29.01.2013 Aufrufe

Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

In diesem Raum haben die Angehàrigen und Freunde fÄnf Tage lang die Màglichkeit, Abschied<br />

zu nehmen. Es wer<strong>den</strong> ganz unterschiedliche Rituale gelebt, je nachdem, aus welchen<br />

Religionen, Kulturen und LÇndern die Familien kommen. Anfang des Jahres hatten wir z. B.<br />

eine griechische Familie, die diesen Raum mit prallem Leben gefÄllt hat, wo gegessen, getanzt<br />

und gesungen wurde. Andere nutzen diesen Raum, um still zu wer<strong>den</strong>.<br />

Wir selber haben die Tradition in unserem Haus, dass wir <strong>den</strong> Eltern anbieten, mit uns einen<br />

Segenskreis zu machen, eine Aussegnung zu feiern und noch einmal das Kind, das dort liegt,<br />

mit wenigen Worten in <strong>den</strong> Mittelpunkt zu nehmen und zu versuchen, der Einmaligkeit der<br />

Persànlichkeit gerecht zu wer<strong>den</strong>. Manchmal singt ein Geschwisterkind ein Lied oder ein Vater<br />

trÇgt ein Gedicht vor, das er geschrieben hat.<br />

Es gibt ein Lied, das bei uns immer bei <strong>den</strong> Aussegnungen gesungen wird:<br />

114<br />

Das wÖnsch’ ich sehr, dass immer einer bei dir wÄr’,<br />

Der lacht und spricht: fÖrchte dich nicht.<br />

Es ist bei uns schon fast ein Ritual gewor<strong>den</strong>, dass die Familien die SÇrge der <strong>Kinder</strong> anmalen.<br />

Hier sehen Sie zwei Geschwister, die ihren Bruder Fabian begleitet haben, der das Meer<br />

so liebte. WÇhrend dieser langen Zeit, in der der Sarg bemalt wurde, fingen die Geschwisterkinder<br />

an, Äber ihren Bruder zu erzÇhlen, oder sie sangen Lieder, die der Bruder gern hàrte.<br />

Zwischendurch wurde gegessen und sie unterhielten sich darÄber, was Fabian gern aÑ. Dies<br />

war ein richtiger Prozess mit ganz vielen kleinen und spontan entworfenen rituellen Handlungen.<br />

Dieser Prozess dauerte zwei Tage und danach konnten die Geschwister sehr getràstet in<br />

die Trauerfeier gehen, so dass die eine Schwester <strong>den</strong> Wunsch hatte, wÇhrend der Trauerfeier<br />

selbst etwas vorzulesen aus dem „Kleinen Prinzen“.<br />

Lasst uns doch mal Weltenbummler sein und entdecken, dass neben der weiblichen Trauer<br />

auch etwas MÇnnliches in der Trauer steckt, damit die armen Kerle nicht immer das GefÄhl<br />

haben, sie mÄssen die Trauer der Frauen Äbernehmen! Ich versuche, in dem wil<strong>den</strong> Garten der<br />

MÇnnertrauer mit <strong>den</strong> MÇnnern gemeinsam zu orten, wo das Besondere und die SchÇtze liegen.<br />

Dieser Vater, ein Handwerker vom Lande, der, auÑer seinen Hof anzumalen, noch nie gemalt<br />

hat. Er hat mit ganz viel Energie <strong>den</strong> Sarg seines Sohnes bemalt. Zwischendurch ging er auf<br />

einen Bauernhof in der NÇhe, um ein bisschen Landluft zu tanken. Dann malte er weiter bis<br />

spÇt in die Nacht und hàrte dabei eine CD mit <strong>den</strong> Lieblingsliedern seines Sohnes. Danach<br />

konnte er gestÇrkt und getràstet in die Trauerfeier gehen, was fÄr seine Frau sehr hilfreich<br />

war. MÇnner hàren es jedoch nicht so gern, wenn zu ihnen gesagt wird: „Du musst jetzt auf<br />

deine Frau aufpassen“, oder „ Wie geht es <strong>den</strong>n deiner Frau nach dem Tod eures Kindes?“ Es<br />

kommt in <strong>den</strong> Haltungen sehr wenig zum Ausdruck, dass der Mann auch sein Kind verloren<br />

hat. Daran mÄssen wir noch arbeiten und auch daran, dass wir Ritualhandlungen entwickeln,<br />

an <strong>den</strong>en die VÇter gern teilnehmen und nicht verschreckt wer<strong>den</strong>. Z. B. màgen die MÇnner<br />

unsere schàn gestaltete „Mitte“ nicht immer, weil sie sich darin selbst nicht wieder fin<strong>den</strong><br />

kànnen. Mit trauern<strong>den</strong> Jugendlichen hatte ich z. B. einmal eine Mitte mit Hammer, SÇge,<br />

Steinen und Holz gestaltet. Von dem Vater eines meiner Patenkinder – ich habe 10 Patenkinder<br />

– habe ich aus seinem Baustoffhandel HÇuser aus Gips bekommen. Diese HÇuser stellte<br />

ich mit in die Mitte, und dann haben wir diese HÇuser mit <strong>den</strong> herausgeschrienen Worten und<br />

<strong>den</strong> HÇmmern zerhauen, weil diese Jugendlichen so viel Wut in sich hatten. Danach bauten<br />

wir mit <strong>den</strong> Materialien eine neue BrÄcke. Eine BrÄcke zwischen der Welt der Leben<strong>den</strong> und<br />

der Welt der Toten. Es sind die Leben<strong>den</strong>, die <strong>den</strong> Toten die Augen schlieÑen. Es sind die<br />

Toten, die <strong>den</strong> Leben<strong>den</strong> die Augen àffnen.<br />

Hier sehen Sie einen fertigen Sarg, an dem die ganze Familie von Isabella, 6 Jahre alt, gearbeitet<br />

hat, bis hin zu der kleinen Schwester, die 4 Jahre alt war. Die kleine Schwester sagte:

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!