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Das Argument 72 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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374 Besprechungen<br />

als ein Moment operationaler Anpassung zu begreifen, deren Voraussetzungen<br />

als .grundsätzlich' angenommen und deren Implikationen<br />

nicht diskutiert werden dürfen" (36). Aus der Kritik der bestehenden<br />

Ansätze entwickeln die Autoren nun einen eigenen „subjektivkollektiven<br />

Ansatz" des Sprachunterrichts, den sie zuerst theoretisch<br />

explizieren und dann im Hinblick auf die Anwendung eines solchen<br />

Ansatzes in der Unterrichtspraxis kommentierend darstellen.<br />

Der Schwerpunkt dieser Konzeption liegt auf der Überwindung<br />

bloß formalen, einseitig an der Syntax ausgerichteten Sprachtrainings<br />

zugunsten der Vermittlung inhaltlicher Einsichten in die<br />

sozialen und ökonomischen Zusammenhänge des Systems. Dabei<br />

wird versucht, von den besonderen Realitätserfahrungen der Arbeiterkinder<br />

auszugehen und diese in der übergreifenden Perspektive<br />

sprachlich angemessen darzustellen. Hier ist die Rolle des<br />

Lehrers im wesentlichen auf „schematisierend-ordnende" und „erklärende"<br />

Funktionen eingeschränkt. Gelernt wird vorrangig im<br />

Rahmen didaktischer „Planspiele", die — im Unterschied zu Rollenspielen<br />

— darauf abzielen sollen, „andere als die eingenommenen<br />

Positionen im vorhinein in Betracht zu ziehen, d. h. Strategien zu<br />

entwickeln. Im Planspiel wird es (den Schülern, R. P.) möglich, andere<br />

Einstellungen und <strong>Argument</strong>ationen vorwegzunehmen und<br />

Möglichkeiten zur Durchsetzung eigener Interessen herauszufinden"<br />

(53). (Diese Unterscheidung von Plan- und Rollenspiel erscheint eher<br />

aufgesetzt: auch das Meadsche Konzept des „realing the role of the<br />

other" meint eine ähnlich antizipatorische Strategie des Rollenhandelns.)<br />

Zusammenfassend formulieren die Autoren ihre Zielvorstellungen<br />

folgendermaßen :<br />

„Sprachschulung muß dazu dienen,<br />

— die subjektiv-kollektiven Bedürfnisse der Schüler deutlich zu<br />

machen und zu verbalisieren;<br />

— die Zwangsmechanismen der Gesellschaft durchschaubar zu<br />

machen;<br />

— Handlungsanweisungen <strong>für</strong> Interaktionen und kollektive Aktionen<br />

zu erarbeiten" (42).<br />

Der Versuch der praktischen Durchführung einer solchen Konzeption<br />

in einer Unterrichtseinheit wird anhand empirischer Materialien<br />

(Unterrichtsprotokollen etc.) relativ gut belegt. ^Gleichwohl<br />

kann von dem vorgelegten Material her der hochgestochene Anspruch<br />

dieser Konzeption noch nicht als eingelöst gelten.<br />

Der dritte Teil formuliert über eine knappe Zusammenfassung<br />

hinaus noch einmal den politischen Stellenwert eines emanzipatorischen<br />

Sprachunterrichts: „Sprachschulung — und mit ihr soziales<br />

Lernen — ist eindeutig auf die Bedürfnisse der Arbeiterklasse ausgerichtet<br />

und bedarf des bewußt politisch arbeitenden, d. h. des<br />

parteilichen Lehrers" (108).<br />

Die vorgelegte Arbeit ist <strong>für</strong> die gegenwärtige Diskussion der<br />

Soziolinguistik gerade in ihrer praktischen Dimension unbedingt<br />

wichtig. Zwar werden in der didaktischen Verengung der Perspek-

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