Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

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29.01.2013 Aufrufe

24 o Vorbereitung der Entlassung und Koordination der hÇuslichen Betreuung: HÇufig geht das Hand in Hand, dass wir die Entlassung schon mit vorbereiten und dann die Arbeit zu Hause weiter koordinieren. o Wir stellen immer eine 24 Stunden telefonische VerfÄgbarkeit eines Ansprechpartners sicher. o Wir vermitteln Hilfen in der Trauerphase. o Wir nehmen Kontakt auf zu den Hospizdiensten, wenn wir sehen, dass die Familie mehr UnterstÄtzung zu Hause brÇuchte. o Eine sehr hilfreiche Einrichtung sind die Debriefing-GesprÇche, also Nachbesprechung nach dem Tode eines Kindes. NatÄrlich machen wir auch wÇhrend der Begleitung bei Bedarf multiprofessionelle Helferkonferenzen, aber wenn ein Kind verstirbt, unter welchen Bedingungen auch immer, ist es wichtig, noch einmal eine Runde zu machen, um fÄr jeden einzelnen zu klÇren, was eigentlich wann passiert ist. Das hat einerseits fÄr uns als Helfer einen wichtigen Effekt, weil wir auch immer an uns und an diejenigen, mit denen wir zusammenarbeiten, denken mÄssen, andererseits hat es auch immer einen Lerneffekt, wenn noch einmal besprochen wird, was vielleicht nicht so gut gelaufen ist, und was man demnÇchst ein bisschen anders machen sollte. DarÄber hinaus gibt es viel Organisatorisches zu erledigen: Planung und DurchfÄhrung von speziellen Schulungen, Dokumentation, Evaluation, QualitÇtssicherung, Forschung. AuÑerdem arbeiten wir sozialpolitisch, z. B. haben wir bewirkt, dass in der Betreuung schwerstkranker Kinder, insbesondere sterbender Kinder in den AusfÄhrungsbestimmungen des Paragraphen 43a SGB V Äber die sozialmedizinische Nachsorge ein spezieller Pfad implementiert wurde. Ich komme jetzt zu unseren Ausbildungen. Ein Zitat von Erich KÇstner: Die Fragen sind es, aus dem das, was bleibt, entsteht. Das ist das Motto der sogenannten „Inhouse-Schulung Kinder-Palliativmedizin“, die wir in Zusammenarbeit mit der Christophorus-Akademie am Zentrum fÄr Palliativmedizin gegrÄndet haben, auf Wunsch spezieller Kinder-Intensivstationen. Es wurden Spendengelder gesammelt, weil diese Stationen sich spezielle Fortbildungen zu dem Thema gewÄnscht haben. Nachdem wir diese Spendengelder von Elterninitiativen bekommen haben, haben wir eine Mitarbeiterbefragung gemacht, um zu schauen, was die Stationsteams brauchen. Aus dieser Mitarbeiterbefragung heraus haben wir fÄnf multiprofessionelle Module konzipiert mit den Schwerpunktthemen: o Kommunikation im Team o Kommunikation mit Angehàrigen und Kindern o Umgang mit Trauer o KlÇrung ethischer und rechtlicher Fragen o Umgang mit Schmerzen – Schmerzerkennung und andere belastende Symptome Es gibt bei uns noch keine spezielle Fortbildung fÄr Kinderkrankenschwestern oder multiprofessionelle Palliative Care-Kurse, aber wir bieten jetzt im Juli 2006 erstmals einen KinderÇrztekurs an, der von der Bayerischen LandesÇrztekammer als Zusatzweiterbildung anerkannt wird. Wir haben in den ersten zwei Jahren in der Koordinationsstelle 61 Kinder betreut; von diesen Kindern sind 36 Kinder verstorben. 24 konnten zu Hause versterben. 16 der von uns betreuten

