von vielen Seevögeln als hochwassersicherer<br />
Rastplatz aufgesucht. Austernfischer, Lach- und<br />
Silbermöwen sind in großen Schwärmen bei Hochwasser auf dem<br />
kurzrasigen Grünland oder den noch offenen Ackerflächen häufig<br />
zu beobachten. Andere Arten suchen auch im Binnengroden nach<br />
Nahrung, z.B. Goldregenpfeifer, Brachvögel, Pfeifenten und<br />
Ringelgänse. Letztere stellen aufgrund ihrer intensiven Nutzung<br />
einiger Grünlandflächen ein nicht zu unterschätzendes Problem<br />
für die Landwirtschaft dar. Die Brandenten nutzen einige<br />
geschützte Grünlandflächen nur als Balzplatz, und die Gewässer<br />
der Insel dienen zahlreichen Möwen als Badeplatz und zur<br />
Gefiederpflege. Viele der auf Neuwerk vorkommenden Arten nutzen<br />
den Binnengroden zwar als Brutraum, sie suchen ihre<br />
Nahrung aber auch oder sogar ausschließlich in den Wattflächen<br />
oder im Vorland. Dies trifft besonders für wasserliebende Arten<br />
wie die Limikolen und Brandenten, aber z.B. auch für Bachstelze<br />
und Turmfalke zu.<br />
So zeigt die Vogelwelt des Binnengrodens von Neuwerk auf vielfältige<br />
Weise, welche engen funktionalen Beziehungen zu den<br />
übrigen Biotoptypen im Vorland Neuwerks und sogar zu den<br />
umgebenden Wattflächen bestehen.<br />
Abb. 4: Der Teichrohrsänger ist ein regelmäßiger Bewohner an den<br />
Gewässern von Neuwerk. Foto Hecker.<br />
Abb. 5: Der Zaunkönig ist ein typischer Brutvogel der Neuwerker<br />
Gehölze. Foto Hecker.<br />
Zu Abb. 6:<br />
Nistplätze im südöstlichen Binnengroden von Neuwerk<br />
(Stand 1996)<br />
Abkürzungen:<br />
A Amsel<br />
Af Austernfischer<br />
B Buchfink<br />
Ba Bachstelze<br />
Be Brandente<br />
Bhf Bluthänfling<br />
Bz Birkenzeisig<br />
Do Dohle<br />
Fn Fasan<br />
Gg Gartengrasmücke<br />
Gs Gelbspötter<br />
Hsp Haussperling<br />
Ki Kiebitz<br />
Km Kohlmeise<br />
Loe Löffelente<br />
Mg Mönchsgrasmücke<br />
Rs Rotschenkel<br />
R Ringeltaube<br />
S Star<br />
Sr Sumpfrohrsänger<br />
Ste Stockente<br />
Th Teichhuhn<br />
Tr Teichrohrsänger<br />
Wo Waldohreule<br />
Zi Zilpzalp<br />
Zk Zaunkönig
Abb. 6: Nistplätze im südöstlichen Binnengroden von Neuwerk (Stand 1996).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 57
Insel Neuwerk/Binnengroden<br />
58<br />
Nicht nur die unberührte Natur, sondern auch die vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaften können wertvolle Lebensräume<br />
für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt darstellen. Erst in diesen Kulturlandschaften konnten einige Arten geeignete<br />
Lebensbedingungen finden und sich hier dauerhaft ansiedeln. Auch im Binnengroden hat die kleinräumig strukturierte,<br />
von der Landwirtschaft geprägte, Landschaft zu einer reichhaltigen Artenvielfalt in der wirbellosen Tierwelt geführt.<br />
Die wirbellose Tierwelt im Binnengroden<br />
Der Binnengroden von Neuwerk wird überwiegend landwirtschaftlich<br />
genutzt und bietet weithin das Bild einer traditionellen<br />
intakten Kulturlandschaft. Die Nutzungsintensität der binnendeichs<br />
gelegenen Flächen Neuwerks ist im Vergleich zu den landwirtschaftlichen<br />
Flächen auf dem benachbarten Festland vergleichsweise<br />
gering. Ackerbau auf kleinen Schlägen, zweischürig<br />
genutzte Wiesen und relativ dünn besetzte Weiden (ca. 2<br />
Tiere/ha) ohne intensive mineralische Düngung kennzeichnen die<br />
in Teilbereichen extensive Landwirtschaft. Kleine Gehölze,<br />
Gräben und Stillgewässer, blütenreiche Hausgärten und<br />
Wegränder sowie Gartenteiche stellen einen vielfältigen und<br />
abwechslungsreichen Lebensraum für wirbellose Tiere - und hier<br />
insbesondere für die Insekten - dar. Obwohl diese Biotope im<br />
Grunde ausreichende Lebensbedingungen für eine artenreiche<br />
wirbellose Tierwelt bereitstellen, ist das Artenspektrum der<br />
Wirbellosen vergleichsweise gering. Die Insellage Neuwerks<br />
erschwert oder verhindert sogar die Einwanderung von vielen<br />
Tierarten. Größere Arten wie z.B. einige Großlibellen und<br />
Wanderfalter sind in der Lage, im Zuge ihrer Ausbreitungsflüge<br />
die Insel durch aktiven Flug zu erreichen, während die kleineren<br />
Arten mit dem Süd-West-Wind auf die Insel verdriftet, vom Meer<br />
angespült oder im Vogelgefieder transportiert werden können.<br />
Auch die Schiffsverbindung von Cuxhaven nach Neuwerk wird<br />
von manchen Insekten als Passage genutzt, ebenso kann ein<br />
Transport mit den Wattwagen oder Versorgungstraktoren für kleine<br />
und heimliche Arten vermutet werden.<br />
Libellen<br />
Libellen gehören zu den auffälligen und sehr ausbreitungsfreudigen<br />
Insekten. Daher verwundert es, wenn im Gegensatz zu der für<br />
Libellen nicht besiedelbaren Insel Scharhörn, nur sehr vereinzelte<br />
Beobachtungen von Libellen auf Neuwerk vor der Einrichtung<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s bekannt waren. Eine systematische Libellenerfassung<br />
an den Binnengewässern Neuwerks im Jahr 1995 zeigte<br />
jedoch, dass ein Arteninventar von sechs Großlibellen- und drei<br />
Kleinlibellenarten dort lebt. Alle beobachteten Arten traten nur in<br />
geringer Häufigkeit auf. Eine Ausnahme bildete die Große Pech-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
libelle, die in großer Anzahl an allen untersuchten Gewässern<br />
nachgewiesen wurde. Zwei der angetroffenen Arten gelten im<br />
Bundesgebiet als "gefährdete" bzw. "stark gefährdete" Art: die<br />
Gefleckte Heidelibelle, die in vegetationsreichen Kleingewässern<br />
ihren Hauptlebensraum hat und der Spitzenfleck, der im Norden<br />
Deutschlands nur sehr lokal und weit versprengt an Gewässern<br />
mit Röhrichten vorkommt.<br />
Die letzten Überspülungen des Deiches und Versalzungen des<br />
Bodens und der Gewässer liegen weniger als 25 Jahre zurück.<br />
Daher scheint es plausibel, dass die auf Neuwerk vorkommenden<br />
Arten brackwassertolerant sein mußten. So erträgt die Larve der<br />
Großen Pechlibelle einen Salzgehalt von 5 bis 11 ‰ und auch die<br />
Gemeine Binsenjungfer toleriert immerhin noch eine Salinität<br />
von 2 ‰. Von der Großen Königslibelle ist bekannt, dass sie auch<br />
an Meeresstränden vorkommt und die Gemeine Heidelibelle erträgt<br />
bis zu 9,4 ‰. Allerdings zeigte sich entgegen den Erwartungen,<br />
dass im Binnengroden im Erfassungsjahr keine brackigen<br />
Wasserverhältnisse mehr vorlagen (maximal 0,8 ‰ Salzgehalt).<br />
Die Große Pechlibelle und die Hufeisen-Azurjungfer konnten<br />
1995 als bodenständig auf Neuwerk nachgewiesen werden, da<br />
sowohl Paarungen beobachtet als auch Larven dieser Arten<br />
gefunden werden konnten. Auch die Vierflecklibelle und die<br />
Gemeine Heidelibelle wurden bei der Fortpflanzung beobachtet<br />
und könnten somit bodenständig sein.<br />
Heuschrecken<br />
Zu den charakteristischen Artengruppen einer Kulturlandschaft<br />
zählen die Heuschrecken. Viele dieser Arten benötigen als Lebensraum<br />
die von der Landwirtschaft geschaffenen Wiesen,<br />
Weiden und Brachen, andere siedeln gern in Gehölzen, auch um<br />
Häuser und Gehöfte. Einige Arten, wie das Heimchen , haben ihre<br />
Lebensstätte sogar in den Wohnungen und Ställen gefunden.<br />
Eine umfassende Erfassung der Heuschreckenfauna Neuwerks<br />
fand im Jahr 1995 statt. Von den insgesamt 7 auf Neuwerk nachgewiesenen<br />
Arten (siehe Seite 59) war die häufigste Art der<br />
Weißrandige Grashüpfer. Er ist sehr zahlreich und in nahezu allen<br />
Lebensräumen des Neuwerker Binnengrodens zu finden. Der<br />
Braune Grashüpfer dagegen kommt nur sehr vereinzelt vor und<br />
ist fast ausschließlich auf die gering bewachsene und stark<br />
besonnte Deichbefestigung beschränkt.<br />
Die Kurzflügligle Beißschrecke und die Kurzflüglige Schwertschrecke<br />
bleiben in ihrem Vorkommen auf die Begleitflora der<br />
binnendeichs gelegenen Gräben beschränkt. Beide Arten werden<br />
inzwischen als "gefährdet" eingestuft: die Schwertschrecke in der<br />
Roten Liste der Bundesrepublik und die Beißschrecke in der des<br />
deutschen <strong>Wattenmeer</strong>raumes. Der in den letzten Jahren allgemein<br />
verzeichnete starke Bestandsrückgang dieser Arten beruht<br />
auf einem flächendeckenden Lebensraumverlust. Die für sie unverzichtbaren<br />
Feuchtwiesen und vegetationsreichen Gräben fallen<br />
einer immer intensiver betriebenen Landwirtschaft zum Opfer.<br />
Das Große Grüne Heupferd und die Eichenschrecke sind typische<br />
Bewohner der Gebüsche bzw. der Gehölze. Sie haben ihre Hauptvorkommen<br />
auf der gehölzreichen Turmwurt.<br />
Der Gesang des Heimchens konnte mehrere Jahre hindurch regelmäßig<br />
auf einem großen Komposthügel an der Kläranlage vernommen<br />
werden.<br />
Vier der auf Neuwerk vorkommenden Arten sind langflüglig, drei<br />
Arten jedoch kurzflüglig. Dies überrascht deshalb, weil die kurzflügligen<br />
Arten nur über ein eingeschränktes Flugvermögen verfügen<br />
und auf einer Insel wegen der zu überwindenden großen<br />
Entfernung zum Festland hauptsächlich sehr mobile Tiere zu<br />
erwarten sind.<br />
Schmetterlinge<br />
Den weitaus größten Anteil an tagaktiven Großschmetterlingen<br />
stellt die Gruppe der Wanderfalter, zu denen der Distelfalter und<br />
der Admiral zählen. Diese vermögen aufgrund ihrer sehr guten<br />
und ausdauernden Flugfähigkeit die Insel bei ruhigeren Wetterlagen<br />
aktiv anzufliegen. Andere Arten werden durch den Wind<br />
verdriftet oder wurden bei einer "Schiffspassage” nach Neuwerk<br />
beobachtet. Diese "Passagiere” wie z.B. Zitronenfalter und<br />
Kleiner Kohlweißling werden vermutlich durch Abfallbehälter<br />
und Kioske auf dem Schiff angelockt.<br />
Unter den Falterarten auf Neuwerk gibt es nur sehr wenige Arten,<br />
die an bestimmte Lebensräume oder ein sehr eng begrenztes<br />
Spektrum von Futterpflanzen gebunden sind. Die überwiegende<br />
Zahl ist statt dessen wenig spezialisiert und kann daher viele<br />
unterschiedliche Lebensräume und Pflanzen für ihre Ernährung<br />
nutzen. Besonders nektarreiche Blütenpflanzen und Raupenfutterpflanzen<br />
finden die Falter an den blütenreichen Wegrändern,<br />
in den kleineren Ruderalflächen und in manchen Hausgärten.<br />
In diesen Bereichen lassen sich die Falter deshalb auch<br />
besonders häufig beobachten.
Abb. 1: Die Gemeine Heidelibelle (ein Weibchen) lebt an<br />
den Tümpeln auf der Insel. Foto Janke.<br />
Abb. 2: Die Große Pechlibelle ist die häufigste Libellenart<br />
auf Neuwerk. In der Nähe der Gewässer kann sie bei der<br />
Fortpflanzung beobachtet werde. Foto Hecker.<br />
Abb. 3: Der Weiher auf der Turmwurt ist ein typischer Lebensraum<br />
für Libellen der Stillgewässer. Foto Krüger-Hellwig.<br />
Wissenschaftlicher Deutscher Name<br />
Artenname<br />
Großlibellen:<br />
Anax imperator Große Königslibelle<br />
Aeshna cyanea Blaugrüne Mosaikjungfer<br />
Libellula fulva Spitzenfleck<br />
Libellula quadrimaculata Vierfleck<br />
Sympetrum flaveolum Gefleckte Heidelibelle<br />
Sympetrum vulgatum Gemeine Heidelibelle<br />
Kleinlibellen:<br />
Coenagrion puella Hufeisen-Azurjungfer<br />
Ischnura elegans Große Pechlibelle<br />
Lestes sponsa Gemeine Binsenjungfer<br />
Heuschrecken:<br />
Acheta domestica Heimchen<br />
Chorthippus albomarginatus Weißrandiger Grashüpfer<br />
Chorthippus brunneus Brauner Grashüpfer<br />
Conocephalus dorsalis Kurzflügl. Schwertschrecke<br />
Metrioptera brachyptera Kurzflüglige Beißschrecke<br />
Tettigonia viridissima Grünes Heupferd<br />
Meconema thalassinum Gemeine Eichenschrecke<br />
Abb. 4: Der Weißrandige Grashüpfer gehört zu den charaktieristischen<br />
Heuschrecken der Grünlander im<br />
Neuwerker Binnengroden. Foto Borsch.<br />
Abb. 5: Das Heimchen nutzt auf Neuwerk besonders die<br />
landwirtschaftlich genutzten Gebäude als Lebensraum.<br />
Foto Hecker.<br />
Abb. 6: Die auffälligen Admirale besuchen Neuwerk häufig<br />
auf ihren ausgedehnten Wanderungen. Foto Hecker.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 59
Insel Neuwerk/Binnengroden<br />
60<br />
Auch in <strong>Nationalpark</strong>en kann eine naturverträgliche Landnutzung in eng begrenzten Räumen und zum Zweck von besonderen<br />
Erhaltungsmaßnahmen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten oder zum Erhalt der alten hergebrachten Lebensformen<br />
der dortigen Einwohner gestattet sein, soweit diese den <strong>Nationalpark</strong> als Ganzes nicht nachhaltig beeinträchtigen.<br />
Nutzungen im Binnengroden<br />
Die Internationale Naturschutzunion (IUCN), die 1948 gegründete<br />
Dachorganisation aus Regierungen und Nichtregierungsorganisationen<br />
zum Schutz der Natur, hat weltweit gültige Definitionen<br />
für die Ausweisung und das Management von <strong>Nationalpark</strong>en<br />
verabschiedet, die heute überall als verbindliche Richtlinien gelten.<br />
Danach sind Nutzungen in einem <strong>Nationalpark</strong> nicht grundsätzlich<br />
auszuschließen, sie dürfen allerdings den Zielen des<br />
<strong>Nationalpark</strong>es nicht abträglich sein und nur auf geringem<br />
Flächenanteil stattfinden. Da, wie im <strong>Nationalpark</strong>gesetz festgelegt,<br />
die wirtschaftliche Existenz der auf der Insel Neuwerk<br />
lebenden Bevölkerung gewährleistet bleiben soll, dient der eingedeichte<br />
Binnengroden als Wohn- und Wirtschaftsraum für Inselbewohner.<br />
In den letzten Jahren hat er sich zum Service-Bereich<br />
für die <strong>Nationalpark</strong>besucher entwickelt.<br />
Fremdenverkehr und Naherholung<br />
Der Fremdenverkehr stellt die bedeutendste Erwerbsquelle der<br />
auf Neuwerk ansässigen Bevölkerung dar. Dieser Erwerbszweig<br />
nimmt jedoch nur einen geringen Anteil der Fläche in Anspruch.<br />
Acht Betriebe bieten Betten für Übernachtungen in unterschiedlichen<br />
Kategorien an, dazu kommen Privatvermieter, Strohlager<br />
und Campingplätze. Weiterhin werden zwei Jugendzeltlager und<br />
zwei Landschulheime dauerhaft auf Neuwerk unterhalten. Die<br />
z.T. langjährigen Dauergäste suchen besonders Erholung im<br />
Naturerlebnis auf der Insel und im Watt. Dieses eher unauffällig<br />
ablaufende Tourismusgeschäft wird an wenigen Stunden am Tage<br />
überlagert, wenn die Tagesgäste eintreffen. Abhängig von der<br />
Tide erreichen die Ausflügler zu unterschiedlichen Zeiten entweder<br />
zu Fuß, mit den Pferdekutschen oder mit dem Fährschiff die<br />
Insel. In Spitzenzeiten prägen bis zu 2000 Tagesgäste, die sich<br />
hauptsächlich im Binnengroden und auf dem Deich aufhalten,<br />
nachhaltig das Bild der Insel.<br />
Landwirtschaftliche Nutzungen<br />
Die Insel Neuwerk ist in ihrer Landschaftsstruktur maßgeblich<br />
von der Landwirtschaft als traditioneller Kulturform geprägt. Die<br />
historische Entwicklung der Landwirtschaft wurde wesentlich<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
von der Eindeichung und Befestigung der Insel seit 1556 bestimmt.<br />
Nach Errichtung der ersten Deiche wurden im Binnengroden<br />
auf den relativ leichten, sandigen Böden Roggen, Weizen,<br />
Gerste, Hafer und Bohnen angebaut. Im Ostteil wurde Heu zur<br />
Winterfütterung gemäht. Die derzeitige Nutzung der landwirtschaftlichen<br />
Flächen weicht jedoch erheblich von der früherer<br />
Jahre ab.<br />
Zur Zeit wirtschaften drei landwirtschaftliche Betriebe auf der<br />
Insel, deren Existenz jedoch nicht ausschließlich auf der Landwirtschaft,<br />
sondern auch auf den Einnahmen aus dem Fremdenverkehr<br />
beruht. Die Viehhaltung ist traditioneller Schwerpunkt<br />
der Landwirtschschaft auf Neuwerk. Sowohl die Kutschpferde<br />
der Neuwerker Kutschen als auch Pensionspferde und Pensionsrinder<br />
weiden derzeit auf den Grünlandflächen.<br />
Der Anteil an Ackerflächen auf der Insel macht mit weniger als<br />
10 ha nur einen geringen Teil der landwirtschaftlichen Flächen<br />
des Binnengrodens aus.<br />
Eine Besonderheit stellt die Ausrichtung eines der Betriebe auf<br />
das Training von Sportpferden (Traber und Galopper) im Watt<br />
sowie die Betreuung und Genesung von Pferden, die an Lunge<br />
oder Bewegungsapparat erkrankt sind, dar.<br />
Naturschutz<br />
Um die von der Landwirtschaft geprägte Kulturlandschaft im<br />
Binnengroden zu erhalten, ist Neuwerk als ein Schwerpunkt des<br />
hamburgischen Programms zum Naturschutz in der Kulturlandschaft<br />
ausgewählt worden. Inzwischen ist es gelungen, mehr als<br />
die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen in die Extensivierungsverträge<br />
dieses Programmes einzubinden, um die<br />
Grünlandflächen im Einvernehmen mit den Landwirten durch<br />
entsprechende Bewirtschaftungsformen für die erfolgreiche<br />
Aufzucht von bedrohten Wiesenvögeln zusätzlich nutzen zu können.<br />
(siehe auch Seite 54)<br />
Verkehr<br />
Neuwerk ist bis auf Traktoren, einem Müllwagen und einigen<br />
Fahrzeugen des Bauhofes eine kraftfahrzeugfreie Insel. Demzu-<br />
folge ist auch das Wegenetz auf der Insel nur gering ausgebaut.<br />
Während die für den Hochwasserschutz wichtigen Rundwege am<br />
binnenseitigen Deichfuß und der ”Mittelweg” mit Betonverbundsteinen<br />
gepflastert sind, wurden die anderen Wege nur als<br />
Fuß- und Fahrwege für Traktoren ausgelegt. Charakteristisch sind<br />
die mit Klinkern ausgebauten Wege an der Turmwurt und auf der<br />
Deichkrone.<br />
Bauen<br />
Die bestehende Bebauung bietet z.T. den Aspekt einer dörflichen<br />
Streusiedlung, wird jedoch durch die Existenz kleingewerblicher<br />
Familienbetriebe der Tourismusbranche überformt.<br />
Einzelne bauliche Anlagen, insbesondere die der Ver- und<br />
Entsorgung dienenden Flächen, stören den Gesamteindruck einer<br />
dörflichen Umgebung.<br />
Jagd<br />
Grundsätzlich ist die Jagd im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> durch das <strong>Nationalpark</strong>gesetz vom 9. April 1990 auf<br />
der Gesamtfläche verboten. Seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s werden<br />
jedoch Befreiungen aufgrund des § 48 HmbNatSchG für von<br />
der Stadt bestimmte Jagdbeauftragte auf der Insel Neuwerk für<br />
die Jagd ausschließlich auf Hasen und Fasane erteilt, soweit deren<br />
Bestand die Bejagung zulässt. Mit der Jagderlaubnis ist die<br />
Verpflichtung zur Ausübung des Jadgschutzes verknüpft. So werden<br />
z.B. wildernde Katzen außerhalb der Gehöftflächen erlegt.<br />
Ausblick<br />
Die Bewirtschaftung des Neuwerker Binnengrodens zeigt, dass<br />
die natur- und kulturverträgliche Nutzung von geringen Teilflächen<br />
in einem <strong>Nationalpark</strong> (hier weniger als 1%) sich auf die<br />
Ziele des <strong>Nationalpark</strong>s durchaus positiv auswirken kann. Durch<br />
entsprechende Darstellung und begleitende umweltbildende<br />
Aktionen können ressourcenschonende und ökologisch sinnvolle<br />
Maßnahmen vielen Besuchern verständlich gemacht werden und<br />
so zur Nachahmung anregen. Beispielhaft ist auf Neuwerk bereits<br />
die Extensivierung der Landwirtschaft, ebenso wie die fortschreitende<br />
Nutzung der Solarenergie.
Abb. 2: Landwirtschaftliche Nutzflächen im<br />
westlichen Binnengroden. Im Vordergrund<br />
ragt das Dach vom "Haus Brodkorb” aus<br />
dem Wäldchen nördlich der Turmwurt heraus.<br />
Foto Janke (August 1999).<br />
Flächen im Extensivierungsprogramm<br />
Wegenetz<br />
Biotop- und Nutzungstypen<br />
Grünland<br />
Grünflächen<br />
Gehölze<br />
Ackerland<br />
Landwirtsch. Lagerflächen<br />
Siedlung/Gewerbe<br />
Ver- und Entsorgungsflächen<br />
Grünland<br />
75%<br />
Gewässer<br />
2 %<br />
Gehölze<br />
5 %<br />
sonstige Grünflächen<br />
3 %<br />
Kraut-/Staudenflur<br />
Aufschüttungsflächen<br />
Sumpf<br />
Stillgewässer<br />
Fließgewässer<br />
Verkehrsflächen<br />
Gebäude<br />
100 0 300 m<br />
Abb. 1: Flächenhafte Darstellung der Nutzungen im Binnengroden von Neuwerk (Stand 1999).<br />
Ackerflächen<br />
8 %<br />
Ruderalfluren/Brachen<br />
2,5 %<br />
Siedlungs- u.<br />
Gewerbeflächen<br />
4 %<br />
Verkehrsflächen<br />
0,5 %<br />
Abb. 3: Anteil der Flächennutzungen an der Gesamtfläche des<br />
Binnengrodens (Stand 1999).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 61
Insel Neuwerk/Vorland<br />
62<br />
Als Vorland oder Außengroden wird auf Neuwerk der Bereich zwischen der MThw-Linie und dem seewärtigen Deichfuß des<br />
Ringdeiches bezeichnet. Die in dem etwa 180 ha großen Vorland vorherrschenden Salzwiesen unterscheiden sich deutlich<br />
von allen anderen an der deutschen <strong>Wattenmeer</strong>küste.<br />
Pflanzenwelt und Vegetation im Vorland<br />
Aufgrund der besonderen Strömungsbedingungen rund um<br />
Neuwerk besteht nur im Norden und Osten der Insel ein Vorland.<br />
Ein Sommerdeich umschließt den überwiegenden Teil des Vorlandes.<br />
Der Bodenaufbau wird durch wiederholten Wechsel von Kleiund<br />
Sandauflagen gekennzeichnet; an der Oberfläche dominieren<br />
nährstoffarme und wasserdurchlässige Sande.<br />
Insgesamt besteht im Vorland von Neuwerk ein äußerst bewegtes<br />
Kleinrelief im Meso-Maßstab, das wesentlichen Einfluss auf die<br />
Vegetationsstrukturen nimmt.<br />
Kleinflächige Veränderungen entstehen durch Kleiabbauflächen,<br />
Sodenstichbereiche sowie inzwischen überwachsene Schotterterrassen<br />
und Fahrwege von vormaligen Deichbaumaßnahmen.<br />
Zudem führen in der überwiegend sandigen Auflage Eisgang und<br />
starke Hochwässer leicht zu Bodenverletzungen wie Abschürfungen<br />
und Auskolkungen, Prielverläufe können abgeriegelt oder<br />
geändert werden, Sandaufspülungen treten immer wieder auf und<br />
in einigen Bereichen lagern sich Treibselmengen ab. Natürlich<br />
verlaufende Priele und stellenweise abgedämmte Prielreste sowie<br />
die Entwässerungsgräben des Deichfußes und einzelne tiefliegende<br />
und zeitweilig mit Wasser gefüllte Senken tragen wesentlich<br />
zur Biotop- und Vegetationsvielfalt bei.<br />
Aufgrund der besonderen Boden- und Bewirtschaftungsverhältnisse<br />
besteht keine einheitliche Vegetationsstruktur; da die<br />
kleinräumig wechselnden Standortfaktoren jeweils spezifische<br />
Vegetationseinheiten hervorbringen, die mosaikartig miteinander<br />
verzahnt sind. Neben Brackwasserröhrichten und Knickfuchsschwanz-<br />
oder Straußgras-Flutrasen treten großflächige mit mehr<br />
oder weniger Quecken bestandene Salzwiesen, Magerrasen und<br />
Dünenreste auf. Somit entsprechen die größten Teile des<br />
Vorlandes nicht dem typischen Bild des Vorlandes an den Küsten<br />
des <strong>Wattenmeer</strong>es, sondern eher dem stark mosaikartig verzahnten<br />
Biotopkomplex der Ästuar-Salzwiesen.<br />
Generell sind die Salzwiesen im Vorland durch ein Zurücktreten<br />
von salzzeigenden Pflanzen gegenüber den typischen Wiesen-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
arten von Grünländern mit durchschnittlicher Nährstoffversorgung<br />
gekennzeichnet. Charakteristische Arten sind die in<br />
geringem Maße salztoleranten Arten Erdbeer-Klee, Herbst-<br />
Löwenzahn und Roter Zahntrost. Einen wesentlichen Einfluss auf<br />
die charakteristische Ausprägung des Vorlandes übt der Sommerdeich<br />
aus, da er selbst in sturmreichen Wintern nur noch gelegentliche<br />
Überflutungen gestattet. Vor dem Sommerdeich sind die<br />
Salzwiesen dagegen in charakteristischer Weise ausgeprägt,<br />
wobei sich je nach Beweidungsart und –intensität sowie der<br />
Höhenlage Andelrasen und Rot-Schwingelrasen gebildet haben.<br />
Obwohl die Beweidungsintensität im Vorland stellenweise sehr<br />
hoch ist und zu einem weitgehenden Ausfall charakteristischer<br />
Salzwiesenpflanzen geführt hat, bietet das Vorland von Neuwerk<br />
eine Vielzahl von sehr interessanten Vegetationseinheiten und<br />
bedeutsamen Arten für das <strong>Wattenmeer</strong>. So hat sich in den<br />
lückenhaften, kurzrasigen Bereichen, vor allem auf den nährstoffarmen,<br />
wasserdurchlässigen Sanden und dem Sommerdeich, ein<br />
Mager- und Trittrasen mit dem Dünnschwanz, verschiedenen<br />
Mastkraut-Arten und Dänischem Löffelkraut ausgebreitet. In den<br />
Prielen ist neben der vorherrschenden Meersalde bereichsweise<br />
der Brackwasser-Hahnenfuß vertreten. Vereinzelt wachsen an den<br />
Prielrändern auch Strand-Segge, Entferntährige Segge und<br />
Küsten-Gelb-Segge.<br />
Ein besonders wertvolles floristisches Kleinod stellen die seit<br />
1988 unbeweideten Salzwiesen im Südosten der Insel dar. Aus<br />
den bis dato artenarmen und intensiv verbissenen Andelrasen<br />
haben sich artenreiche Salzwiesenkomplexe aus unteren,<br />
verschiedenen oberen Salzwiesen und Übergängen zu Spülsäumen,<br />
Queller- und Schlickgrasfluren entwickelt. Lediglich an<br />
den immer noch mehr oder weniger geradlinigen Verläufen der<br />
ehemaligen Grüppen kann die künstliche Entstehung erkannt<br />
werden.<br />
Weitere Entwicklung<br />
Im Vorland können inzwischen Entwicklungen beobachtet werden,<br />
die nicht auf die Regeneration der Salzwiesen hindeuten. In<br />
einigen, nur noch sehr selten überfluteten Bereichen sind außer<br />
Rotschwingel inzwischen keine weiteren charakteristischen<br />
Salzpflanzen mehr vorhanden. Andere Gebiete, vor allem im<br />
Bereich der tieferliegenden ehemaligen Kleiabbauflächen entlang<br />
der Priele, sind dagegen noch von typischen Strand-Grasnelken-<br />
Wiesen bestanden, am Rand der Priele erstreckt sich zumeist<br />
noch ein sehr schmales Band eines Andelrasens.<br />
In dem nur zwischen August und Oktober beweideten Ostvorland<br />
breiten sich die für eine extensive oder reduzierte Beweidungsintensität<br />
typischen Brachepflanzen aus. Neben dem Auftreten<br />
von Zeigerpflanzen für nährstoffreiche Böden, wie z.B. Disteln<br />
an den Brutplätzen der Seevögel, sind es starke Queckenbestände<br />
und dichte Gestrüppe des Dornigen Hauhechel, der aufgrund seiner<br />
ab einer bestimmten Größe auftretenden Stachligkeit vom<br />
Weidevieh verschmäht wird.<br />
Ein Vorkommen interessanter Pflanzengesellschaften, das<br />
Auftreten gefährdeter Arten und bereichsweise natürlich anmutende<br />
Pflanzenbestände können aber nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass im Vorland von Neuwerk zwei Phänomene offensichtlich<br />
werden:<br />
• die intensive Beweidung führt zum Verlust charakteristischer,<br />
aber beweidungsempfindlicher Salzpflanzen (siehe Seite 72),<br />
• die durch den Sommerdeich hervorgerufene geringe Überflutungshäufigkeit<br />
fördert typische Wiesenpflanzen der binnenländischen<br />
Grünländer, die salztoleranten Pflanzen werden<br />
verdrängt.<br />
Obwohl das Vorland von Neuwerk seit jeher wesentlich von<br />
Eingriffen des Menschen bestimmt war, können gezielte<br />
Management-Maßnahmen die Entwicklung zu größerer Naturnähe<br />
steuern. Dabei schlägt der Naturschutz eine Gratwanderung<br />
ein. Die derzeitige Nutzung fördert die Erhaltung eines kurzrasigen,<br />
relativ nährstoffarmen Salzgrünlandes als Standort seltener<br />
und charakteristischer Pflanzen sowie einen wertvollen Brut-,<br />
Rast- und Nahrungsraum für Limikolen und Entenvögel. Für eine<br />
naturnähere Entwicklung der Salzwiesen im Vorland ist eine<br />
engere Verknüpfung von Teilen des Vorlandes mit dem<br />
Tidegeschehen und dem damit verbundenen Eintrag von Salz in<br />
den Boden erforderlich.
Abb. 2: Im Frühsommer blüht weithin<br />
im Vorland das Tausendgüldenkraut.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 3: Dorniger Hauhechel im östlichen Vorland.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 4: Untere Salzwiese auf Neuwerk mit bühendem<br />
Strandflieder. Foto Janke.<br />
Anleger<br />
NORDVORLAND<br />
Turmwurt<br />
Abb. 5: Strand-Grasnelke im<br />
Nordvorland. Foto Janke.<br />
Ostbake<br />
OSTVORLAND<br />
Küstenschutzbauwerke<br />
Deich<br />
Wasser<br />
Küstenwatt ohne Bewuchs<br />
Küstenwatt mit Bewuchs<br />
Untere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />
Untere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />
Obere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />
Obere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />
Salzwiese der Ästuare<br />
Queckenbestände der oberen Salzwiese<br />
Trittrasen auf Schotter im Vorland<br />
Sodenentnahmeflächen<br />
offene Flächen im Vorland<br />
Priel<br />
Ufer- und Verlandungsbereich<br />
100 0 500 m<br />
Abb. 6: Dänisches Löffelkraut.<br />
Foto Janke.<br />
Abb.1:Verteilung der Biotoptypen im Vorland von Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 63
Insel Neuwerk/Vorland<br />
64<br />
Das Neuwerker Vorland ist nicht nur für die Landwirtschaft und die Ausbreitung von Salzwiesen auf der Insel von großer<br />
Bedeutung, auch für die arten- und zahlenreiche Vogelwelt stellt es ein wichtiges Brut-, Rast- und Nahrungsgebiet im Elbe-<br />
Mündungsgebiet dar.<br />
Die Brut- und Rastvögel im Vorland<br />
Seevogelkolonien mit über 2000 Brutpaaren, vornehmlich<br />
Flussseeschwalben, sind bereits seit dem letzten Jahrhundert für<br />
das Vorland von Neuwerk belegt, doch bis zur Mitte dieses<br />
Jahrhunderts schrumpften sie bis auf nur noch wenige Paare<br />
zusammen. Dieser extreme Rückgang führte zu intensiven<br />
Schutzbemühungen. Die Ausweisung als Naturschutzgebiet<br />
Neuwerk/Kleiner Vogelsand im Jahre 1982 war der erste Schritt,<br />
dem nach einer erweiterten Naturschutzgebietsausweisung im<br />
Jahr 1986 die Ausweisung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> im Jahr 1990 folgte. Die im <strong>Nationalpark</strong>gesetz für<br />
das Vorland festgelegten Schutzbestimmungen sollen einerseits<br />
eine landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen, andererseits soll<br />
durch ein entsprechendes Bewirtschaftungsmanagement der<br />
Bedeutung des Vorlandes für die Neuwerker Vogelwelt Rechnung<br />
getragen werden. Insbesondere der Schutz der Seevogelkolonien<br />
führte zu einer Regelung, nach der die Beweidung im Ostvorland<br />
– dem Standort der größten Kolonien – erst ab 1. August eines<br />
jeden Jahres ermöglicht wird.<br />
Brutkolonien<br />
Die Schutzbemühungen, das Management und das Wegegebot im<br />
Ostvorland zeigen bereits nach wenigen Jahren Erfolge. Die<br />
Seevogelkolonien haben sich deutlich vergrößert. Dominiert werden<br />
die Kolonien von der Lachmöwe, die mit mehr als 2000<br />
Brutpaaren die Insel bevölkert und damit zahlenmäßig stärkster<br />
Brutvogel der Insel ist. Fluss- und Küstenseeschwalbe brüten<br />
regelmäßig mit über 200 Paaren, die auf mehrere Kolonien verteilt<br />
sind. Die Seeschwalben legen ihre Gelege zumeist am Rande<br />
der Lachmöwenkolonien ab und profitieren so von deren Schutz.<br />
Der Säbelschnäbler - eine Charakterart des <strong>Wattenmeer</strong>es - hat<br />
sich wieder als Brutvogel etabliert. Er nistet in direkter Prielnähe.<br />
Mit der Zwergseeschwalbe brütet eine gegenüber Störungen<br />
hochsensible und sehr seltene Seeschwalbenart im Neuwerker<br />
Vorland, doch tritt sie bislang nur unregelmäßig und dazu in kleinen<br />
Koloniestärken auf. Lediglich zwei bis drei Brutpaare sind in<br />
den letzten Jahren nachgewiesen worden. Ihr besonderes Brutgebiet<br />
sind die offenen Dünenbereiche in dem vom Betreten<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
geschützten Bereich des Ostvorlandes.<br />
Auch für die größeren Möwenarten gewinnt Neuwerk als<br />
Brutgebiet an Bedeutung. In den Bereichen vor dem Sommerdeich<br />
haben sich Silbermöwen angesiedelt. Mehr als 90 Brutpaare<br />
können auf Neuwerk gezählt werden, inzwischen brüten<br />
auch einige Sturmmöwen inmitten der Silbermöwenkolonien, in<br />
manchen Jahren auch Heringsmöwen.<br />
Weitere Brutvögel<br />
Das Artenspektrum in den Salzwiesen vervollständigen Sandregenpfeifer,<br />
Rotschenkel, Austernfischer, Kiebitz, Feldlerche<br />
und Wiesenpieper. Vereinzelt brüten Stockenten, Brandenten und<br />
Bachstelzen im Vorland oder in den Küstenschutzbauwerken. Der<br />
Sandregenpfeifer siedelt vorwiegend in den sandigen, offenen<br />
Erosions- und Aufspülungsflächen in der Nähe offener Sandflächen<br />
am Sommerdeich. Aktuell können jedes Jahr etwa 15 bis<br />
20 Brutpaare gezählt werden. Früher brütete auch der Seeregenpfeifer<br />
auf Neuwerk, doch seit 1991 hat er die Insel verlassen, da<br />
sie seinen Ansprüchen an vegetationsfreie, offene Bruthabitate<br />
offenbar nicht mehr genügte (siehe auch Seite 102).<br />
Der Kiebitz bevorzugt das kurzrasige, intensiv beweidete<br />
Nordvorland und profitiert so von extensiv betriebener Landwirtschaft,<br />
während der Rotschenkel seine Niststandorte in langgrasigeren<br />
Beständen in geschützten Bereichen und im Ostvorland<br />
anlegt. Der auffälligste Brutvogel im Vorland - einmal<br />
abgesehen von den Lachmöwen-Kolonien - ist der Austernfischer,<br />
der fast gleichmäßig im gesamten Vorland verteilt ist.<br />
Sein auffälliges Balzverhalten und seine aggressive Gelegeverteidigung<br />
machen einen Spaziergang durch das Vorland zu einem<br />
"spielfilmreifen Erlebnis". Der Austernfischer ist der Charaktervogel<br />
Neuwerks schlechthin.<br />
Rastvögel<br />
Noch augenfälliger als das Brutgeschäft im Vorland ist das alltägliche<br />
Rastgeschehen zu beobachten. Die Vorländer dienen als<br />
Rastplatz für Wat- und Seevögeln, die ihre Nahrung im Watt um<br />
Neuwerk oder in den nordöstlichen Watten um die Scharhörnplate<br />
suchen. Wenn zur Hochwasserzeit die Vögel sich im Vorland<br />
sammeln, finden sich viele Arten ein, die zumeist traditionelle<br />
Rastplätze beziehen. Besonders tief liegende Bereiche entlang der<br />
Priele werden von Austernfischer aufgesucht, Vorlandbereiche<br />
vor dem Sommerdeich z.B. von Großen Brachvögeln und<br />
Pfuhlschnepfen. Die Nordspitze der Insel erscheint zuweilen<br />
weiß von Tausenden von rastenden Möwen. Buhnen, Lahnungen<br />
und Steinpackungen (Deckwerke) werden z.B. von Steinwälzern<br />
besucht, auch Kormorane trocknen hier ihre Gefieder.<br />
Zuflucht Neuwerk<br />
Besonders bei sehr schlechten Wetterbedingungen fallen in das<br />
Neuwerker Vorland zu Tausenden Vögel auch aus entfernteren<br />
Gebieten ein, die dort die ungünstige Witterung abwarten. Mehr<br />
als 40.000 Austernfischer können dann dichtgedrängt in langen<br />
Reihen oder auf engstem Raum hinter Steindämmen und auf<br />
Buhnen auf der dem Wind abgekehrten Seite stehen und dort ausharren,<br />
bis der Sturm nachläßt. Auch von anderen Watvögeln können<br />
ähnlich hohe Rastzahlen an Sturmtagen im Frühjahr oder<br />
Herbst erreicht werden. So rasteten am 9. September 1997 rund<br />
35.000 Alpenstrandläufer. Die ansonsten bevorzugten Rastplätze<br />
auf den Sandbänken sind dann weitgehend verlassen.<br />
Zugvögel<br />
Zur Zugzeit im Frühjahr und Herbst werden die Vorländer zu<br />
einem wichtigen Trittstein für wandernde Vögel. Ringelgänse<br />
und Pfeifenten nutzen die Vegetation des Vorlandes (und auch des<br />
Binnengrodens), um sich Fettreserven für ihren langen Flug in die<br />
Brut- bzw. Winterquartiere anzufressen (siehe auch Seite 66 ff.).<br />
Während z.B. von diesen Arten häufig einige Tausend beobachtet<br />
werden können, treten andere dagegen immer nur vereinzelt auf<br />
und sind dadurch sehr unauffällig. Regelmäßig kann der aufmerksame<br />
Beobachter z.B. Bruchwasserläufer, Grünschenkel<br />
oder Regenbrachvogel entdecken, die zumeist nur wenige Tage<br />
im Vorland und in den angrenzenden Watten verbringen.<br />
Auch Singvögel nutzen das Vorland auf ihrem Zug als Rastplatz:<br />
Steinschmätzer, Schafstelze und Rotkehlchen sind dann im<br />
Vorland in wesentlich größeren Mengen zu entdecken als im<br />
Neuwerker Binnengroden.
Brutpaare Brutpaare<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
Flussseeschwalbe Küstenseeschwalbe<br />
1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Abb. 2: Brutbestandsschwankungen von Fluss- und Küstenseeschwalbe<br />
auf Neuwerk.<br />
Lachmöwe<br />
Silbermöwe<br />
0<br />
1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Abb. 3: Brutbestandsentwicklung der Möwen im Vorland von<br />
Neuwerk.<br />
NORDVORLAND<br />
Turmwurt<br />
Abb. 1: Brutvogelkolonien und ihre Verteilung im Neuwerker Vorland (Stand 1996)<br />
Abb. 4: Lachmöwenkolonie in den östlichen Salzwiesen<br />
von Neuwerk. Foto Janke.<br />
Ostbake<br />
OSTVORLAND<br />
Seevogelkolonien<br />
Lachmöwen<br />
Lachmöwen/Seeschwalben<br />
Silbermöwen<br />
Zwergseeschwalben<br />
Einzelbrüter (ausgewählte Arten)<br />
Kiebitz<br />
Rotschenkel<br />
Küstenwatt ohne Bewuchs<br />
Küstenwatt mit Bewuchs<br />
Untere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />
Untere Salzwiese, mit Nutzungseinflus<br />
Obere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />
Obere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />
Salzwiese der Ästuare<br />
Queckenbestände der oberen Salzwiese<br />
Trittrasen auf Schotter im Vorland<br />
Sodenentnahmeflächen<br />
offene Flächen im Vorland<br />
Priel<br />
Ufer- und Verlandungsbereich<br />
100 0 500 m<br />
Abb. 5: Nest eines Austernfischers im<br />
Nordvorland. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 65
Insel Neuwerk/Vorland<br />
66<br />
Ringelgänse zählen im Frühjahr zu den auffälligsten Tieren der Wattenlandschaft.Viele tausend Tiere zählende Schwärme<br />
bevölkern heute wieder die Salzwiesen und demonstrieren die Bedeutung des <strong>Wattenmeer</strong>es im Lebensablauf dieser Tiere.<br />
Durch die Nutzung auch landwirtschaftlich beanspruchter Flächen stehen die Gänse jedoch im Spannungsfeld zwischen<br />
Naturschutz und Landwirtschaft.<br />
Die Ringelgänse im Vorland<br />
Die häufigsten Gänse des <strong>Wattenmeer</strong>es sind die Ringelgänse<br />
(Branta bernicla). Gemeinsam mit den Weißwangengänsen,<br />
Kanadagänsen und Rostgänsen bilden sie die Gruppe der<br />
Meeresgänse, die sich deutlich von den in der Kulturlandschaft<br />
häufigen "Grauen" Gänsen (Anser spec.) unterscheiden.<br />
Die Ringelgänse Europas trennen sich in zwei Unterarten, die<br />
deutlich unterschiedliche Brut- und Überwinterungsgebiete besitzen:<br />
Die im <strong>Wattenmeer</strong> vorkommende Dunkelbäuchige Ringelgans<br />
(Branta bernicla bernicla) hat ihr zentrales Brutgebiet auf<br />
der Taimyr-Halbinsel in Nord-Sibirien. Ihr Überwinterungsgebiet<br />
Abb. 1: Rastender Schwarm von Ringelgänsen im <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Foto Janke.<br />
liegt in Nordwest-Europa, damit ist sie die im deutschen <strong>Wattenmeer</strong><br />
verbreitetste und häufigste Unterart. Die Hellbäuchige<br />
Ringelgans (Branta bernicla hrota) brütet auf Spitzbergen, Grönland<br />
und im Nordwesten Kanadas. Sie überwintert an der amerikanischen<br />
Atlantikküste, in Nordengland, Irland und Dänemark.<br />
Nur gelegentlich lassen sich vereinzelte Tiere dieser hellbäuchigen<br />
Rasse im deutschen <strong>Wattenmeer</strong> beobachten.<br />
Frühere Bestände der Ringelgänse müssen überwältigend groß<br />
gewesen sein, wie zeitgenössische Berichte vermelden, doch gibt<br />
es keine Bestandsangaben aus diesen Zeiten. Zu Beginn dieses<br />
Jahrhunderts wird der Weltbestand noch mehrere hunderttausend<br />
Tiere umfaßt haben. Dann schrumpften die Bestände der<br />
Ringelgänse bis in die fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts auf nur<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
16.500 Vögel. Intensive Bejagung in den Winterquartieren, auf<br />
dem Zug und in den Brutgebieten und das massenhafte Absterben<br />
des Seegrases, ihrer bevorzugten Winternahrung, führte zu diesem<br />
Rückgang. Seit der Einstellung der Verfolgung und aufgrund<br />
verstärkter Schutzbemühungen verzehnfachte sich der Bestand<br />
innerhalb von 30 Jahren und erreichte sein vorläufiges Bestandshoch<br />
1992 mit etwa 300.000 Exemplaren. In den letzten Jahren<br />
sind wieder deutlich weniger Gänse gezählt worden, was auf<br />
einen geringen Bruterfolg in der sibirischen Heimat und sehr<br />
strenge Winter zurückgeführt wird.<br />
Für mehr als ein Viertel des Jahres ist das <strong>Wattenmeer</strong> die Heimat<br />
der Ringelgänse: während des Zuges im Frühjahr und im Herbst<br />
ist nahezu die gesamte paläarktische Population im <strong>Wattenmeer</strong><br />
vertreten. Wesentlich mehr Gänse als im Herbst kann man im<br />
Frühjahr beobachten, wenn von März bis Ende Mai die Ringelgänse<br />
in die Salzwiesen einfallen, um dort Kräfte für den Zug in<br />
ihre arktischen Brutgebiete zu sammeln und sich Nahrungsreserven<br />
anzufressen. Im Winter weichen sie in die Küstenabschnitte<br />
Englands, Frankreich oder der Niederlande aus, in milden<br />
Wintern überwintern einige Tiere auch im <strong>Wattenmeer</strong> selbst,<br />
vornehmlich in den dänischen und schleswig-holsteinischen<br />
Teilen. Im Frühjahr werden die schleswig-holsteinische und niederländische<br />
Küste bevorzugt aufgesucht. Vereinzelt werden auch<br />
übersommernde Exemplare im <strong>Wattenmeer</strong>bereich angetroffen.<br />
Ringelgänse im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Im Bereich des Hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>s sind Ringelgänse<br />
seit jeher eine vertraute Erscheinung. Bereits in alten vogelkundlichen<br />
Berichten wird von großen Schwärmen mit vielen<br />
Tausenden von Tieren auf Neuwerk berichtet. Seit den vierziger<br />
Jahren wurden auf dem Frühjahrszug jedoch lediglich noch etwa<br />
500 Tiere gezählt. Seither hat sich der Bestand auch aufgrund<br />
internationaler Schutzbemühungen zunächst langsam und anschließend<br />
wieder deutlich erholt. So rasten in den letzten Jahren<br />
auf Neuwerk wieder große Bestände. Ringelgansschwärme von<br />
bis 2000 Exemplaren sind im Mai keine Seltenheit mehr<br />
(Tageshöchstzahlen 1996: 1670; 1997: 2850). Die Herbstbe-<br />
stände sind dagegen deutlich kleiner und erreichen lediglich<br />
Stärken von 600-700 Tieren.<br />
Auch in den Watten vor Scharhörn sind die Ringelgänse regelmäßige<br />
Gäste. Konnten in den achtziger Jahren noch große<br />
Schwärme von über 1000 Tieren bei der Nahrungsaufnahme in<br />
den von der Insel abgelegenen Seegras- und Algenwiesen beobachtet<br />
werden, so rasten die Vögel auf den offenen Wattgebieten<br />
jetzt nur noch kurz.<br />
Ringelgänse sind recht ortstreu, doch nutzen sie mehrere<br />
Nahrungsplätze in einem von ihnen leicht zu erreichenden<br />
Radius. Die Ringelgänse Neuwerks nutzen vermutlich auch die<br />
Salzwiesen an der Wurster Küste, von Trischen und die Algenmatten<br />
vor Scharhörn. Wahrscheinlich werden deshalb auf<br />
Neuwerk von Tag zu Tag stark wechselnde Bestandsgrößen beobachtet.<br />
Ein reich gedeckter Tisch<br />
Ringelgänse sind reine Pflanzenfresser. Aufgrund ihres wenig<br />
effizienten Verdauungssystems sind sie auf leicht verdauliche,<br />
eiweißreiche Nahrung angewiesen. Im Herbst bevorzugen sie<br />
Seegras und Algen, die sie in den Wattflächen unterhalb der<br />
Tidewasserlinie abweiden. Im Frühjahr, wenn Seegras und Algen<br />
nicht zur Verfügung stehen, müssen die Gänse jedoch auf andere<br />
Nahrungspflanzen ausweichen. Sie suchen die Salzwiesen auf<br />
und beweiden dort junge Gräser (Andel, Rot-Schwingel) sowie<br />
einige von ihnen besonders bevorzugte Kräuter (z.B. Strand-<br />
Wegerich und Strand-Aster). Aufgrund des großräumigen<br />
Bestandsrückgangs der Seegraswiesen sind die Gänse nun auch<br />
im Herbst gezwungen, auf den Salzwiesen zu fressen. Selten nur<br />
gehen sie jedoch auf binnendeichs gelegene Grünländer und<br />
Ackerflächen, im Gegensatz z.B. zu Pfeifenten oder Weißwangengänsen,<br />
die gerade auf Ackerkulturen beträchtliche<br />
Schäden anrichten können.<br />
Die Gänse nutzen im Frühjahr sowohl ungenutzte als auch beweidete<br />
Salzwiesen. Allerdings werden extensiv beweidete Flächen<br />
in der Regel deutlich bevorzugt. Eine Nutzungsaufgabe oder<br />
deutliche Beweidungsreduzierung intensiv begraster Salzwiesen<br />
verringert demnach nicht deren Attraktivität für die Ringelgänse.<br />
Im Vorland von Neuwerk wählen die Ringelgänse ihre Rastplätze<br />
offenbar nach verschiedenen Kriterien aus. Neben dem Angebot<br />
an nährstoffreichen Nahrungspflanzen bestimmt die Störungsarmut<br />
die Wahl der von ihnen bevorzugten Standorte, obwohl in<br />
den vergangenen Jahren die Fluchtdistanz der Tiere gegenüber<br />
Menschen deutlich geringer geworden ist.
Tageshöchszahlen rastender Tiere<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Januar Jan. 96 96 März 96 96<br />
Mai 96<br />
Juli 96 Juli 96 September Sep. 96 96 November Nov. 96 96<br />
Abb. 3: Bestandsgröße rastender Ringelgänse auf Neuwerk im Jahr 1996.<br />
NORDVORLAND<br />
Turmwurt<br />
Ostbake<br />
OSTVORLAND<br />
beobachtete<br />
Weideflächen<br />
der<br />
Ringelgänse<br />
Kotmenge (g TG/m 2 )<br />
0 - 0,9<br />
1,0 - 4,9<br />
5,0 - 9,9<br />
10,0 - 14,9<br />
15,0 - 19,9<br />
> 20,0<br />
Küstenwatt ohne Bewuchs<br />
Küstenwatt mit Bewuchs<br />
Untere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />
Untere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />
Obere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />
Obere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />
Salzwiese der Ästuare<br />
Queckenbestände der oberen Salzwiese<br />
Trittrasen auf Schotter im Vorland<br />
Sodenentnahmeflächen<br />
offene Flächen im Vorland<br />
Priel<br />
Ufer- und Verlandungsbereich<br />
100 0 500 m<br />
Abb. 4: Entwicklung des Nahrungsangebots (Biomasse-Entwicklung)<br />
in Abhängigkeit von unterschiedlichen Nutzungsvarianten.<br />
Abb. 2:Weideflächen der Ringelgänse und deren Kotverteilung auf Neuwerk.<br />
Trockenmasse (g/m 2)<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 67
Insel Neuwerk/Vorland<br />
68<br />
Ringelgänse und Landwirtschaft<br />
Pflanzenfressende Entenvögel (neben Ringelgänsen z.B. auch<br />
Pfeifenten, Schwäne, Graue Gänse und Weißwangengänse) nutzen<br />
zu bestimmten Jahreszeiten dieselben Flächen, die auch von<br />
der Landwirtschaft beansprucht werden. Daher kommt es immer<br />
wieder zu Spannungen zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.<br />
Die natürliche Beweidung durch die Entenvögel kann<br />
bei starkem Vogelbesatz zu wirtschaftlichen Einbußen führen.<br />
Auch auf Neuwerk kamen die Gänse in den Ruf, die Landwirtschaft<br />
zu schädigen. Die Gänse weiden von März bis Juni im<br />
Vorland und reduzieren dort die zu diesem Zeitpunkt begrenzt<br />
nutzbaren Nahrungsgrundlagen gemeinsam mit dem bereits im<br />
April ausgebrachten Vieh. Außerdem sind seit einigen Jahren<br />
weidende Ringelgänse nicht nur im Außengroden, sondern auch<br />
im Binnengroden zu beobachten.<br />
Allerdings sind die Gänsebestände auf Neuwerk nicht so hoch<br />
wie in anderen Salzwiesenbereichen der deutschen und niederländischen<br />
Küste, in denen es zu starken Ernteausfällen kommt.<br />
Mit durchschnittlich etwa 17 Tieren pro Hektar wird nur eine<br />
relativ geringe Dichte im Vorland Neuwerks erreicht. Die Gänse<br />
verteilen sich jedoch im Vorland nicht gleichmäßig. Sie bevorzugen<br />
die Salzwiesenbereiche entlang der Priele, vermutlich da dort<br />
die bevorzugten Salzwiesenpflanzen in größerer Häufigkeit vorkommen.<br />
Daher ist in diesen Bereichen die Intensität der<br />
Beweidung höher, in anderen hingegen, die von weniger attraktiver<br />
Vegetation bestanden werden, deutlich geringer.<br />
Insgesamt entnehmen die Ringelgänse jedoch nur einen Bruchteil<br />
der Biomasse des Vorlandes. Zur Deckung ihres Energiebedarfes<br />
benötigen sie etwa 10-20% der täglich nachwachsenden Pflanzenmasse.<br />
Da die Gänse jedoch bestimmte Bereiche bevorzugen,<br />
ist in diesen Flächen die Pflanzenentnahme intensiver. Von<br />
Ringelgänsen ist bekannt, dass sie ihre Weidepflanzen "managen"<br />
können. Durch Abweiden derselben Fläche in mehrtägigem Abstand<br />
können sie die Nahrungspflanzen in einer von ihnen bevorzugten<br />
Qualität und Quantität erhalten. Insgesamt entnehmen sie<br />
dann täglich etwa 75% der nachwachsenden Biomasse.<br />
In Teilbereichen im Vorland Neuwerks ist diese Balance zwischen<br />
Abfressen und Nachwachsen jedoch empfindlich gestört, da auch<br />
das sehr früh auf die Weide entlassene Vieh (Ochsen und Pferde)<br />
in die besonders früh wüchsigen und schmackhaften Bereiche<br />
drängt. Dort steht es dann in direkter Konkurrenz zu den Gänsen.<br />
Dadurch wird in diesen bevorzugten Teilflächen die Grasnarbe so<br />
schwer geschädigt, dass sie sich im Sommer kaum noch erholen<br />
kann.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Auf vergleichbaren Flächen im Ostvorland, die während des<br />
Frühjahrs nur von Ringelgänsen beweidet werden können, treten<br />
diese Effekte nicht auf. Im Gegenteil: nach Abzug der Gänse steigert<br />
sich die Produktionsleistung in diesen Flächen, vermutlich<br />
durch die düngende Wirkung des Gänsekots.<br />
Probleme durch Nahrungsverknappung, die den Landwirten im<br />
Laufe des Sommers im Vorland entstehen, sind daher nicht<br />
ursächlich auf die Gänse zurückzuführen, da diese nur in so geringer<br />
Zahl dort auftreten, dass von ihnen keine merkliche<br />
Beeinträchtigung ausgeht. Vielmehr muss berücksichtigt werden,<br />
dass die Produktionsleistung der Vegetationsnarbe in den sandigen<br />
und nährstoffarmen Salzwiesen Neuwerks nur vergleichsweise<br />
gering ausfällt. Der Viehbesatz, auch durch den höheren<br />
Nahrungsbedarf der modernen, schweren Viehrassen, sollte dementsprechend<br />
angepaßt werden.<br />
Methoden zur Ermittlung von<br />
Flächennutzungen durch Ringelgänse<br />
• Kotkartierung<br />
Auszählung von Gänse-Kotwürstchen auf<br />
Probeflächen; deren Menge ist ein Maß für die<br />
Aufenthaltsdauer von Gänsen<br />
• Direkte Beobachtung (Habitatkartierung)<br />
Regelmäßige Zählung der einzelnen<br />
Ringelgansgruppen und Übertragung ihrer<br />
Aufenthaltsorte in Karten<br />
• Rastererfassung<br />
Regelmäßige Beobachtung von im Gelände<br />
festgelegten Probeflächen und Ermittlung der<br />
Gänsezahlen auf diesen Flächen<br />
Ringelgänse und Störungen<br />
Ringelgänse reagieren empfindlich auf sprunghafte Veränderungen<br />
in ihrer Umwelt. Bei Störungen fliegen sie auf, wodurch<br />
sie viel Energie verbrauchen und ihnen Zeit zum Fressen<br />
verloren geht. Den erhöhten Energiebedarf versuchen sie über<br />
Verhaltensänderungen zu kompensieren, indem sie ansonsten für<br />
andere Tätigkeiten (Schlafen, Putzen) verwandte Zeit zusätzlich<br />
zum Fressen nutzen. Für die Gänse ist es überlebenswichtig, sich<br />
eine genügende Fettschicht für ihren anstrengenden Weiterflug in<br />
die sibirischen Brutgebiete anfressen zu können. Auch ist der<br />
Bruterfolg bei wohlgenährten Tieren größer als bei schlecht<br />
ernährten.<br />
Die häufigsten Störreize auf Neuwerk gehen von Fußgängern und<br />
tieffliegenden Flugzeugen und Hubschraubern, vereinzelt auch<br />
von Greifvögeln, aus.<br />
Vermutlich aufgrund der besonderen Exposition gegenüber<br />
Störungen werden deichnahe Bereiche im Frühjahr weitgehend<br />
gemieden. Gänse sind hier nur in den frühen Morgenstunden zu<br />
beobachten, wenn der Ausflugsverkehr noch nicht eingesetzt hat.<br />
In dieser Zeit und in den Herbstmonaten, wenn deutlich weniger<br />
Gäste die Insel besuchen, nutzen die Gänse auch unmittelbar am<br />
Deichfuß liegende Flächen. Schlafplätze befinden sich sogar in<br />
unmittelbarer Nähe der während des Tages häufig benutzten<br />
Wattwagenauffahrt. Damit reagieren die Gänse effektiv auf den<br />
tatsächlichen Störreiz bzw. dessen Ausbleiben. Ähnliche Beobachtungen<br />
sind auch aus dem Vorland von Westerhever in<br />
Schleswig-Holstein bekannt geworden.<br />
Obwohl sich die Gänse auch in begrenztem Umfang an bestimmte<br />
Einflüsse gewöhnen können (z.B. Traktoren), ist die direkte<br />
Annäherung von Fußgängern immer Anlass, aufzufliegen, wenn<br />
die Fluchtdistanz unterschritten wird. Besonders im Nordvorland<br />
entlang des Hauptpriels werden die Gänse immer wieder durch<br />
Spaziergänger aufgescheucht. Neben unvorsichtigen Annäherungen<br />
sind auch ganz bewußte Störungen beobachtet worden:<br />
auffliegende Gänseschwärme wirken auf die Beobachter besonders<br />
eindrucksvoll und attraktiv. Im östlichen Vorland halten sich<br />
die Gänse gern entlang des Sommerdeiches auf, der aber durch<br />
den nahebei führenden Wanderweg zu den störungsintensiven<br />
Zonen zählt. Auf Neuwerk kommt hinzu, dass viele Erholungssuchende<br />
besonders während der Hochwasserzeit in die Vorländer<br />
gehen, da das Ausflugsschiff um den Hochwasserzeitpunkt<br />
vor Anker liegt. Gerade zu dieser Zeit bieten sich den Ringelgänsen<br />
keine Ausweichmöglichkeiten außerhalb der Insel, so dass<br />
sie auf relativ kleinen Flächen zusammengedrängt werden.
