Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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390 Besprechungen Das Fazit seiner Untersuchung über die Gewinnbeteiligung faßt Föhl im letzten Satz seines Gutachtens zusammen: „Nicht in der Umverteilung der Einkommen oder der Vermögensbildung liegt die Bedeutung soldier Experimente, sondérn in der Produktivitätssteigerung und in der Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen" (72). Dies mag auch andeuten, warum et den „partnerschaftlichen Grundgedanken von General de Gaulle" über die „Association du Capital et du Travail" teilt (69), jede gesetzliche Verpflichtung zur Gewinnbeteiligung jedoch ablehnt (71). Als Grund seiner Befürwortung der Gewinnbeteiligung gibt er folgendes an: „Die klassenkämpferische Betonung des angeblich unüberbrückbaren Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit mindert in ersdirekkendem Maße die Freude an der beruflichen Tätigkeit und verhindert die freiwillige Entfaltung der persönlichen Leistungsfähigkeit" (sie) (69). Er lehnt jegliche obligatorische Regelung ab, weil dadurch die Investitionsbereitschaft der Unternehmungsleitung gemindert würde, was zur Depression führt (71). Die Untersuchung Föhls ist ein Beweis dafür, daß der Spätkapitalismus f ü r seine sozialen Probleme nur Scheinlösungen bereithält. Durch Betäubung der arbeitenden Klassen wird deren Produktivität und damit die Ausbeutungsrate erhöht. Die Widersprüchlichkeit solcher Pläne besteht darin, daß sie einerseits den Profit als treibende Kraft des Systems anerkennen und aufrechterhalten, ihn aber gleichzeitig begrenzen wollen, wobei sie dann die Funktionsfähigkeit des Systems gefährden. Dies führt letzten Endes entweder zu Scheinlösungen oder zu einer Sackgasse. Es ist, als wollte man die von einem Tumor im Kopfe des Patienten herrührenden Kopfschmerzen durch eine Dosis Aspirin beseitigen. Föhl begibt sich in eine Rechnerei, die zwar die Unzulänglichkeit der Gewinnbeteiligung als Korrektur der ungerechten Vermögens- und Einkommensverteilung aufzeigt, zieht aber in seinen Empfehlungen (69—72) aus diesen Ergebnissen keine Konsequenzen. Da das Mittel nicht zutreffend für die Aufhebung der ungerechten Vermögensverteilung ist, macht er nun daraus ein Instrument zugunsten der Partnerschaft von Kapital und Arbeit, das der „Produktivitätssteigerung" und der „Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen" (!) (72) dient. Logica capitalistica perfecta! Marios Nikolinakos (Berlin) Friedman, Milton: Die o p t i m a l e G e l d m e n g e u n d a n - dere E s s a y s . Verlag Moderne Industrie, München 1970 (319 S., Ln., 36,— DM). Das Buch ist eine Sammlung von 11 Aufsätzen, deren erster und längster (ca. 70 Seiten) eben „Die optimale Geldmenge" heißt. Die anderen sind überwiegend Berichte über empirische Untersuchungen, allerdings jeweils mit theoretischen Ausführungen verbunden. Zwei Vorträge allgemeinen Charakters (über H. Simon und über Geldpolitik) sind in die Sammlung auch aufgenommen worden. Sie
Ökonomie 391 ist wohl die umfassendste und zuverlässigste Darstellung des derzeitigen Friedmannschen Standpunktes. Die englische Ausgabe enthält allerdings zwei Aufsätze mehr als die deutsche. Warum sie nicht übersetzt wurden, ist nicht ersichtlich. Es fehlt auch jeglicher Hinweis darauf. Der Verfasser hat sich schon Mitte der 50er Jahre gegen die vorherrschende Keynessche Theorie gewandt und eine lange Diskussion ausgelöst. Sie bewegte sich zunächst auf einer sehr hohen Abstraktionsebene. Nach Amerikas Niederlage in Vietnam und seiner einhergehenden Krise sind mehr und mehr wirtschaftspolitische Probleme in den Vordergrund getreten. Der Kreis der Diskussionsteilnehmer hat sich dermaßen erweitert, daß es sehr zeitraubend sein dürfte, die Beiträge der letzten zwei bis drei Jahre zu dieser Auseinandersetzung audi nur zu zählen, geschweige denn, sie zu lesen. Gerade in den letzten Jahren sind auch Großbritannien und die Bundesrepublik angesteckt worden. Scharen von Besorgten und Hoffnungsvollen fragen, ob — behaupten, bestreiten, daß eine neue Medizin für den kranken Kapitalismus gefunden sei. Was sagt nun Friedman? Mir scheint, daß er hauptsächlich eins hervorheben will: die Geldmenge bestimmt das nominelle Volkseinkommen. Um das nachzuweisen, hat er zusammen mit verschiedenen Mitarbeitern umfangreiche statistische Untersuchungen durchgeführt und festgestellt, daß Änderungen in der Geldmenge mit einer Verzögerung von etwa 6 bis 24 Monaten gleichgerichtete Änderungen des Volkseinkommens nach sich ziehen. Abgesehen davon, daß seine statistischen Methoden nicht unbestritten sind, sollte man sich klarmachen, daß das Ergebnis durchaus im Rahmen der Keynesschen Theorie zu erklären ist. Höhere oder niedrigere Geldmengen lassen sich auf größere oder niedrigere Ausgaben zurückführen, deren Wirkung auf das Volkseinkommen erst nach einigen Monaten bemerkbar wird. Jedenfalls berechtigt der empirische Befund nicht zur Schlußfolgerung, es sei das Vorhandensein von mehr oder weniger Geld, das zu höheren bzw. niedrigeren Ausgaben ermuntert. Wenn diese Änderung der Geldmenge eine entsprechende Änderung der effektiven Nachfrage bedeutet, sind wir wieder bei Keynes. Und wenn sie es nicht ist, sollte Friedman mal erklären, wie z. B. im Falle einer Rezession ein Hineinpumpen von Zentralbankgeld in das Bankensystem die Unternehmungen dazu veranlaßt, zusätzliche Investitionen zu tätigen und neue Einstellungen vorzunehmen. In seinem ersten Kapitel hat er auch eine großartige Methode erfunden, die Geldmenge zu erhöhen, so daß das Geld unmittelbar in die Taschen der Leute wandert. Er läßt einen Hubschrauber vorbeifliegen und Banknoten abwerfen. Die Methode wird unglücklicherweise in dieser Welt von Einfallslosen keine Anwendung finden. Und da es nicht einsichtig ist, was an ihre Stelle treten soll, ist der Vorschlag (71) unbrauchbar, die Geldmenge jährlich um 5 °/o (ältere Fassung) bzw. 2 % (neue Fassung) wachsen zu lassen.
