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Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

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egraben hat, zu brechen. ErschÄtterndes kommt zu Tage, das oft das ganze Leben gehemmt<br />

und beschwert hat und Begegnungen blockiert hat, hÇufig sogar mit <strong>den</strong> eigenen <strong>Kinder</strong>n.<br />

Mir fÇllt ein Patient ein, der schon bei meinem ersten Besuch sehr ausfÄhrlich erzÇhlte, wie er<br />

als 14jÇhriger die Flucht erlebt hatte. „Damals“, sagte er, „bin ich Äber alles so hinweggegangen.<br />

Damals war es eben so. Heute habe ich die Bilder immer vor Augen.“ Er kam zu uns auf<br />

die Palliativstation. Als ich ihn zehn Tage spÇter im Wohnzimmer traf, sagte er: „Das ist eine<br />

ganz merkwÄrdige Form von Heilung, die Sie hier haben.“ Er meinte damit die GesprÇche. Er<br />

war ein schwerkranker Mensch und starb einige Wochen spÇter, aber er sprach im Angesicht<br />

des Todes von Heilung.<br />

Lange blieben die Erfahrungen der Kriegsgeneration in <strong>den</strong> Seelen der Einzelnen verkapselt.<br />

Jetzt endlich scheint die Zeit reif zu sein, die Erfahrungen der Kriegsgeneration wahrzunehmen<br />

und in ihren Folgen fÄr die Betroffenen aber auch fÄr nachfolgende Generationen zu ermessen.<br />

Prof. Dr. Hartmut Radebold hat zu diesem Thema geforscht und geschrieben und er wird das<br />

Thema der <strong>Kinder</strong>trauer von einem ganz anderen Aspekt betrachten: <strong>Kinder</strong> im 2. Weltkrieg,<br />

ihre Schwierigkeiten zu trauern, damals und heute.<br />

Vielleicht kann das Thema der Kriegskinder exemplarisch genannt sein fÄr die Tatsache, wie<br />

bedeutend fÄr das weitere Leben die Erfahrungen mit dem Tod in der Kindheit sind. Die Art,<br />

wie ein Mensch Tod und Trauer in seiner Kindheit und Jugend erlebt, bestimmt stark das weitere<br />

LebensgefÄhl.<br />

Bei unserem Thema „<strong>Kinder</strong> <strong>erleben</strong> <strong>den</strong> Tod“, das uns alle wahrscheinlich berÄhren wird,<br />

dÄrfen die Kunst und die SpiritualitÇt nicht fehlen. Durch die Impulse, durch manche VortrÇge<br />

und durch <strong>den</strong> kÄnstlerischen Beitrag morgen Abend wer<strong>den</strong> wir immer wieder der spirituellen<br />

Dimension des Themas begegnen.<br />

Morgen Abend bei dem Konzert mit Michael Knopp mit dem Titel „Als das Kind Kind war“,<br />

wer<strong>den</strong> wir vielleicht <strong>erleben</strong> kànnen, wie die Musik und die Poesie uns ganz auf <strong>den</strong> Grund<br />

des Themas „Kind und Kindheit“ fÄhren kànnen.<br />

Auch fÄr die PÇdagogik sind Tod und Trauer von <strong>Kinder</strong>n wichtige Themen und groÑe Herausforderungen.<br />

Barbara Cramer wird am Samstag Äber <strong>den</strong> Tod im Bilderbuch referieren. In<br />

Workshops wird es um Projekte in <strong>Kinder</strong>gÇrten und Schulen gehen.<br />

Auf die pÇdagogische Seite unseres Themas màchte ich noch etwas nÇher eingehen. Wie <strong>erleben</strong><br />

<strong>Kinder</strong> heute in unserer Gesellschaft <strong>den</strong> Tod? Wir sind bei dieser Frage mit einem PhÇnomen<br />

konfrontiert, das es noch nie vorher gegeben hat. <strong>Kinder</strong> <strong>erleben</strong> <strong>den</strong> Tod in der RealitÇt<br />

relativ selten. Die Menschen wer<strong>den</strong> im Durchschnitt recht alt und sind in der Generation<br />

der GroÑeltern und oft der UrgroÑeltern, wenn sie sterben. Die wenigsten Menschen sterben<br />

zu Hause oder wer<strong>den</strong> zu Hause aufgebahrt. Rechtlich wÇre es durchaus erlaubt, aber wir haben<br />

die Tradition verloren. Menschen kànnen heute 50 oder mehr Jahre alt wer<strong>den</strong> und haben<br />

noch nie einen Toten gesehen. <strong>Kinder</strong> sehen relativ selten einen Verstorbenen. Das ist die eine<br />

Seite. Auf der anderen Seite <strong>erleben</strong> <strong>Kinder</strong> so viel Tod wie nie zuvor.<br />

Die Medien – das Fernsehen, aber inzwischen auch Computer und Videospiele – bestimmen<br />

weitgehend, wie <strong>Kinder</strong> <strong>den</strong> Tod <strong>erleben</strong>. Und das bedeutet: Tod geschieht fast immer in Zusammenhang<br />

mit Gewalt. Menschen sterben, weil sie erschossen, erstochen oder anders auf<br />

grausame Weise umgebracht wer<strong>den</strong>.<br />

Manfred Spitzer hat als Mediziner und Psychologe untersucht, wie sich dieses PhÇnomen auf<br />

<strong>Kinder</strong> auswirkt. In seinem Buch „Vorsicht Bildschirm“ wertet er viele Studien aus und<br />

schreibt, dass 10jÇhrige im Durchschnitt 100.000 Gewalttaten und 8.000 Morde gesehen haben.<br />

Erschreckenderweise sind die Gewalttaten im <strong>Kinder</strong>fernsehen sehr hoch. Aber vielleicht<br />

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