Grönland<br />
Island<br />
Abb. 6: Auffliegende Ringelgänse über dem östlichen Vorland<br />
Neuwerks. Foto Janke.<br />
Abb. 5: Zugwege sowie Rast- und Brutgebiete der Ringelgans.<br />
Spitzbergen<br />
Weißes Meer<br />
Tageshöchszahlen rastender Tiere<br />
400.000<br />
300.000<br />
200.000<br />
100.000<br />
0<br />
Jahr<br />
Hellbäuchige Ringelgans<br />
Taimyr-Halbinsel<br />
1961 1966 1971 1976 1981 1986 1991<br />
Abb. 7: Bestandsentwicklung der Ringelgans im <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Winter-/Rastgebiet<br />
Zugweg<br />
Brutgebiet<br />
Dunkelbäuchige Ringelgans<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 69
Insel Neuwerk/Vorland<br />
70<br />
Salzwiesen beheimaten aufgrund ihrer speziellen ökologischen Bedingungen eine charakteristische Tierwelt. Obwohl sich<br />
das Neuwerker Vorland in vielerlei Hinsicht von den typischen Salzwiesen unterscheidet, weicht seine Besiedlung insbesondere<br />
mit wirbellosen Tieren nur wenig von denen anderer Regionen des <strong>Wattenmeer</strong>es ab. Dies bestätigt, dass eine<br />
Regeneration natürlicher Salzwiesen-Lebensgemeinschaft auf Neuwerk durchaus möglich ist.<br />
Die wirbellose Tierwelt im Vorland<br />
Das Vorland Neuwerks wird durch den fast durchgehend verlaufenden<br />
Sommerdeich in zwei Bereiche getrennt. Während vor<br />
dem Sommerdeich der ungehinderte Hochwasserzutritt eine charakteristische<br />
Abfolge einer Salzwiesenvegetation von Quellerfluren,<br />
Schlickgrasrasen, Unterer und Oberer Salzwiese bedingt<br />
(siehe Seite 8), werden die hinter dem Sommerdeich liegenden<br />
Flächen nur noch selten von den extremen Hochwasserständen<br />
vernässt. Die dort vorkommenden Lebensraumtypen der Oberen<br />
Salzwiese, Ästuarwiese, Queckenwiese und Rohbodenstandorte<br />
(offene Sand- und Sodenstichflächen) sind eng miteinander verzahnt.<br />
Die in den tiefer liegenden Arealen entlang der Priele<br />
dominierende Obere Salzwiese entspricht einem artenarmen, vom<br />
Salzwasser beeinflussten Rotschwingelrasen, während Queckenund<br />
Ästuarwiese durch eine erhöhte Anzahl von salzmeidenden<br />
Pflanzen eine Entwicklung zu Süßwiesen anzeigen. In dem sehr<br />
bewegten Geländerelief werden damit Höhen von 30 cm bis 180<br />
cm über MThw erreicht. Zu den besonders gut untersuchten Tiergruppen<br />
der Salzwiesen gehören die Laufkäfer und Spinnentiere.<br />
Beide Gruppen besiedeln den Außengroden in der typischen,<br />
nahezu vollständigen Artengemeinschaft der Küstensalzwiesen.<br />
Obwohl die einzelnen bereits erwähnten Lebensraumtypen<br />
scheinbar bereits deutliche Aussüßungserscheinungen zeigen,<br />
führt dies nur zu graduellen Unterschieden innerhalb der Salzwiesengemeinschaften.<br />
Für die Spinnen scheinen jedoch die<br />
strukturreicheren Vegetationsverhältnisse der Quecken- und<br />
Ästuarwiesen bedeutsamer zu sein, während die an Arten reicheren<br />
und charakteristischen Vorkommen der Laufkäfer in der Rot-<br />
Schwingel-Zone und den offenen Sandbereichen gefunden wurden.<br />
Laufkäfer<br />
Im Vorland Neuwerks treten sowohl die typischen Laufkäferarten<br />
der Nordsee-Küstensalzwiesen, als auch die Arten der sonnenexponierter,<br />
sandiger Böden und offener Lebensräume, ohne eine<br />
enge Anbindung an den von ihnen bekannten Lebensraumtyp, auf.<br />
Der Lebensraumtyp der Oberen Salzwiese ist der bedeutendste<br />
für die lebensraumtypische Laufkäferfauna. Hier wurden alle<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
sechs salzwiesentypischen Arten Neuwerks gefunden (Tab.1),<br />
während in den Ästuarwiesen lediglich zwei dieser Arten auftreten.<br />
Auch die Gesamtartenzahl und die der gefangener Individuen<br />
("Aktivitätsdichte”) sind in den Oberen Salzwiesen wesentlich<br />
höher. Eine noch geringere Bedeutung für die charakteristische<br />
Laufkäferfauna zeigt sich für die Queckenwiesen insbesondere<br />
dadurch, dass hier die Gesamtzahl gefangener Exemplare am<br />
geringsten ist. Auch hier wurden lediglich zwei salzwiesentypische<br />
Arten gefunden. Unspezialisierte Arten überwiegen und zeigen<br />
die höchsten Individuendichten (z.B. Calathus melanocephalus,<br />
Dyschirius globosus).<br />
Einen besonders interessanten Lebensraumtyp für Laufkäfer stellen<br />
offenbar die Rohbodenstandorte dar. Sie werden nicht nur von<br />
fast allen auch in der Salzwiese typischen Laufkäferarten<br />
bewohnt, sondern darüber hinaus auch von einigen auch für offene<br />
Sandböden typischen Arten (z.B. Dyschirius thoracicus,<br />
Calathus erratus). In den Brackwasserröhrichten hingegen ist das<br />
Arteninventar der Laufkäfer sehr stark eingeschränkt.<br />
Spinnentiere<br />
Auch die Spinnenfauna des Vorlandes entspricht in ihrer Zusammensetzung<br />
der eines typischen Salzgrünlandes an der<br />
Nordsee. Von den insgesamt 40 nachgewiesenen Arten gelten<br />
allein sieben als Leitarten der Nordsee-Salzwiesen (Tab. 1), deren<br />
charakteristisches Arteninventar damit fast vollständig erfaßt<br />
werden konnte. Es fehlt lediglich die Zwergspinne Baryphyma<br />
duffeyi, die als charakteristisch für schlickige Substrate der<br />
Unteren Salzwiese (Andel-Zone) angesehen wird.<br />
Die Verteilung der Spinnen auf die Lebensräume der Oberen<br />
Salzwiese, Ästuarwiese, Queckenwiese und Rohbodenstandorte<br />
zeigt nur geringe Unterschiede, während die Brackwasserröhrichte<br />
nur ein merklich eingeschränktes Spinnenvorkommen<br />
aufweisen. Die extensiv beweideten Ästuarwiesen und die<br />
Queckenwiesen stellen hinsichtlich der Artenvielfalt und<br />
Häufigkeit die bedeutendsten Lebensräume für die Spinnentiere<br />
dar. Die Arten, die größere Netze bauen, scheinen im Vorland<br />
allerdings nicht vorzukommen.<br />
Vergleich mit dem Binnengroden<br />
Bei einer gleichzeitigen Erfassung innerhalb der Binnengrodens<br />
und des Vorlandes kann die Nutzung beider Bereiche durch ausgewählte<br />
Tiergruppen verglichen werden.<br />
Obwohl im Vorland viele Gewässer vorhanden sind, werden sie<br />
kaum von Libellen genutzt. Lediglich die Große Pechlibelle tritt<br />
wie auch im Binnengroden sehr individuenreich an den Prielen<br />
auf und paart sich auch dort. Ihre Larven gelten als brackwassertolerant,<br />
sie können bis zu 11 ‰ Salzgehalt ertragen. Bei einem<br />
gemessenen Salzgehalt des Prielwassers von zeitweilig über<br />
20 ‰ im Außendeichsgelände scheint eine erfolgreiche Reproduktion<br />
dort jedoch sehr unwahrscheinlich. Bei einer gezielten<br />
Nachsuche konnten keine Larven oder Larvenhäute der frisch<br />
geschlüpften Libellen gefunden werden.<br />
Die im Binnengroden so charakteristischen Heuschrecken kommen<br />
im Vorland nicht vor, lediglich auf den sehr trockenen Deckwerksbefestigungen<br />
aus Rasengittersteinen konnten einzelne<br />
Exemplare des Braunen Grashüpfers festgestellt werden.<br />
Anders liegen die Verhältnisse bei den Tagschmetterlingen: aufgrund<br />
des Blütenreichtums auf den extensiv beweideten und<br />
ungenutzten Vorlandflächen ist im Aussengroden ein annähernd<br />
identisches Artenspektrum wie im Binnengroden vorhanden. Als<br />
Besonderheit für das Vorland kommt der feuchte Wiesen bevorzugende<br />
Spiegelfleck-Dickkopffalter hinzu.<br />
Für die sehr flugtüchtigen Tagfalter, bei denen Bodenfeuchtigkeit<br />
und -salzgehalt für ihre Verbreitung nur eine untergeordnete Rolle<br />
spielen, besteht kein wesentlicher Unterschied in der Nutzung<br />
zwischen Vorland und Binnengroden. Heuschrecken hingegen,<br />
deren Verteilung in wesentlichem Maße von geeigneten Vegetationsstrukturen<br />
und der Bodenfeuchte bestimmt wird, meiden<br />
das Vorland. Unter ihnen sind typische Salzwiesenarten, d.h. solche<br />
Formen, die schwerpunktmäßig dort vorkommen oder regelmäßig<br />
hier gefunden werden können, daher auch nicht bekannt.<br />
Abb. 1: Die Staaten der Gelben Wiesenameise bauen im Vorland von<br />
Neuwerk ihre flachen Wohnhügel. Foto Krüger-Hellwig.
Anzahl Arten<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Abb. 3: Ein Spiegelfleck-Dickkopffalter im<br />
Vorland von Neuwerk hat sich auf dem<br />
Deckel eines Probengefäßes niedergelassen.<br />
Foto Krüger-Hellwig.<br />
Obere<br />
Salzwiese<br />
Artenanzahl<br />
Anzahl gefangener<br />
Individuen<br />
Ästuarwiese<br />
Queckenwiese<br />
Erosionsflächen<br />
offene<br />
Sanflächen<br />
Abb. 4: Verteilung der Laufkäferarten auf die unterschiedlichen<br />
Lebensraumtypen im Ostvorland von Neuwerk<br />
(6 dreiwöchige Fangperioden vom 28.3. - 2.11.1996).<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Anzahl Individuen<br />
0<br />
NORDVORLAND<br />
Turmwurt<br />
Ostbake<br />
OSTVORLAND<br />
Salzwiesen<br />
offene, vegetationsarme Sandflächen<br />
Queckenwiesen<br />
100 0 500 m<br />
Laufkäfer<br />
Bembidion aeneum<br />
Bembidion minimum<br />
Bembidion normannum<br />
Bledius arenarius<br />
Dicheirotrichus gustavii<br />
Dyschirus salinus<br />
Pogonus chalceus<br />
Spinnen<br />
Agyneta decora<br />
Allomengea scopigera<br />
Argenna patula<br />
Ozyptila westringi<br />
Robertus arundineti<br />
Walckenaeria kochi<br />
Walckenaeria vigilax<br />
Tab. 1: Typische Laufkäfer und<br />
Spinnen der Salziesen im Vorland<br />
von Neuwerk.<br />
Abb. 2: Bedeutsame Lebensraumtypen für wirbellose Tiere im Vorland von Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 71
Insel Neuwerk/Vorland<br />
72<br />
Mit der Einbeziehung der bewohnten Insel Neuwerk in den <strong>Nationalpark</strong> gelten dessen Schutzziele grundsätzlich auch für<br />
dort bewirtschaftete Bereiche. Da traditionell ein Teil des landwirtschaftlichen Einkommens der Neuwerker Bevölkerung im<br />
Vorland erwirtschaftet wird, hier aber ökologisch besonders wertvolle Arten und Lebensgemeinschaften auftreten, sollen die<br />
beschränkten Nutzungen in diesem Bereich im besonderen Maße mit den Anforderungen des Naturschutzes vereinbar sein.<br />
Nutzungen im Vorland<br />
Das Vorland von Neuwerk wird überwiegend landwirtschaftlich<br />
genutzt. Weiterhin ist es auch in einigen Bereichen für den<br />
Fremdenverkehr und für den Hochwasserschutz von Bedeutung.<br />
Mit der Ausweisung als <strong>Nationalpark</strong> wurde das Vorland in zwei<br />
Schutzzonen geteilt. Das sogenannte "Nordvorland” liegt, ebenso<br />
wie der Binnengroden, in Zone II, während im “Ostvorland” die<br />
strengeren Schutzbestimmungen der Zone I gelten. Aufgrund der<br />
wirtschaftlichen Bedeutung sind allerdings auch im Ostvorland<br />
bestimmte Nutzungen unter Auflagen freigestellt.<br />
Landwirtschaft<br />
Der Außengroden Neuwerks wird als Sommerweide für<br />
Pensions- und Eigenvieh genutzt. Bis zu 115 Ochsen und Pferde<br />
können sich auf der ungekoppelten Fläche frei bewegen. Rinder<br />
und Pferde sind gleichgestellt, was sich aus den historisch<br />
bedingten Nutzungsrechten herleitet: Bereits 1576 wurden den<br />
ansässigen Landwirten Grasungsrechte im Vorland bewilligt,<br />
wobei ein “Gras” (eine “Grasung”) einem Pferd oder einem Rind<br />
oder drei Schafen mit Lämmern oder einer Hausgans mit bis zu<br />
zwölf Gösseln entsprach. An dieser Regelung ist bis heute festgehalten<br />
worden, wenn auch derzeitig nur noch Rinder und Pferde<br />
im Vorland grasen. Noch bis in die frühen neunziger Jahre weideten<br />
außer Ochsen und Pferde auch Schafe im Vorland.<br />
Eine Grasung (“ein Gras”) entspricht:<br />
einem Pferd oder einer Kuh oder<br />
einem Stück Jungvieh oder<br />
einem einjährigen Fohlen oder<br />
einer Gans mit bis zu zwölf Küken oder<br />
drei Mutterschafen mit Lämmern.<br />
Das ca. 95 ha große Nordvorland darf ab 1. April jeden Jahres<br />
beweidet werden, ca. 53 ha im Ostvorland hingegen bleiben bis<br />
zum 1. August durch einen Zaun vom Nordvorland abgetrennt<br />
und sind also bis dahin für das Weidevieh nicht erreichbar.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Weitere 23 ha Ostvorlandfläche, vorwiegend vor dem<br />
Sommerdeich gelegen, bleiben seit 1988 vom Vieh gänzlich<br />
unbeweidet. Die Beweidungsintensität im Nordvorland ist im<br />
Abb.1: Badehaus an der Badestelle im nördlichen Vorland. Foto Janke.<br />
Vergleich zur Grasproduktion sehr hoch. Dies führt zur Ausbildung<br />
äußerst kurzer Rasen, in denen charakteristische salzertragende<br />
Pflanzen und beweidungsempfindliche Arten selten<br />
geworden sind. Die Vegetationsentwicklung im Ostvorland verläuft<br />
mit der derzeitigen Bewirtschaftung in Richtung Verbrachung<br />
und Aussüßung der Bestände. Disteln und Dorniger<br />
Hauhechel breiten sich flächenhaft aus, dichte Queckenbestände<br />
etablieren sich, die Grasnarbe verfilzt und die Anzahl an salztoleranten<br />
Pflanzenarten sinkt.<br />
Fremdenverkehr<br />
Die wesentliche Nutzung auf Neuwerk und gleichzeitig wirtschaftliches<br />
Hauptstandbein der Neuwerker Bevölkerung ist der<br />
Fremdenverkehr. Die Besucher können sich nicht nur binnendeichs,<br />
sondern auch im zur Schutzzone II gehörenden Nordvorland<br />
frei bewegen. Durch das Ostvorland hingegen, das in<br />
Schutzzone I liegt, führen ausgepflockte Wege, die nicht verlas-<br />
sen werden dürfen (Wegegebot). Trotzdem bleiben jedoch negative<br />
Auswirkungen auf die Brutkolonien im Nordvorland sowie<br />
auf rastende Limikolen und Gänse nicht aus: Kommen Spaziergänger,<br />
ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, den Nestern zu nahe,<br />
führt dies, je nach Fluchtdistanz der betreffenden Art, dazu, dass<br />
die Elterntiere die Nester fluchtartig für einige Zeit verlassen.<br />
Während dieser Zeitspanne besteht die Gefahr, dass die Eier auskühlen<br />
oder die bereits geschlüpften Küken an Unterkühlung sterben.<br />
Eine weitere Gefahr liegt im Gelegeverlust durch Nesträuber,<br />
wie z. B. die in der Nähe brütenden Lach- und Silbermöwen.<br />
Diese können ein unbewachtes Nest als günstige Gelegenheit<br />
erkennen, die sie für Beutezüge nutzen.<br />
Auch Rastvögel können durch Spaziergänger unbeabsichtigt aufgescheucht<br />
werden. Das Auffliegen verbraucht sehr viel Energie<br />
und verringert so die Fettreserven, die die Vögel für ihren anstrengenden<br />
Weiterzug dringend benötigen. Zusätzlich werden<br />
durch die Störungen die Zeitspannen verkürzt, die den Vögeln zur<br />
Nahrungsaufnahme zur Verfügung stehen.<br />
Das nördliche Vorland wird in den Sommermonaten besonders<br />
von solchen Besuchern durchwandert, die entweder die im<br />
Norden gelegene Badestelle nutzen, oder aber in unmittelbarer<br />
Nähe zur Zone I die Insel verlassen wollen, um auf den Kleinen<br />
Vogelsand zu gelangen. Für beide Routen gibt es keine vorgeschriebenen<br />
Pfade.<br />
Hochwasserschutz<br />
Eine weitere, für den Erhalt der Insel wichtige Nutzung umfasst<br />
den Hochwasserschutz. Im Nordwesten, Norden und Osten des<br />
Vorlandes verläuft ein Sommerdeich mit einer Höhe von etwa<br />
1,5 m über MThw. Weitere Küstenschutzbauwerke sind Buhnen,<br />
Lahnungen, Deckwerke und eine Eichenpfahlwand im Westen<br />
der Insel.<br />
Aufgaben des Hochwasserschutzes sind von den Einschränkungen<br />
des <strong>Nationalpark</strong>-Gesetzes grundsätzlich freigestellt.<br />
Bereits vor Inkrafttreten des <strong>Nationalpark</strong>-Gesetzes wurde<br />
für Deichbauarbeiten Klei aus dem Vorland entnommen. Dies<br />
führte durch Schaffung tiefer Senken zu landschaftlichen Veränderungen<br />
im Relief des Vorlandes<br />
Seit der Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>es werden die Ziele des<br />
Naturschutzes und die Erfordernisse des Hochwasserschutzes<br />
miteinander koordiniert. So erfolgt z.B. die für den Hochwasserschutz<br />
wichtige Entnahme von Soden und Klei aus dem Vorland<br />
in der Weise, dass zugleich alte verschüttete Prielverläufe<br />
wieder regeneriert werden.
Abb. 3: Rinderbeweidung im Vorland von Neuwerk. Foto Janke.<br />
Abb. 4: Noch bis in die frühen neunziger Jahre begrasten auch Schafe<br />
das Neuwerker Vorland. Foto Janke.<br />
Abb. 5: Im östlichen Vorland hat sich infolge der eingeschränkten Beweidungspraxis<br />
der Dornige Hauhechel weithin ausgebreitet. Foto Janke.<br />
NORDVORLAND (95 ha)<br />
Beweidung ab 1.4. möglich<br />
Badestelle<br />
Deich und Deichvorlage (22 ha)<br />
1 - 2 malige Mahd<br />
Turmwurt<br />
Ostbake<br />
Beweidung ab 1.8. möglich<br />
OSTVORLAND (53 ha)<br />
OSTVORLAND (23 ha)<br />
unbeweidet<br />
Abb. 2: Nutzungen im Vorland von Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 73
Insel Neuwerk/Vorland<br />
74<br />
Die Beweidung der Neuwerker Salzwiesen führt zu deutlichen Veränderungen in der Zusammensetzung und Struktur ihrer<br />
Vegetation und Besiedlung. Die Auswirkungen der Nutzungen zeigen sich besonders offenkundig in der Änderung der Flora<br />
und Vogelwelt.<br />
Auswirkungen der Viehbeweidung auf die Pflanzenund<br />
Tierwelt im Vorland<br />
Entwicklung und heutiges Management<br />
Die Salzwiesen Neuwerks werden bereits seit der Besiedlung der<br />
Insel als Weide für Rinder, Pferde, Schafe und früher auch Gänse<br />
genutzt. Mit der Eindeichung des Binnengrodens 1556-1559 wurde<br />
die Nutzung des Vorlandes durch Verträge geregelt, wobei die<br />
ursprünglich zugelassene Menge an Vieh im Grunde nur geringfügig<br />
von der in der heutigen Zeit abgewichen haben mag.<br />
Mit der Stärkung des Naturschutzgedankens, insbesondere unter<br />
dem Aspekt des Seevogelschutzes, begannen erste Abzäunungsmaßnahmen.<br />
Ein Bereich vor dem Sommerdeich im Osten der<br />
Insel ist seit 1988 von der Beweidung ausgenommen. Mit der<br />
Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>s traten grundsätzliche Veränderungen<br />
im Beweidungsregime ein: Das Vorland wurde in zwei<br />
Schutzzonen geteilt. In der Schutzzone I, dem Ostvorland, wird<br />
die Beweidung seit 1992 erst nach dem 1. August eines jeden<br />
Jahres gestattet. Das Nordvorland (Zone II) kann dagegen bereits<br />
ab dem 1. April beweidet werden. Auf den ungekoppelten<br />
Flächen werden etwa 115 Ochsen und Pferde gehalten (etwa 25%<br />
Pferde).<br />
Vegetationsstrukturen<br />
Die Strukturen der Pflanzenbestände in den beiden Zonen unterscheiden<br />
sich deutlich. Während im intensiv beweideten<br />
Nordvorland während der gesamten Vegetationsperiode ein<br />
äußerst kurzer Rasen mit maximal 5 cm Höhe besteht, ist im<br />
Ostvorland ein vielfältiges Mosaik aus verschieden hohen und<br />
dichten Pflanzenbeständen erkennbar. Hier können mind. 10 charakteristische<br />
Pflanzengesellschaften unterschieden werden, im<br />
nördlichen Vorland dagegen lediglich 8, wovon einige nur noch<br />
fragmentarisch ausgebildet sind (siehe Tab. 1). So sind z.B.<br />
Hauhechel-Fluren nur im Ostvorland vertreten, da der Dornige<br />
Hauhechel durch extensive Beweidung gefördert wird. Diese stachelige<br />
Pflanze wird nur in sehr jungem Zustand vom Vieh<br />
gefressen und ist daher im Nordvorland nur wenig vertreten.<br />
Durch die Aussperrung des Weideviehs bis zum August ist der<br />
Zwergstrauch im Ostvorland jedoch bereits so hart und wehrhaft<br />
herangewachsen, dass er vom Vieh verschmäht wird und sich<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
ohne nennenswerte Verbissschäden entwickeln kann. In den<br />
gänzlich unbeweideten Bereichen tritt der Strauch nicht auf, weil<br />
dort die häufigen Überflutungen ein Aufkommen des salz- und<br />
nässeempfindlichen Gewächses nicht zulassen.<br />
Das Nordvorland wird geprägt durch Rotschwingelrasen und<br />
Grünländer, die viele Gemeinsamkeiten mit den Wiesengesellschaften<br />
der Binnendeichsländer aufweisen.<br />
Pflanzenarten<br />
Die Pflanzengesellschaften im Nord- und Ostvorland unterscheiden<br />
sich grundsätzlich voneinander. Im intensiv beweideten<br />
Nordvorland fehlen einige typische Salzwiesenarten gänzlich,<br />
andere sind nur noch in wenigen Exemplaren vorhanden. Zu diesen<br />
gehören z.B. Strand-Aster und Strandflieder, die bevorzugt<br />
gefressen werden. Sie können nur noch an für das Vieh unerreichbaren<br />
Orten wachsen. Andere Arten, wie z.B. der Strand-<br />
Beifuß, werden zwar aufgrund ihres starken Geruchs und<br />
Geschmacks vom Vieh verschmäht, reagieren aber sehr empfindlich<br />
auf eine Verdichtung des Bodens durch Huftritte. Auch im<br />
extensiv beweideten Ostvorland ist der Strand-Beifuß selten,<br />
wesentlich häufiger wächst er in den unbeweideten Flächen.<br />
Sogar auf das Einzelindividuum wirkt sich die Beweidung aus: so<br />
wird durch den ständigen Abbiss die Entwicklung der Pflanzen<br />
auf die untersten Stängelabschnitte begrenzt, Blüten entwickeln<br />
sich nur selten oder spärlich. Dies begrenzt wesentlich die<br />
Selbstverbreitung der Arten, da sie keine Früchte bilden können.<br />
Arten, die sich über vegetative Fortpflanzung, z.B. mit<br />
Ausläufern, vermehren können, wie die meisten Gräser, werden<br />
dagegen durch das beständige Befressen gefördert, weil sie zur<br />
Bildung neuer Ausläufer angeregt werden.<br />
Kleintiere<br />
Die Verdrängung einzelner Pflanzenarten und die Reduzierung<br />
von Blüten oder oberen Stängelabschnitten wirkt sich gravierend<br />
auf die Insektenfauna der Salzwiesen aus. Die Auswirkungen der<br />
Beweidung auf die Insekten- und Spinnenfauna der Salzwiesen<br />
sind bereits gut untersucht und es haben sich v.a. Einbußen an<br />
Vielfalt und Häufigkeit pflanzenfressender Insekten gezeigt.<br />
Viele der hier lebenden Wirbellosen sind auf wenige oder gar nur<br />
eine einzige Pflanzenart angewiesen. Fällt diese aus oder werden<br />
einzelne für die Insekten wichtigen Strukturteile der Pflanze<br />
(Blüte, Blatt, Stengel etc.) geschädigt, können die Insekten nicht<br />
auf Dauer überleben. Auch auf Neuwerk können Unterschiede<br />
zwischen den intensiv und extensiv genutzten Salzwiesen festgestellt<br />
werden. In den Salzwiesen des nördlichen Vorlandes ist das<br />
Arteninventar der Laufkäfer und Spinnen deutlich eingeschränkt,<br />
und die salzwiesentypischen Arten treten nur mit geringerer<br />
Häufigkeit auf. Einige Arten, wie z.B. die kleine Laufspinne<br />
Erigone longipalpis profitieren allerdings von der intensiven<br />
Beweidung, da sie sich in der kurzen strukturarmen Vegetation<br />
besser fortbewegen kann.<br />
Vogelwelt<br />
Auch die Vogelwelt reagiert auf unterschiedliche Beweidungsintensitäten.<br />
Die kurzen, übersichtlichen Rasen der intensiv beweideten<br />
Flächen bieten Kiebitz und Feldlerche gute Brutbedingungen,<br />
während die Rotschenkel, die ihr Nest in dichter<br />
und höherer Struktur anlegen, deutlich benachteiligt werden. Sie<br />
treten daher in höherer Dichte erst bei extensiver Beweidung auf<br />
(siehe Abb. 3).<br />
Auch für nahrungssuchende Vögel ist die Vegetationsstruktur und<br />
die Artenzusammensetzung der Pflanzenbestände von Bedeutung:<br />
die pflanzenfressenden Entenvögel (z.B. Ringelgans, Pfeifente)<br />
suchen bevorzugt relativ kurzrasige Bestände auf, weil dort<br />
die Pflanzen nahrhafter sind. Da im Winter in extensiv genutzten<br />
und unbeweideten Salzwiesen die Vegetation durch winterliche<br />
Hochwässer und Eisgang abtragen wird, erscheinen im Frühjahr<br />
auch diese Flächen wie geschoren und werden von den Gänsen<br />
mit derselben Intensität genutzt. Im Herbst allerdings sind die<br />
langgrasigen Flächen zur Nahrungsaufnahme unattraktiv und<br />
werden weitgehend gemieden.<br />
Eine sichere Rundumsicht ist für rastende Vögel ein wesentliches<br />
Auswahlkriterium. Möwen rasten z.B. bevorzugt im Nordvorland,<br />
da sie dort gute Übersicht haben und vor potentiellen<br />
Räubern geschützt sind. Andere Arten (z.B. Bekassine) suchen<br />
dagegen bevorzugt langgrasigere Bereiche auf, in denen sie sich<br />
verbergen können.
charakteristische Salzpflanzengesellschaften intensiv extensiv nicht<br />
beweidet beweidet beweidet<br />
Andel-Rasen (Puccinellietum maritimae) X X X<br />
Hauhechel-Salzrasen (Ononido-Caricetum distantis) X<br />
Quecken-Salzrasen (Astero-Agropyretum repentis) (X) X<br />
Rot-Schwingel-Salzrasen (Festucetum litoralis) X X<br />
Salzbinsen-Wiese (Juncetum gerardii) (X) X<br />
Salzmelden-Wiese (Halimionetum portulacoidis) X<br />
Salzschwaden-Rasen (Puccinellietum distantis) X X<br />
Schlickgras-Wiese (Spartinetum) X X X<br />
Strandbeifuß-Flur (Artemisietum maritimae) X<br />
Strandmastkraut-Flur (Sagino-Cochlearietum) X X<br />
Strandquecken-Rasen (Agropyretum litoralis) X<br />
Strandseggen-Rasen (Junco-Caricetum extensae) X<br />
Strandsimsen-Röhricht (Scirpetum maritimae) X<br />
Tab. 1: Charakteristische Salzpflanzengesellschaften und ihr Vorkommen in den Salzwiesen Neuwerks in Abhängigkeit<br />
von der Beweidungsintensität. In Klammern stehende Gesellschaften kommen lediglich in Fragmenten vor.<br />
Artenzahl<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Laufkäfer<br />
Spinnen<br />
intensiv beweidet extensiv beweidet<br />
Abb. 2: Laufkäfer und Spinnen in den Salzwiesen von Neuwerk. Extensiv<br />
beweidete Salzwiesen werden in höheren Artenzahlen besiedelt.<br />
Brutpaare/10 ha<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Blütenbewohner<br />
Paroxyna plantaginis<br />
(Tryp)<br />
Blütenbesuchende Falter<br />
Gamma-Eule<br />
Kleiner Fuchs<br />
Admiral<br />
Distelfalter<br />
Ind./10 Pflanzen<br />
Ind./10-15qm/d<br />
2<br />
11<br />
Verbisshorizont<br />
26<br />
Agro = Minierfliegen (Agromyzidae)<br />
Col = Käfer (Coleoptera)<br />
Lep = Schmetterlinge (Lepidoptera)<br />
Syr = Schwebfliegen (Syrphidae)<br />
Tryp = Bohrfliegen (Trypetidae)<br />
62<br />
69<br />
Coleophora asteris (Lep)<br />
Paroxyna plantaginis (Tryp)<br />
Eucosma tripoliana (Lep)<br />
Lepidoptera (Lep)<br />
Syrphidae (Syr)<br />
Nitidulae (Col)<br />
Melanagromyza tripolii (Agro)<br />
Phytomyza asteris (Agro)<br />
Bucculatrix maritima (Lep)<br />
Calycomyza humeralis (Agro)<br />
Clepsis spectrana (Lep)<br />
Phalonidia affiniata (Lep)<br />
Abb. 1:Verteilung charakteristischer Insektenarten an der Strandaster. Dargestellt ist die Verteilung der<br />
einzelnen Arten auf die einzelnen Komponenten einer Asterpflanze.<br />
Nordvorland<br />
Ostvorland<br />
Feldlerche Kiebitz Rorschenkel<br />
Abb. 3: Mittlere Brutbestandsdichte charakteristischer Brutvögel im Vorland<br />
von Neuwerk in Abhängigkeit von der Beweidungsintensität.<br />
(Erfassungszeitraum 1993-1997).<br />
Abb. 4: Blüten der Strandaster. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 75
Insel Scharhörn<br />
78<br />
Die Düneninsel Scharhörn kann seit ihrem jungen Bestehen in den zwanziger Jahren auf eine im wahrsten Sinne des<br />
Wortes stürmische Vergangenheit zurückblicken. Bereits vor mehr als 70 Jahren wurden erste Maßnahmen ergriffen, um die<br />
Insel in ihrer natürliche Entstehung zu unterstützen und sie zu vergrößern.Trotzdem ist Scharhörn ein besonderes Beispiel<br />
dafür geblieben, wie sich eine Watteninsel ohne wesentliche Eingriffe durch den Menschen entwickeln kann.<br />
Die Geschichte der Insel Scharhörn<br />
Die berühmte Untiefe in der äußeren Elbemündung, das<br />
Scharhörnriff, war schon in der Hansezeit ein berüchtigter<br />
Schiffsfriedhof. Bereits frühzeitig wurden deshalb erste<br />
Seezeichen (Tonnen) gesetzt, um die Schifffahrt vor dem Riff zu<br />
warnen und eine sichere Einfahrt in das Elbfahrwasser zu<br />
gewährleisten. 1661 wurde die Scharhörn-Bake als Seezeichen<br />
und zugleich Zuflucht für Schiffbrüchige auf einer Sandbank<br />
errichtet.<br />
Auf den Wattflächen des Scharhörner Watts bildete sich durch<br />
Brandung, Gezeitenströmungen und Windablagerungen eine<br />
große Sandbank, die bereits im 16. Jahrhundert Erwähnung findet.<br />
Erstmalig 1868 wird diese Sandbank, die Scharhörnplate,<br />
kartographisch dargestellt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich<br />
Lage und Form der Plate beständig verändert, da die exponierte<br />
Lage zur Nordsee starke dynamische Umlagerungsprozesse<br />
bedingt. Andere Autoren vermuten jedoch im Scharhörnsand eine<br />
sehr dauerhafte Erscheinung, die seit etwa 3500 bis 4000 Jahren<br />
an dieser Stelle bestehe.<br />
1926 wurde zum ersten Mal Pflanzenwuchs auf der Sandbank<br />
beobachtet. Waren es zunächst wohl nur Spülsaumgesellschaften<br />
mit Meersenf, Kali-Salzkraut und Salz-Miere, so konnten sich im<br />
Windschatten dieser Spülsäume durch Sandfang erste kleine<br />
Dünen entwickeln (siehe Seite 80).<br />
Der ehemalige Neuwerker Lehrer Heinrich Gechter wollte<br />
damals den hochgelegenen Sand als springflutsicheren Brutplatz<br />
für die von ihm bereits beobachteten Seeschwalben und andere<br />
Seevögel sichern. Durch Zeitungsberichte und Eingaben an den<br />
Hamburger Senat begann das Wasserbauamt Cuxhaven bereits<br />
1927 mit den ersten Arbeiten. Sandfangzäune aus Holz wurden in<br />
großen Parzellen errichtet. Da diese aber nur geringen Erfolg<br />
zeigten, wurden ab 1929 kleinere Felder angelegt und zusätzlich<br />
Netze aus Kokosgarn zum Sandfang gespannt. Jetzt begann man<br />
auch mit ersten Bepflanzungen mit Strandroggen. Wenn auch<br />
Winterstürme zunächst alles zerstörten und nur eine geringfügige<br />
Aufhöhung erreicht wurde, so führte man die Landgewinnungsmaßnahmen<br />
weiter fort. 1930 wurden neue Sandfangzäune<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
errichtet und großflächig Strandgräser gepflanzt, zusätzlich wurde<br />
Strandroggen ausgesät. Die Arbeiten waren so erfolgreich,<br />
dass 1932 bereits Saatgut von der Insel geerntet werden konnte.<br />
Die steigende Bedeutung als Brut- und Rastplatz für Seevögel<br />
führte 1939 zur Ausweisung der Insel als "Vogelfreistätte", deren<br />
Betreuung dem Verein Jordsand und der Vogelwarte Helgoland<br />
übertragen wurde.<br />
Der zweite Weltkrieg brachte gravierenden Veränderungen mit<br />
sich. Während die bis dahin fortgesetzten Dünenschutzmaßnahmen<br />
vernachlässigt wurden, errichtete die Wehrmacht auf der<br />
Insel eine Flakstellung, einen Bunker und sechs Baracken.<br />
Nach dem Krieg nahm man die Landgewinnungsmaßnahmen<br />
wieder auf. Neben dem Pflanzen, Säen und Ernten von Dünenpflanzen<br />
wurden sogar Versuche unternommen, die Insel mit<br />
standortfremden Gehölzen (Grünerlen, Flieder, Weiden) aufzuforsten.<br />
Während der gesamten Aufbauzeit der Insel nagten<br />
Seegang und Stürme an der nordwestlichen Kante, während die<br />
Insel auf der Lee-Seite langsam aufwehte. Verschiedenste Maßnahmen<br />
wurden ergriffen, um den Substanzverlust der Insel aufzuhalten.<br />
Doch weder Abschrägung und Bepflanzung der Westkante<br />
von Hand (1954) oder unter Zuhilfenahme von Planierraupen<br />
(1966) noch das Vorschieben von Sand (1974) erwiesen<br />
sich als geeignet. Die Insel verlagerte sich beständig in südöstliche<br />
Richtung (siehe Abb. 1).<br />
Eine dauerhafte Sicherung der Lage schien nicht möglich zu sein,<br />
so dass die Arbeiten 1975 eingestellt wurden.<br />
In den Folgejahren traten zunächst permanente Flächenverluste<br />
auf, so dass die Sorge bestand, Scharhörn könne als wichtiger<br />
Brutplatz für Seevögel verloren gehen. Dies war einer der Gründe<br />
für die Planungen und Aufspülung der neuen Nachbarinsel<br />
Nigehörn. Dennoch ist Scharhörn bislang nicht untergegangen.<br />
Ganz im Gegenteil, zwischenzeitlich hat sich die Inselfläche wieder<br />
vergrößert.<br />
"Katastrophale" Ereignisse<br />
Die Insel ist in ihrer jungen Geschichte immer wieder von<br />
Katastrophen heimgesucht worden: schwere Sturmfluten wie die<br />
von 1936, 1962 und 1976 haben wiederholt große Teile des<br />
Dünenrings zerschlagen und das Eindringen von Salzwasser ins<br />
Inselinnere ermöglicht. Auch formten Stürme die Dünen in nur<br />
wenigen Tagen gravierend um. Verheerende Brände haben die<br />
gesamte Vegetation der Insel in dem Jahre 1938 sowie mehrfach<br />
zwischen 1950 und 1954 (zur Bekämpfung eingeschleppter<br />
Ratten) vernichtet. Jedes dieser Ereignisse hat seine besonderen<br />
Auswirkungen auf der Insel hinterlassen, bis hin zur fast völligen<br />
Vernichtung der Vegetation. Aufgrund der hohen Dynamik dieses<br />
Ökosystems setzte eine Regeneration im Allgemeinen jedoch<br />
schnell ein.<br />
Bauten auf Scharhörn<br />
Seit den frühen Entstehungsjahren haben im Sommer Menschen<br />
auf der Insel gelebt. Schon 1929 wurde der erste Pfahlbau errichtet,<br />
in dem die Dünenarbeiter wohnten. 1932 kam eine zweite<br />
Baracke hinzu, um den vielen Arbeitern, unter ihnen auch<br />
Arbeiter des Arbeitsdienstes von Neuwerk, sturmflutsichere<br />
Unterkunft gewähren zu können.<br />
Während der Kriegszeit wurden mehrere Gebäude errichtet, von<br />
denen ab 1947 drei durch Treppen verbundene Baracken bestehen<br />
blieben. Hier wohnten gemeinsam mit den Dünenarbeitern auch<br />
die Vogelwarte. Nach dem Brand der Baracken wurde bis 1957<br />
ein Behelfsbau bezogen. Ab 1957 bis 1983 diente ein Pfahlbau<br />
den Vogelwarten als Unterkunft, bis er im Winter 1982/83 durch<br />
schwere Stürme derart in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass er<br />
im folgenden Jahr abgerissen werden musste.<br />
1964 wurde im Rahmen der Forschungsarbeiten für den damals<br />
geplanten Tiefwasserhafen das "Hamburger Haus" errichtet, ein<br />
großer Pfahlbau im Zentrum der Insel. Ab 1983 konnten die<br />
Vogelwarte das Gebäude mitbenutzen und wohnten dort während<br />
des Sommers bis 1996.<br />
Im gleichen Jahr wurde ein neuer, moderner Containerbau auf der<br />
Insel im Schutz der mittleren Dünenkette gebaut, der seither den<br />
Vogelwarten als Unterkunft dient. Außerdem ist in dem neuen<br />
Gebäude auch die Windmessanlage untergebracht, die für die<br />
Vorwarnung von Sturmfluten in der deutschen Bucht und<br />
Unterelbe von großer Bedeutung ist.
Abb. 3: Letzte Relikte der Vogelwärterhütte von 1957 bis 1983.<br />
Nur die Stützpfeiler sind heute noch am Strand der Insel zu<br />
erkennen. Foto Janke (1996).<br />
Abb. 4: Das "Hamburger Haus" wurde 1964 als Unterkunft<br />
der Forschungsgruppe für den Tiefwasserhafen Neuwerk<br />
errichtet. Von 1983 bis 1997 beherbergte es auch die<br />
Vogelwärter des Verein Jordsand. Foto Janke.<br />
Abb. 5: Der neue Containerbau im Süden der mittleren<br />
Dünenkette dient seit 1997 als Unterkunft für<br />
die Vogelwärter und Windmessanlage zur Vorwarnung<br />
von Sturmfluten. Foto Körber.<br />
Abb. 2: Erste Scharhörnhütte, 1929. Foto Wagner.<br />
Erste Pfahlbauten seit 1929<br />
Vogelwärterhütte 1957-1982<br />
Hamburger Haus seit 1964<br />
Neuer Containerbau seit 1997<br />
Scharhörn1935<br />
Scharhörn1973<br />
Scharhörnplate<br />
100 0 400 m<br />
Scharhörn1997<br />
Abb. 1: Die Wanderung der Insel Scharhörn von 1935 bis 1997.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
79
Insel Scharhörn<br />
80<br />
Die Insel Scharhörn ist von einer formen- und strukturreichen Vegetation bewachsen. Ihre weitere Entwicklung ist eng verknüpft<br />
mit der natürlichen Wanderung der Insel.<br />
Lebensräume und Vegetation im Wandel der<br />
Entwicklung<br />
Nach den jüngsten Vermessungen aus dem Jahr 1997 ist<br />
Scharhörn rund 20 ha groß. Die Insel hat derzeit die Form eines<br />
in Ost-West-Richtung liegenden Ovals. Besonders auffällig ist ein<br />
in südöstlicher Richtung vorspringender Ausläufer, der Steert.<br />
Nördlich dieses lang ausgezogenen Anwuchsbereiches ragt<br />
zusätzlich ein kleiner Haken vor.<br />
Vor der Insel, insbesondere im Süden und Südwesten, sind ausgedehnte<br />
Spülsäume zu finden, in denen charakteristische, stickstoffliebende<br />
Arten wachsen. Neben ausgesprochenen Spezialisten<br />
wie der Strand-Melde, der Salz-Miere und dem Kali-Salzkraut<br />
sind es immer wieder auch "Allerweltsarten", die den Transport<br />
ihrer Samen oder Fortpflanzungsorgane im Wasser überstanden<br />
haben: Sonnenblumen, Hirtentäschel, Weißklee, Schilf oder<br />
Einjähriges Rispengras können ab und zu aufkommen. Allerdings<br />
sind Spülsäume nicht in jedem Jahr ausgebildet. 1996, nach<br />
einem ruhigen Winter ohne höhere Fluten, waren auf der<br />
Scharhörnplate ausgedehnte Spülsäume mit sehr seltenen Arten<br />
aufzufinden. Im folgenden Jahr dagegen, nach dem Eiswinter<br />
1996/97, waren die Spülsäume nur im äußersten Randbereich der<br />
Insel auf sehr schmale Säume mit wenigen Arten begrenzt.<br />
Südlich des "Steert" kann ein locker von Sandwatt-Queller und<br />
Strand-Soden bewachsener Bereich vom ansonsten vegetationslosen<br />
Strand abgegrenzt werden. Hier sind die Arten Überflutungen<br />
nur noch selten ausgesetzt, viel eher dem Sandanflug. Die<br />
Verzahnung mit den sich anschließenden noch jungen Dünen,<br />
aber auch mit den Spülsaumgesellschaften, zeigt sich durch ein<br />
gelegentliches Vorkommen von Dünenpflanzen und Spülsaum-<br />
Arten.<br />
Erst im Randbereich des Steert beginnt die echte Anwachszone,<br />
in der Primärdünen den Beginn der Dünenbildung anzeigen (siehe<br />
Seite 14). Dieser fast dreihundert Meter lange, dabei nur 20<br />
Meter breite Steert ist eine ganz charakteristische morphologische<br />
Struktur der sandigen Küsten. Die Bildung erfolgt im Windschatten<br />
der Hauptdünen Scharhörns. Sie formt sich durch einen<br />
windbedingten Transport von Sedimenten: Sand wird luvseitig<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
von der abtrocknenden Plate aufgenommen oder bereits von entfernteren<br />
Sänden herantransportiert und sinkt dann im Lee der<br />
hohen Dünenkämme wieder zu Boden. Auch ein Sandfang bei<br />
östlichen Winden kann für die Bildung der Dünen von Bedeutung<br />
sein, da bei diesen Windlagen aufgrund der niedrigeren Wasserstände<br />
im Elbmündungsgebiet die Plate stärker abtrocknet.<br />
Dünen<br />
Weißdünen erstrecken sich ringförmig um die ganze Insel. Die<br />
breitesten Weißdünenkomplexe haben sich im Südosten direkt im<br />
Anschluss an den Steert gebildet und werden hier auch noch fortlaufend<br />
weiter aufgehöht. Im Norden geht die Anwachsphase in<br />
die Abtragsregion über. Hier und weiter im gesamten Nordwesten<br />
und Westen wird die Insel lediglich von einem sehr schmalen<br />
Dünengürtel gegen die Gewalten der anstürmenden See<br />
geschützt, während im Süden und Osten die Primärdünen oder<br />
Quellerfluren für einen langsamen, stetigen Übergang von der<br />
Plate bis zu den Dünenkämmen sorgen. In der Abtragsregion<br />
grenzen die Weißdünen mehr oder weniger abrupt auf dem<br />
Strand, so dass sich eine steile, bis übermannshohe Wand vor dem<br />
Betrachter aufbaut. In einigen Teilen ist dieser Wall bereits durchbrochen,<br />
so dass Wasser in das Innere der Insel strömen konnte.<br />
Der Dünengürtel wird auch hier von Weißdünen gebildet, und an<br />
älteren Durchbrüchen zeigen neu entstandene Strandwälle und<br />
sogar kleine Weißdünen, dass sich in günstigen Jahren wieder<br />
Dünen aufbauen können, die den direkten Wasserzutritt in die<br />
Insel verwehren.<br />
Im Inneren der Insel prägen relativ ebene, hochliegende Bereiche,<br />
die dicht mit Dünen-Rot-Schwingel bewachsen sind, den Aspekt.<br />
Hier tritt bereits eine Beruhigung der Bodenoberfläche ein,<br />
Sandflug ist nur noch von geringem Ausmaß. Abgestorbenes<br />
organisches Material bleibt liegen und durch Humusakkumulation<br />
färbt sich der Boden grau. Allerdings werden in<br />
dem durchlässigen Sandboden die Nährstoffe ausgewaschen und<br />
so entstehen Graudünen, in denen normalerweise niedrigwüchsige<br />
Gräser, Moose und Flechten als Magerkeits- und Trocken-<br />
heitsanzeiger dominieren. Nicht so auf Scharhörn: hier werden<br />
die älteren Dünen überwiegend von relativ dichten Rot-<br />
Schwingelrasen bestanden. Diese sogenannten Rot-Schwingel-<br />
Dünen sind eine für Scharhörn charakteristische dichte Bewuchsform<br />
der Dünen, die auf noch relativ gute Nährstoffversorgung<br />
hinweist und eine Übergangsform zwischen Weiß- und Graudüne<br />
darstellt. Echte Graudünen, d.h. flachere Dünen, in denen eine<br />
lückenhafte niedrigwüchsige Vegetation aus Flechten, Moosen<br />
und reichblühenden Kräutern aspektbestimmend ist, treten auf<br />
Scharhörn selten auf. Der Rot-Schwingel bildet fast überall dichte<br />
Bestände und lässt den lichthungrigen Arten keine Lebensmöglichkeiten.<br />
An einigen Orten wird man aber doch fündig und<br />
kann neben Hasen-Klee, Scharfer Mauerpfeffer und Gras-Sternmiere<br />
auch Sand-Segge, Gewöhnliches Ferkelkraut und einige<br />
Moose ausmachen. Silbergras und Schillergras, wie sie für die<br />
Dünen der ostfriesischen Inseln charakteristisch sind, fehlen auf<br />
Scharhörn.<br />
An den Hängen der älteren Dünen hat sich die aus China überall<br />
an der Nordseeküste eingeschleppte Kartoffelrose angesiedelt. Gebüsche<br />
kennzeichnen den Übergang der Graudüne in die Braundüne,<br />
die schließlich normalerweise dicht von Gebüschen bestanden<br />
ist. Zwar hat es auf Scharhörn einige Ansiedlungen typischer<br />
Dünengebüsche gegeben (manchmal auch unterstützt durch<br />
Pflanzungen), doch auf Dauer konnten sich diese nicht halten.<br />
Dünensenken<br />
Im Inneren der Insel fallen einige Senken auf, die an Dünentäler<br />
erinnern. Diese Senken sind durch unregelmäßig vorrückende<br />
Dünenzüge, zwischen denen niedrigliegende Bereiche bestehen<br />
bleiben oder durch Wassereinbrüche und nachfolgende Ausspülung<br />
oder Auswehung des abtrocknenden Sandes entstanden.<br />
Winterliche Extremhochwässer können den Dünenring im<br />
Norden und Nordwesten überspülen und zerschlagen, anschließend<br />
werden die tiefer liegenden Bereiche überstaut. In<br />
manchen Jahren bleibt das Wasser bis in den Sommer hinein stehen<br />
und der Salzgehalt wird durch Niederschläge so stark verdünnt,<br />
dass schließlich Brackwassertümpel entstehen. Davon<br />
zeugen die tiefsten Senken mit ihren Restbeständen von<br />
Röhrichten aus Meerstrandsimse und Schilf.<br />
Etwa auf Höhe des MThw liegen zwei Senken im Norden und<br />
Südosten von Scharhörn, die früher von strukturreichen<br />
Salzwiesen bestanden waren. Die Vegetation hat sich zwischenzeitlich<br />
deutlich gewandelt: dichte Teppiche des Salzwiesen-Rot-<br />
Schwingels bedecken die Flächen, in denen höchstens noch der
Abb. 2: Blühende Strand-Platterbse in der<br />
Weißdünenvegtation von Scharhörn.<br />
Foto Janke.<br />
Flächengröße (ha)<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1935 1953 1958 1973 1983 1992 1997<br />
Abb. 3: Veränderung der Fläche Scharhörns zwischen<br />
1935 und 1997.<br />
1953<br />
1958 1973<br />
1983<br />
100 0 200 m<br />
1992<br />
Abb. 1: Die Verlagerung der Insel Scharhörn .<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 81
Insel Scharhörn<br />
82<br />
Herbst-Löwenzahn und das Gänse-Fingerkraut einzelne<br />
Farbtupfer setzen. Andere Charakterarten der Salzwiesenvegetation<br />
wie z.B. Strandflieder oder Strand-Aster treten auf<br />
Scharhörn derzeit nicht auf. Die Salzwiesen sind aufgrund seltener<br />
Überflutung und niederschlagsbedingter Aussüßung brackwasserbeeinflusst.<br />
Die etwas höheren Bereiche der Senken, ja sogar Randbereiche<br />
der Dünenkämme, sind überwiegend mit stickstoffliebenden<br />
Hochstaudenfluren bestanden. Vermutlich durch immer wiederkehrenden<br />
Eintrag von Angespül (organisches Material) sowie<br />
reichhaltige Nährstoffversorgung durch Vogelkot konnten sich<br />
dichte Bestände aus Geruchloser Kamille, Gewöhnlichem Beifuß<br />
und Acker-Gänsedistel bilden und in die Röhrichte aus Schilf und<br />
Strandsimse und auch Strand-Quecke und Strandroggen hineinwachsen.<br />
Folgen der Inseldynamik für die Vegetation<br />
Scharhörn wird seit Beginn der neunziger Jahre nur noch von den<br />
Kräften der Natur geformt und gibt daher einen guten Einblick in<br />
die Dynamik der Wattenlandschaft. Erosion an der wasser- und<br />
windexponierten Nord- und Westseite, Sedimentation an der Südostseite<br />
haben in der 70jährigen Geschichte der Insel bereits zu<br />
einer deutlichen Lageveränderung geführt. Von der Insel, wie sie<br />
für 1935 belegt ist, sind heute keine Reste mehr vorhanden, von<br />
der Lage um 1953 zeugt nur noch der nordwestliche Rand mit<br />
einem alten Dünenkomplex, der "Hüttendüne", die Anfang der<br />
50er Jahre aufgeweht wurde. Diese, für Scharhörner Verhältnisse,<br />
alte Düne ist dicht mit Rosen bestanden, die aber durch die fortwährende<br />
Erosion direkt an die Abbruchkante gelangt sind und<br />
nacheinander abrutschen. Die heruntergestürzten Sandmassen<br />
werden im Sommer von Strandroggen und Quecken wieder<br />
durchwachsen und, falls keine starken Stürme im Winter eintreten,<br />
auch bis ins nächste Jahr stabilisiert. Sie verwehren normalen<br />
Hochwässern den Zutritt in das Innere der Insel. Die inmitten der<br />
Düne liegende Hauptdüne ist 1970/71 aufgeweht worden.<br />
Flächengröße<br />
Die Flächengröße der Insel war immer abhängig von den<br />
Witterungsbedingungen und von der Intensität der Dünenschutzmaßnahmen.<br />
Während in den ersten Jahren starke Fluten wieder<br />
große Teile der gerade befestigten Insel wegspülten, waren nach<br />
dem Aufwachsen der Insel über den Flutbereich insbesondere die<br />
Sedimentationsverhältnisse ausschlaggebend. Nach 1935 war die<br />
Flächenbilanz beständig positiv, zwischen 1973 und 1983 verlor<br />
die Insel jedoch nahezu ein Drittel ihrer Fläche.<br />
1997 erreichte die Insel eine Größe von über 20 ha. In den letzten<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Jahren war die Sedimentation im Südosten größer als die relativ<br />
geringfügige Erosion im Nordwesten. Eventuell machen sich<br />
auch die letzten Sandvorspülungen Anfang dieses Jahrzehnts<br />
bemerkbar, die eine gute Sandnachlieferung bewirkten.<br />
Wandel der Vegetation<br />
Die Vegetation der Insel ist durch Untersuchungen in den 1950er<br />
und 1980er Jahren und in neuester Zeit bearbeitet worden, so dass<br />
auch über Veränderungen der Vegetation und der Flora umfangreiche<br />
Kenntnisse vorliegen.<br />
Dabei hat sich gezeigt, dass seit den fünfziger Jahren im wesentlichen<br />
sehr ähnliche Vegetationseinheiten bestehen. Lediglich<br />
ihre Lage und Ausdehnung ist abhängig von den jeweils herrschenden<br />
Sedimentations- und Erosionsbedingungen. Tertiärdünen<br />
und ausgeprägte Graudünen konnten bislang nicht auf der<br />
Insel entstehen. Dazu ist sie einfach zu jung. Bodenbildungsprozesse,<br />
die auf Dauer erst die Grundlage für Nährstoff- und<br />
Wasserversorgung der Gehölze liefern, brauchen Zeit. Soviel Zeit<br />
steht aber auf Scharhörn nicht zur Verfügung. Die ältesten<br />
Dünenbereiche sind hier weniger als 50 Jahre alt, und ehe es zu<br />
einer weiteren Dünen-Alterung kommen kann, werden diese<br />
Bereiche wieder vom Meer fortgespült.<br />
Andererseits haben sich Veränderungen in der Zusammensetzung<br />
der Pflanzengemeinschaften eingestellt. Während seit ihrem Bestehen<br />
über 220 Pflanzenarten auf der Insel nachgewiesen werden<br />
konnten, sind aktuell lediglich etwa 120 Arten regelmäßig auf der<br />
Insel zu finden. Dies zeigt, wie groß die Besiedlungsmöglichkeit<br />
einerseits ist, wie wenige Arten aber andererseits unter den extremen<br />
Bedingungen dort zu leben vermögen.<br />
Abb. 4: Spülsaumgesellschaften an der Westseite Scharhörns mit<br />
Meeresenf (1996). Foto Janke.<br />
Weitere Entwicklung Scharhörns<br />
Die häufig geäußerte Vermutungen, dass die Insel in absehbarer<br />
Zeit vollständig zerschlagen würde, ist anhand der jüngsten Entwicklung<br />
ebenso wenig zu belegen wie eine mögliche weitere<br />
Flächenzunahme. Wie sich die vorhergesagte Meeresspiegelerhöhung<br />
oder der Anstieg des mittleren Tidenhubs auf Scharhörn<br />
auswirken wird, ist nicht abzusehen. Zwar könnten sich dadurch<br />
die erosiven Kräfte an der Nordkante deutlich verstärken,<br />
andererseits können Dünenbildungsprozesse hierdurch gefördert<br />
werden.<br />
Stetiger Wandel ist die Norm in einem derartig dynamischen<br />
System wie dem <strong>Wattenmeer</strong>. Veränderung ist das Merkmal der<br />
Wattenlandschaft, und die Insel Scharhörn ist charakteristisches<br />
Zeichen des Wandels. Nur kurzfristige Konstanz von Lebensräumen<br />
und Besiedlungsmustern sind eng gekoppelt mit räumlicher<br />
Variabilität, so dass die zeitliche Abfolge der Dünenbildung,<br />
die Sukzession, sogar bei einem Rundgang um die Insel deutlich<br />
werden kann. Auf- und Abbau, Umgestaltung, Einwanderung und<br />
Abwanderung von Pflanzen- und Tierarten sind normale Veränderungen.<br />
Auch besonders seltene und schutzbedürftige Tier-<br />
Abb. 5: Steiler Dünenhang im Norden Scharhörns. Foto Janke (1996).<br />
und Pflanzenarten können von diesem Wandel betroffen werden<br />
und Scharhörn verlassen. Dafür werden sie sich an anderer geeigneter<br />
Stelle im <strong>Wattenmeer</strong> niederlassen. Dies setzt allerdings<br />
voraus, dass auch genügend Bereiche vorhanden sind, in denen<br />
sich selbst gestaltende, dynamische Prozesse stattfinden können.<br />
Dynamische Inseln sind durch die weitgehende Küstenfestlegung<br />
im gesamten <strong>Wattenmeer</strong> selten geworden. Gerade ihre frühen<br />
Stadien sind auf Scharhörn gut zu erkennen. Die weitere Entwicklung<br />
der Insel und ihrer Dünen ist daher von großem Wert für<br />
die Wissenschaft.
