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Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

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<strong>Kinder</strong> waren „nur“ Therapieziel-Ånderungskonsile, auf die ich gleich noch nÇher eingehen<br />

werde.<br />

Vier Anfragen kamen von Familien, in <strong>den</strong>en die Mutter ein ungeborenes Kind in sich trug<br />

und wo es aufgrund der PrÇnataldiagnostik klar war, dass das Kind, wenn es lebend zur Welt<br />

kommen wÄrde, kurze Zeit spÇter sterben wÄrde. Diese Frauen hatten <strong>den</strong> Wunsch, die <strong>Kinder</strong><br />

auszutragen. Wir konnten sie ein StÄck weit begleiten in der Planung, in der UnterstÄtzung<br />

hinsichtlich rechtlicher Fragen oder auch in der Beratung der entsprechen<strong>den</strong> Årzte.<br />

Jetzt erinnern wir uns noch einmal an die vier ACT-Gruppen:<br />

o 25 der betreuten <strong>Kinder</strong> kamen aus der Gruppe 1 der vier ACT-Gruppen, d. h. es waren<br />

vor allen Dingen <strong>Kinder</strong> mit Organversagen und Krebserkrankungen.<br />

o In der Gruppe 2 handelt es sich um <strong>Kinder</strong> z. B. mit Mukoviszidose. Mit ihnen hatten<br />

wir bisher sehr wenig zu tun. Ich <strong>den</strong>ke, das hat seinen Grund darin, dass diese <strong>Kinder</strong><br />

eine lange Zeit gut betreut wer<strong>den</strong> und vor allen Dingen auch gute Teams mit viel ProfessionalitÇt<br />

zur UnterstÄtzung um sich herum haben.<br />

o Die <strong>Kinder</strong>, die sehr wenig UnterstÄtzung erfahren, das sind die <strong>Kinder</strong>, die in die<br />

Gruppen 3 und 4 fallen. Es sind <strong>Kinder</strong> mit schweren neurologischen Erkrankungen,<br />

die Äber Jahre und màglicherweise Jahrzehnte zu Hause sind. Die Eltern haben stÇndig<br />

schlaflose NÇchte, die Familien sind dauerhaft belastet und es gibt relativ wenige UnterstÄtzungsmàglichkeiten.<br />

Ich màchte Ihnen ein paar Beispiele geben fÄr die Art unserer Arbeit:<br />

Das erste Beispiel ist ein zweijÇhriges MÇdchen mit einer angeborenen Stoffwechselerkrankung,<br />

einer Mitochondriopathie. Nachdem das MÇdchen nach einem Atemstillstand zu Hause<br />

reanimiert wer<strong>den</strong> musste, wur<strong>den</strong> wir auf die Intensivstation gebeten, wo das MÇdchen maschinell<br />

beatmet wurde. Der Wunsch des Teams der Intensivstation war, dass wir mit <strong>den</strong> Eltern<br />

Äber eine PatientenverfÄgung re<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n es war klar, dass das MÇdchen sterben wÄrde.<br />

Es sollte verhindert wer<strong>den</strong>, dass das MÇdchen wiederholt reanimiert wer<strong>den</strong> wÄrde. Bei einem<br />

Konsil zur Bestimmung des Therapieziels wird zunÇchst im VorgesprÇch mit Årzten,<br />

Schwestern, Psychologen, Sozialarbeitern und Seelsorgern ein Konsens bezÄglich des Therapieziels<br />

angestrebt. Im zweiten Schritt wird geprÄft, ob das Therapieziel sich mit <strong>den</strong> Vorstellungen<br />

des Kindes bzw. seines gesetzlichen Vertreters, also meistens der Eltern, deckt.<br />

Wir haben das GesprÇch auf Englisch gefÄhrt, weil die Mutter kein Deutsch sprach. Ich habe<br />

sie gebeten, dass sie mir mit ihren eigenen Worten sagt, was sie von der Krankheit ihrer Tochter<br />

verstan<strong>den</strong> hat und wie sie die Situation ihrer Tochter einschÇtzt. Dabei kam heraus, dass<br />

die Mutter die Diagnose nicht angenommen hat, dass sie sie nicht glaubte oder verdrÇngt hatte.<br />

Ob vielleicht falsch kommuniziert wurde, kànnen wir letztlich nicht klÇren, vielleicht ist es<br />

auch eine Mischung aus allem. Es wurde dann klar, dass der Vater, der gut Deutsch sprach,<br />

nicht alles Äbersetzt hatte. Dass es dafÄr einen anderen – kulturell bedingten – Hintergrund<br />

gab, war deutlich.<br />

Wochen spÇter kam es zu einem zweiten GesprÇch. Das MÇdchen war erneut reanimiert wor<strong>den</strong><br />

und befand sich wieder auf der Intensivstation. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Mutter<br />

die Diagnose annehmen. Hier ist wieder deutlich zu erkennen, wie wichtig es ist, dass wir das<br />

Tempo der Eltern oder der <strong>Kinder</strong> annehmen und nicht schon mehr Schritte machen, als die<br />

Eltern in dem Moment machen kànnen.<br />

Zu diesem Zeitpunkt war nun ein gemeinsames Nach<strong>den</strong>ken Äber eine TherapiezielÇnderung<br />

màglich. Wir haben nie eine schriftliche PatientenverfÄgung gemacht, aber die Worte der<br />

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