Kinder waren „nur“ Therapieziel-Ånderungskonsile, auf die ich gleich noch nÇher eingehen werde. Vier Anfragen kamen von Familien, in denen die Mutter ein ungeborenes Kind in sich trug und wo es aufgrund der PrÇnataldiagnostik klar war, dass das Kind, wenn es lebend zur Welt kommen wÄrde, kurze Zeit spÇter sterben wÄrde. Diese Frauen hatten den Wunsch, die Kinder auszutragen. Wir konnten sie ein StÄck weit begleiten in der Planung, in der UnterstÄtzung hinsichtlich rechtlicher Fragen oder auch in der Beratung der entsprechenden Årzte. Jetzt erinnern wir uns noch einmal an die vier ACT-Gruppen: o 25 der betreuten Kinder kamen aus der Gruppe 1 der vier ACT-Gruppen, d. h. es waren vor allen Dingen Kinder mit Organversagen und Krebserkrankungen. o In der Gruppe 2 handelt es sich um Kinder z. B. mit Mukoviszidose. Mit ihnen hatten wir bisher sehr wenig zu tun. Ich denke, das hat seinen Grund darin, dass diese Kinder eine lange Zeit gut betreut werden und vor allen Dingen auch gute Teams mit viel ProfessionalitÇt zur UnterstÄtzung um sich herum haben. o Die Kinder, die sehr wenig UnterstÄtzung erfahren, das sind die Kinder, die in die Gruppen 3 und 4 fallen. Es sind Kinder mit schweren neurologischen Erkrankungen, die Äber Jahre und màglicherweise Jahrzehnte zu Hause sind. Die Eltern haben stÇndig schlaflose NÇchte, die Familien sind dauerhaft belastet und es gibt relativ wenige UnterstÄtzungsmàglichkeiten. Ich màchte Ihnen ein paar Beispiele geben fÄr die Art unserer Arbeit: Das erste Beispiel ist ein zweijÇhriges MÇdchen mit einer angeborenen Stoffwechselerkrankung, einer Mitochondriopathie. Nachdem das MÇdchen nach einem Atemstillstand zu Hause reanimiert werden musste, wurden wir auf die Intensivstation gebeten, wo das MÇdchen maschinell beatmet wurde. Der Wunsch des Teams der Intensivstation war, dass wir mit den Eltern Äber eine PatientenverfÄgung reden, denn es war klar, dass das MÇdchen sterben wÄrde. Es sollte verhindert werden, dass das MÇdchen wiederholt reanimiert werden wÄrde. Bei einem Konsil zur Bestimmung des Therapieziels wird zunÇchst im VorgesprÇch mit Årzten, Schwestern, Psychologen, Sozialarbeitern und Seelsorgern ein Konsens bezÄglich des Therapieziels angestrebt. Im zweiten Schritt wird geprÄft, ob das Therapieziel sich mit den Vorstellungen des Kindes bzw. seines gesetzlichen Vertreters, also meistens der Eltern, deckt. Wir haben das GesprÇch auf Englisch gefÄhrt, weil die Mutter kein Deutsch sprach. Ich habe sie gebeten, dass sie mir mit ihren eigenen Worten sagt, was sie von der Krankheit ihrer Tochter verstanden hat und wie sie die Situation ihrer Tochter einschÇtzt. Dabei kam heraus, dass die Mutter die Diagnose nicht angenommen hat, dass sie sie nicht glaubte oder verdrÇngt hatte. Ob vielleicht falsch kommuniziert wurde, kànnen wir letztlich nicht klÇren, vielleicht ist es auch eine Mischung aus allem. Es wurde dann klar, dass der Vater, der gut Deutsch sprach, nicht alles Äbersetzt hatte. Dass es dafÄr einen anderen – kulturell bedingten – Hintergrund gab, war deutlich. Wochen spÇter kam es zu einem zweiten GesprÇch. Das MÇdchen war erneut reanimiert worden und befand sich wieder auf der Intensivstation. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Mutter die Diagnose annehmen. Hier ist wieder deutlich zu erkennen, wie wichtig es ist, dass wir das Tempo der Eltern oder der Kinder annehmen und nicht schon mehr Schritte machen, als die Eltern in dem Moment machen kànnen. Zu diesem Zeitpunkt war nun ein gemeinsames Nachdenken Äber eine TherapiezielÇnderung màglich. Wir haben nie eine schriftliche PatientenverfÄgung gemacht, aber die Worte der 25