Abb. 7: Zur typischen Dünenvegetation Scharhörns<br />
gehört auch der Scharfe Mauerpfeffer. Foto Janke.<br />
Abb. 6:. Lebensräume der Insel Scharhörn (Stand 1997).<br />
Brackwasser-Röhricht<br />
Graudüne<br />
Nährstoffreiche Hochstaudenflur<br />
Primärdüne<br />
Queller-Soden-Flur<br />
Rot-Schwingel-Düne<br />
Salzwiese<br />
Spülsaum<br />
Trittflur<br />
Weißdüne<br />
Wuchsorte der Kartoffelrose<br />
Gebäude/Anlage<br />
10 0 150 m<br />
Abb. 8: Blick auf die Dünenvegetation von Scharhörn<br />
vom "Hamburger Haus" aus (Juli 1996). Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 83
Insel Scharhörn<br />
84<br />
Inseln sind für Insekten aufgrund ihrer relativ geringen Mobilität nur schwer zu erreichen. Daher ist die Artenvielfalt dort<br />
zumeist deutlich geringer als auf dem benachbarten Festland. Auch die Insektenwelt der 15 km vom Festland entfernt liegenden<br />
Düneninseln Scharhörn und Nigehörn weist eine relativ geringe Artenvielfalt auf.<br />
Die Insektenwelt der Inseln Scharhörn und Nigehörn<br />
Insekten können sowohl aktiv als auch passiv neue Standorte<br />
erreichen und sich in die Umgebung ausbreiten.<br />
So können die relativ großen Arten unter ihnen wie z.B. die Vierflecklibelle<br />
und der Wanderfalter, wie beispielsweise der Großer<br />
und Kleiner Kohlweißling, der Raps-Weißling, das Tagpfauenauge<br />
und die Gammaeule, die Düneninseln aktiv anfliegen. Von<br />
allen Arten ist bekannt, dass sie jährliche Wanderungen und Ausbreitungsflüge<br />
durchführen.<br />
Kleinere Arten können von einer südöstlichen Windströmung<br />
vom Festland auf die Inseln verdriftet werden. Auch eine passive<br />
Anreise im Gefieder der Vögel, sowie durch das Anschwemmen<br />
mit dem Treibgut sind möglich. So kann man bei einer genauen<br />
Untersuchung des Angespüls leicht fündig werden und große<br />
Mengen verschiedener Käfer und anderer robuster Insektenordnungen<br />
finden. Insbesondere auf Nigehörn sind mit dem von<br />
Scharhörn stammenden Pflanzenmaterial einige kleinere Arten,<br />
wie z.B. Zikaden eingeschleppt worden. Besonders unter den<br />
Nachtfaltern kann es sog. Irrgäste auf den Inseln geben, die durch<br />
Lichtquellen wie die Befeuerung der Elbmündung und den<br />
Schiffsverkehr angelockt werden.<br />
Nur wenige der schließlich die Inseln erreichenden Arten sind in<br />
der Lage, ihren gesamten Lebenszyklus auf der Insel zu vollziehen<br />
und sich dort fortzupflanzen, also bodenständig zu werden.<br />
Zumeist fehlen einige wichtige Teile ihres natürlichen Lebensraumes<br />
wie bestimmte Wirtspflanzen für Eier und Larven oder<br />
Nahrungspflanzen und anderes.<br />
Dennoch sind die Düneninseln durch ihre besondere Biotopstruktur<br />
ein bedeutsamer Lebensraum für einige spezialisierte Insektenarten,<br />
die offene Sandflächen, Trockenheit und Wärme<br />
während ihres Lebenszyklus benötigen. Beispielsweise tritt die<br />
Laufkäferart Calathus ochropterus nur in naturnahen Dünen mit<br />
großer Stetigkeit auf und viele Schmetterlinge, Hautflügler und<br />
Spinnentiere sind auf diese, inzwischen selten gewordenen,<br />
Lebensräume angewiesen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Gras- und Staudenvegetation<br />
Scharhörn und Nigehörn weisen eine Vielzahl verschiederner Lebensräume<br />
auf, die nach der Vegetationsstruktur und der in ihnen<br />
herrschenden Umweltbedingungen differenziert werden können.<br />
Große Bereiche des Inselkerns von Scharhörn sind mit dichter<br />
Gras- und Staudenvegetation bewachsen. Dicht geschlossene, an<br />
Rotschwingel reiche Weißdünen, Salzwiesen, Röhrichte und Staudenfluren<br />
bieten ähnliche Lebensbedingungen, wie sie auch in<br />
Wiesen und Röhrichten im Binnenland auftreten. So sind in diesen<br />
Vegetationsstrukturen nur wenige spezialisierte Insektenarten zu<br />
finden. Allgemein verbreitete Arten, wie z.B. der Laufkäfer<br />
Harpalus rufipes oder das Große Grüne Heupferd, eine Heuschreckenart,<br />
sind hier häufigere Arten. Ein ähnliches Bild zeigen<br />
der äußere Dünenring und die grasreichen, durch Vogelkot gedüngten<br />
Magerrasen von Nigehörn. Lediglich Röhrichte und Staudenfluren<br />
konnten sich auf der jungen Insel noch nicht entwickeln.<br />
Lückige Magerrasen<br />
Lückige Magerrasen mit Flechten und Moosen, in denen immer<br />
wieder offene Sandbereiche eingestreut sind, finden sich sowohl<br />
auf Scharhörn als auch auf Nigehörn. Auf solchen Flächen, die<br />
auf Scharhörn den Graudünen entsprechen, auf Nigehörn hingegen<br />
durch die Ansaat begründet wurden, leben vor allem lichtund<br />
wärmeliebende Arten wie z.B. der Laufkäfer Amara aena<br />
und der Kleine Feuerfalter, von dem hier mehrfach auch Raupen<br />
gefunden wurden.<br />
Weißdünen<br />
Charakteristisch für beide Inseln sind Weißdünen mit offenem<br />
Sand. Diese jungen Dünen werden durch bewegte Dünensände mit<br />
mehr oder weniger dichtem Bewuchs durch die typischen<br />
Dünengräser Strandhafer und Strandroggen gekennzeichnet, in<br />
denen es bereits innerhalb weniger Stunden zu erheblichen Sandumlagerungen<br />
kommen kann. Typisch für den Lebensraum<br />
Weißdüne ist der Eulenfalter Chortodes elymi, der sowohl auf<br />
Scharhörn als auch auf Nigehörn festgestellt wurde. Diese unscheinbare<br />
Art lebt ausschließlich an Strandroggen und ist daher<br />
eng an die Küstenlebensräume der Nord- und Ostsee gebunden.<br />
Sowohl Scharhörn als auch Nigehörn haben im Südosten einen<br />
sogenannten Steert ausgebildet, der, ebenso wie die östlich angelagerten<br />
Haken, Primärdünenvegetation auf feuchtem, offenem<br />
Sand aufweist. Diese Flächen werden von starken Hochwässern<br />
erreicht. Für diesen Lebensraum sind Laufkäferarten der Gattung<br />
Dyschirius typisch. Auch in der Inselmitte Nigehörns, in Stauwassersenken,<br />
sind offene, feuchte Sande anzutreffen.<br />
Andere ökologische Bedingungen herrschen auf vegetationslosen<br />
Flächen mit offenem Sand. Lediglich Nigehörn besitzt noch solche<br />
Biotope, die durch Ausblasungen entstanden sind. Diese<br />
Strukturen sind im Laufe der Sukzession auf Scharhörn verlorengegangen.<br />
Trockenheits- und wärmeliebende Arten wie z.B. der<br />
hauptsächlich im Küstenbereich vorkommende Laufkäfer Amara<br />
quenseli, bevorzugen diesen Lebensraum. Auf der "Roten Liste"<br />
der gefährdeten Laufkäfer ist die genannte Art bereits als stark<br />
gefährdet eingestuft.<br />
Umfangreiche Gehölzstrukturen, wie sie für alte Dünen (Tertiärdünen)<br />
charakteristisch sind, kommen aufgrund des relativ geringen<br />
Alters beider Inseln nicht vor. Daher finden gehölzbewohnende<br />
Tierarten hier keinen Lebensraum. Lediglich auf Scharhörn<br />
haben sich einige kleinere Rosenbestände aus der allgemein weit<br />
verbreiteten Kartoffelrose etabliert.<br />
Die Lebensräume und ihre Besiedlung im Vergleich<br />
Am Beispiel der verschiedenen Eulenfalter-Arten Scharhörns<br />
kann die Bevorzugung bestimmter Lebensräume aufgezeigt werden.<br />
Etwa 20% der Arten bevorzugen die offenen, trockenen<br />
Lebensräume. Aufgrund der Seltenheit dieser Extrembiotope sind<br />
viele der an diese Lebensbedingungen angepaßten Arten inzwischen<br />
in ihrem Bestand gefährdet und werden auf den "Roten<br />
Listen" geführt. Fast die Hälfte aller gefundenen Eulenfalterarten<br />
können als bodenständig angenommen werden, d.h. sie können<br />
alle Stadien ihrer Entwicklung auf Scharhörn durchlaufen und sich<br />
dort auch fortpflanzen.<br />
Auch für viele andere Insektengruppen werden ähnliche Verhältnisse<br />
vermutet, doch sind bislang zu wenig grundlegende Untersuchungen<br />
durchgeführt worden.<br />
Detaillierte Untersuchungen zum Artenbestand der Insekten auf<br />
Nigehörn liegen bislang noch nicht vor. Bei vergleichenden Untersuchungen<br />
zur Nachtfalter- und Kleinschmetterlingsfauna von<br />
Scharhörn und Nigehörn wurde aber bereits bei einer Erfassung<br />
Ende Juni 1997 ein Anteil von etwa zwei Drittel der Arten<br />
Scharhörns auch auf Nigehörn gefunden, die dort als bodenständig<br />
gelten dürfen. Die Besiedlung Nigehörns mit charakteristischen<br />
Insektenarten scheint damit schon weit fortgeschritten zu sein.
Abb. 2: Großes Heupferd. Charakterform der dichten<br />
Gras- & Staudenvegetation. Foto Janke.<br />
Abb. 3: Laufkäfer (Amara aena).<br />
Charakterform der lückigen Magerrasen. Foto Hecker.<br />
Abb. 4: Kleiner Feuerfalter.<br />
Charakterform der lückigen Magerrasen. Foto Borsch.<br />
dichte Gras-/Staudenvegetation<br />
lückiger Magerrasen<br />
offener, feuchter Sand<br />
offener, trockener Sand<br />
Weißdüne mit offenem Sand 100 0 500 m<br />
Scharhörnplate<br />
Nigehörn<br />
Abb. 1:Vegetationsstrukturen der Düneninseln Scharhörn und Nigehörn<br />
als Lebensraum für Insekten.<br />
Scharhörn<br />
Anzahl der Arten<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Abb. 5: Grabhäufchen des Salzkäfers auf dem offenen,<br />
feuchten Sand am Inselrand. Foto Janke.<br />
Abb. 6: Salzkäfer. Foto Janke.<br />
nicht spezifische Arten trockenheitsliebende Arten<br />
Sandbodenarten<br />
Gesamtzahl Bodenständigkeit<br />
feuchtigkeitsliebende Arten<br />
Abb. 7: Ökologische Präferenzen der Eulenfalter (Noctuidae) auf Scharhörn.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 85
Insel Scharhörn<br />
86<br />
Die Insel Scharhörn ist seit ihrer Entstehung ein außerordentlich bedeutsamer Brut- und Rastplatz für Tausende von<br />
Seevögeln. Nur wenige Brutvogelkolonien und Rastvogelbestände sind in ihrer Entstehung und Entwicklung so ausführlich<br />
dokumentiert wie die der Vogelschutzinsel am Rande des Elbfahrwassers.<br />
Die Vogelwelt und ihre Entwicklung<br />
Seit 1938 wird die Insel Scharhörn von Vogelwarten betreut, und<br />
seit dieser Zeit liegen daher kontinuierliche Aufzeichnungen der<br />
Brutvogelbestände vor. Lediglich im 2. Weltkrieg, als Scharhörn<br />
Stützpunkt der Flugabwehr war, konnte die Insel von Zivilpersonen<br />
nicht betreten werden. Seit der Ausweisung als Naturschutzgebiet<br />
1939 oblag die Betreuung gemeinsam der<br />
Vogelwarte Helgoland und dem Verein Jordsand. Bis 1975 war<br />
Scharhörn auch Außenstelle der Vogelwarte Helgoland, wobei der<br />
Schwerpunkt in der Beringung (mehr als 25.000 Flussseeschwalben<br />
wurden in dieser Zeit beringt) und Erfassung der<br />
rastenden Vögel lag. Allerdings wurde, dem Zeitgeist und Naturschutzgedanken<br />
der jeweiligen Zeit entsprechend, nicht nur die<br />
Entwicklung der Bestände beobachtet, sondern es wurden auch<br />
z.T. erhebliche Eingriffe in die natürliche Entwicklung einzelner<br />
Kolonien unternommenen. So wurde z.B. versucht, die Ansiedlung<br />
von Möwen durch Gelegezerstörung und Bejagung zu unterdrücken,<br />
andererseits wurden Nisthilfen für Brandenten in die<br />
Dünen eingebracht (von 1950 bis 1969).<br />
Seeschwalben<br />
Schwerpunkt der Beobachtung und besonderer "Stolz der<br />
Vogelwarte" waren von jeher die großen Kolonien der brütenden<br />
Seeschwalben. Fluss- und Küstenseeschwalbe brüten mindestens<br />
seit 1926 bzw. 1949, die Brandseeschwalbe, allerdings mit Unterbrechungen,<br />
seit 1902 und die Zwergseeschwalbe in kleineren<br />
Beständen ebenfalls fast kontinuierlich seit dieser Zeit. Die Standorte<br />
der Kolonien waren, den jeweiligen ökologischen Bedingungen<br />
angepasst, von Jahr zu Jahr recht lagetreu. Brandseeschwalben<br />
brüteten am Westrand der Insel, die Zwergseeschwalbe<br />
am Südostrand, häufig noch außerhalb der Primärdüne<br />
auf dem Strand, in den siebziger Jahren auch in der nur gering<br />
bewachsenen Ostdüne. Die Fluss- und Küstenseeschwalben bilden<br />
gemischte, lockere Kolonien, vornehmlich im Westen der<br />
Insel in den Weißdünen- und Rot-Schwingel-Dünen, aber auch in<br />
den Salzwiesen und Staudenfluren. Die Küstenseeschwalbe stellte<br />
etwa einen Anteil von 10 bis 20% an den bis zu 4000 Brutpaare<br />
umfassenden Mischkolonien mit der Schwesterart.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
In den achtziger Jahren waren im Mittel fast 5500 Brutpaare der<br />
Seeschwalben auf der Insel versammelt. Das Maximum wurde<br />
1983 mit 8072 Brutpaaren erreicht. Scharhörn stellte zu dieser<br />
Zeit einen der bedeutendsten Brutplätze für Seeschwalben im<br />
gesamten <strong>Wattenmeer</strong> dar. Seit einigen Jahren nehmen die<br />
Seeschwalbenbestände auf Scharhörn jedoch wieder kontinuierlich<br />
ab. In vielen Jahren ist kein nennenswerter Bruterfolg zustande<br />
gekommen. Die Brandseeschwalben haben zuletzt 1998<br />
Scharhörn erfolgreich als Brutplatz genutzt. Im Jahr 2000 haben<br />
sie ihre Gelege vorzeitig aufgegeben.<br />
Pioniere<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Beobachtungen galt den frühen<br />
Besiedlern der Strände, deren Entwicklung zeitgleich mit der<br />
Sukzession der Düneninsel verfolgt werden konnte. So haben<br />
neben den bereits erwähnten Zwergseeschwalben auch<br />
Seeregenpfeifer und Sandregenpfeifer fast in jedem Jahr auf<br />
Scharhörn ihren Nachwuchs aufgezogen. Die Bestände und die<br />
Brutpaare<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
1936<br />
Flussseeschwalben Küstenseeschwalben<br />
1942 1948 1954 1960 1966 1972 1978 1984 1990 1997<br />
Abb. 1: Bestandsentwicklung von Fluss- und Küstenseeschwalbe auf<br />
Scharhörn.<br />
Bruterfolge dieser Arten schwanken sehr stark.<br />
Auch der Austernfischer, der bereits auf dem vegetationsarmen<br />
Scharhörnsand seine Gelege errichtete, gehört zu den Brutvögeln<br />
der "ersten Stunde". Sein Bestand stieg bis in die achtziger Jahre<br />
an und erreichte ein kontinuierlich hohes Niveau von 100 bis 120<br />
Brutpaaren. Seit Mitte dieses Jahrzehnts ist eine Abnahme des<br />
Bestandes zu verzeichnen.<br />
Möwen<br />
Die dritte bedeutende Vogelgruppe auf Scharhörn bilden die<br />
Möwen. Nach der erfolglosen Verhinderung von Ansiedlungsversuchen<br />
der Silbermöwe haben sich inzwischen auch Heringsund<br />
Sturmmöwe auf Scharhörn angesiedelt. Die Brutkolonie der<br />
Lachmöwen ist seit 1996 im Rückgang begriffen.<br />
Das sogenannte "Möwenproblem"<br />
Die vermutete negative Auswirkung der Möwenbestände auf konkurrenzschwächere<br />
Seevogelarten durch Brutplatzverdrängung,<br />
Nahrungskonkurrenz und die Erbeutung von Gelegen und Jungvögeln<br />
führte seit den zwanziger Jahren zur großräumigen Reduzierung<br />
der Silbermöwenbestände durch Gift, Gelegevernichtung<br />
und direkte Bejagung. Kurzfristig konnte damit zwar die<br />
Zunahme der Möwenbestände gebremst werden, nach Einstellung<br />
der bestandsregulierenden Maßnahmen stiegen die Möwenbestände<br />
jedoch immer wieder an. Ein Zusammenhang zwischen<br />
wachsendem Großmöwenbestand und Rückgang anderer Seevögel<br />
konnte jedoch nie bewiesen werden, zumal seit den siebziger<br />
Jahren die Bestandszunahme der Möwenpopulationen synchron<br />
mit Bestandserholungen anderer Seevogelarten verlief.<br />
Auch auf Scharhörn, die traditionell als Vogelschutzinsel insbesondere<br />
für Seeschwalben im Interesse des Naturschutzes stand,<br />
wurden Regulierungsmaßnahmen an Silbermöwen seit ihrer<br />
Ansiedlung durchgeführt. Vor allem die Gelegezerstörung stand<br />
zunächst im Vordergrund, konnte aber eine weitere Ausdehnung<br />
der Kolonien nicht verhindern. Im Verlauf der küstenweiten<br />
Bekämpfungsaktionen konnte die Silbermöwe jedoch vorübergehend<br />
von Scharhörn verdrängt werden. Ende der achtziger Jahre<br />
wurden dann sogar gezielte Bejagungsmaßnahmen auf Scharhörn<br />
durchgeführt.<br />
Wie bereits in anderen Bereichen der Nordseeküste nehmen auf<br />
Scharhörn und Nigehörn derzeit die Bestände der Großmöwen<br />
zu. Während andernorts die Silbermöwenbestände wieder im<br />
Rückgang begriffen sind, ist auf Scharhörn und Nigehörn immer<br />
noch eine Zunahme zu verzeichnen gewesen. Die Einstellung der<br />
Verfolgung hatte für die Silbermöwenpopulation einen deutliche<br />
Anstieg der Brutpaare zur Folge. Vergleichsweise jung sind noch
Brutvögel (Auswahl)<br />
10 0<br />
Austernfischer<br />
Rotschenkel<br />
Sandregenpfeifer<br />
Wiesenpieper<br />
Brutkolonien<br />
Fluss-/Küstenseeschwalbe<br />
Heringsmöwe<br />
Lachmöwe<br />
Silbermöwe<br />
Zwergseeschwalbe<br />
Gebäude/Anlage<br />
150 m<br />
Abb. 2:Verteilung ausgewählter Brutvogelarten auf der Insel Scharhörn (Aufnahme 1996).<br />
Brutpaare<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1935<br />
1945<br />
Lachmöwe<br />
1955<br />
Abb. 3: Bestandsentwicklung des Rotschenkel auf Scharhörn.<br />
1965<br />
1975<br />
1985<br />
1995<br />
Sibermöwe Sturmmöwe Heringsmöwe<br />
Abb. 4: Brutbestandsentwicklung der Möwenkolonien auf Scharhörn.<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Brutpaare<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 87<br />
0
Insel Scharhörn<br />
88<br />
die Brutbestände der Heringsmöwe, die seit 1989 mit wachsender<br />
Zahl auf Scharhörn brütet, sowie der Sturmmöwe (seit 1994 mit<br />
bis zu 6 Brutpaaren). In den letzten Jahren wachsen wattenmeerweit<br />
die Bestände von Heringsmöwe und Sturmmöwe steil an.<br />
Der beobachtete Rückgang des Bruterfolgs der Silbermöwe wird<br />
in erster Linie auf die Konkurrenz mit Heringsmöwen zurückgeführt,<br />
denen die Silbermöwe während der Phase der Jungenaufzucht<br />
unterlegen zu sein scheint. Für die Bestandsvermehrung<br />
von zunächst Herings- und jetzt auch Sturmmöwe werden<br />
menschliche Aktivitäten verantwortlich gemacht, insbesondere<br />
die bessere Ernährungssituation durch über Bord geworfene<br />
Fischereiabfälle. Anders als die Silbermöwe, die auch auf Müllplätzen<br />
zu finden ist, sind Sturm- und Heringsmöwe überwiegend<br />
Fischfresser, die allerdings auch zusätzlich Gelege und Jungvögel<br />
schwächerer Arten erbeuten können.<br />
Auch die Scharhörner Brutkolonie der Lachmöwe hat noch bis<br />
1996 deutlich zugenommen. Seit Beginn der fünfziger Jahre verlegten<br />
die früher vorwiegend binnenländischen Populationen ihr<br />
Brutgebiet an die Küste und vervielfachten innerhalb kurzer Zeit<br />
ihre Bestände. Auf Scharhörn erfolgte eine dauerhafte Ansiedlung<br />
erst 1972. Von den Vogelwärtern wurde versucht, eine Etablierung<br />
der Lachmöwe auf Scharhörn zu verhindern, weil man in<br />
ihnen eine zu starke Konkurrenz für die Seeschwalben vermutete.<br />
Die Ansiedlung konnte jedoch langfristig nicht unterbunden<br />
werden. Während in den letzten Jahren die Teilpopulation auf<br />
Scharhörn rückläufige Bestandszahlen aufweist, nimmt der Bestand<br />
auf Nigehörn deutlich zu. Für das deutsche <strong>Wattenmeer</strong> insgesamt<br />
ist noch kein Ende des Bestandszuwachses abzusehen,<br />
weil die anpassungsfähige Lachmöwe schnell neue Nahrungsquellen<br />
erschließen kann.<br />
Anders als die großen Möwenarten rauben die Lachmöwen nur<br />
vergleichsweise selten die Nester von Seeschwalben aus. Im<br />
Gegenteil, die Brandseeschwalben suchen zur Brutzeit die Nähe<br />
und den Schutz der gegenüber den großen Möwen äußerst aggressiven<br />
Lachmöwenkolonien.<br />
Während in den frühen Jahren der Inselbetreuung zunächst eine<br />
ernsthafte Bedrohung der Seeschwalben und ihrer Brutplätze in<br />
der Konkurrenz durch die Möwen gesehen wurde, hat sich in den<br />
letzten Jahren immer wieder herausgestellt, dass die direkte<br />
Erbeutung von Gelegen und Jungvögeln durch die Silbermöwen<br />
für die Seeschwalben von größerer Bedeutung ist. Verschärfend<br />
für die Brutsituation der Seeschwalben auf Scharhörn kommt hinzu,<br />
dass die Biotopstrukturen im Bereich der traditionellen<br />
Neststandorte der Fluss- und Küstenseeschwalbe auf Scharhörn<br />
nicht den für sie günstigsten Verhältnissen entsprechen. Die<br />
Vegetation ist vergleichsweise zu hoch und stark verfilzt, wo-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
durch die Erreichbarkeit der Nester und deren Verteidigungsmöglichkeit<br />
gegenüber den zu Fuß durch die Kolonien laufenden<br />
Möwen herabgesetzt wird, und die Küken bei feuchter Witterung<br />
nicht schnell genug trocknen können.<br />
In Kombination mit schlechten Ernährungsbedingungen blieb in<br />
den neunziger Jahren mehrere Jahre nacheinander nennenswerter<br />
Bruterfolg der Seeschwalben auf Scharhörn aus. Flussseeschwalben<br />
weisen große Standorttreue auf und geben ihre<br />
Kolonien erst auf, wenn sie mehrere Jahre hintereinander keinen<br />
Bruterfolg hatten. Beispielsweise hat sich die Kolonie auf<br />
Trischen erst nach mehreren aufeinanderfolgen Jahren ohne<br />
Bruterfolg stark reduziert, dafür ist es andernorts zu einer erfolgreichen<br />
Ansiedlung gekommen.<br />
Im Laufe der natürlichen Dünenentwicklung stellen Silbermöwen<br />
nach den Seeschwalben die folgende Stufe der Besiedlung durch<br />
Brutvögel dar. Der lokale Rückgang der Seeschwalben beruht<br />
also auch auf einer Veränderung der Bruthabitate, durch die Ansiedlung<br />
von Silbermöwenkolonien kann der Bestandsrückgang<br />
der Seeschwalben beschleunigt werden. Die Seeschwalben weichen<br />
in der Regel in andere Gebiete aus, bis die Zahl der Fressfeinde<br />
sich aufgrund populationsökologischer Faktoren wieder<br />
reduziert hat. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, eine Gesamtübersicht<br />
der Seeschwalbenkolonien im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />
vorzunehmen, um deren Entwicklung abschätzen zu können.<br />
Abb. 5: Küken der Silbermöwe. Foto Janke.<br />
Weitere Arten<br />
Schon frühzeitig nach ihrer Entstehung hatten auch weitere Arten<br />
die Insel als Brutplatz entdeckt. Die Brandenten siedelten bereits<br />
auf den ersten kleinen Dünen. Im Rahmen der allgemeinen<br />
Brutbestandszunahme im Küstenraum stieg auch der Brutbestand<br />
auf Scharhörn, der zwischen 1950 und 1969 durch die Anlage<br />
künstlicher Bruthöhlen gefördert wurde. In den siebziger und<br />
achtziger Jahren konnten dann zumeist über 50 Brutpaare auf der<br />
inzwischen über ausreichend natürliche Bruthabitate (dicht<br />
bewachsenen Dünen) verfügenden Insel gezählt werden. In den<br />
letzten Jahren sinkt der Brutbestand wieder. Auch bei der Stockente,<br />
die seit 1960 hier regelmäßig brütet, ist diese Bestandsabnahme<br />
zu verzeichnen.<br />
Der auf Scharhörn brütende Rotschenkel ist eigentlich kein typischer<br />
Brutvogel einer Düne. Er legt seine Nester in dichter<br />
Vegetation an und konnte sich daher erst mit wenigen Brutpaaren<br />
ansiedeln, als diese Biotopstrukturen vorhanden waren (ab 1947).<br />
Er steigerte seinen Brutbestand kontinuierlich auf maximal 28<br />
Brutpaare (1979 und 1981), dieser nimmt in den letzten Jahren<br />
jedoch wieder - wie auch auf dem Festland - rapide ab. Seine<br />
bevorzugten Bruthabitate sind die dicht bewachsenen Salzwiesen<br />
und älteren Dünenkomplexe. Jedoch weist der Rotschenkel im<br />
langjährigen Schnitt nur einen recht geringen Aufzuchtserfolg<br />
auf, was sowohl am Nahrungsmangel auf der Düne als auch in der<br />
ungünstigen Biotopstruktur liegen mag, da die dichten und verfilzten<br />
Grasbestände für Küken nur schwer zu durchdringen sind.<br />
Auch Singvögel sind auf der Insel beheimatet. Regelmäßig seit<br />
1961 brütet der Wiesenpieper mit durchschnittlich etwa 10<br />
Paaren. Von 1948 bis 1995 brütete auch die Feldlerche alljährlich<br />
mit maximal über 30 Brutpaaren. Zu den unregelmäßigen Brutgästen<br />
zählen weiterhin Bachstelze, Elster, Star und Bluthänfling.<br />
Scharhörn als Rastgebiet<br />
Neben der Funktion als Brutstätte ist Scharhörn als Rückzugspunkt<br />
für Limikolen bei Extremhochwässern von großer<br />
Bedeutung. Die hochgelegene Plate ist bedeutender Rastraum für<br />
mehr als 100.000 Vögel. Vornehmlich Alpenstrandläufer, Knutts,<br />
Austernfischer, Kiebitzregenpfeifer, Brachvögel, Pfuhlschnepfen<br />
und Großmöwen suchen den Scharhörnsand bei normal auflaufendem<br />
Wasser auf. Bei hohen Wasserständen werden auch Randbereiche<br />
der Insel genutzt, insbesondere von Möwen und Brachvögeln,<br />
während andere Arten (z.B. Austernfischer) in das Vorland<br />
von Neuwerk abziehen oder die Hochwasserzeit fliegend<br />
überbrücken wie z.B. die Knutts.<br />
Scharhörn dient aufgrund seiner Lage in der inneren Deutschen<br />
Bucht als Rast- und Orientierungspunkt für ziehende Singvögel.<br />
Die Hauptzugwege zumindest im Herbst scheinen allerdings östlich<br />
an der Insel vorbeizulaufen und der Küstenlinie Schleswig-<br />
Holsteins als Landmarke zu folgen. Auch zur Rast wird<br />
Scharhörn von vielen Singvögeln aufgesucht, entweder nur für<br />
eine kurze Stippvisite oder auch für mehrere Tage.
Seeschwalbenkolonien 1990 Seeschwalbenkolonien 1996 Silbermöwen<br />
Brandseeschwalbe<br />
Fluss-/Küstenseeschwalbe<br />
Kolonien 1990 Gebäude/Anlagen<br />
Fluss-/Küstenseeschwalbe Zwergseeschwalbe<br />
Kolonien 1996<br />
Abb. 6:Verteilung und Veränderung ausgewählter Seevogelkolonien auf Scharhörn 1990–1996.<br />
10 0<br />
150 m<br />
Abb. 7: Kopulierende Flussseeschwalben am Strand von<br />
Scharhörn. Foto Helm.<br />
Abb. 8:Austernfischer. Foto Janke.<br />
Abb. 9: Rotschenkel. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 89
Insel Scharhörn<br />
90<br />
In den Umweltbeobachtungsprogrammen des <strong>Wattenmeer</strong>es werden Seeschwalben als wichtige biologische Anzeiger für<br />
Veränderungen genutzt. Aufgrund ihrer Biologie eignen sie sich in besonderem Maße dafür, die Umweltqualität zusammenfassend<br />
anzuzeigen.<br />
Brut- und Nahrungsbiologie der Fluss- und<br />
Küstenseeschwalben<br />
Bereits in der Mitte der sechziger Jahre wurden die Seeschwalben<br />
als biologische Anzeiger (Indikatoren) für Umweltqualitäten<br />
erkannt. Durch die Einleitungen einer chemischen Fabrik bei<br />
Rotterdam wurde das gesamte Ökosystem des <strong>Wattenmeer</strong>es mit<br />
Pestiziden verseucht. Innerhalb der Nahrungskette kam es zu<br />
einer Anreicherung dieser Giftstoffe im Gewebe der Organismen,<br />
so dass die am Ende des Nahrungsgefüges stehenden fischfressenden<br />
Seeschwalben und Möwen unter akuten Vergiftungserscheinungen<br />
litten. Neben vielfach beobachteten Todesfällen<br />
kam es in der Folgezeit zu Unfruchtbarkeit, zu dünnen, nicht haltbaren<br />
Eischalen und zu geringem Schlupf- und Aufzuchtserfolg.<br />
Die Bestände der Seeschwalben wurden dadurch massiv dezimiert<br />
und haben erst seit 1980 wieder das frühere Niveau erreicht.<br />
Seeschwalben als Bio-Indikatoren<br />
Im Rahmen der vorsorgenden Umweltbeobachtung im Ökosystem<br />
<strong>Wattenmeer</strong> (Monitoring) werden Seeschwalben heute wieder<br />
als hervorragende Indikatoren betrachtet. Flussseeschwalben<br />
sind ausgezeichnet dafür geeignet, in einem speziellen<br />
Bruterfolgs-Monitoring die Umwelt im Ökosystem <strong>Wattenmeer</strong><br />
zu beobachten. Zusammen mit anderen Zeiger-Arten kann die<br />
kontinuierliche Erhebung des Fortpflanzungserfolges in ausgewählten<br />
Standorten als ein Frühwarnsystem für eventuelle<br />
Beeinträchtigungen des Ökosystems dienen.<br />
Neben der Messung von Schadstoffen in Eierschalen macht man<br />
sich insbesondere die Kenntnisse über ihre Brut- und<br />
Nahrungsbiologie als Maß für die Qualität ihrer Umwelt zunutze.<br />
Für die Beobachtung des Fortpflanzungserfolges werden seit vielen<br />
Jahren weitgehend standardisierte Methoden angewendet, die<br />
es erlauben, Brut- und Aufzuchtserfolg verschiedener Jahre miteinander<br />
zu vergleichen. Ebenso können auch verschiedene<br />
Brutgebiete und Nahrungseinzugsgebiete miteinander verglichen<br />
werden. Vereinzelt sind sogar bereits Umweltverträglichkeitsuntersuchungen<br />
mit Hilfe eines Monitoring an Seeschwalben<br />
durchgeführt worden. Bei diesen Untersuchungen werden Koloniebereiche<br />
mit einem kleinem Zaun abgesperrt, so dass die<br />
Küken sich nicht weit vom Nest entfernen können. Durch Be-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
ringungen werden die Küken individuell erkannt. Bis zum Flüggewerden<br />
können sie alle 2-3 Tage gefangen und in speziellen<br />
Vorrichtungen gewogen werden. Die Massengewichtszunahme<br />
der Küken und der Anteil an flüggen Jungvögeln stellen das Maß<br />
für die Aufzuchtsbedingungen und den Aufzuchtserfolg dar.<br />
Abb. 1: Küstenseeschwalbe am Nest. Foto Hecker.<br />
Bruterfolg<br />
Auf den Düneninseln Scharhörn und Nigehörn wurde 1993 eine<br />
Untersuchung zur Brut- und Nahrungsbiologie von Fluss- und<br />
Küstenseeschwalbe durchgeführt. Die zentrale Fragestellung<br />
beschäftigte sich mit den Beweggründen für die Umsiedlung<br />
eines Teils der Seeschwalben von Scharhörn nach Nigehörn.<br />
In dem Untersuchungsjahr war ein sehr geringer Aufzuchtserfolg<br />
zu verzeichnen. Über 70% der Erstgelege wurden von Möwen<br />
erbeutet. Von den geschlüpften Küken überlebte nur ein einziges<br />
(Küstenseeschwalbe auf Nigehörn) bis zum Flüggewerden, alle<br />
anderen Küken wurden von Silbermöwen und Lachmöwen<br />
geraubt.<br />
Das Jahr 1993 war an vielen Standorten in der Deutschen Bucht<br />
jedoch ein Jahr mit geringem oder gar keinem Bruterfolg.<br />
Allerdings sind nicht in allen Gebieten dieselben Ursachen für<br />
den geringen Aufzuchtserfolg zu sehen. Neben einer starken<br />
Dezimierung durch die Freßfeinde Silber- und Lachmöwe scheint<br />
generell im Jahr 1993 die Nahrungsverfügbarkeit für Seeschwalben<br />
eingeschränkt gewesen zu sein.<br />
Für die langfristige Populationssicherung wird ein jährlicher mittlerer<br />
Aufzuchtserfolg von 0,9 bis 1,1 flüggen Küken/Paar angenommen.<br />
Nur an Standorten, wo diese Werte erreicht werden,<br />
kann sich die Population aus eigener Kraft behaupten, ansonsten<br />
wird sie auf Zuwanderung aus anderen Gebieten angewiesen sein<br />
oder früher oder später erlöschen. Bereits im 20jährigen Mittel ist<br />
jedoch der Bruterfolg der Flussseeschwalbe auf Scharhörn mit<br />
0,74 Küken/Paar vergleichsweise gering. Im Vergleich dazu weist<br />
die Küstenseeschwalbe mit 0,9 Küken/Paar einen deutlich höheren<br />
Aufzuchtserfolg auf, was wahrscheinlich auf einer höhere<br />
Flexibilität der Küstenseeschwalbe in ihrer Nahrungszusammensetzung<br />
beruht.<br />
Nahrung der Seeschwalben<br />
Das Nahrungsspektrum der Seeschwalben ist gut bekannt.<br />
Hauptnahrung für die Flussseeschwalbe stellen die kleinen<br />
heringsartigen Fische dar. Hering und Sprotte machen zumeist<br />
über 50% der Nahrung aus; Plattfische und Sandaale sind weitere<br />
wichtige Bestandteile, Garnelen und Krabben sowie andere<br />
Fische werden nur in geringerem Maße aufgenommen. Je nach<br />
Nahrungsangebot weichen Seeschwalben jedoch auch davon ab.<br />
Allerdings sind Plattfische und Krebstiere energetisch ungünstigere<br />
Nahrungstiere, so dass in Jahren mit hohem Anteil an diesen<br />
Arten der Bruterfolg bei den Flussseeschwalben geringer ist. Die<br />
Küstenseeschwalbe hat generell einen höheren Anteil von<br />
Krebstieren in ihrem Nahrungsspektrum. Die Nutzung eines<br />
höheren Wirbellosenanteils durch die Küstenseeschwalbe vergrößert<br />
die nahrungsökologische Spannbreite und erlaubt so eine<br />
größere Flexibilität bei widrigen Umweltbedingungen. Auch auf<br />
Scharhörn und Nigehörn machen Krabben und Garnelen bis zu<br />
2/3 der anteiligen Nahrung der Küstenseeschwalbe aus, während<br />
diese Tiere von den Flussseeschwalbe nur mit weniger als einem<br />
Drittel aufgenommen wurden. Auch konnte ein deutlicher Unterschied<br />
im Beutespektrum der Seeschwalben Nigehörns und<br />
Scharhörns festgestellt werden. Sowohl Küstenseeschwalben als<br />
auch Flussseeschwalben Nigehörns nutzten Krebstiere in höherem<br />
Ausmaß als die Vögel der Scharhörner Kolonien.
Nahrungsgebiete<br />
Der Aktionsradius der Fluss- und Küstenseeschwalben beträgt<br />
mehrere Kilometer. In den Stunden um Niedrigwasser, wenn die<br />
Beutetiere auf die Priele zusammengedrängt sind, finden sie dort<br />
und an den Wasserkanten von Elbe und Till leichter Nahrung und<br />
können dann in großen Schwärmen stoßtauchend beobachtet werden.<br />
Läuft das Wasser wieder auf, werden die Flutsäume des vordringenden<br />
Wassers und die Zonen, wo Wasser an der Wattkante<br />
aus der Tiefe aufsteigt, bevorzugt befischt.<br />
Im Gegensatz zu Flussseeschwalben sind nahrungssuchende<br />
Küstenseeschwalben häufig über dem Watt zu sehen, wo sie in<br />
kleinen Pfützen nach Beute suchen.<br />
Abb. 2: Gelege einer Flussseeschwalbe. Ein Küken ist bereits geschlüpft,<br />
ein zweites (links) hat mit seinen Schnabel die Eierschale duchbrochen.<br />
Foto Janke.<br />
Bevorzugte Nahrungsgebiete für die Seeschwalben Scharhörns<br />
waren die Elbufer, während die Vögel Nigehörns hauptsächlich<br />
südwärts in Richtung Wittsandloch und seine zuführenden Priele<br />
abflogen. Die Kolonien auf Nigehörn nutzten zu weniger als 10%<br />
die traditionellen Nahrungsgebiete an der Fahrwasserkante der<br />
Elbe. Die Unterschiede in der Nahrungszusammensetzung zwischen<br />
den Kolonien von Scharhörn und Nigehörn beruhen daher<br />
aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Nahrungsangebot der beiden<br />
Fanggebiete. Möglicherweise ist die Besiedlung von<br />
Nigehörn durch die bessere Nahrungsverfügbarkeit am<br />
Wittsandloch gefördert worden, da der Flugweg dorthin von<br />
Nigehörn aus deutlich kürzer ist.<br />
Abb. 3: Brutkolonien (rot) und Fanggründe (rosa) der Fluss- und Küstenseeschwalben von Scharhörn und Nigehörn (1993).<br />
W<br />
Scharhörn<br />
N<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
S<br />
Abb. 4a: Abflugrichtungen nahrungssuchender<br />
Seeschwalben von<br />
Scharhörn (1993).<br />
W<br />
Nigehörn<br />
N<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
S<br />
Abb. 4b:Abflugrichtungen nahrungssuchender<br />
Seeschwalben von<br />
Nigehörn (1993).<br />
Scharhörnloch<br />
E<br />
E<br />
Scharhörn<br />
Nigehörn<br />
Wittsandloch<br />
Küstenseeschwalbe<br />
Garnelen<br />
sonstige Fische 9 %<br />
9 %<br />
Sandaale<br />
17 %<br />
Plattfische<br />
7 %<br />
Neuwerker Loch<br />
Bakenloch<br />
Abb. 5a: Nahrungsspektrum der Flussseeschwalbe<br />
auf Scharhörn (1993).<br />
Heringsfische<br />
64 %<br />
Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />
Neuwerk<br />
sonstige Krebse<br />
40 %<br />
Küstenseeschwalbe<br />
Garnelen<br />
7 % Sandaale<br />
sonstige Fische 3 %<br />
1 %<br />
Eitzenbalje<br />
Heringsfische<br />
27 %<br />
Plattfische<br />
22 %<br />
Abb. 5b: Nahrungsspektrum der Küstenseeschwalbe<br />
auf Scharhörn (1993).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 91
Insel Scharhörn<br />
92<br />
Seit Jahren wird weltweit eine Strand- und Küstenverschmutzung sowie eine erhöhte Verunreinigung des Meeresbodens<br />
entlang der Hauptschifffahrtsstraßen festgestellt. Als Hauptquelle dieser Verschmutzung ist die Schifffahrt anzusehen.<br />
Auch die Deutsche Bucht ist erheblich durch Müll von Schiffen belastet.<br />
Die Müllbelastung im Mündungsbereich der Elbe<br />
Die Müllbelastung der im <strong>Nationalpark</strong> “<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>”<br />
gelegenen Insel Scharhörn in unmittelbarer Nähe des<br />
Hauptschifffahrtsweges der Elbe, wurde zum erstem Mal 1980<br />
und im Anschluss daran 1983 und 1989 wissenschaftlich untersucht.<br />
Seit 1991 wird sie jährlich erfasst. Damit liegt eine umfangreiche<br />
Datenreihe über die Vermüllung der Elbemündung<br />
durch die Schifffahrt vor, die Rückschlüsse auf Zu- und Abnahmen<br />
der Belastungen im Mündungsbereich der Elbe zulässt.<br />
Die Müllmengenerfassung<br />
Die angewendete Methode, die Aussagen über Art, Menge und<br />
Herkunft des auf Scharhörn gestrandeten Mülls erlaubt, ist die<br />
Erfassung auf einem repräsentativen, 100 m langen, nach<br />
Nordwesten exponierten Strandabschnitt nach Anzahl der Teile,<br />
Gewicht und Einteilung in acht verschiedene Kategorien (Plastik/<br />
Styropor/Schaumgummi, Papier/Pappe, Metall, Glas/Porzellan,<br />
Fischereigerät, Bekleidung, Nahrungsmittel, Holz).<br />
In der Zeit von Mai bis Oktober werden zwischen 52 und 54<br />
Müllzählungen in dreitägigen Abständen durchgeführt. Dadurch<br />
kann etwa jedes sechste Niedrigwasser erfasst werden. Bei allen<br />
Zählungen handelt es sich um Mindestwerte, da z.B. ein zwischendurch<br />
höher auflaufendes Hochwasser am Strand auch<br />
bereits abgelagerte Müllteile wieder wegspült. Zu berücksichtigen<br />
ist auch, dass natürlich nur schwimmender bzw. treibender<br />
Müll angeschwemmt und damit erfasst werden kann.<br />
Die systematischen Spülsaumkontrollen von Scharhörn wurden<br />
bisher überwiegend in Eigenleistung des Verein Jordsand durchgeführt.<br />
Menge und Zusammensetzung des angespülten Mülls<br />
Der Vergleich der Zusammensetzung des auf Scharhörn angespülten<br />
Mülls der bisher ausgewerteten Jahre von 1980 bis 1995<br />
(Tab. 1) macht folgendes deutlich, dass die Menge der biologisch<br />
schwer abbaubaren Kunststoffe (Plastik, Styropor, Schaumgummi),<br />
die überwiegend als Verpackung aller Art Verwendung<br />
finden, deutlich über 50% liegt und im Jahr 1992 mit 67,6% das<br />
bisherige Maximum erreichte. Dieser hohe Anteil an der Gesamt-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
menge des angespülten Mülls ist deshalb besonders bemerkenswert,<br />
weil mit Inkrafttreten der Anlage V (Schiffsmüll) des MAR-<br />
POL-Übereinkommens zum 1. Januar 1989 und mit der Erklärung<br />
der Nordsee zum Sondergebiet nach Anlage V zum 18. Februar<br />
1991 eigentlich die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zur Eindämmung<br />
des Müllproblems (Verbot des Einbringens von Plastikmüll<br />
ins Meer; nur noch erlaubtes Einbringen von Lebensmitteln,<br />
aber nicht näher als 12 Seemeilen von Land) geschaffen wurden.<br />
Weitere Auffälligkeiten sind die Abnahme des Anteils von Glas<br />
und Porzellan von 14,4% im Jahr 1980 auf 2,4% im Jahre 1995<br />
und der verhältnismäßig hohe Anteil der Kategorie “Papier/<br />
Pappe” (Tab. 1). Erklärungen für diese Verschiebungen sind nur<br />
unzureichend. So könnte der Rückgang des Anteils von Glas/<br />
Porzellan auf eine stärkere Verwendung von Mehrwegflaschen<br />
gegenüber Einwegflaschen beruhen, ein verhältnismäßig hoher<br />
Anteil von Papier/Pappe auf eine verstärkte Verwendung von Einwegpappbehältern,<br />
in denen zunehmend die verschiedensten<br />
Flüssigkeiten, bis hin zu Wein, verpackt werden.<br />
Auch auf Scharhörn wurden neben Plastikgebrauchsgegenständen<br />
auch Rohplastikpartikel, sogenannte Pellets, gefunden,<br />
die den Rohstoff bei der Herstellung von Plastikgegenständen<br />
darstellen und vermutlich beim Seetransport über Bord gegangen<br />
sind. Bezogen auf eine Erhebung auf 100 m Strand wurden im<br />
Mittel zwischen 539 (1989) und 884 Rohplastikpartikel (1995)<br />
gezählt. Pellets, als Nahrung von Vögeln aufgenommen, können<br />
den Gesundheitszustand der betroffenen Tiere deutlich verschlechtern.<br />
So treten z.B. Verstopfungen im Magen-Darm-<br />
Bereich auf, die direkte negative Auswirkungen auf das Fressverhalten<br />
haben. Mangelnder Appetit und damit eine zu niedrige<br />
Fressaktivität können bei widrigen Witterungsverhältnis schnell<br />
zum Tod der Tiere führen.<br />
Während der vorgenommenen Müllerfassungen wurde besonders<br />
auf verschlossene Behältnisse mit Inhaltsstoffen geachtet. Im<br />
Jahre 1991 wurden Behältnisse mit insgesamt 11,7 Liter Inhalt<br />
registriert (Tab. 2). Die Identifizierung des Inhaltes erfolgte nach<br />
den Etiketten bzw. Augenschein und Geruch. Dabei stellte sich<br />
heraus, dass zahlreiche Behältnisse gefährliche Substanzen ent-<br />
hielten, die bei einem Aufplatzen der Gefäße sowohl zu zusätzlichen<br />
Belastungen des Strandes als auch zur Gefährdung von<br />
Tieren hätten führen können.<br />
Müll als tödliche Falle für Seevögel<br />
Auf Scharhörn ist, wie in den anderen Bereichen der deutschen<br />
Nordseeküste, in den zurückliegenden Jahren zahlreichen<br />
Seevögeln Schiffsmüll und weggeworfenes oder verloren gegangenes<br />
Fischereigerät zum Verhängnis geworden. In der Zeit von<br />
1989 bis 1997 wurden zahlreiche Vögel als Todesopfer durch<br />
Müll auf Scharhörn gefunden (Tab. 3). Besonders betroffen sind<br />
solche Arten, die sich stoßtauchend ernähren und die treibende<br />
Teile als vermeintlich leichte Beute ausmachen. Es ist deshalb<br />
auch nicht verwunderlich, dass unter den Müllopfern allein sieben<br />
Baßtölpel waren, die auf diese Ernährungsweise hochspezialisiert<br />
sind. Die bislang bekannten Funde machen allerdings auch<br />
deutlich, dass derzeit eine akute Bestandsgefährdung bestimmter<br />
Vogelarten durch die Müllbelastung nicht besteht.<br />
Abb. 1: Strangulierter Baßtölpel, Scharhörn. Foto Baer.<br />
Die bisherigen Ergebnisse zur Erfassung der Müllbelastung unserer<br />
Küsten legen jedoch den Schluss nahe, dass systematische<br />
Spülsaumkontrollen, wie sie seit 1980 auf der Insel Scharhörn<br />
durchgeführt werden, auch zukünftig erforderlich sind, um die<br />
Wirksamkeit der vorhandenen internationalen gesetzlichen<br />
Grundlagen zur Eindämmung der Müllbelastung unserer Küsten<br />
überprüfen zu können.
