Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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386 Besprechungen<br />
sehen Praxis das Proletariat als einzigen Feind bekämpft, steht gegen<br />
die von Niethammer vertretene These vom Selbstzweck der<br />
Wählermobilisierung (vgl. 259, 266) und entlarvt deren Funktion.<br />
Niethammers Verzicht auf analytische Begriffe zugunsten der Bezeichnung<br />
Protestwähler läßt ihm die Klassenstruktur des westdeutschen<br />
staatsmonopolistischen Systems aus dem Blick geraten: zu den<br />
„drei programmatische(n) Grundgemeinsamkeiten" der NPD — Formierungsideologie,<br />
Antikommunismus und territoriale Expansion —<br />
stellt Niethammer fest, ohne deren Funktion bestimmen und sie erklären<br />
zu können: „Diese Ziele sind wesentlich faschistisch. Ihre Verwirklichung<br />
wäre — trotz gegenteiliger Beteuerung — mit dem<br />
internationalen Frieden nicht zu vereinbaren und würde — weil sie<br />
die tatsächlichen Gegensätze in der Gesellschaft teils übergehen,<br />
teils mit staatlichen Mitteln ausschalten wollen —-, zu einer Regierungsweise<br />
mittels .Terror und Propaganda' führen. Die ökonomischen<br />
Versprechungen der NPD an mittelständische Schichten würden<br />
sich wie im NS als Bluff herausstellen, weil sie ebensowenig wie<br />
die NSDAP eine langfristig wirksame Alternative zur modernen<br />
kapitalistischen Industrie als der Ursache der mittelständischen und<br />
bäuerlichen Strukturkrisen zu bieten hat" (270). Er tut, als ob man<br />
die „tatsächlichen Gegensätze in der Gesellschaft" bei Förderung der<br />
Monopolisierung und der Verflechtung von Staats- und Monopolmacht<br />
zum Zweck der optimalen Profitmaximierung „mit staatlichen<br />
Mitteln (Terror und Propaganda) ausschalten" könnte! Der Grundwiderspruch<br />
wird sich vielmehr verschärfen, weil die Arbeiterklasse<br />
noch mehr ausgebeutet und ihre Organisationen zerschlagen oder<br />
funktionsunfähig gemacht würden. Gottfried Scherer (Köln)<br />
Schiff, IL: L e h r l i n g s k a l e n d e r 1 9 7 2. 11. Jahrgang. Verlag<br />
Moderne Industrie, München 1971 (224 S., geb., 5,75 DM).<br />
Sozialistisches Büro Offenbach und L Z - Z e i t u n g f ü r L e h r -<br />
linge u n d J u n g a r b e i t e r H a m b u r g (Hrsg.): Praxis<br />
und <strong>Theorie</strong> gewerkschaftlicher Lehrlingspolitik, dargestellt am<br />
Beispiel des Hamburger „Jour Fix". Verlag 2000, Offenbach 1971<br />
(206 S., geb., 5,10 DM).<br />
Boter Kalender 19<strong>72</strong> <strong>für</strong> Lehrlinge und Schüler. Verlag Klaus Wagenbach,<br />
Berlin 1971 (128 S., geb., 2,— DM).<br />
Spätestens seit Agnoli (<strong>Das</strong> <strong>Argument</strong>, Heft 41) gilt, daß die Lösung<br />
der Krise des kapitalistischen Staates bei seiner gleichzeitigen<br />
Aufrechterhaltung nicht allein durch den Faschismus möglich ist,<br />
sondern ebenso durch die liberale Herrschaftspraxis. Agnoli hat oft<br />
darauf hingewiesen, daß beide Wege zur Lösung der Krise begehbar<br />
sind: der Faschismus und die liberale Herrschaftspraxis, die sich,<br />
u.a. äußert in Sozialpartnerschaft, Vertauschung von Funktion und<br />
Position (alle sitzen in einem Boot; es spielt keine Rolle, ob am Ruder<br />
oder am Steuer), Individualmobilität. Die BRD begeht den zweiten