Selektive katalytische Reduktion von Stickoxiden in Kraftfahrzeugen ...

Selektive katalytische Reduktion von Stickoxiden in Kraftfahrzeugen ... Selektive katalytische Reduktion von Stickoxiden in Kraftfahrzeugen ...

30.01.2013 Aufrufe

7 Zusammenfassung Damit steht erstmals ein geschlossenes physikalisches Modell der Verdunstung und Zersetzung von Harnstoffwasserlösung zur Verfügung. Als Randbedingung für die Simulation wurden die Sprayparameter exemplarisch für ein Drallventil aus einem Abgleich mit Visualisierungen, Verteilungsmessungen und PDA-Untersuchungen für die Einspritzung in eine ruhende Umgebung bestimmt. Das Sprayverhalten kann dabei in der Simulation gut wiedergegeben werden. Ein Vergleich der berechneten Sprayausbreitung unter dem Einfluss einer Queranströmung mit Laserlichtschnittaufnahmen zeigt, dass sich die eingesetzten Berechnungsansätze gut für die Simulation der Reduktionsmitteldosierung eignen. Grundlegende Erkenntnisse zur Spray/Wand-Wechselwirkung und zur Wandfilmbildung von Harnstoffwasserlösung wurden mit verschiedenen Messtechniken gewonnen. Transiente Temperaturmessungen zur Untersuchung der Spraykühlung wurden durchgeführt. Die Abkühlkurven der Wand lassen sich in zwei Temperaturbereiche einteilen. Oberhalb der Leidenfrosttemperatur kommt es zum Wärmeübergang zwischen Tropfen und Wand ohne dauerhafte Benetzung der Oberfläche. Liegt die Wandtemperatur unterhalb der Leidenfrosttemperatur, benetzt das Fluid die Wand, was zu einem hohen Wärmeübergang führt. Bei weiterer Dosierung bildet sich ein Wandfilm aus, welcher die Wand auf Temperaturen unterhalb des Siedepunkts des Fluids abkühlt. Die Benetzung der Wand tritt bei Harnstoffwasserlösung bereits bei Wandtemperaturen zwischen 538 K bis 553 K für Edelstahl bzw. zwischen 528 K und 533 K für Aluminium auf. Mit Wasser tritt die Benetzung unterhalb von Temperaturen von 473 K bis 483 K für beide Wandmaterialien auf. Eine Erklärung für die erhöhte Leidenfrosttemperatur für Harnstoffwasserlösung ist der niedrigere Dampfdruck im Vergleich zu reinem Wasser. Zur Berechnung der Spraykühlung oberhalb des Leidenfrostpunkts wurde ein Wärmeübergangsmodell aufgestellt. Das Modell basiert auf dem Direktkontakt zwischen Tropfen und Wand und enthält einen physikalisch motivierten Modellparameter, die Siedeverzugszeit. Durch die Anpassung der Siedeverzugszeit können die Abkühlkurven in der Simulation gut wiedergegeben werden. Um die langen Zeitskalen der Spraykühlung mit dem dreidimensionalen Strömungsmodell berechnen zu können, wurde eine reduzierte Wanddicke eingeführt. Die Wandenergiegleichung wird mit dem Wandfilm, der Gasphase von Abgas und Umgebung gekoppelt gelöst. Im Temperaturbereich unterhalb der Leidenfrosttemperatur zeigt die Berechnung des Wärmeübergangs mit der Nukyjama-Kurve gute Ergebnisse im Vergleich zu den Messdaten. Die berech- 132

nete Kühlwirkung und die Ausbreitung des Wandfilms durch die angreifende Schubspannung der Gasphase konnten anhand der Temperaturmessungen überprüft werden, welche die Simulationsergebnisse stützen. Der Wandfilm wird mit einem Zwei- Komponenten-Ansatz beschrieben, welcher eine Aussage über die Harnstoffverteilung im Wandfilm erlaubt. Der Einfluss der Wandtemperatur und der kinetischen Energie der Tropfen auf das Wand-Interaktionsregime wurde mit Durchlichtvisualisierungen an Tropfenketten untersucht. Die Ergebnisse lassen sich anhand der dimensionslosen Wandtemperatur T ∗ = Tw/Tsat und der Kenngröße K = We1/2Re1/4 in unterschiedliche Regime ein- teilen. Es treten die Regime Deposition (K klein, T ∗ klein), Splash (K groß, T ∗ klein), Rebound (K klein, T ∗ groß) und thermisch bedingter Breakup (K groß, T ∗ groß) auf. Der Übergang von kalter Wand (T ∗ klein) zu heißer Wand (T ∗ groß) lässt sich mit den Übergangsregimen partieller Rebound (K klein, T ∗ mittel) und partieller Breakup (K groß, T ∗ mittel) beschreiben. Die kritischen K-Zahlen für den Übergang zwischen den aufgeführten Regimen zeigen eine Übereinstimmung für Wasser und Harnstoffwasserlösung. In der Temperaturabhängigkeit der Regimegrenzen gibt es jedoch deutliche Unterschiede zwischen Wasser und Harnstoffwasserlösung. Die kritische Grenztempe- ratur T ∗ crit, welche die Grenze zwischen benetzenden und nicht benetzenden Regimen beschreibt, nimmt mit steigender Harnstoffkonzentration zu. Diese wurde für Was- ser zu T ∗ crit = 1.19 und für Harnstoffwasserlösung zu T ∗ crit = 1.37 ermittelt, was die Ergebnisse aus der Spraykühlung stützt. Mit Gegenlichtvisualisierungen wurde das Sprayverhalten beim Wand-Kontakt untersucht. An der kalten Wand zeigen Wasser und Harnstoffwasserlösung nahezu identisches Verhalten. Während die wandnormale Eindringtiefe für die kalte und die heiße Wand ähnlich groß ist, nimmt die radiale Eindringtiefe des sekundären Sprays mit steigender Wandtemperatur deutlich zu. Der Übergang von kalter zur heißer Wand findet bei Harnstoffwasserlösung im Vergleich zu Wasser bei höheren Temperaturen statt. Dies bekräftigt die Ergebnisse der Tropfenkettenvisualisierungen. Ein für die Benzindirekteinspritzung aufgestelltes Spray/Wand-Interaktionsmodell wurde für Harnstoffwasserlösung erweitert. Die makroskopsischen Sprayeigenschaften aus den Gegenlichtvisualisierungen können mit dem Spray/Wand-Interaktionsmodell für verschiedene Auftreffwinkel und Wandtemperaturen gut wiedergegeben werden. Abschließend wird die Modellierung der Prozesskette an einer realen Abgasgeometrie anhand der wichtigsten Kenngröße für den NOx-Umsatz, der Reduktionsmittelvertei- 133