Zusammenstellung von Inhaltsstoffen<br />
Datum Art des Mülls Inhalt Geschätzte<br />
Restmenge<br />
in Litern<br />
27.05.91 Flasche Benzin 0,1<br />
05.06.91 Flasche unbekannt 0,1<br />
08.06.91 Flasche Bier 0,1<br />
26.06.91 2 Tüten Acetylcystein 0,4<br />
Dose unbekannt 0,8<br />
Glas Schokoladenmus 0,1<br />
02.07.91 Glas Apfelmus 0,2<br />
23.07.91 3 Verpackungseinheiten<br />
22 Tabletten<br />
-<br />
Spraydose Insektizid -<br />
10.08.91 Flasche Apfelsaft 0,1<br />
19.08.91 3 Flaschen Limonade 0,5<br />
Konservendose unbekannt 0,8<br />
2 Spraydosen unbekannt -<br />
Flasche Medikament -<br />
Glasröhrchen Tabletten -<br />
22.08.91 Becher Joghurt -<br />
Becher Schokoladenmus 0,1<br />
Flasche Mineralwasser 1,5<br />
2 Flaschen Limonade 2,0<br />
Flasche Medikament 0,2<br />
Dose Cola 0,2<br />
Dose Yachtlack 0,5<br />
25.08.91 Flasche Limonade 0,5<br />
31.08.91 Spraydose Aero-Wax -<br />
06.09.91 Becher Salat 0,2<br />
Dose Handreinigungscreme -<br />
09.09.91 blauer Müllsack Abfall -<br />
Dose Farbe 0,5<br />
12.09.91 Becher Joghurt -<br />
2 Flaschen unbekannt 0,3<br />
Konservendose unbekannt 1,0<br />
4 Ampullen Injektionsdosis Atropin -<br />
24.09.91 Dose Lackfarbe 1,5<br />
Tab. 1: Zusammenstellung von Inhaltsstoffen, die in geschlossenen Behältern<br />
1991 auf der Sammelstrecke Scharhörn gefunden wurden.<br />
Prozentualer Anteil an Müllmenge (n)<br />
Jahr 1980 1983 1989 1991 1992 1993 1994 1995<br />
Gesamtmenge 6912 3306 8875 3652 1524 5937 6601 4927<br />
(in Stück)<br />
Plastik u.a. 28,3 54,5 64,0 54,1 67,6 58,2 65,2 59,6<br />
Papier, Pappe 7,5 7,4 14,2 6,1 16,1 16,9 14,1 7,1<br />
Metall 1,9 1,7 0,9 1,8 0,7 0,6 1,1 0,4<br />
Glas, Porzellan 14,4 13,7 3,2 7,8 4,4 4,1 4,2 2,4<br />
Fischereigerät 3,5 1,7 1,5 4,1 1,8 10,1 2,9 6,5<br />
Bekleidung - 0,7 0,2 0,7 0,9 0,5 0,8 0,4<br />
Nahrungsmittel 3,0 5,8 3,2 2,2 2,9 2,1 1,9 0,9<br />
Holz 41,4 14,4 12,7 23,2 5,6 7,5 9,8 22,7<br />
Prozentsumme 100 100 100 100 100 100 100 100<br />
Tab. 2: Vergleichende prozentuale Zusammenstellung des Mülls von Scharhörn von 1980 bis 1995 (1980: 2 Wochen auf 600 m Strand; 1983-<br />
1995: 52-54 Zählungen = 22 Wochen auf 100 m Strand).<br />
Abb. 2: Angespülte Müllreste am Strand von<br />
Scharhörn (Juli 2000). In den neunziger Jahren<br />
sind die Müllmengen deutlich zurückgegangen.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 3: Treibende und angespülte Netzreste stellen<br />
für viele Seevögel eine tödliche Falle dar.<br />
Foto Janke.<br />
Vogelart Datum Art des Mülls Auswirkung<br />
Prachttaucher 23.06.89 Angelschnur um Hals und Schnabel<br />
Baßtölpel 22.07.89 Plastik-Netzrest im Schnabel<br />
Dreizehenmöwe 10.08.89 Nylonschnur Verstrickung<br />
Stockente 09.04.90 6er-Pack-Plastik um Hals<br />
Haubentaucher 29.04.90 Angelschnur um und im Schnabel<br />
Baßtölpel 15.07.90 Angelschnur total verheddert<br />
Baßtölpel 16.09.90 Plastik-Netzrest im Schnabel<br />
Baßtölpel 18.04.91 Netzrest im Schnabel<br />
Baßtölpel 1994 Netzrest im Schnabel<br />
Flussseeschwalbe 1994 Netzrest Vogel verheddert<br />
Silbermöwe 15.06.95 Netzrest um Hals und Schnabel<br />
Silbermöwe 23.07.95 Netzrest um Hals und Beine<br />
Silbermöwe 23.07.95 Netzrest Hals und Beine verwickelt<br />
Baßtölpel 24.06.96 Angelschnur um Schnabel, Hals u.<br />
Flügel<br />
Baßtölpel 01.07.96 Netzrest um Bauch und Flügel<br />
Silbermöwe 22.08.97 Netzrest um Kopf und Hals<br />
Tab. 3:Todesopfer durch Müll auf Scharhörn von 1989 bis 1997.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 93
Insel Nigehörn<br />
96<br />
Bei einer Überfliegung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> aus größerer Höhe fällt dem Betrachter sofort die auf der südlichen<br />
Scharhörnplate gelegene annähernd kreisförmige Insel Nigehörn auf. Ihre Gestalt ist ganz augenscheinlich nicht von<br />
der Natur geformt worden. Dieses jüngste Eiland des <strong>Wattenmeer</strong>es wurde erst 1989 aufgespült – und zwar ausschließlich<br />
zu Zwecken des Naturschutzes.<br />
Die Aufspülung der Insel Nigehörn –<br />
ein Naturschutzgroßprojekt von nationaler Bedeutung<br />
Eine Vision wird geboren<br />
Die Idee zur Aufspülung einer Düneninsel im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> wurden nicht erst mit der Errichtung Nigehörns<br />
geboren. Die ersten konkreten Planungsskizzen gehen bereits auf<br />
die Vorbereitungen zum Tiefwasserhafen Scharhörn in den sechziger<br />
und siebziger Jahren zurück. Bereits zu damaliger Zeit wurde<br />
für eine möglicherweise für das Hafenprojekt zu überbauende<br />
Insel Scharhörn eine künstlich angelegte weiter östlich gelegene<br />
Insel "Neu-Scharhörn" als Ersatz für die Brutplätze der Seevögel<br />
vorgesehen. Mit dieser Planung wollte die "Forschungs- und<br />
Vorarbeitenstelle Neuwerk" den besonderen Belangen<br />
Scharhörns als Brut- und Rastplatz für zum Teil seltene und<br />
gefährdete Seevögel Rechnung tragen und deren Lebensraum<br />
durch Verlagerung weitgehend erhalten.<br />
Abb. 1: Planungen zum Tiefwasserhafen Scharhörn I (Ausschnitt):<br />
Darstellung eines Ersatz-Vogelschutzgebiets.Aus Temme (1974).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Eine Insel für die Seevögel<br />
Mit der Zurückstellung der Tiefwasserhafen-Pläne wanderten<br />
auch die Pläne für ein "Neu-Scharhörn" zunächst wieder in die<br />
Schublade. Man erinnerte sich allerdings wieder an diese, als in<br />
der siebziger und achtziger Jahren Scharhörn bei gleichzeitig<br />
zügiger Standortverlagerung rund ein Drittel seiner Größe von<br />
18,3 ha (1973) auf 12,5 ha (1984) verlor. Damals wurden Befürchtungen<br />
laut, Scharhörn könne bei einer großen Sturmflut<br />
gänzlich fortgespült und damit der Sicht des Vogelschutzes international<br />
bedeutsame Brut- und Rastplatz, insbesondere für<br />
Seeschwalben, wieder verloren gehen.<br />
Als vorrangig wurde deshalb aus der Sicht des Naturschutzes<br />
zunächst die Sicherung von Brutplätzen für die auf Scharhörn<br />
brütenden Seevögel angesehen. Gleichzeitig wurde der Versuch<br />
unternommen, eine naturnah gestaltete Insel anzulegen und diese<br />
sich der Dynamik der Naturkräfte folgend ohne Einfluss von<br />
außen entwickeln zu lassen.<br />
Die Baumaßnahmen<br />
Für die Planungen zur Errichtung der Insel durch entsprechende<br />
Aufspülungsarbeiten erwiesen sich die Voruntersuchungen zur<br />
Planung des Tiefwasserhafens als sehr hilfreich. So konnte die<br />
Lage der Insel von vornherein in einem vergleichsweise strömungsarmen<br />
Bereich auf der Südseite der Scharhörnplate<br />
bestimmt werden.<br />
Mit den Bauarbeiten<br />
wurde bereits im Juni<br />
1989 begonnen. Mit<br />
Hilfe eines großen<br />
Saugbaggers wurde<br />
das benötigte Sedimentmaterial<br />
durch<br />
große Stahlrohre aus<br />
Abb. 2: Radlader formen das aufgespülte<br />
Sandmaterial zu einer kreisrunden Insel<br />
(August 1989). Foto Helm.<br />
einem Bereich westlich<br />
des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers<br />
bis<br />
zum vorgesehenen<br />
Standort transportiert. Nach den Aufspülarbeiten von 1,2<br />
Millionen Kubikmeter Sand im Juli bis August 1989 wurde die<br />
Oberfläche der Sandinsel (450 m im Durchmesser) mit Radladern<br />
nach dem Vorbild Scharhörn modelliert. Entsprechend der (damaligen)<br />
Form Scharhörns und Neuwerks wurde eine runde Ausgangsform<br />
gewählt. Zur Verhinderung von starken Erosionserscheinungen<br />
wurden Sandfangzäune rund um die Insel in aufeinander<br />
folgenden Kaskaden quer zur Hauptwindrichtung angeordnet.<br />
Um den feinen lockeren Sand der Insel längerfristig binden<br />
zu können und weiteren Flugsand einfangen zukönnen, wurde<br />
noch im Herbst 1989 in weiten Bereichen der Insel ein Gemisch<br />
aus Raps, Rettich und verschiedenen Salzwiesengräsern ausgesät.<br />
Auf kleineren Flächen wurde zusätzlich Saatgut von auf<br />
Scharhörn gewonnenem Strandhafer, Strandroggen und Strandquecke<br />
ausgebracht. Mit einer Startdüngung von ca. 20 g/m 2 wurde<br />
die Bildung des Wurzelgeflechts so gut unterstützt,<br />
Abb. 3: Ehrenamtliche Helfer des Verein Jordsand begannen schon bald<br />
nach der Aufspülung mit den ersten Pflanzarbeiten, um den lockeren<br />
Sand möglichst auf der Insel zu halten (Mai 1990). Foto Helm.<br />
dass die schweren Sturmfluten im Winter 1989/90 der Insel außer<br />
einer 20-30 cm hohen Abbruchkante keine nennenswerten<br />
Schäden zufügen konnten.<br />
In einem zweiten Bauabschnitt wurden von Juli bis August 1991<br />
abschließende Spülarbeiten auf der Scharhörnplate nordwestlichen<br />
von Nigehörn vorgenommen. Der dort angelegte nierenförmige<br />
Schutzwall wurde so gestaltet, dass er als Wellenbrecher<br />
wirkungsvoll die Insel vor starker Dünung schützte. Das mit der<br />
Erosion abgetragene Sediment sollte direkt auf Nigehörn zugespült<br />
bzw. zugeweht werden und dort die fortschreitende<br />
Dünenbildung fördern. Eine fortschreitende Erosion besonders<br />
des westlichen und nordwestlichen Teils von Nigehörn lässt sich<br />
durch derartige Aufspülungen nicht verhindern. Die ständige
Umlagerung der Sedimente schafft allerdings im Strandbereich<br />
einen ökologisch wertvollen Lebensraum, der von zahlreichen<br />
Pionierarten besiedelt wird (s.u.). Parallel mit der Einrichtung des<br />
Schutzwalls wurden auch auf Scharhörn letztmalig Vorspülungen<br />
im nordwestlichen Bereich vorgenommen, um die Insel zumindest<br />
für ein Übergangszeitraum ausreichend sichern zu können.<br />
Als abschließende Baumaßnahme wurde im August 1991 eine<br />
Beobachtungshütte mit einem angeschlossenen Ausguckstandort<br />
auf Nigehörn fertiggestellt, mit deren Hilfe die notwendigen wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen insbesondere die Zählung der<br />
Vögel ohne große Störungen gewährleistet werden sollen.<br />
Gleichzeitig dient das Gebäude als Schutzhütte für den Vogelwart<br />
von Scharhörn. Von seiner Beobachtungsplattform kann die<br />
gesamte Insel (z.B. für Vogelzählungen) eingesehen werden.<br />
Mit den beschriebenen Baumaßnahmen wurde die Sicherung der<br />
neuen Vogelschutzinsel abgeschlossen. Zur Dokumentation und<br />
Erfolgskontrolle des Projektes wurde ein vorerst auf fünf Jahre<br />
(von 1990-1994) ausgelegtes Untersuchungsprogramm durchgeführt,<br />
um sowohl die geomorphologische Entwicklung und<br />
Modellierung der Insel als auch deren Vegetationsentwicklung<br />
und die faunistische Besiedlung anhand der Vögel und weiterer<br />
ausgewählter Tiergruppen zu dokumentieren.<br />
Finanzierung und Förderung<br />
Das kostenträchtige Projekt wurde vom Bund finanziell in erheblichem<br />
Umfang gefördert. Im Rahmen des Programms zur<br />
Förderung von Naturschutzgroßprojekten von gesamtstaatlich<br />
repräsentativer Bedeutung trug das Bundesministerium für<br />
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit für das Projekt "Insel<br />
Nigehörn" 60% der Gesamtkosten (1, 8 Mio. DM). Die verbliebenen<br />
40 % entfielen auf die Freie und Hansestadt Hamburg als<br />
Projektträger (1,2 Mio DM).<br />
Abb. 4: Luftbild der Insel Nigehörn, im Hintergrund Scharhörn<br />
(Blickrichtung Nordnordost; Februar 1994). Foto Janke.<br />
Abb. 5: Luftbild der Insel Nigehörn, im Hintergrund Neuwerk und das Festland<br />
(Blickrichtung Südwest, September 1991). Foto Buhs.<br />
Abb. 6: Planungen zum Tiefwasserhafen II (Ausschnitt): Feinplanung zur Errichtung<br />
des Ersatzvogelschutzgebiets "Neu-Scharhörn". Die Anordnung der Windfangzäune<br />
wurde bei der Realisierung Nigehörns weitgehend übernommen.<br />
Aus Temme (1974).<br />
Abb. 7: Kormoran-Kolonie auf einem Dünenkamm im<br />
Norden Nigehörns (Juli 2000). Foto Janke.<br />
Abb. 8: Blick über die Dünenvegetation Nigehörns hinüber<br />
nach Scharhörn (Blickrichtung Nordnordost, Mai 1992).<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 9: An der Nordwestseite nagen die hohen Fluten an<br />
der Substanz der Insel und bilden so größere Abbruchkanten<br />
(Juli 2000). Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 97
Insel Nigehörn<br />
98<br />
Die Sorge um den möglichen Untergang der Insel Scharhörn als wertvoller Brut- und Rastplatz für Seevögel führte zu<br />
einer Naturschutzmaßnahme in bisher nicht gekanntem Ausmaß im deutschen <strong>Wattenmeer</strong>. Ob die Aufspülung der neuen<br />
Insel Nigehörn, nicht nur aus Gründen des Vogelschutzes, sinnvoll sein kann, sondern darüber hinaus auch wertvolle, naturnahe<br />
Küsten-Lebensräume entstehen lässt, wird die weitere Entwicklung von Nigehörn zeigen.<br />
Lebensräume und Vegetation im Wandel<br />
der Entwicklung<br />
Nach Beendigung der Baumaßnahmen erschien die Insel<br />
Nigehörn aufgrund der umfangreichen Bepflanzung und Ansaat<br />
zunächst unnatürlich. Natürliche Entwicklungsprozesse kamen<br />
nur langsam in Gang, wurden jedoch in den folgenden Jahren<br />
durch Sedimentation, Erosion, Eutrophierung und Nährstoffauswaschung<br />
gefördert.<br />
Auch nach mehr als einem Jahrzehnt erscheint die Insel noch in<br />
ihrer künstlichen, runden Ausgangsform. Nach Südosten erstreckt<br />
sich jedoch bereits ein etwa 3 ha großer Anwachsstreifen, der<br />
Steert, nördlich davon ragt ein weiterer, etwa 100 Meter langer<br />
und offensichtlich älterer Haken auf die Sandbank hinaus.<br />
Eine typische Erscheinung an Küsten ist die Ablagerung von<br />
Spülsäumen. Aufgrund der extremen Strömungsdynamik und des<br />
hohen Tidenhubs sind Spülsäume auf der Scharhörnplate jedoch<br />
nur kurzlebig und treten nicht in jedem Jahr auf. Sie werden in der<br />
Regel im Folgewinter wieder fortgeschwemmt. Durch den zeitlichen<br />
Ablauf der Sicherungsmaßnahmen auf Nigehörn sind<br />
jedoch einzelne Spülsäume und deren Vegetation im Osten und<br />
Südosten der Insel von Dünen eingeschlossen worden. Auf diesen<br />
Treibselansammlungen haben sich Salzwiesen entwickelt, die<br />
durch die sie umschließenden Dünen vor dem Angriff der Hochwässer<br />
geschützt wurden. So entstand hier ein Mosaik aus<br />
Dünenpflanzen, Salzwiesenarten und nährstoffliebenden Spülsaumbesiedlern.<br />
Durch küstenparallele Strömungen und schräg zum Strand<br />
wehende Winde können Sedimentumlagerungen zur Bildung<br />
schmaler, zumeist hakenförmiger Halbinseln aus Sand führen<br />
(Nehrungen). Der kleinere nördliche Ausläufer Nigehörns dürfte<br />
ein solcher durch die Wasserströmung geformter Haken sein. Auf<br />
der Binnenseite des Sandhakens konnte sich feines Sediment<br />
ablagern. Auf diesem hat sich in einem schmalen Bereich eine<br />
Salzwiese mit Andel, Strand-Wegerich und Strand-Aster etabliert.<br />
Hinzu treten einige Dünenarten, die aus der direkten Umgebung<br />
einwandern. Vor dieser Salzwiese hat sich ein charakteristisches<br />
Sandqueller-Watt gebildet. Der Haken selbst wird von Primär-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
dünen mit der Binsen-Quecke als dominierender Pflanzenart aufgebaut,<br />
im Inneren des Hakens setzt bereits eine Weiterentwicklung<br />
zu kleinen Weißdünen ein.<br />
Der Steert dagegen wird kaum von dünenbildenden Pflanzen<br />
besiedelt. Hier formen Sandwatt-Queller und Strand-Soden<br />
lockere Pflanzengesellschaften, die nur geringe Überflutung und<br />
Übersandung ertragen. Es ist jedoch ungewiss, ob diese Pflanzengesellschaften<br />
in eine Dünenvegetation übergehen werden.<br />
Während sich die künstlich geformten Dünen im Osten gefestigt<br />
haben, sind, aufgrund der Exposition gegen Hochwasser und der<br />
vorherrschenden Westwinddrift, auf der westlichen Seite Erosionsprozesse<br />
vorherrschend. Der äußere Dünenring ist in teilweise<br />
isolierte Einzeldünen aufgespalten worden. Durch wiederholte<br />
Umlagerungen entstanden allerdings sehr natürlich geformte<br />
Gebilde, die ihre künstliche Entstehung durch den Radlader<br />
kaum mehr verraten.<br />
Bereits im Winter 1992/1993 wurde im Südwesten der<br />
Dünengürtel zerschlagen, Wasser konnte in die Insel eindringen<br />
und eine tiefe Senke auskolken. Das einströmende Wasser hatte<br />
für eine kurzzeitige Überstauung und nachfolgend für eine schüttere<br />
Salzrasenvegetation in der entstandenen Mulde gesorgt.<br />
Im mittleren und östlichen Teil des Inselkerns sind weitere<br />
Senken entstanden. Nach Abschluß der Spülarbeiten im August<br />
1989 sammelte sich an diesen Stellen das Wasser und stand dort<br />
bis zum Frühjahr. Nach Abtrocknung führte Windausblasung zur<br />
Bildung von Wannen. In den Folgejahren konnten dort Fragmente<br />
verschiedener wasserabhängiger Pflanzengesellschaften gefunden<br />
werden, von denen jetzt nur noch an den tiefsten Stellen einzelne<br />
Exemplare des Schilfs und der Einspelzigen Sumpfsimse<br />
geblieben sind.<br />
Das Innere der Insel erscheint auf den ersten Blick sehr gleichförmig.<br />
Hier sind die Sandfangzäune noch weitgehend intakt und<br />
die großflächig mit Grasmischungen eingesäten Flächen werden<br />
von einer Vegetation bestimmt, die wenig typisch für diesen<br />
Lebensraum ist. Moose und vereinzelt Flechten haben sich aus-<br />
gebreitet und bilden relativ dichte Teppiche, in die nur wenige<br />
Blütenpflanzen, wie z.B. Gewöhnliches Ferkelkraut, Scharfer<br />
Mauerpfeffer oder Kleiner Sauermpfer eingestreut sind. Andererseits<br />
entsprechen die Flächen in ihrer Funktion hochliegenden,<br />
nährstoffarmen und hochwasserfreien Graudünen. In kleinräumigem<br />
Maßstab ist auch im Inneren der Insel bereits ein Vegetationswandel<br />
bemerkbar. Insbesondere die Randbereiche der<br />
Senken und freie Sandflächen werden von Magerrasen besiedelt,<br />
in die Arten natürlicher Graudünen wie Sand-Schillergras,<br />
Silbergras und Dünen-Veilchen einwandern. Bereichsweise bildet<br />
das Kleine Filzkraut dichte Rasen. Das Schillergras ist eine<br />
Besonderheit: es kommt in Deutschland nur auf den Dünen der<br />
friesischen Inselkette vor.<br />
Im nordwestlichen Teil des Inselkerns im Bereich der Vogelkolonien<br />
werden die Magerrasen weitgehend durch höherwüchsige<br />
Pflanzenbestände ersetzt. Kanadisches Berufkraut und Hochstauden<br />
wie Schmalblättriges Weidenröschen, Acker-Kratzdistel,<br />
Gewöhnlicher Beifuß und Rainfarn weisen auf gute Stickstoffversorgung<br />
der Standorte (durch Vogelkot) hin.<br />
Weitere Entwicklung<br />
Die weitere Entwicklung der Insel ist nicht zweifelsfrei vorherzusagen.<br />
Inzwischen sind viele Ansätze für natürliche Vegetationsformen<br />
zu erkennen, und großen Teilen der Insel ist ihre künstliche<br />
Entstehung nicht mehr anzusehen. Insbesondere die der<br />
Erosion und Sedimentation am stärksten ausgesetzten Strukturen<br />
wurden durch die gestalterischen Naturkräfte bereits verändert<br />
und werden einen weiteren Wandel erfahren. Aufgrund ihrer bisherigen<br />
Stabilität auch gegen schwere Sturmfluten wird die Insel<br />
bestimmt dauerhaft bestehen bleiben, allerdings nicht in der derzeitigen<br />
Gestalt und Form. Dies war auch nicht beabsichtigt.<br />
Als ausschlaggebend für die weitere Entwicklung werden sich die<br />
Witterungsverhältnisse und die hydrologischen Bedingungen<br />
erweisen. Stärke, Häufigkeit und Richtung der Winde sowie der<br />
Grad der Durchfeuchtung der Plate, der wiederum von der<br />
Niederschlagsverteilung sowie vom Wasserstand abhängig ist,<br />
sind die Basisfaktoren der ablaufenden Prozesse. Intensität und<br />
Frequenz der Hochwässer, in Verbindung mit dem potentiellen<br />
Anstieg des Meeresspiegels, werden weitere Randbedingungen<br />
stellen. Die Vegetation wird sich diesen Entwicklungen anpassen.<br />
Sie kann als Anzeiger dienen für die Dynamik in diesen<br />
Bereichen des <strong>Nationalpark</strong>s.
Abb. 2: Dünen-Veilchen. Foto Janke.<br />
Abb. 3: Gänse-Fingerkraut. Foto Janke.<br />
10 0<br />
Brack-Salzwiese<br />
Dünen-Trittflur<br />
Dünental<br />
Erosionsfläche<br />
Graudüne<br />
obere Salzwiese<br />
Primärdüne<br />
Strand mit Bewuchs<br />
untere Salzwiese<br />
Weißdüne<br />
150 m<br />
Abb. 4: Überblick über die Insel-Vegetation. Im<br />
Hintergrund die Insel Scharhörn. Foto Janke (1996).<br />
Abb. 1: Lebensräume auf Nigehörn (Stand 1997).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 99
Insel Nigehörn<br />
100<br />
Unbewachsene und ungestörte Sandinseln sind selten gewordene Lebensräume im <strong>Wattenmeer</strong> und können aufgrund der<br />
von Menschen beeinflussten Veränderungen der gesamten Geomorphologie kaum neu entstehen. Die Besiedlung der neuen<br />
Düneninsel Nigehörn durch die Vogelwelt stellt ein Musterbeispiel für die ohne Zutun des Menschen ablaufenden Prozesse dar.<br />
Die Vogelwelt und ihre Entwicklung<br />
Zeitgleich mit der Beendigung der Aufspülungs- und Sicherungsmaßnahmen<br />
der neuen Insel Nigehörn setzte eine spontane<br />
Besiedlung der Insel durch Vögel ein. Seit 1995 wird der Brutund<br />
Rastvogelbestand durch Kontrollen des auf Scharhörn arbeitenden<br />
Vogelwartes erfasst. Nur für diese Besuche wird die Insel<br />
regelmäßig betreten. Nigehörn gehört damit zu den wenigen<br />
ungestörten Dünenbereichen des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />
Brutvögel<br />
Bereits im ersten Jahr nach Abschluss der Spülarbeiten konnten<br />
fünf Brutvogelarten auf Nigehörn nachgewiesen werden. Sandregenpfeifer,<br />
Seeregenpfeifer und Zwergseeschwalbe besiedelten<br />
mit insgesamt 19 Brutpaaren die vegetationsarmen, sandigen Innenbereiche<br />
sowie den Randbereich der Insel. Zusätzlich trat der<br />
Austernfischer und, als einzige Singvogelart, die Feldlerche auf.<br />
1991 gründeten bereits Fluss- und Küstenseeschwalbe erste<br />
Kolonien mit 300 bzw. 60 Brutpaaren auf der Insel und auch die<br />
ersten Silbermöwen siedelten sich an.<br />
In den Folgejahren stiegen die Zahlen der Brutvogelarten weiter<br />
an. Mit Bluthänfling, Wiesenpieper und Bachstelze haben drei<br />
weitere Singvogelarten die Insel als Brutplatz angenommen.<br />
Von größerer Bedeutung ist jedoch die zügige Besiedlung<br />
Nigehörns mit charakteristischen Küstenvögeln. Bereits 1991<br />
wurde der Rotschenkel nachgewiesen. Von 1994 bis 1996 siedelten<br />
Kolonien der Brandseeschwalben auf Nigehörn. Ab 1994 ist<br />
die Heringsmöwe auf Nigehörn vertreten, ab 1995 die Lachmöwe<br />
und 1996 erreichte auch die Sturmmöwe Nigehörn.<br />
Vereinzelt brüten Entenvögel auf der neuen Insel, regelmäßig<br />
sind Brandente und Eiderente anzutreffen.<br />
Besonderheiten sind die Bodenbrut eines Wanderfalken 1992, die<br />
Bodenkolonie des Kormoran (seit 1997) und erfolgreiche Bruten<br />
der Sumpfohreule seit 1996.<br />
Insgesamt brüten derzeitig 20 Arten mit weit über 2000<br />
Brutpaaren auf Nigehörn. Die zahlenmäßig größten Kolonien<br />
werden von Lachmöwe, Silbermöwe sowie Fluss- und Küstenseeschwalbe<br />
gebildet.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Herkunft der Brutvögel<br />
Für einige Brutvogelarten ist anzunehmen, dass sie aus der unmittelbaren<br />
Nähe durch Umsiedlungen von der Nachbarinsel<br />
Scharhörn kommen. So sind die Brutkolonien der Brandseeschwalbe<br />
vermutlich durch Vögel von Scharhörn begründet worden<br />
und auch die Ansiedlungen der anderen Kolonien wurden<br />
durch die Nähe der "Mutterkolonien" von Scharhörn begünstigt.<br />
Andere Arten haben Strategien entwickelt, die es ihnen ermöglichen,<br />
sehr schnell neue und potentiell geeignete Brutstandorte zu<br />
erschließen, wie die zügige Besiedlung durch Zwergseeschwalbe<br />
und Seeregenpfeifer zeigt. So wurde ein 1995 auf Nigehörn beobachtetes<br />
Seeregenpfeiferweibchen zwei Jahre zuvor im<br />
Beltringharder Koog beringt.<br />
Rastvögel<br />
Bereits nach Beendigung der Spülarbeiten im August 1989 konnte<br />
eine Nutzung der neu aufgespülten Sande durch Möwen und<br />
verschiedene Limikolen in Beständen von mehreren tausend<br />
Tieren beobachtet werden.<br />
Diese Nutzung setzte sich weiter fort, verlagerte sich jedoch vom<br />
Inselinneren hin zum Inselrand. 1991 und 1993 konnten im Juli<br />
täglich bis etwa 14.000 Möwen während der Hochwasserzeit<br />
gezählt werden. Von den Limikolen nutzen vor allem Pfuhlschnepfe,<br />
Kiebitzregenpfeifer, Alpenstrandläufer und Austernfischer die<br />
Insel. Diese Arten suchen auf den Wattenbereichen um Nigehörn<br />
nach Nahrung und weichen bei auflaufendem Wasser auf die<br />
Scharhörnplate südlich Nigehörn aus. Bei Hochwasser fliegen die<br />
Limikolen meist in die Vorlandbereiche von Neuwerk ab.<br />
Auch für Brandenten stellen Nigehörn und die umgebenden<br />
Wattflächen einen Mauserplatz und wichtigen Hochwasser-<br />
Rastplatz während des Durchzuges dar. Während das westliche<br />
Scharhörner Watt schon seit Ende der 1980er Jahre als Mauserplatz<br />
genutzt wird, wird die Insel Nigehörn und ihre nähere<br />
Umgebung auch von vermauserten Enten an Sturmtagen als<br />
Zuflucht gesucht. Mehr als 19.000 Tiere konnten direkt auf der<br />
Insel oder in unmittelbarer Nähe beobachtet werden.<br />
Inzwischen hat sich Nigehörn als einer der bedeutsamsten<br />
Rastplätze für Seeschwalben herausgestellt. Im August 1994 war<br />
mit 1950 Zwergseeschwalben nahezu der komplette Bestand der<br />
niedersächsischen und hamburgischen Küste zeitweilig auf<br />
Nigehörn versammelt.<br />
Nigehörn: ein Erfolg für den Artenschutz<br />
Die Schaffung hochwassersicherer Brutplätze für stark gefährdete<br />
Küstenvögel zählte zu den Zielen des Naturschutzgroßprojektes.<br />
Schon frühzeitig wurde die Insel von den erwarteten<br />
Arten besiedelt. Insbesondere die Pioniersiedler der offenen<br />
Sande (Zwergseeschwalbe und Seeregenpfeifer) bilden momentan<br />
stabile und relativ große Bestände aus.<br />
Andererseits zeigt die Ansiedlung von zunächst unerwartet auftretenden<br />
Arten (z.B. Bodenbrut von Wanderfalke und Kormoran)<br />
oder das Abwandern der Brandseeschwalben, dass die vogelkundliche<br />
Entwicklung der Insel immer wieder für "Überraschungen"<br />
gut ist.<br />
In der weiteren Entwicklung wird sich vielleicht die sehr schnelle<br />
Ansiedlung der Großmöwen als problematisch für die erhofften<br />
Schutzziele herausstellen. Der Einfluss auf die Seeschwalbenkolonien<br />
kann sich, ebenso wie auf Scharhörn, als gravierend erweisen.<br />
Vorrangiges Ziel auch auf Nigehörn ist der Erhalt der natürlichen<br />
Dynamik. Entstehung, Veränderung und Verlust von Biotopen<br />
werden zur Zuwanderung und zum Ausweichen von Brutbeständen<br />
führen und sollen nicht durch menschliche Eingriffe<br />
beeinflusst werden.<br />
Dynamische, natürliche Prozesse zeigen sich bereits in den deutlichen<br />
Veränderungen in der Brutvogel- und Rastvogelfauna. Der<br />
bisherige Erfolg des Projektes "Nigehörn" ist der Durchsetzung<br />
der Ungestörtheit und der Möglichkeit zur natürlichen Sukzession<br />
und Weiterentwicklung der Biotope zuzuschreiben.<br />
Trotzdem wird die natürliche vogelkundliche Entwicklung<br />
Nigehörns von außen stark belastet. So fördern militärische Tiefflugübungen<br />
und die sofortige Überbord-Entsorgung des Beifangs<br />
durch die Fischerei die Entwicklung der konkurrenzstarken<br />
Möwenkolonien über das natürliche Maß hinaus.
Abb. 1:Verteilung der Brutvögel auf Nigehörn (Stand 1996).<br />
Anzahl derBrutpaare<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Gesamtbrupaare<br />
Artenzahl<br />
10 0<br />
Brack-Salzwiese<br />
Dünen-Trittflur<br />
Dünental<br />
Erosionsfläche<br />
Graudüne<br />
obere Salzwiese<br />
Primärdüne<br />
Strand mit Bewuchs<br />
untere Salzwiese<br />
Weißdüne<br />
150 m<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Abb. 1: Entwicklung der Brutbestände auf Nigehörn seit der Aufspülung der Insel<br />
1990. Der scheinbare Rückgang in der Artenzahl 1995 ist aller Wahrscheinlichkeit<br />
auf eine geringere Erfassungsgenauigkeit zurückzuführen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 101<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Artenanzahl
Insel Nigehörn<br />
102<br />
Öde Sandinseln, vegetationsarme Spülsäume und leere Strände erscheinen auf den ersten Blick als unwirtliche<br />
Lebensräume. Für einige Tierarten aber sind sie (über-) lebenswichtige Lebensstätten in ihrer natürlichen Umwelt.<br />
Gefährdete Brutvogelarten auf Nigehörn und Scharhörn<br />
Lebensräume<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> ist ein äußerst dynamisches System: seit<br />
Jahrtausenden zerschlägt die Kraft von Wind und Wellen an<br />
einem Ort das gewachsene Land, an anderer Stelle werden neue<br />
Inseln und Sandbänke aufgespült und zusammengeweht. Diese<br />
neuen, manchmal nur kurze Zeit bestehenden Lebensräume werden<br />
nicht nur von wenigen pflanzlichen Erstsiedlern erobert,<br />
schnell nehmen auch extrem spezialisierte Vogelarten die kargen<br />
Flächen in Besitz.<br />
Seeregenpfeifer und Zwergseeschwalbe legen ihre Nester mit<br />
Vorliebe auf Stränden in Salzwassernähe an. Offene Sandflächen,<br />
wenig bewachsene Primärdünen oder Schillflächen, vereinzelt<br />
auch Spülsäume mit Meersenf oder schütter bewachsene<br />
Weißdünen sind für diese Arten optimale Brutplätze. Die<br />
Brandseeschwalben gründen ihre Kolonien an ähnlichen Standorten,<br />
siedeln aber auch in niedrigen Salzwiesen und gering<br />
bewachsenen Flächen.<br />
Viele der derart ungeschützten, exponierten Gelege können durch<br />
ungünstige Witterungsverläufe, durch Übersandung und durch<br />
Sturmfluten verlorengehen. Wenn dies frühzeitig während der<br />
Brutsaison geschieht, können die Vögel Nachgelege errichten<br />
und so die Verluste dieses Jahres häufig kompensieren. Auch<br />
Jahre ohne Bruterfolg sind für diese Arten charakteristisch und<br />
stellen für den Gesamtbestand der Arten keine Gefahr dar.<br />
Ernsthafte Probleme bereitet ihnen jedoch die natürliche<br />
Veränderung des Brutgebietes, in deren Verlauf die anfänglich<br />
losen Sände festgelegt und von dichterer Vegetation bewachsen<br />
werden. Im Übergang von Primärdüne zur Weißdüne werden viele<br />
traditionelle Brutplätze dieser Arten aufgegeben. Sie sind<br />
jedoch in der Lage, sehr schnell neue, geeignete Brutplätze<br />
andernorts zu erkennen und zu besetzen. Der großräumige<br />
Austausch von Vogelbeständen über das gesamte <strong>Wattenmeer</strong><br />
hinweg war über Jahrtausende die Regel und sicherte den<br />
Gesamtbestand dieser Arten. Die wechselhafte Bruthäufigkeit in<br />
einzelnen Regionen ist daher typisch für sie.<br />
Warum jedoch legen diese Vögel ihre Gelege und Kolonien in<br />
solch exponierten und von der Vernichtung bedrohten Lebensräumen<br />
an? Konkurrenzschwäche zu anderen Arten, die ihre<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Gelege und Kolonien in besser geschützten Bereichen anlegen,<br />
können ursächlich sein. Außerdem ist Brand- und Zwergseeschwalbe,<br />
anders als den nah verwandten Arten Küsten- und<br />
Flussseeschwalbe, kein aggressives gemeinschaftliches Abwehrverhalten<br />
gegen potentielle Nesträuber zu eigen.<br />
Der offensichtliche Vorteil in der außergewöhnlichen Brutplatz-<br />
Wahl von Brandseeschwalbe, Zwergseeschwalbe und Seeregenpfeifer<br />
besteht in der Feindvermeidung. Sie reagieren während<br />
der Phase der Balz und des Brutbeginns äußerst empfindlich auf<br />
potentielle Beeinträchtigungen. Angriffe von Möwen, Störungen<br />
durch den Menschen, selbst Fluglärm während dieser empfindlichen<br />
Phasen führen zum Verlassen des Brutplatzes und zur<br />
Aufgabe der Brut.<br />
Abb. 1: Seeregenpfeifer. Foto Limbrunner.<br />
Lebensraumverlust<br />
Der früher übliche Wechsel von einem Brutplatz zum anderen ist<br />
heute kaum mehr möglich. Natürlich entstehende Sandplaten<br />
oder durch Düneneinbrüche erneut vegetationsarm gewordene<br />
Dünenbereiche sind sehr selten geworden.<br />
Verbliebene weite Strände und Sandinseln werden zudem auch<br />
vom Tourismus beansprucht. So entsteht eine Konkurrenzsituation<br />
zwischen Fremdenverkehr und den Ansprüchen der<br />
Vögel, die aufgrund der Empfindlichkeit der Arten nicht über<br />
Kompromisse geregelt werden kann. Nur der konsequente<br />
Ausschluß jeglicher Nutzungen vermag die Brutbestände in<br />
einem bestimmten Gebiet zu erhalten.<br />
Die besondere Schutzbedürftigkeit der Vogelarten wurden schon<br />
frühzeitig erkannt und Schutzmaßnahmen bereits seit Anfang des<br />
Jahrhunderts eingeleitet. Dennoch haben sich die konservierenden<br />
Maßnahmen letztlich als unzureichend erwiesen, da sich die<br />
geschützten Biotope von selbst im Rahmen ihrer natürlichen<br />
Entwicklung verändern und damit den spezialisierten Pionieren<br />
unter den Vogelarten die Lebensbedingungen entziehen.<br />
Brutpaare<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn<br />
1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Abb. 2: Bestandsentwicklung des Seeregenpfeifers im Bereich des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Bestände im deutschen <strong>Wattenmeer</strong><br />
Heutige Bestände erreichen nur noch einen Bruchteil derer aus<br />
dem vergangenen Jahrhundert. Katastrophale Auswirkungen auf<br />
alle Seeschwalbenarten hatte die Verseuchung der Küstengewässer<br />
mit Pestiziden in den sechziger Jahren. Als Fischfresser<br />
waren Seeschwalben besonders davon betroffen. Inzwischen<br />
haben sich die Bestände von diesen Auswirkungen zwar weitgehend<br />
erholt, aber infolge des Lebensraumverlustes sind im deutschen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> nur noch rund 500 Brutpaare der Zwergseeschwalbe<br />
und weniger als 10.000 Brutpaare der Brandseeschwalbe<br />
beheimatet.<br />
Beim Seeregenpfeifer (ca. 600 Brutpaare) erscheint die Entwicklung<br />
momentan nur deshalb nicht so dramatisch, weil er in<br />
Schleswig-Holstein verstärkt in von Menschen geschaffenen<br />
Sekundärhabitaten (Spülfelder, Bodenentnahmestellen und neu<br />
eingedeichte Köge) siedeln kann. In einigen Jahren werden diese<br />
Standorte aufgrund der natürlichen Sukzession aber wieder als<br />
Brutplatz verloren gehen.
Entwicklung der Bestände im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
Bereits 1902 hat der Neuwerker Lehrer Gechter Seeschwalben<br />
auf dem damals noch vegetationslosen Scharhörnsand beschrieben.<br />
Aber erst 1926, mit der Entstehung von Primärdünen und<br />
schütterer Vegetation, dürften die Gelege der Pionierbesiedler vor<br />
den sommerlichen Hochwässern gesichert gewesen sein.<br />
Zwischenzeitlich siedelten auf Scharhörn zwischen 25 % und 50%<br />
des gesamten Brandseeschwalben-Bestandes des deutschen <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />
Die Dichte der bis fast 5000 Brutpaare umfassenden<br />
Kolonien in den frühen 1980er Jahren war enorm: so waren durchschnittlich<br />
mehr als 5 Gelege auf einem Quadratmeter zu finden.<br />
Abb. 3: Brandseeschwalben auf Scharhörn. Foto Helm.<br />
Brutpaare<br />
5000<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
1936<br />
1939<br />
1942<br />
1945<br />
1948<br />
1951<br />
1954<br />
1957<br />
1960<br />
1963<br />
1966<br />
1969<br />
1972<br />
1975<br />
1978<br />
1981<br />
1984<br />
1987<br />
1990<br />
1993<br />
1996<br />
1999<br />
Abb 4: Bestandsentwicklung der Brandseeschwalbe auf der<br />
Scharhörnplate seit 1936.<br />
Zuletzt haben die Brandseeschwalben auf Scharhörn im Jahr<br />
1998 erfolgreich gebrütet. Die zunehmend dichter werdende<br />
Vegetation der Insel kann ebenso großen Einfluß auf den allgemeinen<br />
Rückgang haben, wie die wachsende Koloniegröße der<br />
Silbermöwe, die als Nesträuber den Nachwuchs der Seeschwalben<br />
vollständig vernichten kann.<br />
Die neue Insel Nigehörn bietet jedoch geeignete Brutplätze an,<br />
die von den Brandseeschwalben zwischen 1994 und 1996 bereits<br />
angenommen wurden. Auch auf Scharhörn haben sich durch<br />
Anwachs im Südosten neue Bereiche als potentielle Brutregionen<br />
entwickelt. Ob die Brandseeschwalben zurückkommen werden,<br />
kann jedoch niemand vorhersagen.<br />
Abb. 5: Gelege einer Zwergseeschwalbe. Foto Klaus Janke.<br />
Brutpaare<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn<br />
0<br />
1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Abb. 6: Bestandsentwicklung der Zwergseeschwalbe im Bereich des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Auch Zwergseeschwalbe und Seeregenpfeifer sind angestammte<br />
Gäste im Bereich des hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>es. Neben den<br />
traditionellen Brutplätzen auf Scharhörn haben sie regelmäßig<br />
auch auf Neuwerk gebrütet. Seeregenpfeifer sind seit 1992 jedoch<br />
nicht mehr hier zu finden, während die Zwergseeschwalben fast<br />
alljährlich kleine Brutkolonien im Vorland von Neuwerk gründen.<br />
Wesentlich bedeutsamer für die beiden Spezialisten sind jedoch<br />
die neuen Brutmöglichkeiten auf Nigehörn. Beide Arten haben<br />
die neue Insel sehr gut angenommen und brüten dort seit den letzten<br />
Jahren ständig.<br />
Abb. 7: Brandseeschwalbe im Anflug auf die Scharhörner Brutkolonie.<br />
Foto Helm.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 103
Die Watt- und Wasserflächen<br />
106<br />
Die freien Wattflächen, Priele und die auch bei extrem niedrigen Wasserständen vom Meer überspülte Dauerflutzone<br />
machen den mit Abstand größten Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es aus. Abgesehen von den viel kleineren naturnahen<br />
Salzwiesen-, Spülsaum- und Dünenbereichen stellen sie die für den Naturhaushalt und Naturschutz besonders wertvollen<br />
Flächen dar. In der Folge der besonders starken Dynamik ihrer Naturkräfte haben sich solche Lebensgemeinschaften<br />
gebildet, die sich durch eine vergleichsweise geringe Formenvielfalt und zugleich eine hohe Besiedlungsdichte auszeichnen.<br />
Die Lebensgemeinschaften der Wattflächen<br />
und Priele<br />
Die im Vergleich zu vielen anderen Wattflächen in Niedersachsen<br />
oder Schleswig-Holstein besondere Kombination aus einer geringer<br />
Artendichte und hoher Siedlungsdichte hat im wesentlichen<br />
drei Ursachen:<br />
• Der vergleichsweise geringe Salzgehalt in der Elbe-Mündung<br />
erlaubt nur wenigen Meerestieren überhaupt eine<br />
dauerhafte Ansiedlung.<br />
• Die dauerhafte Ansiedlung wird durch hohe Strömungsge-<br />
schwindigkeiten und damit verbundene Sedimentumlagerungen<br />
des Bodens erschwert.<br />
• Diejenigen Arten, deren Anpassungsmechanismen eine<br />
dauerhafte Besiedlung erlauben, nutzen den hohen Nährgehalt,<br />
den Elbe und Weser in die deutsche Bucht eintragen,<br />
für eine hohe Besiedlungsdichte und Produktionskraft.<br />
Die Lebensgemeinschaft der freien Wattflächen<br />
Die Besiedlungsstruktur und Dynamik der Lebensgemeinschaften<br />
in und auf den Wattflächen des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
ist bislang nur in Einzeluntersuchungen beschrieben worden.<br />
Systematisch erhobene Erkenntnisse sollen deshalb durch<br />
das im Jahr 2000 begonnene Umweltbeobachtungsprogramm<br />
(siehe Seite 132) gewonnen werden.<br />
Die Tierwelt besteht im Wesentlichen sowohl hinsichtlich ihres<br />
Artenspektrums als auch ihrer Besiedlungsdichte aus Weichtieren<br />
und Borstenwürmern.<br />
Die auffälligste auf dem Wattboden siedelnde Lebensform des<br />
hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es ist die Miesmuschel, die allerdings<br />
meist nur kurzzeitig und in vergleichsweise geringer Dichte an<br />
solchen Stellen auftritt, die eine Ansiedlung an eine zumindest<br />
vorübergehende feste Unterlage (z.B. leere Muschelschalen,<br />
Schill, Holz oder andere angespülte feste Teile) erlaubt. Bei den<br />
jüngsten Untersuchungen konzentrierte sich ihr Vorkommen rund<br />
um die Insel Neuwerk. Die für die Lebensgemeinschaften des<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es typischen großen und über viele Jahre wachsenden<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Miesmuschelbänke einschließlich einer artenreichen Folgebesiedlung<br />
durch andere Arten treten im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> nur im Ausnahmefall auf. Meist werden die jungen<br />
Ansiedlungen durch winterliche Stürme frühzeitig abgeräumt.<br />
Kommt es jedoch zu einer dauerhaften Ansiedlung, so lassen sich<br />
auf der Oberfläche der Muschelschalen zusätzlich Strandschnecken<br />
sowie vereinzelt auch Käferschnecken, Seepocken,<br />
und je nach jahreszeitlicher Entstehung auch der Blasentang nieder.<br />
Außerdem nutzen Strandkrabben die Zwischenräumen der<br />
Muschelansammlungen als Rückzugsgebiet. Schlickige Wattoberflächen<br />
- insbesondere im Schutz der Insel Neuwerk - werden<br />
von der Wattschnecke mit einer Dichte von über 20.000<br />
Tieren/m 2 besiedelt.<br />
Die Tierwelt im Wattboden lässt sich weithin durch die an der<br />
Sedimentoberfläche auftretenden Spuren ausmachen, die ganz<br />
überwiegend von der sesshaften Lebensweise verschiedener<br />
Abb. 1: Auf der Oberfläche der Miesmuschelschalen haben sich<br />
Seepocken und Blasentang angesiedelt. Foto Janke.<br />
Arten von Borstenwürmern herrühren. Die mittel- bis grobkörnigen<br />
Bereiche werden von der Charakterart dieses Lebensraums,<br />
dem Watt- oder Pierwurm, in ihrem Erscheinen geprägt. Er fehlt<br />
jedoch auf den hohen Sanden der Scharhörnplate, Teilen der<br />
Wittsande und am Rande des Elbfahrwassers sowie in den wenigen<br />
sehr schlickigen Bereichen im Osten der Insel Neuwerks.<br />
Eine ähnlich weite Verbreitung ist auch von weiteren ortstreu<br />
lebenden und zum Teil auch röhrenbildenden Borstenwürmern<br />
anzunehmen wie z.B. von den Gruppen der unscheinbaren<br />
Spionidae oder Capitellidae. Auch die frei lebende Borstenwurmarten<br />
sind im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> häufig vertreten.<br />
Hierzu gehört insbesondere die Gruppe der Seeringelwürmer<br />
(Nereidae) und Blattfußwürmer (Phyllodocidae). Dagegen zeichnet<br />
sich das Vorkommen des auffälligen Bäumchenröhrenwurms<br />
durch das Auftreten in streng begrenzten Arealen aus.<br />
Die Leitform der besonders schlickigen Bereiche bildet der<br />
Kotpillenwurm, im Übergang zum Mischwatt tritt er auch<br />
gemeinsam mit dem Wattwurm auf.<br />
Abb. 2: Die Kotsandhaufen des<br />
Wattwurms prägen das Bild weiter<br />
Bereiche der Wattoberflächen.<br />
Foto Janke.<br />
Anders als bei den Borstenwürmern<br />
besiedeln nur<br />
wenige Formen der Weichtiere<br />
den Boden. Eine weite<br />
Verbreitung ist zunächst für<br />
die Sandklaffmuschel, die<br />
Gewöhnliche Herzmuschel<br />
und die Baltische Plattmuschel<br />
nachgewiesen worden.<br />
Das dichte Auftreten<br />
der Sandklaffmuschel wird<br />
insbesondere dann deutlich,<br />
wenn umfangreiche Sedimentumlagerungen<br />
die bis<br />
zu 40 cm tief im Boden siedelnden<br />
Tiere freigespült<br />
werden. Da die erwachsenen<br />
Muscheln den muskulösen<br />
Fuß zurückbilden, können<br />
sie sich nicht wieder eingraben<br />
und sterben deshalb in<br />
großer Zahl an der Wattoberfläche ab. Die übrig bleibenden<br />
Schalenansammlungen werden als "Muschelgräber" bezeichnet.<br />
Die umfangreichste Verbreitung findet nach den jüngeren Untersuchungen<br />
die dicht unterhalb der Oberfläche und zeitlebens<br />
beweglich bleibende Gewöhnliche Herzmuschel, die nur auf den<br />
höheren Platenbereichen und an einigen Prielrändern (z.B. am
Abb. 4: Muschelgrab der Sandklaffmuschel<br />
in einem Priel zwischen<br />
Neuwerk und Scharhörn. Foto Janke.<br />
Abb. 3:Verteilung der Lebensräume in der Gezeiten- und Dauerflutzone des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Dauerflutzone<br />
Priele<br />
Freifallende Wattflächen<br />
Sand- und Dünenplaten<br />
(einschl. Düneninseln)<br />
Insel Neuwerk<br />
1 0 3 km<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 107
Die Watt- und Wasserflächen<br />
108<br />
Weser-Elbe-Wattfahrwasser) zu fehlen scheint. Eine annähernd<br />
weite Verbreitung ist auch für die bis zu 6 cm tief im Boden<br />
lebende Baltische Plattmuschel belegt, die eine wichtige Nahrung<br />
für zahlreiche Vogelarten darstellt. Eine völlig unterschiedliche<br />
Verbreitung weist die Gerippte Tellmuschel auf, die nur in sandigen<br />
Bereichen nahe des Elbfahrwasser nachgewiesen werden<br />
konnte.<br />
Neben den genannten Leitformen erscheinen auch Einzel- oder<br />
seltene Funde, zu denen beispielsweise die Pfeffermuschel oder<br />
die Amerikanische Schwertmuschel gehören.<br />
Neben dem direkt auf der Wattoberfläche wachsenden Rasen der<br />
Kieselalgen besiedeln auch Grünalgen der Gattungen<br />
Enteromorpha und Ulva das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Ausgedehnte Algenfelder wurden bislang nicht nachgewiesen.<br />
Als Siedlungsunterlage dienen Schillteile und angespülte<br />
Hartteile.<br />
Die Lebensgemeinschaften der Priele<br />
Mit der Dauer der Überflutung des Lebensraums nimmt die<br />
Formenvielfalt der Besiedlung im Vergleich zu den freien<br />
Wattflächen deutlich zu. Besonders auffällig ist das vermehrte<br />
Auftreten einer Besiedlung auf der Oberfläche des Wattbodens.<br />
Dies ist insbesondere in den von starken Strömungen gekennzeichneten<br />
Prielen der Fall, in deren Bett sich - mit Ausnahme des<br />
Weser-Elbe-Wattfahrwassers - ausgedehnte Schillfelder bilden<br />
und so ein Hartsubstrat anbieten, welches von vielen festsitzenden<br />
Tieren als Lebensraum angenommen wird. Zu den typischen<br />
Besiedlern der Schillfelder zählen Polypen- und Moostierkolonien,<br />
Seepocken oder auch einzeln auftretende Formen<br />
wie z.B. die Seenelke. Zu den auf den Prielböden frei lebenden<br />
Formen gehören neben dem Seestern Strandkrabbe, Schwimmkrabbe,<br />
der Einsiedlerkrebs und die Nordseegarnele. Letztere tritt<br />
in derart hoher Konzentration auf, dass eine wirtschaftliche<br />
Befischung in Teilen der Prielsysteme durchgeführt wird.<br />
(Krabbenfischerei; s.u.).<br />
Die Tierwelt im Wattboden der Priele wird in ihrer Artenzusammensetzung<br />
von Borstenwürmern (mindestens 27 Arten) dominiert,<br />
ohne dass eine stetige Leitform bislang nachgewiesen werden<br />
konnte. Die Zusammensetzung der Weichtiere unterscheidet<br />
sich dagegen nur unwesentlich von der auf den freien<br />
Wattflächen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Veränderungen in den Lebensgemeinschaften<br />
Die Dichte und Zusammensetzung der Prielbesiedlung kann sich<br />
durch immer wiederkehrende aber auch durch unerwartete<br />
Ereignisse grundsätzlich ändern. Die Struktur der Lebensgemeinschaften<br />
lässt darauf schließen, dass sie an derartige Entwicklungen<br />
durchaus angepasst sind. Als vorhersehbare Veränderung<br />
ist der Rückzug der Garnelenbestände zur werten. Mit dem<br />
Absinken der Wassertemperatur wandern die Garnelenbestände<br />
alljährlich in tiefere Bereich vor der Küste ab.<br />
Eine unregelmäßig auftretende winterliche Ostwindlage mit einsetzender<br />
Kälteperiode führt oftmals zu einem anhaltenden<br />
Abb. 5: Grünalgenbesiedlung auf der Wattoberfläche bei<br />
Scharhörn. Foto Janke.<br />
Abb. 6: Baltische Plattmuscheln treten in den unterschiedlichsten Farbvarianten<br />
auf. Foto Janke.<br />
Trockenfallen der Prielbetten bis zur Sohle und damit zu einem<br />
Rückzug oder sogar Absterben der wirbellosen Tierwelt.<br />
Auch die Verdriftung von Grünalgenteppichen in die Prielsysteme<br />
im Jahr 1992 führte zu einer deutlichen Verarmung der<br />
Prielbesiedlung. Allerdings tritt nach derartigen Naturereignissen<br />
auch wieder sehr zügig eine Wiederbesiedlung insbesondere<br />
durch solche Tierarten ein, die sich über weit verdriftende<br />
Schwimmlarven entwickeln und ausbreiten. Die in den Prielen<br />
nachgewiesenen Tierarten pflanzen sich denn auch fast ausnahmslos<br />
durch derartige Larvenstadien fort.<br />
Abb. 7: Die Röhren des Pygospio-Wurms werden erst sichtbar, wenn sie<br />
freigespült werden. Foto Janke.<br />
Abb. 8: Schalenklappen einer Gewöhnlichen<br />
Herzmuschel. Foto Janke.
Fische im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />
Anders als die wirbellose Tierwelt ist der größte Teil der Fische<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> in ihrer Verteilung deutlich schwerer zu charakterisieren,<br />
weil viele Arten im Jahresgang ausgedehnte Wanderungen<br />
unternehmen oder auch nur kleinräumig mit den Tideströmungen<br />
ihre Standorte wechseln. In den Wintermonaten ziehen<br />
zudem viele Fischarten in tiefere Bereiche zurück.<br />
Abb. 9: Zypressenmoos, eine verzweigte Polypenkolonie,<br />
kann sich im <strong>Wattenmeer</strong> nur auf harten<br />
Untergründen wie z.B. Muschelschalen ansiedeln.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 10: Schollen am Boden eines Priels.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 11: Strandkrabben im Watt vor<br />
Neuwerk. Foto Janke.<br />
Abb.12: Nordseegarnelen. Foto Janke.<br />
Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> sind seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
mindestens 37 Fischarten nachgewiesen worden (siehe<br />
Artenliste im Anhang), doch fehlen systematische repräsentative<br />
Aufnahmen sowohl hinsichtlich der räumlichen als auch der jahreszeitlichen<br />
Verteilung. Das Fangen von Fischen ist im <strong>Nationalpark</strong><br />
grundsätzlich verboten (s.u.).Beim Krabbenfischen fallen im<br />
Beifang auch Schollen und andere am Boden lebende Fische an.<br />
Abb. 13: Eine Seenelke hat sich in einem Priel<br />
auf einer Muschelschale niedergelassen.<br />
Foto Janke.<br />
Abb. 14: Einsiedlerkrebs in einem Schneckengehäuse.<br />
Die Oberfläche ist von von einer<br />
Kolonie von Stachelpolypen bedeckt.<br />
Foto Janke.<br />
Fischerei<br />
Das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> gehörte bis zur Ausweisung als<br />
<strong>Nationalpark</strong> zu den traditionellen Fanggründen regionaler<br />
Krabbenfischereibetriebe insbesondere in Cuxhaven, Spieka-<br />
Neufeld und Dorum. Mit der Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>s im<br />
Jahr 1990 wurden die fischereilichen Nutzungen mit den<br />
Interessen des Naturschutzes abgewogen und entsprechend geregelt.<br />
In diesem Zusammenhang wies Hamburg zum ersten Mal<br />
eine großräumigen fischereifreie Zone (Zone I) im deutschen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> aus.<br />
Mit der von der Bürgerschaft am 5. April 2001 beschlossenen<br />
Änderung des <strong>Nationalpark</strong>gesetzes wurden die Regelungen zur<br />
Fischerei erneut gefasst. Nunmehr gilt ein Fischereiverbot<br />
grundsätzlich für den gesamten <strong>Nationalpark</strong> einschließlich des<br />
Erweiterungsgebiets.<br />
Ausgenommen bleiben lediglich<br />
• die Ausübung der Krabbenfischerei in drei bezeichneten<br />
Fahrwassern (siehe oben) auf einer Breite von 100 Metern<br />
sowie im seewärtigen Erweiterungsgebiet (2050 ha),<br />
• das Fangen von Fischen und Speisekrabben sowie das Sammeln<br />
von Muscheln für den eigenen Bedarf in der Zone II.<br />
Das partielle Fischereiverbot ist seit der Einrichtung des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s nicht von allen Fischereibetrieben konsequent<br />
respektiert worden, so dass die zwischen 1990 und 1993 durchgeführten<br />
Untersuchungen, welche mögliche Veränderungen in der<br />
Zusammensetzung der am Boden lebenden Lebensgemeinschaften<br />
in unbefischten Wattbereichen dokumentieren sollten,<br />
abgebrochen werden mussten.<br />
Abb. 15: Krabbenkutter im Elbe-Neuwerk-Fahrwasser.Am<br />
Horizont sieht man die Nordbake. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 109
Die Watt- und Wasserflächen<br />
110<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> stellt für viele Vogelarten alljährlich eine bedeutsame Station in ihrem Lebenszyklus dar. Zu den schönsten<br />
Vögeln zählen Brandente und Eiderente, für die das <strong>Wattenmeer</strong> zum Rückzugsgebiet während der Mauserzeit geworden ist.<br />
Die Mausergebiete der Brandenten und Eiderenten<br />
Brandenten<br />
Die Brandenten brüten im gesamten Bereich der <strong>Wattenmeer</strong>küsten.<br />
Bereits seit 1939 brüten sie auf Scharhörn und seit<br />
1993 auch auf Nigehörn, wo sich mit den dicht bewachsenen<br />
Weißdünen inzwischen zu geeignete Brutbiotope entwickelt<br />
haben. Daneben finden sich auch einzelne und z.T. kuriose<br />
Brutnachweise auf Neuwerk.<br />
Die Brandenten vollziehen nach ihrer Brutsaison während der<br />
Hochsommermonate eine komplette Großgefiedermauser. Zu diesem<br />
Zweck suchen sie eng begrenzte, traditionelle Mauserplätze<br />
auf. Während der Mauserperiode, die ca. 4 Wochen andauert, sind<br />
die Vögel weitestgehend flugunfähig und daher auf möglichst<br />
störungsfreie Wattbereiche und ein reichhaltiges Nahrungsangebot<br />
im Wattboden, wie z. B. Herzmuscheln und Wattschnecken,<br />
angewiesen. Beim Nahrungserwerb schreiten die Vögel mit seitlich<br />
pendelnden Kopfbewegungen vorwärts, wobei der Schnabel<br />
durch das flache Wasser oder durch den Schlamm gezogen wird.<br />
In tieferem Wasser allerdings gründeln sie, wie viele andere<br />
Entenarten auch. Auf weichem Untergrund erwerben sie ihre<br />
Nahrung durch Trampelbewegungen, was an der Bildung von<br />
Trampelkuhlen, die sie für kurze Zeit im Wattboden hinterlassen,<br />
zu erkennen ist.<br />
Abb. 1: Brandenten-Pärchen auf Nahrungssuche im Watt. Foto Janke.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Abb. 2:Trampelkuhlen der Brandente. Foto Janke.<br />
Das größte und bedeutendste Mausergebiet der westpaläarktischen<br />
Brandentenpopulation erstreckt sich in den vorgelagerten<br />
Watten des Elbmündungsgebietes zwischen dem Großen Knechtsand<br />
und der Halbinsel Eiderstedt. Zählungen vom Flugzeug aus<br />
ergaben, dass seit den achtziger Jahren der westliche Teil des<br />
Scharhörnwatts einen bevorzugten Mauserplatz für die Brandente<br />
darstellt. Während der letzten Jahre mauserten dort durchschnittlich<br />
17.000 Tiere pro Jahr, im Jahr 1991 sogar 25.000. Damit versammelt<br />
sich im hamburgischen <strong>Nationalpark</strong> ein bedeutender<br />
Anteil des Gesamtbestandes dieser Art und macht so die Wattflächen<br />
zu einem "Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung".<br />
Eiderenten<br />
Der lateinische Name für die Eiderente (Somateria mollissima L.)<br />
weist bereits auf ihre weichen Daunen ("Eiderdaunen") hin. Diese<br />
die nordischen Meeresküsten bewohnende Meeresente erreicht<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> ihre südliche Verbreitungsgrenze. Bedeutsam<br />
wird das <strong>Wattenmeer</strong> für die Mauser während der Sommermonate<br />
und als Winterrastgebiet.<br />
Diese große und schwere (ca. 2,3 kg) Entenart kann bis etwa 30<br />
m tief tauchen. Ihre Nahrung besteht in der Hauptsache aus<br />
Muscheln, die vollständig heruntergeschlungen und anschließend<br />
in einem muskulösen Kaumagen zerdrückt werden; Schnecken,<br />
Krebse und Würmer werden ebenfalls erbeutet.<br />
Die an der Nordseeküste im Sommer mausernden Eiderenten<br />
stammen zum überwiegenden Teil aus der Ostsee, der Brutbestand<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> ist mit etwa 6000 Paaren nur gering. Ihre<br />
Hauptbrutgebiete liegen an Schwedens und Finnlands Küsten.<br />
Mauserbestände und Winterrastbestände werden jährlich vom<br />
Flugzeug aus gezählt. Zu Beginn dieses Jahrzehnts lagen die<br />
Mauserbestände im niedersächsischen Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es mit<br />
ca. 100.000 Tieren etwa doppelt so hoch wie heute. Vergleichbares<br />
lässt sich für den Teilbereich zwischen Elbe- und Wesermündung<br />
feststellen, wo 1992 die Mauserbestände bei ca. 50.000<br />
Eiderenten lagen, während ihre Zahl bis 1999 auf 20.000 zurückgegangen<br />
ist. Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> lag<br />
der Mauserbestand in den Jahren 1994 bis 1997 im Mittel bei ca.<br />
2.000 Tieren, der Winterrastbestand um 2.300 Tieren, mit z.T.<br />
recht beachtlichen Schwankungen.<br />
Die mausernden Eiderenten halten sich entlang der Prielränder<br />
auf. Im Bereich des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
wurden die größten Ansammlungen von mausernden und rastenden<br />
Tieren im Bereich des Wittsandlochs, des Scharhörnlochs,<br />
des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers und an der Eitzenbalje gezählt.<br />
Abb. 3: Rastende Eiderenten. Diese Aufnahme aus dem späten April<br />
zeigt die Erpel im vollen Prachtkleid. Foto Janke.
