Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

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29.01.2013 Aufrufe

leiben so nicht losgelàst, sondern werden im Nacherleben der in den BilderbÄchern dargestellten alltÇglichen Probleme nachvollziehbar. Es gibt verschiedenen Situationen, in denen ein Bilderbuch zum Thema „Sterben und Tod“ hilfreich einzusetzen ist, wie z. B. bei einer allgemeinen Betrachtung ohne direkten Anlass, als erste HinfÄhrung zu dem Thema, auch begleitend, helfend, bei einem direkten Anlass im Umfeld des Kindes oder zur nachtrÇglichen Aufarbeitung eines Todesgeschehen. Wandel im Bilderbuch UrsprÄnglich richtet sich das Bilderbuch an kleine Kinder zwischen 3 und 7 Jahren, die noch nicht selber lesen kànnen. Es Äberwiegen bei einem Bilderbuch die Bilder gegenÄber dem Text; dabei haben sie eine erzÇhlende Funktion. So regt ein Bilderbuch nicht nur zum gemeinsamen Betrachten von Bildern und zum Lesen an, sondern auch zum Miteinanderreden. 94 Abbildung 2. Bilderbuch: Hoffmann Schon in der 2. HÇlfte des 19. Jahrhunderts finden wir in dem Bilderbuch vom Struwwelpeter den Tod fÄr die Kleinen dargestellt. In den Geschichten vom Suppenkaspar und Paulinchen erscheint der Tod schonungslos als Androhung und auch als Strafe fÄr unangemessenes Verhalten. Die Todeswirklichkeit wird hier verzerrt dargestellt, als wÇre sie durch braves, angepasstes Verhalten zu vermeiden. Diese Warngeschichten, in denen mit Tod oder auch schweren kàrperlichen Behinderungen nach Ungehorsam gedroht wird, blockieren eine Annahme des Todes als eine natÄrliche und notwendige Gegebenheit des Lebens. Diese Geschichten machen Angst vor dem Sterben und vor dem Tod. Im 20. Jahrhundert wurde bis in die sechziger Jahre in den BilderbÄchern das Leben idealisiert, fast paradiesisch dargestellt. In den vergangenen 35 Jahren kam es in den BilderbÄchern dann zu einem inhaltlichen Wandel von der Wunsch- zur Alltagswelt mit seinen lebenspraktischen Problemen. Es gibt heute bei dem Thema „Sterben und Tod“ anspruchsvolle BilderbÄcher, die Betrachter jeden Alters ansprechen. Diese problembewussten BilderbÄcher eignen sich sowohl zum Vorlesen, zum Selberlesen oder als Einstieg zu einem GesprÇch wie auch als Anregung fÄr eine Projektarbeit. Seit etwas 1990 sind erstaunlich viele BilderbÄcher erschienen, bei denen der Tod nicht ein Thema neben vielen anderen, sondern das zentrale ist. Begonnen hat die problembewusste Auseinandersetzung mit Sterben und Tod im Kinderbuch mit Die BrÖder LÅwenherz von Astrid Lindgren (1973) und im Bilderbuch mit Leb wohl, lieber Dachs (1984).

