Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik
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In diesem Raum haben die Angehàrigen und Freunde fÄnf Tage lang die Màglichkeit, Abschied<br />
zu nehmen. Es wer<strong>den</strong> ganz unterschiedliche Rituale gelebt, je nachdem, aus welchen<br />
Religionen, Kulturen und LÇndern die Familien kommen. Anfang des Jahres hatten wir z. B.<br />
eine griechische Familie, die diesen Raum mit prallem Leben gefÄllt hat, wo gegessen, getanzt<br />
und gesungen wurde. Andere nutzen diesen Raum, um still zu wer<strong>den</strong>.<br />
Wir selber haben die Tradition in unserem Haus, dass wir <strong>den</strong> Eltern anbieten, mit uns einen<br />
Segenskreis zu machen, eine Aussegnung zu feiern und noch einmal das Kind, das dort liegt,<br />
mit wenigen Worten in <strong>den</strong> Mittelpunkt zu nehmen und zu versuchen, der Einmaligkeit der<br />
Persànlichkeit gerecht zu wer<strong>den</strong>. Manchmal singt ein Geschwisterkind ein Lied oder ein Vater<br />
trÇgt ein Gedicht vor, das er geschrieben hat.<br />
Es gibt ein Lied, das bei uns immer bei <strong>den</strong> Aussegnungen gesungen wird:<br />
114<br />
Das wÖnsch’ ich sehr, dass immer einer bei dir wÄr’,<br />
Der lacht und spricht: fÖrchte dich nicht.<br />
Es ist bei uns schon fast ein Ritual gewor<strong>den</strong>, dass die Familien die SÇrge der <strong>Kinder</strong> anmalen.<br />
Hier sehen Sie zwei Geschwister, die ihren Bruder Fabian begleitet haben, der das Meer<br />
so liebte. WÇhrend dieser langen Zeit, in der der Sarg bemalt wurde, fingen die Geschwisterkinder<br />
an, Äber ihren Bruder zu erzÇhlen, oder sie sangen Lieder, die der Bruder gern hàrte.<br />
Zwischendurch wurde gegessen und sie unterhielten sich darÄber, was Fabian gern aÑ. Dies<br />
war ein richtiger Prozess mit ganz vielen kleinen und spontan entworfenen rituellen Handlungen.<br />
Dieser Prozess dauerte zwei Tage und danach konnten die Geschwister sehr getràstet in<br />
die Trauerfeier gehen, so dass die eine Schwester <strong>den</strong> Wunsch hatte, wÇhrend der Trauerfeier<br />
selbst etwas vorzulesen aus dem „Kleinen Prinzen“.<br />
Lasst uns doch mal Weltenbummler sein und entdecken, dass neben der weiblichen Trauer<br />
auch etwas MÇnnliches in der Trauer steckt, damit die armen Kerle nicht immer das GefÄhl<br />
haben, sie mÄssen die Trauer der Frauen Äbernehmen! Ich versuche, in dem wil<strong>den</strong> Garten der<br />
MÇnnertrauer mit <strong>den</strong> MÇnnern gemeinsam zu orten, wo das Besondere und die SchÇtze liegen.<br />
Dieser Vater, ein Handwerker vom Lande, der, auÑer seinen Hof anzumalen, noch nie gemalt<br />
hat. Er hat mit ganz viel Energie <strong>den</strong> Sarg seines Sohnes bemalt. Zwischendurch ging er auf<br />
einen Bauernhof in der NÇhe, um ein bisschen Landluft zu tanken. Dann malte er weiter bis<br />
spÇt in die Nacht und hàrte dabei eine CD mit <strong>den</strong> Lieblingsliedern seines Sohnes. Danach<br />
konnte er gestÇrkt und getràstet in die Trauerfeier gehen, was fÄr seine Frau sehr hilfreich<br />
war. MÇnner hàren es jedoch nicht so gern, wenn zu ihnen gesagt wird: „Du musst jetzt auf<br />
deine Frau aufpassen“, oder „ Wie geht es <strong>den</strong>n deiner Frau nach dem Tod eures Kindes?“ Es<br />
kommt in <strong>den</strong> Haltungen sehr wenig zum Ausdruck, dass der Mann auch sein Kind verloren<br />
hat. Daran mÄssen wir noch arbeiten und auch daran, dass wir Ritualhandlungen entwickeln,<br />
an <strong>den</strong>en die VÇter gern teilnehmen und nicht verschreckt wer<strong>den</strong>. Z. B. màgen die MÇnner<br />
unsere schàn gestaltete „Mitte“ nicht immer, weil sie sich darin selbst nicht wieder fin<strong>den</strong><br />
kànnen. Mit trauern<strong>den</strong> Jugendlichen hatte ich z. B. einmal eine Mitte mit Hammer, SÇge,<br />
Steinen und Holz gestaltet. Von dem Vater eines meiner Patenkinder – ich habe 10 Patenkinder<br />
– habe ich aus seinem Baustoffhandel HÇuser aus Gips bekommen. Diese HÇuser stellte<br />
ich mit in die Mitte, und dann haben wir diese HÇuser mit <strong>den</strong> herausgeschrienen Worten und<br />
<strong>den</strong> HÇmmern zerhauen, weil diese Jugendlichen so viel Wut in sich hatten. Danach bauten<br />
wir mit <strong>den</strong> Materialien eine neue BrÄcke. Eine BrÄcke zwischen der Welt der Leben<strong>den</strong> und<br />
der Welt der Toten. Es sind die Leben<strong>den</strong>, die <strong>den</strong> Toten die Augen schlieÑen. Es sind die<br />
Toten, die <strong>den</strong> Leben<strong>den</strong> die Augen àffnen.<br />
Hier sehen Sie einen fertigen Sarg, an dem die ganze Familie von Isabella, 6 Jahre alt, gearbeitet<br />
hat, bis hin zu der kleinen Schwester, die 4 Jahre alt war. Die kleine Schwester sagte: