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Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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<strong>Das</strong> Amt „Schönheit der Arbeit" 261<br />

führer" und der „Gefolgsmann" haben. Nachdem der Gedanke<br />

„Schönheit der Arbeit" als „im besten Sinne zweckmäßig und wirtschaftlich"<br />

(23) angepriesen wurde, „muß man" vom Kapital „die<br />

klare Einsicht erwarten können, daß eine vernünftige Wirtschaftspolitik<br />

und eine vernünftige Sozialpolitik überhaupt nicht voneinander<br />

zu trennen sind" (23).<br />

Da aber „bei der Verwirklichung der .Schönheit der A r b e i t ' . . . der<br />

Betriebsführer das erste und auch das letzte Wort zu sprechen<br />

haben" (22) wird, muß dem Kapital bewiesen werden, daß sich jede<br />

Verbesserung auch in klingender Münze auszahlt. Die Vernunft, mit<br />

der die Faschisten argumentierten, ist die der Kapitalverwertung,<br />

die Vernunft von Maßnahmen zeigt sich an der verschärften Ausbeutung.<br />

„<strong>Das</strong> mindeste, was man von jedem Gefolgsmann erwarten muß,<br />

ist eine offene und willige Aufnahmebereitschaft <strong>für</strong> die oft mit<br />

großer Mühe und Liebe geschaffenen Neueinrichtungen und ihre<br />

pflegliche Behandlung" (26). In diesem Zusammenhang erscheinen<br />

die Mühen der Arbeiter bei der Neueinrichtung als Mühen des Kapitals<br />

und die Liebe des Kapitals zur Ausbeutung als Liebe zum<br />

Arbeiter. „Diejenigen, die <strong>für</strong> alles Neue und Bessere nur eine<br />

hämische Bemerkung übrig haben, selber aber nichts tun, um die<br />

Gemeinschaft zu fördern, hemmen die Aufbauarbeit manchmal mehr,<br />

als sie es in ihrer Dummheit selbst glauben" (26). Wenn die Arbeiter<br />

nicht diesem moralischen Verdikt wichen, sich nicht vom schönen<br />

Schein betören ließen und seine Funktion aussprachen, wurden sie<br />

nicht selten zu Zwangsarbeit oder KZ verurteilt, denn sie gefährdeten<br />

„den Arbeitsfrieden im Betriebe durch böswillige Verhetzung<br />

der Gefolgschaft" (4). Die Arbeiter durften jedoch nicht nur keine<br />

Kritik an dem Realisierten üben und ihre Interessen nicht formulieren.<br />

„Wünsche haben und Ansprüche stellen kann jeder. <strong>Das</strong> ist<br />

keine Kunst und kein Beweis besonderer Fähigkeiten und Verdienste"<br />

(26). Die Arbeiter sollten selbst auch den Strick produzieren,<br />

mit dem sie gefesselt und aufgehängt wurden. „Jeder einzelne kann<br />

... dazu beitragen, den Kameradschaftsgeist der Gefolgschaft zu<br />

stärken und zu festigen" (26). „Es kommt auf die an, die tätig mitwirken<br />

an der Verwirklichung des großen Ziels der unlösbaren<br />

Volksgemeinschaft" (26). <strong>Das</strong> „Taschenbuch Schönheit der Arbeit" ist<br />

also ein Lehrbuch vom Zuckerbrot, das das Kapital in der Auseinandersetzung<br />

mit der Arbeiterklasse als notwendige Ergänzung zur<br />

Peitsche einsetzt, sei es in Form von verbesserten Produktionsbedingungen<br />

(Licht, Luft und Farbe), sei es in der Form ideologischer<br />

Manipulation und Disziplinierung zur Zurichtung von willfährigen<br />

Ausbeutungsobj ekten.<br />

<strong>Das</strong> „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit"<br />

Die Faschisten haben die Organisation, mit der die Arbeiter ihre<br />

Interessen durchgesetzt haben, die Gewerkschaft, durch einen Einsatz<br />

von Polizei, SA und SS zerschlagen. An ihre Stelle trat die „Deutsche<br />

Arbeitsfront", in der Kapitalisten und Arbeiter zwangsweise

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