Anzahl mausender Enten<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
westl. der Elbe NP HH <strong>Wattenmeer</strong><br />
1994 1995 1996 1997<br />
Abb. 5: Rastbestände mausernder Eiderenten im deutschen <strong>Wattenmeer</strong><br />
westlich der Elbe. Nach Angaben der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>,Wilhelmshaven.<br />
Abb. 4: Mausergebiet von Eiderenten und Brandenten im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Nach Angaben der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>,Wilhelmshaven.<br />
Mausergebiete der Brandente<br />
Mausergebiete der Eiderente<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 111
Die Watt- und Wasserflächen<br />
112<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> in seiner Gesamtheit hat eine besondere Bedeutung für die Vogelwelt. Dieser Lebensraum ist sowohl für<br />
den Vogelzug, als auch als Winterrückzugsgebiet und Mauserplatz für Entenvögel, Limikolen (Watvögel) und Möwen unverzichtbar.<br />
Die Rast- und Überwinterungsgebiete der Vogelwelt<br />
Abb. 1: Rastende Möwen am Nordstrand von Scharhörn. Foto Helm.<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> stellt mit seiner<br />
Vielfalt an Lebensräumen und im Verbund mit den angrenzenden<br />
Wattflächen ein bedeutendes Rast- und Überwinterungsgebiet für<br />
die Vogelwelt dar.<br />
Im Laufe ihres Jahreszyklus nutzen 10-12 Millionen Wat- und Wasservögel<br />
das <strong>Wattenmeer</strong> entlang der Nordseeküste.<br />
Für mindestens 52 geographisch getrennte Bestände von 41 Arten<br />
ist das <strong>Wattenmeer</strong> als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung.<br />
Während eines Jahres suchen etwa 2-2,5 Millionen Gänse und<br />
Enten das <strong>Wattenmeer</strong> auf, wobei die Höchstzahlen im Herbst<br />
erreicht werden. Am zahlreichsten vertreten sind Pfeifenten,<br />
Brandgänse und Eiderenten. Die Anzahl an Watvögeln, die jährlich<br />
das <strong>Wattenmeer</strong> anfliegen, wird sogar auf 6-7 Millionen<br />
geschätzt. Auch bei dieser Gruppe werden die höchsten Individuenzahlen<br />
im Herbst erreicht. Austernfischer und Alpenstrandläufer<br />
kommen am Häufigsten vor.<br />
Das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> gliedert<br />
sich für die Vogelwelt in folgende Bereiche:<br />
• die eigentlichen Wattbereiche, in denen Sand- und Mischwatt<br />
vorherrschen,<br />
• die Scharhörnplate und Sände, die bei normalen Hochwässern<br />
nicht überspült werden,<br />
• die Insel Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Watten<br />
Im Scharhörner und Neuwerker Watt gehören Austernfischer,<br />
Sanderling, Knutt, Großer Brachvogel, Pfuhlschnepfe,<br />
Alpenstrandläufer und Kiebitzregenpfeifer zu den häufigsten<br />
Rastvögeln. Alle genannten Arten übertreffen das Mengenkriterium<br />
(mindestens 1% der biogeographischen Population) der<br />
Ramsar-Konvention zum Schutz internationaler Feuchtgebiete<br />
(siehe Seite 126) um ein Vielfaches. Auch die Brandente ist zur<br />
Mauserzeit mit international bedeutsamen Beständen im<br />
Scharhörner Watt präsent.<br />
Die unterschiedlichen Standortbedingungen (Schlickanteil im<br />
Wattboden, Überflutungsdauer, Strömungsgeschwindigkeit etc.)<br />
bewirken die unterschiedlichen Artenzusammensetzungen der<br />
Wattbodenfauna. Je nach Beutespektrum und Mechanismen des<br />
Nahrungserwerbs suchen sich die einzelnen Watvogelarten die<br />
für sie günstigsten Standorte aus.<br />
Platen und Sandbänke<br />
Die Scharhörnplate mit ihren Düneninseln Scharhörn und<br />
Nigehörn besitzt in mehrerer Hinsicht eine bedeutende Funktion<br />
für Rast- und Gastvögel.<br />
• So stellt seine Lage im Inneren der Deutschen Bucht für<br />
Zugvögel, die sich an Leitlinien orientieren, eine wichtige<br />
Landmarke dar.<br />
• Eine weitere wichtige Funktion übt die Scharhörnplate als<br />
hochwassersicherer Rastplatz für die Vögel des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
aus. Es sammeln sich viele tausend Vögel auf den Sandplaten des<br />
Scharhörnsandes, um die Hochwasserzeit abzuwarten und danach<br />
mit der Nahrungssuche fortzufahren. Die Inseln selbst jedoch<br />
werden von diesen Arten in der Regel nur bei extremen Hochwässern<br />
aufgesucht.<br />
• Ein dritter, für die Vögel wichtiger, Punkt ist die Nahrungsverfügbarkeit<br />
auf den Sänden. Während die meisten Arten ihre<br />
Nahrung auf den Sand- und Mischwatten oder in den Prielen<br />
suchen, stellen für andere die höher gelegenen Sände die attraktiveren<br />
Nahrungsgründe dar. Insbesondere der Sanderling, dessen<br />
Hauptnahrung aus Insekten besteht, sucht vermutlich auf den<br />
relativ festen und trockenen Sänden nach angespülten oder angewehten<br />
Insekten, verschmäht jedoch auch leicht erreichbare<br />
Weichtiere und Krustentiere nicht. Der Sandregenpfeifer bevorzugt<br />
zur Nahrungssuche die relativ trockenen Sände, während die<br />
meisten Arten die feuchteren und dichter besiedelten Sandwatten<br />
und schlickigeren Bereiche nach Nahrung durchsuchen.<br />
Neuwerk<br />
Neuwerk stellt eine Besonderheit für die Vogelwelt dar, da die<br />
Insel beständig hochwasserfrei ist. Sie ist daher Hochwasser-<br />
Rastgebiet für die Watvögel, die in den umgebenden Watten nach<br />
Nahrung suchen. Außerdem stellt sie einen überregional bedeut-<br />
Populations-<br />
größe<br />
(HÄLTER-<br />
LEIN 1995)<br />
Rastzahlen<br />
gesamtes<br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
(MELTOFTE<br />
1994)<br />
Rastzahlen<br />
Niedersachsen<br />
u. Schleswig-<br />
Holstein<br />
(MELTOFTE<br />
1994)<br />
Rastzahlen<br />
hamb.<br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
(DIVERSE<br />
AUTOREN)<br />
Austernfischer 874.000 739.000 310.000 40.000<br />
Sanderling 70.000 20.200 8.000 10.000<br />
Knutt 857.000 433.000 195.000 71.000<br />
Großer Brachvogel 350.000 227.000 64.000 15.000<br />
Pfuhlschnepfe 820.000 341.000 40.000 10.000<br />
Alpenstrandläufer 2.208.000 1.200.000 290.000 171.500<br />
Kiebitzregenpfeifer 168.000 140.000 43.000 6000<br />
Tab. 1: Tageshöchstzahlen rastender <strong>Wattenmeer</strong>vögel im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> (zusammengestellt nach verschied. Autoren).<br />
samen Zufluchtsort bei widrigen Wetterbedingungen dar. Nicht<br />
zuletzt ist die Biotopvielfalt ausschlaggebend für die Bedeutung<br />
als Landmarke und Rastgebiet für ziehende Singvögel.<br />
Überwinterer<br />
Auch in der kalten Jahreszeit werden die Wattgebiete des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> von Vögeln aufgesucht.<br />
Bei milder Witterung harren z.B. Alpenstrandläufer und<br />
Großer Brachvogel so lange aus, bis der Winter auch für diese<br />
Arten zu extrem wird und sie sich weiter Richtung Westen in ihre<br />
Winterquartiere begeben. Die robusten Austernfischer bleiben<br />
auch in kalten Wintern im Gebiet. Andere Arten, wie z.B.<br />
Pfuhlschnepfe, Kiebitzregenpfeifer, Sanderling und Knutt kehren<br />
dagegen erst im Frühjahr aus ihren Winterquartieren in Afrika<br />
oder dem westlichen Europa zurück.
Austernfischer<br />
Kiebitzregenpfeifer<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
Scharhörnloch<br />
Wittsandloch<br />
Abb. 2: Hauptnahrungsflächen der Austernfischer und Kiebitzregenpfeifer<br />
im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Großer Brachvogel<br />
Pfuhlschnepfe<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
Wittsandloch<br />
Abb. 3: Hauptsnahrungsflächen von Großem Brachvogel und<br />
Pfuhlschnepfe im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Nigehörn<br />
Scharhörn<br />
Neuwerker Loch<br />
Nigehörn<br />
Bakenloch<br />
Scharhörn<br />
Neuwerker Loch<br />
Bakenloch<br />
Neuwerk<br />
Neuwerk<br />
Eitzenbalje<br />
Eitzenbalje<br />
Alpenstrandläufer<br />
Sanderling<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
Scharhörnloch<br />
Scharhörnloch<br />
Wittsandloch<br />
Abb. 4: Hauptnahrungsflächen von Alpenstrandläufer und<br />
Sanderling im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Nahrungsgebiete<br />
Rastplätze<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
Wittsandloch<br />
Abb. 5: Nahrungsgebiete und Rastplätze des Knutt im<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Nigehörn<br />
Nigehörn<br />
Scharhörn<br />
Neuwerker Loch<br />
Bakenloch<br />
Scharhörn<br />
Neuwerker Loch<br />
Bakenloch<br />
Neuwerk<br />
Neuwerk<br />
Eitzenbalje<br />
Eitzenbalje<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 113
Die Watt- und Wasserflächen<br />
114<br />
Die größten Tiere im <strong>Wattenmeer</strong> sind die Robben.Während die Kegelrobben nur in versprengten Vorkommen in<br />
Nordfriesland und den Niederlanden erscheinen, kommen die Seehunde als Charakterart des Lebensraumes im gesamten<br />
<strong>Wattenmeer</strong> vor.<br />
Bestand und Entwicklung der Seehunde<br />
Biologie und Ökologie des Seehundes<br />
Der Seehund (Phoca vitulina) ist die einzige Robbenart, die im<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> regelmäßig vorkommt.<br />
Die männlichen Tiere erreichen eine Gesamtlänge von bis zu 1,8 m.<br />
Ihr Maximalgewicht beträgt 115 kg. Die Weibchen sind mit 1,6 m<br />
und einem Maximalgewicht von 105 kg etwas kleiner. Der<br />
Weltbestand an Seehunden wird auf 300.000 bis 400.000<br />
geschätzt, davon sind etwa 70.000 Tiere im Ostatlantik beheimatet.<br />
Der Teilbestand im <strong>Wattenmeer</strong> zwischen Den Helder in den<br />
Niederlanden und Esbjerg in Dänemark beläuft sich derzeitig auf<br />
etwa 15.000 Tiere.<br />
Die Seehunde der <strong>Wattenmeer</strong>population verbringen ihre gesamte<br />
Lebensspanne in der Nordsee und im <strong>Wattenmeer</strong>. Im späten<br />
Frühjahr wechseln sie von der offenen See in das <strong>Wattenmeer</strong>, um<br />
auf den Sandbänken ihr Fell zu wechseln und, nach einer Tragzeit<br />
von 11 Monaten, zwischen Ende Mai und Mitte Juli ihre Jungen<br />
zur Welt zu bringen. Es sind fast ausschließlich Einlinge mit einer<br />
Geburtsmasse von 10-15 kg und einer Länge von 80-95 cm.<br />
Sandbänke sind für die Seehunde unverzichtbare Säuge- und<br />
Ruheplätze. Hier werden die Jungen über einen Zeitraum von 3<br />
bis 5 Wochen gesäugt. Leider sind die Tiere während ihres Aufenthalts<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> vielfältigen Störungen ausgesetzt, wie<br />
z.B. Wattwanderern, Ausflugsschiffen und Flugverkehr. Durch<br />
diese menschlichen Aktivitäten werden häufig sogenannte<br />
"Heuler" erzeugt: Wenn die Jungen bei der Flucht vor den<br />
Störungen von der Mutter getrennt werden, stoßen sie einen<br />
Stimmfühlungslaut aus, der wie ein Heulen klingt.<br />
Doch dies sind nicht die einzigen Gefährdungen mit denen der<br />
Seehund konfrontiert wird. Er ist ein sogenannter Top-Predator,<br />
das bedeutet, er ist ein Endglied in der Nahrungskette. Durch die<br />
damit einhergehende Anreicherung von Umweltgiften in seiner<br />
Nahrung kann seine Gesundheit, oder sogar sein Leben oder die<br />
Fortpflanzungsfähigkeit gefährdet sein.<br />
Populationsentwicklung<br />
In früheren Zeiten sollen fast 40.000 Seehunde in der Nordsee<br />
gelebt haben. Regelmäßige Zählungen werden jedoch erst seit<br />
den fünfziger Jahren durchgeführt. Seitdem konnte ein stetiger<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Rückgang der Bestände bis auf weniger als 4.000 Tiere festgestellt<br />
werden, der mit Beginn der sechziger Jahre besonders deutlich<br />
wurde. Als ein entscheidender Faktor gilt die Jagd, außerdem<br />
die Belastungen mit chlorierten Kohlenwasserstoffen und die<br />
Störungen der Tiere auf den Sandbänken. Mit der Einstellung der<br />
Bejagung, in den Niederlanden im Jahre 1963, in den übrigen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>gebieten im Verlauf der siebziger Jahre, konnte eine<br />
Zunahme der Bestände festgestellt werden.<br />
Ein weiterer Tiefpunkt wurde durch die sogenannte Seehund-<br />
"Seuche", eine Seehundstaupe, im Jahre 1988 erreicht. Diesem<br />
Virus fielen innerhalb eines Jahres etwa 2/3 der im <strong>Wattenmeer</strong><br />
lebenden Seehunde zum Opfer. Seitdem steigt ihre Zahl im<br />
gesamten <strong>Wattenmeer</strong> wieder stetig an und hat das Bestandsniveau<br />
von 1988, vor der Epidemie, inzwischen sogar überschritten.<br />
Die aktuelle Größe der gesamten Seehund-<strong>Wattenmeer</strong>population<br />
betrug 1998 bereits wieder 14.400 Tiere, davon entfielen<br />
knapp 20% auf Jungtiere. Die durchschnittliche jährliche<br />
Wachstumsrate seit der Seehund-Epidemie 1988 beträgt etwa<br />
13%. Es wird allgemein angenommen, dass <strong>Wattenmeer</strong> und<br />
Nordsee in der Lage sind, noch weitaus größere Seehundbestände<br />
zu ernähren.<br />
Seehunde im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />
Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> leben, verglichen<br />
mit anderen Wattgebieten, sehr viele Seehunde. So wurden im<br />
Jahr 1999 bei Befliegungszählungen im Mittel 424 Seehunde<br />
gezählt. Die weitaus meisten halten sich an den zum Till ausgerichteten<br />
Prielkanten und auf den dortigen Sandbänken (südlicher<br />
Bereich) auf. Besonders bevorzugt wird dabei die zwischen<br />
Wittsandloch und Scharhörnloch liegende Robbenplate. An den<br />
nördlichen Prielen ist es vor allem die nördliche Prielkante des<br />
Elbe-Neuwerk-Fahrwassers, die regelmäßig von großen Seehund-Rudeln<br />
aufgesucht wird. Die landläufigen topographischen<br />
Namen wie Robbenplate und der frühere Name von Teilen des<br />
Elbe-Neuwerk-Fahrwassers, Hundebalje, lassen vermuten, dass<br />
diese Bereiche schon seit langer Zeit traditionelle Liegeplätze der<br />
Seehunde darstellen.<br />
Die Bestandszunahmen im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> liegen<br />
über dem durchschnittlichen Bestandswachstum im gesamten<br />
<strong>Wattenmeer</strong>. Besonders der südliche, an der Till gelegene,<br />
Bereich zeigt diese deutliche Vergrößerung des Seehund-<br />
Bestandes.<br />
Laut Verordnung über jagdrechtliche Regelungen vom 11. Mai<br />
1993 ist im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> die Jagd<br />
auf Seehunde aufgehoben. Sie sind das ganze Jahr hindurch mit<br />
der Jagd zu verschonen.<br />
Schutz und Gefährdung<br />
Zum Schutz der Robben wurde bereits am 13. November 1991<br />
von den <strong>Wattenmeer</strong>-Anrainerländern Niederlande, Deutschland<br />
und Dänemark ein "Trilaterales Abkommen zum Schutz der<br />
Seehunde im <strong>Wattenmeer</strong>" geschlossen und am 15. März 1996<br />
trat der "Schutz- und Managementplan für die Seehundpopulation<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> 1996-2000" in Kraft, der bestimmte Ziele, Aufgaben<br />
und Maßnahmen zum Schutze der Robben beinhaltet.<br />
Doch auch heute noch wird diese Art sowohl im gesamten<br />
<strong>Wattenmeer</strong>, als auch in der Nordsee als gefährdet eingestuft.<br />
Dafür gibt es mehrere Gründe:<br />
• Schadstoffeinleitungen, z. B. Stoffe wie Quecksilber, PCB<br />
etc. gefährden die Gesundheit der Tiere,<br />
• die Stellnetzfischerei birgt die Gefahr des Ertrinkens in den<br />
Stellnetzen und<br />
• Störungen der Seehunde durch menschliche Aktivitäten<br />
führen zu einem derartigen Stress bei den Tieren, dass ihre<br />
ihre Gesundheit und vor allem ihre erfolgreiche Jungenaufzucht<br />
gefährdet wird.<br />
"Heuler"<br />
Als Heuler werden verlassene oder verlassen erscheinende<br />
Jungtiere bezeichnet, die als Stimmfühlungslaut ein Heulen von<br />
sich geben.<br />
Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> werden verlassene und vermeintlich<br />
geschwächte Tiere – solange dies möglich ist – am Fundort<br />
belassen, um herauszufinden, ob nicht doch das Muttertier das<br />
Junge wiederfindet und es weiter versorgen kann. Mit dieser<br />
Strategie wird sichergestellt, dass das Jungtier alle Chancen auf<br />
eine natürliche Lebensweise in dem ihm heimischen Lebensraum<br />
behält. Erst wenn sich herausstellt, dass das Muttertier den<br />
Nachwuchs ohne Zweifel verlassen hat, kann zur weiteren<br />
Behandlung ein Veterinär eingeschaltet oder das Tier auch direkt<br />
in eine Seehund-Aufzuchtstation gebracht werden.
Anzahl<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Nördlicher Bereich<br />
Südlicher Bereich<br />
Gesamtbestand NPHW<br />
1987 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Abb. 2: Entwicklung der Seehundbestände im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Die Werte aus dem Jahr 1987 beruhen<br />
auf groben Schätzungen, alle Angaben aus den Jahren 1991-<br />
1999 beruhen auf sytematischen Zählflügen. Quelle: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>, Wilhelmshaven.<br />
Die Darstellung zeigt Mittelwerte aus jeweils 4 Überfliegungen pro<br />
Standort.<br />
Abb. 3: Seehund-Liegeplatz im <strong>Wattenmeer</strong>. Foto Janke.<br />
Scharhörnloch<br />
Wittsandloch<br />
Nigehörn<br />
Scharhörn<br />
Neuwerker erker Loch<br />
Bakenloch<br />
Abb. 1. Seehundliegeplätze im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Quelle: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>,Wilhelmshaven.<br />
Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />
Neuwerk<br />
Liegeplätze mit 500 m Störungsdistanz<br />
Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
1 0 3 km<br />
Eitzenbalje<br />
Wattweg<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 115
Die Watt- und Wasserflächen<br />
116<br />
"Wo etwa noch vor einer Stunde geschwoll´ne Segel auf und nieder,<br />
Von tiefer Flut getragen, schwebten: daselbst erblickt man dürren Sand.<br />
Daselbst erblickt man, mit Erstaunen, auf einem öd´und trockenen Strand<br />
Anstatt der Schiff´und stolzer Segel, im schnellen Traben Pferd und Wagen<br />
Oft auf dem aufgedeckten Boden des Meeres hin und wider jagen."<br />
Seit im 17. Jahrhundert der Heimatdichter B. H. Brockes die Stimmung des bei niedrigen Wasserständen über das Watt zwischen<br />
der Insel Neuwerk und dem Festland pendelnde Pferdekutschen beschrieb, hat sich das Bild nur unwesentlich verändert.<br />
Auch heute noch ist der traditionsreiche und von Reisigpricken markierte Wattweg vom Festland nach Cuxhaven die<br />
Lebensader für die Insel Neuwerk.<br />
Die Wattwege im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />
Der Wattweg von Neuwerk zum Festland<br />
Der Weg über das Watt zur Insel Neuwerk gehört seit Jahrhunderten<br />
zum festen Bestandteil des Transportnetzes an der<br />
Wurster Küste. Die Route wird jedes Jahr nach den Frühlingsstürmen<br />
je nach veränderten Verläufen der Priele und Wattrücken<br />
Abb. 1: Auch der Wattweg von Neuwerk nach Scharhörn wird sorgfältig<br />
mit Reisigbüscheln gekennzeichnet. Foto Janke.<br />
neu festgesetzt. Sie führt von Duhnen und Sahlenburg kommend<br />
entlang der Wasserscheide quer zum Weser-Elbe-Wattfahrwasser<br />
auf einer Länge von rund 10 km bis zur südlichen Auffahrt<br />
Neuwerks. Neben seiner traditionellen Funktion als Haupt-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
versorgungsweg (früher) mit traditionellen Pferdewattwagen und<br />
(heute) mit Versorgungstreckern gehört er mittlerweile zu den<br />
großen Touristenattraktionen der Region. Nur an wenigen Stellen<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> kann man sich so weit hinaus auf die freien<br />
Wattflächen wagen. Von den Cuxhavener Seebädern Sahlenburg<br />
und Duhnen werden im Sommer täglich Kutschfahrten, geführte<br />
Wattwanderungen und auch Ausflüge mit Pferden zur Insel<br />
Neuwerk angeboten. Obwohl seit 1950 ein regelmäßiger<br />
Schiffsverkehr zwischen Cuxhaven und Neuwerk besteht, werden<br />
die Versorgungsgüter für die ständigen Einwohner und ihre Gäste<br />
auch heute noch über den Wattweg transportiert. Dies geschieht<br />
ganz überwiegend mit Hilfe von in der Landwirtschaft üblichen<br />
Traktorengespannen. Eine Entsorgung der Insel wird über den<br />
Schiffsweg bewerkstelligt.<br />
Abb. 2:Wattwagenverkehr zwischen Neuwerk und Sahlenburg.<br />
Foto Janke.<br />
Durch den großen Andrang von Tagestouristen und Urlaubern<br />
wird der Wattweg im Sommer intensiv genutzt, bei günstigen<br />
Gezeiten sogar zweimal täglich. An Spitzentagen verkehren 50<br />
Kutschen, davon 11 Kutschen von der Insel Neuwerk, sowie<br />
durchschnittlich zwei Traktoren und unzählige Wattwanderer und<br />
Reiter auf dem ausgeprickten Wattenweg ( Stand 2000).<br />
Für die Sicherheit des Weges ist - soweit das bei einem Wattweg<br />
überhaupt möglich ist – muß Vorsorge getroffen worden. Zunächst<br />
ist die Route durch Reisigbüschel, die in mehreren Metern<br />
Abstand voneinander in den Wattboden gegraben werden, in<br />
ihrem Verlauf für den Wanderer gesichert. Die kurzen Abstände<br />
müssen deshalb eingehalten werden, damit auch bei einem plötzlich<br />
aufkommenden Seenebel immer noch eine Orientierungshilfe<br />
besteht, an der entlang sich der Wegeverlauf verfolgen lässt.<br />
An den Rändern des quer zum Weg verlaufenden Weser - Elbe-<br />
Wattfahrwasser wurden Rettungsbaken eingerichtet, in die sich<br />
von der Flut abgeschnittene Wattwanderer flüchten können.<br />
Schließlich besteht sowohl am Festland als auch auf Neuwerk ein<br />
gut organisiertes Informationssytsem, das wanderfreudigen<br />
Gästen mitteilt, wann genau eine Wanderung unternommen werden<br />
kann und wieder abgeschlossen sein muss. Um sich im Notfall<br />
gegenseitig helfen<br />
zu können sind viele<br />
Wattwagenfahrer sowie<br />
Wattführer und die Einsatzstelle<br />
am Festland<br />
untereinander über Funk<br />
verbunden.<br />
Abb. 3: Der Kotpillenwurm ist auch auf<br />
dem Wattweg noch anzutreffen.<br />
Foto Janke.
Der Wattweg von Neuwerk nach Scharhörn<br />
Der Wattweg von Neuwerk zur Scharhörnplate ist erst mit der<br />
Entstehung der Vogelinsel etabliert worden. Er beginnt an der<br />
südlichen Auffahrt Neuwerks und führt zunächst entlang der<br />
Südseite der Insel, bis er an der Südwestecke in nordwestliche<br />
Richtung von der Insel abschwenkt. Auch hier wird die Route<br />
über die Wasserscheide der hohen Wattrücken auf einer Länge<br />
von ca. 6 Kilometern durch Reisigbüschel gezeichnet, um ein<br />
Abb. 4: Morgenstimmung auf dem Wattweg nach Neuwerk. Foto Janke.<br />
sichere Orientierung zu gewährleisten. Der Weg nach Scharhörn<br />
dient heute in erster Linie der dortigen Inselbetreuung<br />
("Vogelwart") einschließlich deren Versorgung per Wattwagen<br />
sowie als Marschroute für die Besucher der Insel. Ein Betreten<br />
der Insel Scharhörn ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich.<br />
Veränderungen im Wattboden<br />
Mit der Nutzung des Wattbodens als Verkehrsweg verdichtet sich<br />
der Wattboden und wird kurzfristig zugleich mehrere Zentimeter<br />
aufgewühlt. Dies hat zur Folge, dass sich die Tierwelt des Wattbodens<br />
spürbar verändert. Untersuchungen der letzten Jahre<br />
haben folgende Ergebnisse gebracht:<br />
• Mit dem Befahren des Bodens werden feinsandige Anteile<br />
nach und nach ausgewaschen und abgetragen, so dass schließlich<br />
grobkörnigere Sedimentanteile überwiegen. Gleichzeitig<br />
nimmt die Dicke der sauerstoffreichen Sediment schicht an<br />
der Oberfläche ab. Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf<br />
die durch den erhöhten Pressdruck hervorgerufene Verringerung<br />
des Porenvolumens zurückzuführen. Dadurch werden<br />
auch die Wege für eine Sauerstoffversorgung im Boden verengt<br />
und im Extremfall auch abgeschnitten.<br />
• Die natürliche Flächendeckung des Kieselalgenrasens auf<br />
der Wattoberfläche nimmt ab.<br />
• Die ursprüngliche Besiedlungsdichte der Tierwelt wird durch<br />
das Befahren deutlich verringert, zusätzlich treten im Artenspektrum<br />
Verschiebungen auf.<br />
Mittlere Besiedlungsdichte: 1300 Tiere /m 2<br />
Wenigborster (Oligochatea) 3%<br />
sonst. Borstenwürmer 0,4% 2% Krebse<br />
Orbinida 2%<br />
Nereida 1%<br />
Phyllacoidae<br />
4%<br />
13%<br />
Cirraculidae<br />
div. Spionidae<br />
Pygospio elegans<br />
10%<br />
7%<br />
13%<br />
div. Capitellidae 2%<br />
BORSTENWÜRMER<br />
(Polychaeta)<br />
9%<br />
Capitella sp.<br />
15%<br />
MUSCHELN<br />
Baltische Plattmuschel<br />
(Macoma balthica)<br />
17%<br />
Sandklaffmuschel<br />
(Mya arenaria)<br />
1%<br />
sonst.<br />
Muschelart<br />
Kotpillenwurm<br />
(Heteromastus filiformis)<br />
Besonders augenscheinlich ist die geringere Siedlungsdichte<br />
durch Charkterformen des Watts, wie z.B. Wattwurm oder Herzmuschel<br />
wahrzunehmen. Der Bäumchenröhrenwurm mit seiner<br />
festen Wohnröhre und die durch Fäden fest an ihren Ort gebundene<br />
Miesmuschel verschwinden gänzlich, können jedoch in<br />
unmittelbarer Nähe des Wattweges durchaus häufiger auftreten.<br />
Aber auch sehr bewegliche Organismen wie z.B. die Meeresringelwürmer<br />
der Gattung Nereis meiden den Fahrweg. Allein der<br />
Kotpillenwurm und die Wurmgruppe der Wenigborster<br />
(Oligochaeta) nehmen an der Gesamtbesiedlung einen höheren<br />
Anteil ein.<br />
Um die Auswirkungen des Wattweges auf die Lebensgemeinschaften<br />
im <strong>Wattenmeer</strong> abschließend bewerten zu können bleiben<br />
noch viele Fragen zu beantworten. Die bislang vorliegenden<br />
Untersuchungen lassen vermuten, dass beispielsweise nach einer<br />
Verlegung der Wattroute zurückdrängte Arten innerhalb eines<br />
überschaubaren Zeitraums wieder in wachsender Besiedlungsdichte<br />
auftreten. Außerdem liegen bislang keine systematischen<br />
Untersuchungen dazu vor, ob und welchem Umfang die Wattwege<br />
auch das Verhalten der Vögel maßgeblich beeinflussen.<br />
Mittlere Besiedlungsdichte: 3700 Tiere /m 2<br />
Wenigborster (Oligochaeta) 1%<br />
sonst. Borsternwürmer3%<br />
Orbinidae2%<br />
Nereida 2%<br />
3% Krebse<br />
11%<br />
Phyllacoidae<br />
Cirraculidae<br />
div. Spionidae<br />
Pygiospio elegans<br />
7%<br />
3%<br />
div. Capitellidae 1%<br />
6%<br />
9%<br />
Capitella sp.<br />
BORSTENWÜRMER<br />
(Polychaeta)<br />
15%<br />
18%<br />
MUSCHELN<br />
Baltische Plattmuschel<br />
(Macoma balthica)<br />
18%<br />
Sandklaffmuschel<br />
(Mya arenaria)<br />
1% div.<br />
Muschelarten<br />
Kotpillenwurm<br />
(Heteromastus filiformis)<br />
Abb. 5: Die Tierwelt im Boden des Wattweges (1996). Abb. 6: Die Tierwelt im Wattboden abseits des Wattweges (1996).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
117
Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />
120<br />
In den letzten 200 Jahren ist der Natur ein größerer Schaden zugefügt worden als in der Menschheitsgeschichte zuvor. Als<br />
ein wichtiger Schritt gegen die globale biologische Verarmung hat sich die Idee zur Ausweisung von <strong>Nationalpark</strong>en erwiesen.<br />
Die Gründung des weltweit ersten <strong>Nationalpark</strong>s, dem Yellowstone <strong>Nationalpark</strong>, erfolgte durch den amerikanischen<br />
Kongress. Dies war die Initialzündung für eine Bewegung, die um die Welt ging. Heute existieren über die ganze Welt verstreut<br />
über 2000 <strong>Nationalpark</strong>e. Ihnen allen gemeinsam ist ein Ziel: Sie schützen unser globales Naturerbe um seiner selbst<br />
willen und für die uns nachfolgenden Generationen.<br />
Grundlagen und Ziele von <strong>Nationalpark</strong>en<br />
<strong>Nationalpark</strong>e sind grundsätzlich großräumige Schutzgebiete, in<br />
denen sich die dort beheimateten natürlichen Ökosysteme und ihre<br />
Lebensgemeinschaften möglichst frei von menschlichen Einflüssen<br />
entfalten sollen. In solchen Rückzugsgebieten der Natur<br />
erhält der Besucher einen Einblick in die Eigendynamik der Natur<br />
und die Kräfte der Evolution mit ihrem ständigen Werden und Vergehen<br />
des Lebens und die in ihrem Verlaufe entstandene Vielfalt.<br />
In Deutschland werden <strong>Nationalpark</strong>e entweder durch einen<br />
Gesetzesbeschluss der Länderparlamente oder durch den Erlass<br />
einer Verordnung vom jeweils zuständigen Minister ausgewiesen.<br />
Vier wesentliche Aspekte bestimmen das Leitbild von <strong>Nationalpark</strong>en.<br />
Abb. 1: Der kleinste <strong>Nationalpark</strong> Deutschlands ist der <strong>Nationalpark</strong><br />
Jasmund auf der Insel Rügen mit seinen beeindruckenden Kreidefelsen.<br />
Foto Janke.<br />
1.) Die Bewahrung des nationalen Erbes<br />
<strong>Nationalpark</strong>e dienen insbesondere der ungestörten Entwicklung<br />
der natürlichen Vielfalt der Arten und ihrer Lebensgemeinschaften<br />
sowie ihrer natürlichen Grundlagen. Sie schützen möglichst<br />
ungestörte und meistens durch besondere Ästhetik ausge-<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
zeichnete Naturräume um ihrer selbst willen als ein nationales<br />
Naturerbe für heutige und die kommenden Generationen. Dieses<br />
Naturschutzziel bezeichnet man als Prozessschutz. Darüber hinaus<br />
können <strong>Nationalpark</strong>e zum sicheren Erhalt gefährdeter wildlebender<br />
Tiere und Pflanzen einen wertvollen Beitrag leisten. In<br />
besonderen Fällen können auch gezielte Maßnahmen zu deren<br />
Erhalt ergriffen und gefördert werden, soweit dadurch die<br />
Abläufe der natürlichen Vorgänge nicht gefährdet werden oder<br />
aber eine solche Maßnahme dazu geeignet ist, diese wieder herzustellen.<br />
Entsprechend den internationalen Richtlinien der<br />
Internationalen Naturschutzorganisation IUCN (ehemals International<br />
Union for Conservation of Nature and Natural Ressources,<br />
heute World Conservation Union) sollen <strong>Nationalpark</strong>e nach<br />
einer zugestandenen Aufbauphase mindestens auf 75 % der<br />
Fläche frei von jeglichen Nutzungen sein, und auch auf der verbliebenen<br />
Restfläche dürfen die dortigen Aktivitäten den Zielen<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s nicht entgegenstehen.<br />
2.) Die Erweiterung des Verständnisses für die Natur<br />
In Mitteleuropa existieren nur noch wenige großräumige<br />
Naturräume, die sich weitgehend ohne menschliche Nutzung entwickeln<br />
können. In diesem Zusammenhang sind besonders die<br />
Hochalpen sowie das <strong>Wattenmeer</strong> zwischen Esbjerg und Den<br />
Helder zu nennen. Angesichts der vom Menschen verursachten<br />
globalen klimatischen Veränderungen und der damit verbundenen<br />
Veränderungen im Gefüge der Naturvorgänge wächst die Dringlichkeit,<br />
die Abläufe natürlicher Prozesse und ihrer Wechselwirkungen<br />
innerhalb natürlicher Ökosysteme besser verstehen zu lernen<br />
und heraus entsprechende Handlungserfordernisse für<br />
zukunftsfähige Entwicklungen abzuleiten.<br />
<strong>Nationalpark</strong>e können im besonderen Maße der ökologischen<br />
Forschung dienen, soweit diese nicht in den Ablauf der Naturvorgänge<br />
eingreift. Angewandte Forschung in <strong>Nationalpark</strong>en liefert<br />
Erkenntnisse über den Ablauf natürlicher Prozesse und ihrer<br />
Wechselwirkungen innerhalb natürlicher Ökosysteme. Eine beson-<br />
dere Bedeutung kommt den in <strong>Nationalpark</strong>en eingerichteten Umweltbeobachtungsprogrammen<br />
zu. Sie stellen ein unverzichtbares<br />
Instrument für das Schutzgebietsmanagement und seiner Erfolgskontrolle<br />
dar. Darüber hinaus können die durch sie gewonnenen<br />
Erkenntnisse auch bei der Entwicklung naturnaher, zukunftsfähiger<br />
Wirtschaftsweisen in Kulturlandschaften geeignet sein.<br />
3.) Förderung von Naturbewusstein und Naturerlebnis<br />
<strong>Nationalpark</strong>e können der Bevölkerung bewusst machen, dass der<br />
Mensch als ein Teil der Natur mit ihr in seiner Existenz unmittelbar<br />
verbunden ist. In <strong>Nationalpark</strong>en können die Phänomene der<br />
Naturgeschichte verständlich und erlebbar gemacht werden.<br />
In <strong>Nationalpark</strong>en soll die Natur und ihre ungestörte Entwicklung<br />
den Menschen näher gebracht werden. Mit Hilfe der Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Naturbildung sollen gemäß dem Motto "Nur<br />
was der Mensch erkennt, begreift er auch in seiner besonderen<br />
Bedeutung" der besondere Wert der ungestörten Natur und ihre<br />
Funktionen den Besuchern verständlich vermittelt werden.<br />
Darüber hinaus sind <strong>Nationalpark</strong>e dazu geeignet, die besondere<br />
emotionale Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat und<br />
ihrer Verantwortung für deren zukunftsfähigen Erhalt zu wecken<br />
und zu fördern.<br />
Tabelle 1: Die deutschen <strong>Nationalpark</strong>e und ihr<br />
Gründungsdatum (Stand 4/2001):<br />
<strong>Nationalpark</strong> Gründung Größe<br />
(in km 2)<br />
Bayerischer Wald 11.06.1969 242<br />
Berchtesgaden 01.08.1978 210<br />
Schl.-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> 01.10.1985 4410<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> 01.01.1986 2400<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 09.04.1990 137<br />
Hochharz 01.10.1990 58<br />
Jasmund 01.10.1990 30<br />
Müritz 01.10.1990 313<br />
Sächsische Schweiz 01.10.1990 93<br />
Vorpommersche Boddenlandschaft 01.10.1990 805<br />
Harz 01.01.1994 158<br />
Unteres Odertal 28.06.1995 224<br />
Hainich 31.12.1997 76
Abb. 2: Naturschutz am anderen Ende der Welt: Der bereits 1894<br />
gegründete Tongariro-<strong>Nationalpark</strong> schützt eine vielfältig strukturierte<br />
Vulkanlandschaft auf der Nordinsel Neuseelands. Die einzigartige<br />
Landschaft ist zugleich auch von der UNESCO als ein Welterbe der<br />
Menschheit anerkannt worden. Foto Janke.<br />
4.) Förderung nachhaltiger regionaler Wirtschaftsweisen<br />
<strong>Nationalpark</strong>e liegen besonders häufig - auch in Deutschland - in<br />
wirtschaftlich benachteiligten Randregionen. Ihre besondere<br />
Anziehungskraft für naturliebende Besucher bietet der örtlichen<br />
Bevölkerung eine Möglichkeit zur Unterstützung der <strong>Nationalpark</strong>ziele,<br />
z.B. durch die Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftsweisen<br />
im Umfeld der <strong>Nationalpark</strong>e und eines nachhaltigen<br />
Fremdenverkehrs, der sich mit den Zielen des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
identifiziert und sich so eine langfristige Erwerbsquelle schafft.<br />
<strong>Nationalpark</strong>e und Welterbe<br />
Viele <strong>Nationalpark</strong>e stehen in der von der UNESCO betreuten<br />
"Liste des Welterbes". In diese werden nach einem aufwendigen<br />
Prüf- und Anerkennungsverfahren nur solche besonderen Naturund/oder<br />
Kulturgüter aufgenommen, die im weltweiten Vergleich<br />
von herausragender Einzigartigkeit und von außergewöhnlichem<br />
universellen Wert sind. Ihr Erhaltungszustand muss durch entsprechende<br />
nationale Regelungen (z.B. Gesetze) oder Managementmaßnahmen<br />
gesichert sein. Mit der Aufnahme in die Liste<br />
der Welterbestätten ist eine besondere Anerkennung der<br />
Weltgemeinschaft gegenüber dem Land und seiner Bevölkerung<br />
sowie deren besonderen Bemühungen um den Erhalt der einzigartigen<br />
Schutzgüter verbunden. Welterbestätten zählen zu den<br />
besonders beliebten Fremdenverkehrszielen. Sie stärken damit in<br />
besonderem Maße auch die regionale Wirtschaft.<br />
1 <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
2 <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
3 <strong>Nationalpark</strong> Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
4 <strong>Nationalpark</strong> Vorpommersche Boddenlandschaft<br />
5 <strong>Nationalpark</strong> Jasmund<br />
6 Müritz-<strong>Nationalpark</strong><br />
7 <strong>Nationalpark</strong> Unteres Odertal<br />
8 <strong>Nationalpark</strong> Harz<br />
9 <strong>Nationalpark</strong> Hochharz<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
<strong>Nationalpark</strong> Hainich<br />
<strong>Nationalpark</strong> Sächsische Schweiz<br />
<strong>Nationalpark</strong> Bayerischer Wald<br />
<strong>Nationalpark</strong> Berchtesgaden<br />
Abb. 3: <strong>Nationalpark</strong> Berchtesgaden, der<br />
Watzmann. Foto Körber.<br />
D sseldorf<br />
Saarbr cken<br />
3 2<br />
Mainz<br />
1<br />
<strong>Nationalpark</strong>e<br />
Wiesbaden<br />
Bremen<br />
Stuttgart<br />
Hannover<br />
Kiel<br />
Hamburg<br />
8<br />
9<br />
10<br />
Erfurt<br />
M nchen<br />
Schwerin<br />
Magdeburg<br />
Abb. 4:Verteilung der deutschen <strong>Nationalpark</strong>e (Stand Dez. 2000).Verändert nach einer Vorlage von Europarc Deutschland.<br />
4<br />
Potsdam<br />
13<br />
6<br />
Berlin<br />
Dresden<br />
12<br />
11<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 121<br />
5<br />
7
Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />
122<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> ist Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen und gleichzeitig ein stark von Menschen beeinflusstes<br />
Gebiet. Die Bemühungen, diesen einzigartigen Naturraum zu schützen und zu erhalten, erfordern ein grenzüberschreitendes<br />
Handeln. Seit Ende der siebziger Jahre arbeiten die drei Wattemeeranrainerstaaten Dänemark, Deutschland und die<br />
Niederlande zusammen und wenden dabei gemeinsame Grundsätze und Instrumente für den Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es an.<br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es<br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
beruht auf einer Absichtserklärung der drei Regierungen. Die so<br />
gewählte Form der Zusammenarbeit hat die erfolgreiche Überbrückung<br />
vieler bestehender Unterschiede begünstigt und die<br />
Voraussetzungen in Richtung eines integrierten Schutzes des<br />
gesamten <strong>Wattenmeer</strong>es geschaffen. Um die Zusammenarbeit zu<br />
intensivieren, wurde 1987 das ”Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat”<br />
mit derzeitigem Sitz in Wilhelmshaven eingerichtet.<br />
Eckpunkte trilateraler Politik im <strong>Wattenmeer</strong><br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
basiert auf der ”Gemeinsamen Erklärung zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es”<br />
aus dem Jahre 1982. Die trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>politik<br />
baut auf den bestehenden unterschiedlichen nationalen Strukturen<br />
auf und wird in diesem Rahmen umgesetzt. Die gemeinsame<br />
Politik beinhaltet folgende Eckpunkte:<br />
• Gemeinsame Grundsätze (Common Principles),<br />
• Gemeinsame Ziele (Common Targets),<br />
• Gemeinsames Kooperationsgebiet (Trilateral Cooperation Area),<br />
• Trilateraler <strong>Wattenmeer</strong>plan (Trilateral Wadden Sea Plan),<br />
• Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>-Umweltbeobachtungsprogramm<br />
(Trilateral Monitoring and Assessment Program)<br />
Dieses ‘Paket’ gemeinsamer Politik wurde auf den Regierungskonferenzen<br />
zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es in Esbjerg, Dänemark<br />
1991, in Leeuwarden, Niederlande 1994 und in Stade, Deutschland<br />
1997 vereinbart und ausgebaut.<br />
1. Gemeinsame Grundsätze<br />
Der leitende Grundsatz der trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>politik ist, ”so<br />
weit wie möglich ein natürliches und sich selbst erhaltendes Ökosystem,<br />
in dem natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, zu<br />
erreichen”. Im Zusammenhang damit sind gemeinsame Prinzipien<br />
formuliert worden wie z. B. das Vorsorgeprinzip. Sie bilden<br />
die Grundlage für jegliche zu treffende Entscheidung bezüglich<br />
des Schutzes und Managements des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
2. Gemeinsame Ziele<br />
Die drei Staaten haben vereinbart, die Vielfalt der Biotoptypen<br />
des <strong>Wattenmeer</strong>es, die zu einem natürlichen und dynamischen<br />
Ökosystem gehören, zu erhalten. Dazu gehören Salzwiesen, Tidebereiche,<br />
Ästuare, Strände und Dünen, Offshore-Bereiche und<br />
ländliche Gebiete. Jeder dieser Lebensräume sollte eine bestimmte<br />
Qualität aufweisen, die durch geeignete Maßnahmen erreicht<br />
werden kann. Die Qualität der Biotope, die durch bestimmte<br />
Strukturen, Organismen und abiotische Faktoren (z.B. chemische<br />
Substanzen in Wasser und Sediment) charakterisiert werden, soll<br />
erhalten oder verbessert werden.<br />
3. Gemeinsames Kooperationsgebiet<br />
Um die unterschiedlichen nationalen Strategien und Instrumente<br />
zur Umsetzung gemeinsamer Naturschutzziele zusammenzuführen,<br />
wurde ein Gebiet definiert, in dem die gemeinsamen<br />
Grundsätze und Ziele Anwendung finden: das Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>kooperationsgebiet.<br />
Das Kooperationsgebiet umfasst in<br />
der Regel das Gebiet zwischen der 3-Seemeilenzone und dem<br />
Hauptdeich bzw. der Brackwassergrenze. Dort, wo kein Hauptdeich<br />
vorhanden ist, gehören das Gebiet seewärts der Springtiden-Hochwasserlinie<br />
inklusive der Inseln und Ästuare und der<br />
Binnenlandgebiete dazu, die als Ramsar-Gebiete und EG-Vogelschutzgebiete<br />
ausgewiesen sind. Die bestehenden Schutzgebiete<br />
und <strong>Nationalpark</strong>e im Bereich des Kooperationsgebietes sind als<br />
trilaterales Schutzgebiet (Conservation Area) definiert. Die Vereinbarung<br />
sieht ausdrücklich vor, dass es in dem Kooperationsgebiet<br />
Bereiche gibt, in denen die Nutzung durch den Menschen<br />
Priorität genießt.<br />
4. Der Trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>plan<br />
Der trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>plan basiert auf den gemeinsamen<br />
Zielen, die für jeden Lebensraum und für ausgewählte Arten festgelegt<br />
wurden. Er enthält Vereinbarungen für eine gemeinsame<br />
Naturschutzpolitik sowie trilaterale Aktivitäten und Projekte, um<br />
die angestrebten Zielsetzungen zu erreichen.<br />
Der Plan bezieht sich auf das gesamte Kooperationsgebiet. Er<br />
deckt auch Themen wie landschaftliche und kulturelle Aspekte ab<br />
und bezieht Bereiche mit ein, die außerhalb der nationalen<br />
Schutzgebiete liegen und bisher nicht oder nicht im vollem Umfang<br />
Gegenstand der trilateralen Vereinbarungen waren. Dazu<br />
gehören Ästuare, Dünen und Offshore-Gebiete.<br />
Für nahezu alle menschlichen Aktivitäten wurden gemeinsame<br />
Regelungen vereinbart, um das <strong>Wattenmeer</strong> umfassend zu schützen.<br />
Gleichzeitig wird im <strong>Wattenmeer</strong>plan ausdrücklich betont,<br />
dass auch in Zukunft menschliche Aktivitäten im Sinne einer<br />
nachhaltigen Nutzung möglich sind.<br />
5. Das Trilaterale Umweltbeobachtungsprogramm<br />
Ein wichtiges Werkzeug für die politischen Entscheidungsfindung<br />
ist die Bewertung des Zustandes des <strong>Wattenmeer</strong>ökosystems.<br />
Dazu werden Qualitätszustandsberichte erstellt, die den<br />
aktuellen Zustand von Flora und Fauna und ihrer Lebensräume<br />
analysieren. Nationale Programme zur Umweltüberwachung<br />
(Monitoring) stellen die dazu notwendigen Grundlagen bereit.<br />
Um die Beobachtungsprogramme zu harmonisieren wurde im<br />
Jahr 1994 das sogenannte ”Trilateral Monitoring and Assessment<br />
Program” (TMAP) ins Leben gerufen. Zu den bereits bestehenden,<br />
trilateral abgestimmten Programmen wie Seehund- und<br />
Vogelzählungen, werden in den nächsten Jahren weitere Parameter<br />
hinzukommen. Alle Ergebnisse werden in einem gemeinsamen<br />
Datenverarbeitungssystem gespeichert und damit einfacher<br />
und schneller verfügbar sein als bisher.<br />
Erste erfolgreiche Schritte wurden bereits mit gemeinsamen<br />
Monitoring-Programmen für Seehunde sowie für Brut- und Rastvögel<br />
unternommen. Seit 1990 werden z.B. alle fünf Jahre<br />
Bestandserfassungen von Brutvögeln im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />
organisiert. Sie werden ergänzt um jährliche Zählungen in ausgewählten<br />
Gebieten. Diese Erfassungen sind nur möglich, weil<br />
Hunderte von ehrenamtlichen Zählern sie mit großem<br />
Engagement unterstützen.<br />
Ausblick<br />
Die Erarbeitung eines gemeinsamen Managementplanes und<br />
einer gemeinsamen Umweltüberwachung verstärkt die trilaterale<br />
Zusammenarbeit und gibt Impulse für neue Aktivitäten. Für die<br />
Zukunft soll gemeinsam ein nachhaltiger Schutz sowie eine harmonisierte<br />
Entwicklung und Nutzung des <strong>Wattenmeer</strong>es gewährleistet<br />
und weiterverfolgt werden. Das wiederum ist nur durch die<br />
Weiterentwicklung eines integrierten Ansatzes durch Maßnahmen<br />
auf unterschiedlichen Ebenen möglich.