7 Zusammenfassung<br />

Damit steht erstmals e<strong>in</strong> geschlossenes physikalisches Modell der Verdunstung und<br />

Zersetzung <strong>von</strong> Harnstoffwasserlösung zur Verfügung.<br />

Als Randbed<strong>in</strong>gung für die Simulation wurden die Sprayparameter exemplarisch für<br />

e<strong>in</strong> Drallventil aus e<strong>in</strong>em Abgleich mit Visualisierungen, Verteilungsmessungen und<br />

PDA-Untersuchungen für die E<strong>in</strong>spritzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ruhende Umgebung bestimmt. Das<br />

Sprayverhalten kann dabei <strong>in</strong> der Simulation gut wiedergegeben werden. E<strong>in</strong> Vergleich<br />

der berechneten Sprayausbreitung unter dem E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er Queranströmung mit Laserlichtschnittaufnahmen<br />

zeigt, dass sich die e<strong>in</strong>gesetzten Berechnungsansätze gut für<br />

die Simulation der <strong>Reduktion</strong>smitteldosierung eignen.<br />

Grundlegende Erkenntnisse zur Spray/Wand-Wechselwirkung und zur Wandfilmbildung<br />

<strong>von</strong> Harnstoffwasserlösung wurden mit verschiedenen Messtechniken gewonnen.<br />

Transiente Temperaturmessungen zur Untersuchung der Spraykühlung wurden durchgeführt.<br />

Die Abkühlkurven der Wand lassen sich <strong>in</strong> zwei Temperaturbereiche e<strong>in</strong>teilen.<br />

Oberhalb der Leidenfrosttemperatur kommt es zum Wärmeübergang zwischen Tropfen<br />

und Wand ohne dauerhafte Benetzung der Oberfläche. Liegt die Wandtemperatur<br />

unterhalb der Leidenfrosttemperatur, benetzt das Fluid die Wand, was zu e<strong>in</strong>em hohen<br />

Wärmeübergang führt. Bei weiterer Dosierung bildet sich e<strong>in</strong> Wandfilm aus, welcher<br />

die Wand auf Temperaturen unterhalb des Siedepunkts des Fluids abkühlt. Die Benetzung<br />

der Wand tritt bei Harnstoffwasserlösung bereits bei Wandtemperaturen zwischen<br />

538 K bis 553 K für Edelstahl bzw. zwischen 528 K und 533 K für Alum<strong>in</strong>ium<br />

auf. Mit Wasser tritt die Benetzung unterhalb <strong>von</strong> Temperaturen <strong>von</strong> 473 K bis 483 K<br />

für beide Wandmaterialien auf. E<strong>in</strong>e Erklärung für die erhöhte Leidenfrosttemperatur<br />

für Harnstoffwasserlösung ist der niedrigere Dampfdruck im Vergleich zu re<strong>in</strong>em<br />

Wasser.<br />

Zur Berechnung der Spraykühlung oberhalb des Leidenfrostpunkts wurde e<strong>in</strong> Wärmeübergangsmodell<br />

aufgestellt. Das Modell basiert auf dem Direktkontakt zwischen<br />

Tropfen und Wand und enthält e<strong>in</strong>en physikalisch motivierten Modellparameter, die<br />

Siedeverzugszeit. Durch die Anpassung der Siedeverzugszeit können die Abkühlkurven<br />

<strong>in</strong> der Simulation gut wiedergegeben werden. Um die langen Zeitskalen der Spraykühlung<br />

mit dem dreidimensionalen Strömungsmodell berechnen zu können, wurde<br />

e<strong>in</strong>e reduzierte Wanddicke e<strong>in</strong>geführt. Die Wandenergiegleichung wird mit dem Wandfilm,<br />

der Gasphase <strong>von</strong> Abgas und Umgebung gekoppelt gelöst. Im Temperaturbereich<br />

unterhalb der Leidenfrosttemperatur zeigt die Berechnung des Wärmeübergangs mit<br />

der Nukyjama-Kurve gute Ergebnisse im Vergleich zu den Messdaten. Die berech-<br />

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