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o Vorbereitung der Entlassung und Koordination der hÇuslichen Betreuung: HÇufig geht<br />

das Hand in Hand, dass wir die Entlassung schon mit vorbereiten und dann die Arbeit<br />

zu Hause weiter koordinieren.<br />

o Wir stellen immer eine 24 Stun<strong>den</strong> telefonische VerfÄgbarkeit eines Ansprechpartners<br />

sicher.<br />

o Wir vermitteln Hilfen in der Trauerphase.<br />

o Wir nehmen Kontakt auf zu <strong>den</strong> Hospizdiensten, wenn wir sehen, dass die Familie<br />

mehr UnterstÄtzung zu Hause brÇuchte.<br />

o Eine sehr hilfreiche Einrichtung sind die Debriefing-GesprÇche, also Nachbesprechung<br />

nach dem Tode eines Kindes.<br />

NatÄrlich machen wir auch wÇhrend der Begleitung bei Bedarf multiprofessionelle Helferkonferenzen,<br />

aber wenn ein Kind verstirbt, unter welchen Bedingungen auch immer, ist es wichtig,<br />

noch einmal eine Runde zu machen, um fÄr je<strong>den</strong> einzelnen zu klÇren, was eigentlich<br />

wann passiert ist. Das hat einerseits fÄr uns als Helfer einen wichtigen Effekt, weil wir auch<br />

immer an uns und an diejenigen, mit <strong>den</strong>en wir zusammenarbeiten, <strong>den</strong>ken mÄssen, andererseits<br />

hat es auch immer einen Lerneffekt, wenn noch einmal besprochen wird, was vielleicht<br />

nicht so gut gelaufen ist, und was man demnÇchst ein bisschen anders machen sollte.<br />

DarÄber hinaus gibt es viel Organisatorisches zu erledigen: Planung und DurchfÄhrung von<br />

speziellen Schulungen, Dokumentation, Evaluation, QualitÇtssicherung, Forschung.<br />

AuÑerdem arbeiten wir sozialpolitisch, z. B. haben wir bewirkt, dass in der Betreuung<br />

schwerstkranker <strong>Kinder</strong>, insbesondere sterbender <strong>Kinder</strong> in <strong>den</strong> AusfÄhrungsbestimmungen<br />

des Paragraphen 43a SGB V Äber die sozialmedizinische Nachsorge ein spezieller Pfad implementiert<br />

wurde.<br />

Ich komme jetzt zu unseren Ausbildungen. Ein Zitat von Erich KÇstner:<br />

Die Fragen sind es, aus dem das, was bleibt, entsteht.<br />

Das ist das Motto der sogenannten „Inhouse-Schulung <strong>Kinder</strong>-Palliativmedizin“, die wir in<br />

Zusammenarbeit mit der Christophorus-Akademie am Zentrum fÄr Palliativmedizin gegrÄndet<br />

haben, auf Wunsch spezieller <strong>Kinder</strong>-Intensivstationen. Es wur<strong>den</strong> Spen<strong>den</strong>gelder gesammelt,<br />

weil diese Stationen sich spezielle Fortbildungen zu dem Thema gewÄnscht haben.<br />

Nachdem wir diese Spen<strong>den</strong>gelder von Elterninitiativen bekommen haben, haben wir eine<br />

Mitarbeiterbefragung gemacht, um zu schauen, was die Stationsteams brauchen. Aus dieser<br />

Mitarbeiterbefragung heraus haben wir fÄnf multiprofessionelle Module konzipiert mit <strong>den</strong><br />

Schwerpunktthemen:<br />

o Kommunikation im Team<br />

o Kommunikation mit Angehàrigen und <strong>Kinder</strong>n<br />

o Umgang mit Trauer<br />

o KlÇrung ethischer und rechtlicher Fragen<br />

o Umgang mit Schmerzen – Schmerzerkennung und andere belastende Symptome<br />

Es gibt bei uns noch keine spezielle Fortbildung fÄr <strong>Kinder</strong>krankenschwestern oder multiprofessionelle<br />

Palliative Care-Kurse, aber wir bieten jetzt im Juli 2006 erstmals einen <strong>Kinder</strong>Çrztekurs<br />

an, der von der Bayerischen LandesÇrztekammer als Zusatzweiterbildung anerkannt<br />

wird.<br />

Wir haben in <strong>den</strong> ersten zwei Jahren in der Koordinationsstelle 61 <strong>Kinder</strong> betreut; von diesen<br />

<strong>Kinder</strong>n sind 36 <strong>Kinder</strong> verstorben. 24 konnten zu Hause versterben. 16 der von uns betreuten

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