Meilensteine der trilateralen Zusammenarbeit Trilaterale<br />
Regierungskonferenzen und ihre wichtigsten Ergebnisse<br />
1978<br />
1.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Den Haag, Niederlande<br />
Beschluss zu Intensivierung der Zusammenarbeit zum<br />
Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />
1980<br />
2.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Bonn, Deutschland<br />
Koordination der wissenschaftlichen Forschung.<br />
1982<br />
3.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Kopenhagen, Dänemark<br />
Verabschiedung der ”Gemeinsamen Erklärung” (Joint Declaration).<br />
1985<br />
4.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Den Haag, Niederlande<br />
Errichtung eines gemeinsamen <strong>Wattenmeer</strong>sekretariates.<br />
1988<br />
5.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Bonn, Deutschland<br />
Vereinbarung zum Schutz der Seehunde im <strong>Wattenmeer</strong> (Seals Agreement).<br />
1991<br />
6.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Esbjerg, Dänemark<br />
Verabschiedung von gemeinsamen Grundsätzen und Zielen<br />
bezüglich menschlicher Nutzungen.<br />
1994<br />
7.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Leeuwarden, Niederlande<br />
Verabschiedung eines trilateralen Kooperationsgebietes und<br />
gemeinsamer ökologischer Zielsetzungen.<br />
1997<br />
8.Wattenmerkonferenz, Stade, Deutschland<br />
Verabschiedung eines trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>plans.<br />
Quelle: Common Wadden Sea Secretariat (1994)<br />
Kartographie: Common Wadden Sea Secretariat<br />
Bearbeitung: ökologie & planung, H. Marencic<br />
Die Trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>zusammenarbeit:<br />
so funktioniert sie<br />
Die Trilaterale Regierungskonferenz (TGC) der Umweltminister<br />
der drei <strong>Wattenmeer</strong>staaten ist das höchste Entscheidungsgremium<br />
in der trilateralen Zusammenarbeit.Auf<br />
ihr werden gemeinsame Maßnahmen und Aktivitäten zum<br />
Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es vereinbart. In der Zeit zwischen<br />
den Regierungskonferenzen wird die Arbeit von den Abteilungsleitern<br />
der Ministerien, den Senior Officials (SO), geleistet.<br />
Das Arbeitsgremium der trilateralen Zusammenarbeit<br />
ist die Trilaterale Arbeitsgruppe (Trilateral Working Group,<br />
TWG), die drei- bis viermal im Jahr zusammentritt. In ihr<br />
sind Mitarbeiter der verantwortlichen Ministerien und regionalen<br />
Behörden vertreten. Die TWG ist verantwortlich für<br />
die Umsetzung der Beschlüsse der Regierungskonferenz, für<br />
die Koordinierung der trilateralen Arbeiten und die Vorbereitung<br />
der Regierungskonferenzen. Die TWG hat zu diesem<br />
Zweck eine Reihe von Arbeitsgruppen eingerichtet wie<br />
z.B. die Trilaterale Monitoring- und Bewertungs-Gruppe<br />
(Trilateral Monitoring and Assessment Group, TMAG).<br />
Diese ist verantwortlich für die Durchführung des trilateralen<br />
Monitorings und für die Erstellung der Qualitätszustandsberichte.<br />
Das Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat (Common Wadden<br />
Sea Secretariat, CWSS) wurde 1987 eingerichtet mit<br />
der Aufgabe die Arbeiten innerhalb der trilateralen Zusammenarbeit<br />
zu unterstützen, anzuregen und zu koordinieren.<br />
Trilaterale Koorperation<br />
Nationale Ebene Trilaterale Ebene<br />
Dänemark:<br />
Minister für Umwelt<br />
und Energie<br />
Deutschland:<br />
Bundesminister für<br />
Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit<br />
Niederlande:<br />
Minister für<br />
Landwirtschaft,<br />
Naturschutz und Fischerei<br />
Mitarbeiter der<br />
Ministerien und<br />
regionalen Behörden<br />
Nationale<br />
Experten<br />
Trilaterale<br />
Regierungskonferenzen<br />
(Trilateral Goverment<br />
Conferences, TGC)<br />
Abteilungsleiter<br />
(Senior Officials, SO)<br />
Trilaterale<br />
Arbeitsgruppe<br />
(Trilateral Working<br />
Group, TWG)<br />
Gemeins.<br />
<strong>Wattenmeer</strong>sekretariat,<br />
(CWSS)<br />
Trilaterale<br />
Experten-Arbeitsgruppe<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 123
Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />
124<br />
Watt, Salzwiesen, Dünen, Seegraswiesen und Brandseeschwalbe, Finte, Seehund, Schweinswal - allen diesen Lebensräumen<br />
und Arten des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ist gemeinsam, dass sie europaweit selten und in ihrem Fortbestand<br />
bedroht sind. Um dieses Naturerbe und die biologischen Vielfalt in Europa auch für kommende Generationen zu erhalten,<br />
wurden vom Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft verbindliche Richtlinien zum Schutz gefährdeter Lebensräume<br />
und ihrer Arten verabschiedet.<br />
Europäische Naturschutzrichtlinien im <strong>Wattenmeer</strong><br />
Die Europäische Vogelschutzrichtlinie<br />
Um den Erhalt der natürlichen Artenvielfalt in Europa zu sichern,<br />
hat die Europäische Union bereits 1979 die Richtlinie<br />
79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der<br />
wildlebenden Vogelarten (zuletzt geändert am 29.7.1997) – kurz<br />
benannt als Europäische oder EG-Vogelschutzrichtlinie - verabschiedet.<br />
Diese Richtlinie sieht vor, dass für bestimmte in einem<br />
Anhang aufgelistete Vogelarten besondere Schutzgebiete auszuweisen<br />
sind, um deren Erhalt langfristig zu sichern. Dabei handelt<br />
es sich in der Regel um besonders wichtige Brut- , Rast- , Überwinterungs-,<br />
Nahrungs- oder Mausergebiete für diese Vogelarten,<br />
ggf. auch in Kombination mehrerer der benannten Funktionen.<br />
Bei der Benennung von EG-Vogelschutzgebieten wird darüber<br />
hinaus auch das Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere<br />
als Lebensraum für Wat- und Wasservögel von internationaler<br />
Bedeutung – kurz RAMSAR-Konvention benannt – berücksichtigt,<br />
welchem im Rahmen von Staatsverträgen weltweit bereits<br />
über 100 Länder beigetreten sind. Als wichtiges Kriterium für den<br />
besonderen Wert eines Gebietes im Sinne der Ramsar-Konvention<br />
ist festgelegt, dass sich mindestens 1% des biogeographischen<br />
Bestandes einer Vogelart oder einer ihrer geografischen Unterarten<br />
regelmäßig dort aufhält und sich dort ernährt. Derartige international<br />
bedeutsame Vogelschutzgebiete unterliegen ebenfalls dem<br />
Schutz der Europäischen Vogelschutzrichtlinie.<br />
Die Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> erfolgte in zwei Phasen. Mit Einführung<br />
der Richtlinie meldete Hamburg bereits 1982 zwei Bereiche des<br />
hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es gegenüber der Europäischen<br />
Union als besonders zu schützende Gebiete im Sinne der Richtlinie<br />
an. Hierbei handelte es sich um die damaligen Naturschutzgebiete<br />
Scharhörn (ausgewiesen 1967, ca. 200 ha) und Neuwerk/<br />
Kleiner Vogelsand (1982, ca. 380 ha). Nachdem der <strong>Nationalpark</strong><br />
kurz nach seiner Gründung im August 1990 unter dem Schutz der<br />
Ramsar-Konvention gestellt wurde, folgte dann in einem zweiten<br />
Schritt die Ausweisung als EG-Vogelschutzgebiet im März 1998.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Europäische Flora – Fauna – Habitat-Richtlinie<br />
Die langjährigen Erfahrungen im Umgang mit der Vogelschutzrichtlinie<br />
machten schon bald deutlich, dass sie nicht in ausreichendem<br />
Maße den gesteigerten Anforderungen an einen gemeinschaftsweit<br />
verbindlichen Schutz von seltenen und gefährdeten<br />
Lebensräumen und Arten in ganz Europa genügen konnte. Aus<br />
diesem Grund erließ der EU-Ministerrat die Richtlinie 92/43/-<br />
EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen<br />
Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (geändert<br />
durch die Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997) –<br />
kurz Flora – Fauna - Habitat- Richtlinie (auch FFH-Richtlinie)<br />
genannt. In ihr werden erstmals in Ergänzung des Vogelschutzes<br />
durch die Vogelschutzrichtlinie umfassende Schutzvorschriften<br />
für weitere, in Anhängen zur Richtlinie aufgelistete Tierarten,<br />
Pflanzen und Lebensräume festgeschrieben<br />
Die Ausweisung von FFH-Gebieten folgt im Gegensatz zur<br />
EG-Vogelschutzrichtlinie in einem dreistufigen Verfahren<br />
Phase 1: Die EU-Mitgliedstaaten benennen nach bestimmten<br />
Auswahlkriterien, die in einem gesonderten Anhang der FFH-<br />
Richtlinie aufgeführt sind, ihre Vorschlagsgebiete gegenüber der<br />
EU-Kommission. In Deutschland sind für dieses Verfahren die<br />
Bundesländer zuständig.<br />
Phase 2: Die EU-Kommission bestimmt im Einvernehmen mit<br />
den Mitgliedstaaten diejenigen Gebiete, die in eine gemeinschaftliche<br />
Liste eingetragen werden.<br />
Phase 3: Die Mitgliedstaaten weisen die als FFH-Gebiete ausgewählten<br />
Gebiete bis spätestens 2004 aus.<br />
Im Rahmen der ersten Phase hat Hamburg seine Benennungen<br />
von FFH-Gebieten abgeschlossen. Trotz seiner im Vergleich zur<br />
gesamten Europäischen Union verschwindend geringen Flächengröße<br />
von ca. 870 km 2 kommen hier immerhin 34 Lebensräume<br />
und 20 Arten der FFH-Richtlinie vor. Dies führt dazu, dass 6,3 %<br />
der Hamburger Landesfläche als europäische Schutzgebiete benannt<br />
sind. Mit dem seit Dezember 1998 in dieses Netzwerk integrierten<br />
<strong>Nationalpark</strong> beläuft sich der Anteil sogar auf fast 19 %.<br />
Natura 2000 –<br />
das Verbundsystem europäischer Schutzgebiete<br />
Sinn und Zweck der FFH- Richtlinie ist neben dem Arten- und<br />
Lebensraumschutz insbesondere die Einrichtung eines europäische<br />
ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete. Dieses<br />
umfassende Biotopverbund- und Trittsteinsystem trägt den<br />
Namen NATURA 2000 und schließt auch die Gebiete der<br />
Europäischen Vogelschutzrichtlinie mit ein.<br />
Wie notwendig in der heutigen Zeit die Schaffung eines solchen<br />
staatenübergreifenden Netzwerkes von Schutzgebieten ist, verdeutlichen<br />
insbesondere die großräumig wandernden Tierarten.<br />
So ist ein regionaler Schutz z.B. von bestimmten Vogelarten,<br />
Meeressäugern oder Fischen in ihren Fortpflanzungsbiotopen nur<br />
von wenige Erfolg begleitet, wenn nicht gleichzeitig für diese<br />
Arten auch in ihren Rast- und Überwinterungsgebieten die notwendigen<br />
Überlebensgrundlagen geschaffen werden. Wird nur<br />
eines dieser im komplizierten Ablauf der Lebenszyklus einer Art<br />
bedeutende vernichtet, so kann dies bei fehlenden oder unzureichenden<br />
Ausweichmöglichkeiten zu gravierenden, möglicherweise<br />
existenzbedrohenden Verlusten in den von diesem Lebensraum<br />
abhängigen Tier- oder Pflanzenarten führen. Nur ein europaweiter<br />
Schutz aller Lebensstätten im Sinne des Netzwerkes Natura<br />
2000 kann hier den Fortbestand der Art sichern.<br />
Konsequenzen aus der Ausweisung europäischer<br />
Schutzgebiete<br />
Da mit der Einrichtung von Schutzgebieten nach der Europäischen<br />
Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie der Bewahrung<br />
der Naturgüter, auch als Beitrag für unsere eigene Lebensqualität,<br />
Vorrang eingeräumt wird, sind menschliche Eingriffe in diese<br />
Schutzgebiete eingeschränkt bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />
möglich.<br />
Ganz allgemein gilt zunächst ein Störungs- und Verschlechterungsverbot<br />
für diejenigen Arten und Lebensräume, für die ein Gebiet<br />
als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen wurde. Dies schließt auch<br />
negative Einwirkungen von außen auf das Gebiet ein. Daneben<br />
sind für alle Vorhaben, die ein solches Natura 2000-Gebiet erheblich<br />
beeinträchtigen könnten, Verträglichkeitsprüfungen im<br />
Hinblick auf die festgelegten Erhaltungsziele des Schutzgebiets<br />
durchzuführen. Kommt die Verträglichkeitsprüfung zu dem<br />
Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der FFH-relevanten<br />
Schutzgüter vorliegt oder nicht zweifelsfrei ausgeschlossen<br />
werden kann, so ist das Vorhaben unzulässig. Allerdings dürfen<br />
solche Vorhaben dann durchgeführt werden, wenn keine<br />
Alternativlösung vorhanden ist und für deren Durchführung<br />
zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses
sprechen. Für einen solchen Ausnahmefall sind zwingend<br />
Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen, die den Zusammenhalt des<br />
Netzwerkes Natura 2000 zu gewährleisten haben. Über die vorgenommenen<br />
Ausgleichsmaßnahmen ist die EU-Kommission zu<br />
unterrichten.<br />
Kommen in einem Schutzgebiet dagegen Lebensräume und Arten<br />
mit einem europaweit aufgrund ihrer starken Gefährdung hervorgehobenen<br />
Status vor (in der FFH-Richtlinie besonders gekennzeichnet:<br />
z.B. Graudünen im <strong>Nationalpark</strong>), so sind die Ausnahmevorschriften<br />
für Eingriffe noch strenger gefasst. Für alle<br />
Vorhaben, die nicht der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen<br />
Sicherheit oder der Herstellung günstiger Umweltauswirkungen<br />
dienen, ist in einem solchen Fall vor ihrer Verwirklichung<br />
eine Stellungnahme der Europäischen Kommission einzuholen.<br />
Abb. 1: Geschützter Lebensraum:<br />
das Queller-Watt. Foto Janke.<br />
Abb. 2: Geschützter Lebensraum: Vegetationsfreie<br />
Schlick-, Sand- und Mischwatten. Foto Janke.<br />
Abb. 3: Geschützte Tierart: der Seehund. Foto Janke.<br />
Abb.4:Geschützter Lebensraum:Schlickgrasbestände<br />
im Watt. Foto Janke.<br />
Abb. 5: Geschützter Lebensraum:<br />
Salzwiesen im Vorland<br />
von Neuwerk. Foto Janke<br />
Abb. 6: Geschützte Tierart: der Schweinswal<br />
(tot angespült). Foto Janke.<br />
Abb. 7: Geschützter Lebensraum:<br />
Die Salzmiere besiedelt ganz überwiegend<br />
Spülsäume am Meer.<br />
Foto Janke.<br />
Vogelarten im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> für die<br />
nach der Europäischen Vogelschutzrichtlinie<br />
besondere Schutzmaßnahmen<br />
anzuwenden sind, um ihren<br />
Fortbestand sicherzustellen.<br />
Wanderfalke (B & J)<br />
Säbelschnäbler (B)<br />
Goldregenpfeifer (D)<br />
Kampfläufer (sD)<br />
Bruchwasserläufer (D)<br />
Odinshühnchen (sG)<br />
Brandseeschwalbe (B & D)<br />
Flussseeschwalbe (B & D)<br />
Küstenseeschwalbe (B & D)<br />
Zwergseeschwalbe (B & D)<br />
Trauerseeschwalbe (exB & D)<br />
Sumpfohreule (B & D)<br />
Heidelerche (sG)<br />
Zwergschnäpper (sG)<br />
Abkürzungen:<br />
s = selten<br />
B = Brutvogel<br />
D = Durchzügler (kurze Verweildauer) G<br />
= Gastvogel (verweilt über einen längeren<br />
Zeitraum)<br />
J = Jahresvogel (ganzjährig anwesend),<br />
M = Mausergebiet<br />
Dauerhafte Verpflichtung durch die<br />
Europäische Union<br />
Aufstellung von Maßnahmenplänen zur<br />
Pflege und Entwicklung der Natura 2000-<br />
Gebiete.<br />
Überwachung der Arten und Lebensräume<br />
in den FFH-Gebieten<br />
Berichtspflicht (alle 6 Jahre) über durchgefühte<br />
Maßnahmen und ökologischer<br />
Zustandsentwicklung.<br />
Lebensräume im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>, die<br />
unter dem besonderen Schutz der<br />
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie stehen.<br />
Vegetationsloses Schlick-, Sand- und<br />
Mischwatt<br />
Flache große Meeresarme und –buchten<br />
(Flachwasserzonen und Seegraswiesen)<br />
Spülsäume des Meeres mit einjährigen<br />
Arten<br />
Queller-Watt<br />
Watt mit Schlickgrasbeständen<br />
Salzgrünland des Atlantiks, der Nord- und<br />
Ostsee mit Salzschwaden-Rasen<br />
Primärdünen<br />
Weißdünen mit Strandhafer<br />
Graudünen der Küsten mit krautiger<br />
Vegetation<br />
Tierarten im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>, die<br />
unter dem besonderen Schutz der<br />
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie stehen.<br />
Seehund (Phoca vitulina)<br />
Schweinswal (Phocoena phocoena)<br />
Umsetzung im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
(Stand 2000)<br />
Aufstellung eines <strong>Nationalpark</strong>-Plans:-<br />
• Aktuelle Darstellung (<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong>)<br />
• Leitbild<br />
• Entwicklungs-und Maßnahmenkonzeption<br />
Umweltbeobachtungsprogramm<br />
<strong>Nationalpark</strong>-Bericht (alle 6 Jahre).<br />
Dauerhafte Verpflichtungen, die sich aus der Ausweisung von Natura 2000-Schutzgebieten<br />
für das Management des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ergeben.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 125
Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />
126<br />
Nur wenige Jahre nach der <strong>Nationalpark</strong>-Ausweisung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es wurde das Gebiet von der<br />
UNESCO auch als Biosphärenreservat anerkannt. Mit dieser Ausweisung sollen Möglichkeiten zur Förderung nachhaltiger<br />
Nutzungen geschaffen werden. Dabei ist der Blick vor allem auf die Insel Neuwerk gerichtet.<br />
Biosphärenreservat: Regionale Chancen nachhaltiger<br />
Ressourcennutzung<br />
Biosphärenreservate und das MAB-Programm<br />
Bereits 1970 wurde von der UNESCO das Programm "Der<br />
Mensch und die Biosphäre" (MAB - 'Man and Biosphere') ins<br />
Leben gerufen. Dieses Programm soll die wissenschaftlichen<br />
Grundlagen für nachhaltige Nutzungen und die wirksame<br />
Erhaltung der Biosphäre erarbeiten. Dabei wird das menschliche<br />
Handeln bewusst in die Untersuchungen einbezogen. Der<br />
Biosphärenreservatsgedanke erfasst neben ökologischen auch<br />
ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte.<br />
Biosphärenreservate sind großflächige, repräsentative Ausschnitte<br />
von Natur- und Kulturlandschaften, deren Nutzungsspektrum<br />
von unbeeinflussten Bereichen bis zu mehr oder weniger intensiver<br />
aber nachhaltiger Nutzung reichen. Sie dienen dem Schutz,<br />
der Pflege und der Entwicklung von Landschaften. Die<br />
Anerkennung von Biosphärenreservaten durch die UNESCO<br />
erfolgt seit 1976 auf Antrag des jeweiligen Staates. Inzwischen<br />
gibt es in Deutschland 14 Biosphärenreservate ( siehe Seite 127).<br />
1998 wurden Biosphärenreservate als Schutzgebietskategorie in<br />
das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen.<br />
Entsprechend dem Grad der Nutzung werden Biosphärenreservate<br />
meist in drei Zonen gegliedert:<br />
1. Kernzone: Vom Menschen möglichst völlig unbeeinflusst kann<br />
sich die Natur hier frei entfalten. Die Kernzone soll groß genug<br />
sein, um die Dynamik der in dem Ökosystem natürlicherweise<br />
ablaufenden Prozesse zu ermöglichen.<br />
2. Pflegezone: In der Pflegezone steht die Erhaltung und Pflege<br />
von Ökosystemen im Vordergrund, die durch menschliche<br />
Nutzung entstanden oder beeinflusst sind. In der Regel umgibt<br />
die Pflegezone die Kernzone als Pufferzone als Schutz vor schädigenden<br />
Einflüssen.<br />
3. Entwicklungszone: Die Entwicklungszone ist der Lebens-,<br />
Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung. Sie dient der<br />
Entwicklung und Erhaltung einer "harmonischen Kulturlandschaft"<br />
durch nachhaltige Nutzungen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Allgemein gelten für Biosphärenreservate folgende Aufgabenschwerpunkte:<br />
• Schutz des Naturhaushaltes mit den Ressourcen Boden,<br />
Wasser, Luft und Lebensgemeinschaften,<br />
• Schutz der genetischen Ressourcen, auch bezogen auf<br />
Haustierrassen und Kulturpflanzen,<br />
• Entwicklung nachhaltiger Nutzungsformen - nachhaltige<br />
Nutzung ist natur- und sozialverträglich und erhält ihre<br />
Grundlagen, so dass sie dauerhaft möglich ist,<br />
• Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit,<br />
• Forschung und ökologische Umweltbeobachtung<br />
§14a Bundesnaturschutzgesetz (Stand Juli 2000)<br />
(1) Biosphärenreservate sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich<br />
zu schützende und zu entwickelnde Gebiete, die<br />
1. großräumig und für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch<br />
sind,<br />
2. in wesentlichen Teilen ihres Gebietes die Voraussetzungen eines<br />
Naturschutzgebietes, im übrigen überwiegend eines Landschaftsschutzgebietes<br />
erfüllen,<br />
3. vornehmlich der Erhaltung; Entwicklung oder Wiederherstellung<br />
einer durch hergebrachte vielfältige Nutzung geprägten Landschaft<br />
und der darin historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt,<br />
einschließlich Wild- und früherer Kulturformen wirtschaftlich genutzter<br />
oder nutzbarer Tier- und Pflanzenarten, dienen und<br />
4. beispielhaft der Entwicklung und Erprobung von die Naturgüter<br />
besonders schonenden Wirtschaftsweisen dienen.<br />
(2) Die Länder stellen sicher, daß Biosphärenrerservate unter<br />
Berücksichtigung der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen<br />
Ausnahmen wie Naturschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete<br />
geschützt werden.<br />
Das Biosphärenreservat <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />
System der Biosphärenreservate<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wurde von der<br />
UNESCO im November 1992 offiziell als Biosphärenreservat<br />
anerkannt. Die Wahrnehmung der Biosphärenreservatsaufgaben<br />
erfolgt durch die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung.<br />
Die Zielsetzungen der Kernzone werden in der Zone I umgesetzt.<br />
Die besondere Situation im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> ermöglicht<br />
es, die Ziele von Pflege- und Entwicklungszone in der Zone<br />
II gemeinsam zu verfolgen. Aufgrund vergleichsweise geringer<br />
Nutzungsintensitäten auf der Insel Neuwerk lässt sich die angestrebte<br />
"harmonische Kulturlandschaft" im wesentlichen mit<br />
Pflegenutzungen erreichen.<br />
Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> nimmt die Zone II (Pflege- und<br />
Entwicklungszone) aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nur<br />
einen geringen Anteil ein und umfasst im Wesentlichen die Insel<br />
Neuwerk sowie Wattflächen in ihrer Umgebung. Da sich hier der<br />
menschliche Einfluss konzentriert, können gemeinsam mit den<br />
hier lebenden und wirtschaftenden Menschen beispielhafte Konzepte<br />
für Schutz, Pflege und Entwicklung des Gebietes mit<br />
Förderschwerpunkt für nachhaltige Nutzungen erarbeitet werden.<br />
Auf Neuwerk kommt die Umsetzung nachhaltiger Nutzungsformen<br />
bisher besonders in der Landwirtschaft zum Tragen (siehe<br />
Seite 54 u. 60). Seit 1999 werden auf Initiative der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe ca. 60 % der eingedeichten Inselfläche von<br />
Neuwerk extensiv bewirtschaftet. Das Programm dient gleichzeitig<br />
der Sicherung landwirtschaftlicher Nutzungen.<br />
Abb. 1: Wattwagen - umweltfreundlicher kann man im Biosphärenreservat<br />
kaum reisen. Foto Hecker.<br />
Zur Erhaltung des Landschaftsbildes und Vermeidung von Streubebauung<br />
erfolgt bei Erweiterungsvorhaben eine Konzentrierung<br />
auf bebaute Bereiche. Der Fremdenverkehr als Haupterwerbszweig<br />
im Gebiet setzt auf kleinere, von Familien geführte Pensionsbetriebe<br />
und einfache Übernachtungsformen (Strohlager,
Zelte). In den Restaurationsbetrieben werden zunehmend regionale<br />
Produkte vermarktet. Neben dem Fahrgastschiff ist der<br />
Wattwagen das umweltfreundliche Verkehrsmittel.<br />
Erste Wärmerückgewinnungs- und Solaranlagen für Warmwasseraufbereitung<br />
und Heizung ersetzen heute ehemals stromverbrauchende<br />
Anlagen. Die Ölversorgung erfolgt seit einigen<br />
Jahren umweltfreundlich durch zentrale Anlieferung und Verteilung.<br />
Ebenfalls vorbildlich sind Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung<br />
geregelt. (siehe Seite 46).<br />
Abb. 2: Von der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert: Solaranlage<br />
auf dem "Nige Hus”. Foto Janke.<br />
Auch die Sicherung des Hochwasserschutzes (siehe Seite 48)<br />
wird den Anforderungen an einen schonenden Umgang mit<br />
Ressourcen in besonderer Weise gerecht. So erfolgte die Deichverstärkung<br />
in den Jahren 1982-1987 unter Schonung der bedeutsamen<br />
Salzwiesen vor dem Deich. Boden- und Sodenentnahmen<br />
erfolgen in Absprache mit der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung bei gleichzeitiger<br />
Renaturierung der Salzwiesen. Großflächige Bodenentnahmen<br />
werden ab dem Jahr 2000 nicht mehr durchgeführt.<br />
Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit bringen den Besuchern<br />
auch die Ziele der Biosphärenreservate nahe. So dienen Veranstaltungen<br />
und Einrichtungen der Vermittlung ökologischer<br />
Zusammenhänge und beispielhafte Projekte regen dazu an, ähnliches<br />
auch daheim umzusetzen (siehe Seite 136)<br />
Nachdem bisher nur Einzel-Forschungsprojekte möglich waren,<br />
wurde im Jahr 2000 die systematische Ökologische Umweltbeobachtung<br />
im Rahmen des Biosphärenreservat-Netzes aufgenommen<br />
(siehe Seite 122).<br />
Düsseldorf<br />
Saarbrücken<br />
3<br />
Mainz<br />
12<br />
Biosphärenreservate<br />
1<br />
2<br />
Wiesbaden<br />
Bremen<br />
Stuttgart<br />
10<br />
Hannover<br />
Kiel<br />
Hamburg<br />
5<br />
Schwerin<br />
6 7<br />
Erfurt<br />
11<br />
München<br />
Magdeburg<br />
Potsdam<br />
14<br />
Berlin<br />
13<br />
Dresden<br />
1 Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
2 Biosphärenreservat <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
3 Biosphärenreservat Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
4 Biosphärenreservat Südost Rügen<br />
5 Biosphärenreservat Saalsee<br />
6 Biosphärenreservat Flußlandschaft Elbe<br />
7 Biosphärenreservat Schopfheide-Clorin<br />
8 Biosphärenreservat Spreewald<br />
9 Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft<br />
10<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
Biosphärenreservat Rhön<br />
Biosphärenreservat Vessertal / Thüringer Wald<br />
Biosphärenreservat Pfläzer Wald<br />
Biosphärenreservat Bayerischer Wald<br />
Biosphärenreservat Berchtesgaden<br />
4<br />
8<br />
9<br />
Schematische Gliederung eines Biosphärenreservates<br />
I<br />
E<br />
Abb. 3: Kleinflächige Nutzung wirkt nachhaltig - Mähdrescher auf<br />
Neuwerk. Foto Körber.<br />
UB<br />
UB<br />
F<br />
F<br />
ÖUB<br />
I<br />
ÖUB<br />
E<br />
I<br />
ÖUB<br />
E<br />
I<br />
I<br />
F<br />
UB<br />
E<br />
ÖUB<br />
Informationszentrum und<br />
Umweltbildungseinrichtung<br />
Forschungsstation<br />
Umweltbildung<br />
Erholung / Tourismus<br />
Ökologische<br />
Umweltbetrachtung<br />
Kernzone<br />
Pflegezone<br />
Entwicklungszone<br />
Siedlung<br />
Abb. 4: Zonierung im Biosphärenreservat <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Die Kernzone entspricht der Zone I des <strong>Nationalpark</strong>s. Die Pflege- und<br />
Entwicklungszone entspricht der Zone II des <strong>Nationalpark</strong>s.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 127
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
130<br />
Mit der Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> bekräftigte die Stadt Hamburg ihre Mitverantwortung<br />
für einen dauerhaften Schutz des Lebensraums <strong>Wattenmeer</strong>. Die Unterschutzstellung basierte auf einem umfangreichen<br />
naturkundlichen Wissen, da bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Bemühungen um eine Sicherung der Naturschätze<br />
rund um die Scharhörnplate und die Insel Neuwerk vorausgingen.<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> -<br />
Entstehung, Grundlagen und Ziele<br />
Von der Vogelfreistätte zum <strong>Nationalpark</strong><br />
Dass das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> zu einem der bedeutendsten<br />
Brut- und Rastgebiete für Seevögel im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />
gehörte, war spätestens bekannt, nachdem der zwischen 1902 und<br />
1909 auf Neuwerk tätige Insellehrer Heinrich Gechter begann,<br />
hierzu systematische Aufzeichnungen zu erstellen. Seine anhaltenden<br />
Bemühungen, später in seiner Eigenschaft als 2.<br />
Vorsitzender des Vereins Jordsand, um einen dauerhaften Schutz<br />
dieses Gebiets mündeten am 1.12.1939 in der Ausweisung eines<br />
Schutzgebietes für Seevögel, der Vogelfreistätte Scharhörn, welche<br />
ausschließlich den bewachsenen Teil der Insel selbst umfasste.<br />
Die Betreuung wurde zunächst der Vogelwarte Helgoland (bis<br />
1975) und dem Verein Jordsand gemeinsam übertragen, der auch<br />
heute noch diese Aufgabe wahrnimmt. Seither ist die Naturschutzarbeit<br />
im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> unmittelbar verknüpft<br />
mit den Geschicken dieses Vereins. Die sich unmittelbar<br />
an die Schutzgebietsausweisung anschließenden Kriegs- und<br />
Wiederaufbaujahre ließen es zunächst still werden um Scharhörn,<br />
bis das Schutzgebiet der stetig wanderenden Insel 1967 - wiederum<br />
auf Bemühen des Vereins Jordsand - um die sie unmittelbar<br />
umgebenden Wattflächen (ca. 200 ha) erweitert und nunmehr als<br />
Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Damit war die seit 1946<br />
stetige Betreuungsarbeit für die Brut- und Rastplätze der<br />
Seevögel auf Scharhörn gesichert, nicht jedoch auf der Insel<br />
Neuwerk. Um auch hier eine nachhaltige Sicherung der wertvollen<br />
Landschaftsbestandteile und die Bedeutung insbesondere des<br />
Vorlandes für die Vogelwelt zu sichern, wurde 1982 das<br />
Landschaftsschutzgebiet Insel Neuwerk (ca. 200 ha) sowie das<br />
Naturschutzgebiet Neuwerk und Kleiner Vogelsand (ca. 380 ha)<br />
eingerichtet.<br />
Ein neues Kapitel der Naturschutzgeschichte im <strong>Wattenmeer</strong><br />
wurde aufgeschlagen, als am 1.10.1985 Schleswig-Holstein und<br />
am 1.1.1986 auch das Land Niedersachsen ihren Teil des<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es als <strong>Nationalpark</strong> auswiesen. Damit erfüllte sich ein<br />
lang gehegter Traum der Naturschützer im <strong>Wattenmeer</strong>, die<br />
bereits 1906 anlässlich der Gründungsvorbereitungen des Vereins<br />
Jordsand unter anderem angeregt hatten, "<strong>Nationalpark</strong>e, wie in<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Yellowstone” einzurichten, um die Natur und die Vögel in ihrem<br />
ursprünglichen Zustand zu bewahren.<br />
Hamburg reagierte auf diese Entwicklung in den Nachbarländern<br />
zunächst mit der Erweiterung des Naturschutzgebiets Neuwerk<br />
und Kleiner Vogelsand sowie mit der Ausweisung des Naturschutzgebiets<br />
Neuwerker und Scharhörner Watt (beide per<br />
Verordnung vom 28.10.1986, zusammen ca. 8200 ha).<br />
Nachdem im Frühjahr und Sommer 1988 eine Virusepidemie die<br />
Seehundbestände im gesamten <strong>Wattenmeer</strong> in bis dahin nicht<br />
bekanntem Ausmaß dezimierte und dies eine weites, besorgtes<br />
Echo in der Bevölkerung um einen verbesserten <strong>Wattenmeer</strong>schutz<br />
auslöste, wies auch Hamburg am 9.4.1990 per Gesetzbeschluss<br />
das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> einschließlich der Inseln<br />
seewärts bis etwa zur mittleren Tidenniedrigwasserlinie als<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> aus (ca. 11700 ha).<br />
Anlässlich des zehnjährigen Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s hat der<br />
Hamburger Senat am 12.12.2000 den Entwurf einer Änderung<br />
des <strong>Nationalpark</strong>rechts verabschiedet und der Bürgerschaft zur<br />
Beschlussfassung zugeleitet. Kernstück der Novellierung ist die<br />
seewärtige Erweiterung des <strong>Nationalpark</strong>s um ca. 2050 ha bis zur<br />
3-Seemeilen-Grenze (siehe Abb.1).<br />
Grundlagen und Ziele des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
Mit dem Beschluss des Gesetzes zur Einführung eines <strong>Nationalpark</strong>s<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wurden die rechtlichen Grundlagen<br />
für einen flächendeckenden Vorrang des Naturschutzes im<br />
hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> geschaffen. Die seit Oktober 1991<br />
von der Umweltbehörde eingerichtete <strong>Nationalpark</strong>verwaltung ist<br />
für die Umsetzung des <strong>Nationalpark</strong>rechts zuständig. Ihre<br />
Aufgabenschwerpunkte sind insbesondere<br />
• die Verwaltung des <strong>Nationalpark</strong>s und Zusammenarbeit auf<br />
kommunaler, regionaler und nationaler Ebene,<br />
• die Gebietsüberwachung,<br />
• die Förderung der naturkundlichen Bildung und des<br />
Naturerlebnisses der Bevölkerung sowie<br />
• die Umweltbeobachtung und angewandte Forschung.<br />
Es ist das Ziel der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung, die Entwicklung des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s in enger Abstimmung mit den vom <strong>Nationalpark</strong>gesetz<br />
betroffenen Bewohnern des <strong>Nationalpark</strong>s (auf Neuwerk)<br />
und dem den <strong>Nationalpark</strong> betreuenden Verein Jordsand sowie<br />
den weiteren Trägern öffentlicher Belange mit Zuständigkeiten<br />
im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> voranzutreiben.<br />
Näher definierte Naturschutzziele, die über die allgemeinen Ziele<br />
von <strong>Nationalpark</strong>en hinausgehen, sind im <strong>Nationalpark</strong>gesetz als<br />
Schutzzwecke und Gebote genauer festgesetzt.<br />
Vorrangiger Schutzzweck ist es zunächst, das <strong>Wattenmeer</strong><br />
einschließlich der Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn in<br />
seiner Ganzheit und seiner natürlichen Dynamik um seiner selbst<br />
willen und als Lebensstätte der auf diesen einmaligen Lebensraum<br />
angewiesenen Arten und der zwischen diesen Arten bestehenden<br />
Lebensgemeinschaften zu erhalten und zu schützen.<br />
Insbesondere zu erhalten sind:<br />
• die Sand- und Schlickwatten, die Priele, Sande, Platen sowie<br />
Dünen und die diese Landschaftsteile untereinander verbindende,<br />
ungestörte natürliche Entwicklungsdynamik;<br />
• die auf den Lebensraum Watt angewiesenen Arten,<br />
• die geeigneten Fischlaich- und Aufzuchtsgebiete,<br />
• die Liege- und Aufzuchtsplätze der Seehunde auf der<br />
Robbenplate, dem Wittsand und dem Bakenloch,<br />
• die Brut- und Rastplätze der Seeschwalben auf Neuwerk,<br />
Nigehörn und Scharhörn,<br />
• die Brut- und Rastplätze sowie Nahrungsgebiete der verschiedenen<br />
Wattvogelarten und<br />
• die Mauserplätze der Brandente.<br />
Um diese Ziele zu erreichen ist es geboten:<br />
• auf Platen und im Vorland Neuwerks die natürliche Entwicklung<br />
von Salzvegetation zu fördern sowie<br />
• im Bestand gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tierund<br />
Pflanzenarten des <strong>Wattenmeer</strong>es durch geeignete Maßnahmen,<br />
insbesondere durch verstärkten Schutz sowie<br />
durch verstärkte Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung<br />
ihrer Biotope sowie durch Gewährleistung ihrer sonstigen<br />
Lebensbedingungen zu erhalten und zu fördern.<br />
Die Förderung der Umweltbildung und des Naturerlebnisses der<br />
Bevölkerung sowie der Umweltbeobachtung und angewandten<br />
Forschung ist in dem Umfang möglich, in dem der Erhalt der<br />
natürlichen Dynamik sowie der natürlichen Entwicklung der<br />
Lebensgemeinschaften und ihrer Bewohner gewährleistet bleibt.
Abb. 2: <strong>Nationalpark</strong>beschilderung auf der Insel Scharhörn. Im<br />
Hintergrund das “Hamburger Haus”. Foto Janke (1992).<br />
Abb. 1: Schutzgebietsausweisungen im <strong>Nationalpark</strong> Hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> (einschließlich geplante Erweiterung).<br />
Nigehörn<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 131
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
132<br />
Für die Entwicklung des <strong>Nationalpark</strong>es ist eine angewandte Forschung und dauerhafte Umweltbeobachtung unerlässlich.Verschiedene<br />
Einzeluntersuchungen der Vergangenheit in Verbindung mit systematischen Grundlagenerhebungen für den <strong>Nationalpark</strong>plan<br />
liefern einen ersten Überblick über die Gegebenheiten im <strong>Nationalpark</strong>. Das Umweltbeobachtungsprogramm ermöglicht<br />
es, zukünftige Entwicklungen zu dokumentieren und den verantwortlichen Ursachen auf die Spur zu kommen.<br />
Forschung und Umweltbeobachtung<br />
Forschung<br />
Forschungsaktivitäten im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> haben<br />
bereits eine lange Tradition. Bereits im Jahre 1911 begann die<br />
Vogelwarte Helgoland mit Untersuchungen zur Vogelwelt auf<br />
Neuwerk und Scharhörn. Ab 1938 erfolgte die Besetzung der<br />
Insel Scharhörn durch einen Vogelwart, der das Brut- und<br />
Zuggeschehen der Vogelwelt in Jahresberichten erfasst. Seit 1939<br />
übernahm der 'Verein Jordsand' die entsprechenden Arbeiten auf<br />
Scharhörn, ab 1946 vorübergehend auch auf Neuwerk. Seit der<br />
Ausweisung des Ostvorlandes als Naturschutzgebiet im Jahre<br />
1982 findet auf Neuwerk eine regelmäßige Erfassung der<br />
Vogelwelt durch den 'Verein Jordsand' als betreuender<br />
Naturschutzverband statt.<br />
Umfassende Erkenntnisse über die Inseln Neuwerk und<br />
Scharhörn sowie die sie umgebenden Wattflächen lieferten in den<br />
Jahren 1963 - 1981 die Voruntersuchungen für ein Tiefwasserhafenprojekt<br />
Scharhörn. Die Ergebnisse der Forschungs- und<br />
Vorarbeitenstelle Neuwerk der Hamburger Wirtschaftsbehörde<br />
wurden in der Schriftenreihe "Hamburger Küstenforschung" veröffentlicht.<br />
Neben verschiedenen Untersuchungen zur Hydrologie<br />
(Strömungen, Wasserstände, Seegang, Salzgehalte), zum<br />
Klima (Wind, Nebel) sowie zu Geologie und Sedimenten einschließlich<br />
geländemorphologischer Veränderungen der Wattflächen<br />
durch Umlagerung wurden auch ökologische Fragestellungen<br />
bearbeitet (z.B. Flora, Nahrungs-, Rast- und Mauserplätze<br />
der Vögel, fischereiliche Fragen). Zwar wurden die Hafenplanungen<br />
für Scharhörn 1981 zurückgestellt; die zusammengetragenen<br />
Fakten haben heute jedoch nach wie vor ihren Wert als<br />
wertvolle Vergleichsdaten behalten.<br />
Seit der Gründung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
wurden zahlreiche Einzeluntersuchungen mit Unterstützung der<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung durchgeführt:<br />
So entstand eine Gesamtschau über die Veränderungen auf der<br />
Insel Neuwerk im Zeitraum 1980 - 1993. Einzelne Arbeiten über<br />
das Vorland von Neuwerk lieferten Angaben zur Vegetation, zum<br />
oberflächennahen Bodenaufbau, zu voraussichtlichen ökologischen<br />
Auswirkungen geplanter Kleientnahmen, zu Salzgehalten<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
in den Prielen und zur Entwicklung von Lahnungsflächen vor<br />
dem Sommerdeich in Abhängigkeit von Beweidung und<br />
Begrüppung. Mit einer Einzelbiotop-Kartierung wurden die<br />
Gewässer auf Neuwerk erfasst. Neben den ständigen Vogelbeobachtungen<br />
fand auch vogelkundliche Grundlagenforschung statt.<br />
Ein Vergleich der Seeschwalben-Bestände auf Scharhörn und<br />
Nigehörn lieferte Informationen zur Brut- und Nahrungsökologie<br />
von Fluss- und Küstenseeschwalbe. Ferner fanden Untersuchungen<br />
zur Verteilung und Nahrungsökologie von Brandenten<br />
im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> statt.<br />
Abb. 1: Mit Bodenfallen wird die Kleintierwelt im Vorland erfasst.<br />
Foto Körber.<br />
Die Kenntnisse über die Wattbereiche wurden erweitert durch<br />
Untersuchungen der Sedimentverteilung im Raum Neuwerk/<br />
Kleiner Vogelsand. Vorkommen und Verteilung von Muscheln und<br />
Schnecken im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wurden<br />
genauso erforscht wie die Auswirkungen des Neuwerker Wattweges<br />
auf die im Boden lebende Tierwelt. Daneben wurden auch<br />
die Fischfauna einschließlich fischereibedingter Verletzungen und<br />
anderer Veränderungen an der Haut von Plattfischen und Krebsen<br />
im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> untersucht.<br />
Eine besondere Bedeutung kommt der von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
in den Jahren 1995 bis 1999 veranlassten umfassenden<br />
Erhebung von Datengrundlagen als Grundlage für ein effizientes<br />
Monitoring-Programm im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> durch das<br />
Institut für angewandte Umweltbiologie und Monitoring<br />
(IFAUM) zu. Soweit der vorhandene Kenntnisstand dafür nicht<br />
ausreichte, wurden umfassende neue Bestandsaufnahmen durchgeführt.<br />
Erfasst wurden Grundlagendaten zu Geologie, Boden<br />
und Sedimenten, Hydrologie, Klima und Landschaftsbild sowie<br />
die historischen Entwicklungen im Gebiet des hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es. Auf den Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn<br />
wurden Biotop- und Nutzungstypen, Flora und Vegetation sowie<br />
die Fauna (vor allem Vögel und Insekten) untersucht. Für die<br />
Wattflächen und Priele wurden neben Biotoptypen und -strukturen<br />
besonders Makroalgen und Fauna (Seehund, Brandente,<br />
Eiderente, Fauna der Priele und des Wattbodens) aufgenommen;<br />
besondere Beachtung fanden dabei dynamische Prozesse.<br />
Für Fremdenverkehr und Naherholung, Landwirtschaft,<br />
Fischerei, Jagd, Bauen, Infrastruktur (Hochwasserschutz, Wasserwirtschaft,<br />
Energieversorgung, Abfallentsorgung, Schifffahrt,<br />
Luftfahrt, Wattenwege, Inselverkehr, überregionale Verkehrsanbindung),<br />
Rohstoffgewinnung, industrielle und militärische<br />
Nutzungen wurden die gegenwärtige Situation im <strong>Nationalpark</strong><br />
erfasst, Konflikte mit den Zielen des Naturschutzes ermittelt und<br />
Anforderungen des Naturschutzes formuliert. Dabei erfolgte die<br />
Konfliktanalyse unter besonderer Berücksichtigung des Konfliktfeldes<br />
Naturschutz/Landwirtschaft im Hinblick auf Probleme<br />
mit Ringelgänsen im Vorland von Neuwerk.<br />
Die naturschutzfachliche Zielkonzeption wurde getrennt für die<br />
Insel Neuwerk (Binnengroden, Nordvorland, Ostvorland, Hauptdeich),<br />
für die Düneninseln Scharhörn und Nigehörn sowie für<br />
die Wattflächen und Priele erstellt. Auf deren Grundlage erfolgte<br />
die naturschutzfachliche Bewertung der untersuchten Parameter.<br />
Ergänzt werden die Arbeiten des Institutes für angewandte<br />
Umweltbiologie und Monitoring durch eine Höhenvermessung<br />
mit Hilfe von Luftbildern, die zu einem digitalen Höhenmodell<br />
für den <strong>Nationalpark</strong> führt.
Umweltbeobachtung (Monitoring)<br />
Neben den genannten Einzeluntersuchungen zu bestimmten zeitpunktbezogenen<br />
Fragestellungen konnte in der Vergangenheit ein<br />
Monitoring lediglich in Form befristeter Begleituntersuchungen<br />
zu einzelnen Projekten realisiert werden.<br />
Dies betraf insbesondere in den Jahren 1990 - 1994 das morphologische<br />
und ökologische Monitoring-Programm für die durch<br />
Aufspülung errichtete Insel Nigehörn, das einen Vergleich mit der<br />
Insel Scharhörn einschloss.<br />
Auch wurden in den Jahren 1990 - 1993 Untersuchungen zur<br />
Prielfauna durchgeführt, die die unterschiedliche Entwicklung<br />
der Bodenfauna in den Prielen seit Ausweisung des <strong>Nationalpark</strong>es<br />
dokumentieren sollten. Die Untersuchungen wurden eingestellt<br />
als sich herausstellte, dass die angestammten Krabbenfischereibetriebe<br />
ungeachtet des im <strong>Nationalpark</strong>-Gesetz festgesetzten<br />
Fischereiverbotes auch die gesperrten Prielbereiche des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s stetig befischten und somit die Voraussetzungen<br />
für einen wissenschaftlichen Vergleich befischter und gesperrter<br />
Priele nicht gegeben waren.<br />
Mit der Einrichtung und Durchführung eines integrierten<br />
Umweltbeobachtungs-Programms für den <strong>Nationalpark</strong> im Frühjahr<br />
2000 ist die Grundlage für eine wirksame Überwachung<br />
der<strong>Nationalpark</strong>ziele geschaffen worden.<br />
Neben solchen Daten, die bisher schon von anderen Einrichtungen<br />
übernommen wurden, wie z.B. von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> (Daten zu Seehunden,<br />
Eiderenten, Brandenten) oder vom 'Verein Jordsand' (weitere<br />
Brut- und Rastvogel-Daten), sollen künftig auch weitere<br />
Informationen in die Datenstruktur des <strong>Nationalpark</strong>es<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> dauerhaft einbezogen werden.<br />
Abb. 2: Erfassung der Vogelbestände im Neuwerker Vorland.<br />
Foto Schneider.<br />
Darüber hinaus integriert das Programm die hamburgischen<br />
Berichtsverpflichtungen hinsichtlich des Trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>-Monitoring-Programms<br />
(TMAP) der Staaten Dänemark,<br />
Deutschland und Niederlande, die Berichtspflichten gegenüber<br />
der Europäischen Union hinsichtlich der Umsetzung der Flora-<br />
Fauna-Habitat-Richtlinie und der EG-Vogelschutzrichtlinie sowie<br />
schließlich die Erfolgskontrolle für ein von der Europäischen<br />
Union gefördertes Managementprogramm der Stadt Hamburg zur<br />
Förderung des Naturschutzes in der Landwirtschaft.<br />
Untersuchungsparameter Bearbeiter<br />
Gesamtbetrachtung Neuwerk Kraus (1994)<br />
Vorlandvegetation Hess (1979/80), Ritz (1988)<br />
Bodenaufbau Mathies (1996) Guiard (1997)<br />
Strukturkartierung Eggers & Kraus (1993-1998)<br />
Kleientnahmen Kurz & Martens (1984)<br />
Kleingewässer Kurz, Martens &<br />
Eimicke (1992)<br />
Vogelwelt Temme (1967), Schmid (1988)<br />
Lemke (1982, 1995)<br />
Rastvögel Lammen & Piper (1992)<br />
Seeschwalben Niedernostheide (1993, 1996)<br />
Brandenten Barkow (1996)<br />
Sedimentverteilung Falkus-Seelig (1988)<br />
Muscheln & Schnecken Lammen & Piper (1992)<br />
Benthosfauna Krause (1992), Bölhoff (1997)<br />
Fische & dekapode Krebse Diercking & Breckling (1991)<br />
Fischfauna Lüdemann (1992)<br />
Datenerfassung, Bewertung und graphische Darstellung<br />
Einen zusammenfassenden Überblick über die gesamten vorliegenden<br />
Daten bietet das derzeit im Aufbau befindliche<br />
Fachinformationssystem (FIS) der Umweltbehörde der Freien<br />
und Hansestadt Hamburg. In diesem System laufen alle Daten für<br />
eine vergleichende Auswertung zusammen. Flächenbezogene<br />
Daten werden in einem Geographischen Informationssystem<br />
(GIS) miteinander verknüpft. So sind beispielsweise die meisten<br />
flächenbezogenen Abbildungen und –ausschnitte in dem vorliegenden<br />
<strong>Atlas</strong> auf dieser Grundlage entstanden. Dem direkten<br />
Zugriff auf Informationen, die regelmäßig auch von anderen<br />
Dienststellen benötigt werden, dient der Aufbau eines<br />
Dokumentations- und Abfragesystems (DAS).<br />
Abb. 3: Ausschnitt aus einer Detail-Kartierung (Maßstab 1:100) der<br />
Vorlandstrukturen Neuwerks (1998).<br />
Abb. 4: Raster aus Markierungsschnüren ermöglichen eine exakte<br />
Geländekartierung. Foto Körber.<br />
Abb. 5: Digitales Geländemodell der Insel Nigehörn (Stand 1991).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 133
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
134<br />
Das Umweltbeobachtungsprogramm für den <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Parameter<br />
Dünen-Vegetation<br />
(Scharhörn/Nigehörn)<br />
Salzwiesen-Vegetation (Neuwerk)<br />
Salzwiesen-Flora<br />
(Neuwerk)<br />
Binnengrünland-Vegetation (Neuwerk)<br />
Tierwelt der freien Wattflächen<br />
Seehunde (Wattflächen)<br />
Brutvögel<br />
(Scharhörn/Nigehörn/Neuwerk)<br />
Schlupferfolg von Wiesenbrütern<br />
(Austernfischer/ Rotschenkel auf<br />
Neuwerk)<br />
Rastvögel<br />
(Scharhörn/Nigehörn/<br />
Neuwerk/Wattflächen)<br />
Rastende/mausernde Eiderenten<br />
(Wattflächen)<br />
Rastende/mausernde Brandenten<br />
(Wattflächen)<br />
Rastende Ringelgänse + Nonnengänse<br />
(Neuwerk)<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Erfassungsmethoden<br />
je 20 Dauerflächen-Vegetationsaufnahmen auf Transekten auf<br />
Scharhörn und Nigehörn<br />
25 Dauerflächen-Vegetationsaufnahmen auf Transekten im Vorland<br />
Erfassung der Wuchsform und Entwicklung bei Strandaster und<br />
Strandflieder (je ca. 50 Exemplaren)<br />
15 Dauerflächen-Vegetationsaufnahmen im Binnengroden<br />
statistisch abgesicherte Probennahme mit Stechzylinder in 6<br />
Transekten 25 Probeflächen, zusätzlich visuelle Schätzung des<br />
Makro-Epibenthos<br />
Übernahme der Fernerkundungsdaten zur Erfassung des<br />
Gesamtbestandes auf den Ruheplätzen von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
Erfassung des Brutbestandes auf den Inseln Neuwerk, Scharhörn<br />
und Nigehörn<br />
kontinuierliche Kontrolle des Schlupferfolgs ausgewählter Gelege,<br />
je ca. 30 Brutpaare<br />
Erfassung des Rastbestandes auf und um Neuwerk, Scharhörn und<br />
Nigehörn ("Springtidenzählungen"; harmonisiert im Rahmen des<br />
TMAP)<br />
Übernahme der Fernerkundungsdaten zur Erfassung des Winterund<br />
Mauserbestandes im <strong>Nationalpark</strong> von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
Übernahme der Fernerkundungsdaten zur Erfassung des Winterund<br />
Mauserbestandes von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
Erfassung der Rastbestände und Aufenthaltsorte der Ringel- und<br />
Nonnengänse auf Neuwerk in 6-tägigen Zeitabständen<br />
Frequenz<br />
1x jährlich<br />
(Juli/August)<br />
1x jährlich<br />
(Juli/August)<br />
1x jährlich<br />
(August/<br />
September)<br />
1x jährlich<br />
(Mai/Juni)<br />
1x jährlich<br />
(August)<br />
jährlich<br />
jährlich<br />
jährlich<br />
jährlich<br />
2x jährlich<br />
2x jährlich<br />
jährlich<br />
Schutzziel/Berichtspflichten<br />
natürliche Lebensraumentwicklung<br />
- geschützter Lebensraum gem. FFH-RL<br />
- TMAP-Parameter Nr. 14<br />
naturnahe Lebensraumentwicklung; Erfolgskontrolle für<br />
das Salzwiesen-Management<br />
- geschützter Lebensraum gem. FFH--RL<br />
- TMAP-Parameter Nr. 4,5<br />
naturnahe Lebensraumentwicklung<br />
- Erfolgskontrolle für das Salzwiesen-Management<br />
- geschützter Lebensraum gem. FFH-RL<br />
Förderung naturverträglicher Landwirtschaft<br />
- Erfolgskontrolle zum Extensivierungsprogramm<br />
natürliche Lebensraumentwicklung<br />
- geschützter Lebensraum gem. FFH-RL<br />
- TMAP-Parameter Nr. 8<br />
natürliche Entwicklung einer geschützten Art<br />
- geschützte Art gem. FFH-RL<br />
- TMAP-Parameter Nr. 19<br />
natürliche Entwicklung geschützter Arten<br />
besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />
- teilw. geschützte Arten gem. EG-VoRL<br />
- TMAP-Parameter Nr. 15<br />
Bestandsentwicklung geschützter Arten<br />
- Erfolgskontrolle zur Förderung des Bruterfolgs durch<br />
ein Extensivierungsprogramm in der Landwirtschaft<br />
Entwicklung europäisch geschützter Vogelarten<br />
- teilw. geschützte Arten gem. EG-VoRL<br />
- TMAP-Parameter Nr. 17<br />
besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />
- besond. FFH-Schutz (Rast, Mauser)<br />
- TMAP-Parameter Nr. 17<br />
besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />
- besond. FFH-Schutz (Rast, Mauser)<br />
- TMAP-Parameter Nr. 17<br />
besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />
- TMAP-Parameter Nrn. 5, 17<br />
- Kontrollparameter zum Konflikt Naturschutz/Landwirtschaft<br />
TMAP:Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>-Monitoringprogramm; FFH-RL: Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union; EG-VoRL:Vogelschutz-Richtlinie der Europäischen Union.<br />
Symbol
Abb. 5: Parameter des Umweltbeobachtungsprogramms, nähere Angaben zu den Symbolen siehe Tabelle auf Seite 134.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 135
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
136<br />
<strong>Nationalpark</strong>e dienen nicht nur dem Ziel, die vom Menschen unbeeinflusste Natur zu schützen. Sie sollen den Besuchern<br />
auch das Erleben dieser Natur ermöglichen, soweit es der Schutzzweck erlaubt. Der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit<br />
sowie der Umweltbildung kommt für das Erreichen dieses Zieles zentrale Bedeutung zu.<br />
Umweltkommunikation:<br />
Die Natur verständlich machen<br />
Die Umweltkommunikation im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> gliedert sich in drei Bereiche:<br />
1. Öffentlichkeitsarbeit: Sie erklärt Fakten und Zusammenhänge<br />
im Dialog, z.B. im Gespräch bei einer Veranstaltung.<br />
2. Informationsarbeit: Sie dient der einseitig gerichteten<br />
Vermittlung von Wissen beispielsweise durch Medien.<br />
3. Umweltbildung: Sie setzt wie auch die Öffentlichkeitsarbeit<br />
auf die wechselseitige Vermittlung von Inhalten, zielt aber darüber<br />
hinaus auf die ökologische Bewusstseinsbildung.<br />
Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> findet die<br />
Umweltkommunikation unter besonderen Rahmenbedingungen<br />
statt. Einerseits konzentrieren sich die Besucher auf der Insel<br />
Neuwerk; andererseits bringt ein großer Teil von Ihnen als<br />
Tagesgäste nur wenig Zeit mit. Dies stellt besondere<br />
Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit, Informationsarbeit<br />
und Umweltbildung.<br />
Inhalte der Umweltkommunikation<br />
Ziel aller Maßnahmen ist die Vermittlung u.a. folgender Schwerpunkte:<br />
1. Weltweite Bedeutung des <strong>Wattenmeer</strong>es als einzigartiger<br />
Lebensraum,<br />
2. Entwicklung und Dynamik des <strong>Wattenmeer</strong>es,<br />
3. Lebensgemeinschaften im <strong>Wattenmeer</strong> (Watt, Salzwiesen,<br />
Dünen),<br />
4. Anpassung der Pflanzen und Tiere an den Lebensraum<br />
<strong>Wattenmeer</strong>,<br />
5. Vermittlung von Naturerlebnissen,<br />
6. Wert der Natur und Erhalt der Natur um ihrer selbst willen,<br />
7. der <strong>Nationalpark</strong> und seine Bedeutung für den Schutz der<br />
Natur im deutschen Küstenraum,<br />
8. das Verhältnis von Mensch und Natur im <strong>Nationalpark</strong>,<br />
9. Gefährdungen der Natur durch menschliche Aktivitäten,<br />
10. Verhaltensänderungen bei den Besuchern im Interesse<br />
eines funktionierenden Natur- und Umweltschutzes.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Zielgruppen<br />
Die verschiedenen Zielgruppen stellen unterschiedliche Anforderungen<br />
in Bezug auf die Formen der Umweltkommunikation.<br />
So haben die Tagesgäste, die einen hohen Anteil der Besucher<br />
stellen, nur eine beschränkte Zeit während ihres Aufenthaltes auf<br />
Neuwerk zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für Kurzzeitgäste,<br />
die die Insel innerhalb derselben Tidephase mit Wattwagen<br />
oder Schiff besuchen und wieder verlassen.<br />
Andererseits besuchen zahlreiche Übernachtungsgäste den<br />
<strong>Nationalpark</strong>. Zu ihnen zählen Erholungsurlauber (Einzelreisende<br />
und Familien), die Neuwerk mit dem Ziel aufsuchen, die Natur zu<br />
erleben. Schüler- und Jugendgruppen halten sich auf Neuwerk<br />
regelmäßig in zwei Schullandheimen und im Zeltlager der Stadt<br />
Salzgitter auf. Erwachsenengruppen nutzen die Übernachtung in<br />
Pensionen und Strohlagern. Intensivere Betreuung erfordern<br />
Fortbildungsgruppen (z.B. Lehrer, Bildungsurlauber, Hochschulexkursionen).<br />
Kooperative Betreuungspraxis<br />
Bereits seit 1939 auf Scharhörn und seit 1982 auch auf Neuwerk<br />
liegt die Durchführung von Veranstaltungen und die Betreuung des<br />
Infozentrums auf Neuwerk in den Händen des “Verein Jordsand<br />
zum Schutz der Seevögel und der Natur”. Die Betreuung wird im<br />
wesentlichen durch Zivildienstleistende, Praktikanten oder<br />
Teilnehmer am Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) geleistet.<br />
Seit ihrem Bestehen hat die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung ihre Arbeit<br />
im Bereich der Umweltkommunikation kontinuierlich auf- und<br />
ausgebaut. Inzwischen wird ihre Arbeit durch eine Stelle im FÖJ<br />
und einen Zivildienstleistenden unterstützt; zusätzlich werden<br />
z.T. Hochschul-Praktikanten eingesetzt.<br />
Eine Zusammenarbeit besteht mit dem <strong>Nationalpark</strong>-Zentrum<br />
Sahlenburg und verschiedenen anderen Institutionen (z.B.<br />
Lehrerfortbildungseinrichtungen in Hamburg und Bremerhaven).<br />
Abb. 1: Informationstafel auf der Turmwurt. Foto: Körber.<br />
Instrumente der Umweltkommunikation<br />
Bei seiner Ankunft auf Neuwerk empfangen den Gast an den entsprechenden<br />
Punkten (Wattweg-Ende, Schiffsanleger, Sportboothafen,<br />
Turmwurt) und am Schulgebäude Informationstafeln<br />
Abb. 2: <strong>Nationalpark</strong>-Infozentrum auf der Turmwurt. Foto: Carstens.<br />
(Abb. 1), die ihn über alles Wesentliche für seinen Aufenthalt orientieren:<br />
Informationen über den <strong>Nationalpark</strong>, Lagekarte,<br />
Service-Informationen (Veranstaltungsprogramm, Sehenswürdigkeiten,<br />
Betriebe auf Neuwerk, Infrastruktur), Regelungen im<br />
<strong>Nationalpark</strong>.<br />
Hauptinformationseinrichtung ist das vom Verein Jordsand<br />
betreute <strong>Nationalpark</strong>-Infozentrum (ca. 55 m 2 Ausstellungs-
Abb. 4: Natur erleben auf Neuwerk. Foto Körber.<br />
Abb. 5: Mitarbeiter der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung bei einer<br />
Veranstaltung. Foto Körber-Nikisch.<br />
Abb. 6: Infopult auf Neuwerk. Foto Janke.<br />
Abb. 7: Die neugestaltete Ausstellung<br />
im Infozentrum lädt den Besucher<br />
zum eigenen Erkunden ein.<br />
Foto: Carstens.<br />
Abb. 3: Instrumente der Umweltkommunikation und ihre Positionierung im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 137
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
138<br />
Besucherzahl<br />
Abb. 8: Besucherzahlen im Infozentrum Neuwerk 1982 - 1999.<br />
fläche) auf der Turmwurt (Abb. 2,7). Nach einer grundlegenden<br />
Neugestaltung in den Jahren 1996-1999 umfasst es folgende<br />
Themenblöcke: <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> -<br />
Geschichte - Gezeiten - Lebensräume Salzwiese, Watt, Priele -<br />
Dünen und Strände / Scharhörn und Nigehörn - Seehunde -<br />
Vögel - Hochwasserschutz - Gefährdungen - <strong>Nationalpark</strong>e -<br />
Verein Jordsand. Interaktive Elemente laden die Besucher zu<br />
eigenen Entdeckungen ein. Am Informationstresen stehen die<br />
Mitarbeiter des Vereins Jordsand für weitere Auskünfte zur<br />
Verfügung. Das Infozentrum wird sehr gut angenommen, wie die<br />
Besucherstatistik (Abb. 8) zeigt. Es wird jährlich von bis zu<br />
33.000 Gästen aufgesucht.<br />
Dem Bedarf für eine größere Einrichtung sollen Planungen für<br />
ein <strong>Nationalpark</strong>haus auf Neuwerk Rechnung tragen. Dieses soll<br />
nicht nur dem <strong>Nationalpark</strong> Platz für eine größere Ausstellung,<br />
Veranstaltungs- und Arbeitsräumlichkeiten für Gruppen, Lagermöglichkeiten<br />
sowie Unterkünfte für Betreuungspersonal bieten.<br />
Vielmehr sieht die Konzeption des <strong>Nationalpark</strong>hauses auch die<br />
Einbeziehung anderer öffentlicher Belange wie z.B. schulische<br />
Zwecke oder öffentliche Toiletten vor.<br />
Weitere Informationen zu einzelnen Themenbereichen liefern auf<br />
Neuwerk derzeit 5 Infopulte (Abb. 6). Sie enthalten auch eine<br />
Lagekarte des Gebietes und eine Übersicht über die Regelungen<br />
im <strong>Nationalpark</strong>.<br />
Im Dezember 1999 wurde mit der Erarbeitung von Naturerlebnis-<br />
und Erkundungspfaden auf Neuwerk begonnen. Diese<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Anzahl<br />
Abb. 9: Veranstaltungszahlen auf Neuwerk 1987 - 1999.<br />
sollen in besonderem Maße die Tagesgäste ansprechen und neugierig<br />
machen; aber auch den Dauergästen werden sie<br />
Möglichkeiten zu themenbezogener vertiefter Information über<br />
ihre Urlaubsinsel geben.<br />
Geplant ist die zukünftige<br />
Einbeziehung der Infopulte<br />
in das System der Naturerlebnis-<br />
und Erkundungspfade.<br />
Mit fünf rustikalen Ruheund<br />
Beobachtungsbänken<br />
entlang des Neuwerker Vorlandweges<br />
(Abb. 10, 12,)<br />
und einem Bohlenweg<br />
durch die Dünen auf Scharhörn<br />
ermöglicht die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
das Naturerleben<br />
auch Personen,<br />
die weniger gut zu Fuß sind.<br />
Die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
verfolgt damit bei ihrer<br />
Arbeit das Ziel, soweit wie<br />
möglich auch behinderten<br />
Abb. 10: Beobachtungsbank an der<br />
Ostbake. Foto Körber.<br />
Menschen Naturerlebnisse<br />
zu vermitteln.<br />
Neben den festen Ein-<br />
Abb. 11: Veranstaltungsspektrum 1999<br />
richtungen stützt sich die Informations- und Bildungsarbeit im<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> vor allem auf<br />
Veranstaltungen (Abb. 9). Angeboten werden Führungen zu verschiedenen<br />
Themen, geführte Wanderungen auf dem Kleinen<br />
Vogelsand mit Bernsteinsuche und nach Scharhörn, Diavorträge<br />
und Videoveranstaltungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten<br />
sowie Spiel- und Bastelveranstaltungen (Abb. 11).<br />
Die Veranstaltungstermine werden in monatlichen Programmen<br />
bekanntgegeben. Außerdem werden auf Anfrage auch gesonderte<br />
Abb. 12: Markierter Wanderweg im östlichen Vorland. Foto Körber.
