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Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

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Dr. Ayda Duroux<br />

Palliativmedizin bei <strong>Kinder</strong>n<br />

Bevor ich mit meinem Vortrag anfange, màchte ich Ihnen von einer persànlichen Erfahrung<br />

berichten.<br />

An unserem letzten Urlaubstag im vergangenen Jahr klingelte Sonntagmorgen um acht Uhr<br />

mein Handy. Es riefen mich Eltern aus dem <strong>Kinder</strong>garten meiner <strong>Kinder</strong> an. Ich bin in einer<br />

Elterninitiative mit nur zwàlf <strong>Kinder</strong>n, und wir kennen uns alle sehr gut. Die Mutter schilderte<br />

mir Symptome bei ihrem dreijÇhrigen Jungen, der ein Freund meiner <strong>Kinder</strong> war. Ich war<br />

gleich sehr bewegt. Mir wurde klar, dass dieser Junge einen Gehirntumor mit Hirndruckzeichen<br />

hatte.<br />

Es kamen fÄrchterliche Monate, auch fÄr mich, da ich nicht professionell involviert war, sondern<br />

als begleitende Freundin dieses jungen Elternpaares. Maurice ist am 28. Februar dieses<br />

Jahres gestorben. Ich habe in dieser Zeit eigene Erfahrungen mit meinen <strong>Kinder</strong>n und mit <strong>den</strong><br />

<strong>Kinder</strong>n aus dem <strong>Kinder</strong>garten gemacht. Ich habe erfahren, wie sie mit dem Tod umgehen,<br />

wenn wir es zulassen.<br />

Es gibt ein besonderes Bestattungsinstitut in MÄnchen, das sich sehr mit dem Thema „Umgang<br />

mit Tod und Bestattungen bei <strong>Kinder</strong>n“ beschÇftigt. Wir alle haben wunderbare Erinnerungen<br />

an die Zeit, in der wir zusammen ganz intensiv getrauert haben. In dem Bestattungsinstitut,<br />

wo Maurice aufgebahrt war, war alles sehr schàn und liebevoll hergerichtet, und unsere<br />

<strong>Kinder</strong> haben gemeinsam <strong>den</strong> Sarg bemalt, was sehr bewegend fÄr uns alle war. Jedes Kind<br />

hat auf unterschiedlichste Weise auf <strong>den</strong> Tod von Maurice reagiert.<br />

Ich habe ZwillingsmÇdchen, die damals knapp fÄnf Jahre alt waren. Es sind zweieiige ZwillingsmÇdchen,<br />

zwei ganz unterschiedliche Menschen, die aus dem gleichen Elternhaus kommen<br />

und <strong>den</strong>noch auch mit dem Thema „Tod“ ganz unterschiedlich umgehen. Die eine hat,<br />

als ich ihr erzÇhlte, dass Maurice gestorben ist, eine halbe Stunde lang auf meinem SchoÑ<br />

gesessen und aus ihrem tiefsten Innern geheult, so wie ich es kaum von ihr kenne. Die andere<br />

hat ganz ruhig reagiert und gesagt: „Jetzt ist er ein Engel, so wie Opa Angelo.“ Nachdem sie<br />

<strong>den</strong> toten Maurice gesehen haben, hat diejenige, die bei der Nachricht schon so geweint hatte,<br />

sich auf meinem SchoÑ verkrochen. Sie hat sich in mich gegraben mit ihrem Gesicht, was ich<br />

auch nicht von ihr kannte. Sie hat eine halbe Stunde lang nichts gewollt, obwohl alle anderen<br />

<strong>Kinder</strong> noch mit dem Anmalen des Sarges beschÇftigt waren. Erst als eine Mutter eine<br />

Schachtel mit Muscheln àffnete, die dann auch auf <strong>den</strong> Sarg geklebt wur<strong>den</strong>, kam sie wieder<br />

ins Geschehen zurÄck. Danach war es fÄr sie erst einmal vorbei, es flammte zwischendurch<br />

immer wieder etwas auf, aber ich merkte, dass es fÄr sie wichtig war, ganz bewusst Abschied<br />

zu nehmen. Ich und auch die anderen Eltern vom <strong>Kinder</strong>garten sehen es als Geschenk an, dass<br />

wir unseren eigenen <strong>Kinder</strong>n <strong>den</strong> Tod des Kleinen zeigen und sie begleiten durften.<br />

Wir helfen <strong>den</strong> <strong>Kinder</strong>n, wenn wir sie fÄr das lieben, was sie sind, und nicht nur fÄr das, was<br />

sie gemacht haben. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und das prÇgt unsere <strong>Kinder</strong>. Was<br />

ich in unseren Kreisen immer wieder erlebe, ist, dass die <strong>Kinder</strong> getrimmt wer<strong>den</strong> auf Leistung<br />

(vom Yoga zum Klavierunterricht usw.) und dass sie gelobt wer<strong>den</strong> fÄr ihre Leistungen.<br />

Es ist so wichtig, ihnen zwischendurch einfach mal zu sagen: „Ich habe dich lieb, weil du so<br />

bist wie du bist.“<br />

Wir haben vor zwei Jahren ein Projekt gegrÄndet, das „Hospiz ohne Mauern“, das ich Ihnen<br />

jetzt vorstellen màchte.<br />

Ich fange mit <strong>den</strong> Grundlagen der <strong>Kinder</strong>-Palliativmedizin an. Es gibt von der Weltgesundheitsorganisation<br />

eine eigene Definition der <strong>Kinder</strong>-Palliativmedizin:<br />

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