29.01.2013 Aufrufe

Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Pusteblumendasein<br />

88<br />

Du musst das Leben nicht verstehn<br />

dann wird es wer<strong>den</strong> wie ein Fest.<br />

Und lass dir je<strong>den</strong> Tag geschehen<br />

so wie ein Kind im Weitergehen<br />

von jedem Wehen<br />

sich viele BlÄten schenken lÇsst.<br />

Sie aufzusammeln und zu sparen<br />

kommt dem Kind nicht in <strong>den</strong> Sinn.<br />

Es làst sie leise aus <strong>den</strong> Haaren,<br />

drin sie so gern gefangen waren,<br />

und hÇlt <strong>den</strong> lieben jungen Jahren<br />

nach neuen seine HÇnde hin.<br />

Rainer Maria Rilke<br />

Wir bringen unser Leben hin zwischen <strong>den</strong> Stun<strong>den</strong>schlÇgen der Uhren, zwischen November<br />

und MÇrz, zwischen <strong>den</strong> mÄrbeduften<strong>den</strong>, birnenschweren Herbsten und <strong>den</strong> erdigfeuchten<br />

FrÄhlingsstÄrmen, zwischen Bett und Bett, zwischen Geburt und Tod, Ja und Nein, Gott und<br />

Nicht-Gott.<br />

Wir bringen es hin zwischen SÄÑe und Bitterkeit, und wir bringen es damit zu, Lust aufzustàbern<br />

in allen Minuten und fin<strong>den</strong> Leid an allen Nachmittagen und in allen NÇchten, auch<br />

wenn die DÇmmerung es mildert …<br />

Wir: klein, klÇglich, kàniglich, kurzlebig, krank, kolossal. Wir mit unserem sehnsÄchtigen<br />

Herzen, verraten an verdÇmmernde, diesige Ungewissheiten, ausgesetzt auf die grundlosen<br />

Wasser der Welt, kurslos, ohne KÄste und Kompass, ausgesetzt auf die zufÇllige, schmale,<br />

schaukelnde Planke des Seins zwischen <strong>den</strong> schweigen<strong>den</strong> Uferlosigkeiten von Gestern und<br />

Morgen.<br />

Gestern und Morgen, unser Leben liegt dazwischen, kÄkenfederleicht, katastrophentrÇchtig,<br />

kostbar und kurz: dies Pusteblumendasein.<br />

Wolfgang Borchert<br />

Da kam ihm ein wunderbarer Gedanke … (aus einer ErzÇhlung von Hermann Hesse)<br />

Da kam ihm ein wunderbarer Gedanke: ein Leben ohne Angst! Die Angst Äberwin<strong>den</strong>, das<br />

war die Seligkeit, das war die Erlàsung. (…) Man hatte vor tausend Dingen Angst, vor<br />

Schmerzen, vor dem eigenen Herzen, man hatte Angst vor dem Schlaf, Angst vor dem Erwachen,<br />

vor dem Alleinsein, vor dem Wahnsinn, vor dem Tode – namentlich vor ihm, vor dem<br />

Tode. Aber all das waren nur Masken und Verkleidungen. In Wirklichkeit gab es nur eines,<br />

vor dem man Angst hatte: das Sichfallenlassen, <strong>den</strong> Schritt in das Ungewisse hinaus, <strong>den</strong><br />

kleinen Schritt hinweg Äber all die Versicherungen, die es gab. (…)<br />

Er dachte dies nicht, wie man Gedanken <strong>den</strong>kt, er lebte, fÄhlte, tastete, roch und schmeckte es.<br />

(…) Die Welt wurde immerfort geboren, sie starb immerfort. Jedes Leben war ein Atemzug,<br />

von Gott ausgestoÑen. Jedes Sterben war ein Atemzug, von Gott eingesogen. (…)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!