Teilnehmeranzahl<br />
Abb. 13: Zahl der Veranstaltungsteilnehmer 1978 - 1999. Abb. 14: Saisonalität des Besucheraufkommens 1999.<br />
Veranstaltungstermine für Gruppen vereinbart. Die Abstimmung<br />
über die Veranstaltungstermine erfolgt in enger Kooperation zwischen<br />
der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung und dem Verein Jordsand.<br />
Nicht nur die Palette der Veranstaltungen sondern auch deren<br />
Gesamtzahl ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen<br />
(Abb. 13). Insbesondere zeigte sich bei Gruppen eine starke<br />
Zunahme der Nutzung des Angebotes. Seit 1999 bietet die<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung den Gruppen darüber hinaus an, Gerätschaften<br />
in Gruppenstärke für eigene Erkundungen in der<br />
<strong>Nationalpark</strong>station auszuleihen. Weitere besondere Naturbegegnungen<br />
im Rahmen der Führungen ermöglicht das Aufsuchen<br />
von Bereichen der Zone I, die normalerweise für Besucher<br />
gesperrt sind. So führen Exkursionen, wenn es die Bedingungen<br />
erlauben, z.B. in eine renaturierte Salzwiese, um diese mit allen<br />
Sinnen direkt erfahren zu können.<br />
Das Medienangebot der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung verfolgt unterschiedliche<br />
Ziele. Ausführliche Broschüren unterrichten umfassend<br />
über den <strong>Nationalpark</strong> und die Insel Neuwerk. Faltblätter<br />
informieren in Kurzfassung über wichtige Punkte, z.B. über<br />
Regelungen und Angebote im <strong>Nationalpark</strong>. Verschiedene Handzettel<br />
geben zum einen Service-Informationen (z.B. Unterkunftsund<br />
Anbieterverzeichnis für Gäste, Tidekalender, Veranstaltungsprogramme).<br />
Andererseits dienen sie als einfache Arbeitsbögen<br />
der schnellen Orientierung z.B. über die vorkommenden Tierund<br />
Pflanzenarten. Ergänzt wird das Medienangebot durch<br />
Poster, eine Postkarten-Serie und Videofilme. Die Medien werden<br />
Teilnehmeranzahl (Veranstaltungen)<br />
teilweise auch in Kooperation mit anderen Institutionen (z.B.<br />
Verein Jordsand, Bezirksamt Hamburg-Mitte, Tourismuszentrale<br />
Hamburg) und Sponsoren herausgegeben.<br />
Eine weitere Breitenwirkung erreicht die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
durch Veröffentlichungen beispielsweise in Büchern, Zeitschriften,<br />
Kalendern, Branchen-Fernsprechbuch Hamburg<br />
("Gelbe Seiten"). Druck- und Telemedien werden durch Pressemitteilungen<br />
über die Presseabteilung der Umweltbehörde angesprochen.<br />
Für die Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld des <strong>Nationalpark</strong>es<br />
steht ferner eine Wanderausstellung zur Verfügung, die das<br />
gesamte Themenspektrum abdeckt.<br />
Corporate Identity – das gemeinsame Erscheinungsbild der<br />
deutschen <strong>Nationalpark</strong>e<br />
Zur Erreichung eines einheitlichen Erscheinungsbildes aller deutschen<br />
<strong>Nationalpark</strong>e wird schrittweise auch im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> der Gestaltungsrahmen für die<br />
<strong>Nationalpark</strong>e in Deutschland umgesetzt, der von EUROPARC<br />
Deutschland (Dachorganisation der deutschen <strong>Nationalpark</strong>e)<br />
erarbeitet wurde (Abb. 15). Dies gilt auch für die Beschilderung<br />
(z.B. Infotafeln, Beschilderung der Einrichtungen wie<br />
<strong>Nationalpark</strong>station und Infozentrum) und die Ausstattung der<br />
Mitarbeiter. Unterstützt wird dies durch das Schutzgebietslogo<br />
(Abb. 16) und den Sympathieträger "Freddi" (Abb. 17), der für<br />
den Naturschutz im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
werben soll. Logo und Sympathieträger werden rechtlich geschützt,<br />
um sicherzustellen, dass sie nur im Sinne der<br />
<strong>Nationalpark</strong>-Ziele eingesetzt werden.<br />
Abb. 15: das gemeinsame Logo<br />
der deutschen <strong>Nationalpark</strong>e,<br />
EUROPARC.<br />
Abb. 17: Freddi - Sympathieträger des Naturschutzes im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Besucherzahl (Infozentrum)<br />
Abb. 16: Logo des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong>.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 139
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
140<br />
Dort wo Menschen in hoher Dichte leben, bedarf es einer sorgfältigen Planung und Koordination von verschiedensten<br />
Interessen und Aktivitäten. In Hamburg gibt es zu diesem Zweck drei aufeinander abgestimmte Planungsinstrumente: das<br />
Artenschutzprogramm, das Landschaftsprogramm sowie den Flächennutzungsplan.<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> in der räumlichen Planung<br />
Das Artenschutzprogramm als Teil des Landschaftsprogramms,<br />
das Landschaftsprogramm selbst und der Flächennutzungsplan<br />
werden vom Senat und der Bürgerschaft zur Steuerung der räumlichen<br />
Ordnung und Entwicklung verabschiedet und stetig weiterentwickelt.<br />
Sie stehen als eigenständige, sich inhaltlich ergänzende<br />
und aufeinander abgestimmte Planwerke zueinander.<br />
Das Artenschutzprogramm<br />
Das Artenschutzprogramm ist als eigenständiger Teil des<br />
Landschaftsprogramms im Juni 1997 von der Bürgerschaft beschlossen<br />
worden.<br />
Es repräsentiert Hamburgs flächendeckendes und auf die Flächen<br />
bezogenes Naturschutzprogramm. Seine Aufgabe ist es, unsere<br />
Abb. 1: Darstellung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />
Artenschutzprogramm (Apro, Stand 2000).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu sichern. Das<br />
Programm trifft Aussagen zu allen Bereichen der Stadt und legt<br />
Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der<br />
Lebensräume einheimischer Pflanzen- und Tierarten fest. Hierbei<br />
werden Gewässer, Wälder, Moore, Heiden oder Grünland ebenso<br />
einbezogen wie Wohngebiete oder Verkehrsflächen.<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wird aufgrund seiner<br />
besonderen Lage und seiner vom Stadtgebiet Hamburg deutlich<br />
abweichenden Biotopausstattung im Artenschutzprogramm<br />
mit einem eigenen Kartenausschnitt und einer eigenen, nur auf<br />
diesen Lebensraum bezogenen Legende dargestellt.<br />
Im Hamburgischen Naturschutzgesetz ist festgelegt, dass das<br />
Artenschutzprogramm zur Vorbereitung, Durchführung und<br />
Abb. 2: Darstellung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />
Landschaftsprogramm (Lapro, Stand 2000).<br />
Überwachung von Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege der<br />
wildwachsenden Pflanzen und wildlebenden Tiere erstellt wird.<br />
Da ein langfristig wirksamer Schutz von Pflanzen- und Tierarten<br />
nur durch den Schutz ihrer Lebensräume, dem Biotopschutz,<br />
erreicht werden kann, stellt das Artenschutzprogramm den<br />
Biotopschutz in den Mittelpunkt. Die Basis zur Entwicklung des<br />
Artenschutzprogramms sind die Arten- und Biotopkartierungen,<br />
die für das gesamte Stadtgebiet erhoben wurden. Fünfzehn verschiedene<br />
Biotopentwicklungsräume wurden auf dieser<br />
Grundlage zusammengefasst und hierzu Ziele und Maßnahmen<br />
formuliert.<br />
Für den Bereich des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
werden Biotope wie Salzwiesen, Küstendünen, Sandplaten,<br />
Küstenwatt, Priele und Rinnen dargestellt. Wegen ihrer besonderen<br />
Bedeutung wurden auch Seehundliegeplätze einbezogen. Die<br />
speziellen Entwicklungsziele für die Biotopentwicklungsräume<br />
innerhalb des <strong>Nationalpark</strong>s ergeben sich aus den Geboten im<br />
<strong>Nationalpark</strong>gesetz (siehe Anhang).<br />
Die Grundlage des Artenschutzprogramms, die Biotopkartierungen,<br />
werden ständig aktualisiert. Für den <strong>Nationalpark</strong> erfolgt<br />
dies im Rahmen des im Jahr 2000 eingerichteten Umweltbeobachtungsprogramms<br />
auf der Basis naturkundlicher Grundlagener-
hebungen in den Jahren 1995 - 1998.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des Artenschutzprogramms ist das<br />
Schutzgebietssystem. Neben dem <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong>, der nach seiner Erweiterung mit ca. 13.750 ha die<br />
mit Abstand größte Fläche einnimmt, besteht das Schutzgebietssystem<br />
Hamburgs aus Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten<br />
und Naturdenkmalen. Allein die 27 Hamburger Naturschutzgebiete<br />
besitzen einen Anteil an der Landesfläche von über 6 %;<br />
zusammen mit dem <strong>Nationalpark</strong> nehmen sie sogar rund 20 % ein.<br />
Das Artenschutzprogramm stellt darüber hinaus wertvolle, kleinflächige<br />
Einzelbiotope sowie vernetzte Biotoptypen (Verbindungsbiotope)<br />
dar.<br />
Das Landschaftsprogramm<br />
Während das Artenschutzprogramm (als eigenständiger Teil des<br />
Landschaftsprogramms) den Arten- und Biotopschutz zur<br />
Aufgabe hat, berücksichtigt das Landschaftsprogramm die fachlichen<br />
Themenschwerpunkte Freiraumverbundsystem und<br />
Erholung, Naturhaushalt und Landschaftsbild.<br />
Das Landschaftsprogramm übernimmt die Schutzgebietsgrenzen<br />
aus dem Artenschutzprogramm und stellt den <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ebenfalls gesondert dar. Der vom<br />
Hauptdeich umgebene Kernbereich Neuwerks wird dem Milieu<br />
landwirtschaftliche Kulturlandschaft zugeordnet, der übrige Teil<br />
der Insel sowie Scharhörn und Nigehörn sind als Naturnahe<br />
Landschaft dargestellt, die durch die zusätzliche Darstellung als<br />
Vordeichsflächen ergänzt wird. Als wichtiges Entwicklungsziel<br />
für Vordeichsflächen der Insel Neuwerk nennt das Landschaftsprogramm<br />
u.a. den Erhalt der extensiven Grünlandwirtschaft.<br />
Der Flächennutzungsplan<br />
Der Flächennutzungsplan stellt die sich aus der beabsichtigten<br />
städtebaulichen Entwicklung ergebende Bodennutzung in ihren<br />
Grundzügen dar. Für die Stadt Hamburg übernimmt er zugleich<br />
die Funktion der Raumordnungsplanung.<br />
Bezüglich des <strong>Nationalpark</strong>s sind im aktuellen Flächennutzungsplan<br />
zwei Festlegungen getroffen, die zum besseren Verständnis<br />
einer Erläuterung bedürfen.<br />
- Zum ersten sind die Vorlandflächen von Neuwerk als "naturbestimmte<br />
Flächen" festgesetzt. Diese Festsetzung ermöglicht es<br />
jedoch durchaus, dass diese Flächen im Sinne eines nachhaltigen<br />
Erhalts der dort zu schützenden Naturgüter auch genutzt werden<br />
können, soweit dies mit dem <strong>Nationalpark</strong>gesetz vereinbar ist.<br />
- Zum zweiten sind im <strong>Nationalpark</strong>gebiet auch Flächen für einen<br />
am tiefen Fahrwasser der Außenelbe gelegenen Industriehafen<br />
mit einer Ausdehnung von ca. 2975 ha ausgewiesen. Die ursprünglich<br />
geplante Inanspruchnahme dieser Flächen für einen<br />
späteren Hafenbau sind derzeit noch nicht abschließend aufgegeben<br />
worden. Senat und Bürgerschaft sind bei der Ausweisung des<br />
<strong>Nationalpark</strong>es und zugleich der planungsrechtlichen Sicherung<br />
des dargestellten Tiefwasserhafens seinerzeit zu der Auffassung<br />
gelangt, dass die mit dem <strong>Nationalpark</strong> verfolgte Zielsetzung im<br />
Falle einer späteren Realisierung des Tiefwasserhafens aufgegeben<br />
werden muss. Senat und Bürgerschaft waren zudem der Auffassung,<br />
dass die Realisierung des <strong>Nationalpark</strong>es durchaus möglich<br />
sei, ohne dass die planungsrechtliche Sicherung des<br />
Tiefwasserhafens aufgehoben werden muss. Insofern hielten sie<br />
die beabsichtigte Unterschutzstellung des hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es als <strong>Nationalpark</strong> mit der Darstellung des Flächennutzungsplans<br />
durchaus für vereinbar. Bei der Ausweisung der<br />
Hafenfläche im <strong>Nationalpark</strong> handelt es sich um eine langfristige<br />
Vorsorgeplanung. Sollte sie zur Umsetzungsreife gelangen, so<br />
müssten die dadurch entstehenden Konflikte mit dem Natur- und<br />
Umweltschutz im Rahmen eines Planverfahrens dargestellt und<br />
abgewogen werden.<br />
Abb. 3: Darstellung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />
Flächennutzungsplan (FNP, Stand 2000). Abb. 4: Planungsskizze zum Tiefwasserhafen im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> (Stand 1976).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 141
Anhang<br />
144<br />
Stand 04/2001<br />
<strong>Nationalpark</strong>-Steckbrief<br />
Schutzstatus<br />
Gesetzliche Grundlage Gesetz zur Einführung<br />
eines <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> vom<br />
09. April 1990;<br />
geändert durch Beschluss der<br />
Bürgerschaft vom 5. April 2001,<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> Naturschutzgesetz<br />
§ 22a vom 2. Juli 1981;<br />
geändert durch Beschluss der<br />
Bürgerschaft vom 5. April 2001,<br />
Ramsar-Konvention UNESCO-Anerkennung<br />
vom 01. August 1990<br />
Biosphärenreservat (MaB) UNESCO-Anerkennung<br />
vom 10. November 1992<br />
Europäisches<br />
Schutzgebiet gemäß:<br />
EG-Vogelschutzrichtlinie gemeldet mit Senatsbeschluss<br />
vom 24. März 1998<br />
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gemeldet mit Senatsbeschluss<br />
vom 22. Dez. 1998<br />
Lage<br />
Koordinaten (World Geodetic System; WGS 84)<br />
Beginnend im Süden, mit dem Uhrzeigersinn<br />
Koordinaten*<br />
53°50,69’ N 8°34,50’ E<br />
53°53,1051’ N 8°32,0401’ E<br />
53°53,6051’ N 8°25,7411’ E<br />
53°58,88’ N 8°12,77’ E<br />
53°59,02’ N 8°13,17’ E<br />
53°59,02’ N 8°18,90‘ E<br />
53°58,3599’ N 8°26,3121‘ E<br />
53°57,4174’ N 8°30,2454’ E<br />
53°55,8048’ N 8°32,7401’ E<br />
53°54,3050’ N 8°33,6399’ E<br />
Geographischer Mittelpunkt (am Turm)<br />
54°55,0000’ N 8°30,0000’ E<br />
Flächendaten<br />
Gesamtfläche 13.750 ha<br />
• Zone I (ca. 91,5 %) 12.580 ha<br />
davon Landfläche 130 ha<br />
davon Watt-/Wasserfläche 12.450 ha<br />
• Zone II (ca. 10 %) 1.170 ha<br />
davon Landfläche 224 ha<br />
davon Watt-/Wasserfläche 946 ha<br />
Scharhörnplate (Zone I) 285 ha<br />
(einschl. Düneninseln)<br />
Insel Scharhörn 20 ha<br />
Insel Nigehörn 34 ha<br />
Insel Neuwerk 300 ha<br />
• Zone I 76 ha<br />
Östl. Vorland (Sommerpolder) 53 ha<br />
Östl. Vorland (vordeichs) 23 ha<br />
• Zone II 224 ha<br />
Nördl. Vorland (Sommerpolder) 95 ha<br />
Binnengroden 107 ha<br />
Hauptdeich einschl. Vorlage 22 ha<br />
Landwirtschaftlich genutzte Flächen<br />
Gesamtflächen (Neuwerk) 231 ha<br />
• Binnengroden 83 ha<br />
• Nördliches Vorland 95 ha<br />
• Östliches Vorland 53 ha
Entfernungen<br />
Längenausdehnung<br />
- max. Gebietsausdehnung 28 km<br />
- max. Gebietsbreite 8,6 km<br />
Neuwerk (Abfahrt) - Sahlenburg (Wattweg) 9,1 km<br />
Neuwerk (Abfahrt) - Sahlenburg (Luftlinie) 8,2 km<br />
Neuwerk (Abfahrt) - Scharhörn (Wattweg) 7,8 km<br />
Neuwerk (Anleger) - Scharhörn (Luftlinie) 6 km<br />
Neuwerk - Stadtzentrum Hamburg (Luftlinie) 105 km<br />
Lebensräume<br />
Freifallende Wattflächen und Sandbänke 9.733 ha<br />
Priele und Dauerflutzone 1.613 ha<br />
Düneninseln mit natürlicher Dynamik 54 ha<br />
Salzwiesen (einschl. Sommerdeich) 171 ha<br />
Binnengroden (einschl. Hauptdeich) 129 ha<br />
Bewohnerzahlen<br />
Neuwerk 35<br />
Scharhörn 1 (Vogelwart)<br />
Nigehörn 0<br />
Verkehrsmittel<br />
• Schiffe<br />
MS "Flipper" Fahrgastschiff der Reederei<br />
Cassen Eils; verkehrt<br />
i.d.R. zw. April und<br />
Oktober;<br />
Verkehrt ab Cuxhaven/<br />
"Alte Liebe"; ca. 500<br />
Plätze an Bord.<br />
FS "Nigewark" Dienstschiff der Hamburger<br />
Wirtschaftsbehörde,<br />
Amt Strom und Hafenbau;<br />
verkehrt nach Bedarf der<br />
Stackmeisterei Neuwerk,<br />
Material- und Personen<br />
transport für Dienstzwecke,<br />
z.B. Unterhaltungsarbeiten<br />
auf Neuwerk.<br />
• Pferdewattwagen 50<br />
- Neuwerk 11<br />
- Festland (Sahlenburg, Duhnen) 39<br />
• Traktoren (Landwirtschaft,<br />
Transporte) 8<br />
Einrichtungen auf Neuwerk<br />
Umweltbehörde, <strong>Nationalpark</strong>station Neuwerk<br />
Wirtschaftsbehörde, Amt Strom und<br />
Hafenbau/Stackmeisterei Neuwerk<br />
<strong>Nationalpark</strong>-Informationszentrum,<br />
10 Restaurations- und/oder Pensionsbetriebe<br />
3 landwirtschaftliche Betriebe<br />
1 Schule (1 Lehrer)<br />
2 Schullandheime (Stadt Hamburg)<br />
1 Jugend-Zeltlager (Stadt Salzgitter)<br />
1 Feuerwehrhaus (je 1 Löschfahrzeug, Rettungswagen<br />
und Rettungsboot)<br />
1 Kläranlage (einschl. Schönungsteichen)<br />
1 Inselladen<br />
1 Badestelle<br />
2 Anlegestellen (ohne Infrastruktur)<br />
1 kleiner Hafen für Sportboote (ohne Infrastruktur)<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 145
Anhang<br />
146<br />
Gesetz über den <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. April 1990<br />
(<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungsblatt, Nr.11/1990 vom 12. April 1990, Seite 64 - 66)<br />
geändert durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. April 2001<br />
(<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungsblatt, Nr.13/2001 vom 18. April 2001, Seite 52-53)<br />
§ 1 <strong>Nationalpark</strong><br />
(1) Das in der anliegenden Karte rot und grün eingezeichnete<br />
Gebiet der hamburgischen Exklave Neuwerk wird zum <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> erklärt.<br />
(2) Der <strong>Nationalpark</strong> umfasst das Neuwerker Watt mit seinen<br />
Sänden, Platen und Prielsystemen, bestehend aus dem<br />
Scharhörner Watt, dem Neuwerker Inselwatt, dem Sahlenburger<br />
Watt und dem Kleinen Vogelsand sowie die Inseln Neuwerk,<br />
Nigehörn und Scharhörn. Die Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s entspricht<br />
mit Ausnahme der seewärtigen Grenze der Begrenzung<br />
der hamburgischen Exklave Neuwerk. Seewärts verläuft die<br />
Grenze beginnend im Westen der 3-Seemeilen-Grenze folgend<br />
bis zur Südseite der tiefen Rinne der Außenelbe und von dort entlang<br />
der Rinne, bis sie auf die Grenze der Exklave trifft. Die<br />
Eckpunkte der <strong>Nationalpark</strong>fläche sind durch die in der anliegenden<br />
Karte angeführten Koordinaten im World Geodetic System<br />
1984 (WGS-84) bestimmt.<br />
§ 2 Schutzzweck<br />
(1) Schutzzweck ist, das <strong>Wattenmeer</strong> einschließlich der Insel<br />
Neuwerk sowie der Düneninseln Scharhörn und Nigehörn in seiner<br />
Ganzheit und seiner natürlichen Dynamik um seiner selbst<br />
willen und als Lebensstätte der auf diesen einmaligen Lebensraum<br />
Watt angewiesenen Arten und der zwischen diesen Arten<br />
bestehenden Lebensgemeinschaften zu erhalten und vor Beeinträchtigungen<br />
zu schützen. Zudem ist die großflächige und ungestörte,<br />
zwischen den Mündungstrichtern von Elbe und Weser<br />
belegene Naturlandschaft für die Wissenschaft von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
(2) Insbesondere sind Sand- und Schlickwatten, Priele, Sande,<br />
Platen sowie Dünen und die diese Landschaftsteile untereinander<br />
verbindende, ungestörte und natürliche Entwicklungsdynamik zu<br />
erhalten. Weiter ist die ursprüngliche Dünen- und Salzvegetation<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
zu schützen und, sofern erforderlich, zu entwickeln. Schließlich<br />
sind für die auf den Lebensraum Watt angewiesenen Arten als<br />
Lebensstätten insbesondere die geeigneten Fischlaich- und Fischaufzuchtgebiete,<br />
die Liege- und Aufzuchtplätze der Seehunde auf<br />
der Robbenplate, dem Wittsand und dem Bakenloch, die Brutund<br />
Rastplätze der Seeschwalben auf Neuwerk, Nigehörn und<br />
Scharhörn, die Brut- und Rastplätze sowie Nahrungsgebiete der<br />
verschiedenen Wattvogelarten und die Mauserplätze der<br />
Brandente zu erhalten.<br />
§ 3 Schutzzonen<br />
(1) Das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s unterteilt sich in zwei<br />
Schutzzonen, die Zone I und die Zone II.<br />
(2) Die Zone I umfasst die in der anliegenden Karte rot dargestellte<br />
Fläche; zur Zone II gehören die übrigen Flächen des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s. Die Zone II ist in der anliegenden Karte grün dargestellt<br />
und umfasst folgende Bereiche:<br />
1. den eingedeichten Inselkern Neuwerks einschließlich des<br />
Vorlandes westlich einer gedachten geraden Linie zwischen<br />
dem Brack am Nordhamm und dem Ostufer des Nordhafens,<br />
2. die außendeichs belegene Fläche südlich, westlich und nördlich<br />
der Insel Neuwerk, deren Grenze wie folgt verläuft:<br />
Vom Punkt: Inselfuß/Südbuhne 1300 m in gerader Linie in<br />
südlicher Richtung, nach Westen und Norden schwenkend in<br />
1300 m Abstand vom Inselfuß zum seewärtigen Punkt nördlich<br />
des Bracks am Nordhamm und von dort in südlicher<br />
Richtung in gerader Linie auf den Inselfuß,<br />
3. die Fläche zwischen der Küstenlinie und dem Priel Sahlenburger<br />
Loch.<br />
(3) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die<br />
Grenzen zwischen den Zonen I und II geringfügig zu verändern,<br />
wenn sich die natürlichen Gegebenheiten ändern und der mit der<br />
Erklärung zum <strong>Nationalpark</strong> verfolgte Schutzzweck nicht beeinträchtigt<br />
wird.<br />
§ 4 Gebote<br />
Im <strong>Nationalpark</strong> ist es geboten,<br />
1. auf Platen und im Vorland Neuwerks die natürliche Entwicklung<br />
von Salzvegetation zu fördern,<br />
2. im Bestand stark gefährdete oder vom Aussterben bedrohte<br />
Tier- und Pflanzenarten des <strong>Wattenmeer</strong>es durch geeignete<br />
Maßnahmen, insbesondere durch verstärkten Schutz sowie<br />
durch verstärkte Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung<br />
ihrer Biotope sowie durch Gewährleistung ihrer sonstigen<br />
Lebensbedingungen zu erhalten und zu fördern.<br />
§ 5 Verbote<br />
(1) Im <strong>Nationalpark</strong> ist es verboten,<br />
1. Pflanzen oder Pflanzenteile abzuschneiden, abzupflücken,<br />
aus- oder abzureißen, auszugraben, zu entfernen oder sonst<br />
zu beschädigen,<br />
2. wildlebenden Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen,<br />
zu töten, sie durch sonstige Handlungen zu stören<br />
oder ihre Eier, Larven, Puppen oder sonstige Entwicklungsformen<br />
oder Nester wegzunehmen, zu zerstören oder zu beschädigen,<br />
3. die Jagd oder die Fischerei einschließlich der Krabben- und<br />
Muschelfischerei auszuüben,<br />
3a. zu angeln oder sonst Fische oder Krabben zu fangen sowie<br />
Muscheln zu sammeln,<br />
4. biotopfremde Pflanzen oder Tiere anzusiedeln oder auszusetzen,<br />
5. die gekennzeichneten Teilflächen des in der Zone II belegenen<br />
Teils des nördlichen Vorlandes Neuwerks in der Zeit<br />
vom 1. April bis zum 31. Juli eines jeden Jahres zu betreten,<br />
5a. Hunde oder Katzen unangeleint umherlaufen zu lassen oder<br />
anders als kurz angeleint zu führen,<br />
5b. mit Ballonen oder sonstigen Luftfahrzeugen zu starten oder<br />
zu landen oder dort mit Drachen oder Flugmodellen jeglicher<br />
Art Modellsport zu betreiben,
6. außerhalb den in der Zone II dafür bestimmten Stellen<br />
zu zelten oder zu lagern oder Campingwagen aufzustellen,<br />
7. das Gebiet durch Abfälle, Abwasser oder auf sonstige Weise<br />
zu verunreinigen,<br />
8. bauliche Anlagen jeglicher Art, Frei- und Rohrleitungen sowie<br />
Wege, Treppen, Brücken oder Stege zu errichten, anzulegen<br />
oder zu verändern,<br />
9. Einfriedungen zu errichten oder zu verändern,<br />
10. die Kulturart zu verändern, insbesondere Dauergrünland umzubrechen,<br />
11. Bäume, Gehölze oder Hecken völlig oder teilweise zu beseitigen,<br />
12. Pflanzenschutzmittel anzuwenden oder Düngemittel auszubringen,<br />
13. Aufschüttungen, Aufspülungen oder Abgrabungen vorzunehmen<br />
oder Bodenbestandteile einzubringen oder die Bodengestalt<br />
auf andere Weise zu verändern,<br />
14. Wasserflächen oder die Gestalt der Gewässer, insbesondere<br />
der Priele oder Bracks und ihrer Ufer oder die Watten durch<br />
Grabungen, den Abbau oder das Einbringen von Bodenbestandteilen<br />
oder auf sonstige Weise zu verändern, zu beseitigen<br />
oder die Gewässer auszutrocknen,<br />
15. Bodenschätze oder Bodenbestandteile abzubauen oder<br />
Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen,<br />
16. Gegenstände wissenschaftlicher, naturgeschichtlicher oder<br />
landeskundlicher Bedeutung zu beschädigen, aufzunehmen,<br />
zu sammeln oder zu verunstalten,<br />
17. die Ruhe der Natur oder den Naturgenuss durch Lärmen oder<br />
auf andere Weise zu stören.<br />
(2) Darüber hinaus ist es in der Zone I verboten,<br />
1. die Flächen außerhalb der gekennzeichneten Wege zu<br />
betreten,<br />
2. auf den Flächen außerhalb der gekennzeichneten Wattenwege<br />
und im Vorland zu reiten,<br />
3. die Flächen außerhalb der gekennzeichneten Wattenwege<br />
und das Vorland mit Landfahrzeugen jeglicher Art oder mit<br />
Amphibien- oder Luftkissenfahrzeugen zu befahren,<br />
4. Wasserfahrzeuge trockenfallen zu lassen oder das Watt von<br />
diesen Fahrzeugen aus zu betreten,<br />
5. im östlichen Teil des Neuwerker Vorlandes die Priele zu<br />
befahren,<br />
6. aufgehoben,<br />
7. zu baden,<br />
8. aufgehoben,<br />
9. das Vorland in der Zeit vom 1. April bis zum 31. Juli eines<br />
jeden Jahres überhaupt und in der übrigen Zeit eines jeden<br />
Jahres mit mehr als zwei Rindern oder einem Pferd oder<br />
sechs Schafen je Hektar zu beweiden,<br />
10. Bild- oder Schrifttafeln anzubringen,<br />
11. Lahnungsfelder zum Zwecke der Vorlandgewinnung anzulegen.<br />
(3) Von den Verboten der Absätze 1 und 2 gelten nicht<br />
1. die Nummern 1, 2, 4, 5, 9, 12 und 17 des Absatzes 1 für die<br />
ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf dem<br />
eingedeichten Inselkern Neuwerks, die Nummern 1, 2, 5 und<br />
17 des Absatzes 1 für die ordnungsgemäße Weidenutzung des<br />
in der Zone II belegenen Teils des nördlichen Vorlandes sowie<br />
die Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 und die Nummern<br />
1 und 3 des Absatzes 2 für die ordnungsgemäße Weidenutzung<br />
des östlichen Vorlandes außerhalb der Zeit vom<br />
1. April bis zum 31. Juli eines jeden Jahres,<br />
2. die Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 sowie die Nummern 1,<br />
3 und 10 des Absatzes 2 für Maßnahmen der Wasser- und<br />
Schifffahrtsverwaltungen des Bundes zur Erfüllung ihrer<br />
gesetzlichen Aufgaben sowie für Maßnahmen des Katastrophenschutzes,<br />
der Seenotrettung und der Ölbekämpfung,<br />
3. die Nummern 1, 2, 5 und 10 des Absatzes 1 sowie die Nummern<br />
1, 3 und 10 des Absatzes 2 für Maßnahmen des Naturschutzes<br />
und der Landschaftspflege,<br />
4. die Nummern 1, 2, 11 und 13 des Absatzes 1 für die Pflege<br />
und Unterhaltung bestehender Grünanlagen und Gärten,<br />
4a. die Nummer 1 des Absatzes 1 in der Zone II für das<br />
Sammeln von Speisepilzen für den eigenen Bedarf,<br />
5. die Nummer 2 des Absatzes 1 und die Nummern 1 und 10 des<br />
Absatzes 2 für die Bekämpfung von Wanderratten und Schermäusen,<br />
5a. die Nummer 3 des Absatzes 1 für die Krabbenfischerei in den<br />
Fahrwassern Elbe-Weser-Wattfahrwasser, Neuwerker Loch<br />
und Elbe-Neuwerk-Fahrwasser in einem 100 m breiten<br />
Streifen steuerbords der zur Kennzeichnung der Wattfahrwasser<br />
ausgebrachten Bezeichnung der Backbordseite oder<br />
in einem 100 m breiten Streifen backbords der zur Kenn-<br />
zeichnung der Wattfahrwasser ausgebrachten Bezeichnung<br />
der Steuerbordseite sowie in dem in der diesem Gesetz anliegenden<br />
Karte rot-weiß gestreiften Bereich der Zone I,<br />
5b. die Nummer 3 a des Absatzes 1 in der Zone II für das Fangen<br />
von Fischen und Speisekrabben sowie das Sammeln von<br />
Muscheln für den eigenen Bedarf,<br />
5c. die Nummer 5 a des Absatzes 1 für Hunde auf dem Hauptdeich<br />
der Insel Neuwerk sowie auf den Wegen binnendeichs,<br />
5d. die Nummer 5 b des Absatzes 1 für Drachen auf dem<br />
Deichkörper des Hauptdeiches zwischen dem Gerätehaus der<br />
Freiwilligen Feuerwehr im Norden westwärts bis zum<br />
Bauernhafen im Süden der Insel Neuwerk,<br />
6. die Nummern 8 und 9 des Absatzes 1 für die ordnungsgemäße<br />
Unterhaltung vorhandener und rechtmäßig errichteter<br />
baulicher Anlagen, Wege und Einfriedungen auf dem ein<br />
gedeichten Inselkern Neuwerks,<br />
7. die Nummer 13 des Absatzes 1 für die Sandentnahme durch<br />
Bewohner Neuwerks in geringen Mengen zum örtlichen<br />
Gebrauch,<br />
8. die Nummer 15 des Absatzes 1 für Aufsuchungs- und<br />
Gewinnungsrechte an Bodenschätzen sowie sonstige öffentlich-rechtliche<br />
Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich<br />
des Untergrundes nach Artikel 3 des Durchführungsabkommens<br />
zum "Cuxhaven-Vertrag" vom 14. Juni/<br />
7. August 1967 (<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungs<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 147
Anhang<br />
148<br />
blatt, Seite 285), soweit diese Rechte nach Artikel 3 Absatz<br />
2 des Abkommens im Einzelfall im Einvernehmen mit<br />
Hamburg eingeräumt werden,<br />
9. die Nummern 1, 2 und 3 des Absatzes 2 für die Erholungs-<br />
nutzung und Pferdepensionshaltung für die Wattfläche zwischen<br />
dem Ostufer des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers, der<br />
Schutzgebietsgrenze entlang der Stromelbe und einegedachten<br />
geraden Linie zwischen dem neuen Radarturm und<br />
der Ost-Bake sowie über diese hinaus,<br />
10. die Nummern 1 und 4 des Absatzes 2 für die Sportschifffahrt<br />
für den Ufersaum entlang des Elbe-Weser-Wattfahrwassers,<br />
des Neuwerker Lochs und entlang der Ostseite des Elbe-<br />
Neuwerk-Fahrwassers sowie am Scharhörnriff für eine<br />
Fläche mit einem Durchmesser von 100 m um den Punkt mit<br />
den Koordinaten 53° 57,50 N und 8° 21,70 E,<br />
11. aufgehoben.<br />
(4) Die Verbote der Absätze 1 und 2 gelten nicht für Maßnahmen,<br />
die die zuständige Landesbehörde im Benehmen mit der<br />
für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde zur<br />
Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes,<br />
der Schifffahrt, der Ver- und Entsorgung, der<br />
Wasserwirtschaft sowie des Wegebaues durchführt.<br />
(5) Das Einvernehmen nach Absatz 3 Nummer 8 darf nur erklärt<br />
werden, wenn der Schutzzweck dieses Gesetzes (§ 2) der Rechtsausübung<br />
nicht entgegensteht.<br />
§ 6 Entschädigung<br />
Soweit Bestimmungen dieses Gesetzes oder Maßnahmen auf<br />
Grund dieses Gesetzes außerhalb der förmlichen Enteignung nach<br />
§ 38 des Hamburgischen Naturschutzgesetzes eine Enteignung<br />
darstellen, hat die Freie und Hansestadt Hamburg angemessene<br />
Entschädigung in Geld zu leisten. § 39 Absätze 2 bis 5 des<br />
Hamburgischen Naturschutzgesetzes gilt sinngemäß.<br />
§ 7 Ordnungswidrigkeit<br />
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig,<br />
den Verboten des § 5 dieses Gesetzes zuwiderhandelt.<br />
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 kann<br />
1. in den Fällen des § 5 Absatz 1 Nummern 5, 5a, 6, 9, 16 und<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
17 sowie Absatz 2 Nummern 1, 2, 7 und 10 mit einer Geldbuße<br />
bis zu zweitausendfünfhundert Euro,<br />
2. in den Fällen des § 5 Absatz 1 Nummern 1 bis 4, 5b, 8, 11<br />
und 12 sowie Absatz 2 Nummern 3 bis 5 und 9 mit einer<br />
Geldbuße bis zu zehntausend Euro und<br />
3. in den Fällen des § 5 Absatz 1 Nummern 7, 10 und 13 bis 15<br />
sowie Absatz 2 Nummer 11 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend<br />
Euro geahndet werden.<br />
§ 8 Einziehung, Ausgleich bei Zuwiderhandlungen<br />
(1) Ist eine Ordnungswidrigkeit nach diesem Gesetz begangen<br />
worden, so können Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit<br />
bezieht und die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung<br />
gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden.<br />
§23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist anzuwenden.<br />
(2) Wer den Verboten des § 5 zuwiderhandelt, hat unbeschadet<br />
der Festsetzung einer Geldbuße auf Anordnung der zuständigen<br />
Behörde angemessene und zumutbare Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen<br />
oder Ausgleichsabgaben zu leisten. § 9 Absätze 4<br />
und 6 des Hamburgischen Naturschutzgesetzes findet entsprechende<br />
Anwendung.<br />
§ 9 Schlussbestimmung<br />
Es treten außer Kraft:<br />
1. die Verordnung zum Landschaftsschutz für die Insel<br />
Neuwerk vom 25. Mai 1982 (<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und<br />
Verordnungsblatt Seite 189),<br />
2. die Verordnung über das Naturschutzgebiet Neuwerker und<br />
Scharhörner Watt vom 28. Oktober 1986 (<strong>Hamburgisches</strong><br />
Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 329),<br />
3. die Verordnung über das Naturschutzgebiet Insel Neuwerk/<br />
Kleiner Vogelsand vom 28. Oktober 1986 (<strong>Hamburgisches</strong><br />
Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 330).<br />
(Auszug)<br />
<strong>Hamburgisches</strong> Naturschutzgesetz (HmbNatSchG)<br />
In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. April 1990<br />
<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungsblatt, Nr.11/1990 vom<br />
12. April 1990, Seite 64 - 66<br />
ergänzt durch die vom Hamburger Senat mit Beschluss vom<br />
12.12.2000 vorgelegten Änderungen zur Beschlussfassung durch<br />
die Hamburger Bürgerschaft<br />
§ 22 a <strong>Nationalpark</strong>e<br />
(1) Zum <strong>Nationalpark</strong> können Teile von Natur und Landschaft nur<br />
durch Gesetz erklärt werden.<br />
(2) Das Gesetz bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck,<br />
die zur Erreichung des Zwecks notwendigen Gebote und<br />
Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen<br />
oder die Ermächtigungen hierzu.<br />
(3) <strong>Nationalpark</strong>e sind durch Gesetz festgesetzte einheitlich zu<br />
schützende Gebiete, die<br />
1. großräumig und von besonderer Eigenart sind,<br />
2. im überwiegenden Teil ihres Gebietes die Voraussetzungen<br />
eines Naturschutzgebietes erfüllen,<br />
3. sich in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten<br />
Zustand befinden und<br />
4. vornehmlich den dort heimischen Tier- und Pflanzenbestand<br />
schützen.<br />
(3 a) <strong>Nationalpark</strong>e dienen vornehmlich der Sicherung des möglichst<br />
ungestörten Ablaufs der Naturvorgänge, der Erhaltung des<br />
dort heimischen Tier- und Pflanzenbestandes und dessen ungestörter<br />
Entwicklung sowie, soweit es der Schutzzweck erlaubt,<br />
der Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem<br />
Naturerlebnis der Bevölkerung.<br />
(4) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung , Beschädigung oder<br />
Veränderung des <strong>Nationalpark</strong>s oder seiner Bestandteile oder zu<br />
einer nachhaltigen Störung führen können, sind unter Berücksichtigung<br />
der Großräumigkeit und Besiedlung nach Maßgabe<br />
näherer Bestimmungen nach Absatz 1 verboten.<br />
(5) aufgehoben.
Abb. 1: Ausdehnung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. (rot, grün) einschließlich der Erweiterung (rot-weiß gestreift).Verkleinerter Maßstab ca. 1 : 93.000<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 149
Anhang<br />
150<br />
Im nachfolgenden Abschnitt sind die vorkommenden Arten ausgewählter Tier- und Pflanzengruppen des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> zusammengetragen.<br />
Soweit sich dies anbot, wurden die Artenlisten nach den gebräuchlichen deutschen Namen geordnet, anderenfalls nach<br />
den wissenschaftlichen Artnamen.<br />
Verzeichnis der Pflanzen und Tiere im <strong>Nationalpark</strong><br />
Pflanzen (Flora)<br />
Algen (Phycophyta)<br />
Grünalgen (Chlorophyceae)<br />
Röhrentang, Breiter Blidingia marginata x<br />
Röhrentang, Kleiner Blidingia minima x<br />
Pinseltang Cladophora rupestris x<br />
Darmtang, Flacher Enteromorpha compressa x<br />
Enteromorpha flexuosa x<br />
Prasiola stipitata x<br />
Meersalat Ulva spp. x<br />
Braunalgen (Phaeophyceae)<br />
Blasentang Fucus vesiculosus x x<br />
Sägetang Fucus serratus x x<br />
Spiraltang Fucus spiralis x x<br />
Rotalgen (Rhodophyceae)<br />
Callithamnion corymbosum x<br />
Hauttang Porphyra spp. x<br />
Farnpflanzen (Pteriodiphyta) und<br />
Blütenpflanzen (Spermatophyta)<br />
Ahorn, Feld- Acer campestre x<br />
Ampfer, Fluß- Rumex maritimus x x<br />
Ampfer, Krauser Rumex crispus x x x<br />
Ampfer, Stumpfblättriger Rumex obtusifolius x<br />
Andel Puccinellia maritima x x x<br />
Apfel, Kultur- Malus domestica x<br />
Aster, Strand- Aster tripolium x x x<br />
Augentrost, Steifer Euphrasia stricta x<br />
Babarakraut Barbarea vulgaris x<br />
Bärenklau, Wiesen- Heracleum sphondylium x<br />
Beifuß, Einjähriger Artemisia annua x<br />
Beifuß, Feld- Artemisia campestris x<br />
Beifuß, Strand- Artemisia maritima x x x<br />
Beinwell Symphytum officinale x<br />
Berufkraut, Kanadisches Conyza canadensis x x x<br />
Binse, Flatter- Juncus effusus x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Legende.<br />
x = Dauerhaftes Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong> gesichert,<br />
x? = Dauerhaftes Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong> unsicher,<br />
w = wandernde Art; vorübergehendes Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong>,<br />
? = Status unsicher.<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Binse, Frosch- Juncus ranarius x x<br />
Binse, Glieder- Juncus articulatus x x<br />
Binse, Knäuel- Juncus conglomeratus x<br />
Binse, Kröten- Juncus bufonius x x<br />
Binse, Salz- Juncus gerardii x x x<br />
Binse, Spitzblütige Juncus acutiflorus x<br />
Binse, Strand- Juncus maritimus x<br />
Binse, Zarte Juncus tenuis x<br />
Binse, Zusammengedrückte Juncus compressus x ?<br />
Birke, Hänge- Betula pendula x<br />
Birne, Kultur- Pyrus communis x<br />
Braunelle, Kleine Prunella vulgaris x<br />
Brennessel, Große Urtica dioica x x<br />
Brennessel, Kleine Urtica urens x<br />
Brombeere, Echte Rubus fruticosus x<br />
Brombeere, Haselblatt- Rubus corylifolius x<br />
Bruchkraut, Kahles Herniaria glabra x<br />
Buche, Rot- Fagus sylvatica x<br />
Distel, Krause Carduus crispus x x<br />
Dreizack, Strand- Triglochin maritimum x x x<br />
Dünnschwanz Parapholis strigosa x x x<br />
Eberesche Sorbus aucuparia x<br />
Efeu, Gewöhnlicher Hedera helix x<br />
Ehrenpreis, Efeu- Veronica hederifolia x<br />
Ehrenpreis, Faden- Veronica filiformis x<br />
Ehrenpreis, Feld- Veronica arvensis x<br />
Ehrenpreis, Gamander- Veronica chamaedrys x<br />
Ehrenpreis, Persischer Veronica persica x<br />
Eiche, Stiel- Quercus robur x x<br />
Erle, Schwarz- Alnus glutinosa x<br />
Esche, Gewöhnliche Fraxinus excelsior x<br />
Faulbaum Frangula alnus x<br />
Ferkelkraut, Gewöhnliches Hypochaeris radicata x x x<br />
Fichte Picea abies x<br />
Filzkraut, Kleines Filago minima x x x<br />
Fingerkraut, Gänse- Potentilla anserina x x x<br />
Flieder Syringa vulgaris x
Flockenblume, Wiesen- Centaurea jacea ssp. jacea x<br />
Frauenfarn, Wald- Athyrium filix-femina x<br />
Froschlöffel, Gewöhnlicher Alisma plantago-aquatica x<br />
Fuchsschwanzgras, Knick- Alopecurus geniculatus x x<br />
Fuchsschwanzgras, Wiesen- Alopecurus pratensis x<br />
Gänseblümchen Bellis perennis x<br />
Gänsedistel, Acker- Sonchus arvensis x x x<br />
Gänsedistel, Kohl- Sonchus oleraceus x x<br />
Gänsedistel, Rauhe Sonchus asper x<br />
Gänsefuß, Graugrüner Chenopodium glaucum x x x<br />
Gänsefuß, Roter Chenopodium rubrum x x<br />
Gänsefuß, Vielsamiger Chenopodium polyspermum x<br />
Gänsefuß, Weißer Chenopodium album x x x<br />
Glatthafer Arrhenatherum elatius x<br />
Giersch Aegopodium podagraria x<br />
Gilbweiderich, Gewöhnlicher Lysimachia vulgaris x<br />
Glanzgras, Rohr- Phalaris arundinacea x x<br />
Goldrute, Kanadische Solidago canadensis x<br />
Grasnelke, Strand- Armeria maritima x x<br />
Greiskraut, Frühlings- Senecio vernalis x x<br />
Greiskraut, Gewöhnliches Senecio vulgaris x x x<br />
Greiskraut, Klebriges Senecio viscosus x x<br />
Greiskraut, Schmalblättriges Senecio inaequidens x<br />
Greiskraut, Wald- Senecio silvaticus x<br />
Gundermann Glechoma hederacea x<br />
Habichtskraut, Dolden- Hieracium umbellatum x<br />
Habichtskraut, Glattes Hieracium laevigatum x x x<br />
Habichtskraut, Kleines Hieracium pilosella x ? ?<br />
Hafer, Saat- Avena sativa x x<br />
Haferschmiele, Frühe Aira praecox x x<br />
Hahnenfuß, Brennender Ranunculus flammula x<br />
Hahnenfuß, Gift- Ranunculus sceleratus x x<br />
Hahnenfuß, Kriechender Ranunculus repens x x<br />
Hahnenfuß, Scharfer Ranunculus acris x x<br />
Hainbuche Carpinus betulus x<br />
Hainsimse, Gewöhnliche Luzula campestris x x<br />
Hainsimse, Vielblütige Luzula multiflora x<br />
Hasenohr, Salz- Bupleurum tenuissimum x<br />
Hauhechel, Dorniger Ononis spinosa x<br />
Hederich Raphanus raphanistrum x x<br />
Herbstlöwenzahn Leontodon autumnalis x x x<br />
Hirtentäschel Capsella bursa-pastoris x x x<br />
Holunder, Schwarzer Sambucus nigra x x<br />
Honiggras, Wolliges Holcus lanatus x x x<br />
Hopfenklee Medicago lupulina x<br />
Hornblatt, Zartes Ceratophyllum submersum x<br />
Hornklee, Gewöhnlicher Lotus corniculatus x x x<br />
Hornklee, Salz- Lotus tenuis x x x<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Hornklee, Sumpf- Lotus pedunculatus x<br />
Hornkraut, Acker- Cerastium arvense x x<br />
Hornkraut, Gewöhnliches Cerastium holosteoides x x<br />
Hornkraut, Knäueliges Cerastium glomeratum x<br />
Hornkraut, Sand- Cerastium semidecandrum x x x<br />
Hornkraut, Viermänniges Cerastium diffusum x<br />
Hornmohn, Gelber Glaucium flavum x<br />
Huflattich Tussilago farfara x x x<br />
Hundskamille, Acker- Anthemis arvensis x<br />
Hundskamille, Stinkende Anthemis cotula x<br />
Hungerblümchen, Frühlings- Erophila verna x<br />
Igelkolben, Ästiger Sparganium erectum x<br />
Johanniskraut, Tüpfel- Hypericum perforatum x<br />
Kalmus Acorus calamus x<br />
Kamille, Echte Matricaria recutita x<br />
Kamille, Geruchlose Tripleurospermum perforatum x x x<br />
Kamille, Küsten- o. Strand- Tripleurospermum maritimum x x x<br />
Kamille, Strahlenlose Matricaria discoidea x x<br />
Kammgras, Wiesen- Cynosurus cristatus x<br />
Kerbel, Wiesen- Anthriscus sylvestris x<br />
Kiefer, Schwarz- Pinus nigra x<br />
Kiefer, Wald- Pinus sylvestris x<br />
Kirsche, Sauer- Prunus cerasus x<br />
Kirsche, Vogel- Prunus avium x<br />
Klappertopf, Großer Rhinanthus angustifolius x x<br />
Klappertopf, Kleiner Rhinanthus minor x x<br />
Klee, Erdbeer- Trifolium fragiferum x x<br />
Klee, Feld- Trifolium campestre x x<br />
Klee, Hasen- Trifolium arvense x x x<br />
Klee, Kleiner Trifolium dubium x x<br />
Klee, Schweden- Trifolium hybridum x<br />
Klee, Weiß- Trifolium repens x x x<br />
Klee, Wiesen- Trifolium pratense x x x<br />
Klette, Große Arctium lappa x<br />
Klette, Kleine Arctium minus x<br />
Knäuel, Ausdauernder Scleranthus perennis x<br />
Knäuel, Einjähriger Scleranthus annuus x<br />
Knäuelgras, Wiesen- Dactylis glomerata x x x<br />
Knopfkraut, Kleinblütiges Galinsoga parviflora x<br />
Knöterich, Ampfer- Persicara lapathifolia x<br />
Knöterich, Breitblättriger Acker- Polygonum aviculare x<br />
Knöterich, Floh- Persicaria maculosa x<br />
Knöterich, Schmalblättriger Acker- Polygonum aviculare<br />
ssp. rectum x x x<br />
Knöterich, Strand- Polygonum oxyspermum<br />
ssp. raii x x<br />
Knöterich, Wasser- Persicaria amphibium x<br />
Krähenbeere, Schwarze Empetrum nigrum x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 151
Anhang<br />
Kratzbeere Rubus caesius x<br />
Kratzdistel, Acker- Cirsium arvense x x x<br />
Kratzdistel, Gewöhnliche Cirsium vulgare x x x<br />
Kratzdistel, Sumpf- Cirsium palustre x<br />
Krummhals, Acker- Anchusa arvensis x<br />
Labkraut, Echtes Galium verum x<br />
Labkraut, Kletten- Galium aparine x x<br />
Labkraut, Moor- Galium uliginosum x<br />
Labkraut, Sumpf- Galium palustre x<br />
Labkraut, Weißes Galium album x<br />
Labkraut, Wiesen- Galium mollugo x<br />
Laichkraut, Kamm- Potamogeton pectinatus x<br />
Laichkraut, Krauses Potamogeton crispus x<br />
Lärche, Europäische Larix decidua x<br />
Leinkraut, Gewöhnliches Linaria vulgaris x x x<br />
Lichtnelke, Kuckucks- Silene flos-cuculi x<br />
Lieschgras, Sand- Phleum arenarium x<br />
Lieschgras, Wiesen- Phleum pratense x<br />
Liguster Ligustrum vulgare x<br />
Löffelkraut, Dänisches Cochlearia danica x<br />
Löffelkraut, Englisches Cochlearia anglica x<br />
Löwenzahn, Dünen- Taraxacum obliquum x<br />
Löwenzahn, Gewöhnlicher Taraxacum sect. ruderalia x x x<br />
Löwenzahn, Nickender Leontodon saxatilis x<br />
Luzerne, Saat- Medicago sativa x<br />
Malve, Weg- Malva neglecta x<br />
Malve, Wilde Malva sylvestris x<br />
Margerite, Wiesen- Leucanthemum vulgare x<br />
Mastkraut, Knotiges Sagina nodosa x x<br />
Mastkraut, Niederliegendes Sagina procumbens x x<br />
Mastkraut, Strand- Sagina maritima x x<br />
Mauerpfeffer, Scharfer Sedum acre x x x<br />
Meerrettich Armoracia rusticana x<br />
Meersenf Cakile maritima x x x<br />
Mehlbeere, Schwedische Sorbus intermedia x<br />
Melde, Gelappte Atriplex laciniata x x<br />
Melde, Spieß- Atriplex prostrata x x x<br />
Melde, Spreizende Atriplex patula x x x<br />
Melde, Strand- Atriplex littoralis x x x<br />
Melde, Verschiedensamige Atriplex micrantha x<br />
Merk, Großer Sium latifolium x<br />
Merk, Schmalblättriger Berula erecta x<br />
Milchkraut Glaux maritima x x x<br />
Milchstern, Dolden- Ornithogalum umbellatum x<br />
Minze, Wasser- Mentha aquatica x<br />
Mohn, Klatsch- Papaver rhoeas x<br />
Möhre, Wilde Daucus carota x x<br />
Nachtkerze, Gewöhnliche Oenothera biennis x x<br />
152 <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Nachtkerze, Sand- Oenothera ammophila x x<br />
Nachtschatten, Bittersüßer Solanum dulcamara x x<br />
Nachtschatten, Schwarzer Solanum nigrum x<br />
Nelkenwurz, Gewöhnliche Geum urbanum x<br />
Pappel, Grau- Populus x canescens x<br />
Pappel, Silber- Populus alba x<br />
Pastinak Pastinaca sativa x<br />
Pestwurz Petasites hybridus x<br />
Pfeifengras Molinia caerulea x<br />
Pfennigkraut Lysimachia nummularia x<br />
Pflaume, Zwetschge Prunus domestica x<br />
Pippau, Dach- Crepis tectorum x<br />
Pippau, Wiesen- Crepis biennis x<br />
Platterbse, Strand- Lathyrus maritimus x x<br />
Platterbse, Wiesen- Lathyrus pratensis x<br />
Quecke, Bastard-Binsen- Elymus x obtusiusculus x x<br />
Quecke, Binsen- Elymus farctus x x x<br />
Quecke, Dünen- Elymus athericus x x x<br />
Quecke, Gewöhnliche Elymus repens x x<br />
Quecke, Sand- Elymus arenosus x<br />
Queller, Kurzähren- Salicornia europaea<br />
ssp. brachystachya x x x<br />
Queller, Sandwatt- Salicornia procumbens x x<br />
Queller, Schlickwatt- Salicornis stricta x x x<br />
Radieschen Raphanus sativus x x<br />
Rainfarn Tanacetum vulgare x x<br />
Rainkohl Lapsana communis x<br />
Raps Brassica napus x x x<br />
Rauke, Ungarische Sisymbrium altissimum x<br />
Rauke, Weg- Sisymbrium officinale x x<br />
Raygras, Italienisches Lolium multiflorum x<br />
Reiherschnabel Erodium cicutarium x<br />
Reitgras, Land- Calamagrostis epigejos x<br />
Rispengras, Bläuliches Poa humilis x x x<br />
Rispengras, Einjähriges Poa annua x x x<br />
Rispengras, Gewöhnliches Poa trivialis x x x<br />
Rispengras, Platthalm- Poa compressa x x<br />
Rispengras, Sumpf- Poa palustris x<br />
Rispengras, Wiesen- Poa pratensis x x<br />
Roggen, Saat- Secale cereale x x<br />
Rohrkolben, Schmalblättriger Typha angustifolia x<br />
Rose, Bereifte Rosa glauca x<br />
Rose, Bibernell- Rosa spinosissima x x<br />
Rose, Hunds- Rosa canina x x<br />
Rose, Kartoffel- Rosa rugosa x x x<br />
Rose, Lederblättrige Rosa coriifolia x<br />
Rose, Wein- Rosa rubiginosa x<br />
Roßkastanie Aesculus hippocastanum x
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Rübe, Wilde Beta vulgaris ssp. maritima x<br />
Rübsen Brassica rapa x x<br />
Ruchgras Anthoxantum odoratum x x x<br />
Ruhrkraut, Sumpf- Gnaphalium uliginosum x<br />
Salde, Strand- Ruppia maritima x<br />
Salzkraut, Kali- Salsola kali x x x<br />
Salzmelde, Strand- Atriplex portulacoides x x x<br />
Salzmiere Honckenya peploides x x x<br />
Salzschwaden, Gewöhnlicher Puccinellia distans x x x<br />
Sanddorn Hippophae rhamnoides x x x<br />
Sandglöckchen, Berg- Jasione montana x<br />
Sandkraut, Quendelblättriges Arenaria serpyllifolia x x<br />
Sauerampfer, Großer Rumex acetosa x x<br />
Sauerampfer, Kleiner Rumex acetosella x x x<br />
Schachtelhalm, Acker- Equisetum arvense x<br />
Schachtelhalm, Sumpf- Equisetum palustre x<br />
Schafgarbe, Sumpf- Achillea ptarmica x<br />
Schafgarbe, Wiesen- Achillea millefolium x x<br />
Schaumkraut, Bitteres Cardamine amara x<br />
Schaumkraut, Wiesen- Cardamine pratensis x x<br />
Schilf Phragmites australis x x x<br />
Schillergras, Sand- Koeleria arenaria x<br />
Schlickgras, Englisches Spartina anglica x x x<br />
Schmiele, Draht- Deschampsia flexuosa x<br />
Schmiele, Rasen- Deschampsia cespitosa x<br />
Schuppenmiere Salz-, Spergularia salina x x x<br />
Schuppenmiere, Flügelsamige Spergularia media x x x<br />
Schwaden, Flutender Glyceria fluitans x<br />
Schwaden, Wasser- Glyceria maxima x<br />
Schwanenblume Butomus umbellatus x<br />
Schwertlilie, Sumpf- Iris pseudacorus x<br />
Schwingel, Dünen-Rot- Festuca rubra ssp. arenaria x x x<br />
Schwingel, Haar- Festuca filiformis x<br />
Schwingel, Rohr- Festuca arundinacea x x x<br />
Schwingel, Rot- Festuca rubra ssp. rubra x x<br />
Schwingel, Salzwiesen-Rot- Festuca rubra ssp. litoralis x x x<br />
Schwingel, Schaf- Festuca ovina x x<br />
Schwingel, Wiesen- Festuca pratensis x x x<br />
Seegras, Zwerg- Zostera noltii x<br />
Seerose, Weiße Nymphaea alba x<br />
Segge, Behaarte Carex hirta x<br />
Segge, Entferntährige Carex distans x x<br />
Segge, Hasenfuß- Carex ovalis x<br />
Segge, Küsten-Gelb- Carex viridula x<br />
Segge, Sand- Carex arenaria x x x<br />
Segge, Schlank- Carex acuta x<br />
Segge, Sparrige Carex muricata x<br />
Segge, Strand- Carex extensa x x<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Segge, Wiesen- Carex nigra x x<br />
Segge, Zweizeilige Carex disticha x<br />
Senf, Acker- Sinapis arvensis x<br />
Silbergras Corynephorus canescens x<br />
Sode, Strand- Suaeda maritima x x x<br />
Sonnenblume Helianthus annuus x x<br />
Spark, Acker- Spergula arvensis x<br />
Spitzklette, Elb- Xanthium albinum x<br />
Steinklee Melilotus officinalis x<br />
Sternmiere, Gras- Stellaria graminea x x<br />
Sternmiere, Große Stellaria holostea x<br />
Sternmiere, Sumpf- Stellaria palustris x<br />
Stiefmütterchen, Acker- Viola arvensis x x<br />
Storchschnabel, Schlitzblättriger Geranium dissectum x<br />
Storchschnabel, Weicher Geranium molle x<br />
Stranddistel Eryngium maritimum x<br />
Strandflieder Limonium vulgare x x x<br />
Strandhafer Ammophila arenaria x x x<br />
Strandhafer, Baltischer Calammophila baltica x x<br />
Strandroggen Elymus arenarius x x x<br />
Strandsimse Bolboschoenus maritimus x x x<br />
Strandwinde Calystegia soldanella x<br />
Straußgras, Riesen- Agrostis gigantea x<br />
Straußgras, Rotes Agrostis capillaris x x x<br />
Straußgras, Sumpf- Agrostis canina x x<br />
Straußgras, Weißes Agrostis stolonifera x x x<br />
Sumpfkresse, Wasser- Rorippa amphibia x<br />
Sumpfsimse, Einspelzige Eleocharis uniglumis x x<br />
Sumpfsimse, Gewöhnliche Eleocharis palustris x<br />
Taubnessel, Gefleckte Lamium maculatum x<br />
Taubnessel, Weiße Lamium album x<br />
Tausendblatt, Quirliges Myriophyllum verticillatum x<br />
Tausendgüldenkraut, Strand- Centaurium littorale x x<br />
Tausendgüldenkraut, Zierliches Centaurium pulchellum x x<br />
Teichfaden, Sumpf- Zannichellia palustris ssp.<br />
palustris x<br />
Teichlinse, Vielwurzelige Spirodela polyrhiza x<br />
Teichrose, Gelbe Nuphar lutea x<br />
Topinambur Helianthus tuberosus x<br />
Traubenkirsche, Späte Prunus serotina x<br />
Trespe, Dach- Bromus tectorum x<br />
Trespe, Roggen- Bromus secalinus x<br />
Trespe, Taube Bromus sterilis x<br />
Trespe, Wehrlose Bromus inermis x<br />
Trespe, Weiche Bromus hordeaceus x x x<br />
Tüpfelfarn Polypodium vulgare x x<br />
Ulme, Feld- Ulmus minor x<br />
Veilchen, Dünen- Viola tricolor x x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 153
Anhang<br />
154<br />
Veilchen, Hunds- Viola canina x<br />
Vergißmeinnicht, Acker- Myosotis arvensis x<br />
Vergißmeinnicht, Sumpf- Myosotis scorpioides agg. x x<br />
Vergißmeinnicht, Wald- Myosotis sylvatica x<br />
Vogelfuß, Kleiner Ornithopus perpusillus x x<br />
Vogelmiere, Gewöhnliche Stellaria media x x<br />
Wasserdost Eupatorium cannabinum x<br />
Wasserhahnenfuß, Salz- Ranunculus peltatus ssp.<br />
baudotii x<br />
Wasserhahnenfuß, Schild- Ranunculus peltatus x<br />
Wasserlinse, Bucklige Lemna gibba x<br />
Wasserlinse, Dreifurchige Lemna trisulca x<br />
Wasserlinse, Kleine Lemna minor x<br />
Wassernabel Hydrocotyle vulgaris x<br />
Wasserpest, Kanadische Elodea canadensis x<br />
Wasserstern, Sumpf- Callitriche palustris x<br />
Wegerich, Breit- Plantago major x x<br />
Wegerich, Krähenfuß- Plantago coronopus x x x<br />
Wegerich, Salzwiesen-Breit- Plantago major ssp. winteri x<br />
Wegerich, Spitz- Plantago lanceolata x x x<br />
Wegerich, Strand- Plantago maritima x x x<br />
Weide, Bruch- Salix fragilis x<br />
Weide, Grau- Salix cinerea x x<br />
Weide, Korb- Salix viminalis x x x<br />
Weide, Lorbeer- Salix pentandra x<br />
Weide, Mandel- Salix triandra x<br />
Weide, Ohr- Salix aurita x x<br />
Weide, Purpur- Salix purpurea x<br />
Weide, Sal- Salix caprea x x<br />
Weide, Silber- Salix alba x<br />
Weidelgras, Englisches Lolium perenne x x x<br />
Weidenröschen, Drüsiges Epilobium ciliatum x<br />
Weidenröschen, Kleinblütiges Epilobium parviflorum x<br />
Weidenröschen, Schmalblättriges Epilobium angustifolium x x<br />
Weidenröschen, Sumpf- Epilobium palustre x<br />
Weidenröschen, Zottiges Epilobium hirsutum x x<br />
Weiderich, Blut- Lythrum salicaria x<br />
Weißdorn, Zweigriffeliger Crataegus laevigata x<br />
Weizen, Saat- Triticum vulgare x x<br />
Wicke, Platterbsen- Vicia lathyroides x<br />
Wicke, Rauhhaarige Vicia hirsuta x x<br />
Wicke, Saat- Vicia sativa x x<br />
Wicke, Schmalblättrige Vicia angustifolia x<br />
Wicke, Viersamige Vicia tetrasperma x x<br />
Wicke, Vogel- Vicia cracca x x<br />
Wicke, Zaun- Vicia sepium x x<br />
Winde, Acker- Convolvulus arvensis x<br />
Windenknöterich Fallopia convolvulus x x x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Windhalm Apera spica-venti x<br />
Wolfstrapp, Ufer- Lycopus europaeus x<br />
Wucherblume, Saat- Chrysanthemum segetum x<br />
Wurmfarn Dryopteris carthusiana x<br />
Zahntrost, Roter Odontites vulgaris x x x<br />
Zahntrost, Salz- Odontites litoralis ? ?<br />
Zaunrübe, Weiße Bryonia alba x<br />
Zaunwinde, Echte Calystegia sepium x<br />
Ziest, Sumpf- Stachys palustris x<br />
Zweizahn, Dreiteiliger Bidens tripartita x x<br />
Zweizahn, Nickender Bidens cernua x<br />
Zwiebel Allium cepa x<br />
Tiere (Fauna)<br />
Hohltiere (Coelenterata)<br />
Zypressenmoos Sertularia cupressina x<br />
Stachelpolyp Hydractinia echinata x<br />
Seenelke Metridium senile x<br />
Glockenpolyp Laomedea longissima x<br />
Röhrenpolyp Tubularia indivisa x<br />
Tangrose Sagartia troglodytes x<br />
Moostierchen (Bryozoa)<br />
Zottige Seerinde Electra pilosa x<br />
Flache Seerinde Membranipora membranacea x<br />
Weichtiere (Mollusca)<br />
Käferschnecken (Polyplacophora)<br />
Rändel-Käferschnecke Lepidochitona cinerea x<br />
Schnecken (Gastropoda)<br />
Bäumchenschnecke Dendronotus frondosus x<br />
Fadenschnecke Eubranchus spp. x<br />
Fadenschnecke, Breitwarzige Aeolidia papillosa x<br />
Kopfschildschnecke, Gewölbte Retusa obtusa x?<br />
Pantoffelschnecke Crepidula fornicata x<br />
Strandschnecke, Flache Littorina mariae x (auf Algen) x (auf Algen)<br />
Strandschnecke, Flache Littorina obtusata x (auf Algen) x (auf Algen)<br />
Strandschnecke, Gewöhnliche Littorina littorea x<br />
Strandschnecke, Rauhe Littorina saxatilis x?<br />
Turmschnecke, Gewöhnliche Turritella communis x<br />
Wattschnecke Hydrobia ulvae x<br />
Wellhornschnecke Buccinum undatum x<br />
Muscheln (Bivalvia)<br />
Bohrmuschel, Amerikanische Petricola pholadiformis x<br />
Bohrmuschel, Krause Zirfaea crispata x?