Abbildung 3. Bilderbuch: Varley In diesen BÄchern kam es zu einer neuen sprachlichen und bildhaften Darstellung des Todes und somit zu einer behutsamen AnnÇherung an Vorstellungen Äber das Lebensende. Die Sprache ist eindeutig und fÄr Kinder verstÇndlich. Die bildhaften Darstellungen und die gewÇhlten Worte sollen helfen, die Vorstellungen vom eigenen Tod und dem des anderen zu ertragen und auch anzunehmen. Kinder trauern anders Erst in der zweiten HÇlfte des vorigen Jahrhunderts entwickelte sich mit den Arbeiten von Bowlby et al. (1979) eine neue Sichtweise der kindlichen GefÄhlswelt, auch des trauernden Verhaltens von Kindern. Kinder trauern anders � In der kindlichen Vorstellung leben die Toten weiter. � Kinder schieben die Trauer weg und lenken sich ab. � Kinder fÄrchten, auch die Bezugspersonen kànnten sterben. � Kinder fÄhlen sich hÇufig schuldig. Schaubild 1 Fallberichte und Erfahrungen mit Kindern, die einen Todesfall in ihrem Umfeld erlebt haben, lassen erkennen, dass Kinder wohl trauern, aber anders als Erwachsene. So leben die Toten in ihrer Vorstellung weiter. Hierzu eine Aussage der 9-jÇhrigen Patricia nach dem Tod ihrer GroÑmutter. „Nun ist sie tot und kommt in den Himmel. Da wartet schon der GroÑvater. Er steht da mit ausgestreckten Armen und ruft: „Willkommen im Himmel. Ich habe auf dich gewartet. Und die GroÑmutter sagt zu ihm: „Ich freue mich, dich wiederzusehen und auch alle meine Freunde.“ Hinweise aus Verhaltensbeobachtungen und GesprÇchen lassen vermuten, dass Kinder versuchen, die Trauer „wegzuschieben.“ So springen sie, wenn sie eben noch geweint haben, im nÇchsten Augenblick unerwartet herum und lenken sich ab. 95

Abbildung 3. Bilderbuch: Varley<br />

In diesen BÄchern kam es zu einer neuen sprachlichen und bildhaften Darstellung des Todes<br />

und somit zu einer behutsamen AnnÇherung an Vorstellungen Äber das Lebensende. Die<br />

Sprache ist eindeutig und fÄr <strong>Kinder</strong> verstÇndlich. Die bildhaften Darstellungen und die gewÇhlten<br />

Worte sollen helfen, die Vorstellungen vom eigenen Tod und dem des anderen zu<br />

ertragen und auch anzunehmen.<br />

<strong>Kinder</strong> trauern anders<br />

Erst in der zweiten HÇlfte des vorigen Jahrhunderts entwickelte sich mit <strong>den</strong> Arbeiten von<br />

Bowlby et al. (1979) eine neue Sichtweise der kindlichen GefÄhlswelt, auch des trauern<strong>den</strong><br />

Verhaltens von <strong>Kinder</strong>n.<br />

<strong>Kinder</strong> trauern anders<br />

� In der kindlichen Vorstellung leben die Toten<br />

weiter.<br />

� <strong>Kinder</strong> schieben die Trauer weg und lenken sich<br />

ab.<br />

� <strong>Kinder</strong> fÄrchten, auch die Bezugspersonen<br />

kànnten sterben.<br />

� <strong>Kinder</strong> fÄhlen sich hÇufig schuldig.<br />

Schaubild 1<br />

Fallberichte und Erfahrungen mit <strong>Kinder</strong>n, die einen Todesfall in ihrem Umfeld erlebt haben,<br />

lassen erkennen, dass <strong>Kinder</strong> wohl trauern, aber anders als Erwachsene. So leben die Toten in<br />

ihrer Vorstellung weiter. Hierzu eine Aussage der 9-jÇhrigen Patricia nach dem Tod ihrer<br />

GroÑmutter. „Nun ist sie tot und kommt in <strong>den</strong> Himmel. Da wartet schon der GroÑvater. Er<br />

steht da mit ausgestreckten Armen und ruft: „Willkommen im Himmel. Ich habe auf dich gewartet.<br />

Und die GroÑmutter sagt zu ihm: „Ich freue mich, dich wiederzusehen und auch alle<br />

meine Freunde.“<br />

Hinweise aus Verhaltensbeobachtungen und GesprÇchen lassen vermuten, dass <strong>Kinder</strong> versuchen,<br />

die Trauer „wegzuschieben.“ So springen sie, wenn sie eben noch geweint haben, im<br />

nÇchsten Augenblick unerwartet herum und lenken sich ab.<br />

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