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Ökonomie 391<br />
ist wohl die umfassendste und zuverlässigste Darstellung des derzeitigen<br />
Friedmannschen Standpunktes. Die englische Ausgabe enthält<br />
allerdings zwei Aufsätze mehr als die deutsche. Warum sie nicht<br />
übersetzt wurden, ist nicht ersichtlich. Es fehlt auch jeglicher Hinweis<br />
darauf.<br />
Der Verfasser hat sich schon Mitte der 50er Jahre gegen die vorherrschende<br />
Keynessche <strong>Theorie</strong> gewandt und eine lange Diskussion<br />
ausgelöst. Sie bewegte sich zunächst auf einer sehr hohen Abstraktionsebene.<br />
Nach Amerikas Niederlage in Vietnam und seiner einhergehenden<br />
Krise sind mehr und mehr wirtschaftspolitische Probleme<br />
in den Vordergrund getreten. Der Kreis der Diskussionsteilnehmer<br />
hat sich dermaßen erweitert, daß es sehr zeitraubend sein dürfte, die<br />
Beiträge der letzten zwei bis drei Jahre zu dieser Auseinandersetzung<br />
audi nur zu zählen, geschweige denn, sie zu lesen. Gerade<br />
in den letzten Jahren sind auch Großbritannien und die Bundesrepublik<br />
angesteckt worden. Scharen von Besorgten und Hoffnungsvollen<br />
fragen, ob — behaupten, bestreiten, daß eine neue Medizin <strong>für</strong><br />
den kranken Kapitalismus gefunden sei.<br />
Was sagt nun Friedman? Mir scheint, daß er hauptsächlich eins<br />
hervorheben will: die Geldmenge bestimmt das nominelle Volkseinkommen.<br />
Um das nachzuweisen, hat er zusammen mit verschiedenen<br />
Mitarbeitern umfangreiche statistische Untersuchungen durchgeführt<br />
und festgestellt, daß Änderungen in der Geldmenge mit<br />
einer Verzögerung von etwa 6 bis 24 Monaten gleichgerichtete Änderungen<br />
des Volkseinkommens nach sich ziehen. Abgesehen davon,<br />
daß seine statistischen Methoden nicht unbestritten sind, sollte man<br />
sich klarmachen, daß das Ergebnis durchaus im Rahmen der Keynesschen<br />
<strong>Theorie</strong> zu erklären ist. Höhere oder niedrigere Geldmengen<br />
lassen sich auf größere oder niedrigere Ausgaben zurückführen,<br />
deren Wirkung auf das Volkseinkommen erst nach einigen Monaten<br />
bemerkbar wird. Jedenfalls berechtigt der empirische Befund nicht<br />
zur Schlußfolgerung, es sei das Vorhandensein von mehr oder weniger<br />
Geld, das zu höheren bzw. niedrigeren Ausgaben ermuntert.<br />
Wenn diese Änderung der Geldmenge eine entsprechende Änderung<br />
der effektiven Nachfrage bedeutet, sind wir wieder bei Keynes. Und<br />
wenn sie es nicht ist, sollte Friedman mal erklären, wie z. B. im Falle<br />
einer Rezession ein Hineinpumpen von Zentralbankgeld in das Bankensystem<br />
die Unternehmungen dazu veranlaßt, zusätzliche Investitionen<br />
zu tätigen und neue Einstellungen vorzunehmen. In seinem<br />
ersten Kapitel hat er auch eine großartige Methode erfunden, die<br />
Geldmenge zu erhöhen, so daß das Geld unmittelbar in die Taschen<br />
der Leute wandert. Er läßt einen Hubschrauber vorbeifliegen und<br />
Banknoten abwerfen.<br />
Die Methode wird unglücklicherweise in dieser Welt von Einfallslosen<br />
keine Anwendung finden. Und da es nicht einsichtig ist, was an<br />
ihre Stelle treten soll, ist der Vorschlag (71) unbrauchbar, die Geldmenge<br />
jährlich um 5 °/o (ältere Fassung) bzw. 2 % (neue Fassung)<br />
wachsen zu lassen.