Herzmuschel, Gewöhnliche Cerastoderma edule x<br />
Islandmuschel Arctica islandica x<br />
Klaffmuschel, Gestutzte Mya truncata x?<br />
Miesmuschel Mytilus edulis x<br />
Pfeffermuschel Scrobicularia plana x<br />
Plattmuschel, Baltische Macoma baltica x<br />
Sägezähnchen Donax vittatus x<br />
Sandklaffmuschel Mya arenaria x<br />
Schwertmuschel, Amerikanische Ensis americanus<br />
(syn. E. directus) x<br />
Strahlenkörbchen Mactra stultorum<br />
(syn. M. corallina) x?<br />
Tellmuschel, Gerippte Tellina fabula<br />
(syn. Angulus f.) x<br />
Tellmuschel, Platte Tellina tenuis<br />
(syn. Angulus t.) x<br />
Trogmuschel, Gedrungene Spisula subtruncata x?<br />
Trogmuschel, Ovale Spisula solida x?<br />
Kopffüßer (Cephalopoda)<br />
Tintenfisch, Sepia Sepia officinalis x?<br />
Kalmar Allotheuthis spec. x (Laich)<br />
Borstenwürmer (Polychaeta)<br />
Blattwurm, Gefleckter Anaitides maculata x<br />
Anaitides mucosa x<br />
Seemaus Aphrodite aculeata x<br />
Wattwurm, Pierwurm Arenicola marina x<br />
Ammenwurm, Kleiner Autolytus prolifer x<br />
Kopfwurm Capitella capitata x<br />
Capitella giardi x<br />
Chaetozone setosa x<br />
Eteone lactea x<br />
Eteone longa x<br />
Eumida punctifera x<br />
Eumida sanguinea x<br />
Gattyana cirrosa x<br />
Fransiger Schuppenwurm Harmothoe impar x<br />
Harmothoe glabra x<br />
Malmgreniella castanea x<br />
Kotpillenwurm Heteromastus filiformis x<br />
Bäumchenröhrenwurm Lanice conchilega x<br />
Flacher Schuppenwurm Lepidonotus squamatus x<br />
Warzenmagelone Magelona papillicornis x<br />
Malacoceros fulginosus x<br />
Malacoceros vulgaris x<br />
Microphtalmus sczelkowii x<br />
Microphthalmus aberrans x<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Microphthalmus listensis x<br />
Opalwurm Nephthys hombergii x<br />
Nephthys incisa x<br />
Nephtys longosetosa x<br />
Seeringelwurm, Schillernder Nereis diversicolor x<br />
Nereis succinea x<br />
Seeringelwurm, Grüner Nereis virens x<br />
Notomastus latericus x<br />
Paraonis fulgens x<br />
Polydorawurm, Gewöhnlicher Polydora ciliata x<br />
Polydorawurm, Holzbohrender Polydora cornuta x<br />
Proceraea cornuta x<br />
Pygospio-Wurm Pygospio elegans x<br />
Sandkoralle Sabellaria spinulosa x<br />
Scolelepis foliosa x<br />
Scolelepis squamata x<br />
Kiemenringelwurm Scoloplos armiger x<br />
Spio filicornis x<br />
Spiophanes bombyx x<br />
Tharyx killariensis x<br />
Spinnen (Arachnida)<br />
Agyneta decora x<br />
Allomengea scopigera x<br />
Alopecosa pulverulenta x x<br />
Argenna patula x<br />
Bathyphantes gracilis x<br />
Bathyphantes parvulus x<br />
Centromerita bicolor x<br />
Ceratinella brevipes x<br />
Dicymbium nigrum x<br />
Diplocephalus latifrons x<br />
Enoplognatha mordax x<br />
Erigone arctica x<br />
Erigone atra x<br />
Erigone dentipalpis x<br />
Erigone longipalpis x<br />
Gnathonarium dentatum x<br />
Gongylidiellum vivum x<br />
Hypomma bituberculatum x<br />
Leptorhoptrum robustum x<br />
Micaria pulicaria x<br />
Micrargus subaequalis x<br />
Oedothorax apicatus x<br />
Oedothorax fuscus x<br />
Oedothorax retusus x<br />
Ozyptila westringi x<br />
Pachygnatha clercki x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 155
Anhang<br />
156<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Pachygnatha degeeri x<br />
Pardosa amentata x<br />
Pardosa purbeckensis x x<br />
Pirata piraticus x<br />
Pocadicnemis juncea x<br />
Porrhoma pygmaeum x<br />
Porrhomma microphthalmum x<br />
Robertus arundineti x<br />
Silometopus ambiguus x<br />
Silometopus reussii x<br />
Stemonyphantes lineatus x<br />
Thomisidae juv. x<br />
Tiso vagans x<br />
Trochosa ruricola x<br />
Troxochrus scabriculus x<br />
Walckenaeria kochi x<br />
Walckenaeria vigilax x<br />
Zelotes electus x<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Krebstiere (Crustacea)<br />
Seepocke, Gekerbte Balanus crenatus x<br />
Seepocke, Brackwasser- Balanus improvisus x<br />
Bathyporeia pilosa x<br />
Bathyporeia sarsi x<br />
Bathyporeira guillamsoniana x<br />
Bathyporeira pelagica x<br />
Taschenkrebs Cancer pagurus x<br />
Strandkrabbe Carcinus maenas x<br />
Corophium arenarium x<br />
Schlickkrebs Corophium volutator x<br />
Antennenkrebs/Maskenkrabbe Corystes cassivelaunus x<br />
Nordseegarnele Crangon crangon x<br />
Wollhandkrabbe Eriocheir sinensis x<br />
Flohkrebs Gammarus spp. x<br />
Flohkrebs, Sand- Haustorius arenarius x<br />
Meerassel, Baltische Idotea baltica x<br />
Meerassel, Flache Jaera albifrons x<br />
Klippenassel, Meeres- Ligia oceanica x<br />
Schwimmkrabbe Liocarcinus holsatus x<br />
Microprotopus maculata x<br />
Kaisergranat Nephrops norvegicus x<br />
Einsiedlerkrebs Pagurus bernhardus x<br />
Pariambus typicus x<br />
Praunus flexuosus x<br />
Pseudocuma gilsoni x<br />
Wurzelkrebs Sacculina carcini x<br />
Seepocke, Gewöhnliche Semibalanaus balanoides x<br />
Strandfloh Talitrus saltator x<br />
Typhlotanais spec. x<br />
Insekten (Insecta)<br />
Libellen (Odonata)<br />
Azurjungfer, Hufeisen- Coenagrion puella x<br />
Binsenjungfer, Gewöhnliche Lestes sponsa x w<br />
Binsenjungfer, Glänzende Lestes dryas w<br />
Binsenjungfer, Südliche Lestes barbarus w<br />
Heidelibelle, Blutrote Sympetrum sanguineum w w<br />
Heidelibelle, Gefleckte Sympetrum flaveolum w w w<br />
Heidelibelle, Gewöhnliche Sympetrum vulgatum x w w<br />
Heidelibelle, Große Sympetrum striolatum w w<br />
Heidelibelle, Schwarze Sympetrum danae w w<br />
Heidelibelle, Südliche Sympetrum meridionale w<br />
Königslibelle, Große Anax imperator x?<br />
Mosaikjungfer, Blaugrüne Aeshna cyanea w<br />
Mosaikjungfer, Herbst- Aeshna mixta w<br />
Mosaikjungfer, Torf- Aeshna juncea w<br />
Pechlibelle, Große Ischnura elegans x w<br />
Prachtlibelle, Gebänderte Calopteryx splendens w<br />
Spitzenfleck Libellula fulva x?<br />
Vierfleck Libellula quadrimaculata w w<br />
Heuschrecken (Saltatoria)<br />
Beißschrecke, Kurzflüglige Metrioptera brachyptera x<br />
Eichenschrecke, Gewöhnliche Meconema thalassinum x<br />
Grashüpfer, Brauner Chorthippus brunneus x<br />
Grashüpfer, DeGeers Chorthippus albomarginatus x x<br />
Heimchen Acheta domestica x<br />
Heupferd, Grünes Tettigonia viridissima x x<br />
Schwertschrecke, Kurzflüglige Conocephalus dorsalis x x<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Schmetterlinge (Lepidoptera)<br />
– Tagfalter -<br />
Admiral Vanessa atalanta w w w<br />
Braundickkopffalter, Schwarzkolbiger Adopaea lineola x<br />
Dickkopffalter, Spiegelfleck- Heteropterus morpheus x?<br />
Distelfalter Vanessa cardui w w w<br />
Eichenzipfelfalter Thecla quercus Irrgast<br />
Feuerfalter, Kleiner Lycaena phlaeas x x w<br />
Fuchs, Kleiner Aglais urticae x w w<br />
Hauhechelbläuling Polyommatus icarus x? x<br />
Kohlweißling, Großer Pieris brassicae x x w<br />
Kohlweißling, Kleiner Pieris rapae x x w<br />
Mauerfuchs Lasiommata megera Irrgast<br />
Ochsenauge Maniola jurtina x<br />
Rapsweißling Pieris napi<br />
Postillon Colias crocea w
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Schwalbenschwanz Papilio machaon w<br />
Tagpfauenauge Inachis io x w w<br />
Trauermantel Nymphalis antiopa w<br />
Waldvogel, Brauner Aphantopus hyperanthus x?<br />
Zitronenfalter Gonepteryx rhamni w w<br />
- Nachtfalter -<br />
Agrochloa lychnidis x?<br />
Agrotis clavis x?<br />
Gewöhnliche Graseule Agrotis exclamationis x x<br />
Ypsilon-Eule Agrotis ipsilon x?<br />
Agrotis ripae x<br />
Saateule Agrotis segetum x?<br />
Schwarzes C Amathes c-nigrum x?<br />
Amathes rubi x?<br />
Amathes sexstrigata x?<br />
Amathes simulans x?<br />
Amathes xanthographa x<br />
Amphipoea fucosa x<br />
Dreipunkteule Amphipyra tragopoginis x?<br />
Apamea anceps x x<br />
Apamea lateritia x?<br />
Wurzelfresser Apamea monoglypha x x<br />
Apamea oblonga x x<br />
Apamea oculea x?<br />
Apamea remissa x x<br />
Apamea sordens x x<br />
Brauner Bär Arctia caja x?<br />
Arsilonche albovenosa x<br />
Gammaeule Autographa gamma x?<br />
Axylia putris x<br />
Bupalus piniaria Irrgast<br />
Calothysanis griseata x?<br />
Camptogramma bilineata x?<br />
Caradrina morpheus x<br />
Celaena leucostigma x<br />
Graseule Cerapteryx graminis x<br />
Chortodes elymi<br />
(syn.: Photedes e.) x x<br />
Cidaria fluctuata x?<br />
Cleoceris viminalis x?<br />
Colothysanis griseata x<br />
Colotois pennaria x?<br />
Weidenbohrer Cossus cossus x<br />
Schattenmönch Cucullia umbratica x<br />
Kleiner Weinschwärmer Deilephila porcellus Irrgast<br />
Deuteronomos alniaria x?<br />
Diarsia rubi x<br />
Dicestra trifolii x?<br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Diloba caeruleocephala x?<br />
Discestra trifolii x?<br />
Drepana cultraria Irrgast<br />
Eilema depressa Irrgast<br />
Epirrhoe alternata x?<br />
Eremobia ochroleuca x?<br />
Eupithecia centaureata x<br />
Eupithecia goossensiata x?<br />
Eupithecia linariata x<br />
Eupithecia succenturiata x<br />
Euxoa cursoria x?<br />
Weizeneule Euxoa tritici x x<br />
Birkengabelschwanz Furcula bicuspis Irrgast<br />
Gortyna leucostigma x?<br />
Heliophobus reticulata x<br />
Hoplodrina alsines x<br />
Hoplodrina blanda x?<br />
Hoplopodrina octogeneria x?<br />
Hydraecia micacaea x<br />
Hydriomena furcata x?<br />
Labkraut-Schwärmer Hyles galii x?<br />
Laspeyria flexula x?<br />
Leucania comma x?<br />
Luperina testacea x<br />
Macdunnoughia confusa x?<br />
Taubenschwänzchen Macroglossum stellatarum Irrgast<br />
Kohleule Mamestra brassicae x?<br />
Mamestra contigua x?<br />
Gemüseeule Mamestra oleracea x<br />
Mamestra suasa x x<br />
Mamestra thalassina x x<br />
Erbseneule Melanchra pisi x x<br />
Getreidewurzeleule Mesapamea secalis x? x?<br />
Mesoligia furuncula x<br />
Mesotype virgata x<br />
Mythimna favicolor x?<br />
Mythimna impura x<br />
Mythimna littoralis x?<br />
Weißadereule Mythimna pallens x x<br />
Noctua comes x?<br />
Gelbbandeule Noctua fimbriata x?<br />
Noctua orbona x?<br />
Hausmutter Noctua pronuba x x<br />
Erlenzahnspinner Notodonta dromedarius Irrgast<br />
Ochropleura plecta x?<br />
Oligia fasciuncula x x<br />
Oligia latruncula x?<br />
Oligia literosa x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 157
Anhang<br />
158<br />
Halmeulchen Oligia strigilis x x<br />
Pelurga comitata x<br />
Peribatodes rhomboidaria x?<br />
Perizoma alchemillata x?<br />
Perizoma bifasciata x?<br />
Phlogophora meticulosa x?<br />
Plusia chrysitis x?<br />
Polia hepatica Irrgast<br />
Porthesia similis x?<br />
Rhizedra lutosa x<br />
Scopula immutata x<br />
Scopula marginepunctata x<br />
Shargacucullia scrophulariae Irrgast<br />
Sideridis albicolon x<br />
Sideridis impura x?<br />
Spaelotis ravida x?<br />
Weiße Tigermotte Spilosoma menthastri<br />
(= S. lubricipeda) x x<br />
Sterrha dimidiata x<br />
Sterrha seriata x?<br />
Symyra albovenosa x?<br />
Talpophila matura x<br />
Thera obeliscata x?<br />
Bergraseneule Tholera cespitis x<br />
Große Raseneule Tholera decimalis x<br />
Meldeneule Trachea atriplicis x?<br />
Triphanea comes x?<br />
Xanthoroe spadicearia x<br />
- Kleinschmetterlinge -<br />
Aethes francillana x?<br />
Agonopteryx heracliana x?<br />
Agonopteryx nervosa x?<br />
Agriphila deliella x?<br />
Agriphila geniculea x?<br />
Agriphila inquinatella x?<br />
Agriphila selasella x?<br />
Agriphila straminella x?<br />
Anerastia lotella x? x?<br />
Bryotropha affinis x?<br />
Bryotropha desertella x?<br />
Bryotropha similis x?<br />
Bryotropha umbrosella x?<br />
Caryocolum alsinella x?<br />
Caryocolum junctella x?<br />
Wasserlinsenzünsler Cataclysta lemnata x?<br />
Chinodes distinctella x?<br />
Chinodes fumatella x?<br />
Clepsis spectrana x? x?<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Cnephasia communana x?<br />
Cnephasia longana x?<br />
Cnephasia stephensiana x?<br />
Coleophora trochilella x?<br />
Crambus hortuellus x? x?<br />
Weißer Graszünsler Crambus perlella x? x?<br />
Epiblema foenella x?<br />
Epiblema obumbratana x?<br />
Epiblema rosaecolana x?<br />
Etiella zinckenella x?<br />
Eucosma fulvana x?<br />
Eucosma obumbratana x? x?<br />
Eudonia pallida x?<br />
Samenmotte Hoffmannophila<br />
pseudo-spretella x?<br />
Laspeyresia nigricana x?<br />
Lobesia littoralis x?<br />
Melissoblaptes zelleri x? x?<br />
Metriostola betulae x?<br />
Monochroa suffusella x?<br />
Monopis monachella x? x?<br />
Olethreutes siderana x?<br />
Wasseraloe-Zünsler Paraponyx stratiotata x?<br />
Pediasia contaminella x? x?<br />
Pediasia fascelinella x? x?<br />
Phycitodes saxicolum x?<br />
Phylyctaenia perlucidalis x?<br />
Pima boisduvaliella x? x?<br />
Platyptilia pallidactyla x?<br />
Kohlmotte Plutella xylostella x?<br />
Mehlzünsler Pyralis farinalis x?<br />
Olivenbrauner Zünsler Pyrausta cespitalis x?<br />
Scrobipalpa atriplicella x?<br />
Scrobipalpa obsoletella x?<br />
Tinea pallescentella x?<br />
Udea lutealis x?<br />
Traubenkirschengespinst-Motte Yponomeuta evonymella x?<br />
Laufkäfer (Carabidae)<br />
Acupalpus parvulus x<br />
Agonum muelleri x<br />
Agonum sexpunctatum x<br />
Amara aena x<br />
Amara apricaria x x<br />
Amara aulica x<br />
Amara bifrons x<br />
Amara communis x<br />
Amara fulva x x
Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />
Amara quenseli x<br />
Amara spreta x x x<br />
Bembidion aeneum x x<br />
Bembidion femoratum x<br />
Bembidion mannerheimii x?<br />
Bembidion minimum x<br />
Bembidion normannum x<br />
Bembidion properans x x<br />
Bembidion tetracolum x<br />
Bembidion varium x<br />
Bradycellus harpalinus x<br />
Bradycellus verbasci x<br />
Broscus cephalotes x x<br />
Calathus ambiguus x x<br />
Calathus erratus x x x<br />
Calathus fuscipes x x<br />
Calathus melanocephalus x x x<br />
Calathus micropterus x?<br />
Calathus mollis x<br />
Calathus ochropterus x<br />
Clivina fossor x x x<br />
Demetrias monostigma x<br />
Dicheirotrichus gustavi x x<br />
Dromius linearis x x<br />
Dyschirius globosus x x<br />
Dyschirius obscurus x<br />
Dyschirius politus x<br />
Dyschirius salinus x<br />
Dyschirius thoracicus x x<br />
Harpalus affinis x x x<br />
Harpalus rubripes x x<br />
Harpalus rufipes x<br />
Lasiotrechus discus x<br />
Leistus terminatus x?<br />
Loricera pilicornis x?<br />
Nebria brevicollis x<br />
Nebria gyllenhali x?<br />
Ophonus rufibarbis x?<br />
Philorhizus melanocephalus x<br />
Poecilus cupreus x<br />
Poecilus versicolor x<br />
Pogonus chalceus x x<br />
Pterostichus melanarius x<br />
Pterostichus niger x<br />
Pterostichus nigrita x<br />
Pterostichus strenuus x x x<br />
Pterostichus vernalis x<br />
Syntomus truncatellus x<br />
Trechus quadristriatus x x<br />
Stachelhäuter (Echinodermata)<br />
Seestern Asterias rubens x<br />
Wirbeltiere (Vertebrata)<br />
Fische (Pisces)<br />
Aal Anguilla anguilla x<br />
Aalmutter Zoarces viviparus x<br />
Butterfisch Pholis gunnellus x<br />
Dicklippige Meeräsche Chelon labrosus x<br />
Finte Alosa fallax x<br />
Flunder Platichthys flesus x<br />
Flußneunauge Lampetra fluviatilis x<br />
Franzosendorsch Trisopterus luscus x<br />
Glasgrundel Aphia minuta x<br />
Glattbutt Scophthalmus rhombus x<br />
Hering Clupea harengus x<br />
Hornhecht Belone belone x<br />
Kabeljau Gadus morhua x<br />
Kliesche Limanda limanda x<br />
Knurrhahn, Grauer Eutrigla gurnardus x<br />
Makrele Scomber scombrus x<br />
Rotzunge, Echte Microstomus kitt x<br />
Sandaal, Kleiner; Kl. Tobiasfisch Ammodytes marinus x<br />
Sandgrundel Pomatoschistus minutus x<br />
Sardelle Engraulis encrasicolus x<br />
Scheibenbauch, Kleiner Liparis liparis x<br />
Schlammgrundel Pomatochistus microps x<br />
Scholle Pleuronectes platessa x<br />
Seehase Cyclopterus lumpus x<br />
Seenadel, Kleine Syngnathus rostellatus x<br />
Seequappe, Fünfbärtelige Ciliata mustela x<br />
Seeskorpion Myoxocephalus scorpius x<br />
Seezunge Solea solea x<br />
Sprotte Sprattus sprattus x<br />
Steinbutt Psetta maximus x<br />
Steinpicker Agonus cataphractus x<br />
Stichling, Dreistachliger Gasterosteus aculeatus x<br />
Stint Osmerus eperlanus x<br />
Stöcker, Bastardgarnele Trachurus trachurus x<br />
Tobiasfisch, Großer Hyperoplus lanceolatus x<br />
Wittling, Merlan Merlangus merlangus x<br />
Zwergzunge Buglossidium luteum x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 159
Anhang<br />
160<br />
Amphibien<br />
Grasfrosch Rana temporaria x<br />
Brutvögel (Aves)<br />
Amsel Turdus merula x<br />
Austernfischer Haematopus ostralegus x x x<br />
Bachstelze Motacilla alba x x x<br />
Birkenzeisig Carduelis flammea x<br />
Bläßhuhn Fulica atra x<br />
Blaumeise Parus caeruleus x<br />
Bluthänfling Carduelis cannabina x x x<br />
Brandente Tadorna tadorna x x x<br />
Brandseeschwalbe Sterna sandvicensis x x<br />
Braunkehlchen Saxicola rubetra x<br />
Buchfink Fringilla coelebs x<br />
Dohle Corvus monedula x<br />
Dorngrasmücke Sylvia communis x<br />
Eiderente Somateria mollissima x x<br />
Elster Pica pica x x<br />
Fasan Phasanius colchicus x<br />
Feldlerche Alauda arvensis x x x<br />
Feldsperling Passer montanus x<br />
Fitis Phyllosopus trochilus x<br />
Flussseeschwalbe Sterna hirundo x x x<br />
Gartengrasmücke Sylvia borin x<br />
Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus x<br />
Gelbspötter Hippolais icterina x<br />
Grauschnäpper Muscicapa striata x<br />
Grünling Carduelis chloris x<br />
Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros x<br />
Haussperling Passer domesticus x<br />
Heckenbraunelle Prunella modularis x<br />
Heringsmöwe Larus fuscus x x x<br />
Karmingimpel Carpodacus erythrinus x<br />
Kiebitz Vanellus vanellus x<br />
Klappergrasmücke Sylvia curruca x<br />
Knäkente Anas querquedula x<br />
Kohlmeise Parus major x<br />
Kormoran Phalacrocorax carbo x x<br />
Kuckuck Cuculus canorus x<br />
Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea x x x<br />
Lachmöwe Larus ridibundus x x x<br />
Löffelente Anas clypeata x<br />
Mauersegler Apus apus x<br />
Mehlschwalbe Delichon urbica x<br />
Misteldrossel Turdus viscivorus x<br />
Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla x<br />
Rabenkrähe Corvus corone x<br />
Rauchschwalbe Hirundo rustica x<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Reiherente Anas fuligula x<br />
Ringeltaube Columba palumbus x<br />
Rohrammer Emberiza schoeniclus x<br />
Rotkehlchen Erithacus rubecula x<br />
Rotschenkel Tringa totanus x x x<br />
Säbelschnäbler Recurvirostra avosetta x<br />
Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula x x x<br />
Seeregenpfeifer Charadrius alexandrinus x x<br />
Silbermöwe Larus argentatus x x x<br />
Singdrossel Turdus philomelos x<br />
Star Sturnus vulgaris x x<br />
Stieglitz Carduelis carduelis x<br />
Stockente Anas platyrhynchos x x x<br />
Straßentaube Columba livia x<br />
Sturmmöwe Larus canus x x x<br />
Sumpfohreule Asio flammeus x<br />
Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris x<br />
Teichhuhn Gallinula chloropus x x<br />
Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus x<br />
Trauerbachstelze Motacilla alba x<br />
Türkentaube Streptopelia decaocto x<br />
Turmfalke Falco tinnunculus x<br />
Waldohreule Asio otus x<br />
Wanderfalke Falco peregrinus x x<br />
Wiesenpieper Anthus pratensis x x x<br />
Zaunkönig Troglodytes troglodytes x<br />
Zilpzalp Phylloscopus collybita x<br />
Zwergseeschwalbe Sterna albifrons x x x<br />
Säugetiere (Mammalia)<br />
Feldhase Lepus europaeus x<br />
Feldmaus Microtus arvalis x<br />
Fledermaus, Breitflügel- Eptesicus serotinus x<br />
Hausmaus Mus musculus x x x<br />
Schermaus Arvicola terrestris x<br />
Schweinswal Phocoena phocoena x<br />
Seehund Phoca vitulina x<br />
Tümmler, Großer; Flaschennase Tursiops truncatus w<br />
Waldspitzmaus Sorex araneus x<br />
Weißschnauzendelfin Lagenorhynchus albirostris w<br />
Aufgenommen wurden Artengruppen, die typisch für das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s sind und bereits<br />
systematisch erfasst wurden.<br />
Der Erfassungsgrad ist z.T. uneinheitlich (zeitlich, methodisch, regional). Die Artenlisten spiegeln den<br />
bekannten aktuellen Bestand wider. Die ältesten Angaben stammen aus SCHMID (1988).
Bestimmungsliteratur<br />
Pflanzen:<br />
KORNMANN; P: & SAHLING, P.-H. (1977): Meeresalgen von<br />
Helgoland. Helgoländer wiss. Meersuntersuchungen 29: 1-289.<br />
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<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 161
Anhang<br />
162<br />
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WALTER, T. TISCHLER, A. MIETH, H. MEYER, H.D. REIN-<br />
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Scharhörn 1992-1994. Seevögel .<br />
HARTWIG, E., M. KORSCH & E. SCHREY (1992): Seevögel<br />
als Müllopfer in der Deutschen Bucht. Seevögel 13, 1-4.<br />
HECKENROTH, H. & V. LASKE (1997): <strong>Atlas</strong> der Brutvögel<br />
Niedersachsens 1981-1995. Schriftenreihe Naturschutz und<br />
Landschaftspflege in Niedersachsen 37.<br />
HESS, E.-D. (1980): Vegetationsaufnahme des Vorlandes der<br />
Insel Neuwerk. Unveröff. Gutachten i.A. der Wirtschaftsbehörde<br />
der Freien u. Hansestadt Hamburg, Amt Strom- und Hafenbau.<br />
HEYDEMANN, B. (1967): Die biologische Grenze Land-Meer<br />
im Bereich der Salzwiesen. Steiner-Verlag, Wiesbaden: 200 S.<br />
HEYDEMANN, B. (1998): Biologie des <strong>Wattenmeer</strong>es. In:<br />
Landesamt f.d. <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong><br />
& Umweltbundesamt: Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1:<br />
Nordfriesisches und Dithmarscher <strong>Wattenmeer</strong>. Ulmer-Verlag,<br />
Stuttgart:76-79.<br />
INSTITUT F. ANGEWANDTE UMWELTBIOLOGIE U. MONI-<br />
TORING (IFAUM) (1995-1999): <strong>Nationalpark</strong>plan <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> Grundlagenerhebungen. Unveröff. Gutachten<br />
i.A. der Umweltbehörde der Freien u. Hansestadt<br />
Hamburg, <strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
INGRISCH, S. & G. KÖHLER (1998): Rote Liste der Geradflügler<br />
(Orthoptera s.l.). Schr.-R. Landschaftspfl. Naturschutz 55:<br />
260-263.<br />
INSTITUT FÜR NATURSCHUTZ UND UMWELTSCHUTZ-<br />
FORSCHUNG (INUF) DES VEREIN JORDSAND (1995):<br />
Begleitendes faunistisches und vegetationskundliches Forschungsprogramm<br />
für die durch Sandaufspülung bei Scharhörn neu<br />
geschaffene Insel Nigehörn. Unveröff. Gutachten i.A. der Umweltbehörde<br />
der Umweltbehörde Hamburg.<br />
HESS, ERNST-DIETMAR, BREHM, KUNO & SCHLEEF,<br />
PETER (1979/80): Vegetationsaufnahme des Vorlandes der Insel<br />
Neuwerk. unveröff. Gutachten, 93 pp.<br />
HOFMANN, KARL-FRIEDRICH (1971): Die Baugrundverhältnisse<br />
im Raum Neuwerk-Scharhörn. Schriftenreihe<br />
Hamburger Küstenforschung, Heft 21.<br />
IRMLER, U. & B. HEYDEMANN (1986): Die ökologische<br />
Problematik der Beweidung von Salzwiesen an der<br />
Niedersächsischen Küste - am Beispiel der Leybucht. Beih.<br />
Natursch. Landschaftspfl. Niedersachs. 15.<br />
JANKE, K. (1997): Sieben Jahre Nigehörn: Läßt sich die Aufspülung<br />
einer Vogelschutzinsel mit den Naturschutzzielen des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> vereinbaren? In: Natürliche<br />
Entwicklung oder Management für den Naturschutz. Schriftenreihe<br />
<strong>Nationalpark</strong> Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 2: 49-53.<br />
JANKE, K. (1999): Aufgaben und Zuständigkeiten im<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. In: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> und Umweltbundesamt<br />
(Hrsg.): Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>. Bd. 2: <strong>Wattenmeer</strong> zwischen<br />
Elb- und Emsmündung. Verlag Eugen Ulmer: 170-171.<br />
JANKE, K. & B.P. KREMER (1990): Das Watt. Franckh-<br />
Kosmos, Stuttgart.<br />
JANKE, K. & B.P. KREMER (1993): Düne, Strand und<br />
<strong>Wattenmeer</strong>: Tiere und Pflanzen unserer Küsten. 2., verb. Aufl.,<br />
Franckh-Kosmos, Stuttgart.<br />
JANKE, K. & W. PIPER (1992): Errichtung und Sicherung<br />
schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich<br />
repräsentativer Bedeutung - Projekt: Nigehörn - Hamburgs<br />
neue Vogelschutzinsel im Watt. Natur und Landschaft 67: 340-343.<br />
JANKE, K. (2000): 10 Jahre <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong>: Hamburgs größtes Schutzgebiet feiert Jubiläum.<br />
Seevögel 21, 41-46.<br />
JANKE, K. (2000): Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>:<br />
Hamburgs größtes Schutzgebiet feiert sein 10-jähriges Jubiläum.<br />
Naturschutz in Hamburg 2/00, 8-11.<br />
JANßEN, W. (1994): Konzept Öffentlichkeitsarbeit für die<br />
Großschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern. Gutachten im<br />
Auftrag des <strong>Nationalpark</strong>amtes Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Bildungswissenschaftliche Hochschule Universität Flensburg,<br />
Institut für Biologie und ihre Didaktik. Flensburg.<br />
KÖRBER, P.(1999): Vorlandmanagement im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. In: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung Niedersächsisches<br />
<strong>Wattenmeer</strong> und Umweltbundesamt (Hrsg.):<br />
Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>. Bd. 2: <strong>Wattenmeer</strong> zwischen Elb- und<br />
Emsmündung. Verlag Eugen Ulmer: 130-131.<br />
KNEIS,P. (1991): Zur Gründung des Vereins Jordsand.<br />
Seevögel 12, 1-3.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
163
Anhang<br />
164<br />
KRAUSE, S. (1992): Einfluß anthropogener Verdichtung des<br />
Wattbodens auf die endobenthische Makrofauna im Neuwerker<br />
Watt (<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>). Diplomarbeit,<br />
Zoologisches Institut und Zoologisches Museum der Universität<br />
Hamburg.<br />
LAMMEN; CHR. & PIPER; W: (1992a): Rastvögel im<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Gutachten im Auftrage<br />
der Umweltbehörde Hamburg.<br />
LAMMEN; CHR. & PIPER; W: (1992b): Muscheln und<br />
Schnecken im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Institut<br />
für Natur- und Umweltforschung (INUF) des Verein Jordsand,<br />
Ahrensburg.<br />
LANDESAMT F.D. NATIONALPARK SCHLESWIG-HOL-<br />
STEINISCHES WATTENMEER & UMWELTBUNDESAMT<br />
(1998): Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1: Nordfriesisches und<br />
Dithmarscher <strong>Wattenmeer</strong>. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart.<br />
LEHE, E.V. (1952): Neuwerk im Strom der Zeiten. In:<br />
Dannmeyer, F., E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und<br />
seine Insel.- Verlag Rauschenplat, Cuxhaven: 11-52.<br />
LEMKE, W. (1982): Die Vögel Neuwerks. Verlagsgesellschaft<br />
Cuxhaven.<br />
LEMKE, W. (1995): Die Vögel Neuwerks 1981 – 1993.<br />
Hamburger avifaunistische Beiträge, Band 27.<br />
LINKE, G. (1969): Die Entstehung der Insel Scharhörn und ihre<br />
Bedeutung für die Überlegungen zur Sandbewegung in der deutschen<br />
Bucht. Hamburger Küstenforschung 11: 45 – 84.<br />
LINKE, GERHARD (1969): Bearbeitungsstand, Probleme sowie<br />
neue Arbeitsmöglichkeiten im Faziesbereich des sandigen<br />
Küstenholozäns. Hamburger Küstenforschung, Heft 11:??? .<br />
LINKE, G. (1970): Über die geologischen Verhältnisse im Gebiet<br />
Neuwerk/Scharhörn. Hamburger Küstenforschung 17: 17 – 58.<br />
LÜBBE, T. & G. VAUK (1993): Umweltfolgen der Seeschiffahrt.<br />
Forschungsbericht Ufoplan-Nr. 102 03 229, Umweltbundesamt<br />
(Uba), Berlin.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
LUDWIGS, J.-D. (1998): Kleptoparasitismus bei der Flußseeschwalbe<br />
als Anzeiger für Nahrungsmangel. Vogelwelt 119:<br />
193-204.<br />
MANG, F.W.C. (1982): Alphabetisches Verzeichnis der wildwachsenden<br />
Farn- und Blütenpflanzen von Neuwerk und<br />
Scharhörn. Hamburger Küstenforschung 41: 43-95.<br />
MELTOFTE, H., J. BLEW, J. FRIKKE, H.-U. RÖSNER & C.<br />
SMIT (1994): Numbers and distribution of waterbirds in the wadden<br />
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Special issue.<br />
MEYER, H, H. FOCK, A. HAASE, H.-D. REINKE & I. TULO-<br />
WITZKI (1995): Structure of the invertebrate fauna in salt marshes<br />
of the Wadden Sea coast of Schleswig-Holstein influenced by<br />
sheep grazing. Helgoländer Meeresuntersuchungen 49: 563-589.<br />
MEYER, H. & H.-D. REINKE (1996): Veränderungen in der biozönotischen<br />
Struktur der Wirbellosenfauna von Salzwiesen durch<br />
unterschiedliche Beweidungsintensitäten mit Schafen. Faun.ökol.<br />
Mitt. 7: 109-150.<br />
MICHEL, S. (1999): Umweltkommunikation im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> - Aktuelle Situation und Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
Diplomarbeit, Fachhochschule Wiesbaden/<br />
Fachrichtung Landespflege.<br />
MÖLLER, A. (1998): Der Ausflugsverkehr. In: Landesamt f.d.<br />
<strong>Nationalpark</strong> Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> & Umweltbundesamt:<br />
Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1: Nordfriesisches und<br />
Dithmarscher <strong>Wattenmeer</strong>.- Ulmer-Verlag, Stuttgart: 188-189.<br />
MÜLLER, H.-O. (1984): Die Leuchtfeuer von Cuxhaven und<br />
Neuwerk. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford.<br />
NEUHAUS, R. &. V. WESTHOFF (1994): Veränderungen und<br />
Gefährdungen der Dünenvegetation. in Lozan, J. L. et al (Hrsg):<br />
Warnsignale aus dem <strong>Wattenmeer</strong>. Blackwell, Berlin: 200-205.<br />
NEß, O. (2001): Zu Besuch auf Neuwerk. Verlag die Hanse,<br />
Hamburg.<br />
NIEDERNOSTHEIDE, N. (1993): Brutökologie von Fluß- und<br />
Küstenseeschwalbe auf den Inseln Nigehörn und Scharhörn.<br />
Unveröff. Gutachten i.A. der Umweltbehörde der Freien u.<br />
Hansestadt Hamburg, Naturschutzamt, 41 S.<br />
NIEDERNOSTHEIDE, N. (1996): Vergleichende nahrungsökologische<br />
Untersuchungen an Fluß- und Küstenseeschwalben auf<br />
Nigehörn und Scharhörn (Elbmündung). Seevögel 17: 40-45.<br />
NIEDERNOSTHEIDE, N. & E. HARTWIG (1998): Die<br />
Müllbelastung der Insel Scharhörn 1991. Seevögel 19: 89-91.<br />
NORDHEIM, H. V. & T. MERCK (1995): Rote Liste der Biotoptypen,<br />
Tier- und Pflanzenarten des deutschen <strong>Wattenmeer</strong>- und<br />
Nordseebereichs. Schr.-R. Landschaftspfl. Naturschutz 44: 83-84.<br />
OHDE, J. (1981): Entstehung von Besiedlungsmustern der<br />
Makro-Endofauna im <strong>Wattenmeer</strong> in der Elbe-Mündung. Dissertation,<br />
Universität Hamburg.<br />
OTT, S. & W. PIPER (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata).<br />
Schr.-R. Landschaftspfl. Naturschutz 55: 252-255.<br />
PRATJE, O. (1952): Die geologische Geschichte Neuwerks. In:<br />
Dannmeyer, F., E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und<br />
seine Insel.- Verlag Rauschenplat, Cuxhaven: 123-128.<br />
PREISING, E., H.-C. VAHLE, D. BRANDES, H. HOFMEI-<br />
STER, J. TÜXEN & H. E. WEBER (1990): Die Pflanzengesellschaften<br />
Niedersachsens - Bestandsentwicklung, Gefährdung<br />
und Schutzprobleme. Salzpflanzengesellschaften der<br />
Meeresküste und des Binnenlandes. Naturschutz und Landschaftspflege<br />
in Niedersachsen. 20/7, Hannover.<br />
PRINS, H.H.T., R.C. YDENBERG & R. DRENT (1980): The<br />
interaction of Brent Geese (Branta bernicla) and sea plantain<br />
(Plantago maritima) during spring staging: Field observations and<br />
experiments. Acta Bot. Neerl. 29: 585-596.<br />
REINKE, H.-D. & U. IRMLER (1994): Die Spinnenfauna<br />
(Araneae) Schleswig-Holsteins am Boden und in der bodennahen<br />
Vegetation. Faun.-Ökol. Mitt. Suppl. 17.<br />
REISE, K. & BUHS. F. (1990,92,93): Die Bodenfauna in den<br />
Prielen des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrage der Umweltbehörde<br />
Hamburg.
REISE. K. & SCHUBERT, A. (1987): Macrobenthic turnover in<br />
the subtidal Wadden Sea: the Norderaue revisited after 60 years.<br />
Helgoländer Meeresuntersuchungen 41: 69-82.<br />
RIESEN; W: & REISE; K: (1982): Macrobenthos of the subtidal<br />
Wadden Sea: revisited after 55 years. Helgoländer Meeresuntersuchungen<br />
35: 409-423.<br />
RÖSNER, H.-U. (1997): Rastvögel im <strong>Wattenmeer</strong>: Bestand,<br />
Verteilung und Raumnutzung. UBA-Texte 75/97, Berlin.<br />
RÖSNER, H.-U., J. BLEW, J. FRIKKE, H. MELTOFTE & C.J.<br />
SMIT (1995): Anzahl und Verteilung von Wat- und Wasservögeln<br />
im <strong>Wattenmeer</strong>. Natur und Landschaft 70: 412-419.<br />
RÖSNER, H.-U., M. VAN ROOMEN, P. SÜDBECK & L.M.<br />
RASMUSSEN (1994): Migratory Waterbirds in the Wadden Sea<br />
1992/93. Wadden Sea Ecosystem No.2, CWSS & TMAG,<br />
Wilhelmshaven.<br />
SCHELLNHUBER, H.-J. & H. STERR (Hrsg.) (1993):<br />
Klimaänderung und Küste: Einblick ins Treibhaus. Springer-<br />
Verlag, Berlin-Heidelberg-New York: 400 S.<br />
SCHMID, U. (1988): Vogelinsel Scharhörn. Niederelbe-Verlag,<br />
Cuxhaven (=Jordsand-Buch Nr. 7).<br />
SCHULZ, R. & M. STOCK (1993): Kentish Plovers and Tourists:<br />
Competitors on Sandy Coasts?. Water Study Group Bull. 68: 83-91.<br />
SIEFERT, W. (1970): Die Salzgehaltsverhältnisse im Elbmündungsgebiet.<br />
Hamburger Küstenforschung 15.<br />
STÄNDIGE ARBEITSGRUPPE DER BIOSPHÄREN-<br />
RESERVATE IN DEUTSCHLAND (Hrsg., 1995): Biosphärenrerservate<br />
in Deutschland - Leitlinien für Schutz, Pflege<br />
und Entwicklung. Springer-Verlag, Berlin HeideIberg.<br />
STOCK, M. & F. HOFEDITZ (im Druck): Der Einfluß des<br />
Salzwiesen-Managements auf Habitatnutzung und Bestandsentwicklung<br />
von Nonnengänsen und Ringelgänsen im<br />
<strong>Wattenmeer</strong>. J.Orn.<br />
STOCK, M. & F. HOFEDITZ (1997): Grenzen der<br />
Kompensation: Energiebudgets von Ringelgänsen - die Wirkung<br />
von Störreizen. J.Orn. 138: 387-411.<br />
STOCK, M. (1994): Auswirkung von Störreizen auf Ethologie<br />
und Ökologie von Vögeln im <strong>Wattenmeer</strong>. Dissertation FB<br />
Biologie/Chemie Universität Osnabrück; Shaker-Verlag, Aachen.<br />
STOCK, M. ET AL. (1996): Ökosystemforschung <strong>Wattenmeer</strong> -<br />
Synthesebericht: Grundlagen für einen <strong>Nationalpark</strong>plan.<br />
Schriftenreihe des <strong>Nationalpark</strong>s Schleswig-Holsteinisches<br />
<strong>Wattenmeer</strong>, Heft 8.<br />
STOCK, M., HOFEDITZ, F., MOCK, K. & B. POHL (1994):<br />
Einflüsse von Flugbetrieb und Freizeitaktivitäten auf Verhalten<br />
und Raumnutzung von Ringelgänsen (Branta bernicla bernicla)<br />
im <strong>Wattenmeer</strong>. - Corax 16: 63-83.<br />
STREIF, H. (1993): Geologische Aspekte der Klimawirkungsforschung<br />
im Küstenraum der südlichen Nordsee. In:<br />
Schellnhuber, H.-J. & H. Sterr (Hrsg.): Klimaänderung und<br />
Küste. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York: 77-97.<br />
STÜBING, S. (1995): Säugetiere auf Neuwerk 198 –1993.<br />
Hambuger Avifaunistische Beiträge 27: 141-144.<br />
STÜBINGER, R. (1997): Vergleichende Untersuchungen zur<br />
Schmetterlingsfauna von Scharhörn und Nigehörn Unveröff.<br />
Bericht für die Umweltbehörde Hamburg, <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />
SÜDBECK, P., B. HÄLTERLEIN, W. KNIEF & U. KÖPPEN<br />
(1998): Bestandsentwicklung von Fluß- Sterna hirundo und<br />
Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea an den deutschen Küsten.<br />
Vogelwelt 119: 147-164.<br />
TEMME, M. (1974): Vogelfreistätte Scharhörn. Jordsand-<br />
Mitteilungen 3/1-4, Hamburg.<br />
TOUGAARD, S. & CWSS (1999): Common Seals in the Wadden<br />
Sea in 1998. WSNL 1999 (1): 19-21.<br />
TRAUTNER, J., G. MÜLLER-MOTZFELD & M.<br />
BRÄUNICKE (Bearb.) (1998): Rote Liste der Sandlaufkäfer und<br />
Laufkäfer (Coleoptera: Cicindelidae et Carabidae). Schr.-R.<br />
Landschaftspfl. Naturschutz 55: 159-167.<br />
TÜXEN, R. & W. BÖCKELMANN (1957): Scharhörn - Die<br />
Vegetation einer jungen ostfriesischen Vogelinsel. In: Mitt.<br />
Flor.soziol.Arb.Gem. NF 6/7: 183-204.<br />
UHL, J. (1952): Wasserbauten und Deiche. In: Dannmeyer, F.,<br />
E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und seine Insel. Verlag<br />
Rauschenplat, Cuxhaven: 75-86.<br />
VAUK, G. & J. PRÜTER (1987): Möwen. Niederelbe-Verlag,<br />
Otterndorf.<br />
WAGENER, M. (1998): Praktische Hinweise für brutbiologische<br />
Untersuchungen an der Flußseeschwalbe Sterna hirundo.<br />
Vogelwelt 119: 279-286.<br />
WAGNER, P. (1952): Scharhörn. Seine Entwicklung vom Sand<br />
zur Düneninsel. In: Dannmeyer, F., E.v. Lehe & H. Rüther<br />
(Hrsg.): Ein Turm und seine Insel. Verlag Rauschenplat,<br />
Cuxhaven: 163-164.<br />
WALLER, K. (1952): Der Turm auf Neuwerk. In: Dannmeyer, F.,<br />
E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und seine Insel. Verlag<br />
Rauschenplat, Cuxhaven: 53-62<br />
WENDELN, H. & P.H. BECKER (1998): Populationsbiologische<br />
Untersuchungen an einer Kolonie der Flußseeschwalbe Sterna<br />
hirundo. Vogelwelt 119: 209-214.<br />
WINSKOWSKY, U. (1998): Strömungen im nordfriesischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong>. In: Landesamt f.d. <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-<br />
Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> & Umweltbundesamt: Umweltatlas<br />
<strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1: Nordfriesisches und Dithmarscher<br />
<strong>Wattenmeer</strong>. Ulmer-Verlag, Stuttgart: 48-49.<br />
ZENTRALE FÜR WASSERVOGELFORSCHUNG UND<br />
FEUCHTGEBIETSSCHUTZ IN DEUTSCHLAND (1993): Die<br />
Feuchtgebiete internationaler Bedeutung in der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Eigenverlag, Münster, Potsdam, Wesel: 163-166.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 165
Anhang<br />
166<br />
Schriftenreihe der Umweltbehörde Hamburg<br />
Naturschutz und Landschaftspflege in Hamburg<br />
1/1981 Artenschutzprogramm -Verbreitung und Schutz der Amphibien und Reptilien in<br />
Hamburg<br />
2/1981 Bracks der Hamburger Elbmarschen<br />
3/1981 Artenschutzprogramm - Kartieranleitung - Artenkartierung<br />
4/1981 Ergebnisse des Bioindikatorenmeßprogramms - Finkenwerder - Wilhelmsburg -<br />
Marschlande<br />
5/1982 Chemisch-Analytische Untersuchungen an Stäuben und Aerosolen der Luft in Hamburg<br />
6/1982 Forstlicher Rahmenplan - Waldfunktionen in Harburg<br />
7/1983 Schutzprogramm für Tagfalter und Widderchen in Hamburg<br />
8/1984 Landschaftsrahmenplan Wilhelmsburg, Erläuterungsbericht<br />
9/1984 Gutachten: Werte für die Landschafts- und Bauleitplanung, Grünvolumen- und Boden-<br />
Funktionszahl<br />
10/1985 Schutzprogramm für Heuschrecken in Hamburg<br />
11/1985 Konzepte zur Pflege und Entwicklung schützenswerter Biotope der Vier- und<br />
Marschlande<br />
12/1985 Schutzprogramm für Säugetiere in Hamburg<br />
13/1985 Untersuchung des schadstoffbelasteten öffentlichen Grüns und Erarbeitung eines<br />
Sanierungskonzeptes<br />
14/1985 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Sanierung umweltgeschädigter Bäume an<br />
Straßen und Plätzen<br />
16/1986 Biotopschutzkonzept Süderelbmarsch<br />
17/1986 Landschaftsrahmenplan Duvenstedt<br />
17/1987 Biotopschutzkonzept Walddörfer/Alstertal<br />
19/1987 Landschaftsrahmenplan Lemsahl - Mellingstedt<br />
20/1986 Untersuchung im öffentlichen Grün<br />
20/1987 Grundlagenuntersuchung für ein Energiekonzept (Fünfhausen)<br />
21/1988 Sanierung umweltgeschädigter Straßenbäume<br />
22/1988 Untersuchung im öffentlichen Grün<br />
23/1988 Untersuchung im öffentlichen Grün (Kurzfassung)<br />
24/1988 Dachbegrünung als stadtökologische Maßnahme zur Umweltverbesserung<br />
25/1988 Bäume brauchen Hilfe - Schutzmaßnahmen für das öffentliche Grün<br />
26/1989 Artenschutzprogramm - Libellen in Hamburg<br />
27/1989 Die neue Flora von Hamburg Teil A: Liste der wildwachsenden Farn- und<br />
Blütenpflanzen<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
28/1989 Artenschutzprogramm -Rote Liste der gefährdeten Großschmetterlinge in Hamburg<br />
29/1989 Schmetterlingskartierung in Hamburg 1984 -1988 (noch nicht erschienen)<br />
30/1989 Artenschutzprogramm - Armleuchteralgen und Süßwasser-Rotalgen in Hamburg<br />
31/1989 Landschaftsprogramm Hamburg - Landschaftsachsenmodell<br />
32/1989 Dachbegrünung in Hamburg - Workshop<br />
33/1989 Grün und Gewerbe<br />
34/1990 Probleme der Bodenversiegelung in Ballungsräumen<br />
35/1990 Untersuchung im öffentlichen Grün – Sanierung schadstoffbelasteter Grünanlagen<br />
36/1990 Grün und Gewerbe Workshop II - Dokumentation<br />
37/1990 Rechtsgutachten über die Grünvolumen- und Bodenfunktionszahl<br />
38/1991 Artenschutzprogramm Fische und Rundmäuler in Hamburg<br />
39/1991 Baumpflege in Hamburg (4 Bände)<br />
40/1993 Vegetationsuntersuchungen auf stillgelegten landwirtschaftlichen Nutzflächen in<br />
Wulfsdorf und Wulfsfelde<br />
41/1994 Artenhilfsprogramm und Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg<br />
42/1994 Artenhilfsprogramm Moose in Hamburg, Bestandsentwicklung und Gefährdung<br />
43/1995 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg<br />
44/1995 Die Wälder Harburgs<br />
45/1995 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg – Der Klövensteen - Das Niendorfer<br />
Gehege<br />
46/1995 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg – Der Wohldorfer Wald - Der<br />
Duvenstedter Brook<br />
47/1997 Artenhilfsprogramm und Rote Liste der Binnenmollusken - Schnecken und Muscheln -<br />
in Hamburg<br />
48/1997 Artenhilfsprogramm - Rote Liste und Florenliste der Farn- und Blütenpflanzen von<br />
Hamburg<br />
49/1998 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg - Der Volksdorfer Wald - Das<br />
Bergedorfer Gehölz<br />
50/2001 <strong>Nationalpark</strong>atlas <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Billstraße 84, D-20539 Hamburg<br />
unter Mitarbeit von:<br />
- Bezirksamt Hamburg Mitte<br />
- Wirtschaftsbehörde Hamburg<br />
- Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V.,<br />
Ahrensburg,<br />
- Institut für Umweltbiologie und Monitoring, Wremen<br />
Konzeption und Redaktion:<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung, Dr. Klaus Janke<br />
Gestaltung, Karten, Grafik, Satz:<br />
Dipl. Designerin Evelin Graack, Hamburg<br />
Kartengrundlagen (soweit nicht anders angegeben):<br />
Institut für Angewandte Umweltbiologie und Monitoring<br />
Wurster Straße 11, D-27638 Wremen<br />
Umschlaggestaltung:<br />
Evelin Graack, Hamburg<br />
unter Verwendung eines Fotos von Frank Hecker.<br />
Die Aufnahme zeigt einen Austernfischer (Haematopus ostralegus)<br />
im Watt nördlich der Insel Neuwerk.<br />
Bildbearbeitung:<br />
M.D. Creative, Agentur für Realisation und Service GmbH,<br />
Hamburg<br />
Internetbetreuung:<br />
Karin Blasius<br />
Umweltbehörde Hamburg, Zentralabteilung,<br />
Referat für Informationstechnologie, Zentralredaktion für<br />
Internetpräsenz der Umweltbehörde<br />
Stand:<br />
April 2001<br />
Autoren (in alphabetischer Reihenfolge):<br />
Jens Enemark<br />
Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat<br />
Virchowstraße 1, D-26832 Wilhelmshaven<br />
Seiten 122-123<br />
Dr. Eike Hartwig<br />
Institut für Umweltschutz- und Naturschutzforschung (INUF) des<br />
Verein Jordsand, "Haus der Natur” Wulfsdorf D- 22926<br />
Ahrensburg, Seiten 92-93.<br />
Ulrich Hellwig und Levinia Krüger-Hellwig<br />
Institut für Angewandte Umweltbiologie und Monitoring<br />
(IfAUM), Wurster Landstraße 11, D-27638 Wremen, Seiten 8-17,<br />
20-27, 32-33, 42-45, 52-75, 78-91, 98-103, 110-115.<br />
Dr. Klaus Janke und Peter Körber<br />
Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt,<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Seiten 30-31, 34-37, 40-41,46-47, 96-97, 106-109, 116-117, 120-<br />
121, 126-127, 130-139.<br />
Vesna Kruspe (Text) & Margret Jesse (Grafik),<br />
Bezirksamt Hamburg Mitte, Bauamt, Stadtplanungsabteilung<br />
Klosterwall 8, D- 20095 Hamburg, Seiten 38-39.<br />
Christian Michalczyk<br />
Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt, Abteilung Landschaftspflege<br />
und Flächenschutz, Seiten 124-125.<br />
Karl Spring<br />
Wirtschaftsbehörde Hamburg, Amt Strom und Hafenbau;<br />
Dalmannstraße 1-4, D-20547 Hamburg, Seiten 48-51.<br />
Alisa Steinberger<br />
Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt, Abteilung Arten- und<br />
Biotopschutzprogramm; Biotopkataster, Grundsatzfragen<br />
Seiten 140-141.<br />
Anmerkung zur Verteilung:<br />
Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des<br />
Senats der Freien und Hansestadt Hamburg herausgegeben. Sie<br />
darf weder von Parteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern<br />
während eines Wahlkampfs zum Zwecke der Wahlwerbung<br />
verwendet werden. Dies gilt für Bürgerschafts-, Bundes-<br />
tags- und Europawahlen sowie die Wahlen zur Bezirksversammlung.<br />
Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen,<br />
an Informationsständen der Parteien sowie das<br />
Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen<br />
oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe<br />
an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung.<br />
Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf<br />
die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als<br />
Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer<br />
Gruppen verstanden werden könnte.<br />
Die genannten Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann,<br />
auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Druckschrift dem<br />
Empfänger zugegangen ist.<br />
Schutzgebühr DM 10,-<br />
der Sympathieträger “Freddi”<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
das Logo des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
das gemeinsame Logo der<br />
deutschen <strong>Nationalpark</strong>e<br />
das Logo der UNESCO-<br />
Biosphärenreservate<br />
das Logo der<br />
Freien und Hansestadt Hamburg