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Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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<strong>Das</strong> Amt „Schönheit der Arbeit" 263<br />

Ideologische Begründung, weshalb es notwendig ist, das entsprechende<br />

Vorhaben durchzuführen (z. B. „Die Würde des deutschen<br />

Arbeitsmannes" läßt es nicht zu, daß er „unfreundlich empfangen"<br />

wird).<br />

Empfehlungen der Durchführung, allgemeine Kriterien und Beispiele<br />

(z. B. es darf kein „Loch in der Mauer sein", „Schmiedeeisen"<br />

ist schön).<br />

Beschreibung des ökonomischen Effekts (z.B. reibungsloser Verkehr).<br />

Die ideologische Begründung zielte auf die Arbeiter. <strong>Das</strong> Amt<br />

„Schönheit der Arbeit" inserierte sich den Arbeitern in seinen Empfehlungen<br />

als eine <strong>Institut</strong>ion, die sich um ihre materielle Lage kümmern<br />

wollte. <strong>Das</strong> Amt versprach, tatsächlich existierende Mißstände<br />

in der Produktionssphäre festzustellen und zu beseitigen im Namen<br />

der „Würde" des „deutschen Arbeitsmannes". <strong>Das</strong> Amt versprach<br />

„die körperliche Arbeit von dem Fluch der Verdammnis und der<br />

Minderwertigkeit zu befreien, der ihr jahrhundertelang anhaftete"<br />

(17), und das nur durch ästhetische Inszenierungen, durch Aufpolierung<br />

der Produktionssphäre. <strong>Das</strong> Amt gab vor, sich um die Lage<br />

der Arbeiterklasse zu kümmern. <strong>Das</strong> ging jedoch nicht ohne Gegenforderungen<br />

ab: die Arbeiter sollten keine Kraft und Energie da<strong>für</strong><br />

aufwenden, sich f ü r ihre Interessen einzusetzen.<br />

Die Arbeiter sollten nach dem Verlust ihrer Organisationen auch<br />

ihre Solidarität aufgeben. Die Faschisten forderten sie zur Kumpanei<br />

mit dem Kapital auf. „Noch viel wertvoller als passives Wohlwollen<br />

ist allerdings tatkräftige Mitarbeit, und auch dazu hat jeder Gefolgsmann<br />

genug Gelegenheit. Jeder einzelne kann oft schon durch ein<br />

vernünftiges und ermunterndes Wort dazu beitragen, den Kameradschaftsgeist<br />

der Gefolgschaft zu stärken und zu festigen" (26).<br />

Wie die „tatkräftige Mitarbeit" der Führer aussah, erzählt<br />

Frankenführer Streicher: „Der symbolische Spatenstich" — den Hitler<br />

bei Beginn des Baus der Reichsautobahn in Frankfurt/Main getan<br />

hat — „soll nie vergessen werden. Und wenn ihr Bilder aufhängt,<br />

dann nehmt dies, wo ihr den Führer seht inmitten lachender Menschen<br />

der Handarbeit, wie er mit dem Spaten in der Hand gräbt.<br />

Jawohl, wir Nationalsozialisten geben der Arbeit wieder Achtung.<br />

Und wie notwendig es war, das habe ich in diesen Frühjahrs- und<br />

Sommertagen erlebt, wo ich mit meinen Männern vom Gaustab<br />

selber den Spaten in die Hand nahm. Wir kamen uns bei dieser<br />

gemeinsamen Arbeit viel näher, als wir etwa sonst zusammenkommen<br />

konnten. Wir sagten uns, Herrgott, wie wundervoll ist es doch,<br />

mit dem Spaten in der Hand zu arbeiten. Und wie schmeckt uns da<br />

ein Stück trockenes Brot 5 ."<br />

<strong>Das</strong> Amt „Schönheit der Arbeit" versprach, durch die Verwirklichung<br />

des „Gedankens Schönheit der Arbeit" die Arbeiter zu „stol-<br />

5 Rede des Frankenführers Streicher auf der Reichstagung „Schönheit<br />

der Arbeit" vom 5. bis 7. 9. 1936, zit. nach „Sammelveröffentlichungen des<br />

Amtes Schönheit der Arbeit", 1934—37, S. 13.

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