Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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<strong>Das</strong> Amt „Schönheit der Arbeit" 267<br />
Kapital arbeiteten Hand in Hand. Der harte Kern allen Scheins —<br />
bessere Arbeitsbedingungen, hygienischere Verhältnisse, warmes<br />
Essen etc. — war <strong>für</strong> die Arbeiter Element der Entlohnung und <strong>für</strong><br />
das Kapital ein Mittel, um im Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte —<br />
vor allem Facharbeiter — zu siegen. <strong>Das</strong> Kapital mußte an den<br />
realen Forderungen der Arbeiter ansetzen und partielle Befriedigung<br />
bieten; ohne daß diese beiden Bedingungen erfüllt werden,<br />
kann der soziale Schein nicht funktionieren. Diese durch die Verhältnisse<br />
erzwungenen Zugeständnisse wurden benutzt, Tim die<br />
ideologischen Konstruktionen der „Betriebsgemeinschaft" 8 aufzubauen<br />
und dem Klassenkampf den Sinn zu bestreiten. -<br />
Verschleierung<br />
Folgende <strong>für</strong> den Kapitalismus grundlegenden Verhältnisse werden<br />
im „Taschenbuch Schönheit der Arbeit" mit größtem Aufwand<br />
verschleiert:<br />
1.Die Tatsache, daß das treibende Motiv der kapitalistischen Produktionsweise<br />
die Ausbeutung ist,<br />
2. die Tatsache, daß im Kapitalismus der Arbeiter nur als Ausbeutungsobjekt<br />
zählt, und<br />
3. die Tatsache, daß auch die „Freizeit" nicht dem Arbeiter gehört,<br />
sondern dem Kapital zugeschlagen wird.<br />
Werkbild wird vom Betriebsführer von vornherein erteilt und mit<br />
500,— RM honoriert" (238). Außerdem wurden die „Studienblätter", die<br />
in dieser Zeit entstanden, zu „einem Preis abgegeben, der sich zwischen<br />
1,50 und 8,— RM bewegt", „um der Gefolgschaft die Möglichkeit zu geben,<br />
die im Betrieb entstehenden Entwürfe käuflich zu erwerben" (238). „Die<br />
Künstler gehen auf diese Regelung gern ein, weil durch den Betriebsauftrag<br />
die notwendige angemessene Bezahlung ihrer Arbeit sichergestellt<br />
wird" (238). Daß die „notwendige angemessene Bezahlung ihrer<br />
Arbeit" auch bei den „Vertrauensarchitekten" und den Ingenieuren der<br />
Lufthygiene, die sich mit dem „Amt Schönheit der Arbeit" verbanden,<br />
garantiert war, ist keine Frage. Alle an der Produktion der „Betriebsgemeinschaft"<br />
Beteiligten wurden mit dem Versprechen materieller Vorteüe<br />
zur Zusammenarbeit mit dem „Amt Schönheit der Arbeit" bewogen,<br />
mit Ausnahme der Arbeiter und Angestellten, die sich mit Sprüchen abfinden<br />
sollten und durch ein Gesetz notfalls zur „kameradschaftlichen<br />
Zusammenarbeit" gezwungen wurden.<br />
8 Daß selbst nach der erreichten Vollbeschäftigung 1936 die Löhne<br />
kaum über die durch Notverordnungen zwangsgesenkten Löhne aus der<br />
Zeit von 1927 bis 1932 lagen (vgl. J. Kuczynski, Die Lage der Arbeiter<br />
unter dem Kapitalismus, Bd. 16, Berlin 1963), wird vom „Amt Schönheit<br />
der Arbeit" nicht erwähnt. Vielmehr entwickelte beispielsweise der REFA-<br />
Ausschuß zusammen mit dem „Arbeitswissenschaftlichen <strong>Institut</strong>" der<br />
DAF noch Methoden, um Arbeitsbewertungs- und Leishingsumfangskriterien<br />
zu erarbeiten, jedoch „sowohl die Arbeitsbewertung als auch<br />
die Leistungsumfangsfestsetzung sollen sich ausschließlich auf denjenigen<br />
Kreis von Volksgenossen beziehen, dessen laufender Verdienst im Höchstfall<br />
400,— RM im Monat nicht überschreitet" (Begründungen und Grundsätze<br />
einer Reichslohnordnung, „Aus der DAF", Berlin 1944, S. 18).